Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2020 - I ZR 80/18

bei uns veröffentlicht am16.01.2020
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 17 O 773/11, 09.06.2017
Oberlandesgericht Stuttgart, 2 U 99/17, 05.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 80/18
vom
16. Januar 2020
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2020:160120BIZR80.18.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Dr. Löffler, Feddersen, die Richterinnen Pohl und Dr. Schmaltz

beschlossen:
Der Antrag auf Berichtigung des Beschlusses des Senats vom 25. April 2019 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. April 2019 die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen und ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Eine Entscheidung nach § 101 Abs. 1 ZPO über die Kosten der Streithelferin der Beklagten enthält der Tenor des Beschlusses nicht. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Streithelferin am 29. April 2019 zugestellt worden. Mit am 2. Dezember 2019 eingegangenem Schriftsatz hat er beantragt, den Beschluss gemäß § 319 Abs. 1 ZPO mit Blick auf die fehlende Kostenentscheidung zu berichtigen.
2
II. Der zulässige Berichtigungsantrag ist nicht begründet.
3
1. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kommt hier nicht in Betracht. Zwar ist eine solche Berichtigung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch im Falle einer versehentlich unterbliebenen Entscheidung über die Kosten der Streithilfe möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2016 - VIII ZR 287/15, NJW 2016, 2754 Rn. 3 mwN). Erforderlich hierfür ist aber, dass eine versehentliche Abweichung von dem seitens des Gerichts Gewollten vorliegt und diese Abweichung "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkün- dung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist (BGH, NJW 2016, 2754 Rn. 3 mwN).
4
An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es hier. Zwar wollte der Senat bei dem Erlass des Beschlusses vom 25. April 2019 der Klägerin auch die Kosten der Streithelferin gemäß § 101 Abs. 1 ZPO auferlegen und ist dies lediglich versehentlich nicht im Tenor ausgesprochen worden. Dieses Versehen ist jedoch nicht "offenbar" im Sinne des § 319 Abs. 1 ZPO, da weder die Gründe des Beschlusses Ausführungen zu den Kosten der Streithelferin enthalten noch im Beschluss die die Kosten des Streithelfers regelnde Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO genannt wird noch etwa jegliche Entscheidung über die Kosten fehlte und auch sonst hinreichende, nach außen ohne Weiteres erkennbare Anhaltspunkte für ein offenkundiges Versehen nicht vorliegen. Die bloße Erwähnung der Streithilfe im Rubrum der Entscheidung - wie hier der Fall - genügt insoweit nicht (BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - II ZR 185/10, juris Rn. 2; Beschluss vom 16. April 2013 - II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn. 2; Beschluss vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn. 10; BGH, NJW 2016, 2754 Rn. 4).
5
2. Eine Umdeutung des Antrags in einen solchen auf Ergänzung des Beschlusses gemäß § 321 Abs. 1 ZPO (analog), der bei der im vorliegenden Fall gegebenen Sachlage in Betracht kommt (vgl. BGH, NJW 2016, 2754 Rn. 4), scheidet angesichts des Ablaufs der in § 321 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Frist aus.
Koch Löffler Feddersen
Pohl Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 09.06.2017 - 17 O 773/11 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 05.04.2018 - 2 U 99/17 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 319 Berichtigung des Urteils


(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil un

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321 Ergänzung des Urteils


(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf

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(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

3
1. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kommt hier nicht in Betracht. Zwar ist eine solche Berichtigung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch im Falle einer versehentlich unterbliebenen Entscheidung über die Kosten der Streithilfe möglich (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - IX ZR 110/09, juris Rn. 2; vom 10. April 2014 - V ZR 268/12, juris Rn. 1 f.; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, NJW 2014, 3101 Rn. 7 ff.). Erforderlich hierfür ist, dass eine versehentliche Abweichung von dem seitens des Gerichts Gewollten vorliegt und diese Abweichung "offenbar" ist, mithin sich dies aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergibt und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar ist (BGH, Beschlüsse vom 16. April 2013 - II ZR 185/10, juris Rn. 2, und II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn. 2; vom 8. Juli 2014 - XI ZB 7/13, aaO Rn. 7; jeweils mwN).

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

2
Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO setzt eine versehentliche Abweichung des vom Gericht Erklärten von dem von ihm Gewollten voraus. Eine falsche Willensbildung des Gerichts kann dagegen nicht mit Hilfe dieser Bestimmung korrigiert werden. Die Abweichung muss zudem "offenbar" sein, d.h. sie muss sich aus dem Zusammenhang des Urteils oder Beschlusses selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne weiteres erkennbar sein (BGH, Urteil vom 12. Januar 1984 - III ZR 95/82, NJW 1985, 742; Beschluss vom 9. Februar 1989 - V ZB 25/88, BGHZ 106, 370, 373). Hat der Richter dagegen einen bestimmten Ausspruch - auch versehentlich - nicht gewollt, kommt eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht, sondern nur eine - fristgebundene - Ergänzung nach § 321 ZPO. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Gegenvorstellung herangezogenen Entscheidung des IX. Zivilsenats (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - IX ZR 110/09, juris).
2
Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO setzt eine versehentliche Abweichung des vom Gericht Erklärten von dem von ihm Gewollten voraus. Eine falsche Willensbildung des Gerichts kann dagegen nicht mit Hilfe dieser Bestimmung korrigiert werden. Die Abweichung muss zudem "offenbar" sein, d.h. sie muss sich aus dem Zusammenhang des Urteils oder Beschlusses selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne weiteres erkennbar sein (BGH, Urteil vom 12. Januar 1984 - III ZR 95/82, NJW 1985, 742; Beschluss vom 9. Februar 1989 - V ZB 25/88, BGHZ 106, 370, 373). Hat der Richter dagegen einen bestimmten Ausspruch - auch versehentlich - nicht gewollt, kommt eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht, sondern nur eine - fristgebundene - Ergänzung nach § 321 ZPO. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Gegenvorstellung herangezogenen Entscheidung des IX. Zivilsenats (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - IX ZR 110/09, juris).
10
Ein nach außen getretener Anhaltspunkt dafür, dass der Kostenausspruch nicht dem damaligen Willen des Senats entsprochen hat, wird vom Oberlandesgericht nicht genannt und ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Kostenentscheidung in den Gründen des Zurückweisungsbeschlusses ausschließlich auf § 97 Abs. 1 ZPO gestützt worden. Die die Kosten des Streithelfers regelnde Vorschrift § 101 Abs. 1 Fall 1 ZPO ist nicht genannt. Allein die Erwähnung der Streithelferin im Rubrum des Zurückweisungsbeschlusses genügt nicht, um von einer offenbaren Unrichtigkeit der Kostenentscheidung ausgehen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - II ZR 297/11, MDR 2013, 807 Rn. 3).

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.