Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 131/18
vom
8. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2018:080818U2STR131.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 4. Juli 2018 in der Sitzung am 8. August 2018, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Schmidt,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger des Angeklagten K. , Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger der Angeklagten D. ,
Justizangestellte in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 7. November 2017 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. und D. vom Vorwurf des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge freigesprochen. Die dagegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

I.

2
Mit der zugelassenen Anklage vom 20. April 2017 hat die Staatsanwaltschaft beiden Angeklagten zur Last gelegt, am 16. September 2016 in der von ihnen gemeinsam bewohnten Wohnung in A. über insgesamt 970,31 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 33,1 g Tetrahydrocannabiol (THC) und 49,25 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von ca. 3,89 g Amphetaminbase und 0,08 g Haschisch sowie eine Ecstasy-Tablette verfügt zu haben. Das Rauschgift habe in der Küche der Wohnung gelagert und sei von den Angeklagten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt gewesen. Des Weiteren habe sich in einem Ausziehfach in der Küchenzeile und damit in unmittelbarer Nähe zu den Betäubungsmitteln gebrauchsbereit eine Schreckschusspistole 9 mm der Marke Dynamit Nobel mit 9-Cs-Reizgaskartuschen im Magazin befunden.
3
Das Landgericht hat sich gehindert gesehen, über das Ergebnis einer Wohnungsdurchsuchung vom 16. September 2016, auf das sich der Anklagevorwurf maßgeblich stützt, Beweis zu erheben und die aufgefundenen Beweismittel zu verwerten, da die Durchsuchung und damit auch die Bekundung der durchsuchenden Beamten einem Beweisverwertungsverbot unterfielen.
4
Hierzu hat die Strafkammer in dem angegriffenen Urteil festgestellt, dass die Polizei am 6. August 2016 im Zuge von Ermittlungen wegen eines Raubes einen Fahndungsaufruf veröffentlicht habe, in welchem der Tathergang und eine Täterbeschreibung mitgeteilt worden seien. Aufgrund dieses Fahndungsaufrufes habe ein anonymer Anrufer der Polizei (lediglich) mitgeteilt, dass der Angeklagte K. neben einem N. und einer Frau an der Raubtat beteiligt gewesen seien. Gleichwohl habe das Amtsgericht Aachen in Kenntnis des vorangegangenen Fahndungsaufrufs am 9. September 2016 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss gegen den Angeklagten K. und den weiteren benannten Täter N. erlassen. Den insoweit erforderlichen Anfangsverdacht habe es allein auf die Angaben des anonymen Anrufers und den Umstand gestützt, dass eine Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls auf den Beschuldigten N. passe.

5
Die Strafkammer hat die Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnung als willkürlich angesehen, was ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe, so dass die bei der rechtswidrigen Durchsuchung erlangten Beweise in der Hauptverhandlung nicht zu erheben gewesen seien. Weitere Beweismittel, durch die den Angeklagten die ihnen vorgeworfene Tat mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung hätte nachgewiesen werden können, seien nicht vorhanden.

II.

6
Dem auf die Aufklärungsrüge und die allgemeine Sachrüge gestützten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleibt der Erfolg versagt.
7
1. Die auf die unzutreffende Annahme eines Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbots gestützte Aufklärungsrüge (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. März 1995 – 4 StR 77/95, NStZ 1995, 462) ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
8
a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).
9
Rügt der Beschwerdeführer, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes für Beweismittel angenommen, die aufgrund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt worden sind, ist in aller Regel zunächst der Beschluss mitzuteilen, durch den das zuständige Amtsgericht die Wohnungsdurchsuchung angeordnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, NStZ 2011, 471, 472). Fehlt es an einer ausreichenden Darstel- lung der Verdachts- und Beweislage im ermittlungsrichterlichen Beschluss oder wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme im Übrigen konkret in Zweifel gezogen, ist darüber hinaus die Verdachts- und Beweislage, die im Zeitpunkt der Anordnung gegeben war, anhand der Aktenlage zu rekonstruieren und mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17, juris Rn. 17; Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, aaO). Erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung umfassend beurteilen und gegebenenfalls weitergehend prüfen, ob, sollte die ermittlungsrichterliche Anordnung rechtsfehlerhaft sein, aus dem Verfahrensfehler im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Denn über das Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes ist regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte sowie der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104; BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO).
10
b) Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen nicht gerecht. Die Beschwerdeführerin hat die Darstellung der Verfahrenstatsachen auf die von ihr in die Revisionsbegründung eingerückten Urteilsgründe, die vom Senat ohnehin zur Kenntnis zu nehmen sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; KK-StPO/Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN), sowie auf die Wiedergabe von Teilen des Ablaufs der Hauptverhandlung beschränkt. Dies genügt hier nicht.
11
Die Beschwerdeführerin hat bereits den Wortlaut der amtsgerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung vom 9. September 2016 nicht mitgeteilt. Ohne dessen Kenntnis vermag der Senat die Rechtsmäßigkeit des Beschlusses nicht zu beurteilen. Es ist nicht erkennbar, ob sich der Wortlaut der Anordnung in dem im angegriffenen Urteil dargestellten Inhalt erschöpft. Daneben fehlt es an der Mitteilung maßgeblicher Teile des Ermittlungsstandes zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Beschlussfassung. Es mangelt an der Darlegung des Inhalts der anonymen Anzeige und des Fahndungsaufrufs sowie der Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls, sodass der Senat nicht beurteilen kann, ob das Amtsgericht dem Umstand, dass diese Täterbeschreibung auf den weiteren benannten Täter N. passte, zu Recht als ein den anonymen Hinweis stützendes Beweismittel angesehenhat. Zudem hätte es der näheren Darstellung des Verfahrensganges, mithin des Inhalts des Widerspruchs der Verteidigung gegen die von der Staatsanwaltschaft erstrebte Beweiserhebung, sowie des Beschwerdeverfahrens bedurft, in dem das Landgericht Aachen durch Beschluss vom 31. Oktober 2016 die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses festgestellt hat. Ohne Mitteilung des Beschwerdeverfahrens bleibt offen, ob dieses weitere Erkenntnisse zum Ermittlungsverfahren offenbart.
12
2. Die Überprüfung des Urteils auf die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
13
a) Die Urteilsgründe genügen den formellen Anforderungen an einen Freispruch (§ 267 Abs. 5 Satz 1 StPO). Die Strafkammer hat den Anklagevorwurf und die von ihr getroffenen Feststellungen dargelegt, so dass der Senat in die Lage versetzt ist nachzuprüfen, ob der Freispruch auf der Basis der erhobenen Beweise auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht.
14
b) Das Urteil genügt auch den inhaltlichen Anforderungen an ein freisprechendes Urteil. Die Würdigung der erhobenen Beweise ist nicht zu beanstanden. Außerhalb einer zulässigen Verfahrensrüge ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob das Landgericht rechtsfehlerfrei von der Erhebung der bei der Wohnungsdurchsuchung am 16. September 2016 gewonnenen Beweisergebnisse abgesehen hat.
15
c) Die vom Generalbundesanwalt erstrebte sachlich-rechtliche Prüfung, ob die Feststellungen und Wertungen des Tatgerichts die unterbliebene Beweiserhebung rechtfertigen, ist dem Senat auf die hier allein zulässig erhobene Sachrüge demgegenüber nicht eröffnet. Der Umstand, dass die Urteilsgründe Ausführungen dazu enthalten, warum die Beweise zum Ergebnis der Wohnungsdurchsuchung vom 16. September 2016 aus Sicht der Strafkammer nicht erhoben werden durften, befreit die Beschwerdeführerin nicht von der Anbringung einer zulässigen Verfahrensrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2011 – 1 StR 60/11, wistra 2011, 276, 277; Jähnke in Festschrift für MeyerGoßner , 2001, S. 559, 566; Schäfer in Festschrift für Riess, 2002, S. 477, 482).
16
aa) In systematischer Hinsicht gehört das hier in Frage stehende Beweisverwertungsverbot dem Verfahrensrecht an, denn es bestimmt den Umfang des Beweismaterials, den das Tatgericht auf seinem Weg zur Urteilsfindung benutzen darf (BGH, Urteil vom 24. März 1964 – 3 StR 60/63, BGHSt 19, 273, 275; Jähnke, aaO, S. 559 ff. mwN; Mosbacher, NJW 2007, 3686). Die Rüge der Verletzung von Verfahrensnormen unterliegt jedoch der Dispositionsfreiheit des Beschwerdeführers (§ 352 Abs. 1 StPO). Eine nicht gebotene Darstellung im Urteil zu den Verfahrensvorgängen kann das auf die Sachbeschwerde gesetzlich determinierte Prüfungsrecht des Revisionsgerichts nicht erweitern.
17
bb) Neben diese systematischen Bedenken treten weitere Vorbehalte. Die Vermischung von Verfahrens- und Sachrüge birgt insbesondere die Gefahr von Friktionen.
18
(1) Das Tatgericht ist nicht verpflichtet, den für ein Verwertungsverbot relevanten Verfahrensstoff ganz oder teilweise im Urteil festzustellen (Mosbacher , aaO; Jähnke, aaO, S. 562; Schäfer, aaO, S. 482). Eine entsprechende Darstellung ist rechtlich nicht geboten. Die vollständige Wiedergabe der maßgeblichen Verfahrensvorgänge in den Urteilsgründen ist damit nicht gewährleistet. Zudem kann das Tatgericht die zugrundeliegenden Verfahrensvorgänge im Freibeweisverfahren ermitteln, so dass die Verfahrensbeteiligten nur eine eingeschränkte Möglichkeit der Einflussnahme auf den Umfang der „Beweiserhe- bung“haben; § 244 Abs. 3 bis Abs. 5 StPO gelten nicht (Mosbacher, aaO). Hielte man das Revisionsgericht gleichwohl für verpflichtet, auf die Sachrüge die – gegebenenfalls unvollständigen – Urteilsfeststellungen zum Beweisverwertungsgebot zu prüfen, wäre die Gefahr eines unrichtigen Revisionsurteils evident.
19
(2) Auf die zulässige Verfahrensrüge überprüft das Revisionsgericht die Verfahrensgrundlagen eines Beweisverwertungsverbots eigenständig im Freibeweis. Seine tatsächliche Sicht der Verfahrensvorgänge ist alleine maßgeblich. Feststellungen des Tatgerichts sind für das Revisionsgericht nicht bindend (OLG Hamburg, Beschluss vom 4. Februar 2008 – 1 Ss 226/07, NJW 2008, 2597, 2598). Die Notwendigkeit einer materiell-rechtlichen Prüfung unmaßgeblicher Urteilsausführungen des Tatgerichts erschließt sich aus revisionsrechtlicher Sicht indes nicht.
20
(3) Die materiell-rechtliche Prüfung eines Beweisverwertungsverbots auf der Grundlage der Urteilsausführungen schafft die Gefahr widersprüchlicher Ergebnisse. Ergäbe die Prüfung einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge, dass der Tatrichter ein Beweisverwertungsverbot zutreffend angenommen hat, den Verfahrensstoff für dessen Nichtvorliegen im Urteil jedoch unzureichend dargestellt hätte, hätte das Revisionsgericht die Revision zu verwerfen, da es ausschließen könnte, dass das Urteil auf dem „Darstellungsmangel“ beruhte. Ohne zulässige Verfahrensrüge wäre ihm hingegen der Beruhensausschluss mangels eigener Erkenntnis- und Prüfungsmöglichkeit verwehrt. Das Urteil unterfiele – wenig plausibel – auf die Sachrüge der Aufhebung.
21
(4) Ebenso wenig vermag zu überzeugen, dass die Ausführlichkeit der Urteilsgründe zum Verfahrensablauf über die Frage einer möglichen Erstreckung der Revisionsentscheidung auf nichtrevidierende Angeklagte entscheiden soll. Denn im Falle einer erfolgreichen Sachrüge müsste das Revisionsgericht konsequenterweise auch eine mögliche Erstreckung der Entscheidung auf weitere Angeklagte gemäß § 357 StPO in den Blick nehmen (Jähnke, aaO, S. 568; Mosbacher, aaO, S. 3687), während bei einer erfolgreichen Verfahrensrüge eine Erstreckung auf nichtrevidierende Angeklagte nicht stattfindet.
22
cc) Soweit die nicht tragenden Ausführungen des 5. Strafsenats in einem Urteil vom 18. April 2007 (5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 287 f.) dahin zu verstehen sein sollten, das Revisionsgericht sei auf die lediglich erhobene Sachrüge möglicherweise befugt, auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu prüfen, ob die Subsumtion des Landgerichts dessen verfahrensrechtliche Folgerungen rechtfertigen, könnte der Senat dem dortigen Ansatz aus den vorstehenden Gründen nicht folgen.
Schäfer Eschelbach Bartel Grube Schmidt

