vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 11 O 4968/16, 26.01.2017
Oberlandesgericht Nürnberg, 8 U 444/17, 30.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 18/17
vom
21. Februar 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:210218BIVZB18.17.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 21. Februar 2018

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg - 8. Zivilsenat - vom 30. Mai 2017 wird auf ihre Kosten verworfen.
Beschwerdewert: bis 80.000 €

Gründe:


1
I. Die Beklagte erstrebt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung.
2
Sie hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 2. Februar 2017 zugestellte Urteil des Landgerichts, mit dem sie zur Zahlung von 80.090,48 € nebst Zinsen abzüglich eines Betrages in Höhe von 5.579,16 € sowie zur Ausstellung einer Steuerbescheinigung näher bezeichneten Inhalts verurteilt wurde, fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 31. März 2017, adressiert an das Landgericht NürnbergFürth unter Angabe des erstinstanzlichen Aktenzeichens und eingegangen per Telefax am selben Tage, einem Freitag, um 14:57 Uhr bei der Gemeinsamen Poststelle der Justiz Nürnberg beantragte sie, "die am 03.04.2017 ablaufende Frist zur Berufungsbegründung erstmals bis zum 21.04.2017 zu verlängern". Dieser Schriftsatz wurde am Dienstag, den 4. April 2017 von der Geschäftsstelle der Zivilkammer des Landgerichts an das im selben Hause befindliche Oberlandesgericht weitergeleitet, wo er am selben Tage einging.
3
Nachdem die Beklagte vom Berufungsgericht auf die beabsichtigte Zurückweisung des Fristverlängerungsantrags wegen dessen verspäteten Eingangs hingewiesen worden war, hat sie mit einem dort am 18. April 2017 eingegangenen Schriftsatz unter gleichzeitiger Vorlage einer Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
4
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Beklagte zum einen unter näherer Darlegung geltend gemacht, dass ihren Prozessbevollmächtigten kein Verschulden an der falschen Adressierung des Fristverlängerungsantrags treffe, und zum anderen, dass sich ein etwaiges Verschulden nicht ausgewirkt habe, weil der Schriftsatz bei einer ordnungsgemäßen Weiterleitung durch das Landgericht im Rahmen eines ordentlichen Geschäftsgangs noch vor Fristablauf beim Oberlandesgericht eingegangen wäre.
5
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
6
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Rechtsmittelbegründungsfrist infolge der falschen Adressierung des Fristverlängerungsantrags versäumt worden sei, an der jedenfalls auch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden treffe, weil er den Adressierungsfehler bei der Unterzeichnung des Schriftsatzes habe bemerken müssen.
7
Der Wiedereinsetzungsantrag könne auch nicht darauf gestützt werden, dass das Landgericht den am Freitagnachmittag dort eingegangenen Fristverlängerungsantrag so schnell an das im gleichen Hause befindliche Oberlandesgericht hätte weiterleiten müssen, dass ein Eingang beim Berufungsgericht noch vor Fristende am Montag um 24:00 Uhr zu verzeichnen gewesen wäre. Das Landgericht sei zur Weiterleitung nur im normalen Geschäftsgang verpflichtet gewesen. Das sei hier geschehen. Es sei nicht ersichtlich, dass die am Dienstagmorgen erfolgte "Weiterverarbeitung" eines am Freitagnachmittag um 14:57 Uhr bei der gemeinsamen Einlaufstelle mehrerer Justizbehörden in einer Großstadt aufgelaufenen Telefax-Schriftsatzes nicht mehr den Kriterien eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs entsprechen würde.
8
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
9
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Die Ablehnung der Wiedereinsetzung verletzt weder den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) noch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.
10
1. Das Berufungsgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass auch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein seiner Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden an der fehlerhaften Adressierung des Fristverlängerungsantrags trifft. Er hätte bei Unterzeichnung des Schriftsatzes - ungeachtet des Fehlers seiner Kanzleiangestellten bei dessen Vorbereitung - bemerken können und müssen, dass dieser nicht an das Berufungsgericht gerichtet war. Die auf einer solchen falschen Adressierung beruhende Verzögerung des Eingangs beim zuständigen Gericht hat er selbst zu vertreten (vgl. auch BVerfG NJW 2005, 2137 unter II 2 c, juris Rn. 10).
11
