Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2018 - I ZB 58/17

bei uns veröffentlicht am21.06.2018
vorgehend
Landgericht Berlin, 97 O 176/03, 26.04.2017
Kammergericht, 5 W 81/17, 18.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 58/17
vom
21. Juni 2018
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn seine
Ehegattin als Sekretärin der Rechtsanwaltskanzlei tätig ist, die den Gegner vor
diesem Richter vertritt, wenn aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei unter
Berücksichtigung der Umstände die Besorgnis besteht, dass der Prozessbevollmächtigte
des Gegners auf die Ehefrau und diese wiederum auf den Richter unzulässig
Einfluss nimmt (Fortführung von BGH, Beschluss vom 15. März 2012 -
V ZB 102/11, NJW 2012, 1890).
BGH, Beschluss vom 21. Juni 2018 - I ZB 58/17 - Kammergericht
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2018:210618BIZB58.17.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juni 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch und Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. Juli 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens über die Begründetheit eines Ablehnungsgesuchs der Schuldnerin gegen den Vorsitzenden eines Zivilsenats des Kammergerichts.
2
Die Schuldnerin wurde durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Juni 2014 unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung DAS OMEN (IM KREIS DES BÖSEN) oder die Bezeichnung DAS OMEN IM KREIS DES BÖSEN für Ton- und/oder Bildträger zu benutzen oder benutzen zu lassen. Außerdem hat das Landgericht Berlin die Schuldnerin zur Auskunftserteilung verurteilt. Im vorliegenden Ordnungsmittel- und Zwangsgeldverfahren hat die Gläubigerin gegen die Schuldnerin wegen Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes und wegen Nichterteilung der Auskunft die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt. Das Landgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Gläubigerin weiterhin die Festsetzung eines Ordnungsgeldes begehrt; der Zwangsgeldantrag ist von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
3
Die Gläubigerin wird von Rechtsanwalt H. vertreten, der eine Einzelkanzlei in Berlin führt. Die Ehefrau des Vorsitzenden des mit dem Beschwerdeverfahren befassten Senats des Kammergerichts ist in der Kanzlei von Rechtsanwalt H. in Teilzeit als Sekretärin beschäftigt. Diesen Umstand hatte der Vorsitzende Richter in einem zwischen der Gläubigerin und einem mit der Schuldnerin verbundenen Unternehmen geführten weiteren Rechtsstreit im Oktober 2014 gemäß § 48 ZPO den Parteien mitgeteilt. In der Mitteilung führte der Vorsitzende Richter aus, dass er wegen der seit längerer Zeit bestehenden Teilzeitbeschäftigung seiner Ehefrau mit Rechtsanwalt H. auch persönlich bekannt geworden sei und beide vor ein paar Jahren bei der Anrede vom "Sie" zum "Du" übergegangen seien. Persönliche oder gar freundschaftliche Beziehungen bestünden jedoch nicht. Der Kontakt beschränke sich, von seltenen Ausnahmen abgesehen , auf ein alljährliches Zusammentreffen im Rahmen einer Weihnachtsfeier des Rechtsanwaltsbüros, an der der Vorsitzende Richter als Partner seiner im Büro tätigen Ehefrau teilnehme. Auf diese Mitteilung hat der zuständige Senat des Beschwerdegerichts durch Beschluss eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters für unbegründet erklärt. Die in dem Beschluss zugelassene Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt.
4
Im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren hat die Schuldnerin den Vorsitzenden des mit der Beschwerde der Gläubigerin befassten Senats des Kammergerichts unter Bezugnahme auf dessen in dem anderen Verfahren abgegebenen Mitteilung wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Ablehnungsgesuch weiter. Die Gläubigerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
5
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden des Beschwerdesenats liege nicht vor. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6
Der Umstand, dass die Ehefrau des Vorsitzenden Richters als Sekretärin im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin tätig sei, begründe keine Zweifel an der Unbefangenheit des Richters, weil es an der Gefahr einer fachlichen Einflussnahme fehle.
