Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - IX ZA 3/18

published on 03/05/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - IX ZA 3/18
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Landgericht Halle, 3 O 1718/09, 12/10/2011
Oberlandesgericht Naumburg, 9 U 220/11, 05/11/2012

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 3/18
vom
3. Mai 2018
in dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
ECLI:DE:BGH:2018:030518BIXZA3.18.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 3. Mai 2018
beschlossen:
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 10. Dezember 2014, Aktenzeichen XII ZR 136/12, wird abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Mit Urteil des Landgerichts Halle vom 12. Oktober 2011 wurde der Antragsteller neben seinem Stiefvater F. H. verurteilt, näher bezeichnete Räumlichkeiten in Q. , in welchen ein Fitnessstudio betrieben wurde, zu räumen und geräumt an die damalige Klägerin und jetzige Antragsgegnerin herauszugeben. Der Antragsteller wurde in diesem Rechtsstreit von den Rechtsanwälten V. und Partner aus H. vertreten. Die von diesen Rechtsanwälten eingelegte Berufung blieb erfolglos. Eine namens des Antragstellers von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 10. Dezember 2014 zurückgewiesen.

2
Mit einem am 20. März 2018 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schriftsatz beantragt der Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss vom 10. Dezember 2014. Er behauptet, nichts vom Vorprozess gewusst zu haben, bis gegen ihn vollstreckt worden sei. Weil er mit der Situation überfordert gewesen sei, habe er die Vermögensauskunft abgegeben. Er habe die Rechtsanwälte V. und Partner nicht beauftragt. Seine Mutter habe zugegeben, die Unterschrift unter der Vollmacht gefälscht zu haben. Die Klage im Vorprozess sei unbegründet, weil er, der Antragsteller , nie einen Vertrag mit der Antragsgegnerin geschlossen habe und nie Inhaber eines Fitnessstudios gewesen sei.

II.


3
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
4
1. Gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war. Nicht gesetzmäßig vertreten ist eine Partei auch dann, wenn ein Rechtsanwalt für sie auftritt, den sie nicht bevollmächtigt hat (BVerfG NJW 1998, 745; OLG Köln VersR 1997, 341, 342; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 579 Rn. 6; Prütting /Gehrlein/Meller-Hannich, ZPO, 9. Aufl., § 579 Rn. 9; MünchKomm-ZPO/ Braun, 5. Aufl., § 579 Rn. 15). Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs folgt aus § 584 Abs. 1 ZPO.
5
2. Ob der behauptete Nichtigkeitsgrund tatsächlich vorliegt, ist gegebenenfalls von Amts wegen zu prüfen. Der Senat hätte die Beweisbedürftigkeit der Behauptungen des Restitutionsklägers unabhängig von der Einlassung des Restitutionsbeklagten zu prüfen und die von der Partei angebotenen Beweise zu erheben (vgl. Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, ZPO, 9. Aufl., § 585 Rn. 7; vgl. weiter § 590 Abs. 3 ZPO).
6
3. Der Senat hat daher die Akten des Ausgangsprozesses (LG Halle 3 O 1718/09 = OLG Naumburg 9 U 220/10) beigezogen. Nach Aktenlage kann ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller keine Kenntnis von diesem Rechtsstreit hatte.
7
a) Die Klage ist dem Antragsteller wirksam im Wege der Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO unter der Anschrift "D. , Q. " zugestellt worden. In den genannten Räumlichkeiten betrieb der Antragsteller im Zeitpunkt der Zustellung ein Gewerbe. Bei den Akten befindet sich die Kopie einer mit dem Namen des Antragstellers unterschriebenen GewerbeAbmeldung vom 2./3. Januar 2012, welche ein vom Antragsteller in den genannten Räumlichkeiten betriebenes Gewerbe "Personaltrainer, Saunawart" betrifft.
8
b) Im Berufungsverfahren hat der Antragsteller, vertreten durch die Rechtsanwälte V. und Partner, Prozesskostenhilfe beantragt. Bei den Akten befindet sich ein für den Antragsteller angelegtes Prozesskostenheft. Dieses enthält einen ausgefüllten und mit dem Namen des Antragstellers unterschriebenen amtlichen Vordruck. Beigefügt ist ein Leistungsbescheid des Jobcenters M. , nach welchem der Antragsteller seit dem 1. Dezember 2011 in einer Bedarfsgemeinschaft mit K. H. , wohl seiner Mutter, in A. lebte. Die Kopie einer Anmeldebestätigung haben die Rechtsanwälte V. und Partner ebenfalls zu den Akten gereicht. Eine Kopie der nämlichen Bescheinigung ist als Anlage zum jetzigen Antrag auf Prozesskostenhilfe vorgelegt worden. Alles spricht dafür, dass der Antragsteller die genannten Unterlagen den Rechtsanwälten V. und Partner zur Weiterleitung an das Oberlandesgericht Naumburg zur Verfügung gestellt hat.
9
3. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2015 hat sich der Antragsteller schließlich mit der Bitte um Stundung der Verfahrenskosten an das Bundesamt für Justiz gewandt. In dem Schreiben heißt es, er, der Antragsteller, habe lediglich ein Nebengewerbe ausgeübt, welches er "kurz nach dem Eingang" (wohl der Klage) abgemeldet habe. Im Zeitpunkt der Berufungsverfahren am OLG Naumburg und am BGH sei die Räumung längst erledigt gewesen. Nach der Zurückverweisung der Sache habe am 6. Oktober 2015 eine Sitzung des Zivilsenats stattgefunden, nach welcher die Klage voraussichtlich abgewiesen werde. Danach hat der Antragsteller, der jetzt vorträgt, keinen Kontakt zu dem Beklagten zu 1 des Ausgangsprozesses gehabt zu haben, den Fortgang des an das Berufungsgericht zurückverwiesenen Rechtsstreits gegen diesen verfolgt. Hätte er, wie er nunmehr behauptet, bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung keinerlei Kenntnis vom Ausgangsprozess gehabt, hätte er zudem hierauf verwiesen , nicht auf die Räumung während des laufenden Rechtsstreits.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 12.10.2011 - 3 O 1718/09 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 05.11.2012 - 9 U 220/11 -
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht diese
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published on 10/12/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR136/12 vom 10. Dezember 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 546, 985; InsO §§ 47, 86; ZPO § 240 Betrifft nur einer von mehreren im Prozess zusammen geltend gema
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

(1) Für die Klagen ist ausschließlich zuständig: das Gericht, das im ersten Rechtszug erkannt hat; wenn das angefochtene Urteil oder auch nur eines von mehreren angefochtenen Urteilen von dem Berufungsgericht erlassen wurde oder wenn ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil auf Grund des § 580 Nr. 1 bis 3, 6, 7 angefochten wird, das Berufungsgericht; wenn ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil auf Grund der §§ 579, 580 Nr. 4, 5 angefochten wird, das Revisionsgericht.

(2) Sind die Klagen gegen einen Vollstreckungsbescheid gerichtet, so gehören sie ausschließlich vor das Gericht, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre.

(1) Die Hauptsache wird, insoweit sie von dem Anfechtungsgrunde betroffen ist, von neuem verhandelt.

(2) Das Gericht kann anordnen, dass die Verhandlung und Entscheidung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens vor der Verhandlung über die Hauptsache erfolge. In diesem Fall ist die Verhandlung über die Hauptsache als Fortsetzung der Verhandlung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens anzusehen.

(3) Das für die Klagen zuständige Revisionsgericht hat die Verhandlung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens zu erledigen, auch wenn diese Erledigung von der Feststellung und Würdigung bestrittener Tatsachen abhängig ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.