2. Allerdings wirkt sich ein etwaiges Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann nicht auf die Fristversäumung aus, wenn die fristgerechte Weiterleitung eines bei einem unzuständigen Gericht eingereichten fristgebundenen Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann. Geht der Schriftsatz gleichwohl nicht fristgerecht beim Rechtsmittelgericht ein, muss Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon gewährt werden, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12, NJW-RR 2012, 1461 Rn. 13; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15, NJW-RR 2016, 1340 Rn. 12; jeweils m.w.N.).
12
3. So liegt der Fall hier aber nicht.
13
a) Das Landgericht war nicht verpflichtet, bei der Weiterleitung des Schriftsatzes Maßnahmen zur besonderen Beschleunigung zu ergreifen, auch nicht im Hinblick auf das bevorstehende Wochenende. Andernfalls würde den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien abgenommen und den unzuständigen Gerichten übertragen. Damit würden die Anforderungen an die aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren abgeleitete richterliche Fürsorgepflicht überspannt werden (BGH, Beschluss vom 6. November 2008 - IX ZB 208/06, NJW-RR 2009, 408 Rn. 8 m.w.N.). Ein unzuständiges Gericht ist nur verpflichtet, bei ihm eingereichte fristgebundene Schriftsätze für ein Rechtsmittelverfahren im ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 aaO Rn. 13 m.w.N.).
14
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich eine weitergehende Pflicht zur beschleunigten Bearbeitung und Weiterleitung des eingegangenen Schriftsatzes im Streitfall auch nicht daraus, dass das Datum des Fristablaufs in dem Fristverlängerungsantrag mitgeteilt war. Dieses Datum des Fristablaufs war hier in dem eingerückten Antrag ohne besondere Hervorhebung genannt; durch Fettdruck hervorgehoben war lediglich das Datum, bis zu dem die verlängerte Frist gewährt werden sollte. Auch war der Schriftsatz nicht als besonders eilbedürftig gekennzeichnet. Es kann deshalb weiter offen bleiben, ob insbesondere die Postannahmestelle sowie die Geschäftsstelle der Kammer beim Landgericht bei einer solchen besonderen Kennzeichnung zu einer beschleunigten Weiterleitung bzw. Vorlage an den Richter gehalten wären (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2008 - IX ZB 208/06, NJW-RR 2009, 408 Rn. 8).
15
b) Maßgeblich ist somit allein, ob mit einem rechtzeitigen Eingang des Fristverlängerungsantrags beim Berufungsgericht im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs gerechnet werden konnte.
16
Danach kann zunächst nicht erwartet werden, dass eingehende Telefaxschreiben umgehend auf die zutreffende Adressierung überprüft und gegebenenfalls sofort an das zuständige Gericht weitergeleitet werden , so dass sie dort noch am selben Tag eingehen, selbst wenn sich das Berufungsgericht wie im Streitfall im selben Gebäudekomplex befindet wie das erstinstanzliche Gericht, bei dem der Schriftsatz eingegangen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12, NJW-RR 2012, 1461 Rn. 14).
17
Bereits geklärt ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darüber hinaus aber auch, dass im Rahmen eines ordentlichen Geschäftsgangs mit einem Eingang des Schriftsatzes auf der Geschäftsstelle der zuständigen Kammer unter Umständen erst am Tage nach dem Eingang bei der gemeinsamen Briefannahmestelle zu rechnen ist, die Akte dem zuständigen Richter jedenfalls erst am folgenden Werktag vorgelegt wird und die Bearbeitung seiner Verfügung durch die Geschäftsstelle erst am darauf folgenden Tag zu erwarten ist (BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2016 - IX ZB 75/15, juris Rn. 14 und vom 29. August 2017 - VI ZB 49/16, NJW-RR 2018, 56 Rn. 15).
18
Nach diesen Maßstäben konnte die Beklagte im Streitfall deshalb nicht darauf vertrauen, dass der am Freitagnachmittag gestellte Fristverlängerungsantrag noch am Montag das zuständige Oberlandesgericht erreicht.
Mayen Dr. Karczewski Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 26.01.2017 - 11 O 4968/16 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 30.05.2017- 8 U 444/17 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - IV ZB 18/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - IV ZB 18/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - IV ZB 18/17 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - IV ZB 18/17 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - IV ZB 18/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - IX ZB 75/15

bei uns veröffentlicht am 12.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 75/15 vom 12. Mai 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:120516BIXZB75.15.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp,

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2008 - IX ZB 208/06

bei uns veröffentlicht am 06.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 208/06 vom 6. November 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D Zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn die Frist zur Begründung

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2017 - VI ZB 49/16

bei uns veröffentlicht am 29.08.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 49/16 vom 29. August 2017 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Ff a) Der Prozessbevollmächtigte ist verpflichtet, einen Fristverlängerungsantrag darauf zu überprü

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2016 - XII ZB 203/15

bei uns veröffentlicht am 27.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 203/15 vom 27. Juli 2016 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 D Zu den Anforderungen an die Weiterleitung einer beim unzuständigen Gericht eingereichten Rechtsm
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2018 - IV ZB 18/17.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2019 - IX ZR 79/18

bei uns veröffentlicht am 11.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 79/18 Verkündet am: 11. April 2019 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 174 D

Referenzen

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

12
Geht eine fristgebundene Rechtsmittelbegründung statt beim Rechtsmittelgericht bei dem erstinstanzlichen Gericht ein, ist dieses grundsätzlich verpflichtet , den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2014 – XII ZB 571/12 – FamRZ 2014, 550 Rn. 14; vom 23. Mai 2012 – XII ZB 375/11 – FamRZ 2012, 1205 Rn. 26 und vom 15. Juni 2011 – XII ZB 468/10 – FamRZ 2011, 1389 Rn. 12). Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtsu- chenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ). Geht der Schriftsatz so zeitig ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf die Partei darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden der Partei oder ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 – XII ZB 375/11 – FamRZ 2012, 1205 Rn. 23 und BGH Beschluss vom 6. November 2008 – IX ZB 208/06 – FamRZ 2009, 320 Rn. 7 mwN).
8
b) Die Erwartung, dass der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig das Berufungsgericht erreichen würde, war im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Der Antrag ging an einem Mittwoch beim Landgericht ein, die Frist zur Berufungsbegründung lief am folgenden Montag ab. Es entsprach dem ordentlichen Geschäftsgang, dass der in erster Instanz zuständig gewesene Richter am Tag nach dem Eingang des Schreibens die Weiterleitung an das Oberlandesgericht anordnete und wieder einen Tag später diese Weiterleitung von der Geschäftsstelle veranlasst wurde. Weil es inzwischen Freitag war, konnte wegen des bevorstehenden Wochenendes nicht erwartet werden, dass das Schreiben noch am selben Tag an das Postbeförderungsunternehmen zur Übermittlung an das Oberlandesgericht gelangte. Nur in diesem Fall konnte das Schreiben noch rechtzeitig vor dem Fristablauf am folgenden Montag beim Berufungsgericht eingehen. Mit einem rechtzeitigen Eingang des Fristverlängerungsantrags beim Berufungsgericht konnte unter den gegebenen Umständen daher nur gerechnet werden, wenn das Landgericht verpflichtet war, Maßnahmen zur besonderen Beschleunigung zu ergreifen, beispielsweise den Fristverlängerungsantrag per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln oder den Prozessbevollmächtigten des Klägers telefonisch davon zu unterrichten, dass er den Schriftsatz beim unzuständigen Gericht eingereicht hatte. Zu solchen besonderen Maßnahmen war das - zur Entgegennahme des Schriftsatzes unzuständige (vgl. BVerfG NJW 1995, 3173, 3175) - Landgericht nicht verpflichtet (BVerfG NJW 2001, 1343), auch nicht im Hinblick auf das bevorstehende Wochenende. Andernfalls würde den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien abgenommen und den unzuständigen Gerichten übertragen. Damit würden die Anforderungen an die aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren abgeleitete richterliche Fürsorgepflicht überspannt werden (BVerfG aaO). Ob eine andere Beurteilung geboten sein kann, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit aus dem fehlgeleiteten Schriftsatz selbst ersichtlich ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn aus dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist war nicht zu entnehmen , wann diese Frist ablief. Der Umstand allein, dass der Schriftsatz vorab per Telefax übermittelt wurde, ließ angesichts der verbreiteten Praxis dieser Art der Übermittlung auch in nicht eiligen Fällen nicht auf eine besondere Eilbedürftigkeit schließen. Kayser Raebel Gehrlein Pape Grupp
14
(1) Die Berufungsschrift des Beklagten ging am Donnerstag, dem 21. Mai 2015, zu einer nicht aktenkundig gewordenen Uhrzeit bei der gemeinsamen Briefannahmestelle von Amts-, Landgericht und Staatsanwaltschaft in P. ein. Mit einem Eingang des Schriftsatzes auf der Geschäftsstelle der zuständigen Kammer des Landgerichts konnte daher frühestens am Freitag, dem 22. Mai 2015, gerechnet werden. Im Rahmen eines ordentlichen Geschäftsganges ist anzunehmen, dass die Akte dem zuständigen Richter an dem auf die Verfügung der Geschäftsstelle folgenden Werktag vorgelegt wird. Dies wäre aufgrund der Pfingstfeiertage am Dienstag, dem 26. Mai 2015, anzunehmen gewesen. Die Bearbeitung der richterlichen Verfügung durch die Geschäftsstelle und die Versendung der Akte an das Berufungsgericht wären demnach im üblichen Geschäftsgang erst am Mittwoch, dem 27. Mai 2015, zu erwarten gewesen.
15
bb) Gemessen an diesen Grundsätzen durften die Beklagten im Streitfall nicht darauf vertrauen, dass ihr Fristverlängerungsantrag noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingehen würde. Ihr Antrag ist beim Landgericht nicht so zeitig eingegangen, dass mit einer fristgerechten Weiterleitung an das Oberlandesgericht im ordnungsgemäßen Geschäftsgang zu rechnen war. Der Antrag hat die allgemeine Einlaufstelle der Justizbehörden am Freitag, dem 1. April 2016, um 11.00 Uhr erreicht. Selbst wenn, wie die Beschwerde geltend macht, mit einem Eingang des Schriftsatzes auf der Geschäftsstelle der zuständigen Kammer des Landgerichts bereits am Freitagnachmittag hätte gerechnet werden können, wären die Akten dem zuständigen Richter frühestens an dem auf die Verfügung der Geschäftsstelle folgenden Werktag, d.h. am Montag, dem 4. April 2016, vorgelegt worden. Die Bearbeitung der richterlichen Verfügung durch die Geschäftsstelle und die Versendung der Akten an das Berufungsgericht wären demnach im üblichen Geschäftsgang erst am folgenden Werktag, d.h. am Dienstag, dem 5. April 2016, zu erwarten gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - IX ZB 75/15, juris Rn. 14). Es kann offenbleiben, ob die Akten im ordnungsgemäßen Geschäftsgang noch am selben Tag beim Berufungsgericht eingegangen wären. Denn die Berufungsbegründungsfrist war mit Ablauf des 4. April 2016 abgelaufen. Da über den ordnungsgemäßen Geschäftsgang hinausgehende Anstrengungen des Ausgangsgerichts auch von Verfassung wegen nicht geboten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - IX ZB 75/15, juris Rn. 16 mwN), hätte das Landgericht im Streitfall entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde weder wegen einer angeblich erkennbaren Eilbedürftigkeit der Weiterleitung die Angelegenheit beschleunigt bearbeiten noch der Prozessbevollmächtigten der Beklagten einen telefonischen Hinweis erteilen müssen. Soweit sich die Beschwerde insoweit auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 2011 (IV ZB 17/10, NJW 2012, 78 Rn. 14) bezieht, übersieht sie, dass auch hier die Weiterleitung der Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht nur im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs gefordert wird (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2016 - IX ZB 75/15, juris Rn. 16; vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11, FamRZ 2011, 1649 Rn. 20; BVerfGE 93, 99, 114; BVerfG, NJW 2006, 1579 Rn. 10).