Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2015 - 5 StR 420/15
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten der schweren Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und den Angeklagten S. M. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten N. M. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
- 2
- 1. Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt. Dem steht nicht entgegen, dass er seit dem 1. November 2014 keinen planmäßigen Vorsitzenden hat.
- 3
- a) Der frühere Vorsitzende des 5. Strafsenats, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D. B. , ist nach Erreichen der Altersgrenze zum 1. November 2014 in den Ruhestand getreten. Seitdem ist die Stelle vakant. Der 5. Strafsenat wird von Richter am Bundesgerichtshof S. als vom Präsidium bestimmtem Vertreter (§ 21f Abs. 2 Satz 1 GVG) geführt. Daran hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das Jahr 2015 (§ 21e Abs. 1 Satz 2 GVG) nichts geändert. Durch Beschluss des Präsidiums vom 26. März 2015 ist Richter am Bundesgerichtshof F. mit Wirkung zum 9. April 2015 dem 5. Strafsenat zugewiesen worden. Der Senat ist seither wieder mit sieben Bundesrichtern besetzt, von denen sechs dem Bundesgerichtshof seit mehr als fünf Jahren angehören.
- 4
- b) Auf der Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2013 – 4 StR 556/12, BGHR GVG § 21f Vorsitzender 2 mit zahlreichen Nachweisen) ist der 5. Strafsenat ordnungsgemäß besetzt.
- 5
- Das Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden Richters ist im Juni 2014 mit dem Interessebekundungsverfahren eingeleitet worden. Der Besetzungsvorschlag der Präsidentin des Bundesgerichtshofs an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz zur Neubesetzung der Stelle erfolgte nach den erforderlichen Beteiligungen am 28. Oktober 2014. Am 6. Februar 2015 teilte der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz dem Bundespräsidenten seinen Besetzungsvorschlag mit. Das Verfahren konnte jedoch nicht abgeschlossen werden, weil der Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg mit Beschluss vom 12. August 2015 der Bundesrepublik Deutschland in einem Konkurrentenstreitverfahren durch einstweilige Anordnung untersagt hat, die beabsichtigte Ernennung auszusprechen, bevor über die Bewerbung des klagenden Konkurrenten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist (Beschluss vom 12. August 2015 – 4 S 1405/15). Im Verfahren müssen die grundsätzlichen Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs zum Beurteilungswesen nach den erforderlichen verwaltungsinternen Abstimmungen umgesetzt werden.
- 6
- Das Beförderungsverfahren ist demgemäß frühzeitig eingeleitet worden und wird mit der gebotenen Zügigkeit betrieben. Im Blick darauf liegen besondere Umstände vor, die es jedenfalls derzeit rechtfertigen, dass der 5. Strafsenat durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geleitet wird. Die in der Beschwerdeschrift des Angeklagten N. M. angesprochene Einrichtung eines „Doppelvorsitzes“ ist im Präsidium neben an- deren Möglichkeiten in der Sitzung vom 15. September 2015 eingehend erörtert worden. Jedoch kommt ein „Doppelvorsitz“ schon aufgrund der örtlichen Gege- benheiten nicht in Betracht (vgl. hierzu und zum Ganzen BGH, Beschluss vom 26. März 2013 – 4 StR 556/12 aaO; zur gebotenen Einzelfallprüfung siehe auch BGH, Urteil vom 12. März 2015 – VII ZR 173/13, NJW 2015, 1685 Rn. 36; jeweils mwN).
