Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - IV ZR 3/17
nachgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den RichterFelsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann am 4. Juli 2018
beschlossen:
Die vorgenannte Nichtzulassungsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Rentenleistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung seit April 2001. Im Berufungsverfahren sind ihr unter Abweisung der Klage im Übrigen monatliche Rentenzahlungen erst ab dem 1. April 2006 zugesprochen worden. Hinsichtlich dieser Verurteilung der Beklagten ist das Berufungsurteil rechtskräftig. Infolgedessen hat die Beklagte am 15. Juni 2016 insge- samt 68.525,13 € für rückständige Renten und Zinsen geleistet. Soweit das Berufungsurteil sie beschwert, hat die Klägerin mit beim Senat am 4. Januar 2017 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde beantragt.
- 2
- Die Klägerin, der in den Vorinstanzen Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, hatte für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das ihrem früheren (zweitinstanzlichen) Prozessbevollmächtigtem am 19. Mai 2016 zugestellte Berufungsurteil bereits am Freitag, dem 17. Juni 2016, Prozesskostenhilfe beantragt. Unter dem 10. Juni 2016 hatte sie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfasst und darin - wie in den Vorinstanzen - erklärt, erwerbsunfähig zu sein, keine Einkünfte und/oder Rentenzahlungen zu erhalten und von der Familie unterstützt zu werden. Die vorerwähnte Zahlung der Beklagten hat die Klägerin im Bewilligungsverfahren zunächst nicht mitgeteilt.
- 3
- Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. August 2016 auf die Zahlung hingewiesen und die Bedürftigkeit der Klägerin infrage gestellt hatte, hat zunächst der stellvertretende Vorsitzende des Senats den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin telefonisch hierauf hingewiesen und zur Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit der Klägerin bis zum geplanten Beratungstermin vom 5. Oktober 2016 eine Erläuterung dazu angefordert, weshalb die Klägerin die Auszahlung des vorgenannten Betrages an die Ehefrau ihres Arbeitgebers veranlasst habe.
- 4
- Mit am 5. Oktober 2016 beim Senat eingegangenen Telefax ihres früheren Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin unter Vorlage mehre- rer Aufstellungen vortragen lassen, sie habe das Geld verwendet, um aus moralischen Gründen denjenigen Personen Geld zurückzuzahlen, die sie in der Zeit ihrer Einkommenslosigkeit unterstützt hätten: ihrem früheren Arbeitgeber für die Übernahme ihrer Krankenversicherungsbeiträge und kostenlose Bereitstellung einer kleinen Wohnung, dessen Tochter für regelmäßige Leistungen als Heilpraktikerin und Psychotherapeutin sowie für gelegentliche Bar- und Sachzuwendungen, ihren Eltern, ihrem Schwager und zwei Schwestern für diverse, nicht näher aufgeschlüsselte unregelmäßige Bar- und Sachleistungen.
- 5
- Der Senat hat daraufhin die Beratung vom 5. Oktober 2016 über das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin ausgesetzt und die Entscheidung zunächst zurückgestellt. Mit Schreiben des Rechtspflegers vom 10. Oktober 2016 ist der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen worden, dass zur Glaubhaftmachung ihrer Bedürftigkeit weitere Angaben und Belege insbesondere dazu erforderlich seien, welche Gelder an den Arbeitgeber der Klägerin und dessen Ehefrau geflossen seien und aufgrund welcher Vereinbarungen die Klägerin dazu verpflichtet gewesen sei. Diese Anfrage hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres früheren Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2016 beantworten lassen. Darin hat sie ihren vorgenannten Vortrag eidesstattlich versichert und mit mehreren Aufstellungen dokumentiert, welche Personen sie während ihrer Mittellosigkeit mit welchen Beträgen unterstützt hätten, und wie sie einen Betrag von 65.500 € (d.h. die Versicherungsleistung von 68.525,13 € bis auf einen Rest von 3.025,13 €) unter diesen aufgeteilt habe.
- 6
- II. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2016 hat der Senat das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin zurückgewiesen, weil die zur Begründung eingereichten Erklärungen und Belege nicht ausreichend glaubhaft machten, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen könne (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 7
- III. Die Klägerin hat die am Montag, dem 20. Juni 2016, abgelaufene Frist des § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt. Ihr Wiedereinsetzungsgesuch gegen diese Fristversäumnis ist zurückzuweisen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist mithin als unzulässig zu verwerfen.
- 8
- 1. Dabei kann dahinstehen, ob das Wiedereinsetzungsgesuch bereits verspätet ist, weil die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO hier möglicherweise nicht erst nach der Bekanntgabe des die Prozesskostenhilfe versagenden Senatsbeschlusses (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Mai 2017 - VIII ZB 54/16, juris Rn. 6 m.w.N.), sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu laufen begonnen hat, zu dem die Klägerin aufgrund der vorgenannten Hinweise des stellvertretenden Senatsvorsitzenden und des Rechtspflegers nicht mehr mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat rechnen können (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 108/09, FamRZ 2010, 448 Rn. 5 m.w.N.).
