Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2019 - 5 StR 464/19

bei uns veröffentlicht am12.12.2019
vorgehend
Landgericht Dresden, 414 , s 34001/18

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 464/19
vom
12. Dezember 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2019:121219B5STR464.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 12. Dezember 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 und analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 5. April 2019
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird,
b) im Straf- und Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten P. und die Revision des Angeklagten H. werden verworfen. 4. Der Angeklagte H. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten – jeweils unter Freispruch im Übrigen – wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, den Angeklagten H. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten P. zu einer solchen von drei Jahren und acht Monaten. Zudem hat es die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt, hinsichtlich des Angeklagten H. unter Festsetzung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe, sowie die Einziehung eines Pocket-Bikes und des Betäubungsmittels angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils im Umfang der Beschlussformel Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte H. wegen der Nutzung eines Pocket-Bikes im Straßenverkehr durch die Polizei angehalten. Im Hinblick auf das positive Ergebnis eines Drugwipe-Tests sollte er zur weiteren Überprüfung in die Polizeistation gebracht werden. Daraufhin übergab er dem Mitangeklagten P. an dessen Haustür in Plastiktüten verpackt 782 Gramm Crystal mit einem Wirkstoffgehalt von 311 Gramm Methamphetamin, das zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt war. P. übernahm die Tüten, wobei er zumindest billigend in Kauf nahm, dass sich darin Crystal befand. Der Aufforderung des Polizeibeamten, die übergebenen Gegenstände vorzuzeigen, kam er nicht nach und begab sich in seine Wohnung. Erst auf erneute Aufforderung eines Polizeibeamten gab er die Tüte mit dem Crystal heraus.
3
1. Die Revision des Angeklagten P. erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

4
a) Der Schuldspruch hat keinen Bestand. Insoweit hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: „Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte P. die Tüte mit den Betäubungsmitteln mit der Absicht entgegen, sie für den Mitangeklagten H. zu lagern und den späteren gewinnbringenden Verkauf damit zu ermöglichen (UA S. 7, 8). Letzteren wollte er „zumindest vorantreiben“ bzw. daran „mitwirken“ (UA S. 12). Diese Formulierungen belegen nicht, dass der Angeklagte

P.

die Betäubungsmittel eigenständig als „Nebentäter“ verkaufen wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 3 StR 182/15, Rdnr. 5, juris). Allenfalls könnten sie nahelegen, dass er sich an dem gewinnbringenden Verkauf der Drogen durch den Mitangeklagten H. beteiligen wollte. Aber auch eine Tatbeteiligung als Mittäter wird durch diese Ausführungen nicht hinreichend belegt. Insbesondere lassen sich dem Urteil keine Feststellungen zur Eigennützigkeit entnehmen. (Mit-)Täterschaftliches Handeltreiben erfordert das eigennützige Bemühen, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Eigennützig ist eine solche Tätigkeit nur, wenn das Handeln des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht, durch den er materiell oder immateriell bessergestellt wird (BGH, Beschluss vom 24. Februar 1994 – 4 StR 44/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 41). Hinsichtlich der Eigennützigkeit sind konkrete Feststellungen im Urteil erforderlich. Die Bereitschaft des Angeklagten P. , beim Absatz der Betäubungsmittel mitzuwirken, genügt dafür nicht, weil die Mitwirkung auch ausschließlich von fremdnützigen Beweggründen getragen sein kann. Ebenso wenig reichen bloße Vermutungen hinsichtlich eines eigennützigen Gewinnstrebens, etwa aufgrund der Kontakte des Angeklagten ins Drogenmilieu oder aufgrund des wegen der eigenen Abhängigkeit vermeintlich erhöhten Finanzbedarfs, aus (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, § 29, Teil 4, Rdnr. 151). Dass der Angeklagte eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten sollte oder er erhebliche über die Lage-
rung hinausgehende konkrete Tätigkeiten entfalten wollte, teilt das Urteil nicht mit (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2019 – 4 StR 589/18 Rdnr. 4, juris).“
5
Dem schließt sich der Senat an.
6
Jedoch ergeben die Feststellungen eine Strafbarkeit des Angeklagten

P.

wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Da nicht zu erwarten ist, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der insoweit geständige Angeklagte nicht erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können , zumal ihm in der unverändert zugelassenen Anklageschrift ohnehin nur Beihilfe zum Handeltreiben vorgeworfen worden war.
7
b) Die Änderung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass bei zutreffender rechtlicher Beurteilung des Geschehens eine mildere Strafe verhängt worden wäre. Dabei legen insbesondere die ungewöhnlichen Tatumstände, die kurze Zeitdauer des Besitzes und der Umstand, dass der Angeklagte bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, die Prüfung eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 StGB nahe, den das Landgericht bislang nicht erörtert hat.
8

c) Auch die Maßregelanordnung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Hierzu hat sich der Generalbundesanwalt folgendermaßen geäußert : „Das Landgericht hat keine Feststellungen zur voraussichtlichen Dauer der Behandlung in einer Entziehungsanstalt getroffen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009  3 StR 569/08, NStZ-RR 2009, 172; Fischer, StGB 66. Aufl., § 67 Rdnr. 11b). Davon durfte auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden. Der Sachverständige war der Auffassung, dass eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht mehr erforderlich sei, wenn die bereits begonnene Therapie nach ca. sechs Monaten erfolgreich abgeschlossen wird (UA S. 18). Die Strafkammer ist dem nicht gefolgt, ohne sich hinreichend erkennbar damit auseinanderzusetzen , wie lang die weitere Behandlung nach erfolgreichem Abschluss einer Therapie in R. noch erforderlich sein wird. Vorliegend kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass  sollte die weitere Behandlung nur noch über einen relativ kurzen Zeitraum erforderlich sein  die Frage des Vorwegvollzugs zu er- örtern sein könnte.“
9
Der Senat verschließt sich dem nicht. Er hebt die Maßregelanordnung insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht eine in sich widerspruchsfreie Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt zu ermöglichen.
10
2. Die auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten H. ist entsprechend der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
11
Der Erörterung bedarf nur die in der Revisionsbegründung vom 13. Juni 2019 durch Rechtsanwalt Hü. erhobene Rüge einer Verletzung der §§ 136a, 94 Abs. 2, § 111b StPO und eines hieraus resultierenden Beweisverwertungsverbots. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. August 2018 – 2 StR 131/18, NStZ 2019, 107). Jedenfalls ist sie unbegründet.

12
a) Die Revision hat hierzu vorgetragen, der Angeklagte P. sei von einem Polizeibeamten zur Herausgabe der weiteren ihm von H. übergebenen Gegenstände mit dem unwahren Hinweis aufgefordert worden, dieser brauche seine Beutel wieder. Die Verteidigung hat in der Hauptverhandlung der Verwertung der Aussagen der Polizeibeamten widersprochen, da der Anklagte

P.

bei Forderung der Herausgabe der Tüten entgegen § 136a StPO getäuscht worden sei. In Anbetracht der Täuschung habe P. die Tüten auch nicht freiwillig im Sinne des § 94 Abs. 2 StPO herausgegeben, weshalb eine – hier jedoch fehlende – Beschlagnahmeanordnung erforderlich gewesen wäre.
13
b) Eine Verletzung des § 136a StPO liegt nicht vor. Zutreffend hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass sich die Vorschrift nur auf Vernehmungen bezieht (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 136a StPO Rn. 4), demgemäß auf die hier gegebene anderweitige Beschaffung von Beweismaterial keine Anwendung findet (vgl. KK-StPO/Diemer, 8. Aufl., § 136a Rn. 6; LR-StPO/Gleß, 26. Aufl., § 136a Rn. 16; aA MüKo-StPO/Schuhr, § 136a Rn. 77, jeweils mwN).
14
c) Ob der Angeklagte P. den Beutel mit dem Betäubungsmittel im Sinne des § 94 Abs. 2 StPO „freiwillig“ herausgegeben hat oder es einer Beschlagnahme bedurft hätte, mithin die gerügte Verletzung von § 94 Abs. 2, § 111b StPO vorliegt, kann dahinstehen (vgl. zu den Voraussetzungen der Freiwilligkeit MüKo-StPO/Hauschild, § 94 Rn. 43; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 94 Rn. 12). Denn der Angeklagte H. kann sich auf eine Verletzung der genannten Vorschriften gegenüber dem von dem Herausgabeverlangen betroffenen Angeklagten P. nicht berufen, weil er hierdurch nicht in seinem Rechtskreis tangiert wird. Das Beschlagnahmeerfordernis bezweckt nämlich ausschließlich den Schutz des Gewahrsamsinhabers, nicht aber den der Interessen von (Mit )Beschuldigten oder (Mit-)Angeklagten (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 1994 – 3 StR 53/94, BGHR StPO § 136 Belehrung 5 zu § 136 StPO; LR-StPO/Menges, 27. Aufl., § 95 Rn. 39).
VRiBGH Mutzbauer ist Schneider König wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Schneider
Mosbacher Köhler
Vorinstanz:
Dresden, LG, 05.04.2019 - 414 Js 34001/18 14 KLs

