Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2017 - 5 StR 493/16

bei uns veröffentlicht am07.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 493/16
vom
7. März 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2017:070317B5STR493.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 7. März 2017 gemäß §§ 44, 46 Abs. 1, § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten D. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer Verfahrensrüge wird aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 9. Februar 2016 werden als unbegründet verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: 1. Die Rüge der Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO durch den Angeklagten S. ist mangels ausreichenden Tatsachenvortrags (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) unzulässig.
Die Mitteilungspflicht des Vorsitzenden nach § 243 Abs. 4 StPO erstreckt sich nur auf solche Erörterungen des Gerichts mit Verfahrensbeteiligten, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist. Nur zu Beginn der Hauptverhandlung ist die Auskunft nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO gegebenenfalls auch darüber zu erteilen, dass keine derartigen Gespräche stattgefunden haben. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung ist erneut eine Mitteilung zu machen, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO).
Daraus folgt, dass eine weitere Mitteilung lediglich dann erfolgen muss, sobald verständigungsbezogene Gespräche stattgefunden haben. Um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob verständigungsbezogene – und damit eine Unterrichtungspflicht auslösende – Gespräche stattgefunden haben, muss der Revisionsführer Tatsachen zum Inhalt der Erörterungen vortragen. Erforderlich ist die bestimmte Behauptung von Tatsachen, die eine Überprüfung dahin gestatten, ob dabei ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum standen, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in einen Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht wurden, damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung nahelag und somit die Mitteilungspflicht ausgelöst wurde (BGH, Beschluss vom 29. September 2015 – 3 StR 310/15, NStZ 2016, 362 mwN).
Diesen Anforderungen genügt die Revision nicht. Sie beschränkt sich bezüglich des Inhalts des Gesprächs auf den Vortrag, die Vorsitzende habe auf das „Ge- wicht glaubhafter, verfahrensabkürzender Geständnisse bei der Strafzumessung , wobei Angaben zu Hintermännern und Lieferanten von besonderem Ge- wicht seien“, hingewiesen. Da sie insofern weitere Einzelheiten nicht vorträgt, kann der Senat nicht beurteilen, ob es sich um ein verständigungsbezogenes oder lediglich um ein sonstiges verfahrensförderndes Gespräch gehandelt hat, das nicht auf eine einvernehmliche Verfahrenserledigung abzielte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 9/15, NStZ 2015, 535, 536). Denn Gegenstand solcher unverbindlichen Erörterungen kann insbesondere der in einem Rechtsgespräch erteilte Hinweis auf die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses sein (BVerfGE 133, 168, 228; BGH, Beschluss vom 14. April 2015 – 5 StR 9/15, aaO; Urteil vom 28. Juli 2016 – 3 StR 153/16).
Entsprechendes gilt für den Vortrag der Revision, der Vertreter der Staatsan- waltschaft habe sich „ausdrücklich gegen die Annahme eines minder schweren Falls“ gewandt. Auch insoweit bleibt mangels weitergehenden Vortrags unklar, in welchem Kontext die Äußerung gefallen ist. Ein entsprechender Vortrag wäre vorliegend jedoch erforderlich gewesen, zumal nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Strafrahmenverschiebung nicht Gegenstand einer Verständigung sein darf (BVerfGE 133, 168, 211).
2. Ein Verstoß gegen § 226 Abs. 1, § 338 Nr. 5 StPO liegt nicht vor. Für die Zulässigkeit der Beauftragung eines Referendars mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist es irrelevant, in welchem Ausbildungsabschnitt er sich befindet (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 2017 – 5 StR 548/16 und vom 22. Februar 2017 – 5 StR 605/16).
3. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht im vorliegenden Fall nicht ausdrücklich auf die Härtefallregelung des § 73c StGB eingegangen ist. Die Erörterung der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB ist nur dann erforderlich, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278; vom 15. März 2011 – 1 StR 75/11, BGHSt 56, 191). Dies ist hier nicht der Fall.
Mutzbauer Sander König Berger Mosbacher

