Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Nov. 2007 - IX ZB 34/06

bei uns veröffentlicht am15.11.2007
vorgehend
Amtsgericht Laufen, 2 M 893/04, 19.11.2004
Landgericht Traunstein, 4 T 4915/04, 01.03.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 34/06
vom
15. November 2007
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Private Versicherungsrenten von selbständig oder freiberuflich tätig gewesenen Personen
genießen nicht den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen.
Über einen Vollstreckungsschutzantrag hat im Rahmen der ihm übertragenen Zuständigkeiten
das Insolvenzgericht anstelle des Vollstreckungsgerichts zu entscheiden.
BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - IX ZB 34/06 - LG Traunstein
AG Laufen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Vill
am 15. November 2007

beschlossen:
Dem Schuldner wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 1. März 2005 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 3.202,54 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Durch Beschluss vom 27. April 2004 eröffnete das Amtsgericht Traunstein das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter.
2
Der Schuldner, der eine selbständige Berufstätigkeit ausübte, schloss im Jahre 2002 eine private Rentenversicherung ab, aus der ihm bei regelmäßiger Beitragszahlung ab dem 1. Dezember 2010 monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 143,40 € zufließen würden. Der weitere Beteiligte hat die private Rentenversicherung gekündigt und den Rückkaufswert in Höhe von 3.202,54 € zur Insolvenzmasse gezogen. Abgesehen von einer monatlichen Rente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von 224,51 € verfügt der Schuldner über kein weiteres Vermögen.
3
Auf Antrag des Schuldners hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - in Anwendung von § 765a ZPO festgestellt, dass die Rentenversicherung nicht zur Insolvenzmasse gehört und der Beteiligte verpflichtet ist, die Kündigung der Rentenversicherung rückgängig zu machen. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Anträge des Schuldners zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner, die Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
5
1. Die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde führt nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, weil dem Schuldner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (§§ 233, 234 Abs. 2, § 575 ZPO).
6
Die Fristversäumung ist unverschuldet (§ 233 ZPO), weil der Schuldner wegen seiner Mittellosigkeit außerstande war, durch die Beauftragung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts die Einlegungs- und Begründungsfrist einzuhalten. Die Wiedereinsetzungsfrist ist gewahrt: Nach Zustellung des Senatsbeschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 28. Februar 2006 hat der Schuldner die Rechtsbeschwerde innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO am 6. März 2006 eingelegt und begründet.
7
2. Arbeitseinkommen kann, wie der Verweisung des § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO auf §§ 850 ff ZPO zu entnehmen ist, nur in Höhe des pfändbaren Teils zur Insolvenzmasse gezogen werden. Die Entscheidung von Streitfällen über die Reichweite der Pfändbarkeit ist gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO dem Insolvenzgericht als besonderem Vollstreckungsgericht vorbehalten. Darum richtet sich der Rechtsmittelzug in diesen Fällen nicht nach der Insolvenzordnung, sondern nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Die Rechtsbeschwerde ist danach zulässig, weil sie von dem Beschwerdegericht in seiner Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Schuldners (§ 793 ZPO) zugelassen wurde (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 169/04, ZVI 2007, 78; BGH, Beschl. v. 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340).

III.


