Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 5 StR 269/19

bei uns veröffentlicht am24.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 269/19
vom
24. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:240919B5STR269.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. September 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 29. Januar 2019 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) in den Fällen 9 und 10 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie
b) die Einziehung des Wertes des Tatertrages von 44.480 Euro entfallen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (Fall 10), wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 9) und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in acht Fällen (Fälle 1 bis 8) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es beim Angeklagten sichergestelltes Bargeld (71.240 Euro) gemäß § 73a StGB eingezogen und die Einziehung von Wertersatz gemäß § 73c StGB in Höhe von 44.480 Euro angeordnet. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Urteils. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
2
1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in den Fällen 9 und 10 hat keinen Bestand.
3
Im Fall 9 lagerte der Angeklagte in einem „Bunker“ neben dem zu seiner Wohnung gehörenden Keller 415,66 Gramm Cannabisharz mit einem THC-Gehalt von 25,82 Gramm, das er gewinnbringend verkaufen wollte. Das Landgericht hat ihn daher zu Recht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) verurteilt. Es hat aber – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist – übersehen, dass die Strafbarkeit wegen Besitzes derselben Betäubungsmittel hinter das Handeltreiben zurücktritt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174, 175).
4
Im Fall 10 hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte Betäubungsmittel aus seinem in einem Schuppen des Mitangeklagten S. gelagerten Verkaufsvorrat zum gewinnbringenden Verkauf in seine Wohnung verbrachte , wo in unmittelbarer Nähe zu dort sichergestellten Betäubungsmitteln bewusst griffbereit ein Teleskopstock lag. Die vom Landgericht rechtlich als Be- sitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bewertete Lagerung in dem Schuppen, die sich isoliert betrachtet als ein Handeltreiben im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG darstellt, wird durch den Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verdrängt, auch wenn dieser nur bei einem Teilakt des Gesamtgeschehens, nämlich beim Handeltreiben in der Wohnung, verwirklicht wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2).
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Der Strafausspruch kann in beiden Fällen bestehen bleiben. Im Fall 9 hat das Landgericht dem bloßen Besitz der Betäubungsmittel bei der Strafbemessung keinen eigenständigen Wert beigelegt. Im Fall 10 hat es zwar mit Blick auf die im Vergleich zu Schuss- oder Stichwaffen herabgesetzte Gefährlichkeit eines Teleskopschlagstockes einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen. Die von der Strafkammer hinsichtlich der Mindeststrafe angenommene Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG gilt aber auch, wenn das Delikt des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter das bewaffnete Handeltreiben zurücktritt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180). Der Senat kann daher ausschließen, dass die Strafaussprüche auf den Rechtsfehlern beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO).
6
2. Die Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages von 44.480 Euro begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
Soweit das Landgericht gemäß § 74 Abs. 2 StGB die Einziehung eines Geldbetrages von 800 Euro als Wertersatz für die vom Angeklagten selbst konsumierten Betäubungsmittel (Fälle 1 bis 8) angeordnet hat, weist der Generalbundesanwalt zu Recht darauf hin, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Wertersatzeinziehung nach § 74c Abs. 1 StGB voraussetzt, dass dem Täter der ursprünglich einziehungsbetroffene Gegenstand zur Zeit der Tat gehörte oder zustand. Dies ist aber für – wie hier – im Inland erworbene Betäubungsmittel nicht der Fall, weil ein Eigentumserwerb hieran gemäß § 134 BGB nicht möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2019 – 3 StR 194/19 mwN).
8
Soweit das Landgericht die Einziehungsentscheidung auf § 73c StGB gestützt hat, hält dies der rechtlichen Prüfung ebenfalls nicht stand. Allerdings ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch den Betäubungsmittelhandel in den Fällen 1 bis 8 insgesamt 43.680 Euro erlangt hat. Sie hat jedoch übersehen, dass es sich bei dem sichergestellten Bargeld von 71.240 Euro naheliegend um Erlöse aus diesen Taten handelt. Insoweit kommt daher weder eine Einziehung des Wertes des Tatertrages nach § 73c StGB noch eine erweiterte Einziehung nach § 73a StGB in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 231/18, NStZ-RR 2018, 380,

382).