7
Angestellte Sekretärinnen seien zudem regelmäßig - wie auch im Streitfall - nicht am Gewinn einer Rechtsanwaltskanzlei beteiligt. Das arbeitsrechtliche Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Ehefrau des Richters als Sekretärin und dem Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin - der seinerseits Organ der Rechtspflege sei - habe unmittelbar keinen Einfluss auf die richterlichen Befugnisse ihres Ehemanns. Die soziale Abhängigkeit der Familie des Richters insgesamt sei bei derartigen Beschäftigungsverhältnissen gering. Insgesamt könne für Fallgestaltungen wie die vorliegende erwartet werden, dass Richter über jene innere Unabhängigkeit und Distanz verfügten, die sie befähigten, unvoreingenommen und objektiv zu entscheiden, ohne dass objektiv eine unzulässige Einflussnahme durch den Gegner zu befürchten sei.
8
Daran ändere sich nichts im Hinblick auf den Umstand, dass der Vorsitzende Richter und der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin sich duzten. Angesichts der weitgehend fehlenden sozialen Kontakte zwischen diesen Personen , die sich regelmäßig auf die Weihnachtsfeier des Büros des Rechtsan- walts beschränkten, sei diese Umgangsform kein Ausdruck einer besonderen inneren Verbundenheit.
9
III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden des Beschwerdesenats nicht verneint werden.
10
1. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", das heißt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (BVerfG, NJW 2012, 3228 [juris Rn. 13]). Entscheidend ist, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht , die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des abgelehnten Richters aufkommen lassen (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61 Rn. 5; Beschluss vom 13. Januar 2016 - VII ZR 36/14, NJW 2016, 1022 Rn. 9; Beschluss vom 20. November 2017 - IX ZR 80/15, juris Rn. 3). Solche Zweifel können sich zum einen aus dem Verhalten des Richters innerhalb oder außerhalb des konkreten Rechtsstreits sowie aus einer besonderen Beziehung des Richters zum Gegenstand des Rechtsstreits oder - wie vorliegend in Rede stehend - zu Prozessbeteiligten ergeben (vgl. MünchKomm.ZPO/Stackmann , 5. Aufl., § 42 Rn. 7). Maßgeblich sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalls (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2003 - II ZB 31/02, NJW 2004, 163 f. [juris Rn. 8]; Beschluss vom 21. Oktober 2010 - V ZB 210/09, NJW- RR 2011, 136 Rn. 7; MünchKomm.ZPO/Stackmann aaO § 42 Rn. 6 und 14; BeckOK.ZPO/Vossler, Stand 1. März 2018, § 42 Rn. 7), die vom Gericht in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2017 - RiZ (R) 1/15, NJW-RR 2017, 1021 Rn. 8; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rn. 9; Saenger/Bendtsen, ZPO, 7. Aufl., § 42 Rn. 12). Diesen rechtlichen Maßstäben genügt die Beurteilung des Beschwerdegerichts nicht in vollem Umfang.
11
2. Die Rechtsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung eine Besorgnis der Befangenheit wegen der besonderen Beziehung des Richters zu einem Prozessbeteiligten nicht verneint werden kann.
12
a) Allerdings hat das Beschwerdegericht im rechtlichen Ausgangspunkt seiner Beurteilung zutreffend erkannt, dass eine Besorgnis der Befangenheit unter dem Gesichtspunkt der besonderen Beziehung des Richters zu einem Prozessbeteiligten gegeben sein kann, wenn eine Ehe oder nahe Verwandtschaft des Richters mit einer in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten einer Partei tätigen Person besteht. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist, die den Gegner vor diesem Richter vertritt (BGH, Beschluss vom 15. März 2012 - V ZB 102/11, NJW 2012, 1890 Rn. 9 bis 11).