- 7
- Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des 5. Strafsenats ist im Übrigen im Rahmen der gegenwärtigen Organisation jedenfalls nicht weniger effektiv gewährleistet als – mit der dadurch jeweils bedingten Einarbeitungszeit – bei Übernahme eines Doppelvorsitzes durch einen Vorsitzenden Richter eines anderen Strafsenats oder der kurzfristigen Übernahme des Vorsitzes des 5. Strafsenats durch einen solchen. Der stellvertretende Vorsitzende ist seit Februar 2013 Mitglied des 5. Strafsenats und vermag dessen Rechtsprechung sowie die anhängigen Verfahren und deren Stand deshalb zu überblicken. Er leitet sämtliche Beratungen des Senats. Die Gefahr eines Divergierens der Judikatur ist ferner wegen der personellen Überschneidungen in den vorhandenen drei Sitzgruppen denkbar gering.
- 8
- Der Senat weist abschließend auf Folgendes hin: Es ist nicht zu erkennen , weshalb eine Übergangslösung im vorgenannten Sinne den sich aus der verfassungsrechtlich verankerten Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) resultierenden Anforderungen besser gerecht werden sollte, als die dem – ordnungsgemäß zustande gekommenen – Geschäftsverteilungsplan entsprechende gegenwärtige Besetzung. Auch aus diesem Grund bedürfte es einer besonderen Rechtfertigung, bei einem anderen Senat eine wiederum unvollständige Besetzung herbeizuführen, die vom Ausgangspunkt der Beschwerdeführer aus betrachtet geeignet wäre, nach gewissem Zeitablauf ihrerseits zu einer gesetzeswidrigen Besetzung zu führen. Ohnehin erscheint allerdings schon fraglich, ob eine vorübergehende Umsetzung eines Vorsitzenden überhaupt zu einer Verhinderungslage im Sinne des § 21f Abs. 2 GVG in dessen ursprünglichem Senat führen könnte, die zum Tätigwerden des stellvertretenden Vorsitzenden berechtigen würde.
- 9
- 2. Ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat zu den Beanstandungen des Angeklagten N. M. :
- 10
- Den Urteilsgründen ist hinreichend zu entnehmen, dass das maßgebende Gesamterscheinungsbild des Verletzten (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – 3 StR 185/07, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 2) durch die – rechtsfeh- lerfrei auf den Schlag mit dem Baseballschläger zurückgeführte – großflächige Eindellung am Schädel, die breite Narbe an der rechten Kopfseite, die „hängenden“ Augenlider sowie die Störung der Mimik („Zuviel an Bewegung“ der unteren Gesichtspartie, UA S. 43) im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB erheblich entstellt ist. Ob, was die Revision in Zweifel zieht, die einzelnen Entstellungen jeweils für sich genommen den erforderlichen Schweregrad erreichen würden , kann daher dahingestellt bleiben.
- 11
- Der Generalbundesanwalt weist im Übrigen mit Recht darauf hin, dass der Senat ein Beruhen der angesichts weiterer schwerster Tatfolgen (Verfallen in Siechtum, Lähmung einer Hand) unvertretbar milden Strafaussprüche auf dem geltend gemachten Wertungsfehler ausschließen könnte.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter.
(2) Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers. Ist auch dieser Vertreter verhindert, führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz.
(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.
(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.
(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.
(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.
(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.450,00 € und den erweiterten Verfall von Wertersatz in Höhe von 39.385,00 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Darüber hinaus beanstandet er die Besetzung des erkennenden Senats.
- 2
- Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Es führt lediglich zu einer Klarstellung hinsichtlich der Verfallsentscheidung.
I.
- 3
- Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt. Dem steht nicht entgegen, dass er seit dem 1. Juli 2012 keinen planmäßigen Vorsitzenden hat.
- 4
- 1. Der frühere Vorsitzende des 4. Strafsenats, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann, ist mit Ablauf des 30. Juni 2012 wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand getreten. Seitdem ist diese Stelle vakant, und der 4. Strafsenat wird von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als dem vom Präsidium bestimmten Vertreter gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG geführt. Daran hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs auch bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das Jahr 2013 (§ 21e Abs. 1 Satz 2 GVG) nichts geändert.