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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 310/15
vom
29. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2015:290915B3STR310.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. September 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 4. Dezember 2014 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass die Worte "gemeinschaftlichen unerlaubten" entfallen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Sie führt nur zu der Neufassung des Schuldspruchs (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 24).
2
Näherer Erörterung bedürfen nur die Beanstandungen eines mehrfachen Verstoßes "gegen §§ 243 IV 2, 273 Ia StPO" wegen Verletzung der "Hinweis (Transparenz-) und Dokumentationspflichten". Ihnen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
3
1. Am ersten Hauptverhandlungstag regte der Vorsitzende ein Gespräch über den weiteren Verfahrensablauf an. Dieses fand nach Schluss der Sitzung unter Beteiligung der drei Berufsrichter, der Schöffen, des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und aller Verteidiger statt. Dabei gab der Vorsitzende unter anderem bekannt, welche Strafen nach vorläufiger Bewertung durch ihn und den Berichterstatter für die einzelnen Angeklagten in etwa angemessen sein könnten. Über den Gesprächsverlauf fertigte der Vorsitzende einen umfangreichen Vermerk, den er zwei Tage später, am 18. September 2014, an die Verteidiger mit einem Doppel für die Mandanten übersandte. Beigefügt war zudem ein Beschluss von diesem Tag, in dem die Strafkammer (in der Besetzung mit den drei Berufsrichtern) unter anderem "im Nachgang zu den im Anschluss an die Hauptverhandlung im Hinblick auf eine mögliche Verständigung i.S.d. § 257c StPO erfolgten Erörterungen" darlegte, "derzeit keine verbindlichen Zusagen zu Unter- und Obergrenzen einer möglichen - i.S.d. § 46 StGB angemessenen - Strafe machen" zu können, weil hierfür wesentliche Gesichtspunkte noch nicht verlässlich beurteilt werden könnten. Vermerk und Beschluss gingen dem Verteidiger des Beschwerdeführers eine Woche vor dem nächsten Hauptverhandlungstag zu. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung machte der Vorsitzende keine Mitteilung über das nach Ende des ersten Verhandlungstages geführte Gespräch.
4
a) Der Vorsitzende hat die Pflicht verletzt, den wesentlichen Inhalt von verständigungsbezogenen Erörterungen in der Hauptverhandlung mitzuteilen, sobald sich zu einer zu Beginn der Hauptverhandlung abgegebenen Mitteilung Änderungen ergeben haben (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO). Dieser Information über Gespräche außerhalb des Sitzungssaals kommt in der Konzeption des Verständigungsgesetzes eine zentrale Bedeutung zu. Sie dient dem Grundsatz, dass sich eine Verständigung im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung of- fenbaren muss (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168, 222 f.). Diese Pflicht war durch die Dokumentation in Form eines Vermerks und dessen Zusendung an die Verteidiger nicht erfüllt worden. Sie ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Strafkammer nach Beratung zu dem Ergebnis gekommen war, eine verbindliche Zusage hinsichtlich eines Strafrahmens nicht geben zu können. Der Vorsitzende hätte deshalb zu Beginn des zweiten Verhandlungstags in öffentlicher Hauptverhandlung über das Gespräch, das zwischen den Verhandlungstagen geführt worden war, unterrichten müssen.
5
b) Der Senat kann indes ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).
6
aa) Nach ständiger Rechtsprechung beruht ein Urteil auf einem Rechtsfehler , wenn es ohne diesen möglicherweise anders ausgefallen wäre. An einer solchen Möglichkeit fehlt es, wenn ein ursächlicher Zusammenhang mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann bzw. rein theoretischer Natur ist. Insbesondere bei Verstößen gegen das Verfahrensrecht hängt die Entscheidung über das Beruhen stark von den Umständen des Einzelfalles ab (BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 470/14, juris Rn. 17 mwN).
7
bb) Der Angeklagte hat sich auch am zweiten Hauptverhandlungstag nicht zur Sache eingelassen. Es ist auszuschließen, dass dieses Verteidigungsverhalten auf der ungenügenden Information beruht. Es liegt bereits sehr nahe, dass der Angeklagte von seinen Verteidigern vor Beginn der Hauptverhandlung über den Vermerk des Vorsitzenden und den Beschluss der Strafkammer unterrichtet wurde, die den Verteidigern eine Woche zuvor bereits zugestellt worden waren. Zudem hätte der Vorsitzende bei der gebotenen Unter- richtung des Angeklagten zugleich darauf hinzuweisen gehabt, dass die Strafkammer inzwischen nicht mehr bereit war, einen Verständigungsvorschlag zu unterbreiten. Damit war zu keinem Zeitpunkt in der Hauptverhandlung eine Situation gegeben, bei der dem Angeklagten aufgrund unzureichender Information die Chance genommen war, durch sein Einlassungsverhalten auf die Entscheidung des Gerichts einzuwirken.
8
cc) Ein Beruhen des Urteils ist auch unter dem Gesichtspunkt auszuschließen , dass die Öffentlichkeit durch die gewählte Verfahrensweise nicht über den Inhalt der Erörterungen unterrichtet worden ist. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der oben dargelegten, bereits vom Reichsgericht begründeten Auslegung des § 337 Abs. 1 StPO nicht entgegensteht und die maßgebend auf die Kausalität abstellende Beruhensprüfung auch bei Verstößen gegen § 243 Abs. 4 StPO nicht um normative Gesichtspunkte zu ergänzen ist (BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 470/14, juris Rn. 21 ff.). Selbst wenn man jedoch den in Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 878/14, NStZ 2015, 170; 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172) aufgestellten Maßstäben zur "normativen Beruhensprüfung" folgen wollte, wäre nach den dort aufgezeigten Kriterien hier ein Fall gegeben, der die Wertung rechtfertigt , dass das Urteil auf dem Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht beruht; denn eine Umgehung des Gesetzes durch Anbahnung einer ungesetzlichen informellen Verständigung war mit der vom Vorsitzenden gewählten Verfahrensweise nicht beabsichtigt.
9
2. Am 5. Hauptverhandlungstag bat die Verteidigung um ein Verständigungsgespräch. Der Vorsitzende stellte daraufhin anheim, das Gespräch und eine Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft zu suchen, der sich gegebe- nenfalls die Strafkammer anschließen würde. In einem nachfolgenden Gespräch mit den Verteidigern lehnte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft die Mitwirkung an einer Verständigung ab.
10
Entgegen der Ansicht der Revision musste der Strafkammervorsitzende hierüber in der Hauptverhandlung keine Mitteilung machen. Weder die Anregung des Vorsitzenden gegenüber dem Verteidiger noch die Gespräche zwischen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft, an denen das Gericht nicht beteiligt war, fallen in den Regelungsbereich des § 243 Abs. 4 StPO. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Erörterungen zum Verfahrensstand sind, gleich ob sie von der Staatsanwaltschaft (§ 160b StPO) oder vom Gericht (§§ 202a, 212 StPO) geführt werden, mit ihrem wesentlichen Inhalt aktenkundig zu machen. Nur Erörterungen des Gerichts mit den Verfahrensbeteiligten - und auch diese nur, sofern sie einen Verständnisbezug hatten - müssen in der Hauptverhandlung näher (vgl. zum Umfang BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, BVerfGE 133, 168, 216 f.) mitgeteilt werden. Für Gespräche zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung verbleibt es bei der Pflicht zur Dokumentation in der Akte (so auch KKSchneider , StPO, 7. Aufl., § 243 Rn. 36; eine Mitteilungspflicht eher ablehnend selbst für den Fall, dass das Gericht Kenntnis vom Inhalt der Erörterungen erlangt hat: BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 5 StR 258/13, NStZ 2015, 232 mwN; ebenso wohl BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 1 StR 523/13, NStZ-RR 2014, 115).
11