8
Rechtsbeschwerde Die ist unbegründet, weil die Rentenbezüge des Schuldners nicht als Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO anzusehen sind und darum mangels eines denkbaren Pfändungsschutzes in vollem Umfang dem Insolvenzbeschlag unterliegen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vordergerichte kann dem Schuldner nicht gemäß § 765a ZPO Vollstreckungsschutz gewährt werden.
9
1. Die angefochtene Entscheidung leidet nicht an einem durchgreifenden Verfahrensfehler.
10
Wegen des engen Sachzusammenhangs ist die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts nach § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO auch gegeben, soweit der Schuldner über den geltend gemachten Pfändungsschutz hinaus einen Vollstreckungsschutzantrag gestellt hat. Im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Zuständigkeiten hat stets das Insolvenzgericht anstelle des Vollstreckungsgerichts (§ 765a ZPO) über einen Vollstreckungsschutzantrag zu entscheiden (vgl. BGH, Urt. v. 6. Juni 1977 - III ZR 53/75, MDR 1978, 37 f; Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO 22. Aufl. § 765a Rn. 19). Dass im Streitfall anstelle des Insolvenzgerichts unter Verletzung des § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO das Vollstreckungsgericht über die Anträge des Schuldners entschieden hat, ist unschädlich, weil auch die Beachtung der funktionellen Zuständigkeit (BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003 - III ZR 91/03, NJW 2003, 2917; BGH, Beschl. v. 27. September 2007 - IX ZB 16/06 Tz. 4 zur Veröffentlichung bestimmt) der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts entzogen ist (§ 576 Abs. 2 ZPO).
11
2. Das Landgericht hat gemeint, die von dem Schuldner begründete private Rentenversicherung sei nicht durch § 850 Abs. 3 lit. b ZPO geschützt, weil diese Vorschrift auf Selbständige nicht anwendbar sei. Lediglich Versicherungsleistungen , die in Rentenform gewährt würden und der Versorgung nach dem Ausscheiden aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis dienten, seien "Arbeitseinkommen" gleichgestellt. Fortlaufende Einkünfte freiberuflich Tätiger, Selbständiger oder überhaupt nicht berufstätiger Personen stellten dagegen kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO dar. Der Schuldner könne sich nicht auf Vollstreckungsschutz berufen, weil die auf die Einzelzwangsvollstreckung zugeschnittene Vorschrift des § 765a ZPO im Insolvenzverfahren unanwendbar sei. Da das Schuldnervermögen zum Zwecke der Gesamtvollstreckung zugunsten aller Gläubiger erfasst werde, sei für eine Abwägung individueller Gläubiger- und Schuldnerinteressen kein Raum.
12
3. Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Rentenbezüge des Schuldners nicht als Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO zu bewerten sind.
13
a) Der Grundsatz des § 35 InsO, wonach das gesamte Vermögen des Schuldners in die Insolvenzmasse fällt, findet in § 36 InsO eine Einschränkung. Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung ausgesetzt sind, gehören gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse. Außerdem unterwirft § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO Arbeitseinkommen nur in den Grenzen der Pfändbarkeit dem Insolvenzbeschlag, so dass der gemäß §§ 850 ff ZPO unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens nicht Bestandteil der Insolvenzmasse wird. Wäre die von dem Schuldner bezogene Rente als Arbeitseinkommen zu qualifizieren, könnte sich die Insolvenzmasse mit Rücksicht auf einen etwaigen Pfändungsschutz verringern. In Rechtsprechung und Schrifttum wird die danach streitentscheidende Frage, ob private Versicherungsrenten von - wie im Fall des Schuldners - selbständig oder freiberuflich tätig gewesenen Personen nach § 850 Abs. 3 lit. b ZPO Arbeitseinkommen darstellen und ihnen infolge dieser Einordnung Pfändungsschutz zukommt, kontrovers beurteilt.
14
Überwiegend wird angenommen, dass Versorgungsrenten von Versicherungsnehmern , die einen selbständigen Beruf ausgeübt haben, nicht als Ar- beitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 3 lit. b zu verstehen sind (OLG Frankfurt /Main VersR 1996, 614; LG Frankfurt/Oder Rpfleger 2002, 322 f; LG Braunschweig NJW-RR 1998, 1690; Stöber, Forderungspfändung 14. Aufl. Rn. 892; MünchKomm-ZPO/Smid, 3. Aufl. § 850 Rn. 39 ff; Musielak/Becker, ZPO 5. Aufl. § 850 Rn. 13; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 65. Aufl. § 850 Rn. 14; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. § 850 Rn. 9; Hk-ZPO/ Kemper, 2. Aufl. § 850 Rn. 17; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz Bd. I 3. Aufl. § 850 Rn. 16; Berner Rpfleger 1957, 193, 197). Nach der auch von der Rechtsbeschwerde vertretenen Gegenansicht, die den Beschäftigungsstatus des Versicherungsnehmers als nachrangig ansieht und aus sozialen Erwägungen den Versorgung scharakter der Leistungen in den Vordergrund rückt, sind auch Versicherungsrenten früherer Freiberufler den in § 850 Abs. 3 lit. b genannten Bezügen gleichzustellen (Stein/ Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 850 Rn. 48; Wieczorek/Lüke, ZPO 3. Aufl. § 850 Rn. 71; Boewer/Bommermann, Lohnpfändung und Lohnabtretung 1987 Rn. 394; Bock/Speck, Einkommenspfändung 1964 S. 54; Walter, Lohnpfändungsrecht 3. Aufl. S. 71; v. Gleichenstein ZVI 2004, 149, 152 f). Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an.
15
Wortlaut b) und Systematik des § 850 ZPO bringen zweifelsfrei zum Ausdruck, dass nur auf Versicherungsverträgen beruhende Rentenbezüge von Beamten und Arbeitnehmern durch § 850 Abs. 3 lit. b ZPO dem unter einschränkenden Voraussetzungen pfändbaren Arbeitseinkommen gleichgestellt sind.
16
Pfändungsschutz aa) sieht § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850a ff ZPO nur für Arbeitseinkommen vor. Dazu gehören nach der Legaldefinition des § 850 Abs. 2 ZPO einmal die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, zum anderen Arbeits-, und Dienstlöhne, Ruhegelder und ähnliche nach dem Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Einkünfte, ferner Hinterbliebenenbezüge und schließlich sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen. Neben den aktiven Einkünften der Beamten und Arbeitnehmer erstreckt § 850 Abs. 2 ZPO den Pfändungsschutz auf deren Versorgungsbezüge und Ruhegelder, die - je nach Status des Versorgungsberechtigten - gegen den Dienstherrn oder den Arbeitgeber gerichtet sind. Versorgungsrenten werden von dem Pfändungsschutz folgerichtig nur erfasst, soweit sie auf einem früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnis beruhen (Hk-ZPO/Kemper, aaO § 850 Rn. 6). Zwar erstreckt § 850 Abs. 2, letzter Halbsatz ZPO den Pfändungsschutz auf gewisse wiederkehrende Vergütungen einen selbständigen Beruf ausübender Personen (vgl. etwa BGHZ 96, 324). Da Selbständige entsprechend ihrem rechtlichen Status weder bei einem Dienstherrn noch einem Arbeitgeber Rentenansprüche erwerben können, ist zu ihren Gunsten im Rahmen des § 850 Abs. 2 ZPO für einen Pfändungsschutz von Renten von vornherein kein Raum. Mithin ist es rechtssystematisch gerechtfertigt, als "Arbeitseinkommen" im engeren Sinn nur die Einkünfte der Beamten und Arbeitnehmer zu bezeichnen (Thomas /Putzo/Hüßtege, aaO § 850 Rn. 6 und 7 jeweils am Anfang).
17
bb) In Anknüpfung an den Schutzzweck des § 850 Abs. 2 ZPO, der Versorgungsbezüge der Beamten und Ruhegelder der Arbeitnehmer dem Arbeitseinkommen zuordnet, gewährt § 850 Abs. 3 lit. b ZPO abhängig Beschäftigten , die eine versicherungsrechtliche Altersvorsorge für sich oder ihre Angehörigen begründet haben, ebenfalls Vollstreckungsschutz. Ein Arbeitnehmer, der anstelle eines betrieblichen Ruhegeldes oder in Ergänzung hierzu Versicherungsleistungen bezieht, soll - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt - in gleicher Weise vor dem Gläubigerzugriff geschützt sein wie ein Schuldner, der etwa aus einer Betriebsrente über ausreichende arbeitsrechtliche Versorgungsbezüge verfügt. Unter den Schutz der Vorschrift fallen nach dem eindeutigen Sinnzusammenhang ausschließlich solche privaten Renten, die ein Ruhegehalt oder eine Hinterbliebenenversorgung nach Art des § 850 Abs. 2 ZPO ersetzen. Da § 850 Abs. 2 ZPO lediglich Renten und Ruhegelder aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis schützt, muss es sich im Rahmen des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO um Versicherungsleistungen handeln, die aus Anlass des Ausscheidens aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis begründet werden (Musielak/Becker, aaO; Stöber, aaO; Thomas/Putzo/Hüßtege, aaO § 850 Rn. 9; Hk-ZPO/Kemper, aaO § 850 Rn. 17; Berner aaO).
18
Vor cc) diesem Hintergrund können nur Versicherungsrenten solcher Personen, die bei Abschluss des Versicherungsvertrages entweder Beamte oder Arbeitnehmer waren oder in einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis standen, Arbeitseinkommen gleichgestellt werden (OLG Frankfurt VersR 1996, 614). Fortlaufende Renteneinkünfte freiberuflich oder überhaupt nicht berufstätig gewesener Personen sind demgegenüber kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO (LG Braunschweig NJW-RR 1998, 1690). Mit der Einführung des nunmehr privaten Altersrenten beruflich selbständiger Personen Pfändungsschutz zuerkennenden - vorliegend bereits mangels eines darauf zugeschnittenen Sachvortrags des Schuldners unanwendbaren - § 851c ZPO durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 368) hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht (BT-Drucks. 16/886 S. 7), dass Altersrenten dieses Personenkreises nach dem Regelungsinhalt des § 850 Abs. 3 lit. b ZPO kein Arbeitseinkommen bilden und darum nach dieser Vorschrift keinen Pfändungs- schutz genießen. Die von dem Schuldner als Selbständigem erworbenen Rentenansprüche sind folglich nicht durch § 850 Abs. 3 lit. b ZPO geschützt.
19
c) Diese rechtliche Würdigung steht in Einklang mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Sozialstaatsprinzip.
20
mit Die § 850 Abs. 3 lit. b ZPO verbundene Ungleichbehandlung von Selbständigen im Verhältnis zu Personen, die als Beamte oder Arbeitnehmer berufstätig gewesenen sind, beruht auf der in Ansehung des Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigten sozialpolitischen Erwägung, Pfändungsschutz nur abhängig Beschäftigten zu gewähren. Zwar mag - wie der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Einführung des § 851c ZPO zum Ausdruck gebracht hat - die Überlegung, dass Selbständigen aufgrund einer gehobenen sozialen Stellung eine höhere Verantwortlichkeit und Mündigkeit zukomme, für sich genommen nicht mehr allein geeignet sein, die unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen (BT-Drucks 16/886 S. 7). Immerhin sprechen in Übereinstimmung mit dem Bundesfinanzhof (BFH, Urt. v. 12. Juni 1991 - VII R 54/90, NJW 1992, 527) - der sich mit der Pfändung einer Kapitallebensversicherung befasst hat - eine Reihe weiterer Gesichtspunkte für die Verfassungsmäßigkeit der bisherigen gesetzlichen Regelung: Einmal erscheinen Selbständige auch heute noch in geringerem Maße schutzbedürftig, weil die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit regelmäßig verknüpften höheren Erwerbschancen auch eine weitergehende vollstreckungsrechtliche Inanspruchnahme nahe legen. Zum anderen steht es Selbständigen frei (§ 7 SGB VI), durch Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung mit Pfändungsschutz ausgestattete (§ 54 Abs. 4 SGB I, §§ 850 ff ZPO) Versorgungsbezüge (vgl. BGH, Beschl. v. 25. August 2004 - IXa ZB 271/03, NJW 2004, 3771) zu erwerben. Der Gesetzgeber ist darum nicht gehalten, jede zulässige eigenverantwortliche Gestaltung der Altersvorsorge vollstreckungsrechtlich gleich zu behandeln.
21
4. Die Streitfrage, ob und inwieweit § 765a ZPO aufgrund der Verweisung des § 4 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren anwendbar ist (vgl. MünchKomm -InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4 Rn. 34 mit weiteren Nachweisen in Fn. 92), kann in vorliegender Sache dahingestellt bleiben. Die Anwendung der Vorschrift ermöglicht jedenfalls nicht, der Masse kraft Gesetzes (§§ 35, 36 InsO) ausdrücklich zugewiesene Vermögenswerte wieder zu entziehen. Der Schuldner hat die mit der Insolvenz typischerweise verbundene Gesamtvollstreckung seines Vermögens hinzunehmen. Im Übrigen begründet die Pfändung von Einkünften , die nicht nach den Bestimmungen der §§ 850 ff ZPO unpfändbar sind, grundsätzlich keine sittenwidrige Härte im Sinne von § 765a ZPO; dies selbst dann nicht, wenn dies dazu führt, dass der Schuldner Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts in Anspruch nehmen muss (BGHZ 161, 371, 374).
Fischer Ganter Kayser
Gehrlein Vill
Vorinstanzen:
AG Laufen, Entscheidung vom 19.11.2004 - 2 M 893/04 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 01.03.2005 - 4 T 4915/04 -