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(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 8 2 / 1 5
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Revision des Angeklagten H.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 11. Juni
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 Satz 1 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 13. Januar 2015, auch soweit es den Mitangeklagten B. betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten jeweils wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt werden.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten H. wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten - nach Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO - jeweils wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von je drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte H. mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Diese führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs, die auf den Nichtrevidenten zu erstrecken ist (§ 357 Satz 1 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts gewann ein nicht näher identifizierbarer "E. " die Angeklagten, für ihn aus der Wohnung seines Bekannten P. das von diesem dort zum gewinnbringenden Verkauf gelagerte Marihuana zu entwenden, um dieses anschließend selbst verkaufen zu können. Als Lohn versprach er den Angeklagten 2.000 €, die sich ebenfalls in der Wohnung des P. befinden und von den Angeklagten an sich genommen werden sollten. Den Angeklagten war Art und Menge der Diebesbeute sowie die diesbezügliche Verwendungsabsicht des "E. " bewusst. Dieser holte am 8. Juli 2014 den P. unter einem Vorwand aus dessen Wohnung ab, wobei er ein Fenster entriegelte, um den Angeklagten das Einsteigen zu erleichtern. Der Angeklagte B. drang in die Wohnung ein und reichte knapp 26 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 13,6 % heraus, die der Angeklagte H. zum späteren Abtransport die Aufgangstreppen heruntertrug. Kurz danach nahm die Polizei, die von einer Nachbarin benachrichtigt worden war, beide fest und stellte das Rauschgift sicher.
3
II. Diese rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, nicht jedoch die tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zum vollendeten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; denn die Haupttat des "E. " ist nicht über das Versuchsstadium hinausgelangt.
4
1. Zutreffend hat das Landgericht allerdings zunächst die Tathandlungen der Angeklagten nicht als täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 25 StGB, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG), sondern lediglich als Beihilfe hierzu (§ 27 StGB) gewertet.
5
Zum einen war es nicht das Bestreben der Angeklagten, sich durch den Diebstahl das Marihuana zu beschaffen, um damit ein eigenes, von "E. " unabhängiges Umsatzgeschäft zu tätigen. Insbesondere wollten sie nach den Feststellungen das Rauschgift nicht ihrerseits an "E. " veräußern, sondern es diesem übergeben, damit er es seinerseits verkaufen konnte. Dies wird ins- besondere daraus deutlich, dass die "versprochenen" 2.000 € nicht als- den Marktpreisen nicht annähernd entsprechendes - Entgelt für die Betäubungsmittel , sondern als Lohn für deren Diebstahl zugesagt wurden. Nicht das Rauschgift sollte bezahlt, sondern deren Beschaffung vergütet werden.
6
Zum anderen wirkten die Angeklagten aber auch nicht an dem (beabsichtigten ) Umsatzgeschäft des "E. " als dessen Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) mit. Zwar lag in der Entwendung des Marihuanas dessen eigentliche Beschaffung für den von "E. " geplanten Umsatz, was grundsätzlich für die Stellung der Angeklagten als Mittäter sprechen könnte. Jedoch erschöpfte sich ihr Tatbeitrag - ähnlich wie derjenige eines reinen Kuriers (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 21. November 2007 - 2 StR 468/07, NStZ-RR 2008, 152) - in der "Abholung" der Betäubungsmittel am vorgegebenen Aufbewahrungsort und deren Transport zu "E. ". Entscheidend für die Annahme von Beihilfe spricht darüber hinaus, dass den Angeklagten die weitere Entwicklung des Umsatzgeschäftes durch "E. " gleichgültig war, nachdem ihre Tätigkeit mit dem Diebstahl und der Weitergabe des Marihuanas an diesen abgeschlossen gewesen wäre.
7
2. Die Haupttat des "E. " erweist sich indes nur als versuchtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
8