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 352 Umfang der Urteilsprüfung


(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind. (2) Eine we

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2012 - 4 StR 493/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 493/11 vom 24. Januar 2012 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesan

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2007 - 5 StR 546/06

bei uns veröffentlicht am 18.04.2007

Nachschlagewerk ja BGHSt ja Veröffentlichung ja Art. 13 Abs. 2 GG; § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO Eine bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen bestehenden Richtervorbehalts kann

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2011 - 1 StR 60/11

bei uns veröffentlicht am 16.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 60/11 vom 16. März 2011 in der Strafsache gegen wegen Betruges Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2011 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-F

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2011 - 3 StR 337/10

bei uns veröffentlicht am 13.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 337/10 vom 13. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Januar 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender R

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2018 - 3 StR 400/17

bei uns veröffentlicht am 08.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 400/17 vom 8. Februar 2018 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja –––––––––––––––––––––––––– StPO § 100i Abs. 1 Nr. 2 Rechtsgrundlage für das Versenden sogenannter "stiller SMS" durch die Erm

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 1 4 0 / 1 4 vom 10. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014, an der teilgenommen
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2018 - 2 StR 131/18.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2019 - 5 StR 464/19

bei uns veröffentlicht am 12.12.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 464/19 vom 12. Dezember 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2019:121219B5STR464.19.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2019 - 1 StR 250/19

bei uns veröffentlicht am 25.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 250/19 vom 25. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2019:250719B1STR250.19.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2018 - 4 StR 135/18

bei uns veröffentlicht am 27.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 135/18 vom 27. September 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:270918U4STR135.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgeri

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18

bei uns veröffentlicht am 19.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 247/18 vom 19. Dezember 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. Zu 1: wegen versuchten Totschlags u.a. Zu 2: wegen Bildung bewaffneter Gruppen u.a. ECLI:DE:BGH:2018:191218B2STR247.18.1 Der 2. Strafsenat des Bundes

Referenzen

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 493/11
vom
24. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. Januar 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 8. April 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die angeordnete Einziehung der Plastikdose mit blauem Deckel, des Küchenmessers und der Schachtel mit Röhrchen D + G aufgehoben wird; diese Einziehungsanordnung entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Die Rüge, das Landgericht habe die §§ 250, 251 StPO durch die Verlesung des Protokolls der polizeilichen Vernehmung des Zeugen Ba. vom 8. April 2010 verletzt, greift nicht durch. Die Angaben des Zeugen, der in der Hauptverhandlung gemäß § 55 StPO die Auskunft verweigert hat, sind durch Vernehmung der Zeugen KHK S. und KHK B. in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Das Vernehmungsprotokoll vom 8. April 2010 ist ausweislich der Urteilsgründe zum Zwecke der Feststellung der inhaltlichen Übereinstimmung der Angaben der Zeugen KHK S. und KHK B. mit diesem Protokoll verlesen worden, nachdem sich in der Hauptverhandlung Zweifel an der Zuverlässigkeit des Zeugen KHK S. ergeben hatten. Da somit das Landgericht die Aussage des Zeugen Ba. rechtsfehlerfrei durch die Verneh- mung der Vernehmungsbeamten und nicht durch die Verlesung des Protokolls „ersetzt“ und die Verlesung lediglich der Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen KHK S. gedient hat, ist der in § 250 StPO niedergelegte Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht verletzt.
2. Die Verfahrensrüge, mit der ein Verstoß gegen § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO und ein Verwertungsverbot für die im Zuge der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel geltend gemacht wird, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision teilt den Inhalt des polizeilichen Vermerks vom 26. Januar 2010 nicht mit, auf den in den Gründen des Durchsuchungsbeschlusses ergänzend Bezug genommen wird. Jedenfalls für die Frage, ob eine Rechtswidrigkeit des Beschlusses ein Verwertungsverbot für die bei der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel nach sich zöge, käme es auf den Inhalt dieses Vermerks an (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289 f.).
3. Die Anordnung der Einziehung der Plastikdose mit blauem Deckel, des Küchenmessers und der Schachtel mit Röhrchen D + G hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Aus dem Urteil ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Gegenstände durch eine vorsätzliche Straftat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. Soweit das Landgericht die Gegenstände als „Konsumutensilien“ bezeichnet hat (UA S. 44), fehlt es an einer Begründung hierfür. Bei den in Rede stehenden Gegenständen erschließt sich eine solche Zweckbestimmung auch nicht ohne Weiteres. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Umstände festgestellt werden könnten, welche die Einziehung rechtfertigen würden. Er sieht deshalb von einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht ab und lässt die Einziehung entfallen.
Ernemann Roggenbuck Franke Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 337/10
vom
13. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 3. Mai 2010 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.


1
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, er sei am 11. März 2009 gegen 20.40 Uhr in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit zwei unbekannten Personen in einem von ihm gesteuerten Pkw zu einer Tankstelle in S. gefahren, um diese zu überfallen. Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend habe er im Pkw gewartet, während sich seine Mittäter in die Tankstelle begeben und die dort anwesende Kassiererin mit einem Elektroschockgerät bedroht hätten, weshalb sich diese der Mitnahme der Kasse mit 1.457 € Bargeld nicht widersetzt habe. Anschließend habe der Angeklagte die beiden Unbekannten wieder in den Pkw aufgenommen und sei mit ihnen geflohen. Die Beute habe man unter sich aufgeteilt.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten von diesem Vorwurf des besonders schweren Raubes freigesprochen. Es hat zwar einen äußeren Geschehensablauf wie in der Anklage beschrieben festgestellt, sich aber nicht davon überzeugen können, dass es der Angeklagte war, der als der dritte Täter das Fluchtfahrzeug steuerte. Wohl gebe es Beweisanzeichen für die Täterschaft des schweigenden Angeklagten. Neben dem Standort des Fluchtfahrzeugs sei ein "frischer" Zigarettenrest mit DNA-Spuren nach dem Muster des Angeklagten sichergestellt worden, außerdem hätten zwei Zeugen das Fluchtfahrzeug als dunkel und mit kurzem Heck beschrieben, was auf den Pkw des Angeklagten zutreffe. Indes blieben bei zusammenfassender Würdigung Zweifel deshalb, weil sich der Fundort des Zigarettenrests, dessen genaue Altersbestimmung nicht möglich sei, neben der örtlichen Durchgangsstraße befinde, so dass der Angeklagte ihn auch im Vorbeifahren weggeworfen haben könnte. Die auf eine Vielzahl von Fahrzeugen zutreffende Beschreibung des Pkw habe ohnehin nur sehr geringen Beweiswert.
3
Gegen den Freispruch wendet sich die auf die Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

II.


