Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2014 - III ZB 99/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 637,81 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten über die Festsetzung von Kosten eines Rechtsstreits zu Lasten der beklagten Eheleute, nachdem die Klägerin verstorben und von der Antragstellerin und dem Beklagten zu 1 beerbt worden ist.
- 2
- Das Amtsgericht hat durch rechtskräftiges Urteil vom 21. Dezember 2012 der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 28. Dezember 2012 hat die Klägerin die Kostenfestsetzung gegen die Beklagten beantragt.
- 3
- Die Klägerin ist am 17. Januar 2013 verstorben und von ihren Kindern, der Antragstellerin und dem Beklagten zu 1, je zur Hälfte beerbt worden. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. April 2013 hat das Amtsgericht den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt, aufgrund des Urteils vom 21. Dezember 2012 an die Klägerin Kosten in Höhe von 637,81 € zu erstatten. Hiergegen haben die Beklagten sofortige Beschwerde erhoben und unter anderem die Auffassung vertreten, der Beschluss vom 16. April 2013 sei bereits formell fehlerhaft , da die Klägerin verstorben und von dem Beklagten zu 1 und der Antragstellerin beerbt worden sei. Darüber hinaus sei der Kostenfestsetzungsbeschluss auch inhaltlich fehlerhaft. Die Antragstellerin hat den Beschluss vom 16. April 2013 verteidigt. Zugleich hat sie ausgeführt, der Beschluss dürfe jedoch nicht auf die Klägerin, sondern auf die Erbengemeinschaft, bestehend aus ihr und dem Beklagten zu 1 lauten. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten mit Beschluss vom 30. September 2013 zurückgewiesen. Es hat das Rubrum des Beschlusses vom 16. April 2013 dahingehend berichtigt, dass auf Seiten der Antragstellerin I. P. als Mitglied der Erbengemeinschaft nach der verstorbenen F. M. , bestehend aus I. P. und E. Sch. , aufgeführt wird. Mit der vom Landgericht unbeschränkt zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten die Zurückweisung des auf die Festsetzung der Kosten zugunsten der Antragstellerin gerichteten Antrags.
II.
- 4
- Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, das Kostenfestsetzungsverfahren werde auf Antragstellerseite nicht durch die Erbengemeinschaft nach der verstorbenen Klägerin fortgeführt, da die Erbengemeinschaft weder rechts- noch parteifähig sei. Wenn mehrere Erben als Rechtsnachfolger vorhanden seien und einer von ihnen der Gegner der ausgeschiedenen Partei sei, so bleibe seine bisherige prozessuale Stellung erhalten. Zu einer Rechtsnachfolge im Prozess komme es nur für die übrigen Rechtsnachfolger.
- 6
- Der Umstand, dass der Beklagte zu 1 als Miterbe der Kostenfestsetzung widersprochen habe, verhelfe der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Bestimmung des § 2039 BGB berechtigte jeden Miterben auch gegen den Widerspruch der übrigen Miterben zur Prozessführung für die Erbengemeinschaft. Das gelte jedenfalls dann, wenn - wie hier - der widersprechende Miterbe selbst Schuldner des zum Nachlass gehörenden Anspruchs sei, da andernfalls dieser Miterbe durch bloßen Widerspruch seine Inanspruchnahme zugunsten der Erbengemeinschaft verhindern könne.
- 7
- Das Amtsgericht habe die Kosten auch der Höhe nach zu Recht festgesetzt. Die Miterben müssten untereinander im Wege der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft klären, dass sie im Verhältnis zueinander an der Kostenerstattung nur anteilig berechtigt seien. Im Kostenfestsetzungsverfahren erlange eine nur anteilige Berechtigung keine Bedeutung, zumal die Erstattung nicht in das Privatvermögen der antragstellenden Miterben, sondern in das Sondervermögen der Erbengemeinschaft zu leisten sei.
- 8
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 9
- a) Das Beschwerdegericht ist mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen , dass das Kostenfestsetzungsverfahren nach dem Tod der Klägerin auf Antragstellerseite nicht von der Erbengemeinschaft, sondern der Beschwerdegegnerin fortgeführt worden ist und der Beklagte seine prozessuale Stellung beibehalten hat, obwohl er Miterbe nach der Klägerin ist (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 239 Rn. 13; Jaspersen in BeckOK, ZPO, § 239 [1.1.2014] Rn. 34). Es hat ebenfalls zutreffend angenommen, dass der Widerspruch des Beklagten zu 1 als Miterbe nach der Klägerin der Kostenfestsetzung nicht entgegensteht (vgl. BVerwG, FamRZ 2009, 1827 Rn. 19; MüKoBGB/Gergen, 6. Aufl., § 2039 Rn. 14; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2039 Rn. 6, 10; Lohmann in BeckOK, BGB, § 2039 [1.11.2013] Rn. 6; Schütte, NJW 2012, 2596; a.A. OLG Frankfurt am Main, NJW 2012, 2595). In der Literatur wird insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass es gerade der Sinn von § 2039 BGB ist, eine Einziehung auch gegen den Widerspruch von Miterben zu ermöglichen (MüKoBGB/Gergen aaO; Schütte aaO). Die Rechtsbeschwerde erhebt hiergegen auch keine Einwendungen.