Zwar stellt die Inbesitznahme von Betäubungsmitteln in Verwertungsabsicht vollendetes Handeltreiben auch dann dar, wenn diese nicht auf abgeleitetem Erwerb beruht (hierzu BGH, Urteile vom 20. Januar 1982 - 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 360 f.; vom 23. September 1992 - 3 StR 275/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 35). Zu einer solchen ist es durch "E. " aber gerade nicht gekommen. Der (kurzzeitige) Besitz des Marihuanas durch die Angeklagten ist ihm - wie dargelegt - auch nicht über § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Danach kann der Sachverhalt nicht anders beurteilt werden als der Fall, dass sich ein Täter das von ihm zum Verkauf bestimmte Betäubungsmittel eigenhändig durch Diebstahl beschaffen will, hierzu ansetzt, aber bereits vor Besitzerlangung des Rauschgifts scheitert (siehe zu einer vergleichbaren Konstellation BGH, Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, NJW 2007, 2269, 2273 f.; dazu auch Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 601). Hier trat "E. " spätestens in dem Moment in den Versuch des Handeltreibens ein (§ 22 StGB), in dem er P. unter einem Vorwand aus dessen Wohnung lockte und ein Fenster entriegelte. Mit der Festnahme der Angeklagten und Sicherstellung der Betäubungsmittel schlug dieser Versuch fehl.
9
III. Der Senat ändert - gemäß § 357 Satz 1 StPO auch hinsichtlich des Nichtrevidenten (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 357 Rn. 2 mwN) - den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 analog StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Strafrahmenbestimmend war die täterschaftliche Verwirklichung des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch den Besitz der Betäubungsmittel in nicht geringer Menge. Der strafschärfend berücksichtigte Umstand der mehrfachen Tatbestandsverwirklichung bleibt durch die Schuldspruchänderung unberührt.
Becker RiBGH Dr. Schäfer befindet sich Mayer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 589/18
vom
29. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:290119B4STR589.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 6. Juli 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II. 1., 2., 5., 9., 10., 11. und 13. der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 11.400 Euro. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiteren sechs Fällen“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es die Einziehung eines Mobiltelefons und „die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 11.400 Euro“ angeordnet. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen betrieb der rechtskräftig Verurteilte B. , der Cousin des Angeklagten, einen schwunghaften Handel mit Kokain im Kilogrammbereich. Das Kokain bezog B. von verschiedenen Lieferanten; er veräußerte es an einen festen Stamm von Großabnehmern in Mengen von 50 bis 100 Gramm, in Ausnahmefällen in Mengen von 25 Gramm, zu einem Preis von 38,00 Euro pro Gramm. Zeit- und Treffpunkte für die Übergabe des Kokains vereinbarte B. mit seinen Abnehmern per SMS; die jeweiligen Liefermengen wurden ebenfalls vorab vereinbart. Im Tatzeitraum lagerte B. das Kokain in zwei Bunkerfahrzeugen. Vorden Betäubungsmittelverkäufen begab er sich zu dem jeweiligen Fahrzeug; er entnahm das dort gelagerte Kokain und portionierte es in der Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefährtin, in der er auch die Einnahmen aus den Betäubungsmittelverkäufen aufbewahrte.
3
In den als Beihilfe abgeurteilten Fällen begleitete der Angeklagte den B. , wenn dieser das Kokain aus den Bunkerfahrzeugen holte (Fälle II. 3., 4., 6., 7., 8. und 12. der Urteilsgründe). In den als Mittäterschaft bewerteten Fällen II. 1., 2., 5., 9., 11. und 13. der Urteilsgründe lieferte er das Rauschgift – zumTeil neben weiteren Tätigkeiten – auf Weisung B. s an dessen ihm oftmals unbekannte Abnehmer aus, in einem der vorgenannten Fälle in dessen Begleitung. In den Fällen II. 2., 5. und 11. nahm er jeweils auch den Kaufpreis für das Kokain entgegen und leitete ihn an B. weiter. Im Fall II. 10. portionierte der Angeklagte 100 Gramm Kokain in zwei Teilmengen und überbrachte das Rauschgift B. , der es in einem Shisha-Cafe einem seiner Abnehmer übergab. Im Gegenzug für seine Tätigkeiten finanzierte B. weitgehend den Lebensunterhalt des Angeklagten und die im Tatzeitraum von beiden genutzte Wohnung; auch übergab er ihm unregelmäßig kleinere Geldbeträge. Einen (umsatzabhängigen) Festbetrag erhielt der Angeklagte für seine Beteiligung an den Betäubungsmittelgeschäften hingegen nicht.
4
2. Der Schuldspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen (mit-)täterschaftlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verurteilt hat. Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt: „a) Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 221 ff.; Beschluss vom 7. August 2007 – 3 StR 326/07, NStZ 2008, 40; Urteil vom 5. Mai 2011 – 3 StR 445/10, StV 2012, 287, 288; Beschluss vom 22. August 2012 – 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375). Erschöpft sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln, besteht in der Regel selbst dann keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit, wenn Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben, sodass von einer Beihilfe auszugehen ist. Anderes kann nur gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Betei- ligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (Senat, Beschluss vom 22. August 2012 – 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375 mwN.).