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(1) Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, kann nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i gepfändet werden.

(2) Arbeitseinkommen im Sinne dieser Vorschrift sind die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, Arbeits- und Dienstlöhne, Ruhegelder und ähnliche nach dem einstweiligen oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Einkünfte, ferner Hinterbliebenenbezüge sowie sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen.

(3) Arbeitseinkommen sind auch die folgenden Bezüge, soweit sie in Geld zahlbar sind:

a)
Bezüge, die ein Arbeitnehmer zum Ausgleich für Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses beanspruchen kann;
b)
Renten, die auf Grund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind.

(4) Die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens erfasst alle Vergütungen, die dem Schuldner aus der Arbeits- oder Dienstleistung zustehen, ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 169/04
vom
5. April 2006
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 5. April 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7. Juli 2004 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
das Über Vermögen des Schuldners, eines Internisten mit eigener Praxis, ist am 1. Juli 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der weitere Beteiligte zu 2 ist zum Verwalter bestellt worden. Die Gläubigerversammlung hat die Schließung der Praxis angeordnet. Den Antrag des Schuldners, ihm die Kosten für den von ihm gleichwohl fortgesetzten Betrieb seiner Praxis in Höhe von monatlich 9.143,67 Euro zu erstatten, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 6. Februar 2004 zurückgewiesen. Dagegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt. Der Rechtspfleger hat dieses Rechtsmittel als Erinnerung behandelt und die Sache dem zuständigen Abteilungsrichter vorgelegt; dieser hat die "Erinnerung" mit Beschluss vom 23. März 2004 zurückgewiesen. Die "weitere sofortige Beschwerde" des Schuldners hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
3
1. Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss findet statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie in dem Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Sie ist auch nicht kraft Gesetzes statthaft. Insbesondere findet § 7 InsO keine Anwendung. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich der Rechtsmittelzug nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, wenn das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung funktional als Vollstreckungsgericht entscheidet (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, WM 2004, 834, 835; v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; Beschl. v. 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340 f). Das war hier der Fall. Einkünfte, die ein selbstständig tätiger Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt, gehören in vollem Umfange, ohne einen Abzug für beruflich bedingte Ausgaben, zur Insolvenzmasse. Der Schuldner kann jedoch gemäß § 850i ZPO beantragen, dass ihm von seinen durch Vergütungsansprüche gegen Dritte erzielten Einkünften ein pfandfreier Anteil belassen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 20. März 2003 - IX ZB 388/02, WM 2003, 980, 983 f). Die Entscheidung über einen derartigen Antrag ist dem Insolvenzgericht durch die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 InsO gesondert zugewiesen worden.
4
2. Entgegen der Ansicht des Schuldners ist die Rechtsbeschwerde im vorliegenden Fall auch nicht deshalb ausnahmsweise zulässig, weil die Vorinstanzen die sofortige Beschwerde unzutreffend als Erinnerung behandelt haben. Gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 6. Februar 2004 war zwar gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO die sofortige Beschwerde eröffnet.
Der Rechtspfleger hätte die Sache nicht gemäß § 11 Abs. 2 RPflG dem Abteilungsrichter, sondern gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 793, 572 Abs. 1 ZPO dem Landgericht vorlegen müssen. Gleichwohl sind von der Verfassung geschützte Verfahrensgrundrechte des Schuldners - sein Recht auf Zugang zu den Gerichten, auf eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie auf eine verbindliche Entscheidung durch den Richter (vgl. BVerfGE 107, 395, 401 f; 112, 185, 207) - nicht verletzt worden; denn sein Rechtsbehelf ist geprüft und durch den Abteilungsrichter des Amtsgerichts sachlich beschieden worden. Nicht in jeder fehlerhaften Anwendung und Auslegung des Verfahrensrechts liegt bereits ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (z.B. BVerfGE 75, 302, 312 f). Dass gegen die Entscheidung des Rechtspflegers über den Umfang des Insolvenzbeschlags gemäß § 36 InsO kein Rechtsmittel gegeben sei, also nur eine abschließende Entscheidung des Richters nach § 11 Abs. 2 RPflG stattzufinden habe, entsprach zudem bis zur zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Februar 2004 (aaO) der nahezu einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Frankfurt a.M. NZI 2000, 531, 533; OLG Köln ZInsO 2000, 499, 501; OLG Köln ZInsO 2000, 603 f; BayObLG ZInsO 2001, 799; OLG Hamburg ZInsO 2001, 807; OLG Stuttgart NZI 2002, 52, 53; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 6 Rn. 10; MünchKomm-InsO/Ganter, § 6 Rn. 64). Ob die Entscheidung des Landgerichts, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, rechtsfehlerfrei ist, bedarf hier keiner Erörterung. Diese Frage hat das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu prüfen (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529).
5
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 23.03.2004 - 71 IN 25/02 -
LG Köln, Entscheidung vom 07.07.2004 - 19 T 95/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 239/04
vom
12. Januar 2006
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen wird von der Abtretungserklärung
gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht erfasst (Fortführung von
BGH, ZVI 2005, 437).