4
Die Rüge, das Landgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, die beim Diensteanbieter (§ 3 Nr. 6 Buchst. a TKG) erhobenen Verkehrsdaten des Mobiltelefons des Angeklagten für den Zeitraum der Tat in die Hauptverhandlung einzuführen, ist unzulässig.
5
1. Der Rüge liegt zugrunde:
6
Am 11. Juni 2009 ordnete das Amtsgericht Verden im Ermittlungsverfahren die Erhebung der beim Diensteanbieter gespeicherten Verkehrsdaten des Mobiltelefonanschlusses des Angeklagten (§ 3 Nr. 30 TKG) für den Zeitraum 11. März 2009, 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr, an. Am 23. Juni 2009 übermittelte der Diensteanbieter die entsprechenden Daten an die zuständige Polizeibehörde und teilte mit, die Auskunft enthalte "sämtliche Daten, die gemäß § 113a TKG seit dem 01. 01. 2008 für 180 Tage erhoben und gespeichert werden".
7
In der Hauptverhandlung am 30. April 2010 beantragte die Staatsanwaltschaft , zum Beweis dafür, dass der Angeklagte "sich am 11. März 2009 zwischen 20.00 Uhr und 21.25 Uhr dem Tatort näherte und sich … um 20.25 Uhr … im Bereich des Tatorts befand …", im Wege des Urkundenbeweises die vom Diensteanbieter in einer Datei übermittelten Verkehrsdaten zu verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung einzuführen, "hilfsweise den zuständigen Sachbearbeiter" zu vernehmen. Das Landgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 3. Mai 2010 zurück. Die beantragte Beweiserhebung sei unzulässig, denn die erhobenen Standortdaten seien aus Rechtsgründen nicht verwertbar. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08 u.a., NJW 2010, 833) die §§ 113a, 113b TKG insgesamt und § 100g StPO insoweit für nichtig erklärt, als nach § 113a TKG gespeicherte Verkehrsdaten erhoben werden dürfen. Damit scheide auch die einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 11. März 2008 (1 BvR 256/08, BVerfGE 121, 1; im Folgenden bis zur Entscheidung in der Hauptsache verlängert) als wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung der Daten aus. Nach Abwägung der Interessen der Strafverfolgung und des individuellen Grundrechtsschutzes des Angeklagten (Art. 10 Abs. 1 GG) sei ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen.
8
2. Gegen die Ablehnung ihres Antrags wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Aufklärungsrüge (a). Diese genügt nicht den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (b).
9
a) Ist ein Beschwerdeführer der Ansicht, der Tatrichter habe einen Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt, so steht es ihm grundsätzlich frei, entweder die Verletzung des Beweisantragsrechts zu rügen oder geltend zu machen, das Gericht habe durch die Nichterhebung des Beweises seine aus § 244 Abs. 2 StPO folgende Aufklärungspflicht verletzt (BGH, Urteil vom 25. März 1998 - 3 StR 686/97, NJW 1998, 2229; Urteil vom 11. September 1997 - 4 StR 287/97, NStZ 1998, 79; Urteil vom 18. Januar 1984 - 2 StR 360/83, NStZ 1984, 329). Hier hat sich die Beschwerdeführerin für eine Aufklärungsrüge entschieden. Sie verweist darauf, dass das Landgericht die beantragte Beweiserhebung von Amts wegen hätte vornehmen müssen, und bezeichnet § 244 Abs. 2 StPO als verletzt. Für die Erhebung der Aufklärungsrüge spricht im Übrigen auch, dass es zumindest zweifelhaft erscheint, ob der Antrag vom 30. April 2010 überhaupt als Beweisantrag zu werten ist, denn zum einen spricht das genannte Beweisthema (Aufenthalt des Angeklagten zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts ) eher für die Darlegung eines Beweisziels als für die konkrete Behauptung eines Beweisertrags, der durch die Nutzung der benannten Beweismittel unmittelbar erlangt werden kann; zum anderen teilt der Antrag nicht mit, beim Eintritt welcher Bedingung der "hilfsweise" benannte - weder nach Namen noch nach Funktion näher individualisierte - Zeuge vernommen werden soll.
10
b) Die Erhebung einer zulässigen Aufklärungsrüge setzt unter anderem voraus, dass der Beschwerdeführer die Umstände mitteilt, aufgrund derer sich der Tatrichter zu der beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 81 mwN). Wird beanstandet, dass eine Urkunde nicht verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, so ist es daher in aller Regel erforderlich , dass die Revision den Wortlaut der Urkunde wiedergibt (Becker in: Löwe -Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 368 mwN); denn nur dann ist das Revisionsgericht in der Lage zu prüfen, ob sich das Tatgericht aufgrund seiner Aufklärungspflicht zur Beweisaufnahme über den Urkundeninhalt hätte gedrängt sehen müssen.
11
Danach entspricht die von der Beschwerdeführerin erhobene Aufklärungsrüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Beschwerdeführerin teilt den Wortlaut der Urkunde, deren Verlesung sie vermisst, nicht mit. Es entzieht sich deshalb einer Überprüfung durch den Senat, ob die Verlesung überhaupt zur Sachaufklärung hätte beitragen können (vgl. MeyerGoßner aaO Rn. 13).
12
Die Darstellung des Urkundeninhalts war hier auch nicht etwa deswegen entbehrlich, weil "hilfsweise" die Vernehmung eines Zeugen zum selben Beweisthema beantragt worden war; denn dieser sollte ersichtlich allein Angaben zu der in der Urkunde enthaltenen Auskunft des Diensteanbieters machen.
13
Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin auch nicht den Inhalt des Beschlusses vom 11. Juni 2009 mitteilt, durch den das Amtsgericht Verden die Erhebung der Verkehrsdaten angeordnet hatte. Auch dies wäre erforderlich gewesen. Das Landgericht musste sich nur dann zur Einführung der Verkehrsdaten in die Hauptverhandlung gedrängt sehen, wenn diese unter den gesetzlichen Voraussetzungen nach Maßgabe der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts rechtmäßig erhoben worden und daher verwertbar waren. Ohne Kenntnis des Anordnungsbeschlusses vermag der Senat dies eben- falls nicht zu prüfen. Zwar hat die Revision den Ablehnungsbeschluss des Landgerichts vom 3. Mai 2010 vorgelegt, in dem sich Ausführungen zum Inhalt des Anordnungsbeschlusses finden. Dem Senat ist aber nicht erkennbar, ob sich der Wortlaut der Anordnung in dem dort wiedergegebenen Inhalt erschöpft. Sollte das der Fall sein, wäre ihm mangels hinreichender Begründung der Anordnung und fehlender Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses durch das Landgericht deren eigenständige Beurteilung im Revisionsverfahren nicht möglich. In diesem Falle hätte die Beschwerdeführerin zusätzlich den Ermittlungsstand zum Zeitpunkt der Anordnung mitteilen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2002 - 3 StR 122/02, BGHSt 47, 362, 365 ff.).

III.


14
Die Überprüfung des Urteils auf die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge lässt keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten erkennen.
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Mayer
17
In Bezug auf die Überprüfung der Verwertbarkeit von Erkenntnissen aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gilt, dass dem eine solche Maßnahme anordnenden Richter bei der Prüfung nach § 100a StPO, ob ein auf bestimmte Tatsachen gestützter Tatverdacht gegeben ist und der Subsidiaritätsgrundsatz nicht entgegensteht, ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Nachprüfung durch den Tatrichter - und durch das Revisionsgericht -, ob die Anordnung rechtmäßig war und die Ergebnisse der Überwachung verwertbar sind, ist daher auf den Maßstab der Vertretbarkeit beschränkt (BGH, Urteil vom 16. Februar 1995 - 4 StR 729/94, BGHSt 41, 30, 33 f.). Ist die Darstellung der Verdachts- und Beweislage im ermittlungsrichterlichen Beschluss plausibel, kann sich der erkennende Richter in der Regel hierauf verlassen. Fehlt es jedoch an einer ausreichenden Begründung oder wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme konkret in Zweifel gezogen, hat der erkennende Richter die Verdachts - und Beweislage, die im Zeitpunkt der Anordnung gegeben war, anhand der Akten zu rekonstruieren und auf dieser Grundlage die Verwertbarkeit zu untersuchen. War die Überwachung der Telekommunikation in einem anderen Verfahren angeordnet worden, hat er hierzu in der Regel die Akten dieses Verfahrens beizuziehen (BGH, Beschluss vom 1. August 2002 - 3 StR 122/02, BGHSt 47, 362, 367). Um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob die jeweiligen Anordnungen der Überwachungsmaßnahmen ausreichend und plausibel begründet waren und das Kammergericht sich mangels konkreter Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnungsbeschlüsse auf deren Begründungen verlassen durfte, hätte der Revisionsführer jedenfalls alle in den hiesigen Verfahrensakten enthaltenen ermittlungsrichterlichen Beschlüsse mitteilen müssen. Daran fehlt es hier, weil die gegen den gesondert Verfolgten A. erlassenen Beschlüsse 6 BGs 83/14 vom 8. April 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 113), 6 BGs 260/14 vom 30. Dezember 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 122), 6 BGs 80/14 vom 8. April 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 124), 6 BGs 141/14 vom 7. Juli 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 127), 6 BGs 202/14 vom 7. Oktober 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 130) und 6 BGs 259/14 vom 30. Dezember 2014 (Sbd. TKÜ Haftbefehl Bl. 133) nicht vorgelegt werden. Auch der ermittlungsrichterliche Beschluss vom 16. Juli 2015 - 6 BGs 251/15 - aus dem gegen K. geführten Verfahren ist Bestandteil der hiesigen Verfahrensakten (Sbd. Kontakte D. - K. Bl. 83), wird jedoch von der Revision nicht mitgeteilt. Und schließlich legt der Beschwerdeführer nicht dar, welche Teile aus verfahrensfremden Akten Bestandteil der hiesigen Verfahrensakten geworden sind. Damit ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob das Kammergericht bereits aufgrund der entsprechenden Akteninhalte die Rechtmäßigkeit der verfahrensfremden ermittlungsrichterlichen Anordnungen kontrollieren konnte oder ob es darüber hinaus die vollständigen Akten hätte beiziehen müssen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 337/10
vom
13. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 3. Mai 2010 wird verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.