13
b) Das Beschwerdegericht hat jedoch angenommen, diese Grundsätze seien nicht anwendbar, wenn die Ehegattin des erkennenden Richters nicht als Rechtsanwältin, sondern als Sekretärin in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten einer Partei tätig sei. Die fachliche Kollegialität zwischen Rechtsanwälten einer Kanzlei führe regelmäßig dazu, dass diese fachliche Probleme miteinander austauschten. Daraus ergebe sich die objektive Gefahr, dass in Rechtsge- sprächen des anwaltlichen Ehegatten mit den Kollegen der Kanzlei und dann auch in Rechtsgesprächen zwischen den Ehegatten selbst der Rechtsstreit erörtert werde, der vom richterlichen Ehegatten zu entscheiden sei. Sei die Ehefrau aber nicht als Rechtsanwältin, sondern als Sekretärin in der Kanzlei tätig, fehle es an der Gefahr einer fachlichen Einflussnahme, zumal es dann auch keine Versuchung gebe, juristische Probleme kollegial anzusprechen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
aa) Der Bundesgerichtshof hat die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit darauf gestützt, dass bei einer in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten einer Partei als Rechtsanwältin arbeitenden Ehefrau die Gefahr besteht, dass der Prozessbevollmächtigte auf die Ehefrau und diese wiederum auf den erkennenden Richter unzulässig Einfluss nimmt. Auch wenn grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Richter über jene innere Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, unvoreingenommen und objektiv zu entscheiden, ist es einer Partei in einem solchen Fall nicht zuzumuten, darauf zu vertrauen, dass eine unzulässige Einflussnahme durch den Gegner unterbleiben wird, und den Richter erst dann abzulehnen, wenn dies doch geschieht und ihr das bekannt wird (BGH, NJW 2012, 1890 Rn. 11).
15
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann eine unzulässige Einflussnahme mithin nicht nur darin bestehen, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei - vermittelt über den in seiner Kanzlei tätigen Ehegatten - einem Richter rechtliche Gesichtspunkte näherbringt, die eine Entscheidung im Sinne der von ihm vertretenen Partei nahelegen. Das durch die Vorschriften über die Richterablehnung geschützte Vertrauen in die Unvoreingenommenheit, Objektivität (vgl. BVerfGE 108, 122, 126 [juris Rn. 25]) und Neutralität (vgl. BVerfGE 89, 28, 36 [juris Rn. 29]; BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - I ZR 121/92, NJW 1995, 1678 [juris Rn. 32]) kann vielmehr auch dann maßgeblich beein- trächtigt werden, wenn aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei zu besorgen ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Gegenpartei über einen bei ihm beschäftigten Ehepartner des Richters Einfluss ausübt, der nicht in der Vermittlung von rechtlichen Argumenten, sondern etwa darin besteht, dem Richter die Bedeutung eines Prozessgewinns für das Ansehen oder den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei nahezubringen. Die Rechtsbeschwerde macht mit Recht und in Übereinstimmung mit der Lebenserfahrung geltend, dass eine solche, nicht auf der juristisch-fachlichen Ebene liegende Einflussnahme auch durch eine langjährig als Sekretärin des prozessbevollmächtigten Einzelanwalts beschäftigte Ehefrau des Richters erfolgen kann.
16
cc) Die Rechtsbeschwerde macht außerdem mit Recht geltend, das Beschwerdegericht habe bei seiner Beurteilung außer Acht gelassen, dass das langjährige Beschäftigungsverhältnis der Ehefrau des Vorsitzenden Richters beim Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin für das Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses spricht. Zudem habe die Schuldnerin vorgetragen , dass die Gläubigerin eine wichtige Mandantin für die nur wenige Mitarbeiter beschäftigende Kanzlei des Einzelanwalts sei, weil dort insgesamt fünf "Omen"-Gerichtsverfahren zwischen den Parteien oder mit ihnen verbundenen Gesellschaften geführt würden.
17
Diese vom Berufungsgericht nicht erörterten Umstände sind im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Gesamtbetrachtung auch erheblich. Sie betreffen den Grad des Interesses des Rechtsanwalts an einer Einflussnahme auf seine Sekretärin und einer möglichen Bereitschaft der Ehefrau des Richters, dieses Interesse ihrem Ehemann zu vermitteln. Daran ändert auch die Erwägung des Beschwerdegerichts nichts, angestellte Sekretärinnen seien regelmäßig - wie auch im Streitfall - nicht am Gewinn einer Rechtsanwaltskanzlei beteiligt. Vorliegend beruht eine mögliche Besorgnis der Befangenheit nicht auf dem Gesichtspunkt eines Eigeninteresses des Richters, das Einkommen seiner Ehefrau und damit das Familieneinkommen durch einen Prozesserfolg der Mandantin der Kanzlei zu erhöhen oder zu sichern. Maßgeblich ist vielmehr die Gefahr einer unzulässigen Einflussnahme des Rechtsanwalts auf den Richter, und zwar vermittelt über dessen bei ihm langjährig als Arbeitnehmerin beschäftigte Ehefrau.
18
3. Nicht frei von Rechtsfehlern ist zudem die Annahme des Beschwerdegerichts , auch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung folge eine Besorgnis der Befangenheit nicht daraus, dass sich der Vorsitzende Richter und der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin duzten, weil diese Umfangsform angesichts der sich auf ein Zusammentreffen bei der alljährlichen Weihnachtsfeier beschränkenden sozialen Kontakte kein Ausdruck einer besonderen inneren Verbundenheit sei.
19
Allerdings ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, dass allein der Umstand des Duzens noch nicht die Besorgnis rechtfertigt, zwischen dem Richter und dem Anwalt der Gegenseite bestehe eine der Unvoreingenommenheit des Richters entgegenstehende nahe persönliche Beziehung (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776). Das Beschwerdegericht hat jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die persönliche Bekanntheit des Vorsitzenden Richters mit dem Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin nicht nur dann für die Frage der Besorgnis der Befangenheit relevant ist, wenn sie für sich genommen den Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität unter dem Gesichtspunkt einer besonderen inneren Verbundenheit begründet. Nach den in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehenden besonderen Umständen des Streitfalls ist die persönliche Bekanntheit von Richter und Prozessbevollmächtigten vielmehr ein Aspekt, der aus der Sicht einer vernünftigen Partei zumindest ver- stärkend darauf hindeuten könnte, dass eine über die Ehefrau vermittelte unzulässige Einflussnahme des Rechtsanwalts auf den Richter zu besorgen ist.
20
IV. Danach kann der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts keinen Bestand haben; er ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Koch Löffler Schwonke
Feddersen Schmaltz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.04.2017 - 97 O 176/03 -
Kammergericht, Entscheidung vom 18.07.2017 - 5 W 81/17 -

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen sei.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

5
Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit der abgelehnten Richter aufkommen lassen (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 42 Rn. 8 f. mwN). Solche Gründe liegen nicht vor.
9
1. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet gemäß § 42 Abs. 2 ZPO nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BVerfG, BVerfGE 88, 17, 22 f., juris Rn. 27; BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2013 - AnwZ (Brfg) 24/12, NJW-RR 2013, 1211 Rn. 6; vom 15. März 2012 - V ZB 102/11, NJW 2012, 1890 Rn. 10 und vom 11. Dezember 2002 - VI ZA 8/02, NJW-RR 2003, 281, juris Rn. 4). Als Umstände in diesem Sinne kommen dabei nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit parteiisch gegenüber (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2005 - II ZR 304/03, BGH-Report 2005, 1350, juris Rn. 1).
3
1. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Entscheidend ist, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit der abgelehnten Richter aufkommen lassen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61 Rn. 5; vom 13. Januar 2016 - VII ZR 36/14, NJW 2016, 1022 Rn. 9).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 31/02
vom
20. Oktober 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Mitwirkung der Ehefrau eines Rechtsmittelrichters bei dem Erlaß der angefochtenen
(Kollegial-) Entscheidung stellt weder einen Ausschlußgrund entsprechend
§ 41 Nr. 6 ZPO noch generell einen Ablehnungsgrund gemäß § 42
Abs. 2 ZPO im Hinblick auf dessen Beteiligung an der Entscheidung im
Rechtsmittelverfahren dar.
BGH, Beschluß vom 20. Oktober 2003 - II ZB 31/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Kraemer, Münke und Dr. Gehrlein
am 20. Oktober 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Oktober 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 194.202,50

Gründe:


I. Die Kläger begehren mit der Klage von der Beklagten Zahlung einer Tätigkeitstantieme für das Jahr 1995, im Wege der Stufenklage Auskunft hinsichtlich einer für das Jahr 1996 beanspruchten Tantieme, Erklärung des Einverständnisses mit dem Übergang von Rechten und Pflichten aus Versicherungsverträgen , ferner Zahlung einer vorgezogenen Altersrente und schließlich Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz. Das Landgericht - Kammer für Handelssachen - hat unter dem Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am Landgericht W.-G. durch Teilurteil vom 6. Juni 2001 die Beklagte dazu verurteilt, ihr Einverständnis mit dem Übergang von Rechten und Pflichten aus den Versicherungsverträgen zu erklären und an den Kläger zu 1 ab 1. Januar 2001 monatlich im voraus eine vorgezogene Altersrente zu zahlen; ferner hat
es eine Schadensersatzpflicht teilweise festgestellt, das weitergehende Feststellungsbegehren hingegen abgewiesen. Unter Mitwirkung derselben Vorsitzenden hat das Landgericht durch weiteres Teilurteil vom 1. August 2001 die Klage wegen der Tantieme für 1995 abgewiesen. Gegen das erste Teilurteil hat die Beklagte Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt , während der Kläger zu 1 mit seiner Anschlußberufung die Verzinsung der zugesprochenen Altersrente begehrt. Das zweite Teilurteil haben die Kläger in einem parallelen Berufungsrechtsstreit angefochten.
Mit Schreiben vom 26. September 2002 hat der dem zuständigen 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts angehörende Richter am Kammergericht G. die Parteien darauf hingewiesen, daß er der Ehemann der Vorsitzenden Richterin ist, die an dem angefochtenen ersten Teilurteil mitgewirkt hat. Daraufhin haben die Kläger mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 diesen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der abgelehnte Richter hat sich dienstlich dahingehend geäußert, er kenne den dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalt nicht und schließe aus, mit seiner Ehefrau über den Fall und damit zusammenhängende Rechtsfragen gesprochen zu haben, daher fühle er sich nicht befangen.
Das Kammergericht hat das Ablehnungsgesuch - im Tenor als solches "der Beklagten vom 19. September 2002" bezeichnet - zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der - vom Kammergericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
II. 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO zugelassene, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Kläger ist auch im übrigen zulässig. Die Kläger sind durch den angefochtenen Beschluß be-
schwert. Zwar ist nach dem Wortlaut des Beschlußtenors ein "Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 19. September 2002" für unbegründet erklärt worden, und auch in den Gründen ist davon die Rede, daß das Gesuch "der Beklagten" erfolglos bleibe; dabei handelt es sich jedoch, worauf die Kläger in der Beschwerdebegründung zutreffend hinweisen, um offensichtliche - und damit unschädliche - Bezeichnungsfehler, weil es ausweislich der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Beschluß und nach Aktenlage im vorliegenden Verfahren kein Ablehnungsgesuch der Beklagten und darüber hinaus auch kein solches vom 19. September 2002 gibt, sondern allein das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. Oktober 2002. Nur dieses - auf Seite 3 des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich genannte - Gesuch ist daher vom Kammergericht - objektiv und subjektiv - zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht worden.
2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Kammergericht hat das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Richter am Kammergericht G. mit Recht für unbegründet erachtet.

a) Richter am Kammergericht G. ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht nach § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des Richteramtes im Berufungsverfahren gegen das (erste) Teilurteil vom 6. Juni 2001 des Landgerichts kraft Gesetzes ausgeschlossen, weil er bei dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung des ersten Rechtszuges nicht selbst mitgewirkt hat. Die Mitwirkung seiner Ehefrau, der Vorsitzenden Richterin am Landgericht W.-G., an diesem Teilurteil ist dem nicht gleichzusetzen, weil § 41 ZPO die Ausschließungsgründe abschließend aufführt; schon wegen der verfassungsmäßigen Forderung, den gesetzlichen Richter im voraus möglichst eindeutig zu bestimmen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), ist die Vorschrift einer er-
weiternden Auslegung nicht zugänglich (vgl. BGH, Urt. v. 5. Dezember 1980 - V ZR 16/80, NJW 1981, 1723 f.; Urt. v. 4. Dezember 1989 - RiZ(R) 5/89, NJW 1991, 425 - jeweils m.w.N.).