b) Der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen gehört zur Insolvenzmasse
, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder
während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04 - LG Aschaffenburg
AG Aschaffenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 12. Januar 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners und die sofortige Beschwerde des Treuhänders werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aschaffenburg vom 29. September 2004 und der Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 19. August 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.022,90 € festgesetzt.
Dem Schuldner wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. Kummer beigeordnet.

Gründe:


I.


1
Beschluss Mit vom 24. Oktober 2001 eröffnete das Amtsgericht - Insolvenzgericht - auf Eigenantrag das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Treuhänder. Nach Durchführung des Schlusstermins wurde das Verfahren durch Beschluss vom 18. November 2003 aufgehoben. Zum Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren wurde der bisherige Treuhänder bestimmt.
2
Für das Jahr 2003 stand dem Schuldner ein Einkommensteuererstattungsanspruch von 1.162 € zu. Diesen teilte das Finanzamt, nachdem das Insolvenzverfahren am 18. November 2003 aufgehoben worden war, anteilig auf. Den auf die Zeit vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens entfallenden Betrag in Höhe von 1.022,90 € überwies es an die Gerichtskasse, den Restbetrag von 139,10 € an den Schuldner.
3
Beschluss Mit vom 19. August 2004 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - von Amts wegen entschieden, dass auch der an die Gerichtskasse überwiesene Betrag dem Schuldner zustehe. Auf die sofortige Beschwerde des Treuhänders hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und festgestellt, dass der (Rest-)Anspruch auf Einkommensteuererstattung in Höhe von 1.022,90 € dem Treuhänder zustehe. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

II.


4
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 793 ZPO, weil sie vom Landgericht zugelassen worden ist. Hieran ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
5
Für die Frage, was der Treuhänder durch die Abtretung erlangt, findet gemäß § 292 Abs. 1 Satz 3 InsO die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 InsO entsprechende Anwendung. Vorliegend geht es um die Frage, ob der Einkommensteuererstattungsanspruch pfändbares Einkommen darstellt. Dies ist in § 850 ZPO geregelt. Gemäß § 36 Abs. 4 InsO ist für die Entscheidung dieser Frage wie in den Fällen des § 89 Abs. 3 InsO das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht zuständig (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 97/03, ZIP 2004, 732). Der Rechtsmittelzug richtet sich in diesem Fall nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Deshalb war hier gemäß § 793 ZPO die sofortige Beschwerde gegeben (BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 aaO; v. 17. Februar 2004 - IX ZB 306/03, ZInsO 2004, 441). Der Beschluss des Insolvenzgerichts, dem eine Anhörung des Treuhänders vorausgegangen war, hatte Entscheidungscharakter (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004 - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379).
6
Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, § 575 Abs. 1 bis 3 ZPO.

III.


7
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der bisherigen Entscheidungen sowie zur Zurückverweisung an das Insolvenzgericht.
8
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Anspruch auf Einkommensteuererstattung für das Jahr 2003 von der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO umfasst sei und deshalb dem Treuhänder zustehe.
9
Diese Rechtsauffassung trifft nicht zu. Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, wird der Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen von der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht erfasst , weil er öffentlich-rechtlicher Natur ist und nicht den Charakter eines Einkommens hat, das dem Berechtigten aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zusteht (BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - IX ZR 115/04, ZVI 2005, 437, 438).
10
2. Der streitige Betrag unterfällt damit derzeit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Schuldners. Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom 18. November 2003 hat der Schuldner dieses Recht über sein Vermögen zurückerlangt, soweit es nicht von der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO erfasst wird. Der Anspruch auf Steuerrückerstattung war damit aus der Insolvenzbeschlagnahme entlassen (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 200 Rn. 31, § 203 Rn. 21; Kübler/Prütting/Holzer, InsO § 200 Rn. 6 f).
11
3. Das Insolvenzgericht hätte jedoch von Amts wegen die Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 InsO prüfen müssen. Eine sol- che Anordnung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren zulässig (BGH, Beschl. v. 1. Dezember 2005 - IX ZB 17/04, z.V.b.). Diese Entscheidung wird das Insolvenzgericht nach der Zurückverweisung nachzuholen haben. Mit der Anordnung der Nachtragsverteilung tritt dann eine erneute Insolvenzbeschlagnahme ein (MünchKomm-InsO/Hintzen, § 203 Rn. 21; HK-InsO/Irschlinger, aaO § 203 Rn. 6).
12
Bei seiner Entscheidung wird das Insolvenzgericht davon auszugehen haben, dass der streitige Betrag nach dem Schlusstermin als Gegenstand der Masse ermittelt worden ist, § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
13
Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Gegenstände, die nicht gepfändet werden können, gehören gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse (vgl. BGHZ 92, 339, 340 f). Ansprüche auf Erstattung von Einkommensteuer sind jedoch gemäß § 46 Abs. 1 AO pfändbar (BGHZ 157, 195; BFHE 187, 1, 3; BFH InVo 2000, 277, 278; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 35 Rn. 68).
14
Der Anspruch auf Steuererstattung entsteht, wie die Einkommensteuerschuld , gemäß § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. Vor diesem Zeitpunkt steht nicht fest, ob für das Kalenderjahr eine Einkommensteuer entstanden ist, die niedriger ist als die Vorauszahlungen , die der Steuerpflichtige geleistet hat (BFHE 128, 146, 147; 179, 547, 550 f). Die Steuerfestsetzung hat auf den Entstehungszeitpunkt keinen Einfluss; denn sie hat für das Steuerschuldverhältnis nur deklaratorischen Charakter (BFHE 73, 300, 301; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109).
15
Die Frage, welchem Vermögen Steuererstattungsansprüche zuzuordnen sind, bestimmt sich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens nicht nach Steuerrecht , sondern nach Insolvenzrecht. Maßgebend ist danach nicht der Zeitpunkt der Vollentstehung des Rechts, sondern der Zeitpunkt, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (BFHE 128, 146, 147; 172, 308, 310; 179, 547, 551). Der Anspruch hängt in diesem Fall nur noch vom Zeitablauf ab (vgl. BGHZ 92, 339, 341).
16
Dieser Rechtsgrund ist hier bereits mit der Abführung der Lohnsteuer entstanden, die auf die Einkommensteuer anzurechnen ist, § 36 Abs. 2 EStG. Durch Steuerabzug erhoben im Sinne dieser Vorschrift ist auch die gemäß § 38 EStG einbehaltene und an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer (Ludwig Schmidt/Heinicke, EStG 24. Aufl. § 36 Rn. 5, § 38 Rn. 1).
17
Der Erstattungsanspruch stand lediglich unter der aufschiebenden Bedingung , dass am Jahresende die geschuldete Einkommensteuer geringer sein würde als die Summe der Anrechnungsbeträge, so dass sich gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 37 Abs. 2 AO ein Erstattungsbetrag ergab (vgl. BFH BStBl II 1979, 639, 640; BFHE 179, 547, 551; Tipke/Kruse, AO Stand September 2005 § 251 Rn. 102; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109). Die Finanzbehörde ist bereits dann etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt verwirklicht worden ist (Franz Klein, AO 8. Aufl. § 251 Rn. 25; MünchKomm-InsO/Brandes, § 95 Rn. 26).
18
Der Insolvenzschuldner hat mit der Vorauszahlung eine Anwartschaft auf den am Ende des Veranlagungszeitraums entstehenden Erstattungsanspruch, so dass dieser in die Masse fällt, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während dessen Dauer der ihn begründende Sachverhalt verwirklicht ist. Derartige Steuererstattungsanspüche werden daher zu Recht allgemein als zur Insolvenzmasse gehörig angesehen (BFHE 170, 300, 301; 179, 547, 551 und ständig; AG Göttingen NZI 2001, 270, 271; AG Dortmund ZInsO 2002, 685; Jaeger/Henckel, InsO § 35 Rn. 109; Uhlenbruck, InsO § 35 Rn. 68; Kilger/ K. Schmidt, Insolvenzgesetze § 1 KO Anm. 2 B d; Kübler/Prütting/Holzer, § 35 Rn. 84; MünchKomm-InsO/Lwowski, § 35 Rn. 422; Tipke/Kruse aaO § 251 Rn. 102; Pahlke/Koenig, AO § 251 Rn. 104; Hess, InsO 2. Aufl. § 35 f Rn. 250; HK-InsO/Eickmann, 3. Aufl. § 35 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Andres, § 35 Rn. 59; Braun/Bäuerle, InsO 2. Aufl. § 35 Rn. 70; Frotscher, Besteuerung in der Insolvenz 5. Aufl. S. 52).
19
4. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO; vgl. BGHZ 160, 176, 185 f).
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 19.08.2004 - IK 168/01 -
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 29.09.2004 - 4 T 169/04 -