1
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, er sei am 11. März 2009 gegen 20.40 Uhr in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit zwei unbekannten Personen in einem von ihm gesteuerten Pkw zu einer Tankstelle in S. gefahren, um diese zu überfallen. Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend habe er im Pkw gewartet, während sich seine Mittäter in die Tankstelle begeben und die dort anwesende Kassiererin mit einem Elektroschockgerät bedroht hätten, weshalb sich diese der Mitnahme der Kasse mit 1.457 € Bargeld nicht widersetzt habe. Anschließend habe der Angeklagte die beiden Unbekannten wieder in den Pkw aufgenommen und sei mit ihnen geflohen. Die Beute habe man unter sich aufgeteilt.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten von diesem Vorwurf des besonders schweren Raubes freigesprochen. Es hat zwar einen äußeren Geschehensablauf wie in der Anklage beschrieben festgestellt, sich aber nicht davon überzeugen können, dass es der Angeklagte war, der als der dritte Täter das Fluchtfahrzeug steuerte. Wohl gebe es Beweisanzeichen für die Täterschaft des schweigenden Angeklagten. Neben dem Standort des Fluchtfahrzeugs sei ein "frischer" Zigarettenrest mit DNA-Spuren nach dem Muster des Angeklagten sichergestellt worden, außerdem hätten zwei Zeugen das Fluchtfahrzeug als dunkel und mit kurzem Heck beschrieben, was auf den Pkw des Angeklagten zutreffe. Indes blieben bei zusammenfassender Würdigung Zweifel deshalb, weil sich der Fundort des Zigarettenrests, dessen genaue Altersbestimmung nicht möglich sei, neben der örtlichen Durchgangsstraße befinde, so dass der Angeklagte ihn auch im Vorbeifahren weggeworfen haben könnte. Die auf eine Vielzahl von Fahrzeugen zutreffende Beschreibung des Pkw habe ohnehin nur sehr geringen Beweiswert.
3
Gegen den Freispruch wendet sich die auf die Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

II.


4
Die Rüge, das Landgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, die beim Diensteanbieter (§ 3 Nr. 6 Buchst. a TKG) erhobenen Verkehrsdaten des Mobiltelefons des Angeklagten für den Zeitraum der Tat in die Hauptverhandlung einzuführen, ist unzulässig.
5
1. Der Rüge liegt zugrunde:
6
Am 11. Juni 2009 ordnete das Amtsgericht Verden im Ermittlungsverfahren die Erhebung der beim Diensteanbieter gespeicherten Verkehrsdaten des Mobiltelefonanschlusses des Angeklagten (§ 3 Nr. 30 TKG) für den Zeitraum 11. März 2009, 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr, an. Am 23. Juni 2009 übermittelte der Diensteanbieter die entsprechenden Daten an die zuständige Polizeibehörde und teilte mit, die Auskunft enthalte "sämtliche Daten, die gemäß § 113a TKG seit dem 01. 01. 2008 für 180 Tage erhoben und gespeichert werden".
7
In der Hauptverhandlung am 30. April 2010 beantragte die Staatsanwaltschaft , zum Beweis dafür, dass der Angeklagte "sich am 11. März 2009 zwischen 20.00 Uhr und 21.25 Uhr dem Tatort näherte und sich … um 20.25 Uhr … im Bereich des Tatorts befand …", im Wege des Urkundenbeweises die vom Diensteanbieter in einer Datei übermittelten Verkehrsdaten zu verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung einzuführen, "hilfsweise den zuständigen Sachbearbeiter" zu vernehmen. Das Landgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 3. Mai 2010 zurück. Die beantragte Beweiserhebung sei unzulässig, denn die erhobenen Standortdaten seien aus Rechtsgründen nicht verwertbar. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 2. März 2010 (1 BvR 256/08 u.a., NJW 2010, 833) die §§ 113a, 113b TKG insgesamt und § 100g StPO insoweit für nichtig erklärt, als nach § 113a TKG gespeicherte Verkehrsdaten erhoben werden dürfen. Damit scheide auch die einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 11. März 2008 (1 BvR 256/08, BVerfGE 121, 1; im Folgenden bis zur Entscheidung in der Hauptsache verlängert) als wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung der Daten aus. Nach Abwägung der Interessen der Strafverfolgung und des individuellen Grundrechtsschutzes des Angeklagten (Art. 10 Abs. 1 GG) sei ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen.
8
2. Gegen die Ablehnung ihres Antrags wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Aufklärungsrüge (a). Diese genügt nicht den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (b).
9
a) Ist ein Beschwerdeführer der Ansicht, der Tatrichter habe einen Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt, so steht es ihm grundsätzlich frei, entweder die Verletzung des Beweisantragsrechts zu rügen oder geltend zu machen, das Gericht habe durch die Nichterhebung des Beweises seine aus § 244 Abs. 2 StPO folgende Aufklärungspflicht verletzt (BGH, Urteil vom 25. März 1998 - 3 StR 686/97, NJW 1998, 2229; Urteil vom 11. September 1997 - 4 StR 287/97, NStZ 1998, 79; Urteil vom 18. Januar 1984 - 2 StR 360/83, NStZ 1984, 329). Hier hat sich die Beschwerdeführerin für eine Aufklärungsrüge entschieden. Sie verweist darauf, dass das Landgericht die beantragte Beweiserhebung von Amts wegen hätte vornehmen müssen, und bezeichnet § 244 Abs. 2 StPO als verletzt. Für die Erhebung der Aufklärungsrüge spricht im Übrigen auch, dass es zumindest zweifelhaft erscheint, ob der Antrag vom 30. April 2010 überhaupt als Beweisantrag zu werten ist, denn zum einen spricht das genannte Beweisthema (Aufenthalt des Angeklagten zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts ) eher für die Darlegung eines Beweisziels als für die konkrete Behauptung eines Beweisertrags, der durch die Nutzung der benannten Beweismittel unmittelbar erlangt werden kann; zum anderen teilt der Antrag nicht mit, beim Eintritt welcher Bedingung der "hilfsweise" benannte - weder nach Namen noch nach Funktion näher individualisierte - Zeuge vernommen werden soll.
10
b) Die Erhebung einer zulässigen Aufklärungsrüge setzt unter anderem voraus, dass der Beschwerdeführer die Umstände mitteilt, aufgrund derer sich der Tatrichter zu der beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 81 mwN). Wird beanstandet, dass eine Urkunde nicht verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, so ist es daher in aller Regel erforderlich , dass die Revision den Wortlaut der Urkunde wiedergibt (Becker in: Löwe -Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 368 mwN); denn nur dann ist das Revisionsgericht in der Lage zu prüfen, ob sich das Tatgericht aufgrund seiner Aufklärungspflicht zur Beweisaufnahme über den Urkundeninhalt hätte gedrängt sehen müssen.
11
Danach entspricht die von der Beschwerdeführerin erhobene Aufklärungsrüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Beschwerdeführerin teilt den Wortlaut der Urkunde, deren Verlesung sie vermisst, nicht mit. Es entzieht sich deshalb einer Überprüfung durch den Senat, ob die Verlesung überhaupt zur Sachaufklärung hätte beitragen können (vgl. MeyerGoßner aaO Rn. 13).
12
Die Darstellung des Urkundeninhalts war hier auch nicht etwa deswegen entbehrlich, weil "hilfsweise" die Vernehmung eines Zeugen zum selben Beweisthema beantragt worden war; denn dieser sollte ersichtlich allein Angaben zu der in der Urkunde enthaltenen Auskunft des Diensteanbieters machen.
13
Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin auch nicht den Inhalt des Beschlusses vom 11. Juni 2009 mitteilt, durch den das Amtsgericht Verden die Erhebung der Verkehrsdaten angeordnet hatte. Auch dies wäre erforderlich gewesen. Das Landgericht musste sich nur dann zur Einführung der Verkehrsdaten in die Hauptverhandlung gedrängt sehen, wenn diese unter den gesetzlichen Voraussetzungen nach Maßgabe der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts rechtmäßig erhoben worden und daher verwertbar waren. Ohne Kenntnis des Anordnungsbeschlusses vermag der Senat dies eben- falls nicht zu prüfen. Zwar hat die Revision den Ablehnungsbeschluss des Landgerichts vom 3. Mai 2010 vorgelegt, in dem sich Ausführungen zum Inhalt des Anordnungsbeschlusses finden. Dem Senat ist aber nicht erkennbar, ob sich der Wortlaut der Anordnung in dem dort wiedergegebenen Inhalt erschöpft. Sollte das der Fall sein, wäre ihm mangels hinreichender Begründung der Anordnung und fehlender Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses durch das Landgericht deren eigenständige Beurteilung im Revisionsverfahren nicht möglich. In diesem Falle hätte die Beschwerdeführerin zusätzlich den Ermittlungsstand zum Zeitpunkt der Anordnung mitteilen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2002 - 3 StR 122/02, BGHSt 47, 362, 365 ff.).