b) Nach diesen Maßstäben wird die nicht näher begründete Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei in den Fällen II. 1., 2., 5., 9., 10., 11. und 13. der Urteilsgründe jeweils als Täter des unerlaubten Handeltreibens mit Kokain anzusehen, von den Feststellungen nicht getragen. Der Angeklagte entfaltete keine erheblichen, über die Vermittlung der Übergabe der Betäubungsmittel und den reinen Transport des Kaufgeldes hinausgehenden Tätigkeiten. Ihm kam im Rahmen des Gesamtgeschäfts vielmehr im Wesentlichen die Rolle eines Boten (‚Läufers‘) zu. In das eigentliche Umsatzgeschäft war er hingegen nach den Feststellungen nicht eingebunden; täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten standen ihm insoweit nicht zu. Die Handlungen des Angeklagten erschöpften sich mithin in untergeordneten , weisungsgebundenen Tätigkeiten, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht die Annahme (mit-)täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, sondern nur die Annahme der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu begründen vermögen.

c) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass weitere, ergänzende Feststellungen dazu getroffen werden können, ob der Angeklagte neben dem Tatbestand der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch zugleich (tateinheitlich) den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verwirklicht hat, sofern er während des Transports des Rauschgifts aufgrund der von ihm zurückgelegten Wegstrecke ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über die Betäubungsmittel hatte (vgl. dazu Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 1349 mwN.). Aus diesem Grund scheidet in den unter 2. b) genannten Fällen eine bloße Schuldspruchänderung vom täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus.“
5
Dem tritt der Senat bei.
6
Er hebt – über den Antrag des Generalbundesanwalts hinausgehend – auch die zu diesen Fällen getroffenen Feststellungen auf, um dem Tatrichter insoweit umfassende und widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
7
3. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs sowie des Ausspruchs über die „Einziehung eines Geldbetrages“ in Höhe von 11.400 Euro (richtig: Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB) nach sich.
8
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch die Annahme von Tatmehrheit zwischen den Fällen II. 3. und 7. der Urteilsgründe begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Bei der Datumsangabe „11.11.2017“ im Fall II. 3. auf UA 8 – dem Tag der Begehung der Tat im Fall II. 7. der Urteilsgründe – handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen. Tatsächlich wollte die Strafkammer eine Tatbegehung am 11. Oktober 2017 feststellen. Dies ergibt sich eindeutig aus der chronologischen Reihenfolge der in zeitlicher Ordnung festgestellten Einzelfälle sowie aus der Datumsangabe in der Anklageschrift vom 5. März 2018, welche der Senat von Amts wegen zur Kenntnis genommen hat.
Sost-Scheible Cierniak Bender
Feilcke Paul

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 569/08
vom
12. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
12. Februar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 16. Juni 2008, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass fünf Jahre Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2
Der Senat hat auf die zum Nachteil des Angeklagten mit dem Ziel einer Anordnung der Sicherungsverwahrung eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft die angefochtene Entscheidung durch Urteil vom heutigen Tage im Maßregelausspruch aufgehoben. Auf die von der Strafkammer rechtsfehlerhaft vorgenommene Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs ist es insoweit nicht mehr angekommen. Diese ist aber auf die Revision des Angeklagten aufzuheben , weil sie gegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB verstößt. Danach ist, sofern bei einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren nicht ausnahmsweise von einer Vikariierung abgesehen wird, der vorweg zu vollstreckende Teil der Freiheitsstrafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt, möglich ist. Ein Beurteilungsspielraum für den Tatrichter besteht nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht (BGH StV 2008, 248; 2008, 306; 2008, 638; BGH, Urt. vom 6. März 2008 - 3 StR 538/07).
Zur Bemessung ist deshalb auch eine Prognose darüber notwendig, wie lange die Unterbringung in der Maßregel voraussichtlich erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschl. vom 24. September 2008 - 1 StR 478/08).
3
Bei der Berechnung des vorweg zu vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe hätte das Landgericht deshalb die voraussichtlich notwendige Therapiedauer feststellen und diese von den fünf Jahren - der Hälfte der (nunmehr rechtskräftig) erkannten Freiheitsstrafe - abziehen müssen.
Becker Pfister von Lienen
Sost-Scheible Hubert

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 131/18
vom
8. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2018:080818U2STR131.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 4. Juli 2018 in der Sitzung am 8. August 2018, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Schmidt,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten K. , Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger der Angeklagten D. ,
Justizangestellte in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 7. November 2017 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. und D. vom Vorwurf des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge freigesprochen. Die dagegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

I.