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 91/03
vom
26. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 545 Abs. 2 ZPO erweitert die Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts
hinsichtlich der (örtlichen und sachlichen) Zuständigkeit trotz seines insoweit
mißverständlichen Wortlauts gegenüber der früheren Rechtslage
(§ 549 Abs. 2 ZPO a.F.) nicht.
BGH, Beschluß vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2003 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Dem Beklagten wird für die Revisionsinstanz Prozeßkostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt Dr. Nassall beigeordnet.
Die Partei hat auf die Prozeßkosten monatlich 135 uständige Landeskasse zu zahlen.

Gründe


I.


Die Klägerin, Trägerin einer Kieferklinik in Düsseldorf, macht vor dem Landgericht Düsseldorf Honoraransprüche wegen ambulanter zahnprothetischer Behandlung gegen den in Duisburg wohnhaften Beklagten geltend. Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen, weil es dessen örtliche Zuständigkeit für gegeben hält. Da die Rechtsprechung zur Frage uneinheitlich ist, ob bei einem Arzt- oder Krankenhausvertrag der Schwerpunkt des Vertrags am Sitz des Behandlers liegt mit
der Folge, daß dort die beiderseitigen Leistungspflichten zu erfüllen sind (§ 29 ZPO), hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen. Der Beklagte begehrt Prozeßkostenhilfe für die von ihm eingelegte Revision.

II.


Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Denn die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02 - NJW 2003, 1192). Der Senat bewilligt dem Beklagten Prozeßkostenhilfe, weil gemessen an diesen Grundsätzen im Hauptsacheverfahren zu entscheiden ist, ob dem Revisionsgericht nach § 545 Abs. 2 ZPO die Überprüfung der örtlichen Zuständigkeit überhaupt offensteht.
Ungeachtet dessen nimmt der Senat im Hinblick auf die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Mai 2003 geäußerte Bitte um Erteilung eines Hinweises zu dieser Rechtsfrage wie folgt Stellung:
Wäre für die rechtliche Beurteilung § 549 Abs. 2 ZPO a.F. heranzuziehen , ginge die Zulassung des Berufungsgerichts ins Leere. Denn nach dieser Vorschrift prüfte das Revisionsgericht nicht, ob das Gericht des ersten Rechtszuges sachlich oder örtlich zuständig war. Die Vorschrift sprach also – anders
als § 545 Abs. 2 n.F. - nicht davon, worauf sich ein Revisionskläger stützen konnte, sondern sie regelte die Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts. Darüber hinaus knüpfte sie nicht daran an, wie die erste Instanz entschieden hatte, sondern hatte nur die Zuständigkeit selbst im Auge. Dies hatte zur Folge, daß eine angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts in dieser Frage einer Überprüfung nicht zugänglich war, unabhängig davon, ob sie die erstinstanzliche Entscheidung bestätigte oder sie abänderte (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., §§ 549, 550 Rn. 53; wohl auch MünchKomm/Wenzel, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 549 Rn. 15). Der Bundesgerichtshof hat zu diesem Rechtszustand entschieden, daß eine zugelassene Revision in einem Rechtsstreit mit einem Wert der Beschwer unter 40.000 DM, bei dem es nur um die Frage der örtlichen Zuständigkeit geht, zwar statthaft, aber unbegründet sei (Urteile vom 26. Oktober 1979 - I ZR 6/79 - MDR 1980, 203; vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - NJW 1988, 3267, 3268; bestätigt durch Urteil vom 5. Oktober 2000 - I ZR 189/98 - GRUR 2001, 368) bzw. daß ein auf diese Frage beschränktes Rechtsmittel unzulässig sei (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 2000 - III ZR 300/99 - NJW 2000, 2822 f; Urteil vom 10. November 1997 - II ZR 336/96 - NJW 1998, 1230).
Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ist § 545 Abs. 2 ZPO an die Stelle von § 549 Abs. 2 ZPO a.F.getreten. In der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift heißt es (BT-Drucks. 14/4722 S. 106):
"Absatz 2 übernimmt die Regelungen in den bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 und bestimmt - entsprechend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 E (bisher: § 512a) - darüber hinaus, daß die Revision nicht darauf gestützt werden kann, das erstinstanzliche Gericht habe seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint. Da-
mit werden künftig Rechtsmittelstreitigkeiten, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des Gerichts gestützt werden, vermieden. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts. Die Neuregelung vermeidet zugleich, daß die von den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig wird."
Vor diesem Hintergrund geht die Neufassung insofern weiter, als sie ohne jede Differenzierung von "Zuständigkeit" spricht, also auch die funktionelle Zuständigkeit einschließt, die von der Regelung des § 549 Abs. 2 ZPO a.F. nicht erfaßt war. Da die Gesetzesbegründung darüber hinaus eine Verfahrensbeschleunigung und eine Entlastung des Revisionsgerichts im Auge hat, hält es der Senat nicht für denkbar, daß der Gesetzgeber die Überprüfungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts gegenüber dem Rechtszustand in § 549 Abs. 2 ZPO a.F. erweitern wollte. Wenn daher auch zuzugeben ist, daß dem Gesetzgeber die Umsetzung dieser Regelungsabsicht sprachlich nicht überzeugend geglückt ist - nach dem Wortlaut der Vorschrift könnte man annehmen , das Revisionsgericht sei zu einer Überprüfung befugt, weil die Revision nicht darauf gestützt werde, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht (angenommen oder) verneint habe (in diesem Sinn etwa MünchKomm/Wenzel, ZPO-Reform, § 545 Rn. 15; Musielak/Ball, 3. Aufl. 2002, § 545 Rn. 12; a.A. wohl Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 545 Rn. 16); tatsächlich greift der Beklagte nämlich die gegenteilige Entscheidung des Berufungsgerichts an -, sind die Hinweise auf eine Entlastung des Revisionsgerichts und die geleistete Sacharbeit der Vorinstanzen, die durch Zuständigkeitsrügen nicht in Frage gestellt werden soll, so eindeutig, daß der Senat eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht für möglich hält. Dies wird für den Fall, daß das Berufungsgericht die fehlerhafte Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, ganz allgemein angenommen, obwohl auch in diesem Fall der Revi-
sionskläger seine Revision nicht darauf stützen muß, die erste Instanz habe ihre Zuständigkeit zu Unrecht verneint (vgl. MünchKomm/Wenzel, ZPOReform , § 545 Rn. 15; Musielak/Ball, 3. Aufl. 2002, § 545 Rn. 12). Der Senat sieht keine von der Sache her gebotenen Gründe, die hier vorliegende Konstellation anders zu beurteilen. Das alleinige Abstellen auf den Wortlaut der Vorschrift würde außer acht lassen, daß es im Revisionsverfahren in aller Regel um die Überprüfung einer Berufungsentscheidung geht und daß § 545 Abs. 2 ZPO keine Spezialregelung ist, die nur für die Sprungrevision Bedeutung hätte.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 16/06
vom
27. September 2007
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Vollstreckung in die erweitert pfändbaren Bezüge des Schuldners ist nur Neugläubigern
von Unterhalts- und Deliktsansprüchen, nicht aber Unterhalts- und Deliktsgläubigern
gestattet, die an dem Insolvenzverfahren teilnehmen.
Das Insolvenzgericht ist gemäß § 89 Abs. 3 InsO zur Entscheidung über Einwendungen
gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung berufen, gleich ob die beantragte
Maßnahme angeordnet oder ihr Erlass abgelehnt wurde. Auf eine Verletzung der
Zuständigkeitsregelung kann die Rechtsbeschwerde nicht gestützt werden.
BGH, Beschluss vom 27. September 2007 - IX ZB 16/06 - LG Heilbronn
AG Schwäbisch Hall
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Cierniak und Dr. Fischer
am 27. September 2007

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 16. Januar 2006 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf 500 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 11. Oktober 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Die Gläubigerin ist Inhaberin eines vor Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner erwirkten Zahlungstitels. Nach ihrer Darstellung liegt der Forderung eine vorsätzlich unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde. Die Gläubigerin erteilte der zuständigen Gerichtsvollzieherin einen Auftrag zur Zwangsvollstreckung, Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und Verhaftung. Durch Schreiben vom 2. Juli 2005 teilte die Gerichtsvollzieherin der Gläubigerin mit, dass das Voll- streckungsverfahren wegen des laufenden Insolvenzverfahrens eingestellt werde.
2
Die von der Gläubigerin gegen die Weigerung der Gerichtsvollzieherin, den Vollstreckungsauftrag zu erledigen, eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Schwäbisch-Hall zurückgewiesen. Die dagegen von der Gläubigerin erhobene sofortige Beschwerde hat das Landgericht Heilbronn zurückgewiesen. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

II.


3
Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Zwar war in vorliegender Sache anstelle des Vollstreckungsgerichts das Insolvenzgericht zur Entscheidung berufen (§ 89 Abs. 3 InsO). Sofern die Vollstreckungsverbote des § 89 Abs. 1 und 2 InsO nicht beachtet werden, hat über die dagegen nach allgemeinem Vollstreckungsrecht statthafte Erinnerung (§ 766 ZPO) anstelle des Vollstreckungsgerichts auf Grund seiner größeren Sachnähe gemäß § 89 Abs. 3 S. 1 InsO das Insolvenzgericht zu befinden (BTDrucks. 12/2443 S. 137 f. zu § 100 RegE zur InsO). Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ist nicht nur begründet, falls nach einer tatsächlich durchgeführten Zwangsvollstreckung mit einem Rechtsbehelf Verstöße gegen § 89 Abs. 1 und 2 InsO gerügt werden (MünchKomm-InsO/Breuer, 2. Aufl. § 89 Rn. 38; Nerlich /Römermann/Wittkowski, InsO § 89 Rn. 30; App NZI 1999, 138, 140). Vielmehr ist sie auch dann gegeben, wenn die Vollstreckungsorgane - wie hier - unter Berufung auf § 89 Abs. 1 und 2 InsO den Erlaß der beantragten Vollstreckungsmaßnahme ablehnen. Die Verweigerung einer Vollstreckungsmaßnahme kann als actus contrarius nicht anders als ihre Anordnung behandelt werden (vgl. Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 89 Rn. 34). Auf die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts kann jedoch die Rechtsbeschwerde nicht gestützt werden (§ 576 Abs. 2 ZPO). Dem Rechtsbeschwerdegericht ist auch die Prüfung entzogen, ob das erstinstanzliche Gericht funktionell zuständig war (BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003 - III ZR 91/03, FamRZ 2003, 1273 f; v. 4. Juli 2007 - VII ZB 6/05, Tz. 7 zur Veröffentlichung bestimmt).
5
Das 2. Landgericht hat zur Begründetheit der sofortigen Beschwerde ausgeführt, die Gläubigerin sei Insolvenzgläubigerin im Sinne des § 38 InsO, weil sie aus einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens titulierten Forderung vollstrecke. Das Vollstreckungsprivileg des § 89 Abs. 2 S. 2 InsO gelte aufgrund seiner systematischen Stellung und seines Wortlauts nur zugunsten sogenannter Neugläubiger, die ihre Ansprüche gegen den Schuldner erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben hätten. Obwohl Neugläubiger am Insolvenzverfahren nicht teilnähmen, erstrecke § 89 Abs. 2 S. 1 InsO das Vollstreckungsverbot für künftige Forderungen aus einem Dienstverhältnis auf sie. Zur Abmilderung dieser Vollstreckungssperre sehe § 89 Abs. 2 S. 2 InsO eine Ausnahme zugunsten der privilegierten Neugläubiger vor, denen als Unterhalts- oder Deliktsgläubiger wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit die Vollstreckung in den nicht allgemein pfändbaren Teil der künftigen Bezüge gestattet werde. Die von der Gläubigerin geforderte Anwendung der Bestimmung auch auf Insolvenzgläubiger , die zugleich Deliktsgläubiger seien, führe zu einer nicht hinnehmbaren Benachteiligung der Neugläubiger. Eine die analoge Anwendung des § 89 Abs. 2 S. 2 InsO zugunsten aller Deliktsgläubiger rechtfertigende Regelungslücke sei nicht erkennbar.