9
Der Senat ändert die Einziehungsentscheidung entsprechend.
10
3. Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamten Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Mutzbauer Schneider Berger
Mosbacher Köhler

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafgesetzbuch - StGB | § 74c Einziehung des Wertes von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes nicht möglich, weil der Täter oder Teilnehmer diesen veräußert, verbraucht oder die Einziehung auf andere Weise vereitelt hat, so kann das Gericht gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages anordn

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR516/14
vom
25. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. Februar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 19. August 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen schuldig ist;
b) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.4 und 5 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafen- und Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen unter Einbeziehung der Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den zu den Fällen II.4 und 5 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen bewahrte der Angeklagte am 15. Januar 2014 in seinem am Bahnhof in S. abgestellten Pkw einen Vorrat von 85,6 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 14,9 Gramm THC auf, der – nach den weiteren Ausführungen in den Urteilsgründen – unwiderlegt zum Eigenkonsum bestimmt war (Fall II.4 der Urteilsgründe). Am gleichen Tag erwarb der Angeklagte in H. von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten 28,6 Gramm Kokainzubereitung mit 15,2 Gramm Kokainhydrochlorid zum Preis von 1.500 Euro, 61,5 Gramm Amphetamin (4,8 Gramm Amphetaminbase) für 300 Euro sowie 195,9 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 22,6 Gramm THC für 1.000 Euro. Der Angeklagte beabsichtigte, die erworbenen Betäubungsmittel gewinnbringend weiterzuveräußern. Hierzu kam es nicht mehr, da der Angeklagte unmittelbar nach seiner Rückkehr nach S. im Bereich des Bahn- hofs festgenommen und die Betäubungsmittel sichergestellt werden konnten (Fall II.5 der Urteilsgründe).

II.


3
Der Revisionsangriff erfasst neben der Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II.5 der Urteilsgründe auch die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II.4 der Urteilsgründe. Zwar hat der Angeklagte sein Rechtsmittel ausdrücklich auf die Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge beschränkt. Diese Beschränkung ist aber insofern unwirksam, als es sich bei dem deliktischen Verhalten des Angeklagten in den Fällen II.4 und 5 der Urteilsgründe bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung (unten III.1) um eine Tat im materiell -rechtlichen Sinne handelt. Hat der Tatrichter die von ihm festgestellten Geschehnisse als mehrere rechtlich selbständige Handlungen bewertet, obwohl tatsächlich nur eine Tat vorliegt, kann die Revision nicht auf die rechtliche Bewertung einzelner dieser Geschehnisse beschränkt werden (vgl. BGH, Urteile vom 21. November 2002 – 3 StR 296/02, NStZ 2003, 264, 265; vom 17. Oktober 1995 – 1 StR 372/94, NStZ 1996, 203).

III.


