Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2012 - 4 StR 76/12

bei uns veröffentlicht am23.05.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 76/12
vom
23. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 19. Juli 2011 im Ausspruch über den Verfall und den erweiterten Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Des Weiteren hat es den erweiterten Verfall in Höhe von 10.725 € und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 245.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Verfallsanordnungen; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen veräußerte der Angeklagte, der auch über die abgeurteilten Taten hinaus einen umfangreichen Kokainhandel betrieb, im September und Oktober 2009 aus drei Lieferungen 200, 500 und 400 g Kokainzubereitung zum Preis von mindestens 45 € pro Gramm (Taten II. 2, 3 und 5 der Urteilsgründe), wodurch er insgesamt 49.500 € erlöste. Am 18. November 2009 vereinbarte er mit einem Abnehmer die Lieferung von 500 g Kokainzubereitung. Das Rauschgift händigte der Angeklagte entweder selbst noch am selben Tag seinem Abnehmer gegen Erhalt einer Anzahlung auf den Kaufpreis aus, oder er ließ es am Folgetag, an dem der Angeklagte sich in den Libanon absetzte, durch einen „Geschäftspartner“ an den Abnehmer übergeben (Tat II. 7 der Urteilsgründe). Erlöse aus Kokaingeschäften verwendete der Angeklagte, um einem Bekannten ein Darlehen in Höhe von 100.000 € zu gewähren und um im September 2009 ein Fahrzeug BMW X 6 zum Preis von 73.500 € zu erwerben. Die anlässlich der Festnahme beim Angeklagten und in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau aufgefundenen Bargeldbeträge von insgesamt 10.725 € rühren ebenfalls aus dem vom Angeklagten betriebenen Kokainhandel her.
3
Den Verfall von Wertersatz hat die Strafkammer in Höhe der für die abgeurteilten Taten errechneten Erlöse zuzüglich der für die Gewährung des Darlehens und den Erwerb des Fahrzeugs verwendeten Beträge angeordnet. Hinsichtlich der sichergestellten Bargeldbeträge hat es auf den erweiterten Verfall erkannt.

II.


4
Die Anordnung von Verfall und erweitertem Verfall im angefochtenen Urteil hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Annahme des Landgerichts , der Angeklagte habe aus der Tat II. 7 der Urteilsgründe 22.500 € erlangt, wird von den Feststellungen nicht getragen. Ferner hat die Strafkammer das Verhältnis von § 73 StGB zu § 73a StGB und die Unterschiede in den Anordnungsvoraussetzungen für den Verfall und erweiterten Verfall nicht hinreichend beachtet.
5
1. Soweit das Landgericht bei der Berechnung des Wertersatzverfalls davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe aus der Tat II. 7 der Urteilsgründe 22.500 € erlangt, wird dies von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Die Strafkammer hat nicht auszuschließen vermocht, dass das vom Angeklagten am 18. November 2009 abgesprochene Kokaingeschäft erst am Folgetag, als sich der Angeklagte in den Libanon absetzte, durch einen Geschäftspartner des Angeklagten abgewickelt wurde. Dass der Angeklagte selbst eine Gegenleistung erhielt oder an einem von seinem Geschäftspartner entgegengenommenen Erlös eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht erlangte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Tz. 19 f.), lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen.
6
2. a) Bei der Anordnung des Verfalls nach § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255). Dem Verfall unterliegt dabei das, was unmittelbar für die oder aus der abgeurteilten Tat erlangt worden ist. Soweit ein Zugriff auf das unmittelbar Erlangte nicht (mehr) möglich ist und von einem Verfall eines Ersatzgegenstandes ge- mäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen wird, ist nach § 73a Satz 1 StGB der Verfall eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Findet der erweiterte Verfall Anwendung, weil der Angeklagte wegen einer Tat verurteilt wird, für die das Gesetz (hier: § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) auf die Vorschrift des § 73d StGB verweist , erstreckt sich der Verfall auf Vermögensgegenstände des Angeklagten, die unmittelbar für oder aus rechtswidrigen Taten erlangt worden sind, ohne dass diese Taten im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 373). Als Verfallsgegenstände erfasst werden alle im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB aus rechtswidrigen Taten herrührenden Gegenstände oder deren Surrogate gemäß § 73d Abs. 1 Satz 3, § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB, die bei Begehung der den erweiterten Verfall eröffnenden Anknüpfungstat im Vermögen des Angeklagten vorhanden waren (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz - Erweiterter Verfall -, BT-Drucks. 11/6623 S. 8; BGH, Beschlüsse vom 1. Juli 2004 - 4 StR 226/04, StraFo 2004, 394; vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; Urteil vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, BGHR StGB § 73d Gegenstände 4). Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nach der Anknüpfungstat ganz oder teilweise unmöglich geworden, ist nach § 73d Abs. 2 StGB in entsprechender Anwendung des § 73a StGB auf Wertersatzverfall in Höhe des Wertes des ursprünglich dem erweiterten Verfall unterliegenden Gegenstandes zu erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, aaO). Im Verhältnis zur Verfallsanordnung nach § 73 StGB ist der erweiterte Verfall gemäß § 73d Abs. 1 StGB subsidiär. Die Anordnung des § 73d StGB setzt daher voraus, dass nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht festgestellt werden kann, dass die aus oder für rechtswidrige Taten erlangten Gegenstände aus solchen Taten herrühren, die Gegenstand der Verurteilung sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3).
7
b) Das Landgericht hat die zutreffend ermittelten Erlöse aus den Taten II. 2, 3 und 5 der Urteilsgründe in Höhe von insgesamt 49.500 € in voller Höhe der Anordnung des Wertersatzverfalls zugrunde gelegt. Nach den Feststellungen , die zur Herkunft der beim Angeklagten und in der Wohnung seiner geschiedenen Ehefrau sichergestellten Bargeldbeträge getroffen worden sind, bleibt indes die Möglichkeit offen, dass diese Geldscheine ganz oder zum Teil aus den abgeurteilten Taten stammen. In diesem Fall wäre der Verfall der betreffenden Geldscheine und ein um deren Wert verminderter Wertersatzverfall anzuordnen gewesen. Soweit die sichergestellten Bargeldbeträge unmittelbar aus den abgeurteilten Taten erlangt wurden, scheidet die Anordnung des erweiterten Verfalls aus.
8
c) Da das Landgericht nicht festgestellt hat, wann der Angeklagte im September 2009 das Fahrzeug BMW X 6 erwarb, ist nach der Sachverhaltsschilderung im angefochtenen Urteil nicht auszuschließen, dass auch Erlöse aus der Tat II. 2 der Urteilsgründe für den Erwerb verwendet wurden. Bei dieser Konstellation hätte die Strafkammer, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, die betreffenden Erlösanteile bei ihrer Berechnung des Wertersatzverfalls doppelt erfasst. Soweit für den Fahrzeugerwerb Erlöse aus Kokaingeschäften Verwendung fanden, die nicht Gegenstand der Verurteilung sind, ist allein die Möglichkeit des erweiterten Verfalls eröffnet. Dies setzt aber nähere tatsächliche Feststellungen zu den insoweit bei der Begehung der Anknüpfungstaten noch im Vermögen des Angeklagten vorhandenen Vermögensgegenständen voraus, die das Landgericht nicht getroffen hat. Bei einem Fahrzeugerwerb vor der ersten Anknüpfungstat käme als Gegenstand einer Verfallsanordnung nur das Fahrzeug selbst als Surrogat der ursprünglich rechtswidrig erlangten Erlöse (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04; vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, aaO) in Betracht.