III.


14
Die Überprüfung des Urteils auf die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge lässt keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten erkennen.
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 60/11
vom
16. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 4. Oktober 2010 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen zahlreicher Betrugsdelikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Landgericht hat das Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bejaht, da der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat. Ob der Angeklagte die Taten auch als Mitglied einer Bande begangen hat, ist durch die Strafkammer nicht erörtert worden.
2
In den Urteilsgründen wird gemäß § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO angegeben, dass dem Urteil eine Verständigung (§ 257c StPO) vorausgegangen ist. Dem Urteil (insbesondere UA S. 72) ist weiter zu entnehmen, dass sich die Verständigung auch darauf erstreckte, dass die Taten abweichend von der Anklageschrift nicht bandenmäßig begangen wurden (im Hauptverhandlungsprotokoll heißt es u.a.: "… bei einem vollumfänglichen Geständnis … ohne Bandenabrede …").
3
Der Senat sieht daher (vgl. auch BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 1 StR 52/11) Anlass darauf hinzuweisen, dass der Schuldspruch nicht Gegenstand einer Verständigung sein darf (§ 257c Abs. 2 Satz 3 StPO) und dass auch die Staatsanwaltschaft darauf hinzuwirken hat, dass das Gesetz beachtet wird (vgl. RiStBV Nr. 127 Abs. 1 Satz 1). Der in Betracht kommende § 263 Abs. 5 StGB ist eine Qualifikation und betrifft daher den Schuldspruch. Eine Verständigung darüber, dass keine bandenmäßige Begehung vorliegt, ist in diesem Fall, in dem es nicht nur um eine strafzumessungsrelevante Feststellung geht, unzulässig (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 359/10, StV 2011, 78, 79).
4
Gleichwohl ist die Beweiswürdigung im vorliegenden Fall rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat keine Verfahrensrüge erhoben. Er hat weder eine Verletzung des § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO beanstandet , noch ein Verwertungsverbot gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO geltend gemacht. Auch wenn in den Urteilsgründen, ohne dass dies erforderlich wäre (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10, NStZ 2011, 170, 171; BGH, Beschluss vom 19. August 2010 - 3 StR 226/10, StV 2011, 76, 78), Einzelheiten der Verständigung mitgeteilt werden, bedarf es zur Beanstandung der Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 257c StPO der Erhebung einer formgerechten (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Verfahrensrüge (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - 3 StR 528/09, StV 2010, 227). Der Umstand , dass das Revisionsgericht im Rahmen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bei zugleich erhobener umfassender Sachrüge den Urteilsinhalt ergänzend berücksichtigen kann (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99; BGHSt 45, 203, 204 f.), befreit nicht von der Anbringung einer Verfahrensrüge. Da eine solche nicht erhoben ist, ist die Beweiswürdigung schon deshalb nicht auf eine Verletzung des Verwertungsverbots des Geständnisses zu überprüfen.
5
Hinzu kommt, dass ohnehin kein Verwertungsverbot gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO vorliegt. Bei einer, wenn auch fehlerhaften, Verständigung, besteht ein Verwertungsverbot nach dem Gesetz nur "in diesen Fällen", d.h. in den in § 257c Abs. 4 Sätze 1 und 2 StPO aufgeführten Fällen. Gemeint sind Konstellationen, in denen sich das Gericht von der Verständigung lösen will. Wenn die "Vertragsgrundlage" für das Geständnis entfallen ist, erfordert das Gebot der Verfahrensfairness, dass auch dieses keinen Bestand mehr hat. Bindung des Gerichts und Geständnis des Angeklagten stehen in einer Wechselbeziehung , die das Gericht nicht folgenlos einseitig auflösen kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 257c Rn. 28).
6
Im vorliegenden Fall hat sich das Gericht aber nicht einseitig von der Verständigung gelöst, sondern diese in vollem Umfang eingehalten, weshalb der Revisionsführer auch keine derartige Rüge erhoben hat. Ein Verwertungsverbot - diese Wirkung knüpft das Gesetz allein an das Scheitern der Verständigung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2010 - 3 StR 226/10, StV 2011, 76, 77) - besteht daher nicht.
7
Auch im Übrigen weist die Beweiswürdigung keinen Rechtsfehler auf. Das vom Verteidiger vor dem Tatgericht vorgetragene "schlanke" Geständnis, wozu der Angeklagte erklärte, "dass er die Erklärung seines Verteidigers als seine eigene Einlassung verstanden wissen wolle" (UA S. 73), ist jedenfalls insoweit rechtsfehlerfrei als glaubhaft angesehen worden, als der Angeklagte die Begehung der Taten zugegeben hat. Das Landgericht hat eine Beweisaufnahme durchgeführt und sich von der Richtigkeit des Geständnisses insoweit über- zeugt und dies ohne Rechtsfehler begründet. Dass der Angeklagte nicht gemäß § 263 Abs. 5 StGB verurteilt wurde, beschwert ihn nicht.
8
Das Landgericht erwähnt bei der Begründung der Gesamtfreiheitsstrafe in den Urteilsgründen u.a. (UA S. 83/84), dass im Rahmen der Verständigung "Einigkeit darüber bestand, dass für den Fall, dass der Angeklagte geständig ist, eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als fünf Jahren und zehn Monaten zu verhängen wäre" (im Hauptverhandlungsprotokoll heißt es: "… eine Gesamtfreiheitsstrafe zu verhängen sein wird, die fünf Jahre und zehn Monate nicht übersteigt"). Eine Mindeststrafe wird nicht genannt. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass bei Mitteilung eines möglichen Verfahrensergebnisses (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO) stets ein Strafrahmen, also Strafober- und Strafuntergrenze anzugeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 1 StR 359/10, NStZ 2011, 170). Es ist jedoch nicht ersichtlich, wie sich hier ein (etwaiger und auch nicht gerügter) Verfahrensfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben könnte. Insbesondere hat der Senat nicht die Besorgnis, wegen der nicht genannten Strafuntergrenze könne sich die Strafkammer auf eine nicht zulässige "Punktstrafe" festgelegt haben (vgl. Senatsbeschluss aaO).
9
Die Strafkammer hat im Übrigen sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe ausführlich und rechtsfehlerfrei begründet. Bedenken, die Strafzumessungserwägungen seien nicht ernst gemeint, sondern sollten lediglich die bereits feststehende Strafe begründen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 359/10, StV 2011, 78, 79), hat der Senat nicht. Über die Einzelstrafen wurde sich nicht verständigt und bezüglich der Gesamtstrafe ist nach der Formulierung "nicht mehr als" nicht davon auszugehen, dass sich die Strafkammer auf eine nicht zulässige "Punktstrafe" (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 345/10, NStZ 2010, 650) festgelegt hat. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind.