- 9
- 2. Jedenfalls hat das Wiedereinsetzungsgesuch in der Sache keinen Erfolg.
- 10
- a) Ein Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt, ist bis zur Entscheidung über diesen Antrag nur so lange als ohne sein Verschulden an der Fristwahrung gehindert anzusehen, wie er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. November 2007 - VI ZB 81/06, FamRZ 2008, 400 Rn. 14 m.w.N.). War die Erwartung einer Prozesskostenhilfebewilligung hingegen nicht gerechtfertigt , weil die Partei oder ihr Vertreter erkennen konnte, dass die subjektiven Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht erfüllt waren, scheidet eine Wiedereinsetzung aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2010 aaO; vom 8. Februar 1985 - V ZR 281/84, VersR 1985, 454 unter 1 [juris Rn. 3]; Senatsbeschluss vom 19. November 2008 - IV ZB 38/08, r+s 2010, 263 Rn. 8 m.w.N.).
- 11
- b) So liegt der Fall hier.
- 12
- Es kann dahinstehen, ob die Klägerin oder ihr früherer Prozessbevollmächtigter schon allein aufgrund der Zahlung der Beklagten in Höhe von 68.525,13 € im Juni 2016kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist vernünftigerweise nicht mehr mit einer Anerkennung der Bedürftigkeit der Klägerin rechnen konnten, denn jedenfalls nach dem Hinweis des stellvertretenden Vorsitzenden des Senats im September 2016, der Zurückstellung der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch am 5. Oktober 2016 und dem Schreiben des Rechtspflegers vom 10. Oktober 2016 musste ihnen bewusst sein, dass die genannte Versicherungsleistung der Annahme einer weiteren Bedürftigkeit der Klägerin entgegenstand.
- 13
- Wie der Senat bereits in der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch , auf die ergänzend Bezug genommen wird, dargelegt hat, muss eine um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei einen angemessenen Teil eines ihr vor der Bewilligung zugeflossenen Geldbetrages jedenfalls dann zurückhalten, wenn ihr bekannt ist, dass Kosten für einen Rechtsstreit anfallen können. Das war hier der Fall, weil die Beklagte die genannte Geldleistung nur wenige Tage nach Erstellung des Prozesskostenhilfegesuchs erbracht hat. Der Klägerin ist es nicht gelungen, den Verdacht plausibel auszuräumen, sie habe sich des ihr zugeflossenen Geldbetrages durch unangemessene, sachlich nicht gebotene Ausgaben fast vollständig entäußert, für die auch eine rechtliche Notwendigkeit nicht bestand (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2006 - VI ZB 26/05, VersR 2006, 673 Rn. 19 ff.; vom 2. April 2008 - XII ZB 184/05, NJW-RR 2008, 953 Rn. 27; Senatsbeschluss vom 10. April 2013 - IV ZR 286/12, juris Rn. 2).
- 14
- Die Klägerin hat zwar vorgetragen, die von ihr bedachten Personen hätten sie in Anbetracht ihrer Mittellosigkeit seit 2001 mit umfangreichen Geld- und Sachleistungen unterstützt; sie hat sich insoweit aber allein auf eine moralische Verpflichtung zur Rückzahlung berufen. Wie der Senat bereits dargelegt hat, hätte sie dieser moralischen Verpflichtung auch durch geringere Zahlungen entsprechen können, zumal das mit dem Ziel weiterer Rentenleistungen betriebene Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren im Erfolgsfalle letztlich wiederum den bedachten Personen in Form weiterer Zahlungen hätte zugutekommen können. Hinzu kommt, dass die Klägerin trotz wiederholter Nachfrage seitens des Senats ihre Zahlungen - mit Ausnahme des an den Arbeitgeber für verauslagte Krankenversicherungsbeiträge und Wohnungsnutzung gezahl- ten Betrages - lediglich pauschal begründet und damit keine ausreichende Überprüfung der einzelnen Beträge ermöglicht hat.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 23.09.2009- 20 O 9/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 13.05.2016 - 20 U 170/09 -
BESCHLUSS
IV ZR 3/17
vom
26. Juli 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:260718BIVZR3.17.0
Prof. Dr. Karczewski, Lehmann, die Richterin Dr. Brockmöller und den
Richter Dr. Götz
am 26. Juli 2018
beschlossen:
Der Senatsbeschluss vom 4. Juli 2018 wird gemäß § 319
ZPO dahingehend berichtigt, dass der zweite Satz des
Tenors lautet:
Die vorgenannte Nichtzulassungsbeschwerde wird auf
Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Gründe:
Durch ein offensichtliches Schreibversehen des Senats ist dienach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde zwingende und von
Senat beschlossene Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO nicht in den Tenor
aufgenommen worden, dies war von Amts wegen zu berichtigen.