4
Soweit das Landgericht bei den Taten II.4 und 5 der Urteilsgründe von jeweils rechtlich selbständigen, real konkurrierenden Taten ausgegangen ist, hält das angefochtene Urteil einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Ferner beruht der von der Strafkammer angenommene Schuldumfang des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf einer unvollständigen Beweiswürdigung.
5
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10 Rn. 2; vom 12. Oktober 2004 – 4 StR 358/04, NStZ 2005, 228; Urteile vom 11. Dezember 2003 – 3 StR 375/02, NStZ-RR 2004, 146, 148; vom 1. August 1978 – 1 StR 173/78). Dient der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 – 3 StR 352/08, NStZ-RR 2009, 58; vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.). Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken , geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1998 – 1 StR 293/98, StV 1998, 593; vom 30. November 1995 – 1 StR 578/95; vom 12. Oktober 1990 – 1 StR 539/90; vom 29. August 1984 – 2 StR 173/84, bei Schoreit, NStZ 1985, 58; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 108; Kotz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1209). Danach hat sich der Angeklagte im vorliegenden Fall durch den gleichzeitigen Besitz des im Pkw aufbewahrten, zum Eigenkonsum dienenden Marihuanas und der in H. zu Handelszwecken erworbenen Betäubungsmittel des unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht.
6
2. Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass auch das in H. erworbene Kokain und Amphetamin vollständig zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren, beruhen die Feststellungen auf einer unvollständigen Beweiswürdigung. Die Strafkammer hat ihre Überzeugung von der umfassenden Veräußerungsabsicht des Angeklagten unter anderem darauf gestützt, dass die Geldzuwendungen, die der Angeklagte im Tatzeitraum von Verwandten erhielt, bei weitem nicht ausreichten, um den täglichen Drogenkonsum des Angeklagten von 3 bis 4 Gramm Marihuana und je 1 Gramm Kokain und Amphetamin zu finanzieren, und der Angeklagte am Tattag eine größere Menge Marihuana erwarb, obwohl er noch über einen beachtlichen Konsumvorrat verfügte. Angesichts des ihren Erwägungen zugrunde gelegten Eigenbedarfs des Angeklagten an Kokain und Amphetamin sowie des Umstands, dass anders als bei Marihuana das Vorhandensein eines Vorrats an Kokain und Amphetamin nicht festgestellt werden konnte, hätte sich die Strafkammer näher mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob das in H. erworbene Kokain und Amphetamin jedenfalls teilweise zum Eigenkonsum verwendet werden sollte. Da diese Möglichkeit nach den Umständen nicht fernliegt, erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts insoweit als lückenhaft.
7
Der Rechtsfehler betrifft indes lediglich den Schuldumfang der Tat. Denn der Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wird durch den Erwerb der nicht geringen Menge Marihuana getragen, deren Beschaffung zum Zwecke der gewinnbringenden Weiterveräußerung das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Auch im Übrigen wird der Schuldspruch durch einen eventuel- len Erwerb von Kokain und Amphetamin zum Eigenverbrauch nicht berührt, weil der sich auf eine mögliche Erwerbsmenge zum Eigenkonsum beziehende Besitz in dem bereits ohnehin durch den Marihuanavorrat im Pkw verwirklichten unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufginge, der in Tateinheit mit dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht und hinter dem eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG hinsichtlich der möglicherweise in H. erworbenen Eigenbedarfsmengen zurückträte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2001 – 3 StR 268/01, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5; Urteil vom 8. April 1997 – 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227).
8
3. Der Senat kann daher den Schuldspruch entsprechend ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Bereits die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II.4 und 5 der Urteilsgründe und des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Die Aufhebung der zugehörigen Feststellungen erfasst insbesondere auch die Feststellungen zu der vom Angeklagten beabsichtigten Verwendung des in H. erworbenen Kokains und Amphetamins.
9