2
Mit der zugelassenen Anklage vom 20. April 2017 hat die Staatsanwaltschaft beiden Angeklagten zur Last gelegt, am 16. September 2016 in der von ihnen gemeinsam bewohnten Wohnung in A. über insgesamt 970,31 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 33,1 g Tetrahydrocannabiol (THC) und 49,25 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von ca. 3,89 g Amphetaminbase und 0,08 g Haschisch sowie eine Ecstasy-Tablette verfügt zu haben. Das Rauschgift habe in der Küche der Wohnung gelagert und sei von den Angeklagten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt gewesen. Des Weiteren habe sich in einem Ausziehfach in der Küchenzeile und damit in unmittelbarer Nähe zu den Betäubungsmitteln gebrauchsbereit eine Schreckschusspistole 9 mm der Marke Dynamit Nobel mit 9-Cs-Reizgaskartuschen im Magazin befunden.
3
Das Landgericht hat sich gehindert gesehen, über das Ergebnis einer Wohnungsdurchsuchung vom 16. September 2016, auf das sich der Anklagevorwurf maßgeblich stützt, Beweis zu erheben und die aufgefundenen Beweismittel zu verwerten, da die Durchsuchung und damit auch die Bekundung der durchsuchenden Beamten einem Beweisverwertungsverbot unterfielen.
4
Hierzu hat die Strafkammer in dem angegriffenen Urteil festgestellt, dass die Polizei am 6. August 2016 im Zuge von Ermittlungen wegen eines Raubes einen Fahndungsaufruf veröffentlicht habe, in welchem der Tathergang und eine Täterbeschreibung mitgeteilt worden seien. Aufgrund dieses Fahndungsaufrufes habe ein anonymer Anrufer der Polizei (lediglich) mitgeteilt, dass der Angeklagte K. neben einem N. und einer Frau an der Raubtat beteiligt gewesen seien. Gleichwohl habe das Amtsgericht Aachen in Kenntnis des vorangegangenen Fahndungsaufrufs am 9. September 2016 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss gegen den Angeklagten K. und den weiteren benannten Täter N. erlassen. Den insoweit erforderlichen Anfangsverdacht habe es allein auf die Angaben des anonymen Anrufers und den Umstand gestützt, dass eine Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls auf den Beschuldigten N. passe.

5
Die Strafkammer hat die Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnung als willkürlich angesehen, was ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe, so dass die bei der rechtswidrigen Durchsuchung erlangten Beweise in der Hauptverhandlung nicht zu erheben gewesen seien. Weitere Beweismittel, durch die den Angeklagten die ihnen vorgeworfene Tat mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung hätte nachgewiesen werden können, seien nicht vorhanden.

II.