Felsch Prof. Dr. Karczewski Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Götz
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien, die sich am 15. März 2004 getrennt hatten, streiten um Trennungs- und Kindesunterhalt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Beklagten auf die seit Dezember 2004 anhängige Klage zur Zahlung von Trennungs - und Kindesunterhalt verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, für deren Durchführung er Prozesskostenhilfe beantragt.
- 2
- Nach seinen Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und den beigefügten Belegen verfügt der Beklagte über Einkünfte aus Arbeitslosengeld in monatlicher Höhe von 1.669,80 €, wovon durch die Klägerin monatlich insgesamt 939,60 € als Unterhalt gepfändet werden. Der Beklagte ist Eigentümer einer etwa 63 m² großen und im Jahre 1993 bezugsfertig gewordenen Eigentumswohnung in Z. Die Wohnung wird von der 1921 geborenen Mut- ter des Beklagten bewohnt, zu deren Gunsten der Beklagte am 24. März 2004 ein unentgeltliches dingliches Wohnungsrecht bewilligt hat. Nach dem Inhalt seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt der Beklagte sonst nur noch über ein älteres Kraftfahrzeug und einen Barbetrag von 3.000 €.
- 3
- Aus dem Vortrag der Parteien zur Hauptsache ergibt sich zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten - soweit für die Entscheidung über die begehrte Prozesskostenhilfe von Bedeutung - ergänzend folgendes:
- 4
- Das Arbeitsverhältnis des Beklagten, der als leitender Angestellter beschäftigt war, wurde durch eine von seinem Arbeitgeber ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung zum 30. Juni 2004 beendet. In einem anschließenden Kündigungsschutzverfahren schloss der Beklagte einen Vergleich, wonach sein Arbeitsverhältnis auf eine hilfsweise ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung erst zum 30. September 2004 endete und der Beklagte für den Verlust des Arbeitsplatzes mit einer Abfindung in Höhe von 230.000 € (brutto) entschädigt wurde. Nachdem der Beklagte noch mit Schriftsätzen vom 7. und 10. März 2005 vorgetragen hatte, die Abfindung sei noch nicht ausgezahlt, hat er später behauptet, den Betrag im Januar 2005 erhalten zu haben. Er habe den Nettobetrag von knapp 190.000 € von seinem Konto abgehoben und diesen zusammen mit weiterem Bargeld in Höhe von 40.000 €, welches aus dem Rückkauf einer Lebensversicherung stammte, im Schlafzimmer seiner Mietwohnung in R. ungesichert aufbewahrt. Während einer zweiwöchigen Ortsabwesenheit Anfang Februar 2005 seien noch nicht ermittelte Täter mit Hilfe eines für Notfälle zwischen Rollladen und Balkontür deponierten Schlüssels in die Wohnung eingedrungen und hätten das gesamte Bargeld entwendet.
II.
- 5
- Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg, weil die wirtschaftlichen Voraussetzungen für deren Gewährung nicht vorliegen.
- 6
- 1. Dabei kann es auf sich beruhen, ob es dem Beklagten trotz des zugunsten seiner Mutter bestehenden dinglichen Wohnungsrechts möglich und zumutbar ist, seine im Übrigen unbelastete Eigentumswohnung in Z. - die nicht zum Schonvermögen im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII zählt - durch Veräußerung oder Belastung für die Prozesskosten einzusetzen.
- 7
- 2. Denn eine Bewilligung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte für den Verbleib seines noch im Februar 2005 vorhandenen Geldvermögens keine plausible Erklärung abgegeben hat.
- 8
- Eine Partei muss in ihrem Prozesskostenhilfeantrag glaubhaft und nachvollziehbar darlegen, warum früher vorhandene erhebliche Geldbeträge ihr zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung stehen (Musielak/Fischer ZPO 5. Aufl. § 115 ZPO Rdn. 55 m.w.N.). Diese Darlegungen müssen wenigstens ein so hinreichendes Maß an Plausibilität erreichen, dass mit ihnen zum einen der Verdacht ausgeräumt werden kann, der Hilfesuchende habe die Geldmittel nicht verbraucht, sondern nur zur Seite geschafft oder damit andere verwertbare Vermögensgegenstände erworben (Musielak/Fischer aaO, Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 115 Rdn. 73). Zum anderen muss auch ausgeschlossen werden können, dass der Hilfesuchende, der mit Kosten durch einen bevorstehenden oder einen schon geführten Rechtsstreit rechnen konnte und deshalb seine finanziellen Dispositionen auf die Prozessführung einrichten musste, sich seines Vermögens durch unangemessene Ausgaben entäußert hat, für die keine dringende Notwendigkeit bestand. Denn anderenfalls wäre sein Begehren nach staatlicher Prozessfinanzierung rechtsmissbräuchlich (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 10. Januar 2006 - VI ZB 26/05 - FamRZ 2006, 548, 549; Zöller /Philippi aaO Rdn. 72; MünchKomm/Wax ZPO 2. Aufl. § 115 Rdn. 65; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 115 Rdn. 92 m.w.N.).