- 5
- 2. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass im Falle des endgültigen Ausscheidens eines Vorsitzenden aus dem Spruchkörper § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG entsprechend anzuwenden ist, sofern und solange die Wiederbesetzung lediglich „vorübergehend“ unterbleibt, also einen angemessenen Zeitraum nicht überschreitet (vgl. BVerfGE 18, 423, 426 f.; BVerfG, NJW 1983, 1541; BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 – IV ZR153/54, BGHZ 16, 254; Urteil vom 21. Juni 1955 – 5 StR 177/55, BGHSt 8, 17, 19 ff.; Beschluss vom 11. Juli 1985 – VII ZB 6/85, NJW 1985, 2337; BSG, NJW 2007, 2717, 2718; BFHE 190, 47, 52 f.; BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch Breidling in LR-StPO, 26. Aufl., § 21f GVG Rn. 27). Es sei nicht in allen Fällen und ungeachtet der Dauer der mutmaßlichen Vakanz zu verlangen, dass das Präsidium den frei gewordenen Vorsitz dem Vorsitzenden eines anderen Spruchkörpers zusätzlich übertrage (BSG, NJW 2007, 2717, 2718; BFHE 190, 47, 53 f.). Wie lange das Präsidium im Falle der nicht nahtlosen Besetzung der Stelle eines Vorsitzenden mit der Entscheidung zuwarten darf, einen anderen Vorsitzenden zusätzlich mit dem vakant gewordenen Senatsvorsitz zu betrauen, lässt sich nicht „allgemeingültig“ und losgelöst von dem Grund der Verhinderung beantworten (BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154, 155; vgl. auch Breidling in LR-StPO, 26. Aufl., § 21f GVG Rn. 25, 27; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 59 Rn. 13; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 21e GVG Rn. 39d).
- 6
- Für den Fall der länger dauernden Erkrankung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ankommt , die umfassend zu würdigen sind. Jedenfalls dann, wenn der ordentliche Vorsitzende über ein ganzes Geschäftsjahr wegen Krankheit dienstunfähig gewesen sei, habe das Präsidium vor der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das nächste Geschäftsjahr die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um die Frage nach der voraussichtlichen Fortdauer der Verhinderung zu klären. Könne hiernach nicht mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit gerechnet werden, müsse das Präsidium von einer dauernden Verhinderung ausgehen (BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154). In einem Fall, in dem der Vorsitzende planmäßig mit Erreichung der Altersgrenze ausgeschieden war und die Ausschreibung der Stelle erst im Monat seines Ausscheidens erfolgte, ist das Bundes- sozialgericht davon ausgegangen, dass „zumindest im Regelfall“ der Vorsitzin einem Spruchkörper nicht länger als sechs Monate durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geführt werden darf (BSG, NJW 2007, 2717, 2718). Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG nach dem endgültigen Ausscheiden eines Vorsitzenden solange anwendbar, wie durch die Vakanz im Vorsitz keine wesentlich gewichtigere Beeinträchtigung der bei ordnungsgemäßer Besetzung des Spruchkörpers zu erwartenden Arbeitsweise zu erwarten ist als bei einem längeren Urlaub oder einer „länger dauernden Erkrankung“ (BFHE 190, 47, 55). Nach der Rechtspre- chung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine ruhestandsbedingte Vakanz im Vorsitz „praktisch unvermeidbar“; allgemeingültige Fristen ließen sich weder für den Fall einer Verhinderung durch längere Krankheit noch für den Fall der dauernden Verhinderung des Vorsitzenden infolge einer Vakanz festlegen (BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch BVerwG, NJW 2001, 3493 für den besonders gelagerten Fall der geplanten Auflösung des Bundesdisziplinargerichts
).
- 7
- 3. Der Senat hat keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Auf ihrer Grundlage bestehen keine Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung des 4. Strafsenats.