Wegen des Sachzusammenhangs zwischen Gesamtstrafenausspruch und Maßregelanordnung, der sich hier aus der einer Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung ausschließenden Vorschrift des § 67b Abs. 1 Satz 2 StGB ergibt, kann auch der an sich rechtsfehlerfrei getroffene Maßregelausspruch nicht bestehen bleiben.
10
4. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass die im Ermessen des Tatrichters stehende Entscheidung, von der Möglichkeit des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB keinen Gebrauch zu machen, einer näheren Begründung im Urteil bedarf, wenn die Gesamtstrafe – etwa wegen ihrer nicht mehr aussetzungsfähigen Höhe – das schwerere Strafübel darstellt (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 53 Rn. 5 mwN). Nach § 55 Abs. 2 StGB aufrechtzuerhalten sind schließlich nur solche Maßnahmen, die noch nicht erledigt sind (vgl. Fischer aaO, § 55 Rn. 29 mwN).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 144/13
vom
14. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. August 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 1. August 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat; jedoch wird der Tenor des angefochtenen Urteils dahingehend klargestellt, dass bezüglich der sichergestellten Geldscheine im Wert von 3.920 Euro der Verfall und in Höhe eines Betrages von 26.080 Euro der Verfall von Wertersatz angeordnet wird. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Auch der Strafausspruch hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Kontrolle stand. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verhängt. Dabei hat es in den Fällen II. 3 bis 4, 7 bis 14, 16 bis 19, 21 und 24, in denen es den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, jeweils einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG angenommen, seiner Strafzumessung jedoch den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zugrunde gelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Strafrahmen des verdrängten § 29a Abs. 1 BtMG entfalte bei Annahme minder schwerer Fälle im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG gegenüber dessen Strafrahmen eine Sperrwirkung, sofern nicht auch ein minder schwerer Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG vorliege. Dabei hat die Strafkammer übersehen, dass § 29a Abs. 1 BtMG nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit lediglich hinsichtlich der Mindeststrafe eine Sperrwirkung entfaltet; für die Höchststrafe gilt demgegenüber die für den Schuldspruch maßgebliche Bestimmung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003, 3 StR 349/02, NStZ 2003, 440, 441; Beschluss vom 25. Mai 2010, 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99). Das Landgericht hätte demnach einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und nicht einen solchen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde legen müssen. Ob dieser Rechtsprechung , mit der Wertungswidersprüche in der Anwendung der Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes nur an der Strafrahmenuntergrenze beseitigt werden, stets zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Der Senat schließt jedenfalls aus, dass sich der Rechtsfehler in den vorgenannten Fällen auf die Höhe der verhängten Einzelstrafen, die sich sämtlich im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bewegen, ausgewirkt hat. Damit ist zugleich ein Beruhen des Gesamtstrafenausspruchs auf dem aufgezeigten Rechtsfehler ausgeschlossen.
Soweit das Landgericht den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 30.000 Euro angeordnet und den bei dem Angeklagten sichergestellten Geldbetrag von 3.920 Euro angerechnet hat, ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass es sich hierbei um ein Fassungsversehen handelt. Die bei dem Angeklagten sichergestellten Geldscheine im Wert von 3.920 Euro unterliegen dem Verfall (§ 73 StGB); in Höhe eines Betrages von 26.080 Euro war demgegenüber der Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) anzuordnen. Der Senat hat daher den Tenor entsprechend klargestellt. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Ist die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes nicht möglich, weil der Täter oder Teilnehmer diesen veräußert, verbraucht oder die Einziehung auf andere Weise vereitelt hat, so kann das Gericht gegen ihn die Einziehung eines Geldbetrages anordnen, der dem Wert des Gegenstandes entspricht.