(2) Eine weitere Begründung der Revisionsanträge als die in § 344 Abs. 2 vorgeschriebene ist nicht erforderlich und, wenn sie unrichtig ist, unschädlich.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Nachschlagewerk ja
BGHSt ja
Veröffentlichung ja
Eine bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung
der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen
bestehenden Richtervorbehalts kann die Annahme
eines Verbots der Verwertung bei der Durchsuchung gewonnener
Beweismittel rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 18. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. April 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sch.
alsVerteidigerfürdenAngeklagten R. ,
Rechtsanwalt H. ,
Rechtsanwalt Z.
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten G. ,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch den Angeklagten R. und G. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Angeklagte R. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen diesen Angeklagten hat die Strafkammer ferner den Verfall von 1.000 Euro angeordnet. Den Mitangeklagten G. hat das Landgericht von dem Vorwurf freigesprochen, in zwei Fällen ohne Erlaubnis mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Mit ihren vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Freisprechung des Angeklagten G. und beanstandet bezüglich des Angeklagten R. , dass dieser Angeklagte nicht wegen vollendeten unerlaubten Handeltreibens verurteilt worden ist. Der Ange- klagte R. wendet sich mit der allgemein erhobenen Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sämtliche Rechtsmittel bleiben erfolglos.
2
1. Den Angeklagten liegt Folgendes zur Last:
3
a) Der Angeklagte G. erwarb über 50.000 Ecstasy Tabletten (Wirkstoffgehalt über 3 kg MDMA) und verwahrte sie zum gewinnbringenden Weiterverkauf in der vom Zeugen B. vermieteten Wohnung in der F. Straße in B . G. gab dem Angeklagten R. am 16. Februar 2004 1.000 Euro gegen das Versprechen, aus der Wohnung eine Tüte voller Betäubungsmittel zu holen und diese in den Kofferraum eines in der Nähe geparkten Pkw zu verbringen (Anklagevorwurf 1).
4
b) Der Angeklagte G. erwarb später 3,5 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 412 g THC) und verwahrte dieses zum beabsichtigten gewinnbringenden Weiterverkauf bis zum 18. Februar 2005 in einer Wohnung in der P. - straße in B. (Anklagevorwurf 2).
5
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
a) Zu Anklagevorwurf 1:
6
Der Angeklagte R. erhielt am 16. Februar 2004 von einem ihm nicht weiter bekannten „M. “ 1.000 Euro nebst einem Wohnungsschlüssel, um einen zugeschweißten gefüllten Beutel aus der Wohnung F. Straße zu einem Pkw zu verbringen. R. stellte sich vor, in dem Beutel würden sich mindestens 300 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von nicht mehr als 9 g THC befinden. Als R. am Morgen des 17. Februar 2004 im Begriff war, die Wohnung mit dem Schlüssel zu öffnen, wurde er festgenommen.
7
Das Landgericht hat aufgrund folgender Umstände darüber hinaus gehende Ermittlungsergebnisse wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Beschluss zur Wohnungsdurchsuchung zu erlangen, als unverwertbar erachtet: Am 16. Februar 2004 öffnete der Vermieter wegen eines Wasserschadens gewaltsam die Wohnung. Er informierte die Polizei von seinem Verdacht , in der Wohnung Betäubungsmittel gefunden zu haben. Gegen 15.30 Uhr durchsuchten drei Polizeibeamte die Wohnung und informierten ihre Fachdienststelle von dem möglichen Rauschgiftfund. Deren Mitarbeiter trafen gegen 17.00 Uhr ein, stellten die aufgefundenen Betäubungsmittel sicher und brachten sie zur polizeitechnischen Untersuchungsstelle. Die Polizei „besetzte“ nun die Wohnung, um mögliche Drogenhändler dingfest zu machen. Am nächsten Morgen wurde der Angeklagte R. vorläufig festgenommen, als er versuchte , die Wohnungstür zu öffnen.
8
Das Landgericht hat mit weiteren beweiswürdigenden Erwägungen die Täterschaft des Angeklagten G. in Zweifel gezogen und dazu Folgendes ausgeführt: Das Auffinden einer türkischen Zeitung und DNA eines anderen Mannes – außer der des Angeklagten in aufgefundenen Zigarettenkippen – sowie die G. ausdrücklich entlastende Einlassung des R. sprächen gegen die Täterschaft des schweigenden Angeklagten G. . Ferner hätten die in die Hauptverhandlung eingeführten Telefongespräche des Angeklagten G. und die in seinem Pkw überwachten Gespräche keinen Bezug dieses Angeklagten zu Rauschgift in der F. Straße erbracht.
9
b) Zu Anklagevorwurf 2:
10
Der Angeklagte G. hielt sich während der letzten vier Wochen vor seiner Festnahme am 18. Februar 2005 in der Wohnung des Zeugen Zo. in der P. straße auf. Dies war der Polizei bekannt. Der die Ermittlungen gegen G. führende Zeuge Kriminalkommissar Si. war darüber hinaus am 18. Februar 2005 über den jeweiligen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen informiert. Si. erfuhr gegen 15.47 Uhr, dass sich G. um ein Gerät bemühte , um in seinem Fahrzeug – tatsächlich angebrachte – polizeiliche Or- tungs- und Abhörgeräte aufzufinden. Si. erörterte eine deshalb aus polizeilicher Sicht gebotene Festnahme des G. mit dem zuständigen Staatsanwalt. G. wurde mit Zustimmung des Staatsanwalts schließlich um 17.30 Uhr festgenommen, worüber Si. um 20.00 Uhr den Staatsanwalt informierte ; dabei bat er ferner um die Genehmigung, die Wohnung des Zo. durchsuchen zu dürfen. Der Staatsanwalt ordnete die Wohnungsdurchsuchung auf Grund angenommener eigener Eilkompetenz an, ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters zu erwägen und eine Gefahr für den Verlust von Beweismitteln zu dokumentieren.
11
Das Landgericht hat auch die bei dieser Durchsuchung gewonnenen Beweismittel wegen Missachtung des Gebots, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss herbeizuführen, mit einem Beweisverwertungsverbot belegt und ergänzend darauf hingewiesen, dass auf Grund weiterer Umstände das fehlende Bemühen um richterliche Durchsuchungsgenehmigungen nicht lediglich eine einzelne Nachlässigkeit der Ermittlungsbehörden dargestellt hat, sondern in eine Kette weiterer Ermittlungsmängel eingereiht gewesen ist: - Ermittlungsbeamte hatten eine DNA-Probe des Angeklagten G. vor dessen Festnahme durch eine fingierte Verkehrskontrolle erschlichen. Dabei wurde das bei dem Alkoholtest verwendete Mundstück einbehalten und dem Angeklagten auf seinen Rückgabewunsch hin stattdessen ein unbenutztes Austauschstück übergeben.
- Entgegen dem Inhalt eines Durchsuchungsberichts vom 28. Februar 2005 hatten Polizeibeamte gar nicht versucht, einen Durchsuchungsbeschluss für eine der Mutter des Angeklagten G. gehörende Garage zu erlangen.
- Eine dem Angeklagten gehörende wertvolle Werkzeugkiste war – einem polizeilichen Aktenvermerk widersprechend – nicht vernichtet
worden. Sie befand sich weiter im Besitz der Polizei und konnte während der Hauptverhandlung in Augenschein genommen werden.
- Während der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Zeugen Zo. wurde diesem mitgeteilt, ein anwaltlicher Beistand wäre nicht nötig, weil es sich „nur um eine Vernehmung“ handeln würde.
- Schließlich machte der Sitzungsstaatsanwalt während der Beweisaufnahme Vorhalte aus staatsanwaltschaftlichen Nachermittlungen, ohne diese zuvor dem erkennenden Gericht übergeben zu haben.
12
3. Die Freisprechung des Angeklagten G. hält den Revisionsangriffen stand.
13
a) Auf die von der Staatsanwaltschaft lediglich erhobene Sachrüge ist der Senat allenfalls befugt, auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu prüfen , ob die Subsumtion des Landgerichts dessen verfahrensrechtliche Folgerungen rechtfertigt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 261 Rdn. 38). Der weitergehende vom Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht formulierte Revisionsangriff , die im Zusammenhang mit der Annahme von Beweisverwertungsverboten getroffenen Feststellungen des Landgerichts seien lückenhaft – dem sich der Generalbundesanwalt angeschlossen hat –, entzieht sich der Betrachtung. Solches hätte die Erhebung einer Verfahrensrüge mit weitergehendem Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) vorausgesetzt, die indes nicht vorliegt (vgl. BGHSt 19, 273, 275, 279; 48, 240, 250; Kuckein in KK 5. Aufl. § 337 Rdn. 30).
14
b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das Landgericht zu Anklagevorwurf 1 für die aus der Wohnung F. Straße stammenden Betäubungsmittel zu Unrecht ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat. Die Freisprechung des Angeklagten G. beruht jedenfalls nicht auf einem etwaigen Rechtsfehler. Das Landgericht hat die erhobenen Beweise insgesamt hinreichend deutlich dahingehend gewürdigt, dass aus sachlichen Erwägungen nicht zu überwindende Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten G. bestanden haben. Solches hat das Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928 m.w.N., insoweit in BGHSt 50, 299 nicht abgedruckt).
15
c) Soweit das Landgericht hinsichtlich des in der Wohnung des Zeugen Zo. aufgefundenen Rauschgifts ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat, hält diese Wertung der – hier, wie ausgeführt, von vornherein nur eingeschränkt möglichen – rechtlichen Prüfung stand.
16
aa) Die am 18. Februar 2005 um 20.05 Uhr aufgrund der um 20.00 Uhr getroffenen Anordnung des Staatsanwalts erfolgte Durchsuchung der Wohnung war wegen Missachtung des Richtervorbehalts rechtswidrig. Eine gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor (vgl. BVerfGE 103, 142, 153; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4). Die Anordnung des Staatsanwalts beruhte nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme seiner sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Eilkompetenz.
17
Bei der hier zu beurteilenden Durchsuchungsanordnung hätte Gefahr im Verzug angenommen werden können, falls die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte (vgl. BVerfGE 103, 142, 154; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6). Bei der Prüfung dieser Voraussetzung steht es aber nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden , wann sie eine Antragstellung in Erwägung ziehen. Sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen (BVerfGE 103, 142, 155; BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.). Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es deshalb auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich hielten (Stellungnahme des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in BVerfGE aaO S. 148).
18