- 8
- a) Das frühzeitig eingeleitete Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden Richters ist noch nicht abgeschlossen, weil das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Rahmen eines anhängigen Konkurrentenstreitverfahrens mit (nicht rechtskräftigem) Beschluss vom 17. Januar 2013 der Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt hat, die beabsichtigte Ernennung auszusprechen, bevor über die Bewerbung des klagenden Konkurrenten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist (Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 1 K 2614/12).
- 9
- b) Nach dem „Vermerk über die wesentlichen Erwägungen des Präsidiums des Bundesgerichtshofs zur Entscheidung über die Besetzung der Vor- sitzendenstellen in den Strafsenaten“ (Anlage 6zum Protokoll über die Präsidiumssitzung vom 13. Dezember 2012) hat das Präsidium für das Geschäftsjahr 2013 selbst bei Ausschöpfung aller Ressourcen und nach Abwägung aller denkbaren Geschäftsverteilungsmodelle keine Möglichkeit gesehen, jedem Strafsenat einen Vorsitzenden Richter zuzuweisen. Der Doppelvorsitz durch gleichzeitige Leitung des 2. und 3. Strafsenats könne infolge Überlastung des mit dieser Aufgabe betrauten Vorsitzenden nicht mehr aufrechterhalten werden, so dass im Geschäftsjahr 2013 der Präsident den Vorsitz im 3. Strafsenat wahrnehme (§ 21e Abs. 1 Satz 3 GVG). Die Übertragung eines Doppelvorsitzes an einen anderen Vorsitzenden eines Strafsenats komme nicht in Betracht, da der Vorsitzende des 1. Strafsenats mit Ablauf des 30. April 2013 altersbedingt in den Ruhestand treten werde und der Vorsitzende des 5. – Leipziger – Strafsenats schon auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht parallel den Vorsitz in einem Karlsruher Strafsenat übernehmen könne. Die Heranziehung der Vorsitzenden der Zivilsenate für Interimslösungen scheide ebenfalls aus. Sie seien mit den Rechtsmaterien der Strafsenate nicht in einem Maße vertraut, dass sie ohne ins Gewicht fallende Einarbeitungszeit die Funktion eines Vorsitzenden in einem zusätzlich zu übernehmenden Strafsenat erfüllen könnten.
- 10
- c) Da das Beförderungsverfahren zügig betrieben wurde und das Präsidium des Bundesgerichtshofs alle sinnvollen Ressourcen zur Besetzung der Vorsitzendenstellen in den Strafsenaten ausgeschöpft hat, liegen besondere Umstände vor, die es rechtfertigen, dass der 4. Strafsenat jedenfalls derzeit durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geleitet wird.
II.
- 11
- Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
- 12
- Zu der Verfallsentscheidung bemerkt der Senat:
- 13
- Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei die Überzeugung davon verschafft , dass das beim Angeklagten sichergestellte Geld (39.385,00 €) aus nicht verfahrensgegenständlichen Verkäufen von Betäubungsmitteln oder sonstigen Teilnahmehandlungen zu solchen Geschäften stammte (UA S. 58). Entsprechend war hinsichtlich dieses Geldes – vom Landgericht ersichtlich gemeint – nicht auf erweiterten Verfall von Wertersatz, sondern auf erweiterten Verfall zu erkennen (§ 73d Abs. 1 StGB).
(1) Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter.
(2) Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers. Ist auch dieser Vertreter verhindert, führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Juni 2015 - 1 K 499/15 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf von zwei Wochen nach einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats untersagt, den Beigeladenen zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof zu ernennen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.450,00 € und den erweiterten Verfall von Wertersatz in Höhe von 39.385,00 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Darüber hinaus beanstandet er die Besetzung des erkennenden Senats.
- 2
- Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Es führt lediglich zu einer Klarstellung hinsichtlich der Verfallsentscheidung.
I.
- 3
- Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt. Dem steht nicht entgegen, dass er seit dem 1. Juli 2012 keinen planmäßigen Vorsitzenden hat.