(2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben oder statt der Einziehung eines Gegenstandes treffen, wenn ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Entscheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen nicht oder ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann (§ 74b Absatz 2 und 3 und § 75 Absatz 2). Trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, bemisst sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes.

(3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 231/18
vom
21. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
zu 2.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
ECLI:DE:BGH:2018:210818B2STR231.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – am 21. August 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 1. Februar 2018 wird aufgehoben
a) auf die Revision des Angeklagten M. S. aa) soweit es ihn betrifft im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen bb) im Ausspruch über die Einziehung von Betäubungsmitteln ;
b) auf die Revisionen der Angeklagten M. und I. S. im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen mit den zugehörigen Feststellungen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. S. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. S. unter Freispruch im Übrigen (Fälle II.2 und II.3 der Urteilsgründe) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die „sichergestellten Betäubungsmittel“ eingezogen. Es hat die Angeklagte I. S. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Zudem hat es gegen beide Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 13.670,25 € angeordnet.
2
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten M. S. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die wirksam auf die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen beschränkte und mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Revision der Angeklagten I. S. hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte M. S. spätestens im September 2014, zur Aufbesserung seiner finanziellen Situation mit Betäubungsmitteln zu handeln. Er bestellte unter einer fiktiven Firma über das Internet Betäubungsmittel. Die Lieferung der Drogenpakete erfolgte an ein von ihm beauftragtes Postdienstleistungsunternehmen in W. . Die Aufgabe der Angeklagten I. S. bestand darin, in Kenntnis aller Umstände die Pakete in W. bei dem Postdienstleister abzuholen.
4
Am 10. September 2014 und am 4. November 2014 bestellte der Angeklagte über die Internetplattform eines gesondert verfolgten Lieferanten 100 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 18,6 % Amphetaminbase. Die Betäubungsmittel wurden geliefert und an unbekannte Abnehmer verkauft (Fälle II.1 und II.4 der Urteilsgründe).
5
Im Zeitraum März/April 2015 bestellte der Angeklagte bei einer nicht näher identifizierten Person in Wu. 1.019 Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 112,8 g MDMA-Base, 753,2 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 103,7 g Amphetaminbase, weitere 1.083,4 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 138,6 g Amphetaminbase sowie 968 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 175,9 g Amphetaminbase. Das Paket konnte vor der Versendung am 9. April 2015 in Wu. sichergestellt werden (Fall II.5 der Urteilsgründe).
6
Am 27. August 2015 holte die Angeklagte I. S. mehrere Pakete, in denen sich 29,18 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 18,53 g Kokainhydrochlorid , 674,29 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 396,6 g Amphetaminbase , 49 g MDMA mit einem Wirkstoffgehalt von 34,2 g MDMA-Base sowie 101,44 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 6,39 g Tetrahydrocannabiol befanden, bei dem Postdienstleister in W. ab. Der Angeklagte M. S. hatte das Rauschgift zuvor im Internet bestellt. Der Abholvorgang wurde observiert und die Betäubungsmittel wurden sichergestellt.
Hiervon waren 14 g Kokain und 84 g Haschisch für den Eigenkonsum der Angeklagten bestimmt. Die übrigen Betäubungsmittel waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen (Fall II.6 der Urteilsgründe).