6
3. Diese Würdigung hält rechtlicher Prüfung stand.
7
a) Die Gläubigerin gehört als Insolvenzgläubigerin, selbst wenn ihre Forderung aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung des Schuldners herrührt, nicht zu dem durch § 89 Abs. 2 S. 2 InsO privilegierten Kreis von Neugläubigern , denen die Vollstreckung in erweitert pfändbare künftige Bezüge des Schuldners gestattet ist.
8
aa) § 89 Abs. 1 InsO schließt zur Sicherstellung der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens jede Einzelvollstreckung der Insolvenzgläubiger sowohl in die Insolvenzmasse als auch in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners aus. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens entstehende Bezüge fallen wegen der Einbeziehung des Neuerwerbs durch § 35 InsO in die Insolvenzmasse. Da Insolvenzgläubigern durch § 89 Abs. 1 InsO die Vollstreckung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners verwehrt ist, umfasst das Verbot auch die Vollstreckung in künftige , nach Verfahrensbeendigung fällig werdende Bezüge des Schuldners aus einem Dienstverhältnis (MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 35; HKEickmann , InsO 4. Aufl. § 89 Rn. 3).
9
bb) § 89 Abs. 2 S. 1 InsO erstreckt das für Insolvenzgläubiger geltende Verbot der Vollstreckung in künftige Forderungen aus Dienstverhältnissen auf alle nach Verfahrenseröffnung hinzukommenden Neugläubiger des Schuldners und auf Gläubiger der Unterhaltsansprüche, die gemäß § 40 InsO im Verfahren nicht geltend gemacht werden können, (Nerlich/Römermann/Wittkowski, aaO § 89 Rn. 28). Mit Hilfe dieser Regelung soll der Schuldner in den Stand gesetzt werden, nach Verfahrensbeendigung seine pfändbaren Forderungen auf Bezü- ge aus einem Dienstverhältnis zum Zwecke der Restschuldbefreiung an einen Treuhänder abzutreten (§ 287 Abs. 2 InsO; FK-InsO/App, 4. Aufl. § 89 Rn. 13; MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 35).
10
Das cc) danach grundsätzlich auf Neugläubiger erstreckte Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 2 S. 1 InsO findet in § 89 Abs. 2 S. 2 InsO zugunsten solcher Neugläubiger eine Ausnahme, die aus Unterhalts- oder Deliktsansprüchen in den Teil der Bezüge vollstrecken, der für sie erweitert pfändbar ist (§§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO). Dieser nicht zur Insolvenzmasse gehörende Teil der Bezüge wird von der die Restschuldbefreiung bezweckenden Abtretung der (pfändbaren) Bezüge an den Treuhänder nicht erfasst und unterliegt darum dem Zugriff der privilegierten Neugläubiger (BT-Drucks. 12/2443 S. 137 f zu § 100 RegE zur InsO). Die Besserstellung durch § 89 Abs. 2 S. 2 InsO gilt - wie die tatbestandliche Anknüpfung an § 89 Abs. 2 S. 1 InsO unzweideutig zum Ausdruck bringt - nur für Neugläubiger von Unterhalts- und Deliktsansprüchen, aber nicht auch für Unterhalts- und Deliktsgläubiger, die an dem Insolvenzverfahren teilnehmen (BGH, Beschl. v. 28. Juni 2006 - VII ZB 161/05, ZinsO 2006, 1166; OLG Zweibrücken ZInsO 2001, 625; MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 36; HK-Eickmann, aaO § 89 Rn. 3, 14; HambKomm-InsO/Kuleisa, 2. Aufl. § 89 Rn. 16; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 89 Rn. 22; Steder ZIP 1999, 1874, 1881; BT-Drucks. 12/2443 aaO). Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit wird das Vollstreckungsverbot zugunsten der Neugläubiger, die im Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt werden und infolge der Einbeziehung des Neuerwerbs in die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) keinen realistischen Vollstreckungszugriff auf das insolvenzfreie Vermögen haben, im Umfang der erweitert pfändbaren Beträge gelockert (OLG Zweibrücken aaO S. 625 f; Kübler/ Prütting/Lüke, aaO § 89 Rn. 29). Hingegen soll Unterhalts- und Deliktsgläubigern , die ohnehin an der gemeinschaftlichen Befriedigung im Insolvenzverfah- ren beteiligt sind, nicht ein zusätzlicher Vollstreckungszugriff gestattet werden (MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 36). Da die Gläubigerin zu den im Verfahren zu berücksichtigenden Insolvenzgläubigern gehört, kann sie sich nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 89 Abs. 2 S. 2 InsO berufen.
11
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann den Vorschriften des § 302 Nr. 1, § 114 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 3 InsO nicht die Wertentscheidung entnommen werden, das Vollstreckungsprivileg des § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO über die Neugläubiger hinaus sämtlichen Unterhalts- und Deliktsgläubigern zugute kommen zu lassen.
12
aa) § 302 Nr. 1 InsO schließt die schuldbefreiende Wirkung der Restschuldbefreiung für Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung aus, sofern der Gläubiger die Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes angemeldet hat. Diese Bestimmung bezieht sich lediglich auf die insolvenzrechtliche Nachhaftung, ohne dem Gläubiger innerhalb des Insolvenzverfahrens eine bevorzugte Befriedigungsmöglichkeit zuzuweisen (vgl. BGHZ 149, 100, 106 f; BGH Urt. v. 21. Juni 2007 - IX ZR 29/06, WM 2007, 1620 zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).
13
bb) Gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 3, § 89 Abs. 2 S. 2 InsO bleiben vor Insolvenzeröffnung erwirkte Vollstreckungsmaßnahmen von Unterhalts- und Deliktsgläubigern in den erweitert pfändbaren Teil der Bezüge wirksam. Diese Regelung beschränkt sich - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - auf eine vor Insolvenzeröffnung bewirkte Vollstreckung. Davon abweichend verbietet hingegen § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO aus Gründen der Gleichbehandlung aller Gläubiger eine Einzelvollstreckung durch Unterhalts- und De- liktsgläubiger, die Insolvenzgläubiger sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Ganter Kayser Gehrlein
Cierniak Fischer
Vorinstanzen:
AG Schwäbisch Hall, Entscheidung vom 21.11.2005 - 1 M 1876/05 -
LG Heilbronn, Entscheidung vom 16.01.2006 - 1 T 530/05 -

(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

(3) Die §§ 546, 547, 556 und 560 gelten entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, kann nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i gepfändet werden.