- 4
- 1. Der frühere Vorsitzende des 4. Strafsenats, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann, ist mit Ablauf des 30. Juni 2012 wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand getreten. Seitdem ist diese Stelle vakant, und der 4. Strafsenat wird von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als dem vom Präsidium bestimmten Vertreter gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG geführt. Daran hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs auch bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das Jahr 2013 (§ 21e Abs. 1 Satz 2 GVG) nichts geändert.
- 5
- 2. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass im Falle des endgültigen Ausscheidens eines Vorsitzenden aus dem Spruchkörper § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG entsprechend anzuwenden ist, sofern und solange die Wiederbesetzung lediglich „vorübergehend“ unterbleibt, also einen angemessenen Zeitraum nicht überschreitet (vgl. BVerfGE 18, 423, 426 f.; BVerfG, NJW 1983, 1541; BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 – IV ZR153/54, BGHZ 16, 254; Urteil vom 21. Juni 1955 – 5 StR 177/55, BGHSt 8, 17, 19 ff.; Beschluss vom 11. Juli 1985 – VII ZB 6/85, NJW 1985, 2337; BSG, NJW 2007, 2717, 2718; BFHE 190, 47, 52 f.; BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch Breidling in LR-StPO, 26. Aufl., § 21f GVG Rn. 27). Es sei nicht in allen Fällen und ungeachtet der Dauer der mutmaßlichen Vakanz zu verlangen, dass das Präsidium den frei gewordenen Vorsitz dem Vorsitzenden eines anderen Spruchkörpers zusätzlich übertrage (BSG, NJW 2007, 2717, 2718; BFHE 190, 47, 53 f.). Wie lange das Präsidium im Falle der nicht nahtlosen Besetzung der Stelle eines Vorsitzenden mit der Entscheidung zuwarten darf, einen anderen Vorsitzenden zusätzlich mit dem vakant gewordenen Senatsvorsitz zu betrauen, lässt sich nicht „allgemeingültig“ und losgelöst von dem Grund der Verhinderung beantworten (BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154, 155; vgl. auch Breidling in LR-StPO, 26. Aufl., § 21f GVG Rn. 25, 27; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 59 Rn. 13; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 21e GVG Rn. 39d).
- 6
- Für den Fall der länger dauernden Erkrankung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ankommt , die umfassend zu würdigen sind. Jedenfalls dann, wenn der ordentliche Vorsitzende über ein ganzes Geschäftsjahr wegen Krankheit dienstunfähig gewesen sei, habe das Präsidium vor der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das nächste Geschäftsjahr die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um die Frage nach der voraussichtlichen Fortdauer der Verhinderung zu klären. Könne hiernach nicht mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit gerechnet werden, müsse das Präsidium von einer dauernden Verhinderung ausgehen (BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154). In einem Fall, in dem der Vorsitzende planmäßig mit Erreichung der Altersgrenze ausgeschieden war und die Ausschreibung der Stelle erst im Monat seines Ausscheidens erfolgte, ist das Bundes- sozialgericht davon ausgegangen, dass „zumindest im Regelfall“ der Vorsitzin einem Spruchkörper nicht länger als sechs Monate durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geführt werden darf (BSG, NJW 2007, 2717, 2718). Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG nach dem endgültigen Ausscheiden eines Vorsitzenden solange anwendbar, wie durch die Vakanz im Vorsitz keine wesentlich gewichtigere Beeinträchtigung der bei ordnungsgemäßer Besetzung des Spruchkörpers zu erwartenden Arbeitsweise zu erwarten ist als bei einem längeren Urlaub oder einer „länger dauernden Erkrankung“ (BFHE 190, 47, 55). Nach der Rechtspre- chung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine ruhestandsbedingte Vakanz im Vorsitz „praktisch unvermeidbar“; allgemeingültige Fristen ließen sich weder für den Fall einer Verhinderung durch längere Krankheit noch für den Fall der dauernden Verhinderung des Vorsitzenden infolge einer Vakanz festlegen (BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch BVerwG, NJW 2001, 3493 für den besonders gelagerten Fall der geplanten Auflösung des Bundesdisziplinargerichts
).