3. Zuletzt regte am 6. Hauptverhandlungstag ein Verteidiger des Angeklagten an, "ein Rechtsgespräch über eine geständige, im Wege einer Verständigung (zu) erzielende Strafunter-/obergrenze zu führen". Daraufhin wurde die Sitzung zuerst für eine Stunde, später nochmals für eine Viertelstunde unter- brochen. Danach sagte der Angeklagte zur Sache aus. Seine Einlassung wurde durch zwei weitere Verhandlungspausen unterbrochen. Der Vorsitzende machte im Anschluss an die Sitzungsunterbrechungen keine Mitteilungen nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO.
12
Die Rüge ist insoweit mangels ausreichenden Tatsachenvortrags (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) unzulässig.
13
Die Mitteilungspflicht des Vorsitzenden nach § 243 Abs. 4 StPO erstreckt sich nur auf solche Erörterungen des Gerichts mit Verfahrensbeteiligten, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist. Nur zu Beginn der Hauptverhandlung ist die Auskunft nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO gegebenenfalls auch darüber zu erteilen, dass keine solche Gespräche stattgefunden haben (sog. Negativmitteilung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. August 2014 - 2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592). Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung ist erneut eine Mitteilung zu machen, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben (§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO). Daraus folgt, dass eine Mitteilung zu machen ist, sobald verständigungsbezogene Gespräche stattgefunden haben.
14
Um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob verständigungsbezogene - und damit eine Unterrichtungspflicht auslösende - Gespräche stattgefunden haben, muss der Revisionsführer Tatsachen zum Inhalt der Erörterungen vortragen. Es reicht nicht, wenn er lediglich behauptet, es hätten solche Gespräche stattgefunden. Erforderlich ist vielmehr die Behauptung von Tatsachen, die eine Überprüfung dahin gestatten, ob dabei ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum standen, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn Fragen des prozessualen Ver- haltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht wurden, damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung nahelag und somit die Mitteilungspflicht ausgelöst wurde (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168, 216 f.).
15
Dieser Pflicht zur Mitteilung des konkreten Gesprächsinhalts (BGH, Beschlüsse vom 29. April 2014 - 3 StR 24/14, NStZ 2014, 529; vom 22. Juli 2014 - 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48; vom 25. Juni 2015 - 1 StR 579/14, NStZ 2015, 657, 658), die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglicht, ob ein Rechtsfehler gegeben ist, ist die Revision nicht nachgekommen. Der Vortrag zu der Absicht , mit der die Verteidigung eine Sitzungsunterbrechung beantragt hatte, sowie die Behauptung, es hätten "Verständigungsgespräche" stattgefunden, sind keine die Rechtsprüfung des Revisionsgerichts ermöglichenden Tatsachenbehauptungen zum Inhalt der tatsächlich geführten Erörterungen. Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR9/15
vom
14. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. April 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Juli 2014 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 277 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten E. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 256 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt; ferner hat es einen Wertersatzverfall in Höhe von fünf Millionen Euro angeordnet, für den beide Angeklagte gesamtschuldnerisch haften. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts und mit Verfahrensrügen.
2
Keines der Rechtsmittel hat Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Näherer Erörterung bedürfen nur die folgenden beiden Rügen einer Verletzung des § 243 Abs. 4 StPO:
3
1. Soweit die Angeklagten geltend machen, der Vorsitzende der Strafkammer habe in der Hauptverhandlung entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht bekanntgegeben, ob vor der Hauptverhandlung Erörterungen stattgefunden hätten, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen sei, ist diese Rüge jedenfalls unbegründet.
4
Zwar erfordert § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO eine sogenannte Negativmitteilung , wenn keine auf eine Verständigung abzielenden Gespräche stattgefunden haben (BVerfG, NJW 2014, 3504 f.). Eine solche Negativmitteilung ist hier nach dem Revisionsvorbringen, das durch die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft Bestätigung gefunden hat, nicht erfolgt. Ein zur Aufhebung des Urteils nötigender Verfahrensfehler liegt aber nur vor, wenn das Urteil auf der fehlenden Mitteilung beruht. Dies kann auszuschließen sein, wenn zweifelsfrei fest- steht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, „in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand“ (BVerfGE 133, 168, 223 Rn. 98; BVerfG, NJW 2014, 3504, 3506; siehe auch Senat, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 5 StR 258/13 mwN).
5
So verhält es sich hier. Nach der von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsgegenerklärung mitgeteilten dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden Richters hat es keine Gespräche gegeben, „die in irgendeiner Weise der Vorbe- reitung einer Verständigung im Sinne des § 257c StPO gedient hätten.“ Der Wahrheitsgehalt dieser unwidersprochen gebliebenen dienstlichen Erklärung steht für den Senat außer Zweifel, zumal auch die Revisionen keinerlei Anhaltspunkte für weitere im Vorfeld der Hauptverhandlung geführte und die Frage einer Verständigung berührende Erörterungen vorgebracht haben. Vielmehr gibt die Revision des Angeklagten E. eine Erklärung von dessen Instanzverteidigern wieder, selbst an keinem Vorgespräch teilgenommen zu haben.
Soweit der Revisionsverteidiger dieses Angeklagten darüber hinaus die ein- schränkende Äußerung der Instanzverteidiger vorträgt, „(sie) können aber auch nicht ausschließen, dass wenigstens der Versuch einer Verständigung von Verteidigern der Mitangeklagten unternommen worden sei," vermag diese nicht tatsachengestützte Spekulation die Beweiskraft der vom Senat freibeweislich zu verwertenden Äußerung des Vorsitzenden nicht einzuschränken (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 520/14). Ohne sich noch zu eigenen freibeweislichen Erhebungen veranlasst sehen zu müssen, kann der Senat mithin ausschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem Verstoß gegen die Negativmitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO beruht.
6
2. Die Revisionen rügen weiter, der Vorsitzende der Strafkammer habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht vollständig über ein Gespräch außerhalb der Hauptverhandlung unterrichtet, das die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand gehabt habe.
7
a) Den Rügen liegt aufgrund des Revisionsvorbringens, das sich auf eine Erklärung des Instanzverteidigers des Angeklagten E. stützt und im Protokoll in Bezug auf das Geschehen innerhalb der Hauptverhandlung seine Bestätigung findet, sowie aufgrund der in der Revisionsgegenerklärung mitgeteilten dienstlichen Erklärungen des Vorsitzenden Richters und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft folgender Verfahrensgang zugrunde:
8
Am 2. Juli 2014, dem 40. Tag der Hauptverhandlung, die nach mehreren Verfahrensabtrennungen und Verurteilungen der früheren insgesamt acht Mitangeklagten nur noch gegen die beiden Angeklagten durchgeführt wurde, fand vor Aufruf der Sache ein Gespräch der Verteidiger beider Angeklagten mit der Strafkammer und dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft statt. Voraus- gegangen war die Ankündigung des Vorsitzenden im Zusammenhang mit einem noch unerledigten Antrag auf Akteneinsicht in die Daten auf diversen sichergestellten Datenträgern, dass er hierzu neue Informationen vom LKA habe. Einer der Verteidiger nutzte diese Mitteilung zu der Anfrage, ob die Strafkam- mer bereit sei, „über den weiteren Gang der Verhandlung ein Rechtsgespräch zu führen.“ Zu einem solchen Gespräch war die Strafkammer bereit. Deren Vorsitzender hatte – wie die Revisionen mit einer weiteren Verfahrensrüge vorgetragen haben – an einem früheren Verhandlungstag die Anfrage des Verteidigers eines ehemals Mitangeklagten, ob es bilaterale Absprachen der Strafkammer mit einzelnen Angeklagten gegeben habe, verneint und erläuternd hinzugefügt , seine Kammer sei bekannt dafür, keine Absprachen zu treffen; der beisitzende Richter hatte im Zuge des Verfahrens über Ablehnungsgesuche, die an diese Äußerung anknüpften und in der grundsätzlichen Nichtanwendung des § 257c StPO durch die Strafkammer eine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Rechtsanwendungsverweigerung zu Lasten des Angeklagten sahen, erklärt, dass der Vorsitzende damit die Gepflogenheit der Strafkammer zutreffend dargelegt habe.
9
In dem Gespräch vom 2. Juli 2014 beschrieb der Vorsitzende zunächst den Umfang des sichergestellten Datenmaterials, dessen Auswertung sich wohl über Wochen oder Monate hinziehen könne. Die Verteidiger des Angeklagten E. trugen daraufhin vor, der Angeklagte habe wegen einer schweren Erkrankung seines Vaters Interesse an einer schnellen Beendigung des Verfahrens und an einer Haftverschonung. Die Verteidiger suchten mit ihrem Vortrag von der Strafkammer „endlich irgendein Signal zu erhalten“, welches Strafmaß bei einer geständigen Einlassung des Angeklagten zu erwarten sei. Sie argumentierten unter Würdigung der Einlassung eines ehemals Mitangeklagten zum Umfang der Tatbeteiligung des Angeklagten E. und in Kenntnis der gegen die früheren Mitangeklagten in den abgetrennten Verfahren bereits verhängten Strafen, dass eine Strafe von knapp sieben Jahren für den Angeklagten E. ausreichend sei. Für den Angeklagten S. kündigte dessen Verteidiger an, dass er eine Einlassung zur Sache abgeben wolle. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erklärte, dass für ihn eine Haftverschonung des Angeklagten E. nicht in Betracht komme. Er begründete seine negative Haltung auf Nachfrage der Verteidigung unter anderem damit, dass er die Beweisaufnahme für nahezu abgeschlossen halte und keine weitergehenden Ergebnisse mehr erwarte, selbst wenn das Gericht den bereits gestellten Anträgen der Verteidigung noch nachgehen sollte; ein Geständnis sei für ihn angesichts der bereits erfolgten Verurteilungen der früheren Mitangeklagten ohne Bedeutung. Außerdem verfüge der Angeklagte E. über ausgeprägte Auslandskontakte und er habe aus Sicht der Staatsanwaltschaft eine höhere Freiheitsstrafe als die gesondert Verfolgten zu erwarten. Im weiteren Verlauf des Gesprächs äußerte der Strafkammervorsitzende, dass von ihm oder den anderen Richtern zur Straferwartung keine Zahlen genannt würden, die Kammer aber ein Geständnis auch jetzt noch zugunsten der Angeklagten bewerten werde. Aus seiner Sicht käme aber für den Angeklagten E. eine Haftverschonung ebenso wenig in Betracht wie eine Strafe in dem von der Verteidigung genannten Bereich. Möglich sei allerdings eine Verfahrensbeschränkung nach § 154 StPO. Hierüber wurden beide Angeklagte durch ihre Verteidiger unterrichtet.
10
Nach Eintritt in die Verhandlung teilte der Vorsitzende den Inhalt des Gesprächs nicht mit. Zum verzögerten Verhandlungsbeginn wurde im Protokoll der Hinweis aufgenommen, dass „der Aufruf der Sache verspätet (erfolgte), da au- ßerhalb der Hauptverhandlung ein Rechtsgespräch stattfand.“ Der Vorsitzende gab den Inhalt eines Schriftsatzes zu dem Akteneinsichtsgesuch der Verteidiger bekannt. Sodann erklärten die Verteidiger beider Angeklagten die Rücknahme des Akteneinsichtsgesuchs und aller noch nicht beschiedenen Beweisanträge. In seiner anschließenden Einlassung räumte der Angeklagte E. die Ankla- gevorwürfe unter Einschränkung des Tatzeitraums als „im Wesentlichen zutreffend“ ein und machte hierzu weitere Ausführungen. Am folgenden Hauptver- handlungstag endete das Verfahren, nachdem sich zuvor auch der Angeklagte S. noch geständig eingelassen und das Landgericht hinsichtlich der von dem Angeklagten E. nicht eingestandenen Taten das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt hatte.
11
b) Die Rügen bleiben ohne Erfolg.
12
aa) Diejenige des Angeklagten S. ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
13
bb) Eine Verletzung der Informationspflichten aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO liegt nicht vor.
14
Nach dieser Vorschrift muss der Vorsitzende über Erörterungen mit den Verfahrensbeteiligten (§ 202a StPO), die nach Beginn, aber außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, in der Hauptverhandlung Mitteilung machen. Das Transparenzgebot soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und durch die Möglichkeit , Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung zu führen, kein informelles und unkontrolliertes Verfahren betrieben wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 StR 381/13,NJW 2014, 2514, 2515 mwN; Beschlussvom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). Mitteilungspflichtig ist danach jedes ausdrückli- che oder konkludente Bemühen um eine Verständigung in Gesprächen, die von den Verfahrensbeteiligten insoweit als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden können.
15
Ein verständigungsbezogenes (Vor-)Gespräch ist als Unterfall der „Erörterung des Verfahrensstandes“ (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren, BT-Drucks. 16/12310, S. 12) von sonstigen zur Verfahrensförderung geeigneten Erörterungen zwischen den Verfahrensbeteiligten abzugrenzen, wie gesetzessystematisch das Nebeneinander der Bestimmungen der §§ 257b, 257c StPO für Erörterungen innerhalb der Hauptverhandlung zeigt. Während sich § 257b StPO auf kommunikative Elemente beschränkt, die der Transparenz und Verfahrensförderung dienen, aber nicht auf eine einvernehmliche Verfahrenserledigung gerichtet sind, ist diese in § 257c StPO gesondert geregelt (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 13). Als Gegenstände von unverbindlichen Erörterungen , die das Gericht ohne Verständigungsbezug allein als Ausdruck transparenten kommunikativen Verhandlungsstils führen kann, sind als verfassungsrechtlich unbedenklich etwa Rechtsgespräche und Hinweise auf die vorläufige Beurteilung der Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses angesehen worden (BVerfGE 133, 168, 228 Rn. 106). Darüber hinaus hielt der Gesetzgeber auch die Mitteilung einer Ober- und Untergrenze der nach dem Verfahrensstand vorläufig zu erwartenden Strafe durch das Gericht für ein Beispiel einer offenen Verfahrensführung (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; siehe auch Schneider, NStZ 2014, 198, zur Bekanntgabe einer Strafmaßprognose als bloßer „Wissenserklärung“), die inzwischen eine selbstverständliche Anforde- rung an eine sachgerechte Prozessleitung ist (BVerfG, aaO).
16
Vor diesem Hintergrund weist hier die Erörterung der Verfahrensbeteilig- ten, die von der Verteidigung selbst als Rechtsgespräch „über den weiteren Gang der Verhandlung“ initiiert worden ist, nachdem bedingt durch ein Akten- einsichtsgesuch der Verteidiger eine erhebliche Verlängerung des fortgeschrittenen Verfahrens zu erwarten war, keinen Verständigungsbezug auf. Zwar ist es den Instanzverteidigern beider Angeklagten nach dem übereinstimmenden Revisionsvorbringen bei dem Gespräch mit der Strafkammer auch darum gegangen , eine Äußerung des Gerichts zur Straferwartung zu erhalten. Diese Intention hat jedoch weder ausdrücklich zu einer Anfrage nach der Möglichkeit einer Verständigung geführt, noch stand eine solche konkludent im Raum. Den Instanzverteidigern war vielmehr die grundsätzlich ablehnende Haltung der Strafkammer gegenüber Verfahrensabsprachen aufgrund der in einem früheren Verfahrensstadium erfolgten und zum Gegenstand eines Befangenheitsantrags gemachten Bemerkung des Vorsitzenden bekannt. Diese Haltung war unverändert geblieben, wie der Vorsitzende mit der seine Stellungnahme einleitenden Bemerkung nachdrücklich klargestellt hat, niemand werde irgendwelche Zahlen von ihm oder den anderen Richtern hören. Außerdem war der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft schon vor der Stellungnahme des Vorsitzenden dem Vortrag der Verteidigung des Angeklagten E. und dessen Wunsch nach einer Haftverschonung – auch für die Verteidigung unmissverständlich – entgegengetreten. Auch insoweit stellte sich die Frage nach einer Verfahrenserledigung durch Verständigung, die eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft vorausgesetzt hätte (§ 257c Abs. 3 Satz 4 StPO), nicht. Die nachfolgenden Äußerungen des Vorsitzenden, die aus der Sicht der Instanzverteidiger des Angeklagten E. ohnehin „sehr vage“ geblieben waren, haben sich daher nicht als Vorbereitung einer Verständigung, sondern nur als Akte eines kommunikativen Verfahrensstils verstehen lassen. Insbesondere hat zwischen seiner Ablehnung einer Haftverschonung des Angeklagten E. und eines von dessen Verteidigung in Erwägung gezogenen Verfahrensergebnisses einerseits und einer von der Verteidigung in den Raum gestellten Ablegung eines Geständnisses andererseits keine Verknüpfung bestanden, wie sie ein Verständigungsverfahren nach § 257c StPO mit dem Gegenseitigkeitsverhältnis von der Zusage eines Strafrahmens (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO) und der Abgabe eines Geständnisses bzw. der Zusage sonstigen Prozessverhaltens als Gegenleistung des Angeklagten (§ 257c Abs. 2 StPO) kennzeichnet.
17
Ebenso wenig hat der Hinweis des Vorsitzenden, ein Geständnis auch im fortgeschrittenen Verfahrensstadium noch strafmildernd zu berücksichtigen, einen solchen synallagmatischen Konnex zwischen einem prozessualen Verhalten des Angeklagten und dem Verfahrensergebnis begründet, der zur Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 StPO wegen einer dann im Raum stehenden Verständigungsmöglichkeit führt (BVerfGE 133, 168, 216 Rn. 85). Die allgemein gehaltene Erklärung des Vorsitzenden hat sich erkennbar auf die Stellungnahme des Staatsanwalts zur fehlenden Bedeutung eines Geständnisses angesichts der für ihn vor dem Ende stehenden Beweisaufnahme bezogen. Sie hat insofern eine Selbstverständlichkeit beinhaltet und gehört – wie dargelegt – zum beispielhaften Inhalt unverbindlicher Erörterungen ohne Verständigungsbezug.
18
cc) Nach dem Verfahrensablauf kann der Senat ausschließen, dass eine gesetzeswidrige Absprache angestrebt oder gar getroffen wurde.
Sander Dölp König
Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 153/16
vom
28. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:280716U3STR153.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 28. Juli 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Mayer, Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. Dezember 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen , davon in zwei Fällen tateinheitlich mit bandenmäßigem Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Der Angeklagte erhebt die allgemeine Sachrüge.
2
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
3
Die unter I.1. der Revisionsbegründung erhobene Beanstandung, das Landgericht habe die "§§ 202a, 212, 257c, 273 Abs. 1a StPO" verletzt, weil es unzutreffenderweise protokolliert habe, dass "Erörterungen gem. §§ 202 a, 212 StPO (…) nicht stattgefunden" hätten und zudem eine Verständigung mit dem Verteidiger ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft herbeigeführt worden sei, dringt im Ergebnis durch, so dass es auf die weiteren Verfahrensrügen und die gleichfalls erhobene Sachrüge nicht mehr ankommt.
4
1. Allerdings bleibt die Rüge ohne Erfolg, soweit die Staatsanwaltschaft behauptet, das Gericht habe sich - ohne sie zu beteiligen - mit dem Verteidiger auf eine Bewährungsstrafe verständigt.
5
a) Zwar ist die Rüge insoweit zulässig erhoben. Etwas anderes folgt insbesondere nicht daraus, dass die Staatsanwaltschaft mit Blick auf den protokollierten Vermerk, eine Verständigung gemäß § 257c StPO habe nicht stattgefunden , nicht den Einwand erhoben hat, das Protokoll sei gefälscht. Stoßrichtung der Rüge ist nicht die Behauptung, es habe eine Verständigung in der Hauptverhandlung stattgefunden, weshalb der Protokollvermerk falsch sei. Die Staatsanwaltschaft geht vielmehr davon aus, das Gericht und die Verteidigung hätten sich außerhalb der Hauptverhandlung verständigt; solche, nicht in der Hauptverhandlung offen gelegten informellen Verständigungen werden indes von der Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO nicht erfasst (LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 273 Rn. 35; SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 273 Rn. 22; Ladiges, JR 2012, 371, 372; siehe auch BGH, Beschluss vom 15. April 2014 - 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418 zur - nicht bestehenden - Protokollierungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO). Da das Protokoll mithin insoweit keine formelle Beweiskraft im Sinne von § 274 Satz 1 StPO entfaltet, kann das Vorliegen einer informellen Verständigung auch ohne die Behauptung einer Protokollfälschung gerügt werden.
6
Die Verfahrensbeanstandung genügt auch im Übrigen den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; insbesondere war von der Staatsanwaltschaft in der gegebenen Situation, in der sie geltend macht, an den zu einer Verständigung führenden Gesprächen nicht beteiligt worden zu sein, nicht zu verlangen, dass sie konkretere Ausführungen zu den Gesprächsteilnehmern und dem Inhalt der Gespräche im Einzelnen hätte machen müssen.
7
b) Die Rüge ist aber unbegründet, denn der behauptete Verfahrensverstoß ist nicht erwiesen.
8
Ausweislich der vom Senat eingeholten dienstlichen Erklärungen der beteiligten Richter der Strafkammer - soweit diese ergiebig waren - ist es zu einer Verständigung zwischen der Strafkammer oder auch nur einzelnen ihrer Mitglieder einerseits und dem Angeklagten und/oder seinem Verteidiger andererseits nicht gekommen. Vielmehr habe der Vorsitzende dem Verteidiger gegenüber lediglich - ausdrücklich unverbindlich - seine persönliche Einschätzung mitgeteilt, dass bei einem Geständnis ein minder schwerer Fall in Betracht kommen könnte "und damit - logischerweise - auch eine Bewährungsstrafe." Zu Verständigungsgesprächen in der Hauptverhandlung sei es in der Folge ebenfalls nicht gekommen, weil der Verteidiger eine Bewährungsstrafe angestrebt habe und dieser sowie der Vorsitzende selbst eine Verständigung mit der Staatsanwaltschaft auf dieser Basis für aussichtslos gehalten hätten. Ein Beisitzer hat angegeben, der Vorsitzende habe ihm erklärt, er habe dem Verteidiger mit den Worten "so was machen wir nicht" mitgeteilt, eine Verständigung nur mit der Verteidigung ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft komme für die Strafkammer nicht in Betracht.
9
Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass entgegen diesen dienstlichen Erklärungen gleichwohl vom Abschluss einer - informellen - Verständigung zwischen Gericht und Verteidigung auszugehen wäre, ergeben sich auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens zum weiteren Verlauf der Hauptverhandlung nicht. Die Staatsanwaltschaft listet insoweit lediglich Einzelheiten des Verfahrensablaufs auf, die aus ihrer Sicht eine unzulässige Absprache nahelegen sollen; diese Indizien sind indes auch in ihrer Gesamtschau nicht geeignet , die inhaltlich eindeutigen dienstlichen Erklärungen der Richter der Strafkammer dergestalt zu entkräften, dass ihr Gegenteil der Entscheidung zugrunde zu legen wäre.
10
2. Soweit die Staatsanwaltschaft beanstandet, im Protokoll der Hauptverhandlung sei unzutreffenderweise protokolliert, dass "Erörterungen gem. §§ 202 a, 212 StPO (…) nicht stattgefunden" hätten, zeigt sie indes einen Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auf, auf dem das angefochtene Urteil beruht. Im Einzelnen:
11
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
12
Im Vorfeld der Terminierung fragte der Vorsitzende der Strafkammer bei dem sachbearbeitenden Staatsanwalt telefonisch an, ob eine Verständigung möglich sei. Auf Nachfrage teilte er mit, dass für die Verteidigung Voraussetzung einer Verständigung die Verhängung einer Bewährungsstrafe sei; daraufhin signalisierte der Staatsanwalt grundsätzlich Verständigungsbereitschaft, äußerte aber gleichzeitig seine Auffassung, dass eine Bewährungsstrafe nicht in Betracht komme. Daraufhin erklärte der Vorsitzende, dann seien weitere Verständigungsgespräche vor der Hauptverhandlung nicht erfolgversprechend. Später kam es zu einem weiteren telefonischen Kontakt zwischen dem Vorsitzenden der Strafkammer und dem Verteidiger des Angeklagten, in dem der Vorsitzende - wie bereits dargelegt - mitteilte, nach seiner persönlichen Einschätzung könne bei einem Geständnis ein minder schwerer Fall und damit auch eine Bewährungsstrafe in Betracht kommen. Darüber fertigte er einen Aktenvermerk des Inhalts, er habe den Verteidiger darauf hingewiesen, "dass Geständnis für minder schweren Fall dienlich wäre". Den Inhalt dieses Vermerks teilte der Vorsitzende der Staatsanwaltschaft nicht mit.
13
Nach der Verlesung der Anklageschrift und Feststellung der Eröffnung des Hauptverfahrens erklärte der Vorsitzende der Strafkammer: "Erörterungen gem. §§ 202 a, 212 StPO haben nicht stattgefunden" und ließ dies protokollieren.
14
b) Der Senat entnimmt dem Revisionsvorbringen, dass die Beschwerdeführerin insoweit (jedenfalls auch) einen Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO geltend macht. Dem steht nicht entgegen, dass in der Überschrift zu dieser Verfahrensbeanstandung diese Vorschrift gerade nicht zitiert wird, denn die falsche Bezeichnung einer Rüge ist unschädlich, wenn der Inhalt der Begründungsschrift deutlich erkennen lässt, welche Beanstandung erhoben werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1964 - 3 StR 60/63, BGHSt 19, 273, 275; LR/Franke aaO, § 344 Rn. 72 mwN). Dies ist hier der Fall: Die Revisionsbegründung stellt den insoweit maßgeblichen Sachverhalt unter einem gesonderten Gliederungspunkt mit eigener Überschrift vollständig dar; diese Ausführungen enden mit der Schlussfolgerung, dass der Protokollvermerk (inhaltlich) falsch sei.
15
Damit ist eine Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO bestimmt behauptet , was zur Wahrung der Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt (vgl. LR/Franke aaO, Rn. 85). Dem Rügevorbringen lässt sich weiter die Angriffsrichtung entnehmen, dass der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO beanstandet wird (vgl. zur Maßgeblichkeit der "Angriffsrichtung" einer Rüge BGH, Urteil vom 26. August 1998 - 3 StR 256/98, NStZ 1999, 94 mwN). Dass die Staatsanwaltschaft die dargestellten Umstände auch als Indiz für ihre Behauptung gewertet hat, es müsse eine informelle Verständigung zwischen Landgericht und Verteidigung gegeben haben, steht dem angesichts des im Übrigen klaren Rügevorbringens nicht entgegen.
16
Die Zulässigkeit der Rüge scheitert - entgegen der im Plädoyer des Generalbundesanwalts geäußerten Auffassung - auch nicht an § 339 StPO, denn die Mitteilungspflichten nach § 243 Abs. 4 StPO dienen - auch im Interesse der Staatsanwaltschaft - in erster Linie dazu, die Öffentlichkeit und Transparenz des Verständigungsverfahrens zu gewährleisten (LR/Becker aaO, § 243 Rn. 52a mwN). Ob etwas anderes gilt, wenn die Staatsanwaltschaft an Verständigungsgesprächen teilgenommen hatte und die Mitteilung allein zur Unterrichtung des Angeklagten erforderlich gewesen wäre (vgl. hierzu Altvater, StraFo 2014, 221, 222), kann hier offen bleiben, weil gerade ein Informationsdefizit der Staatsanwaltschaft in Rede steht.
17
c) Die Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist verletzt; die protokollierte Mitteilung: "Erörterungen gem. §§ 202 a, 212 StPO haben nicht stattgefunden" war unzutreffend; der Vorsitzende der Strafkammer hätte vielmehr über die vor der Hauptverhandlung stattgefundenen Gespräche berichten und deren wesentlichen Inhalt mitteilen müssen.
18
Dies gilt zunächst für seine Telefonate einerseits mit der Verteidigung und andererseits mit dem sachbearbeitenden Staatsanwalt, die der Sondierung der Verständigungsbereitschaft dienten; Gegenstand dieser Gespräche war mithin die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO, was die Mitteilungspflicht auslöste und zwar ungeachtet dessen, dass nur der Vorsit- zende diese Gespräche führte (BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 470/14, NStZ 2016, 221, 222 mwN; aA - nicht tragend - BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10, NStZ 2011, 592, 593).
19
Aber auch das weitere Gespräch, in dem der Vorsitzende dem Verteidiger seine Einschätzung mitteilte, dass im Fall eines Geständnisses die Annahme eines minder schweren Falles und damit auch die Verhängung einer Bewährungsstrafe in Betracht komme, musste in der Hauptverhandlung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO mitgeteilt werden. Von solchen verständigungsbezogenen Erörterungen ist - wie dargelegt - auszugehen, sobald bei im Vorfeld der Hauptverhandlung geführten Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum stehen. Dies wiederum ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt (BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 470/14 aaO, mwN).
20
Abzugrenzen sind solche Erörterungen, bei denen ein Verfahrensergebnis einerseits und ein prozessuales Verhalten des Angeklagten andererseits in ein Gegenseitigkeitsverhältnis im Sinne von Leistung und Gegenleistung gesetzt werden, von sonstigen verfahrensfördernden Gesprächen, die nicht auf eine einvernehmliche Verfahrenserledigung abzielen (BGH, Beschluss vom 14. April 2015 - 5 StR 9/15, NStZ 2015, 535, 536). Gegenstand solcher unverbindlichen Erörterungen kann insbesondere der in einem Rechtsgespräch erteilte Hinweis auf die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses sein (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133, 168, 228; BGH aaO).
21
Auf einen solchen Hinweis beschränkte sich die hier in Rede stehende Äußerung des Vorsitzenden der Strafkammer indes nicht: Es entspricht zwar der Rechtslage, dass ein Geständnis strafmildernd zu berücksichtigen ist und deshalb auch in die alle Umstände des Einzelfalles in den Blick nehmenden Abwägung einzustellen ist, ob die konkret zu verhängende Strafe aus dem Regelstrafrahmen oder demjenigen für einen minder schweren Fall zugemessen werden soll. Vorliegend war diesem Hinweis indes vorausgegangen, dass der Verteidiger für den Angeklagten erklärt hatte, es komme nur eine Verständigung auf eine Bewährungsstrafe in Betracht. Angesichts der drohenden - und letztlich auch ausgesprochenen - Verurteilung wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit bandenmäßigem Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, die jedenfalls für die zwei Fälle des täterschaftlichen bandenmäßigen Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils zur Anwendung des Regelstrafrahmens des § 30a Abs. 1 BtMG mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe führen konnte, war eine aussetzungsfähige (Gesamt-) Freiheitsstrafe ohnehin nur bei Annahme eines minder schweren Falls zu erreichen. Es lag daher nicht fern, die Äußerung des Vorsitzenden so zu verstehen, dass er damit - jedenfalls durch schlüssiges Verhalten - das von der Verteidigung angestrebte Verfahrensergebnis in einen synallagmatischen Zusammenhang mit einem prozessualen Verhalten - dem Geständnis des Angeklagten - brachte; dadurch wurde die Mitteilungspflicht, die auch in Zweifelsfällen eingreift (vgl. BVerfG aaO, S. 216 f.), vorliegend begründet.
22
d) Auf dem Verfahrensfehler beruht das Urteil. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft bei vollständiger Mitteilung der vor der Hauptverhandlung stattgefundenen Gespräche an- ders agiert, insbesondere weitere Anträge gestellt und sich nicht mit der beschriebenen Verfahrensweise, die durch einen weitgehenden Verzicht auf originäre Beweismittel und schnelle Erledigung der Sache geprägt war, einverstanden erklärt hätte.
23
Dies gilt zwar nicht mit Blick auf die ersten geschilderten Telefonate, mit denen der Vorsitzende die Verständigungsbereitschaft der Verfahrensbeteiligten sondierte. Diese waren dem sachbearbeitenden Staatsanwalt bekannt; sein Wissen ist der Staatsanwaltschaft als Behörde zuzurechnen, ohne dass es auf den Kenntnisstand der Sitzungsvertreterin im Einzelnen ankommt. Von dem weiteren Gespräch, in dem es um die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falls und der Verhängung einer Bewährungsstrafe ging, hatte die Staatsanwaltschaft indes insgesamt keine Kenntnis.
24
Die Sache bedarf deshalb umfassend neuer Verhandlung und Entscheidung.
25
II. Die auf die erhobene Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben; seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision erweist sich deshalb als unbegründet.
Becker Mayer Gericke Spaniol Tiemann

(1) Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

(2) Der Strafrichter kann in der Hauptverhandlung von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle absehen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
AGGVG BR § 20
Weder aus § 153 Abs. 2 und 5 Satz 1 GVG noch aus § 20
Bremisches AGGVG ergibt sich, dass nur der erkennenden
Strafkammer zugewiesene „Stationsreferendare“ für
Aufgaben der Protokollführung herangezogen werden dürfen.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 5 StR 548/16
LG Bremen –
ECLI:DE:BGH:2017:120117B5STR548.16.0
BESCHLUSS 5 StR 548/16 vom 12. Januar 2017 in der Strafsache gegen

1.



2.



wegen zu 1.: Anstiftung zum versuchten Totschlag u.a. zu 2.: gefährlicher Körperverletzung

ECLI:DE:BGH:2017:120117B5STR548.16.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 12. Januar 2017 nach § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 18. Mai 2016 werden verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die den Neben- und Adhäsionsklägern im Revisionsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen, der Angeklagte A. Y. jedoch nur hinsichtlich der Neben - und Adhäsionskläger K. sowie Kh. .

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. Y. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung, wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten A. Y. hat es wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Ferner hat es Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die auf eine Verfahrensbeanstandung sowie die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos.
2
1. Ein Verstoß gegen § 226 Abs. 1, § 338 Nr. 5 StPO liegt nicht vor. Die Auffassung der Beschwerdeführer, die Hauptverhandlung habe zeitweise ohne einen ordnungsgemäß bestellten Urkundsbeamten der Geschäftsstelle stattgefunden , weil an zwei Hauptverhandlungstagen Rechtsreferendare das Protokoll geführt hätten, geht fehl.
3
a) Die Revisionen wollen den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20. April 1982 (5 StR 521/81) und vom 3. April 1984 (5 StR 986/83, NStZ 1984, 327) entnehmen, dass Referendare nicht mit Aufgaben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden dürften, wenn sie – wie hier – im Zeitpunkt der Protokollführung nicht der erkennenden Strafkammer als „Stationsreferendare” zugewiesen seien. Indessen lässt sich den genannten Entscheidungen kein solcher Rechtssatz entnehmen. Der Bundesgerichtshof legt § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG vielmehr in ständiger Rechtsprechung gemäß seinem Wortlaut und in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, BT-Drucks. 8/2024 S. 18; Katholnigg, StV 1984, 110) dahin aus, dass die Einzelheiten der Betrauung der betroffenen Personen, zu denen auch Referendare gehören können, grundsätzlich nach dem jeweiligen Landesrecht zu beurteilen sind (vgl. BGH, aaO, sowie Urteil vom 4. Juni1985 – 1StR 18/85, StV 1985, 492; siehe auch OLG Koblenz, Rpfleger 1985, 77; MüKoStPO/Arnoldi 2016, § 226 Rn. 13 mwN). Die in Bremen geltenden Vorschriften enthalten die von den Beschwerdeführern behauptete Einschränkung nicht.
4
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 23. November 2016 zutreffend ausgeführt: „In Bremen ist insoweit Folgendes geregelt: Nach § 20 Abs. 1 AGGVG können Referendare mit der selbstständigen Wahrnehmung von Aufgaben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beauftragt werden. Nach § 20 Abs. 3 AGGVG sind zuständig für die Beauftragung der Senator für Justiz und Verfassung und die von ihm bestimmten Stellen. Die ‚Allgemeine Verfügung des Senators für Rechtspflege und Strafvollzug zur Ausführung der §§ 19 bis 21 des Bremischen Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz‘ lautet unter anderem: (1) Mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle können
a) gemäß § 20 Abs. 1 AGGVG Referendare sowie Anwärter für den gehobenen oder den mittleren Justizdienst beauftragt werden. Die Beauftragung setzt gemäß § 8 der Anordnung über die Geschäftsstellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften voraus , dass die Personen auf dem Sachgebiet, das ihnen zur Erledigung übertragen werden soll, einen Wissens- und Leistungsstand aufweisen, der dem der Beamten des mittleren Justizdienstes gleichwertig ist (§ 153 Abs. 5 GVG). (2) Für die Beauftragung gemäß Absatz 1 werden als zuständig bestimmt: der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen , der Generalstaatsanwalt, der Präsident des Landgerichts, der Leitende Oberstaatsanwalt, die Präsidenten der Amtsgerichte in Bremen und Bremerhaven sowie der Aufsichtführende Richter des Amtsgerichts in Bremen -Blumenthal jeweils für das Gericht oder die Staatsanwaltschaft , denen sie vorstehen, für Referendare und Rechtsprakti- kanten darüber hinaus der ausbildende Richter oder Staatsanwalt des Referendars oder Rechtspraktikanten. Die im vorliegenden Verfahren tätig gewordenen Referendare sind von der Präsidentin des Landgerichts ordnungsgemäß mit der Protokollführung beauftragt worden. Soweit die Revision meint, dass nur ‚Stationsreferendare‘ Aufgaben des Urkunds- beamten wahrnehmen dürfen, ist ihr zu widersprechen. Der Wortlaut der in Rede stehenden Vorschrift enthält eine solche Einschränkung nicht. Diese ist auch aus sonstigen Gründen nicht geboten. Ferner spricht der Umstand, dass zuständig für die Beauftragung unter anderem ‚der Präsident des Landgerichts ‘ und der ‚ausbildende Richter‘ sind, für die Sichtweise des Landgerichts Bremen.“
5
b) Zweifel an der erforderlichen Befähigung der eingesetzten Referendare (vgl. § 153 Abs. 2 und 5 Satz 1 GVG) hegt der Senat nicht. Dem entspricht es, dass die Beschwerdeführer Mängel der Protokollführung nicht aufzeigen; solche sind auch nicht ersichtlich. Nach der Stellungnahme der Präsidentin des Landgerichts Bremen hatten die Referendare die mehrmonatige Pflichtstation in Zivilsachen absolviert und befanden sich im strafrechtlichen Ausbildungsabschnitt. Sie waren durch Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in die Tätigkeit des Protokollführers theoretisch und praktisch eingewiesen worden. Die Erfüllung der materiellen Voraussetzungen des § 153 Abs. 2 und 5 Satz 1 GVG war damit gewährleistet. Dass den Referendaren die so erworbene Befähigung nur bei aktueller Zuweisung an die jeweils erkennende Strafkammer oder an das betroffene Landgericht (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 22. Januar 1981 – 4 StR 97/80) zukommen könnte, liegt fern. Es ist auch ansonsten kein sachli- cher Grund vorhanden, der die von den Beschwerdeführern vertretene Rechtsansicht stützen könnte.
6
c) Nach den Ausführungen der Präsidentin des Landgerichts wurde die (Neben-)Tätigkeit als Protokollführer aufgrund eines mit den Referendaren geschlossenen Vertrags mit 12 € pro Stunde vergütet. Aus welchem Grund dieser Umstand zu Mängeln der Betrauung und damit zu einem Verfahrensfehler geführt haben könnte, erschließt sich dem Senat nicht. Namentlich ließ die übernommene Nebentätigkeit deren Stellung als Referendare unberührt. Unbehelflich sind ferner der Hinweis der Beschwerdeführer auf die nach ihrer Meinung inadäquate Bezahlung sowie die – sehr abstrakte – Erwägung, es seien Interessenkonflikte denkbar.
7
2. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrügen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten aufgedeckt.
Mutzbauer Sander Dölp
König Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 605/16
vom
22. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220217B5STR605.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 22. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 1. Juli 2016 werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte E. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen verurteilt ist; die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat im Hinblick auf die Revision des Angeklagten E. : Die Verfahrensrügen sind jedenfalls unbegründet (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – 5 StR 548/16). Aus § 20 Abs. 1 des Bremischen Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (AGGVG) ergibt sich keine Einschränkung dahingehend, dass nur dem Landgericht aktuell zur Ausbildung zugewiesene Referendare („Stationsreferendare“) mit den Aufgaben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beauftragt werden dürfen. Für eine freibeweisliche Beiziehung der Arbeitsverträge der als Protokollführer eingesetzten Referendare sieht der Senat keinen Anlass.
Mutzbauer Sander Schneider Berger Mosbacher

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 8 7 / 1 5
vom
29. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. Juli 2014 - soweit es ihn betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.213.703,29 Euro die Ansprüche Verletzter der Anordnung des (Wertersatz-)Verfalls entgegenstehen (§ 111i Abs. 2 StPO).
II. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt , dass lediglich deshalb nicht auf (Wertersatz-)Verfall in Höhe von 1.213.703,29 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Es hat weiterhin ausgesprochen, dass die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

3
Die vom Landgericht getroffene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB auch im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu beachten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2015 - 4 StR 173/15; vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f. und vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, NStZ-RR 2015, 44). Wird in Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB ganz oder teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen, hat dies zur Folge, dass der in der Entscheidungsformel allein zu bezeichnende Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, hinter dem Erlangten bzw. dessen Wert zurückbleibt (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, NJW 2011, 624 f.). Die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB sind zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 - 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier.

5
Das Landgericht hat die im Tatzeitraum zugeflossenen Provisionszahlungen ersichtlich in voller Höhe in die Wertberechnung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO eingestellt. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der Angeklagte die erhaltenen Zahlungen für seinen Lebensunterhalt, Alkohol und Glücksspiel aufgewendet hat, weiterhin unterstützte er Freunde und Verwandte (UA S. 9). Danach ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten weder das Erlangte noch ein Gegenwert vollständig vorhanden waren (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB). Daran anknüpfend hätte sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für eine Anwendung der Härtevorschrift auseinandersetzen und die gebotene Ermessensentscheidung treffen müssen (vgl. zu den rechtlichen Anforderungen im Einzelnen BGH, Urteile vom 26. März 2015 - 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176, 178 und vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234 f.).
6
Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
Rothfuß Jäger Cirener
Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 75/11
vom
15. März 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________
1. Für eine Hilfe zur Aufklärung nach Eröffnung des Hauptverfahrens ist gemäß
§ 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB eine Strafrahmenverschiebung
ausgeschlossen; diese kann bei der Strafzumessung im Rahmen des
§ 46 StGB berücksichtigt werden.
2. Eine Erörterung der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB in den Urteilsgründen
ist nur dann erforderlich, wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren
Vorliegen gegeben sind.
BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11 - LG Hof
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 19. November 2010 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B I. der Urteilsgründe) und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B II. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von acht Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 40.000 € angeordnet. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen diese Verurteilung. Sein Rechtsmittel bleibt erfolglos.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Im Fall B I. der Urteilsgründe war der Angeklagte seit Mitte des Jahres 2009 Mitglied einer Bande, die in einer sog. Indoor-Anlage Marihuana anbauen und es anschließend gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Er hatte für die Errichtung der Anlage 40.000 € als „Darlehen“ zur Verfügung gestellt; außer- dem war er innerhalb der Bandenstruktur für den gewinnbringenden Weiterverkauf des Betäubungsmittels zuständig.
4
Im September 2009 wurden in der Anlage 57 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt mindestens 5 % THC) geerntet und am 16. und 23. September 2009 in zwei Teilmengen von 27 und 30 kg zu einem Abnehmer nach Hamburg gebracht , der für ein Kilogramm je 3.000 € zahlte. Dem Angeklagten, der bei der Abrechung der Ware jeweils anwesend war, wurden für jede der Lieferungen ein Entgelt in Höhe von 3.000 € gezahlt. Außerdem erhielt er aus dem Erlös des Betäubungsmittelgeschäfts die als „Darlehen“ gewährten 40.000 € zurück.
5
2. Im Fall B II. der Urteilsgründe war der Angeklagte Anfang Oktober 2009 beauftragt worden, an einem Transport von 26,8 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 13,4 % THC) aus der Tschechischen Republik nach Deutschland mitzuwirken. Der Transport fand am 6. Oktober 2009 statt. Der Tatbeitrag des Angeklagten bestand dabei u.a. in der telefonischen Anleitung und Überwachung der bei dem Transport eingesetzten Kuriere. Als Entlohnung waren ihm 200 € pro Kilogramm Marihuana versprochen worden.
6
3. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 2. August 2010 das Hauptverfahren eröffnet. Der Angeklagte, der sich weder im Ermittlungs- noch im Zwischenverfahren eingelassen hatte, machte erstmals in der am 23. September 2010 beginnenden Hauptverhandlung geständige Angaben zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Nach der Bewertung des Landgerichts führten diese zu einer weiteren, über den Tatbeitrag des Angeklagten hinausgehenden Aufdeckung der Straftaten, was von der Strafkammer bei der Strafzumessung strafmildernd berücksichtigt worden ist. Eine Strafrahmenverschiebung nach § 31 Abs. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB hat das Landgericht dagegen nicht vorgenom- men, da es die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten gemäß § 31 Abs. 2 BtMG, § 46b Abs. 3 StGB als verspätet angesehen hat.

II.


7
Die Revision ist unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
8
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 16. Februar 2011 bemerkt der Senat:
9
1. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht zu Recht von einer Strafrahmenmilderung nach § 31 Abs. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB abgesehen.
10
a) Gemäß § 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB ist eine solche Strafrahmenverschiebung zwingend ausgeschlossen, wenn ein Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 StPO) gegen ihn beschlossen worden ist.
11
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben: Der Angeklagte hat sich erstmals in der Hauptverhandlung und damit nach Eröffnung des Hauptverfahrens eingelassen. Seine Aufklärungsbemühungen waren damit verspätet. Sie konnten daher nicht mehr zu einer Verringerung des Strafrahmens führen, sondern durften allenfalls, wie es das Landgericht hier zutreffend getan hat, bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden.
12
b) Die Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verstößt entgegen der Ansicht der Revision vorliegend nicht gegen das Meistbegünstigungsprinzip (§ 2 Abs. 3 StGB).
13
aa) Art. 316d EGStGB bestimmt, dass § 46b StGB und § 31 BtMG in der Fassung des 43. StrÄndG (BGBl. I 2009, 2288), in Kraft getreten am 1. September 2009, nicht auf Verfahren anzuwenden sind, in denen vor dem 1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist. Dies hat im Umkehrschluss allerdings nicht zur Folge, dass diese Vorschriften ohne weiteres auf Verfahren anzuwenden sind, in denen die Eröffnung des Hauptverfahrens - wie hier - erst nach dem 1. September 2009 beschlossen worden ist. Für die Frage des auf diese Verfahren anwendbaren Rechts gelten vielmehr die allgemeinen Regeln, nach denen grundsätzlich das zur Tatzeit (§ 2 Abs. 1 StGB) bzw. bei einer fortdauernden oder fortgesetzten Tatbegehung das bei der Beendigung der Tat (§ 2 Abs. 2 StGB) geltende Recht Anwendung findet , sofern das neue Recht in seiner Gesamtheit keine für den Angeklagten gemäß § 2 Abs. 3 StGB günstigere Regelung darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524; BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 79/10).
14
bb) Danach ist § 31 BtMG in der Fassung des 43. StrÄndG auf das vorliegende Verfahren anzuwenden, da diese Vorschrift zur Tatzeit (Fall B II. der Urteilsgründe) bzw. zum Zeitpunkt der Tatbeendigung (Fall B I. der Urteilsgründe ) bereits in Kraft getreten war.
15
(1) Im Fall B II. der Urteilsgründe ergibt sich dies aus dem Umstand, dass sämtliche Tathandlungen des Angeklagten erst im Oktober 2009 begangen wurden.

16
(2) Im Fall B I. der Urteilsgründe begann die Tatbegehung durch den Angeklagten zwar schon Mitte des Jahres 2009 (und damit vor Inkrafttreten des § 31 Abs. 2 BtMG und § 46b Abs. 3 StGB am 1. September 2009). In dieser Zeit wirkte der Angeklagte beim Aufbau der „Indoor-Anlage“ zum Anbau von Marihuana mit, was sich als ein unselbstständiger Teilakt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 5 StR 555/10 mwN). Seine Tathandlungen waren zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht beendet. Die Tatbeendigung trat vielmehr erst mit dem Verkauf der Betäubungsmittel und der Verteilung des Erlöses im September 2009 ein (vgl. allgemein zur Tatbeendigung beim Handeltreiben Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 408 mwN). Zu diesem Zeitpunkt, der für die rechtliche Beurteilung gemäß § 2 Abs. 2 StGB maßgeblich ist, war die Neuregelung des § 31 Abs. 2 BtMG i.V.m. § 46 Abs. 3 StGB schon in Kraft und deshalb auch auf die vorliegende Tat anzuwenden.
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c) Im Übrigen hat das Landgericht die Aufklärungshilfe durch den Angeklagten strafmildernd bei der Strafzumessung berücksichtigt. Es hat damit zum Ausdruck gebracht, dass es den Umstand nicht außer Acht gelassen hat, dass bei den Teilakten, die vor dem Inkrafttreten der § 31 Abs. 2 BtMG, § 46b Abs. 3 StGB begangen wurden, ein milderer Strafrahmen galt als zum Zeitpunkt der Beendigung der Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 1999 - 2 StR 301/99, wistra 1999, 465).
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2. Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 40.000 € gemäß § 73, § 73a StGB hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Bei der Bemessung des Wertersatzverfalls hat sich das Landgericht zutreffend an dem sog. Bruttoprinzip orientiert. Danach ist nicht nur der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat, für verfallen zu erklären (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370). Hier hat der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts aus dem Betäubungsmittelgeschäft jedenfalls die für verfallen erklärten 40.000 € erhalten.
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Dass es sich hierbei um die Rückzahlung des Betrags handeln sollte, den der Angeklagte als „Darlehen“ zur Finanzierung des Drogengeschäfts aufgewendet hatte, steht der Verfallsanordnung nicht entgegen. Finanzielle Aufwendungen , die für die Tatbegehung erbracht worden sind, dürfen bei der Berechnung des Erlangten nicht in Abzug gebracht werden. Zur Erfüllung des vom Gesetzgeber mit den Verfallsregelungen verfolgten Präventionszweckes - wonach der vom Verfall Betroffene auch das finanzielle Risiko strafbaren Handelns zu tragen hat - soll vielmehr das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein (BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 374; BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67).
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Der Umstand, dass es das Landgericht bei der Abschöpfung des Erlangten unberücksichtigt gelassen hat, dass der Angeklagte nach den Feststellungen neben den für verfallen erklärten 40.000 € weitere 6.000 € für die beiden Betäubungsmittellieferungen erhalten hat, beschwert diesen nicht.
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b) Es begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht im vorliegenden Fall nicht ausdrücklich auf die Härtefallregelung des § 73c StGB eingegangen ist. Einer besonderen Darlegung und Begründung bedarf es angesichts des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift in der Regel nur dann, wenn von einer Verfallsanordnung (teilweise) abgesehen werden soll. Wird dagegen - wie hier - entsprechend der gesetzlichen Regel nicht davon abgesehen, ist eine Erörterung der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB nur dann erforderlich, wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (S/S-Eser, StGB, 27. Aufl., § 73c Rn. 7 mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Eine Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) mit dem Ziel entsprechender weiterer Feststellungen ist von der Revision nicht erhoben. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Elf