6
Dem auf die Aufklärungsrüge und die allgemeine Sachrüge gestützten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleibt der Erfolg versagt.
7
1. Die auf die unzutreffende Annahme eines Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbots gestützte Aufklärungsrüge (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. März 1995 – 4 StR 77/95, NStZ 1995, 462) ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
8
a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).
9
Rügt der Beschwerdeführer, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes für Beweismittel angenommen, die aufgrund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt worden sind, ist in aller Regel zunächst der Beschluss mitzuteilen, durch den das zuständige Amtsgericht die Wohnungsdurchsuchung angeordnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, NStZ 2011, 471, 472). Fehlt es an einer ausreichenden Darstel- lung der Verdachts- und Beweislage im ermittlungsrichterlichen Beschluss oder wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme im Übrigen konkret in Zweifel gezogen, ist darüber hinaus die Verdachts- und Beweislage, die im Zeitpunkt der Anordnung gegeben war, anhand der Aktenlage zu rekonstruieren und mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17, juris Rn. 17; Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, aaO). Erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung umfassend beurteilen und gegebenenfalls weitergehend prüfen, ob, sollte die ermittlungsrichterliche Anordnung rechtsfehlerhaft sein, aus dem Verfahrensfehler im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Denn über das Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes ist regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte sowie der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104; BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO).
10
b) Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen nicht gerecht. Die Beschwerdeführerin hat die Darstellung der Verfahrenstatsachen auf die von ihr in die Revisionsbegründung eingerückten Urteilsgründe, die vom Senat ohnehin zur Kenntnis zu nehmen sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; KK-StPO/Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN), sowie auf die Wiedergabe von Teilen des Ablaufs der Hauptverhandlung beschränkt. Dies genügt hier nicht.
11
Die Beschwerdeführerin hat bereits den Wortlaut der amtsgerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung vom 9. September 2016 nicht mitgeteilt. Ohne dessen Kenntnis vermag der Senat die Rechtsmäßigkeit des Beschlusses nicht zu beurteilen. Es ist nicht erkennbar, ob sich der Wortlaut der Anordnung in dem im angegriffenen Urteil dargestellten Inhalt erschöpft. Daneben fehlt es an der Mitteilung maßgeblicher Teile des Ermittlungsstandes zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Beschlussfassung. Es mangelt an der Darlegung des Inhalts der anonymen Anzeige und des Fahndungsaufrufs sowie der Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls, sodass der Senat nicht beurteilen kann, ob das Amtsgericht dem Umstand, dass diese Täterbeschreibung auf den weiteren benannten Täter N. passte, zu Recht als ein den anonymen Hinweis stützendes Beweismittel angesehenhat. Zudem hätte es der näheren Darstellung des Verfahrensganges, mithin des Inhalts des Widerspruchs der Verteidigung gegen die von der Staatsanwaltschaft erstrebte Beweiserhebung, sowie des Beschwerdeverfahrens bedurft, in dem das Landgericht Aachen durch Beschluss vom 31. Oktober 2016 die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses festgestellt hat. Ohne Mitteilung des Beschwerdeverfahrens bleibt offen, ob dieses weitere Erkenntnisse zum Ermittlungsverfahren offenbart.
12
2. Die Überprüfung des Urteils auf die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
13
a) Die Urteilsgründe genügen den formellen Anforderungen an einen Freispruch (§ 267 Abs. 5 Satz 1 StPO). Die Strafkammer hat den Anklagevorwurf und die von ihr getroffenen Feststellungen dargelegt, so dass der Senat in die Lage versetzt ist nachzuprüfen, ob der Freispruch auf der Basis der erhobenen Beweise auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht.
14
b) Das Urteil genügt auch den inhaltlichen Anforderungen an ein freisprechendes Urteil. Die Würdigung der erhobenen Beweise ist nicht zu beanstanden. Außerhalb einer zulässigen Verfahrensrüge ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob das Landgericht rechtsfehlerfrei von der Erhebung der bei der Wohnungsdurchsuchung am 16. September 2016 gewonnenen Beweisergebnisse abgesehen hat.
15
