Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2003 - V ZB 51/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 407,92
Gründe:
I.
Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 17. Januar und 17. Juli 2001 hat das Landgericht München I der Beklagten zu 2 auf ihre Kostenerstattungsansprüche gegen die Klägerin entsprechend ihrem Antrag auf "gesetzliche Verzinsung" jeweils 4 % Zinsen zuerkannt. Nach der Änderung von § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch das ZPO-Reformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) und - erneut - durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) hat die Beklagte zu 2 beantragt, die Kostenfestsetzungsbeschlüsse dahin zu ergänzen, daß die Zinsen auf den Erstattungsbetrag ab 1. Oktober 2001 5 % über dem Basiszinssatz betragen. Das
Landgericht München I hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte zu 2 ihren Antrag weiter.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der von der Beklagten zu 2 begehrten Ergänzung steht die Rechtskraft der Kostenfestsetzungsbeschlüsse entgegen.
1. Die Rechtsbeschwerde verkennt nicht, daß Kostenfestsetzungsbeschlüsse formell und materiell in Rechtskraft erwachsen können (OLG München , Rpfleger 1987, 262, 263; MDR 2000, 665, 666; OLG Frankfurt am Main, JurBüro 1986, 599, jew. m.w.N.; vgl. auch Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rdn. 21 Stichwort: Rechtskraft) und daß im konkreten Fall die Kostenfestsetzungsbeschlüsse , deren Ergänzung die Beklagte zu 2 verlangt, rechtskräftig geworden sind. Folge der materiellen Rechtskraft ist, daß sich eine erneute Entscheidung über denselben Streitgegenstand verbietet (vgl. Senat, BGHZ 93, 287, 289 m.w.N.). Gegenstand der Kostenfestsetzung waren vorliegend neben dem Erstattungsanspruch die hierauf nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu zahlenden Zinsen, und zwar der Zinsanspruch für den gesamten Zeitraum der Geltendmachung, also bis zur Zahlung oder Befriedigung durch Vollstreckung (vgl. auch Senat, BGHZ 100, 211, 213). Über diesen Anspruch hat das Landgericht - entsprechend der damaligen Rechtslage in Höhe von 4 % - rechts-
kräftig entschieden. Jede erneute gerichtliche Befassung mit diesem Anspruch ist daher ausgeschlossen.
2. Soweit vertreten wird, die Rechtskraft stehe deswegen nicht entgegen , weil nur über einen Zinsanspruch in Höhe von 4 % entschieden worden sei, ein darüber hinausgehender Anspruch daher noch im Wege der Nachfestsetzung geltend gemacht werden könne (OLG Koblenz MDR 2002, 1218; s. auch AG Siegburg JurBüro 2002, 481, 482), wird übersehen, daß im Regelfall, und so auch hier, nicht über einen Teil des Zinsanspruchs entschieden worden ist, sondern über den Zinsanspruch in voller Höhe, so wie er dem Kostengläubiger zustand. Danach bleibt kein Rest, der von den Wirkungen der Rechtskraft ausgenommen und daher einer Nachfestsetzung zugänglich wäre. Ebensowenig wie nach rechtskräftigem Abschluß eine Senkung des Zinssatzes geltend gemacht werden könnte (vgl. Senat, BGHZ 100, 211, 213), kann folglich eine Nachforderung erhoben werden, weil der gesetzliche Zins erhöht worden ist.
3. Dem steht nicht der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf die ganz überwiegend anerkannte Praxis entgegen, wonach einem Antrag auf Verzinsung eines bereits rechtskräftig ohne Zinsen festgesetzten Kostenerstattungsanspruchs nicht der Einwand der Rechtskraft entgegensteht (vgl. dazu KG MDR 1978, 1027; OLG Koblenz MDR 2002, 1218; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 104 Rdn. 12; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 104 Rdn. 25). In solch einem Fall fehlt eine rechtskräftige Entscheidung über den Zinsanspruch. Nur der Kostenerstattungsanspruch selbst ist Gegenstand der Festsetzung. Nur darüber konnte mit Rechtskraftwirkung befunden werden. Dann kann gegenüber dem nachträglich geltend gemachten Zinsanspruch nicht mit dem Gesichtspunkt der Rechtskraft argumentiert werden. Darin liegt der wesentliche
Unterschied. Gleichzubehandeln sind die Fälle entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde deswegen gerade nicht.
4. Daß der Gesetzgeber für die Neuregelung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO keine Übergangsregelung getroffen hat (vgl. Hansens, Rpfleger 2001, 573, 574), führt zwar dazu, daß die Neuregelung mit ihrem Inkrafttreten am 1. Oktober 2001 (und ihrer erneuten Änderung zum 1. Januar 2002) die zu diesem Zeitpunkt noch anhängigen oder die erst danach geltend gemachten Zinsansprüche , unabhängig, ob sie schon früher fällig geworden sind, erfaßt (OLG München, Rpfleger 2002, 280; vgl. auch schon OLG Bremen NJW 1959, 1088). Es hat aber nicht zur Folge, daß nachträglich in ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren eingegriffen werden könnte (so aber - ohne Begründung - OLG Koblenz MDR 2002, 1218; AG Siegburg JurBüro 2002, 481, 482). Vielmehr gilt der allgemein anerkannte Grundsatz, daß neues Prozeßrecht wohl auf noch anhängige, nicht aber auf abgeschlossene Verfahren angewendet werden kann und daß auch neu gesetztem materiellen Recht keine rückwirkende Kraft beizumessen ist. Etwas anderes kann - ohne ausdrückliche Anordnung einer Übergangsbestimmung - nur angenommen werden, wenn eine Rückwirkung nachweislich gewollt ist oder sich aus dem Sinn und Zweck der Norm ergibt (vgl. BVerfGE 39, 156, 167; BGHZ 3, 82, 84; Senat, BGHZ 7, 161, 167; Stein/ Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1 EGZPO Rdn. 2; Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl., Einleitung Rdn. 104). Solches kommt hier nicht in Betracht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein
Gaier Schmidt-Räntsch
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(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)