Solches war hier nach jeglicher kriminalistischer Erfahrung spätestens zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Festnahme des G. am Nachmittag des 18. Februar 2005 der Fall (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1638 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 537 jeweils zu ähnlichen Sachverhalten). Die sofortige Suche nach Sachbeweisen am gewöhnlichen Aufenthaltsort des G. drängte sich auf. Nur durch einen alsbaldigen Zugriff wäre auszuschließen gewesen, dass mögliche Mittäter in der Wohnung befindliches Rauschgift beseitigen. Schon daher konnte die erst um 20.00 Uhr erfolgte Durchsuchungsanordnung – jenseits jeder fehlenden Dokumentation (vgl. BVerfG – Kammer – aaO S. 1639; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) – nicht mehr auf Gefahr im Verzug gestützt werden. Hinzu kommt, dass den Polizeibeamten durch G. s Beobachtung schon mindestens vier Wochen lang dessen Aufenthalt in Zo. s Wohnung bekannt war (UA S. 22) und dass sich die Notwendigkeit einer alsbaldigen Wohnungsdurchsuchung aufdrängte, mithin nicht einer überraschenden Verfahrenssituation entsprang.
19
bb) Die Rechtswidrigkeit der Wohnungsdurchsuchung rechtfertigt vorliegend die Annahme eines Verwertungsverbots hinsichtlich der bei der Durchsuchung sichergestellten Betäubungsmittel.
20
(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Missachtung des sich aus Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Richtervorbehalts ein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Wohnung zu Tage geförderten Beweismittel anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber nicht entschieden (vgl. Gössel in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 16). So ist – wie auch bei der Prüfung eines Verwertungsverbots bei Verstößen gegen andere Erhebungsvorschriften – davon auszugehen, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist (BGHSt 44, 243, 249). Vielmehr ist diese Frage nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (BGHSt aaO m.w.N.). Dabei muss beachtet werden, dass die Annahme eines Verwertungsverbots, auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet ist, eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (BGHSt aaO m.w.N.). Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis der demnach vorzunehmenden Abwägung vom Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes (BGHSt aaO m.w.N.). Dieses wird seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter bestimmt (BGHSt aaO).
21
(2) Indes können einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig beschädigt wird. Dann wäre jede andere Lösung als die Annahme eines Verwertungsverbots – jenseits des in § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO normierten – unerträglich (vgl. BGHSt 31, 304, 308; Eisenberg, Beweisrecht der StPO 5. Aufl. Rdn. 363; Gössel aaO Rdn. 33 und 178). Solches wurde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise angenommen bei der Durchführung von Abhörmaßnahmen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Grundsätze (BGHSt 36, 396, 398 ff.) oder ohne richterliche Anordnung (BGHSt 31, 304, 306 f.; 35, 32, 34) oder zur gezielten Verleitung des Angeklagten zum unbewussten Schaffen von Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten (BGHSt 34, 39), ferner bei der Einbeziehung eines Raumgesprächs zwischen Eheleuten in die Telefonüberwachung (BGHSt 31, 296) und bei akusti- scher Wohnraumüberwachung in einem nicht allgemein zugänglichen, als Wohnung zu bewertenden Vereinsbüro (BGHSt 42, 372, 377 zu § 100c Abs. 1 StPO a.F.) und in einem Krankenzimmer (BGHSt 50, 206).
22
Solchen Fallgestaltungen ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt nicht ausreichend ähnlich. Die Durchsuchungsanordnung war dem Staatsanwalt nicht schlechthin verboten, sondern in Eilfällen gestattet. Gefahr im Verzug lag hier zwar nicht vor. Die Verletzung des Richtervorbehalts hat aber aus objektiver Sicht geringeres Gewicht, als wenn, wie etwa im Falle des § 100b Abs. 1 StPO, der Polizei die Anordnung von Eingriffen der betreffenden Art schlechthin untersagt ist (Roxin NStZ 1989, 376, 379). Zudem kommt bei der hier gebotenen objektiven Sicht dem Umstand Bedeutung zu, dass ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss höchstwahrscheinlich zu erlangen gewesen wäre (vgl. Roxin aaO; ders. Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. S. 182 Rdn. 21). Daran bestehen hier kaum Zweifel, wenngleich eine umfassende Prüfung aufgrund einer nicht ausreichend ausgeführten Verfahrensrüge nicht erfolgen kann. Immerhin waren gegen G. bereits Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F. erlassen, deren Anordnung strengere Voraussetzungen zu erfüllen hatten, als es der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses erfordert hätte.
23
(3) In Sonderfällen schwerwiegender Rechtsverletzungen, die durch das besondere Gewicht der jeweiligen Verletzungshandlung bei grober Verkennung der Rechtslage geprägt sind, sind Beweismittel darüber hinaus unverwertbar, weil der Staat – soweit nicht notstandsähnliche Gesichtspunkte Gegenteiliges ermöglichen sollten (vgl. BGHSt 31, 304, 307; 34, 39, 51 f.) – auch in solchen Fällen aus Eingriffen ohne Rechtsgrundlage keinen Nutzen ziehen darf (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; vgl. auch Gössel aaO Rdn. 175). Eine Verwertung würde hier gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens verstoßen (vgl. BGHSt 24, 125, 131; Roxin NStZ aaO).
24
So ist eine von dem Ermittlungsrichter oder dem Staatsanwalt angeordnete Telefonüberwachung rechtswidrig – mit der Folge eines Verwertungsverbots –, falls deren Entscheidung nach dem Maßstab (objektiver) Willkür oder grober Fehlbeurteilung nicht mehr vertretbar gewesen ist (BGHSt 41, 30, 34; vgl. auch BGHSt 32, 68, 70; 47, 362, 366; 48, 240, 248; einschränkend BGHSt 51, 1). Für Fälle fehlerhafter Wohnungsdurchsuchungen ist dies in der Rechtsprechung weitgehend anerkannt, falls der Richtervorbehalt bewusst umgangen worden ist (vgl. BVerfGE 113, 29, 61; BVerfG – Kammer – NJW 2006, 2684, 2686; BVerfG – Kammer – Beschluss vom 12. August 2005 – 2 BvR 1404/04; LG Osnabrück StV 1991, 152, 153; AG Offenbach StV 1993, 406, 407 f.; LG Darmstadt StV 1993, 573 f.; AG Kiel StV 2002, 536, 538; OLG Koblenz NStZ 2002, 660; AG Tiergarten in Berlin StV 2003, 663, 664; StraFo 2007, 73, 74; LG Heilbronn StV 2005, 380, 381; vgl. noch weitergehend AG Braunschweig StV 2001, 393 und LG Saarbrücken StV 2003, 434, 436). Diese Auffassung wird von Stimmen in der Literatur geteilt (Meyer-Goßner aaO § 98 Rdn. 7; Krekeler NStZ 1993, 263, 265). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder bei Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers ein Verwertungsverbot für notwendig gehalten (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4), was im Schrifttum ebenfalls vertreten wird (Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 105 Rdn. 119; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 105 Rdn. 7; grundsätzlich Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46; allgemein bei Willkür Nack in KK 5. Aufl. Vor § 94 Rdn. 11; Krekeler/Löffelmann in AnwK-StPO Einleitung Rdn. 141). Diesen Ansätzen folgt der Senat.
25
Die Notwendigkeit der Annahme eines Verwertungsverbots ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Beachtlichkeit des Richtervorbehalts und zu den inhaltlichen Anforderungen, denen die Durchsuchungsbeschlüsse genügen müssen, angelegt (vgl. allgemein Landau NStZ 2007, 121, 128). Richterliche Durchsuchungsanordnungen sind nach Wortlaut und Systematik des Art. 13 Abs. 2 GG die Regel und die nichtrichterlichen die Ausnahme (BVerfGE 103, 142, 153). Vor allem wegen der grund- rechtssichernden Schutzfunktion des Richtervorbehalts ist „Gefahr im Verzug“ eng auszulegen (BVerfGE aaO), weshalb die Pflicht, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen, den Spielraum der Ermittlungsbeamten begrenzt, das Ermittlungsverfahren nach kriminalistischen und taktischen Erwägungen frei zu gestalten (BVerfG aaO S. 155). Der bloße abstrakte Hinweis, eine richterliche Entscheidung sei gewöhnlicherweise zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu erlangen, kann Gefahr im Verzug nicht begründen, weil dem korrespondierend die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte besteht, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Eil- oder Notdienstes , zu sichern (BVerfG aaO S. 156; BVerfG – Kammer – StV 2006, 676). Damit ist das Gebot, den Richtervorbehalt einzuhalten, für das durch rechtsstaatliche Grundsätze geprägte Ermittlungsverfahren so wesentlich, dass jedenfalls grobe Verstöße nicht sanktionslos gelassen werden dürfen (Schäfer aaO § 105 Rdn. 118; Krehl JR 2001, 491, 494). Genauso wie es nicht tragbar wäre, bei jeglichem Irrtum der Beamten über die tatsächlichen Voraussetzungen der Gefahr im Verzug oder bei sonstigen weniger gewichtigen Verstößen gegen irgendwelche die Art und Weise der Durchsuchung regelnden Vorschriften auch bei schwerwiegenden Straftaten ein Verwertungsverbot anzunehmen, wäre es für die Rechtsgemeinschaft und ihre Vorstellung vom Recht unerträglich, könnte der verfassungsrechtlich abgesicherte Schutz der Wohnung samt Richtervorbehalt stets folgenlos selbst willkürlich ausgehebelt werden (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 119).
26
Hier liegt schon die Annahme außerordentlich nahe, dass die Polizeibeamten den Richtervorbehalt bewusst ignoriert und die Inanspruchnahme der Eilkompetenz des Staatsanwalts provoziert haben. Das Unterlassen der Polizeibeamten , sich um einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Zo. zu bemühen, ist angesichts des Ganges der Ermittlungen unverständlich. Der Umstand, dass sich G. in der Wohnung des Zo. aufgehalten hat, war den ermittelnden Kriminalbeamten schon mindestens vier Wochen vor der Festnahme des G. bekannt (UA S. 22). Die Verdachtslage, wie sie ferner ersichtlich im Blick auf die nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 lit. b und Nr. 2 StPO a.F.
angeordneten Maßnahmen angenommen wurde und sich zudem durch wenigstens im Allgemeinen auf Rauschgift bezogene Gespräche des G. im überwachten Pkw ergab, machte es immer dringlicher, spätestens zum Zeitpunkt der Festnahme des G. auch die Wohnung des Zo. zu durchsuchen. Vor dem Hintergrund der Vollstreckbarkeit eines Durchsuchungsbeschlusses über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten (BVerfGE 96, 44) wäre mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf der polizeiliche Zugriff für die Ermittlungen förderlich und der Rechtsordnung entsprechend mit Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses ohne Schwierigkeiten vorzubereiten gewesen. Spätestens mit der am 18. Februar 2005 um 15.47 Uhr von den Polizeibeamten gefassten Festnahmeabsicht erlangte die nach kriminalistischer Erfahrungsregel notwendige Wohnungsdurchsuchung und damit die Erlangung eines Durchsuchungsbeschlusses höchste Priorität, die indes gänzlich unbeachtet blieb. Erst zweieinhalb Stunden nach der Festnahme des G. erheischten die Kriminalbeamten – ohne dass ermittlungsbezogene Besonderheiten dies erklären konnten – eine Entscheidung des ebenfalls nur über eine Eilkompetenz verfügenden Staatsanwalts, ohne die mögliche Inanspruchnahme eines Ermittlungsrichters zuvor auch nur erwogen zu haben (vgl. auch AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74 zu Existenz und Bekanntheit des jeweiligen Bereitschaftsrichters

