vorgehend
Amtsgericht Koblenz, 411 C 3395/14, 09.02.2015
Landgericht Koblenz, 6 S 47/15, 16.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 72/15
vom
11. Juni 2015
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Seiters, Tombrink und
Reiter

beschlossen:
Die Beschwerden des Klägers gegen die Beschlüsse der 6. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. und 27. April 2015 - 6 S 47/15 - werden auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:


1
Der Kläger wendet sich mit seinen („sofortigen“) Beschwerden gegen zwei im Berufungsverfahren ergangene Entscheidungen des Landgerichts Koblenz , durch die zwei - nach Erlass eines Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO - gestellte Ablehnungsgesuche gegen die gesamte Kammer als unzulässig verworfen worden sind.
2
Das Rechtsmittel des Klägers ist nicht statthaft. Zwar ist nach § 46 Abs. 2 ZPO gegen einen Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch zurückgewiesen wird, die sofortige Beschwerde gegeben. Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet eine sofortige Beschwerde aber nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt. Deshalb kommt eine sofortige Beschwerde gegen eine im Berufungsverfahren ergangene Zurückweisung eines Befangenheitsgesuchs nicht in Betracht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. November 2004 - II ZB 24/03, NJW-RR 2005, 294; MüKoZPO/ Gehrlein, 4. Aufl., § 46 Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 46 Rn. 14).
Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nur gegeben, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder wenn das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Auch diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Mit der Rechtsbeschwerde kann auch nicht geltend gemacht werden, dass die Vorinstanz die Rechtsbeschwerde hätte zulassen müssen (vgl. BGH aaO).
3
Abgesehen davon ist die Beschwerde nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden (§ 577 Abs. 1, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
Schlick Herrmann Seiters
Tombrink Reiter
Vorinstanzen:
AG Koblenz, Entscheidung vom 09.02.2015 - 411 C 3395/14 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 16.04.2015 - 6 S 47/15 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2015 - III ZB 72/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2015 - III ZB 72/15

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2015 - III ZB 72/15 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Zivilprozessordnung - ZPO | § 46 Entscheidung und Rechtsmittel


(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss. (2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, fin

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2015 - III ZB 72/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2015 - III ZB 72/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2004 - II ZB 24/03

bei uns veröffentlicht am 08.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 24/03 vom 8. November 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 46, 567 Abs. 1, 574 Abs. 1 Gegen einen Beschluß des Oberlandesgerichts über die Zurückweisung eines Ablehn

Landgericht Koblenz Beschluss, 23. März 2015 - 6 S 47/15

bei uns veröffentlicht am 23.03.2015

Tenor 1.) Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass die Berufungskammer auf Grund einstimmigen Beschlusses beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 09. Februar 2015 nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückz

Referenzen

Tenor

1.) Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass die Berufungskammer auf Grund einstimmigen Beschlusses beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 09. Februar 2015 nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

2.) Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, zu dem nachfolgenden gerichtlichen Hinweis binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung des Klägers hat aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO ist nicht erforderlich.

I.

2

Die Amtsrichterin hat in einem sehr ausführlich begründeten Urteil die Rechtsfrage, ob eine "Streuobstwiese" einem "Obstgarten" nach § 32 BJagdG bzw. 41 Abs. 2 LJG gleichzusetzen ist, beantwortet.

3

Danach sind Streuobstwiesen nicht mit Obstgärten zu vergleichen. Ist bei einem Obstgarten ein Anspruch gegen den Jagdpächter auf Schadensersatz nach einem Wildschaden ausgeschlossen, wenn der Obstgarten nicht mit einer Schutzvorrichtung gegen das Eindringen von Wild gesichert ist, trifft den Jagdpächter die Verpflichtung zum Schadensersatz, wenn es sich um eine sog. Streuobstwiese handelt. Diese Rechtsfrage hat die Amtsrichterin richtig beantwortet. Die Berufungskammer schließt sich umfassend den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts Koblenz an und macht diese sich zu Eigen.

4

Ergänzend wird seitens der Berufungskammer zur Vertiefung der Rechtsfrage noch ausgeführt, dass als Obstgärten Grundflächen bezeichnet werden, die vornehmlich der Erzeugung von Obst dienen. Die Abgrenzung des Obstgartenbegriffs gegenüber Wiesen, Weiden und Äckern mit Obstbaumbestand kann im Einzelfall schwierig sein. Dennoch ist eine klare Grenzziehung aus Gründen der Rechtssicherheit notwendig, da die entsprechende Einordnung der Fläche darüber entscheidet, ob Schäden an der Unterkultur ohne weiteres ersetzt werden oder eben nur bei einer vorhandenen ausreichenden Schutzvorrichtung.