II.

7
Zur Revision des Angeklagten M. S. :
8
Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils deckt zum Schuldspruch sowie zur unterbliebenen Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Die Strafzumessung, die Entscheidung über die Einziehung der Betäubungsmittel sowie die Anordnung zur Einziehung des Wertes von Taterträgen halten hingegen rechtlicher Prüfung nicht stand.
9
1. Die Strafkammer hat ihre Überzeugung zu dem Wirkstoffgehalt in Höhe von 18,6 % der gehandelten Betäubungsmittel in den Fällen II.1 und II.4 allein auf das Geständnis des Angeklagten gestützt. Dies genügt hier nicht.
10
a) Zwar unterfällt auch die Bewertung eines Geständnisses dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 1998 – 2 StR 156/98, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 31). Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das Geständnis dem Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat genügt, ob es in sich stimmig ist und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (BGH, Beschluss vom 5. November 2013 – 2 StR 265/13, NStZ 2014, 170).
11
Eingedenk dessen erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht, wie der Angeklagte in den Fällen II.1 und II.4 einen Wirkstoffgehalt von exakten 18,6 % zugestehen konnte. Das Tatgeschehen liegt mehr als drei Jahre zurück. Die Urteilsgründe lassen offen, wieso dem Angeklagten der prozentual auf eine Nachkommastelle festgestellte Wirkstoffgehalt ohne Begutachtung bekannt und nach diesem relativ langen Zeitraum noch in Erinnerung sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die Strafkammer in keinem der weiteren ausgeurteilten Fälle einen Wirkstoffgehalt von 18,6 % Amphetaminbase festgestellt hat.
12
b) Der Rechtsfehler lässt den Schuldspruch unberührt. In den Fällen II.1 und II.4 lag die Liefermenge bei jeweils 100 g Amphetamin. DieUrteilsgründe belegen, dass der Angeklagte, der als Zwischenhändler für Betäubungsmittel agierte, in allen übrigen Fällen Amphetamin bezog, dessen Wirkstoffmenge deutlich oberhalb von 10 % lag. Es ist daher auszuschließen, dass die Wirkstoffmenge bei beiden Lieferungen die Grenze zur nicht geringen Menge von 10 g Amphetaminbase unterschritt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1StR 302/13, juris Rn. 54; BGH, Urteil vom 11. April 1985 – 1 StR 507/84, BGHSt 33, 169, 170).
13
c) Der Rechtsfehler betrifft jedoch den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten, so dass die Einzelstrafen in den Fällen II.1 und II.4 der Urteilsgründe bereits aus diesem Grund nicht bestehen bleiben können.
14
2. Gegen den Strafausspruch bestehen weitere durchgreifende Bedenken :
15
a) Die Strafkammer hat sowohl bei der Ermittlung des konkreten Strafrahmens wie auch bei der Strafzumessung im engeren Sinn zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, „dass er die Taten begangen hat, ohne selber betäubungsmittelabhängig und damit auf die erzielten Einnahmen zur Finanzie- rung seines Konsums angewiesen gewesen zu sein“. Vielmehr habe er „die Taten aus rein monetärem Interesse zur Verbesserung seines Lebensstandards sowie des Lebensstandards der Angeklagten S. “ begangen.
16
b) Mit der Gewinnerzielungsabsicht hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten einen Umstand in die Strafzumessung eingestellt, der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt. Denn eine Verurteilungwegen Betäubungsmittelhandels setzt tatbestandlich voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 4 StR 393/17, juris Rn. 4 mwN; Senat, Beschluss vom 29. April 2014 – 2 StR 616/13, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Handeltreiben 7). Zudem hat die Strafkammer mit der beim Angeklagten nicht bestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit das Fehlen eines möglichen Strafmilderungsgrundes zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 24. April 2018 – 4 StR 60/18, juris Rn. 5 mwN).
17
3. Die von der Strafkammer in Höhe von 13.670,25 € angeordnete und auf § 73a Abs. 1 StGB nF gestützte Einziehung des Wertes von Taterträgen unterfällt ebenfalls der Aufhebung.
18
a) Die Strafkammer hat festgestellt, dass zwischen dem 15. September 2014 und dem 14. Januar 2016 auf einem gemeinsamen Konto beider Angeklagten bei einer Sparkasse neun Einzahlungen zwischen 15 € und 950 €, in der Gesamtsumme 3.015 €, sowie auf einem Konto beider Angeklagten bei einer Volksbank in der Zeit vom 9. Oktober 2014 bis zum 28. Dezember 2015 14 Einzahlungen zwischen 35 € und 2.065 €, mithin in der Summe 10.655,25 €, erfolgten. Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen die Einziehung des Wertes von Taterträgen auf die Summe dieser beiden Beträge, mithin 12.390,25 €, „beschränkt“ und zur Begründung ausgeführt, dass angesichts der festgestellten strafrechtlichen Aktivitäten der Angeklagten und mangels Anhaltspunkten für eine anderweitige legale Herkunft der Gelder davon auszugehen sei, dass die genannten Beträge aus Drogengeschäften der Angeklagten stammten.
19