c) Die vom Generalbundesanwalt erstrebte sachlich-rechtliche Prüfung, ob die Feststellungen und Wertungen des Tatgerichts die unterbliebene Beweiserhebung rechtfertigen, ist dem Senat auf die hier allein zulässig erhobene Sachrüge demgegenüber nicht eröffnet. Der Umstand, dass die Urteilsgründe Ausführungen dazu enthalten, warum die Beweise zum Ergebnis der Wohnungsdurchsuchung vom 16. September 2016 aus Sicht der Strafkammer nicht erhoben werden durften, befreit die Beschwerdeführerin nicht von der Anbringung einer zulässigen Verfahrensrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2011 – 1 StR 60/11, wistra 2011, 276, 277; Jähnke in Festschrift für MeyerGoßner , 2001, S. 559, 566; Schäfer in Festschrift für Riess, 2002, S. 477, 482).
16
aa) In systematischer Hinsicht gehört das hier in Frage stehende Beweisverwertungsverbot dem Verfahrensrecht an, denn es bestimmt den Umfang des Beweismaterials, den das Tatgericht auf seinem Weg zur Urteilsfindung benutzen darf (BGH, Urteil vom 24. März 1964 – 3 StR 60/63, BGHSt 19, 273, 275; Jähnke, aaO, S. 559 ff. mwN; Mosbacher, NJW 2007, 3686). Die Rüge der Verletzung von Verfahrensnormen unterliegt jedoch der Dispositionsfreiheit des Beschwerdeführers (§ 352 Abs. 1 StPO). Eine nicht gebotene Darstellung im Urteil zu den Verfahrensvorgängen kann das auf die Sachbeschwerde gesetzlich determinierte Prüfungsrecht des Revisionsgerichts nicht erweitern.
17
bb) Neben diese systematischen Bedenken treten weitere Vorbehalte. Die Vermischung von Verfahrens- und Sachrüge birgt insbesondere die Gefahr von Friktionen.
18
(1) Das Tatgericht ist nicht verpflichtet, den für ein Verwertungsverbot relevanten Verfahrensstoff ganz oder teilweise im Urteil festzustellen (Mosbacher , aaO; Jähnke, aaO, S. 562; Schäfer, aaO, S. 482). Eine entsprechende Darstellung ist rechtlich nicht geboten. Die vollständige Wiedergabe der maßgeblichen Verfahrensvorgänge in den Urteilsgründen ist damit nicht gewährleistet. Zudem kann das Tatgericht die zugrundeliegenden Verfahrensvorgänge im Freibeweisverfahren ermitteln, so dass die Verfahrensbeteiligten nur eine eingeschränkte Möglichkeit der Einflussnahme auf den Umfang der „Beweiserhe- bung“haben; § 244 Abs. 3 bis Abs. 5 StPO gelten nicht (Mosbacher, aaO). Hielte man das Revisionsgericht gleichwohl für verpflichtet, auf die Sachrüge die – gegebenenfalls unvollständigen – Urteilsfeststellungen zum Beweisverwertungsgebot zu prüfen, wäre die Gefahr eines unrichtigen Revisionsurteils evident.
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(2) Auf die zulässige Verfahrensrüge überprüft das Revisionsgericht die Verfahrensgrundlagen eines Beweisverwertungsverbots eigenständig im Freibeweis. Seine tatsächliche Sicht der Verfahrensvorgänge ist alleine maßgeblich. Feststellungen des Tatgerichts sind für das Revisionsgericht nicht bindend (OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2008 – 1 Ss 226/07, NJW 2008, 2597, 2598). Die Notwendigkeit einer materiell-rechtlichen Prüfung unmaßgeblicher Urteilsausführungen des Tatgerichts erschließt sich aus revisionsrechtlicher Sicht indes nicht.
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(3) Die materiell-rechtliche Prüfung eines Beweisverwertungsverbots auf der Grundlage der Urteilsausführungen schafft die Gefahr widersprüchlicher Ergebnisse. Ergäbe die Prüfung einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge, dass der Tatrichter ein Beweisverwertungsverbot zutreffend angenommen hat, den Verfahrensstoff für dessen Nichtvorliegen im Urteil jedoch unzureichend dargestellt hätte, hätte das Revisionsgericht die Revision zu verwerfen, da es ausschließen könnte, dass das Urteil auf dem „Darstellungsmangel“ beruhte. Ohne zulässige Verfahrensrüge wäre ihm hingegen der Beruhensausschluss mangels eigener Erkenntnis- und Prüfungsmöglichkeit verwehrt. Das Urteil unterfiele – wenig plausibel – auf die Sachrüge der Aufhebung.
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(4) Ebenso wenig vermag zu überzeugen, dass die Ausführlichkeit der Urteilsgründe zum Verfahrensablauf über die Frage einer möglichen Erstreckung der Revisionsentscheidung auf nichtrevidierende Angeklagte entscheiden soll. Denn im Falle einer erfolgreichen Sachrüge müsste das Revisionsgericht konsequenterweise auch eine mögliche Erstreckung der Entscheidung auf weitere Angeklagte gemäß § 357 StPO in den Blick nehmen (Jähnke, aaO, S. 568; Mosbacher, aaO, S. 3687), während bei einer erfolgreichen Verfahrensrüge eine Erstreckung auf nichtrevidierende Angeklagte nicht stattfindet.
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cc) Soweit die nicht tragenden Ausführungen des 5. Strafsenats in einem Urteil vom 18. April 2007 (5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 287 f.) dahin zu verstehen sein sollten, das Revisionsgericht sei auf die lediglich erhobene Sachrüge möglicherweise befugt, auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu prüfen, ob die Subsumtion des Landgerichts dessen verfahrensrechtliche Folgerungen rechtfertigen, könnte der Senat dem dortigen Ansatz aus den vorstehenden Gründen nicht folgen.
Schäfer Eschelbach Bartel Grube Schmidt

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.