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- 3. Der Senat hat keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Auf ihrer Grundlage bestehen keine Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung des 4. Strafsenats.
- 8
- a) Das frühzeitig eingeleitete Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden Richters ist noch nicht abgeschlossen, weil das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Rahmen eines anhängigen Konkurrentenstreitverfahrens mit (nicht rechtskräftigem) Beschluss vom 17. Januar 2013 der Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt hat, die beabsichtigte Ernennung auszusprechen, bevor über die Bewerbung des klagenden Konkurrenten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist (Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 1 K 2614/12).
- 9
- b) Nach dem „Vermerk über die wesentlichen Erwägungen des Präsidiums des Bundesgerichtshofs zur Entscheidung über die Besetzung der Vor- sitzendenstellen in den Strafsenaten“ (Anlage 6zum Protokoll über die Präsidiumssitzung vom 13. Dezember 2012) hat das Präsidium für das Geschäftsjahr 2013 selbst bei Ausschöpfung aller Ressourcen und nach Abwägung aller denkbaren Geschäftsverteilungsmodelle keine Möglichkeit gesehen, jedem Strafsenat einen Vorsitzenden Richter zuzuweisen. Der Doppelvorsitz durch gleichzeitige Leitung des 2. und 3. Strafsenats könne infolge Überlastung des mit dieser Aufgabe betrauten Vorsitzenden nicht mehr aufrechterhalten werden, so dass im Geschäftsjahr 2013 der Präsident den Vorsitz im 3. Strafsenat wahrnehme (§ 21e Abs. 1 Satz 3 GVG). Die Übertragung eines Doppelvorsitzes an einen anderen Vorsitzenden eines Strafsenats komme nicht in Betracht, da der Vorsitzende des 1. Strafsenats mit Ablauf des 30. April 2013 altersbedingt in den Ruhestand treten werde und der Vorsitzende des 5. – Leipziger – Strafsenats schon auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht parallel den Vorsitz in einem Karlsruher Strafsenat übernehmen könne. Die Heranziehung der Vorsitzenden der Zivilsenate für Interimslösungen scheide ebenfalls aus. Sie seien mit den Rechtsmaterien der Strafsenate nicht in einem Maße vertraut, dass sie ohne ins Gewicht fallende Einarbeitungszeit die Funktion eines Vorsitzenden in einem zusätzlich zu übernehmenden Strafsenat erfüllen könnten.
- 10
- c) Da das Beförderungsverfahren zügig betrieben wurde und das Präsidium des Bundesgerichtshofs alle sinnvollen Ressourcen zur Besetzung der Vorsitzendenstellen in den Strafsenaten ausgeschöpft hat, liegen besondere Umstände vor, die es rechtfertigen, dass der 4. Strafsenat jedenfalls derzeit durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geleitet wird.
II.
- 11
- Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
- 12
- Zu der Verfallsentscheidung bemerkt der Senat:
- 13
- Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei die Überzeugung davon verschafft , dass das beim Angeklagten sichergestellte Geld (39.385,00 €) aus nicht verfahrensgegenständlichen Verkäufen von Betäubungsmitteln oder sonstigen Teilnahmehandlungen zu solchen Geschäften stammte (UA S. 58). Entsprechend war hinsichtlich dieses Geldes – vom Landgericht ersichtlich gemeint – nicht auf erweiterten Verfall von Wertersatz, sondern auf erweiterten Verfall zu erkennen (§ 73d Abs. 1 StGB).
(1) Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter.
(2) Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers. Ist auch dieser Vertreter verhindert, führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz.
(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person
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das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert, - 2.
ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder - 3.
in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.