(2) Arbeitseinkommen im Sinne dieser Vorschrift sind die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, Arbeits- und Dienstlöhne, Ruhegelder und ähnliche nach dem einstweiligen oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Einkünfte, ferner Hinterbliebenenbezüge sowie sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen.

(3) Arbeitseinkommen sind auch die folgenden Bezüge, soweit sie in Geld zahlbar sind:

a)
Bezüge, die ein Arbeitnehmer zum Ausgleich für Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses beanspruchen kann;
b)
Renten, die auf Grund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind.

(4) Die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens erfasst alle Vergütungen, die dem Schuldner aus der Arbeits- oder Dienstleistung zustehen, ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart.

(1) Ansprüche auf Leistungen, die auf Grund von Verträgen gewährt werden, dürfen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn

1.
die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird,
2.
über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf,
3.
die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und
4.
die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde.

(2) Beträge, die der Schuldner anspart, um in Erfüllung eines Vertrages nach Absatz 1 eine angemessene Alterssicherung aufzubauen, unterliegen nicht der Pfändung, soweit sie

1.
jährlich nicht mehr betragen als
a)
6 000 Euro bei einem Schuldner vom 18. bis zum vollendeten 27. Lebensjahr und
b)
7 000 Euro bei einem Schuldner vom 28. bis zum vollendeten 67. Lebensjahr und
2.
einen Gesamtbetrag von 340 000 Euro nicht übersteigen.
Die in Satz 1 genannten Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines jeden fünften Jahres entsprechend der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, des Sterblichkeitsrisikos und der Höhe der Pfändungsfreigrenze angepasst und die angepassten Beträge vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung im Sinne des § 850c Absatz 4 Satz 1 bekannt gemacht. Übersteigt der Rückkaufwert der Alterssicherung den unpfändbaren Betrag, sind drei Zehntel des überschießenden Betrags unpfändbar. Satz 3 gilt nicht für den Teil des Rückkaufwerts, der den dreifachen Wert des in Satz 1 Nummer 2 genannten Betrags übersteigt.

(3) § 850e Nr. 2 und 2a gilt entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ansprüche auf Leistungen, die auf Grund von Verträgen gewährt werden, dürfen nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, wenn

1.
die Leistung in regelmäßigen Zeitabständen lebenslang und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder nur bei Eintritt der Berufsunfähigkeit gewährt wird,
2.
über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügt werden darf,
3.
die Bestimmung von Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen als Berechtigte ausgeschlossen ist und
4.
die Zahlung einer Kapitalleistung, ausgenommen eine Zahlung für den Todesfall, nicht vereinbart wurde.

(2) Beträge, die der Schuldner anspart, um in Erfüllung eines Vertrages nach Absatz 1 eine angemessene Alterssicherung aufzubauen, unterliegen nicht der Pfändung, soweit sie

1.
jährlich nicht mehr betragen als
a)
6 000 Euro bei einem Schuldner vom 18. bis zum vollendeten 27. Lebensjahr und
b)
7 000 Euro bei einem Schuldner vom 28. bis zum vollendeten 67. Lebensjahr und
2.
einen Gesamtbetrag von 340 000 Euro nicht übersteigen.
Die in Satz 1 genannten Beträge werden jeweils zum 1. Juli eines jeden fünften Jahres entsprechend der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, des Sterblichkeitsrisikos und der Höhe der Pfändungsfreigrenze angepasst und die angepassten Beträge vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung im Sinne des § 850c Absatz 4 Satz 1 bekannt gemacht. Übersteigt der Rückkaufwert der Alterssicherung den unpfändbaren Betrag, sind drei Zehntel des überschießenden Betrags unpfändbar. Satz 3 gilt nicht für den Teil des Rückkaufwerts, der den dreifachen Wert des in Satz 1 Nummer 2 genannten Betrags übersteigt.

(3) § 850e Nr. 2 und 2a gilt entsprechend.

(1) Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, können sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Dies gilt auch für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

(2) Nach bindender Bewilligung einer Vollrente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ist eine freiwillige Versicherung nicht zulässig, wenn der Monat abgelaufen ist, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde.

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können nicht gepfändet werden.

(2) Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Unpfändbar sind Ansprüche auf

1.
Elterngeld bis zur Höhe der nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes anrechnungsfreien Beträge sowie dem Erziehungsgeld vergleichbare Leistungen der Länder,
2.
Mutterschaftsgeld nach § 19 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes, soweit das Mutterschaftsgeld nicht aus einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herrührt, bis zur Höhe des Elterngeldes nach § 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, soweit es die anrechnungsfreien Beträge nach § 10 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes nicht übersteigt,
2a.
Wohngeld, soweit nicht die Pfändung wegen Ansprüchen erfolgt, die Gegenstand der §§ 9 und 10 des Wohngeldgesetzes sind,
3.
Geldleistungen, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen.

(4) Im übrigen können Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.

(5) Ein Anspruch des Leistungsberechtigten auf Geldleistungen für Kinder (§ 48 Abs. 1 Satz 2) kann nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung der Geldleistungen berücksichtigt wird, gepfändet werden. Für die Höhe des pfändbaren Betrages bei Kindergeld gilt:

1.
Gehört das unterhaltsberechtigte Kind zum Kreis der Kinder, für die dem Leistungsberechtigten Kindergeld gezahlt wird, so ist eine Pfändung bis zu dem Betrag möglich, der bei gleichmäßiger Verteilung des Kindergeldes auf jedes dieser Kinder entfällt. Ist das Kindergeld durch die Berücksichtigung eines weiteren Kindes erhöht, für das einer dritten Person Kindergeld oder dieser oder dem Leistungsberechtigten eine andere Geldleistung für Kinder zusteht, so bleibt der Erhöhungsbetrag bei der Bestimmung des pfändbaren Betrages des Kindergeldes nach Satz 1 außer Betracht.
2.
Der Erhöhungsbetrag (Nummer 1 Satz 2) ist zugunsten jedes bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigten unterhaltsberechtigten Kindes zu dem Anteil pfändbar, der sich bei gleichmäßiger Verteilung auf alle Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes zugunsten des Leistungsberechtigten berücksichtigt werden, ergibt.

(6) In den Fällen der Absätze 2, 4 und 5 gilt § 53 Abs. 6 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.