b) Die erweiterte Einziehung von Taterträgen gemäß § 73a Abs. 1 StGB setzt voraus, dass das Tatgericht aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe die betreffenden Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt, ohne dass diese selbst im Einzelnen festgestellt werden müssen (BGH, Beschluss vom 4. April 2018 – 3 StR 63/18, juris Rn. 6 mwN). Der bloße Verdacht der illegalen Herkunft des Gegenstandes reicht für dessen Einziehung nicht aus (BT-Drucks. 18/9525, S. 57 f.). Allerdings dürfen – wie stets – an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BGH, Beschluss vom 22. November 1994 – 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 373). Umstände, die eine Anordnung rechtfertigen, können etwa in der Anlasstat selbst (BGH, Beschluss vom 22. November 1994 – 4 StR 516/94, aaO) oder in den persönlichen Verhältnissen des Täters (BGH, Urteil vom 3. September 2009 – 5 StR 207/09, NStZ-RR 2009, 384), insbesondere seinen Einkommensverhältnissen (BGH, Urteil vom 28. November 1995 – 1 StR 619/95, NStZ-RR 1996, 116; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 73a Rn. 12), liegen. Begründen dagegen bestimmte Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass Vermögensgegenstände des Täters aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen und verbleiben deshalb vernünftige Zweifel an ihrer deliktischen Herkunft , steht dies der Anordnung der erweiterten Einziehung dieser Gegenstände entgegen (BGH, Urteil vom 10. Januar 2018 – 5 StR 465/17, juris Rn. 13). Bei auch legalen Einkommensquellen kann die Anordnung nicht auf das bloße Auffinden von Geldmitteln gestützt werden (Senat, Beschluss vom 28. Juli 2004 – 2 StR 209/04, NStZ-RR 2004, 347).
20
Nach diesen Maßstäben vermag hier der bloße Hinweis der Strafkammer , es gebe keine ersichtlich legale Quelle für die Einzahlungen, die uneingeschränkte Überzeugung für eine inkriminierte Herkunft der einzelnen Beträge nicht zu belegen. Die Würdigung der Strafkammer bleibt lückenhaft.
21
Feststellungen zum Vertriebsmodell der Angeklagten, insbesondere welche Beträge diese durch den Drogenhandel erwirtschafteten, hat die Strafkammer nicht getroffen. Die gebotene Auseinandersetzung mit ihren Einkommensund Vermögensverhältnissen hat sie rechtsfehlerhaft unterlassen. Der Angeklagte M. S. ist gelernter Einzelhandelskaufmann. Er arbeitete bis Ende 2017 fortwährend in seinem Ausbildungsbetrieb. Sein Verdienst lag bei 1.800 € netto. Die Angeklagte I. S. war über den gesamten Tatzeitraum Mitarbeiterin bei verschiedenen ambulanten Pflegediensten. Konkrete Feststellungen zu ihrem Verdienst hat die Strafkammer nicht getroffen. Die eher kargen Feststellungen zu den persönlichen Lebensverhältnissen der Angeklagten beschränken sich darauf, dass sich diese durch den Drogenhandel Dinge kaufen konnten (einen Fernseher und eine Wohnlandschaft), die sie sich sonst nicht hätten leisten können. Eine Diskrepanz zwischen Lebensstil und Vermögenslage , die einen Rückschluss auf die Herkunft der eingezahlten Gelder erlaubt, ist damit nicht belegt.
22
c) Die Strafkammer hat zudem nicht bedacht, dass die erweiterte Einziehung von Taterträgen nach § 73a Abs. 1 StGB gegenüber einer Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB subsidiär ist. Die erweiterte Einziehung von Taterträgen setzt mithin voraus, dass nicht festgestellt werden kann, dass die erlangten Gegenstände aus Taten herrühren, die Gegenstand der Verurteilung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2016 – 1 StR 662/15, juris Rn. 9; Beschluss vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, juris Rn. 8) sind. Erst wenn sich das Tatgericht nach Ausschöpfung sämtlicher prozessual zulässiger Mittel von der deliktischen Herkunft der erlangten Gegenstände überzeugt hat, sich aber zugleich außerstande sieht, diese Gegenstände eindeutig den abgeurteilten oder anderen rechtswidrigen Taten zuzurechnen, ist die erweiterte Einziehung von Taterträgen anzuordnen (BGH, Beschluss vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, aaO; Urteil vom 7. Juli 2011 – 3 StR 144/11, juris Rn. 9). Von der Anordnung sind zudem Gegenstände ausgenommen, die nicht ausschließbar aus Taten stammen, die von der Anklage umfasst waren, deretwegen der Angeklagte aber freigesprochen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 – 3 StR 144/11, juris Rn. 10).
23
Die Strafkammer hätte sich daher vor der Anordnung der erweiterten Einziehung von Taterträgen mit der Frage auseinander setzen müssen, ob die von ihr festgestellten Einzahlungen auf den beiden Konten möglicherweise Verkaufserträgen aus den Taten II.1 bzw. II.4 oder solchen aus den Taten II.2 bzw. II.3, wegen derer sie den Angeklagten M. S. freigesprochen hat, zuzuordnen sind. Beide Varianten stehen einer Einziehung nach § 73a Abs. 1 StGB entgegen. Im ersten Fall unterfielen die Beträge der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB. Angesichts des Teilfreispruchs erforderte die erweiterte Einziehung von Taterträgen zudem, dass die Strafkammer positiv ausschließt, dass die eingezahlten Beträge einer der beiden Taten zuzuordnen sind, wegen derer sie den Angeklagten freigesprochen hat.
24
4. Der Senat hebt auch die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ auf, um demneuen Tatrichter die Gelegenheit zu geben, die Einziehungsentscheidung hinreichend bestimmt abzufassen. Der Ausspruch über die Anordnung der Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu kennzeichnen, dass bei allen Beteiligten und bei der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht. Im Falle der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuzie- henden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss (Senat, Urteil vom 5. Juli 2017 – 2 StR 110/17, juris Rn. 13).

III.

25
Zur Revision der Angeklagten I. S. :
26
Die auf die Einziehung der Taterträge beschränkte Revision der Angeklagten führt aus den vorstehenden Erwägungen bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung der Einziehungsentscheidung. Auf die Verfahrensrüge kommt es daher nicht mehr an.
Schäfer Appl Eschelbach Bartel Schmidt

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.