b) Die Mitwirkung der Ehefrau eines Rechtsmittelrichters an der angefochtenen Entscheidung stellt auch - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - keinen generellen Ablehnungsgrund gemäß § 42 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf dessen Beteiligung an der Entscheidung im Rechtsmittelverfahren dar. Eine solche generalisierende, allein auf die Tatsache des ehelichen Näheverhältnisses abstellende Betrachtung würde im Endergebnis auf dem Umweg über § 42 ZPO zu einer unzulässigen Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 41 ZPO führen, da sie faktisch einem Ausschluß kraft Gesetzes gleichkäme.
Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit vielmehr nur dann statt, wenn ein konkreter Grund vorgetragen und glaubhaft gemacht wird, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Nach diesem Maßstab ist im Ablehnungsverfahren nach § 42 Abs. 2 ZPO nicht darüber zu entscheiden, ob der Richter sich befangen fühlt oder tatsächlich befangen ist, sondern ob aus der Sicht einer objektiv und vernünftig urteilenden Partei die Besorgnis besteht, der zur Entscheidung berufene Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenüber (st. Rspr., Nachweise bei Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. § 46 Rdn. 9). Zu dieser Vorstellung kann eine nach diesem objektivierten Maßstab urteilende Partei nicht allein deswegen gelangen, weil der abgelehnte Richter mit der Vorsitzenden Richterin, die an der im Berufungsverfahren angegriffenen Kollegialentscheidung erster Instanz mitgewirkt, verheiratet ist. Nichts deutet im vorliegenden Fall darauf hin, der abgelehnte Richter könnte
geneigt sein, die Entscheidung, die seine Ehefrau nicht allein getroffen, sondern an der sie als Vorsitzende eines Kollegialgerichts lediglich mitgewirkt hat, aus sachfremden Erwägungen zu bestätigen oder zu ändern bzw. in die kollegiale Senatsentscheidung derartige sachfremde Erwägungen einfließen zu lassen. Umstände, aus denen sich etwas anderes ergeben könnte, haben die Kläger nicht dargetan, geschweige denn glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO).
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Gehrlein
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b) Dieser Rechtskontrolle hält die Beschwerdeentscheidung jedoch nicht stand. Die Rechtsbeschwerde rügt im Ergebnis zu Recht, dass die Erwägung, mit der das Beschwerdegericht eine Glaubhaftmachung verneint hat, von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgeht. Denn entgegen der Auffas- sung des Beschwerdegerichts scheitert eine Glaubhaftmachung nicht schon dann, wenn nicht festgestellt werden kann, ob die Darstellung des Ablehnenden oder die des Abgelehnten zutrifft. Anders als in Konstellationen, in denen eine Partei den (vollen) Beweis für eine Behauptung zu erbringen hat, ist eine Glaubhaftmachung selbst bei Vorliegen vernünftiger Zweifel nicht ausgeschlossen. Nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt zur Glaubhaftmachung ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. An die Stelle des Vollbeweises tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung. Die Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776, 777; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 294 Rn. 7; jeweils mwN). Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGH, Beschluss vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 143). Diese Würdigung vorzunehmen, ist - ebenso wie die Beweiswürdigung nach § 286 ZPO - grundsätzlich Sache des Tatrichters.
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Auf die Richterablehnung sind nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 54 Abs. 1 VwGO die §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein solcher Grund ist gegeben , wenn aus der Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - RiZ 4/12 - juris Rn. 17 und BGH Beschluss vom 15. März 2012 - V ZB 102/11 - NJW 2012, 1890 Rn. 10). Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter begründen könnten, liegen hier nicht vor.
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2. Der Senat teilt die Ansicht, dass ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann, wenn sein Ehegatte als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist, die den Gegner vor diesem Richter vertritt.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.