- 10
- b) Im Ansatz zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass der Miterbe, der einen Aktivprozess fortführt, die Rechte der anderen Miterben zu berücksichtigen hat und gemäß § 2039 Satz 1 BGB Leistung nicht an sich, sondern nur an alle Miterben verlangen kann (BGH, Urteile vom 13. Juli1954 - V ZR 56/50, BGHZ 14, 251, 254 und vom 30. Januar 1957 - V ZR 186/55, BGHZ 23, 207, 212; MüKoZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 239 Rn. 22; HK-ZPO/ Wöstmann, 5. Aufl., § 239 Rn. 3; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 239 Rn. 9; Palandt/Weidlich aaO Rn. 8; Lohmann aaO).
- 11
- Die Beschwerdegegnerin hat indes im Rahmen des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens nicht die Kostenerstattung an sich beantragt. Ursprünglich hatte der Bevollmächtigte der Klägerin - für diese und noch zu ihren Lebzeiten - mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 die Kostenerstattung beantragt. Das Amtsgericht hat sodann - in Unkenntnis des Umstands, dass die Klägerin zwischenzeitlich verstorben war - in dem angefochtenen Beschluss vom 16. April 2013 die Kostenerstattung an die Klägerin angeordnet. Dieser, der formellen und materiellen Rechtskraft fähige Beschluss wirkt nach Eintritt der Rechtskraft gemäß § 325 Abs. 1 ZPO für die Erben der Klägerin als die Personen , die Rechtsnachfolger der Klägerin geworden sind (zur formellen und materiellen Rechtskraft von Kostenfestsetzungsbeschlüssen vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - V ZB 51/02, NJW 2003, 1462; Zöller/Herget aaO § 104 Rn. 21 "Rechtskraft" mwN; Hk-ZPO/Gierl aaO § 104 Rn. 23; zum Geltungsbereich von § 325 ZPO vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., § 325 Rn. 2; Prütting/Gehrlein/Völzmann-Stickelbrock, ZPO, § 325 Rn. 4). Tritt - wie hier - die Rechtsnachfolge bereits vor Rechtskraft ein, so kommt es für § 325 Abs. 1 ZPO nicht darauf an, ob auf Leistung an den Kläger oder an den Rechtsnachfolger erkannt worden ist (Zöller/Vollkommer aaO § 325 Rn. 17). Der Beschluss vom 16. April 2013 verpflichtet mithin nach Eintritt seiner Rechtskraft die Beklagten, die festgesetzten Kosten an die Erben der Klägerin zu erstatten.
- 12
- Mit dieser materiellen Wirkung, das heißt mit der Verpflichtung zur Kostenerstattung an die Erben der Klägerin, ist der Beschluss Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden. Er verpflichtet die Beklagten dagegen nicht, die Kosten ausschließlich an die Antragstellerin zu erstatten. Einen entsprechenden Antrag hat letztere auch zu keinem Zeitpunkt gestellt. Sie hat den angefochtenen Beschluss vom 16. April 2013 im Beschwerdeverfahren zwar verteidigt. Einen von seinem Inhalt abweichenden Antrag dergestalt, dass die Kostenerstattung nunmehr ausschließlich an sie erfolgen solle, hat sie hingegen nicht gestellt. Durch ihre Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung, der Kostenfestsetzungsbeschluss dürfe nicht auf die Klägerin, sondern auf die Erbengemeinschaft , bestehend aus ihr und dem Beklagten zu 1, lauten, hat sie grundsätzlich die nach dem Tod der Klägerin eingetretene Rechtsnachfolge anerkannt. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme, sie begehre nunmehr die Erstattung der Kosten ausschließlich an sich, fernliegend. Da ein solcher Kostenfestsetzungsantrag nicht vorliegt, war er - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - seitens des Beschwerdegerichts auch nicht zurückzuweisen. Das Beschwerdegericht hat die aus § 325 Abs. 1 ZPO folgende Wirkung vielmehr erkannt und seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, indem es ausgeführt hat, die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft seien im Verhältnis zueinander nur anteilig berechtigt, die Kostenerstattung sei nicht in das Privat vermögen der antragstellenden Miterben, sondern in das Sondervermögen der Erbengemeinschaft zu leisten.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Saarlouis, Entscheidung vom 16.04.2013 - 27 C 501/12 (13) -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 30.09.2013 - 5 T 311/13 -
Rechtsanwalt
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(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
Gehört ein Anspruch zum Nachlass, so kann der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Jeder Miterbe kann verlangen, dass der Verpflichtete die zu leistende Sache für alle Erben hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.
(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.
(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.
(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.