- 9
- Dem Vorbringen des Beklagten zur Entwendung seines Barvermögens fehlt indessen selbst das Maß an Plausibilität, das im Verfahren der Prozesskostenhilfe gefordert werden muss.
- 10
- a) Der Beklagte hat schon keinen nachvollziehbaren Grund dafür benannt , dass er sich sein gesamtes Geldvermögen (Abfindung und Rückkaufswert der Lebensversicherung) von der Bank auszahlen ließ, um es als Bargeld in seiner Wohnung zu deponieren. Ein erst beabsichtigter Immobilienerwerb stellt hierfür keinen plausiblen Grund dar. Denn dass der Beklagte - wie behauptet - angenommen haben könnte, er könne durch Barzahlung des vollständigen Kaufpreises einen Nachlass erzielen, der ihm im Falle einer Banküberweisung nicht gewährt würde, erscheint dem Senat abwegig. Ein redlicher Immobilienverkäufer wird dem Anerbieten einer Zahlung des vollständigen Kaufpreises in einer Größenordnung von mehr als 200.000 € durch Übergabe von Bargeld eher im Hinblick auf eine möglicherweise zweifelhafte Herkunft des Geldes mit Misstrauen begegnen. Selbst im Falle einer Zwangsversteigerung konnte der Meistbietende auf Bargeld - als dies rechtlich noch zulässig war (vgl. nunmehr § 69 Abs. 1 ZVG in der Fassung von Art. 11 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes vom 22. Dezember 2006, BGBl. I, 3416) - nur in Höhe der beizubringenden Sicherheitsleistung zurückgreifen.
- 11
- b) Für den Beklagten bestand auch keine Veranlassung, sich Bargeld für den Kauf einer Immobilie bereits unmittelbar nach der Überweisung der arbeitsrechtlichen Abfindung im Januar 2005 und vor Antritt seiner Urlaubsreise An- fang Februar 2005 auszahlen zu lassen. Denn er konnte für diesen Zeitpunkt weder ein ihn konkret interessierendes Objekt noch gar die Aufnahme von Vertragsverhandlungen nachweisen. Der Beklagte hat auch kein konkretes Misstrauen gegen die Finanzinstitute dargelegt, das ihn bewogen haben könnte, das Guthaben sofort und in voller Höhe abzuheben. Denn zuvor hatte er offensichtlich über einen längeren Zeitraum keine Bedenken, Vermögen durch Einzahlung von Beiträgen in eine Lebensversicherung zu bilden.
- 12
- c) Schließlich ist es auch nicht nachvollziehbar, warum sich der Beklagte des außergewöhnlichen Risikos ausgesetzt haben sollte, sein gesamtes Geldvermögen in der Wohnung zu verwahren und für die Deponierung des Bargelds nicht auf naheliegende und erheblich sicherere Aufbewahrungsmöglichkeiten - wie die Anmietung eines Bankschließfachs - zurückzugreifen. Dies leuchtet umso weniger ein, als der Beklagte kurz nach der Abhebung des Bargeldes das Entwendungsrisiko dadurch weiter erhöht haben will, dass er seine Wohnung für eine längere Urlaubsreise verlassen und einen Ersatz-Wohnungsschlüssel außen am Gebäude abgelegt haben will. Angesichts eines angeblich in der Wohnung ungesichert verwahrten Geldbetrages in Höhe von etwa 230.000 € würde dies eine gänzlich unerklärbare Leichtfertigkeit darstellen.
- 13
- d) Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht auszuschließen, dass der Beklagte entweder entgegen dem Inhalt seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht prozesskostenarm ist oder seine Bedürftigkeit durch Ausgaben herbeigeführt hat, die einem Anspruch auf staatliche Prozesskostenfinanzierung entgegenstehen. In beiden Fällen kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.
- 14
- Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass die dem Beklagten laut seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angeb- lich verbliebenen Einkünfte in Höhe von monatlich (24,34 € x 30 Tage =) 730,20 € sogar die von ihm angegebenen Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 768,18 € unterschreiten und nicht ersichtlich ist, wovon der Beklagte sonst seinen Lebensunterhalt bestreitet. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
AG Lörrach, Entscheidung vom 04.05.2005 - 10 F 478/04 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 01.09.2005 - 5 UF 172/05 -
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)