).


27
Der Senat kann es letztlich dahingestellt sein lassen, ob gerade auch im Blick auf das vorhergegangene Erschleichen von DNA-Material des Angeklagten G. und nachfolgende Unkorrektheiten bei den weiteren polizeilichen Ermittlungen aus einer Gesamtschau aller Rechtsverstöße die Annahme einer grundlegenden Vernachlässigung von Richtervorbehalten durch die Polizeibeamten und – daraus abgeleitet – deren vorsätzlicher Missachtung in jedem Einzelfall zu rechtfertigen wäre. Da der Senat die Bewertung der Durchsuchung vom 16. Februar 2004 offen gelassen hat, stützt er sich nicht auf diese Gesamtschau , wie sie das Landgericht vorgenommen hat. Er kann den Feststellungen des Landgerichts jedoch entnehmen, dass jedenfalls der ermittelnde Staatsanwalt – mag er auch möglicherweise von der Polizei in gewisser Weise instrumentalisiert worden sein – objektiv willkürlich eine Wohnungsdurchsuchung ohne richterliche Anordnung gestattet und damit den Richtervorbehalt bewusst ignoriert oder gleichgewichtig gröblich missachtet hat. Solches ergibt die Gesamtschau folgender Umstände (UA S. 21):
28
Dem vom Landgericht als Zeugen vernommenen Staatsanwalt war – selbstverständlich – der Richtervorbehalt bekannt. Bei der Erörterung der Festnahme des G. hatte er an eine Durchsuchung aber „nicht gedacht“ und auf die zeitliche Diskrepanz zwischen Festnahme und Durchsuchung der Wohnung „nicht geachtet“. Selbst zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsanordnung – eine Stunde vor Beginn der Nachtzeit im Sinn des § 104 Abs. 3 StPO – war es nicht von vornherein aussichtslos, zumindest noch eine fernmündliche Genehmigung eines Ermittlungsrichters (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5) zu erreichen (vgl. BVerfG – Kammer – StV 2006, 676; AG Tiergarten in Berlin StraFo 2007, 73, 74; Meyer-Goßner aaO § 105 Rdn. 2). Eine solche einzuholen, hat der Staatsanwalt aber weder erwogen, noch hat er die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Eilkompetenz dokumentiert (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 1637, 1639; BGHSt 47, 362, 366; BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 5). Der Staatsanwalt hat ferner gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, für die Rechtmäßigkeit des Ermittlungsverfahrens und damit für die Einhaltung des Richtervorbehalts durch die Polizei Sorge zu tragen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 160 Rdn. 1 m.w.N.). Damit ist er seiner Funktion als Herr des Ermittlungsverfahrens nicht gerecht geworden , wie seiner Bekundung vor dem Landgericht zu entnehmen ist, die Polizei ermittele „autark“ (UA S. 21), so dass er sich mithin um Rechtsverstöße der in seinem Verfahren ermittelnden Hilfsbeamten nicht zu kümmern habe. Ein Staatsanwalt, der – wie hier – seine gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten bestehende Leitungsfunktion so weitgehend ignoriert, was zu einer Ausschaltung des Ermittlungsrichters über einen Zeitraum von zweieinhalb Stunden geführt hat, und der sich – ohne die Anrufung eines Ermittlungsrichters auch nur zu erwägen – sachlich unbegründet und ohne Dokumentation auf seine Eilkompetenz beruft, missachtet den Richtervorbehalt bewusst oder verkennt ihn in gleichgewichtiger Weise gröblich. Solches rechtfertigt – mangels besonderer ermittlungsbezogener Umstände (vgl. BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung
4) – das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot.
29
(4) Dem – für andere Fallgestaltungen zur Einschränkung der Annahme von Beweisverwertungsverboten entwickelten – Aspekt eines möglichen hypothetischen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs (vgl. BGHSt 31, 304, 306; BGH NStZ 1989, 375, 376; BGHR StPO § 105 Durchsuchung 4; Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 182 Rdn. 21) kann bei solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen (vgl. schon BGHSt 31 aaO; Roxin aaO S. 182 f. Rdn. 21; Gössel aaO Rdn. 178). Die Einhaltung der durch Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte bei Anerkennung des hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs in diesen Fällen stets unterlaufen (vgl. Schäfer aaO § 105 Rdn. 117) und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden (Roxin, Strafverfahrensrecht aaO S. 183 Rdn. 21 m.w.N.). Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Ermittlungsrichter einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten (vgl. Roxin NStZ 1995, 465, 467 f.). Damit würde ein wesentliches Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 379; ders. Strafverfahrensrecht aaO S. 193 Rdn. 46).
30
(5) Ob vorliegend der Gesichtspunkt einer fehlenden Berührung des Rechtskreises des Angeklagten (vgl. BGHSt[GS] 11, 213, 215 f.; BGHSt 22, 35, 38; 40, 211, 214 f.) der Anerkennung eines Verwertungsverbotes entgegenstehen könnte, bedarf keiner Vertiefung (vgl. dazu Gössel aaO Rdn. 38 ff.). Der Angeklagte war zur Zeit der Durchsuchung ersichtlich berechtigter Mitnutzer der Wohnung des Zo. (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht 8. Aufl. § 540 Rdn. 32; Teichmann in Jauernig, BGB 11. Aufl. § 535 Rdn. 12; jeweils m.w.N.) und damit in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG einbezogen (vgl. BVerfGE 109, 279, 326).
31
(6) Der Senat kann ferner die Beantwortung der Frage dahingestellt sein lassen, ob das angenommene Verwertungsverbot einen Widerspruch des Verteidigers in der Hauptverhandlung vorausgesetzt hätte (vgl. Gössel aaO Rdn. 33 und 174) – was herrschender Tendenz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspräche (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot 11; BGHSt 50, 206, 215 f.; 51, 1; Gössel aaO Rdn. 29 m.w.N.), die indes jenseits der Fälle von dem Rechtsverstoß berührter Verteidigungsrechte, deren effektive Verletzung der Betroffene selbst optimal beurteilen kann und die uneingeschränkt seiner Disponibilität unterliegen, zu hinterfragen wäre – oder ob sich solches im Blick auf die betroffenen, für den Angeklagten nicht zweifelsfrei umfassend disponiblen Rechtsgüter verbieten würde (vgl. BGHSt 51, 1, 3). Die Revision der Staatsanwaltschaft kann jedenfalls aus solchen Erwägungen nicht erfolgreich sein, weil zur Frage, ob und wie der Verwertung der Beweismittel, die sich zu dem Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung des Zo. verhalten, widersprochen worden ist, nichts vorgetragen ist (vgl. BGHR StPO § 100a Verwertungsverbot

11).


32
cc) Gegen die gefundene Rechtsauffassung kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Schutz der Volksgesundheit – bei dem hier objektiv vorliegenden Verbrechen gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – und die Pflicht des Rechtsstaats zur effektiven Strafverfolgung (vgl. hierzu BGHSt[GS] 42, 139, 157; Landau NStZ 2007, 121, 128 f.) werde so vernachlässigt. Das sichergestellte Rauschgift unterliegt gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG, § 76a Abs. 1 StGB der Einziehung. Es wird dem illegalen Rauschgiftmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Sorge um einen Effektivitätsverlust wird vorliegend – jenseits erhobener grundsätzlicher Einwendungen gegen diesen Aspekt (vgl. Roxin NStZ 1997, 18, 20) – schon deshalb relativiert, weil bei Duldung eines bewussten oder gleichgewichtig schweren Rechtsbruchs durch Ermittlungsbeamte ein Ansehensverlust des rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahrens bei der rechtstreuen Bevölkerung zu befürchten wäre, den es zu verhindern gilt und der seinerseits etwa durch verändertes Anzeige- oder Aussageverhalten infolge schwindenden Vertrauens in die Lauterkeit der Ermittlungsorgane zu Effektivitätsverlusten führen könnte. Ferner wird die Bedeutung des Beweismittelverlustes durch Annahme eines Verwertungsverbots hier dadurch gemindert, dass zur Überführung des Angeklagten andere, im Allgemeinen erfolgversprechende Ermittlungsmethoden (Maßnahmen nach §§ 100a, 100c a.F. StPO) angewandt werden konnten, deren Ergebnisse indes nur im vorliegenden Einzelfall – ohne dass solches von der Revisionsführerin beanstandet worden wäre – zur Überzeugungsbildung des Landgerichts nicht ausgereicht haben.
33
dd) Der Senat ist nicht zu einer Anfrage gemäß § 132 Abs. 2 GVG genötigt. Die Erwägungen des 2. Strafsenats (NStZ 1989, 375, 376) zum hypothetischen Ersatzeingriff waren für die Entscheidung nicht tragend (vgl. Roxin NStZ 1989, 376, 378). Die gefundene Rechtsauffassung stimmt mit der vom 1. Strafsenat (BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4) vertretenen überein.
34
4. Die die Verurteilung des Angeklagten R. betreffenden Revisionen sind ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat sich auf Grund einer wertenden Betrachtung aller Tatumstände angesichts des Gewinnstrebens des R. , seiner Tatinitiative und seines vorgesehenen vorübergehenden Besitzes des Rauschgifts von einem mittäterschaftlichen Mitwirken des Angeklagten überzeugt. Die Annahme nur eines (untauglichen) Versuchs begegnet keinen Bedenken, weil der Angeklagte seine Kuriertätigkeit zu einem Zeitpunkt ausführen sollte, als das zu transportierende Rauschgift durch polizeilichen Aufgriff bereits aus der Bunkerwohnung entfernt und dadurch der Verfügungsmacht des Auftraggebers des Angeklagten entglitten war (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 1; BGHSt[GS] 50, 252, 263). Auch gegen den Rechtsfolgenausspruch können Bedenken nicht erhoben werden.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger