Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2019 - III ZR 14/19
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink und Dr. Remmert, die Richterin Dr. Böttcher sowie den Richter Dr. Kessen
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Kläger nehmen den Beklagten unter dem Vorwurf, bei der Beurkundung eines Grundstücks- und Teileigentumstauschvertrags seine Amtspflichten als Notar verletzt zu haben, auf Schadensersatz in Anspruch. Sie begehren die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die daraus entstanden seien, dass eine in diesem Vertrag enthaltene Lastenfreistellungsvereinbarung nicht in die Teilungserklärung aufgenommen oder (sonst) grundbuchlich abgesichert worden sei. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Gegen das Berufungsurteil wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
- 2
- 1. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestwert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
- 3
- a) Der Wert der Beschwer, zugleich Streitwert des Verfahrens der Nicht- zulassungsbeschwerde, beträgt bis 20.000 € (§§2, 3 ZPO, §§ 47, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Dies entspricht der Streitwertangabe in der Klageschrift und der Wertfestsetzung beider Vorinstanzgerichte, die von den Klägern nicht beanstandet worden ist.
- 4
- b) Soweit die Kläger in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen, der Wert des Feststellungsbegehrens betrage mehr als 20.000 €, rechtfertigt dies eine höhere Wertfestsetzung nicht.
- 5
- aa) Entscheidend für die Wertermittlung sind die dem Klageantrag zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert. Der Klägerseite ist es verwehrt , diese Angaben im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu ändern, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO zu überschreiten (st. Rspr., z.B. Senatsbeschlüsse vom 13. August 2015 - III ZR 340/14, BeckRS 2015, 14870 Rn. 5; vom 23. Juni 2016 - III ZR 104/15, BeckRS 2016,12557 Rn.10 und vom 27. Oktober 2016 - III ZR 300/15, BeckRS 2016, 19428 Rn. 5, jew. mwN; BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3 und vom 21. Juni 2017 - VII ZR 41/17, NJW 2017, 3164 Rn. 11). Hat die Klägerseite in den Vorinstanzen keine verlässlichen oder vollständigen Angaben zum Wert gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert daher unter Zugrundelegung der unvollständigen Angaben geschätzt, so ist sie gehindert, die Annahmen , auf denen diese Streitwertfestsetzung beruht, mit neuem oder ergänzendem Vortrag, der in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden hat, in Frage zu stellen, um den Wert der Beschwer zu erhöhen (Senat aaO; BGH aaO).
- 6
- bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gibt das Vorbringen der Kläger in ihrer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung keinen Anlass dafür, den Wert der Beschwer auf mehr als 20.000 € zu bemessen. Vielmehr verbleibt es bei einem Wert von bis 20.000 €.
- 7
- (1) In der Klageschrift haben die Kläger den (vorläufigen) Streitwert mit "20.000,00 Euro" angegeben (Seite 2) und hierzu mitgeteilt, dass dabei einerseits das drohende Schadenspotential aus den schon anhängigen Gerichtsverfahren und für die Folgejahre sowie andererseits der Umstand berücksichtigt worden sei, dass die Regressaussichten "sehr zurückhaltend bewertet werden" (Seite 5). Land- und Oberlandesgericht haben den Streitwert dementsprechend jeweils - von den Klägern unbeanstandet - auf bis 20.000 € festgesetzt.
- 8
- (2) Soweit die Kläger in ihrer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung geltend machen, aus den in den ersten beiden Rechtszügen vorgetragenen Tatsachen ergebe sich ein höherer Wert, finden sie damit keinen Erfolg. Zwar hat die GbR B. K. (Erwerberin) die Fa. D. (Freistellungsbe- rechtigte) für 2012 auf Zahlung von 5.453,48 € und für2013 auf Zahlung von 3.867,59 € in Anspruch genommen und haben die Kläger in ihrer Klageschrift die Regressrisiken für die Folgejahre mit "jeweils zumindest ca. 5.000,00 Euro" veranschlagt. Die Forderung der Erwerberin für 2012 ist jedoch rechtskräftig abgewiesen und über den Ausgang des Mahnverfahrens betreffend die Forderung für 2013 nichts mitgeteilt worden. Für die nachfolgenden Kalenderjahre finden sich überhaupt keine Angaben. Zudem haben sich in dem Rechtsstreit über den Anspruch für 2012 sowohl die Fa. D. (als dortige Beklagte) als auch die hiesigen Kläger (die dem dortigen Rechtsstreit auf Seiten der Fa.
- 9
- 2. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde auch unbegründet wäre, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Herrmann Tombrink Remmert Böttcher Kessen
LG Bielefeld, Entscheidung vom 19.02.2018 - 3 O 305/16 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 12.12.2018 - I-11 U 44/18 -
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Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juni 2016 durch die Richter Seiters, Hucke, Tombrink und Reiter sowie die Richterin Pohl
beschlossen:
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Streitwert für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 15.235,32 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten im Zusammenhang mit dem Abtransport und der Einlagerung von Sammelcontainern für Altkleidung, die der Beklagte widerrechtlich auf fremden privaten Grundstücken abgestellt haben soll, auf Aufwendungsersatz in Anspruch.
- 2
- Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, wobei es den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 15.235,32 € festgesetzt hat. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Beklagte Beschwerde gemäß § 522 Abs. 3 i.V.m. § 544 ZPO eingelegt.
II.
- 3
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO für diesen Rechtsbehelf erforderliche Mindestbetrag der Beschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.
- 4
- 1. Die auf Zahlung von Aufwendungsersatz Zug um Zug gegen Rückgabe der eingelagerten Kleiderbehälter gerichteten Anträge zu 1 und 2 sind mit 2.874,67 € beziehungsweise 11.934,37 € zu bewerten. Diese Beträge werden durch die jeweils beantragte Zug-um-Zug-Leistung nicht erhöht (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 41/14, BeckRS 2015, 03014 Rn. 3). Da dem Antrag zu 2 nur in Höhe von 9.360,85 € stattgegeben worden ist, beträgt die Beschwer des Beklagten 12.235,52 €.
- 5
- 2. Der auf Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten gerichtete Antrag zu 3 ist wertmäßig ohne Bedeutung (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 27. Juni 2013 - III ZR 143/12, NJW 2013, 3100 Rn. 10; vom 18. Dezember 2013 - III ZR 65/13, BeckRS 2014, 01203 Rn. 2 und vom 29. Januar 2015 aaO Rn. 5).
- 6
- 3. Die Anträge zu 4 (Mahn- und Auskunftskosten) und zu 6 (vorgerichtlich entstandene Anwaltskosten) beziehen sich auf Nebenforderungen, die bei der Ermittlung der Beschwer und des Streitwerts nicht zu berücksichtigen sind (s. nur Senatsbeschluss vom 29. Januar 2015 aaO Rn. 4 mwN).
- 7
- 4. Den Antrag zu 5 (Rücknahme der eingelagerten Kleiderbehälter) hat das Berufungsgericht zutreffend mit 3.000 € bewertet (§ 3 ZPO).
- 8
- Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Berufungsgericht den Antrag auf Rücknahme der Kleidercontainer bei der Streitwertfestsetzung nicht unberücksichtigt gelassen. Soweit das Oberlandesgericht in dem Zurückwei- sungsbeschluss vom 5. März 2015 einen Betrag von 3.000 € für den"Klagean- trag zu 3)" zugrunde gelegt hat, bezieht sich diese Angabe ersichtlich auf die Rücknahme der Altkleidercontainer. Denn aus dem Einleitungssatz zu den Gründen des Hinweisbeschlusses vom 4. Februar 2015 erschließt sich, dass das Berufungsgericht die Rücknahme der eingelagerten Sammelbehälter als Antrag zu 3 angesehen hat. Das Gericht hat sich dabei an den Angaben der Klägerin zum Streitwert in der Anspruchsbegründung vom 11. September 2013 (S. 13) orientiert. Darin bezifferte die Klägerin, die einen Gesamtstreitwert von 17.809,05 € errechnete, den Antrag auf Rücknahme der Behälter mit einem Wert von 3.000 €. Es kommt hinzu, dass sich aus dem auf Blatt 144 der Akten befindlichen handschriftlichen Vermerk der Berichterstatterin ergibt, dass in die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren in Höhe von 15.235,52 € neben den vom Landgericht zugesprochenen Zahlungsbeträgen von 2.874,67 € und 9.360,85 € ein Betrag von 3.000 € für "Rücknahme" eingeflossen ist.
- 9
- 5. Nach alledem bestehen keine Zweifel daran, dass das Berufungsgericht die Streitwertfestsetzung auf die Klageanträge zu 1 und 2 (jeweils Aufwendungsersatz ) sowie den Klageantrag zu 5 (Rücknahme der Kleiderbehälter) gestützt hat, während die Klageanträge zu 3, 4 und 6 (Annahmeverzug und Rechtsverfolgungskosten) bei der Wertfestsetzung zu Recht außer Betracht geblieben sind.
- 10
- 6. Es ist nicht ersichtlich und insbesondere von der Beschwerde nicht dargelegt , dass der Beklagte den Angaben der Klägerin zur Bewertung des Rücknahmeanspruchs in den Vorinstanzen entgegengetreten ist. Er hat auch die Wertfestsetzung des Berufungsgerichts und den darauf gestützten Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin nicht beanstandet. Der Beklagte kann deshalb im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht mehr mit Einwänden gegen die Wertfestsetzung gehört werden. Insbesondere ist es ihm verwehrt, die für die Bewertung des erhobenen Anspruchs in den Vorinstanzen hingenommenen Angaben erstmals mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu beanstanden, um nunmehr die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO zu überschreiten (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 14. Mai 2013 - III ZR 87/12, BeckRS 2013, 09523 Rn. 2 und vom 27. Februar 2014 - III ZR 75/13, BeckRS 2014, 05626 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - I ZR 160/11, BeckRS 2012, 07284 Rn. 3).
- 11
- Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist auch nicht, wie die Beschwerde meint, auf Grund der Streitwertfestsetzung des Landgerichts geboten. Dieses hat - wie bereits das Amtsgericht A. in seinem Verweisungsbeschluss vom 11. Februar 2014 und die Einzelrichterin des Landgerichts bei ihrer vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 26. Februar 2014 - den Streitwert in der münd- lichen Verhandlung vom 17. Oktober 2014 auf 17.809,05 € festgesetzt undist dabei offenkundig der Streitwertangabe der Klägerin in der Anspruchsbegründung gefolgt. Soweit das Gericht in dem Urteil vom 14. November 2014 den Streitwert - ohne nähere Begründung - auf 23.809,04 € abgeändert hat, ist nichts dafür ersichtlich, dass es damit den Antrag auf Rücknahme der Kleiderbehälter anders und höher bewerten wollte.
- 12
- Unabhängig davon sind die Angaben des Beklagten zur Höhe der angeblichen Rücknahmekosten von 10.556,10 € nicht nachvollziehbar. Der Beklagte, der eine Niederlassung in M. unterhält, hat die streitgegenständlichen Sammelcontainer ausschließlich im Raum A. aufgestellt. Dort sammelt er Altkleidung unter der Firmenbezeichnung "D. T. ". Unter diesen Umständen ist es nicht plausibel, wenn er nunmehr geltend macht, die Rücknahme der in der Nähe von A. eingelagerten Container könne nur durch deren Rücktransport in das 491 Kilometer entfernte L. unter Einsatz eines zusätzlichen Miet-Lkw und eines zusätzlichen Leihfahrers erfolgen.
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 14.11.2014 - 95 O 588/14 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 05.03.2015 - 27 U 4886/14 -