5

Zweifelsfrei machen vereinzelt auf einer Fläche stehende Obstbäume eine solche noch nicht zu einem Obstgarten (AG Landstuhl, Urt. vom 10.10.2006 - 2 C 260/06 - Mitzschke/Schäfer, § 32 BJagdG Rdn. 13; Schuck, § 32 BJagdG Rdn. 14), solche Obstbäume sind vielmehr unter den Begriff der einzeln stehenden Bäume zu fassen. Streuobstwiesen können nicht generell unter den Begriff des Obstgartens gefasst werden (a. A. AG Schorndorf (BW), Urt. vom 10.3.2009 - 2 C 1011/08 - Schuck, § 32 BJagdG Rdn. 11, unter Berufung auf AG Saarburg, Urt. vom 25.8.1992 - 5 C 266/92 -). Bei Streuobstwiesen besteht nämlich gegenüber den herkömmlichen Obstgärten gerade die Besonderheit, dass die Unterkultur stets landwirtschaftlich genutzt wird. Bei einer solchen Doppelnutzung ist es weder üblich noch vernünftig und aus landespflegerischer Sicht wünschenswert, die entsprechenden Flächen mit Schutzvorrichtungen - also regelmäßig einer wilddichten Umzäunung - zu versehen. Auch das Ministerium für Umwelt und Forsten hat diesbezüglich in einem Schreiben vom 4.11.1997 - Az. 13-351 07 b -, in diesem Sinne klargestellt, dass Streuobstwiesen, die beispielsweise nach landwirtschaftlichen Programmen angelegt werden, regelmäßig dem Begriff der „einzelnstehenden Bäume“ zuzuordnen sind. Aber auch Streuobstwiesen außerhalb von landwirtschaftlichen Förderprogrammen erfüllen so lange nicht den Begriff des Obstgartens, wie der Obstgewinnung gegenüber der Unterbewirtschaftung kein deutliches Übergewicht zukommt. Daneben wird regelmäßig eine bestimmte Pflanzdichte zu fordern sein, da auch einzelne ertragsstarke Obstbäume auf einer größeren Fläche nach dem äußeren Erscheinungsbild noch nicht als geschlossene Anlage wahrgenommen werden. In Abgrenzung zu den einzeln stehenden Bäumen ist aber gerade eine solche Geschlossenheit zu fordern. Nach einem Urt. des AG Merzig vom 16.10.2009 - 23 C 471/09 - (ähnlich: AG St. Goar, Urt. vom 1.12.2011 - 32 C 104/11 -) soll es für die Einordnung einer Streuobstwiese als Obstgarten darauf ankommen, ob auf der Fläche zum Schädigungszeitpunkt Fallobst vorhanden war, da § 32 Abs. 2 BJagdG eine erhöhte Gefährdung voraussetze. Diese Rechtsauffassung ist jedoch aus systematischer Sicht zweifelhaft und wird von der Berufungskammer nicht geteilt. Würde man sich dieser Auffassung anschließen und damit der Rechtsansicht des Klägers folgen, würde die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Abgrenzung noch verstärkt (dazu näher Konrad, Wildschadensersatz, S. 164 ff. Holger Konrad, Stefan Asam, Stefan Schaefer in PdK Rheinland-Pfalz Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz RPLJG § 41 Schutzvorrichtungen gegen Wildschaden 3.4 Obstgärten, EL Februar 2014). So liegt der Fall hier.

6

Durch die vom Kläger selbst vorgelegten Lichtbilder der Örtlichkeit ist eindeutig erkennbar, dass es sich nicht um einen Obstgarten handelt. Zwischen den vereinzelten Obstbäumen befinden sich Wiesenflächen. Der Abstand der Obstbäume zueinander lässt auch problemlos eine Nutzung der Grünflächen für landwirtschaftliche Zwecke zu. Der Beklagte hat zudem vorgetragen, dass die Obstbäume auf seinem Grundstück überwiegend über 70 Jahre alt sind und keinen ausreichenden Ertrag an Obst liefern und daher auch nicht mehr abgeerntet werden. Aus diesem Grunde war der Beklagte auch nicht verpflichtet diese Wiesenflächen gegen das Eindringen von Wild durch Schutzvorrichtungen besonders zu schützen.

II.

7

Dem Kläger wird aus den vorgenannten Gründen angeraten, die Berufung zurückzunehmen. Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Berufungskammer beabsichtigt nicht die Revision zuzulassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind erkennbar nicht gegeben.

8

Durch die Rücknahme der Berufung würde der Beklagte die Hälfte der entstehenden Gerichtskosten einsparen, die sonst bei der beabsichtigten Zurückweisung der Berufung als unbegründet entstehen würden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.

(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 24/03
vom
8. November 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gegen einen Beschluß des Oberlandesgerichts über die Zurückweisung eines
Ablehnungsgesuchs (§ 46 Abs. 2 ZPO) ist die Rechtsbeschwerde nur im Fall
ihrer Zulassung (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), ansonsten kein Rechtsmittel statthaft.
BGH, Beschluß vom 8. November 2004 - II ZB 24/03 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. August 2003 wird auf Kosten der Klägerinnen als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 1.265.000,00 €

Gründe:


I. Die beiden Klägerinnen sind Aktionäre der Beklagten. Ihre Anfechtungs - und Nichtigkeitsklage gegen mehrere Hauptversammlungsbeschlüsse der Beklagten wurde in erster Instanz unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landgericht P. abgewiesen, den sie zuvor erfolglos als befangen abgelehnt hatten; ihre sofortige Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) ist von dem 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. G. und die Richter F. und Dr. B. zurückgewiesen worden. Nach Einlegung der Berufung der Klägerinnen gegen das erstinstanzliche Urteil ist die Streithelferin, die ebenfalls Aktionärin der Beklagten ist, dem - nunmehr bei dem 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts anhängigen - Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 16. Mai 2003 beigetreten. Unter Ziff. 5 der "Begründung" zu ihrem Beru-
fungsantrag hat sie "die im bisherigen Verfahren tätigen Richter ... als befangen abgelehnt". Auf die Mitteilung des Berufungsgerichts durch den Senatsvorsitzenden Dr. G. vom 2. Juli 2003, daß die Zurückweisung der Berufung durch Beschluß gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt sei, erklärte die Streithelferin mit Schriftsätzen vom 8. und 21. Juli 2003, daß ihr Ablehnungsgesuch sich auch auf ihn sowie die Richter F. und Dr. B. erstreckt habe und die drei Richter u.a. wegen Verstoßes gegen § 47 ZPO erneut abgelehnt würden. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 6. August 2003 (unter Mitwirkung anderer Richter) die Ablehnungsgesuche vom 8. und 21. Juli 2003 zurückgewiesen und festgestellt, daß der Schriftsatz der Streithelferin vom 16. Mai 2003 kein Ablehnungsgesuch gegen die Richter des Berufungsgerichts enthalte. Dagegen richtet sich die - von dem Oberlandesgericht nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Klägerinnen, die am 15. September 2003 bei dem Bundesgerichtshof eingegangen ist.
II. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.
1. Eine Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) scheidet hier aus, weil § 46 Abs. 2 ZPO als Rechtsmittel gegen einen Beschluß, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, nur die sofortige Beschwerde vorsieht; auch diese ist jedoch gemäß § 567 Abs. 1 ZPO gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts - unter Einschluß solcher gemäß § 46 ZPO - nicht statthaft (vgl. Musielak/Smid, ZPO 3. Aufl. § 46 Rdn. 4; ebenso zu § 567 Abs. 4 ZPO a.F. BGH, Beschl. v. 17. September 1986 - IVa ZB 106/86, NJW-RR 1987, 191; Beschl. v. 3. Februar 1993 - XII ZB 9/93, NJW-RR 1993, 644). Davon abgesehen wäre die Frist gemäß § 569 Abs. 1 ZPO hier nicht gewahrt. Ebensowenig ist die Rechtsbe-
schwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil das Berufungsgericht sie nicht zugelassen hat.
2. Ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist im Gesetz nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 (NJW 2003, 1924 ff.) nicht geboten.

a) Ein Instanzenzug ist von Verfassungs wegen nicht garantiert (BVerfG aaO S. 1924). Aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch folgt zwar das Gebot einer zumindest einmaligen Kontrolle der Einhaltung von Verfahrensgrundrechten , insbesondere derjenigen gemäß Art. 101 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG; jedoch muß diese Kontrolle nicht zwingend durch eine höhere Instanz erfolgen (BVerfG aaO S. 1926). Demgemäß ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, daß über ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit eines oder mehrerer Richter eines Oberlandesgerichts durch andere Richter dieses Gerichts abschließend entschieden wird und eine nochmalige Überprüfung dieses Gesuchs durch ein Rechtsmittelgericht nicht stattfindet (vgl. BGH, Beschl. v. 3. Februar 1993 aaO). Da § 557 Abs. 2 ZPO auch eine entsprechende Inzidentprüfung durch das Revisionsgericht im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die von den erfolglos abgelehnten Richtern getroffene Hauptsacheentscheidung ausschließt (vgl. BGHZ 95, 302, 306), ist es - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - ohne Belang, ob die Hauptsacheentscheidung ihrerseits anfechtbar oder - wie hier - durch unanfechtbaren Beschluß gemäß § 522 Abs. 2 ZPO getroffen worden ist.

b) Eine "außerordentliche" Beschwerde neben den in den Verfahrensgesetzen normierten Rechtsmitteln kommt nicht in Betracht, weil die Zulassung
solcher Rechtsbehelfe gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsmittelklarheit verstieße (BGH, Beschl. v. 14. Juli 2004 - XII ZB 268/03, z.V.b.; BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - IX ZB 11/02, WM 2002, 775 f.).
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.