9
d) Hinsichtlich der für die Darlehensgewährung an einen Bekannten verwendeten Gelder ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass diese aus Kokaingeschäften stammten, die der Angeklagte vor den hier abgeurteilten Taten durchführte. Damit scheidet aber eine Verfallsanordnung nach §§ 73, 73a StGB aus. Die vom Generalbundesanwalt beantragte Abänderung in eine Anordnung des erweiterten Verfalls kann der Senat nicht vornehmen, da das Landgericht auch insoweit nicht festgestellt hat, welche bestimmten Gegenstände zum Zeitpunkt der Begehung der Anknüpfungstaten im Vermögen des Angeklagten vorhanden waren. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen lässt sich daher der mögliche Gegenstand einer Verfallsanordnung nach § 73d StGB nicht bestimmen.
10
3. Die Anordnung des Verfalls und des erweiterten Verfalls bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der den Verfallsentscheidungen zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., Einleitung Rn. 187 und § 353 Rn. 20). Insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen.
Ernemann Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

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(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

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Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 33 Einziehung


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 215/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur)
der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat
unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als
Zahlungsanspruch erwirbt.
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs
, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren
Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer
Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht
an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge
haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich
hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10 – LG Hagen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Y. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 2. November 2009 aufgehoben, soweit dort hinsichtlich dieser Angeklagten sowie des Angeklagten M. festgestellt ist, "dass der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten T. und Y. werden verworfen. 4. Die Revision des Angeklagten I. wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und Y. sowie den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. des schweren Raubes und die Angeklagten I. sowie Ye. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten und den Angeklagten I. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten - bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung - verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass "der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". Gegen ihre Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten T. , Y. und I. ; der Angeklagte I. beanstandet zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. haben hinsichtlich des Ausspruchs gemäß § 111i Abs. 2 StPO Erfolg; insofern ist die Aufhebung des Urteils auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken. Im Übrigen sind diese Revisionen unbegründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat insgesamt keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen planten die Angeklagten T. , Y. und M. , im "Café " in Hagen, in dem - wie sie wussten - dem illegalen Glücksspiel nachgegangen wurde, einen Überfall zu begehen. Die Angeklagten I. und Ye. beteiligten sich an der Planung, indem sie ihre Orts- und Personenkenntnisse einbrachten. Hierfür sollten sie - wie auch die den Überfall unmittelbar ausführenden Angeklagten T. , Y. und M. - einen Anteil an der Beute erhalten.
3
Entsprechend dem gemeinsamen Plan betraten die Angeklagten T. , Y. und M. am 24. Januar 2009 nach 3.45 Uhr das Café. Der Angeklagte Y. , der eine Schusswaffe oder einen einer Schusswaffe täuschend ähnlich sehenden Gegenstand in der Hand hielt, rief "Überfall" und forderte die vier anwesenden Personen auf, sich auf den Boden zu legen. Anschließend durchsuchten die Angeklagten T. und M. die am Boden Liegenden und nahmen einem Gast 22.000 €, einem anderen 3.500 € und dem Betreiber des Ca- fés 500 € ab. Sodann verließen sie das Café, trafen sich mit dem Angeklagten Ye. und fuhren gemeinsam nach Köln und Duisburg.
4
Ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten das erbeutete Geld im Einzelnen untereinander aufgeteilt haben, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen. Sie geht jedoch davon aus, dass der Angeklagte T. aus der Beute mindestens einen Betrag von 5.500 Euro erhalten hat.
5
2. Die Strafkammer hat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wegen der Ansprüche der Verletzten abgesehen. Hierzu hat sie in den Urteilsgründen ausgeführt (UA 48): Nach Würdigung der Kammer wäre ohne die Ansprüche der Geschädigten ein Verfall von Wertersatz nach §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73a S. 1 StGB in Betracht gekommen, und zwar nicht nur gegenüber den Angeklagten T. und M. hinsichtlich der Beträge, die sie jeweils eigenhändig den verschiedenen Geschädigten abnahmen und über die sie somit - jedenfalls vorübergehend - die faktische Verfügungsgewalt ausübten. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass nach einer wertenden Gesamtbetrachtung zumindest die den Überfall ausführenden drei Angeklagten Mitverfügungsgewalt an der erbeuteten Summe hatten: Sie waren während der Wegnahme gemeinschaftlich vor Ort, führten die Tat im unmittelbaren Zusammenwirken gemeinsam aus und wollten die erbeutete Summe sodann aufteilen.
6
3. Auf die lediglich mit nicht ausgeführten Rügen begründeten Revisionen der Angeklagten I. , T. und Y. hin beantragte der Generalbundesanwalt Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Er hat Bedenken gegen die vom Landgericht nach § 111i Abs. 2 StPO getroffene Entscheidung und meint unter anderem, dass es sachgerecht sei, Mittäter nicht als Gesamtschuldner , sondern nur in Höhe des von ihnen jeweils selbst erlangten Betrags - den er mit 5.500 € angibt - haften zu lassen. Zudem enthalte das Urteil keine konkreten Feststellungen zur Mitverfügungsgewalt aller Mittäter an der (Gesamt -)Beute; auch sei § 73c StGB nicht erörtert.

II.


7
Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaussprüche richten. Hinsichtlich der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO haben sie dagegen Erfolg. Diese Feststellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Strafkammer § 73c Abs. 1 StGB nicht bedacht hat. Die aus diesem Grund gebotene Aufhebung des Urteils zugunsten der Angeklagten T. und Y. ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken.
8
Will der Tatrichter eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO treffen, so hat er nicht nur das Erlangte (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 111i Abs. 2 Satz 3 StPO), zu ermitteln, sondern - im Falle einer schon im Urteilszeitpunkt feststehenden Abweichung - auch den Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. Diesen dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert muss der Tatrichter im Urteilstenor bezeichnen. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO zufällt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten. Diese Vorschrift ist auch in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer anwendbar ; sie kann zur Folge haben, dass gegen sie - auch in verschiedenen Urteilen - in Bezug auf den dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden, für die sie - entsprechend "ihrer" Feststellung - als Gesamt- und teilweise auch als Alleinschuldner in Anspruch genommen oder betroffen werden.
9
1. Der Tatrichter hat, sofern er eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO trifft, das aus der Tat Erlangte bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, zu ermitteln und im Urteil zu bezeichnen.
10
Diese Verpflichtung folgt unmittelbar aus § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO. Dabei ist - wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierungen ergibt - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht", in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. Auch die Regelung in § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO, mit der bestimmt wird, welche Abzüge vom Erlangten bzw. dem entsprechenden Geldbetrag vorgenommen werden dürfen, belegt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass das Erlangte ungeschmälert und in voller Höhe - mithin wie nach §§ 73, 73a StGB ermittelt - anzugeben ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/700 S. 16).
11
Die Bezeichnung des in diesem Sinn Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrages im Urteilstenor ist indes nur in den Fällen unerlässlich, in denen dieser Vermögenswert unverändert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen kann, sich Abweichungen also lediglich aus § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO ergeben können.
12
2. Der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, kann jedoch schon im Zeitpunkt des Urteils vom Erlangten oder dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweichen. In einem solchen Fall muss (allein) dieser Vermögensgegenstand oder Geldbetrag im Tenor des Urteils bezeichnet werden.
13
a) Eine solche Abweichung kann sich schon aus § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO ergeben, nach dem beispielsweise eine (teilweise) Befriedigung des Verletzten vom Erlangten bzw. dessen Wert "in Abzug zu bringen" ist und allein der dann noch verbleibende Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt.
14
Daneben kann eine Minderung des Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrags aber auch auf der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB beruhen.
15
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10; vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 16/700 S. 16: "Die fakultative Ausgestaltung [des § 111i Abs. 2 StPO] trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rechnung" ). Die Anwendbarkeit von § 73c StGB in Zusammenhang mit der Feststel- lung gemäß § 111i Abs. 2 StPO steht aber auch in Einklang mit dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Feststellung, dass Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verfall entgegenstehen, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen "lediglich" aus diesem Grund nicht auf den Verfall erkannt wird. Steht indes schon oder auch die Anwendung der Härtefallregelung des § 73c Abs. 1 StGB dem Verfall entgegen, so beruht dessen (teilweise) Nicht-Anordnung nicht "lediglich" auf den entgegenstehenden Ansprüchen Verletzter. Die Erwägung des Gesetzgebers , dass das Gericht nicht "nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen, also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann, weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16), ist deshalb - wie auch der unmittelbar voranstehende Hinweis auf § 73c StGB zeigt - ersichtlich darauf bezogen, dass das Gericht von dem Vermögenswert, der "lediglich" wegen Ansprüchen Verletzter nicht dem Verfall unterliegt, keine (weiteren) Abschläge nach seinem Ermessen vornehmen darf. Zudem ist - zumal berechtigte Interessen des Verletzten hiervon nicht berührt werden - eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht erkennbar, den oder die vom Verfall betroffenen Angeklagten im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 73c Abs. 1 StGB danach unterschiedlich zu behandeln, ob der Verfall und seine Wirkungen unmittelbar mit Rechtskraft des Urteils eintreten oder sich der (Auffang-)Rechtserwerb des Staates erst nach Ablauf von drei Jahren vollzieht.
16
b) Sofern der Vermögenswert, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt , schon nach dem Ergebnis der tatrichterlichen Hauptverhandlung vom Erlangten bzw. dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweicht , muss (allein) er im Urteilstenor bezeichnet werden.

17
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2010 (2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686) dargelegt, dass die materiell-rechtliche Grundlage für den eventuellen späteren Auffangrechtserwerb aus dem Urteilstenor erkennbar sein soll. Dies erfordert die Angabe des von dem Auffangrechtserwerb gegebenenfalls betroffenen Vermögenswerts. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, "dass das Gericht im Rahmen der [nach § 111i Abs. 2 StPO] zu treffenden Feststellung die einzelnen 'Verfallsgegenstände' bezeichnen muss … [bzw.] den Betrag anzugeben [hat], der dem 'Wertersatzverfall' entspricht" (BT-Drucks. 16/700 S. 16); hiermit "gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs vor" (BT-Drucks. aaO S. 15).
18
3. Bei der Feststellung des dem Auffangrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegenden Vermögenswerts ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, auch wenn die Feststellungen in verschiedenen Urteilen getroffen werden, von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen , wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Mit einer solchen Haftung mehrerer als Gesamtschuldner verbundene Härten können aber - für jeden Mittäter oder Teilnehmer gesondert - durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche ) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau m.w.N.). Bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566; vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257). Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also der aus der Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse gemindert wurde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 252; vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124, 1125 m. Anm. Rönnau).
20
An dieser - von der herrschenden Lehre geteilten (vgl. LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 29, 32; MünchKomm StGB/Jaecks, § 73 Rn. 32; SSWStGB /Burghart, § 73 Rn. 15; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 15) - Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382; vom 3. Mai 2005 - 2 BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221; vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, BVerfGK 8, 143, 147).

21
b) Bereits auf dieser Grundlage ist bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu ermöglichen , dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt.
22
Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1995 - 1 StR 181/95; Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96; Beschlüsse vom 13. November 1996 - 3 StR 482/96, NStZ-RR 1997, 262; vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 29. April 2004 - 4 StR 586/03, NStZ 2005, 454, 455; Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05; Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71; Beschlüsse vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253).
23
Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Gerichte beim Verfall von Wertersatz gegen mehrere an der Tat Beteiligte "auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aussprechen werden" (BT-Drucks. IV/650 S. 245). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
24
Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LKSchmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010, 569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der Senat nicht. Jedoch lässt er dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom 13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06, NStZ-RR 2007, 121; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke).
25
Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, dort z.B. S. 464, 468, 472 f.) würde indes ohne eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt werden. Denn Mittäter könnten "die Verfallerklärung gegen jeden von ihnen [schon] dadurch vereiteln, dass sie Angaben darüber verweigern, in welchem Verhältnis sie die Bestechungsgelder untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den Beuteanteil zu be- schränken, den der jeweilige Mittäter letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (so bereits BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 245; vgl. auch da Rosa NJW 2009, 1702, 1703).
26
Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang (Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "erlangt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftliche Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (SSW-StGB/Burghart, § 73 Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.).
27
Mit der gesamtschuldnerischen Haftung von Mittätern und/oder Teilnehmern ist zudem gewährleistet, dass der Staat den Gesamtanspruch nur einmal erhält. Dem muss im Rahmen der Anwendung der §§ 111b ff. StPO Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa da Rosa NJW 2009, 1702, 1703 ff.; Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren , 2010, S. 44). Gerade der Zusammenhang zwischen §§ 73 ff. StGB und §§ 111b ff. StPO legt die gesamtschuldnerische Haftung nahe. Denn die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO bezwecken auch den Schutz des Opfers (BT-Drucks. 16/700 S. 1; Sotiriadis aaO S. 466), dessen Zugriffsmöglichkeiten nach diesen Vorschriften indes regelmäßig (zumindest auch) die ihm gegenüber bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Täter und/oder Teilnehmer (§§ 830, 840 Abs. 1 BGB) zur Grundlage haben. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei der hier in Frage stehenden Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO verhindern wollte, dass - etwa dem Vorschlag des Generalbundesanwalts im vorliegenden Fall folgend, die Mittäter jeweils nur in Höhe von 5.500 € zu belasten - der Tatrichter "nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach … [vornimmt], weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16).
28
Vor diesem Hintergrund steht der Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung die nach Einführung des Bruttoprinzips ohnehin zweifelhafte (vgl. Sotiriadis aaO S. 166 ff.) Anknüpfung an die "Sichtweise des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts" (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 20 ff.) nicht entgegen, bei dem eine gesamtschuldnerische Haftung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 812 BGB grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 309 m.w.N.).
29
c) Jedoch können auch bei Haftung mehrerer als Gesamtschuldner etwaige Härten durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
30
§ 73c StGB ist - wie oben ausgeführt - im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Dies kann - abhängig insbesondere von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242) zur Folge haben, dass bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern unterschiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sind. Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass "Mittelabflüsse" - etwa durch eine Beuteteilung - im Rahmen der Prüfung der Härtevorschrift des § 73c StGB von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566), dass also die Weitergabe des zunächst Erlangten bei § 73c StGB Berücksichtigung finden kann, wenn kein - ausreichendes - Vermögen mehr vorhanden ist oder eine Verfallsanordnung eine unbillige Härte wäre (BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03). Nichts anderes gilt im Fall einer Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer als Gesamtschuldner.
31
4. Auf dieser Grundlage begegnet es zwar an sich keinen Bedenken, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO das von den Angeklagten T. , Y. und M. aus der Tat Erlangte mit insgesamt 26.000 € festgestellt hat. Insofern hat der Senat - anders als der Generalbundesanwalt - insbesondere keine Bedenken gegen die Annahme, diese die Tat unmittelbar ausführenden Angeklagten hätten noch am Tatort an der gesamten Beute (Mit-)Verfügungsmacht erlangt. Der Senat entnimmt jedoch den Ausführungen der Strafkammer, dass sie mit dieser Feststellung nicht (nur) das von diesen Angeklagten Erlangte, sondern den Betrag bezeichnen wollte, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffang- rechtserwerb des Staates unterliegt. Die hierbei schon angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten gebotene Prüfung des § 73c StGB hat das Landgericht indes unterlassen und "allein" wegen der Ansprüche der Verletzten auf die Anordnung des Verfalls verzichtet (UA 48). Der Senat hebt deshalb diese Entscheidung insgesamt auf. Einer Aufhebung der ihr zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen wurden; Ergänzungen - etwa zur weiteren Entwicklung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten - sind hierzu zulässig.
32
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, denn auch bei ihm beruht die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO auf dem oben aufgezeigten sachlich -rechtlichen Mangel. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermessensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567). Denn der Rechtsfehler liegt vorliegend schon darin, dass die Strafkammer ersichtlich von der (grundsätzlichen) Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, 569 m. Anm. Spillecke).
33
5. Für das weitere Verfahren und im Hinblick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. Juni 2010 (dort S. 7, 8) weist der Senat auf Folgendes hin:
34
Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen nur einen Teil der Angeklagten oder gegen mehrere Angeklagte in unterschiedlicher Höhe ist es geboten, im Urteilstenor die von der Feststellung betroffenen Angeklagten und - ihnen zugeordnet - den oder die Vermögenswerte zu bezeichnen, die gemäß § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen können. Dies kann - bei unterschiedlich hohen Beträgen - etwa wie folgt formuliert werden: "Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von …, gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … und gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen."
35
Eine nähere Bezeichnung des oder der Verletzten und der ihnen zustehenden Ansprüche ist im Urteilstenor dagegen nicht geboten (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 111i Rn. 9 m.w.N.). Auch die Kennzeichnung der Haftung des oder der Angeklagten als Gesamtschuldner muss nicht in den Urteilstenor aufgenommen werden, um den Urteilstenor von allem freizuhalten, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgaben dient (Meyer-Goßner aaO § 260 Rn. 20 m.w.N.). Insofern genügt vielmehr - auch bei gesamtschuldnerischer Haftung mit in anderen Verfahren oder noch nicht abgeurteilten Mittätern oder Teilnehmern -, dass sich diese (soweit möglich) aus den Urteilsgründen ergibt. Denn in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung kann erst das nach § 111i Abs. 6 StPO zur Entscheidung berufene Gericht einen Vermögenszuwachs auf Seiten des Staates verhindern, der das von den Tätern und Teilnehmer Erlangte übersteigt, und beurteilen, ob und gegebenenfalls welche (möglicherweise erst später bekannt gewordenen) Gesamtschuldner in welcher Höhe haften und ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verletzte - etwa durch Leistungen eines anderen Gesamtschuldners - im Sinne des § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO befriedigt wurde.
36
Ausführungen zu durchgeführten und/oder aufrecht erhaltenen Arrestund Vollstreckungsmaßnahmen sind dagegen auch in den Urteilsgründen regelmäßig entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686).

III.


37
Die Revision des Angeklagten I. ist insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Er ist - wie auch der Mitangeklagte Ye. - von der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht betroffen, da sich diese ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils allein auf die Mittäter, nicht aber die Gehilfen des Raubes bezieht.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 119/10
vom
20. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 20. April 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 18. November 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen sie den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 7.419,72 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen tateinheitlichen - täterschaftlich begangenen - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
Nach den Feststellungen begleitete die Angeklagte ihren damaligen Lebensgefährten B. bei einer Fahrt in die Niederlande. Ihr war dabei bekannt, dass B. dort Betäubungsmittel kaufen wollte, um diese in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Sie wusste weiterhin, dass B. sie mitnahm, um bei dem Grenzübertritt nicht aufzufallen. In den Niederlanden erwarb B. 50 g Kokaingemisch, das er - wie geplant - in Begleitung der Angeklagten in das Bundesgebiet einführte und in der Folge dort verkaufte.
4
Diese Feststellungen belegen nicht täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten. Sie hatte danach weder Einfluss auf den Erwerb der Betäubungsmittel noch auf deren Weiterverkauf. Die Tätigkeit der Angeklagten erschöpfte sich darin, B. bei der Einfuhr der Betäubungsmittel durch ihre Anwesenheit zu unterstützen. Ihr Tatbeitrag ist somit rechtlich nicht als täterschaft- liches Handeltreiben, sondern als Beihilfe zu dem Handeltreiben des B. zu werten (vgl. auch BGHSt 51, 219, 223 Rn. 11). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
5
2. Auch der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben.
6
a) Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht straferschwerend berücksichtigt, dass die Angeklagte den Handel mit Betäubungsmitteln "aus reinem Gewinnstreben betrieben hat, ohne sich etwa aufgrund eigener Sucht zum Verkauf von Drogen gezwungen zu sehen". Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (Senat, Beschluss vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00 m.w.N.), zumal das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagte ab dem Tode ihres Vaters im Januar 2008, das heißt im Tatzeitraum, Drogen konsumiert hat. In Anbetracht dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erlöse aus den Drogenverkäufen jedenfalls auch der Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums gedient haben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - 3 StR 294/09). Der Senat hebt daher die Einzelstrafen und den Ausspruch über die Gesamtstrafe auf, da - trotz der verhängten maßvollen Strafen - nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler auf mildere Freiheitsstrafen erkannt hätte.
7
b) Zur Verfallsentscheidung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfall des bei der Angeklagten sichergestellten Geldes (insgesamt 6.070,00 €) sowie des aus der Verwertung eines sichergestellten Pkw's der Angeklagten erzielten Erlöses von 1.349,72 € sei "gemäß § 73 StGB" anzuordnen, da davon auszugehen sei, dass sie dieses Geld durch die Veräußerung von Kokain erlangt habe. Die Angeklagte, deren sonstigen Einnahmen nach eigenen Angaben nicht zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausgereicht hätten, habe keine plausible Erklärung vorbringen können, auf welche andere Weise sie in den Besitz des Geldes gekommen sei.
8
Diese Ausführungen lassen bereits besorgen, dass das Landgericht das Verhältnis zwischen § 73 StGB (Verfall) und § 73 d StGB (erweiterter Verfall) nicht bedacht hat. Bei § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein, das heißt, das Gericht muss zur Überzeugung gelangen, dass der Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en) etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. § 73 d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGHSt 40, 371, 373) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73 d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08 m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73 d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat aaO).
9
Im Übrigen unterliegt dem Verfall - sei es nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB oder nach § 73 d Abs. 1 Satz 1 StGB - stets nur das, was unmittelbar aus der oder für die Tat erlangt worden ist. Bei der Anordnung des Verfalles sichergestellten Dealgeldes muss es sich daher um die nämlichen Geldscheine handeln, die durch die Drogenverkäufe erlangt worden sind. Befinden sich diese nicht mehr im Besitz des Täters, ist ihr Verfall somit aus tätsächlichen Gründen nicht (mehr) möglich, kommt gemäß § 73 a Satz 1 StGB die Anordnung eines Geldbetrages in Betracht, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Hierbei ist - vorbehaltlich einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB - unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips (vgl. hierzu Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rn. 7) auf den aus den Drogenverkäufen erlangten Gesamterlös abzustellen.
10
Die Sache bedarf daher auch zur Verfallsentscheidung neuer Verhandlung und Entscheidung.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien Athing Ernemann ist infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Athing Cierniak Mutzbauer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 226/04
vom
1. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 1. Juli 2004 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 2. März 2004 im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, den "Verfall" eines Geldbetrages in Höhe von 3.500 Euro angeordnet und die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittelmengen sowie weiterer tatbezogener Gegenstände erklärt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsre chtfertigung hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Überzeugung des Landgerichts, der Angeklagte sei nicht nur Kurier in Bezug auf die großen Betäubungsmittelmengen gewesen, die in dem von ihm übernommenen Pkw in einem doppelten Boden versteckt waren, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage und stellt sich nicht lediglich als eine bloße Vermutung dar.
2. Dagegen hält der Strafausspruch der rechtlichen Nachp rüfung nicht stand. Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten gewertet, er habe "zur Beschaffung der Betäubungsmittel wenigstens eine weitere Person miteinbezogen , welche das mit Drogen beladene Tatfahrzeug auf dem Wal-MartParkplatz bei Wiesbaden abstellte" (UA 16). Daß der Angeklagte andere, nicht bereits tatbereite Personen in die Tatbegehung verstrickt hat, ist jedoch nicht belegt. Vielmehr liegt es nahe, daß der Pkw mit den darin versteckten Betäubungsmitteln entweder von dem Verkäufer selbst oder durch einen von diesem bestimmten Kurier zum Übergabeort gebracht wurde. Darin könnte ein straferhöhender Gesichtspunkt zum Nachteil des Angeklagten nicht gesehen werden. Schon angesichts der Höhe der vom Landgericht verhängten Freiheitsstrafe kann der Senat nicht ausschließen, daß der Strafausspruch auf dieser Erwägung beruht.
3. Auch die Anordnung des "Verfalls" (richtig: erweite rter Ersatzverfall § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. §§ 73 a, 73 d StGB) hat keinen Bestand, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht dargetan sind. Die Anordnung des erweiterten Verfalls setzt die uneingeschränkte tatrichterliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände voraus, hinsichtlich deren der
erweiterte Verfall angeordnet wird (BGHSt 40, 371; bestätigt durch BVerfG, Beschluß vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95). Diese Überzeugung hat das Landgericht hinsichtlich des bei dem Angeklagten nach seiner Festnahme sichergestellten Geldes (2.070,04 Euro sowie 1.000 US-Dollar im Umtauschwert von 822,37 Euro) gerade nicht gewonnen. Vielmehr ist es insoweit aufgrund einer Wahrunterstellung davon ausgegangen, daß der Angeklagte das Bargeld , "soweit es sich um EUR handelte, von seinem Bruder und einem Bekannten zum Ankauf einer Kasse und eines Flachbildschirms erhalten" hatte (UA 11); ferner hat das Landgericht – wie der Senat einer zulässig erhobenen Verfahrensbeschwerde entnimmt – als wahr unterstellt, daß der Angeklagte von einem Bekannten 800 € für einen gemeinsamen Urlaub erhalten hatte. Die Strafkammer hat demgemäß die Anordnung des erweiterten Verfalls von 3.500 Euro auch nicht auf die sichergestellten Gelder gestützt, sondern hat die Maßnahme damit begründet, daß der Angeklagte nach der glaubhaften Aussage des Zeugen E. aus früheren, nicht verfahrensgegenständlichen Amphetamingeschäften mit diesem mindestens einen Betrag in jener Höhe erlangt hat (UA 16). Dies könnte die Anordnung des erweiterten (Ersatz)Verfalls jedoch nur rechtfertigen, wenn ein entsprechender Vermögenswert bei Begehung der Anknüpfungstat (hier: 24. Juni 2003) beim Angeklagten noch vorhanden war (BGH NStZ 2003, 422, 423; BGHR StGB § 73 d Gegenstände 4; Tröndle /Fischer StGB 52. Aufl. § 73 d Rdn. 11, 17). Daß dies hier der Fall war, ist nicht festgestellt. Die dem Angeklagten zweckgebunden zur Verfügung gestellten Gelder, die ihm - wovon nach den Feststellungen auszugehen ist - nicht gehörten (vgl. Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 73 d Rdn. 7), müssen dabei außer Betracht bleiben.
Über die Strafe und die Anordnung eines Verfalls ist daher neu zu entscheiden.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 541/00
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2001,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Kutzer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
Pfister,
von Lienen
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. April 2000 im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit ein 194.400 DM übersteigender Betrag für verfallen erklärt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen und wegen des Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Außerdem hat es Rauschgift, ein Kleinkalibergewehr sowie Munition eingezogen und den Verfall von 250.000 DM (194.400 DM Verfall von Wertersatz und 55.600 DM erweiterter Verfall) angeordnet. Mit seiner Revision erhebt der Angeklagte eine Verfahrensrüge und beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Die Staats-
anwaltschaft wendet sich mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision nur gegen den Ausspruch über den erweiterten Verfall. Das wirksam auf die Höhe der Verfallsanordnung beschränkte (vgl. BGHR StGB § 73 b Schätzung 2; BGH NStZ-RR 1997, 270 f) Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten nur im Ausspruch über den erweiterten Verfall. 1. Die Strafkammer hat folgende Feststellungen getroffen: Im Zeitraum Ende 1994 bis Februar/März 1996 verkaufte der Angeklagte in sechs Fällen insgesamt mindestens 15 Kilogramm Haschisch an den gesondert verfolgten Zeugen G. (Fälle III. 1. - 6.). In einem weiteren Fall (Fall III. 7.) wurden im Juli 1995 ca. 25 Kilogramm Haschisch, die der Angeklagte bei seinem niederländischen Lieferanten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestellt hatte, kurz nach der Einreise des Rauschgiftkuriers in die Bundesrepublik Deutschland von der Polizei sichergestellt. In weiteren vier Fällen verkaufte der Angeklagte in der Zeit zwischen Mai 1997 bis Juni 1998 an den Zeugen H. jeweils mindestens vier Kilogramm Haschisch (Fälle III. 8. - 11.). Weiterhin hielt der Angeklagte im September 1998 sechs Kilogramm Haschisch und um Weihnachten 1998 20 Kilogramm Haschisch in einem Erdbunker vorrätig, die er zum größten Teil gewinnbringend weiterverkaufte (Fälle III. 12. und 13.). Am 16. Januar 1999 verwahrte er in zwei Erdbunkern zum Weiterverkauf bestimmte 4.362,99 Gramm Haschisch, das sichergestellt wurde (Fall III. 14.). Das Haschisch hatte einen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von mindestens 6 % THC. Außerdem verfügte der Angeklagte am 29. Januar 1999 über ein Kleinkalibergewehr mit 185 Schuß Munition. 2. Die auf die Revision des Angeklagten erfolgte Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch, zum Strafausspruch, zur Einziehungsanordnung
und zur Entscheidung über den Verfall von Wertersatz in Höhe von 194.400 DM keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Die verfahrensrechtliche Beanstandung, das Landgericht habe bei der Würdigung der den Angeklagten entlastenden Aussage des Zeugen W. seine Überzeugung nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft (§ 261 StPO), ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Entgegen der Meinung der Verteidigung zieht die Strafkammer den Schluß, auf die Aussage dieses Zeugen könne nichts gestützt werden (UA S. 68), nicht vorrangig aus dem persönlichen Eindruck (vgl. BGHSt 45, 354), den der als einziges Mitglied des erkennenden Gerichts bei der kommissarischen Vernehmung anwesende Strafkammervorsitzende außerhalb der Hauptverhandlung gewonnen hatte, sondern - unabhängig vom persönlichen Eindruck des Strafkammervorsitzenden - aus ihrer auf Grund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung gewonnenen Überzeugung, der Zeuge habe hinsichtlich des Haschischgeschäfts vom 18. Juli 1995, insbesondere des dem Kurier Wi. erteilten Auftrags, das Rauschgift in einem Erdbunker des Angeklagten in der Nähe von Haselünne zu deponieren, bewußt die Unwahrheit gesagt. Von dem insgesamt für verfallen erklärten Betrag von 250.000 DM hat das Landgericht einen Teilbetrag in Höhe von 194.400 DM ohne Rechtsfehler als Verfall von Wertersatz angeordnet (§§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a StGB), der sich aus dem Verkauf von 54 kg Haschisch zu dem rechtsfehlerfrei festgestellten durchschnittlichen Verkaufspreis von 3.600 DM/kg errechnet. Dabei ist es zutreffend vom Bruttoprinzip ausgegangen (vgl. BGH NStZ 94, 123 f.).
3. Die Anordnung des erweiterten Verfalls von weiteren 55.600 DM gemäß § 73 d Abs. 1 und 2, §§ 73 a, 73 b StGB hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hält die Voraussetzungen dieser Vorschriften deshalb für gegeben, weil der Angeklagte nach ihrer Überzeugung aus Haschischgeschäften auch mit anderen Abnehmern als den Hauptbelastungszeugen G. und H. zusätzlich etwa ein Drittel des für verfallen erklärten Wertersatzes von 194.400 DM erlangt hat (UA S. 116 f.). Dabei hat es auch berücksichtigt , daß der Angeklagte, der seit 1982 keiner geregelten Arbeit nachging , sondern mit antiken Möbeln, Oldtimern, Emailleschildern sowie mit Wein und Sekt handelte, Eigentümer eines von seinem Vater bezahlten, lastenfreien Anwesens, einer Münzsammlung im Wert von ca. 11.195 DM und zweier älterer Personenkraftwagen war und über Sparguthaben in der Gesamthöhe von ca. 274.250 DM verfügte. Mit diesen Erwägungen sind die Voraussetzungen für den erweiterten Verfall nicht festgestellt. Bei den vom Angeklagten begangenen Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kommt ein erweiterter Verfall in Betracht, weil § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG auf § 73 d StGB verweist. Gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 , § 73 d Abs. 1 StGB unterliegen dem erweiterten Verfall aber nur Gegenstände des an der rechtswidrigen Tat Beteiligten, d.h. solche Sachen oder Rechte, die diesem zum Zeitpunkt der Verfallsanordnung gehören oder zustehen (vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 d Rdn. 27, 29 m.w.Nachw.; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 d Rdn. 11) oder - wegen eines zivilrechtlich unwirksamen Erwerbsaktes (vgl. BGHSt 31, 145) - nur deshalb nicht gehören oder zustehen, weil er sie für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat, sowie die Surrogate solcher Gegenstände. Ist Geld
erlangt, sind Gegenstand des Verfalls nicht nur die Geldbeträge als solche, sondern auch die Gegenstände, die der Tatbeteiligte mit dem Geld erworben hat (vgl. Schmidt aaO § 73 Rdn. 46). Die Gegenstände können bei einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift nur dann für verfallen erklärt werden , wenn der Tatrichter nach Beweiserhebung und Beweiswürdigung davon überzeugt ist, daß die von der Verfallsanordnung erfaßten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne daß diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGHSt 40, 371, 373; BGH NStZ-RR 1998, 297). Befinden sich Sachen oder Rechte, die dem erweiterten Verfall unterlegen hätten und die bei Begehung der Anknüpfungstat noch vorhanden waren (vgl. Schmidt, aaO § 73 d Rdn. 53 m.w.Nachw.; Eser, aaO § 73 d Rdn. 17; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 73 d Rdn. 5), nicht mehr im Vermögen des Tatbeteiligten, kann der Verfall eines dem Wert des ursprünglich dem Verfall unterliegenden Gegenstandes entsprechenden Geldbetrags angeordnet werden (§ 73 d Abs. 2 i.V.m. § 73 a Satz 1 StGB), wobei insoweit eine Schätzung zulässig ist (§ 73 d Abs. 2 i.V.m. § 73 b StGB). Wie die Verteidigung mit Recht beanstandet, hat das Landgericht keinen bestimmten, für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangten Vermögensgegenstand des Angeklagten oder dessen Surrogat konkretisiert, der dem erweiterten Verfall unterlegen wäre und für den der Verfall von Wertersatz in Betracht kommen könnte, weil er in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden ist. Die Urteilsgründe erschöpfen sich vielmehr darin, anhand der Betäubungsmittelgeschäfte , die Gegenstand der Verurteilung sind, nachzuweisen, daß der Angeklagte noch andere Abnehmer als die Zeugen G. und H. hatte, und dann - ohne eine tragfähige Grundlage - eine im Gesetz nicht vorgesehene , unsubstantiierte Schätzung mit ca. einem Drittel des Verkaufspreises der nachgewiesenen Haschischgeschäfte vorzunehmen.
4. Der Senat hebt nur die Entscheidung über den erweiterten Verfall mit den zugehörigen Feststellungen auf, läßt den Rechtsfolgenausspruch aber im übrigen bestehen. Da der erweiterte Verfall nur einen unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachs abschöpfen will, ist die mit ihm verbundene Vermögenseinbuße kein Strafmilderungsgrund (vgl. BGHR StGB § 73 d Strafzumessung 1; BGH NStZ 2000, 137). Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß die Grundlagen für eine Entscheidung über den erweiterten Verfall zweckmäßigerweise gewonnen werden (vgl. BGH NStZ 1995, 125 unter 2.; Schmidt, aaO § 73 d Rdn. 44 f.), indem von den Vermögenswerten des Angeklagten die darin enthaltenen legal eingenommenen Geldbeträge - wie die Zuwendungen des Vaters, die Leistungen der Berufsgenossenschaft und die Gewinne aus den Handelsgeschäften - sowie der Nettogewinn, der in dem rechtsfehlerfrei für verfallen erklärten Betrag von 194.400 DM enthalten ist, abgezogen werden und die verbleibende Differenz unter Berücksichtigung der erforderlichen Ausgaben zur Bestreitung des Lebensunterhalts daraufhin untersucht wird, ob es sich um plausible Einkünfte aus legalen Einkommensquellen handeln kann oder nicht. Für die Überzeugungsbildung der Strafkammer können dabei auch
Hinweise auf weitere, von der Verurteilung nicht erfaßte Betäubungsmittelgeschäfte (vgl. BGH, Beschl. vom 10. Februar 1998 - 4 StR 4/98) sowie die Zeitpunkte , zu denen die einzelnen Vermögensgegenstände erworben wurden, von Bedeutung sein. Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 541/00
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2001,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Kutzer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
Pfister,
von Lienen
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. April 2000 im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit ein 194.400 DM übersteigender Betrag für verfallen erklärt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen und wegen des Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Außerdem hat es Rauschgift, ein Kleinkalibergewehr sowie Munition eingezogen und den Verfall von 250.000 DM (194.400 DM Verfall von Wertersatz und 55.600 DM erweiterter Verfall) angeordnet. Mit seiner Revision erhebt der Angeklagte eine Verfahrensrüge und beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Die Staats-
anwaltschaft wendet sich mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision nur gegen den Ausspruch über den erweiterten Verfall. Das wirksam auf die Höhe der Verfallsanordnung beschränkte (vgl. BGHR StGB § 73 b Schätzung 2; BGH NStZ-RR 1997, 270 f) Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten nur im Ausspruch über den erweiterten Verfall. 1. Die Strafkammer hat folgende Feststellungen getroffen: Im Zeitraum Ende 1994 bis Februar/März 1996 verkaufte der Angeklagte in sechs Fällen insgesamt mindestens 15 Kilogramm Haschisch an den gesondert verfolgten Zeugen G. (Fälle III. 1. - 6.). In einem weiteren Fall (Fall III. 7.) wurden im Juli 1995 ca. 25 Kilogramm Haschisch, die der Angeklagte bei seinem niederländischen Lieferanten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestellt hatte, kurz nach der Einreise des Rauschgiftkuriers in die Bundesrepublik Deutschland von der Polizei sichergestellt. In weiteren vier Fällen verkaufte der Angeklagte in der Zeit zwischen Mai 1997 bis Juni 1998 an den Zeugen H. jeweils mindestens vier Kilogramm Haschisch (Fälle III. 8. - 11.). Weiterhin hielt der Angeklagte im September 1998 sechs Kilogramm Haschisch und um Weihnachten 1998 20 Kilogramm Haschisch in einem Erdbunker vorrätig, die er zum größten Teil gewinnbringend weiterverkaufte (Fälle III. 12. und 13.). Am 16. Januar 1999 verwahrte er in zwei Erdbunkern zum Weiterverkauf bestimmte 4.362,99 Gramm Haschisch, das sichergestellt wurde (Fall III. 14.). Das Haschisch hatte einen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von mindestens 6 % THC. Außerdem verfügte der Angeklagte am 29. Januar 1999 über ein Kleinkalibergewehr mit 185 Schuß Munition. 2. Die auf die Revision des Angeklagten erfolgte Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch, zum Strafausspruch, zur Einziehungsanordnung
und zur Entscheidung über den Verfall von Wertersatz in Höhe von 194.400 DM keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Die verfahrensrechtliche Beanstandung, das Landgericht habe bei der Würdigung der den Angeklagten entlastenden Aussage des Zeugen W. seine Überzeugung nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft (§ 261 StPO), ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Entgegen der Meinung der Verteidigung zieht die Strafkammer den Schluß, auf die Aussage dieses Zeugen könne nichts gestützt werden (UA S. 68), nicht vorrangig aus dem persönlichen Eindruck (vgl. BGHSt 45, 354), den der als einziges Mitglied des erkennenden Gerichts bei der kommissarischen Vernehmung anwesende Strafkammervorsitzende außerhalb der Hauptverhandlung gewonnen hatte, sondern - unabhängig vom persönlichen Eindruck des Strafkammervorsitzenden - aus ihrer auf Grund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung gewonnenen Überzeugung, der Zeuge habe hinsichtlich des Haschischgeschäfts vom 18. Juli 1995, insbesondere des dem Kurier Wi. erteilten Auftrags, das Rauschgift in einem Erdbunker des Angeklagten in der Nähe von Haselünne zu deponieren, bewußt die Unwahrheit gesagt. Von dem insgesamt für verfallen erklärten Betrag von 250.000 DM hat das Landgericht einen Teilbetrag in Höhe von 194.400 DM ohne Rechtsfehler als Verfall von Wertersatz angeordnet (§§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a StGB), der sich aus dem Verkauf von 54 kg Haschisch zu dem rechtsfehlerfrei festgestellten durchschnittlichen Verkaufspreis von 3.600 DM/kg errechnet. Dabei ist es zutreffend vom Bruttoprinzip ausgegangen (vgl. BGH NStZ 94, 123 f.).
3. Die Anordnung des erweiterten Verfalls von weiteren 55.600 DM gemäß § 73 d Abs. 1 und 2, §§ 73 a, 73 b StGB hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hält die Voraussetzungen dieser Vorschriften deshalb für gegeben, weil der Angeklagte nach ihrer Überzeugung aus Haschischgeschäften auch mit anderen Abnehmern als den Hauptbelastungszeugen G. und H. zusätzlich etwa ein Drittel des für verfallen erklärten Wertersatzes von 194.400 DM erlangt hat (UA S. 116 f.). Dabei hat es auch berücksichtigt , daß der Angeklagte, der seit 1982 keiner geregelten Arbeit nachging , sondern mit antiken Möbeln, Oldtimern, Emailleschildern sowie mit Wein und Sekt handelte, Eigentümer eines von seinem Vater bezahlten, lastenfreien Anwesens, einer Münzsammlung im Wert von ca. 11.195 DM und zweier älterer Personenkraftwagen war und über Sparguthaben in der Gesamthöhe von ca. 274.250 DM verfügte. Mit diesen Erwägungen sind die Voraussetzungen für den erweiterten Verfall nicht festgestellt. Bei den vom Angeklagten begangenen Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kommt ein erweiterter Verfall in Betracht, weil § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG auf § 73 d StGB verweist. Gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 , § 73 d Abs. 1 StGB unterliegen dem erweiterten Verfall aber nur Gegenstände des an der rechtswidrigen Tat Beteiligten, d.h. solche Sachen oder Rechte, die diesem zum Zeitpunkt der Verfallsanordnung gehören oder zustehen (vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 d Rdn. 27, 29 m.w.Nachw.; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 d Rdn. 11) oder - wegen eines zivilrechtlich unwirksamen Erwerbsaktes (vgl. BGHSt 31, 145) - nur deshalb nicht gehören oder zustehen, weil er sie für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat, sowie die Surrogate solcher Gegenstände. Ist Geld
erlangt, sind Gegenstand des Verfalls nicht nur die Geldbeträge als solche, sondern auch die Gegenstände, die der Tatbeteiligte mit dem Geld erworben hat (vgl. Schmidt aaO § 73 Rdn. 46). Die Gegenstände können bei einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift nur dann für verfallen erklärt werden , wenn der Tatrichter nach Beweiserhebung und Beweiswürdigung davon überzeugt ist, daß die von der Verfallsanordnung erfaßten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne daß diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGHSt 40, 371, 373; BGH NStZ-RR 1998, 297). Befinden sich Sachen oder Rechte, die dem erweiterten Verfall unterlegen hätten und die bei Begehung der Anknüpfungstat noch vorhanden waren (vgl. Schmidt, aaO § 73 d Rdn. 53 m.w.Nachw.; Eser, aaO § 73 d Rdn. 17; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 73 d Rdn. 5), nicht mehr im Vermögen des Tatbeteiligten, kann der Verfall eines dem Wert des ursprünglich dem Verfall unterliegenden Gegenstandes entsprechenden Geldbetrags angeordnet werden (§ 73 d Abs. 2 i.V.m. § 73 a Satz 1 StGB), wobei insoweit eine Schätzung zulässig ist (§ 73 d Abs. 2 i.V.m. § 73 b StGB). Wie die Verteidigung mit Recht beanstandet, hat das Landgericht keinen bestimmten, für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangten Vermögensgegenstand des Angeklagten oder dessen Surrogat konkretisiert, der dem erweiterten Verfall unterlegen wäre und für den der Verfall von Wertersatz in Betracht kommen könnte, weil er in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden ist. Die Urteilsgründe erschöpfen sich vielmehr darin, anhand der Betäubungsmittelgeschäfte , die Gegenstand der Verurteilung sind, nachzuweisen, daß der Angeklagte noch andere Abnehmer als die Zeugen G. und H. hatte, und dann - ohne eine tragfähige Grundlage - eine im Gesetz nicht vorgesehene , unsubstantiierte Schätzung mit ca. einem Drittel des Verkaufspreises der nachgewiesenen Haschischgeschäfte vorzunehmen.
4. Der Senat hebt nur die Entscheidung über den erweiterten Verfall mit den zugehörigen Feststellungen auf, läßt den Rechtsfolgenausspruch aber im übrigen bestehen. Da der erweiterte Verfall nur einen unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachs abschöpfen will, ist die mit ihm verbundene Vermögenseinbuße kein Strafmilderungsgrund (vgl. BGHR StGB § 73 d Strafzumessung 1; BGH NStZ 2000, 137). Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß die Grundlagen für eine Entscheidung über den erweiterten Verfall zweckmäßigerweise gewonnen werden (vgl. BGH NStZ 1995, 125 unter 2.; Schmidt, aaO § 73 d Rdn. 44 f.), indem von den Vermögenswerten des Angeklagten die darin enthaltenen legal eingenommenen Geldbeträge - wie die Zuwendungen des Vaters, die Leistungen der Berufsgenossenschaft und die Gewinne aus den Handelsgeschäften - sowie der Nettogewinn, der in dem rechtsfehlerfrei für verfallen erklärten Betrag von 194.400 DM enthalten ist, abgezogen werden und die verbleibende Differenz unter Berücksichtigung der erforderlichen Ausgaben zur Bestreitung des Lebensunterhalts daraufhin untersucht wird, ob es sich um plausible Einkünfte aus legalen Einkommensquellen handeln kann oder nicht. Für die Überzeugungsbildung der Strafkammer können dabei auch
Hinweise auf weitere, von der Verurteilung nicht erfaßte Betäubungsmittelgeschäfte (vgl. BGH, Beschl. vom 10. Februar 1998 - 4 StR 4/98) sowie die Zeitpunkte , zu denen die einzelnen Vermögensgegenstände erworben wurden, von Bedeutung sein. Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 144/11
vom
7. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Juli2011,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
- in der Verhandung - ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
- bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 13. September 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls und des erweiterten Verfalls unterblieben ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem Fall mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die Einziehung verschiedener Gegenstände angeordnet. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staats- anwaltschaft Revision eingelegt. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 7. Juli 2011 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Nichtanordnung des erweiterten Verfalls beschränkten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist begründet.

II.


2
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft steht das Urteil nicht nur zur Überprüfung des Senats, soweit das Landgericht von einer Entscheidung über die Anordnung des erweiterten Verfalls abgesehen hat, sondern auch, soweit eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls unterblieben ist. Die Beschränkung der Revision auf das Unterbleiben einer Entscheidung (nur) über den erweiterten Verfall ist unwirksam.
3
Trifft der Tatrichter keine Entscheidung über den Verfall und den erweiterten Verfall, so kommt die isolierte Anfechtung allein der Nichtanordnung des erweiterten Verfalls nicht in Betracht, wenn nach den Feststellungen offen bleibt, in welchem Umfang vom Angeklagten erzielte Erlöse aus den angeklagten und abgeurteilten (BGH, Beschluss vom 28. März 1979 - 2 StR 700/78, BGHSt 28, 369) oder aus anderen rechtwidrigen Taten stammen (andere Ausgangslage bei BGH, Urteil vom 3. September 2009 - 5 StR 207/09, NStZ-RR 2009, 384; Urteil vom 4. August 2010 - 5 StR 184/10, NStZ-RR 2010, 385). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich - wie hier - der Revisionsbegründung entnehmen lässt, dass das Unterbleiben einer Verfallsanordnung auch bezogen auf die abgeurteilten Taten angegriffen werden soll.
4
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in der Sache Erfolg. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte aus dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowohl in den abgeurteilten als auch in anderen Fällen - im Spätsommer / Herbst 2007 und im Januar 2009 - erhebliche Einnahmen erzielte. Das Landgericht hätte sich deshalb sowohl mit den Voraussetzungen des Verfalls nach § 73 StGB als auch mit denen des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB, § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG - gegebenenfalls in Verbindung mit § 73a StGB - auseinandersetzen müssen. Dass die anderen rechtswidrigen Taten vor den abgeurteilten Taten begangen wurden, steht einer Anordnung nach § 73d StGB nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 4. August 2010 - 5 StR 184/10, NStZ-RR 2010, 385). Der Erörterungsmangel führt zur Aufhebung des Urteils im tenorierten Umfang.
5
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
6
Gemäß § 73d StGB können Gegenstände eines an der rechtswidrigen Tat Beteiligten bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift für verfallen erklärt werden, wenn das Tatgericht nach Beweiserhebung und Beweiswürdigung davon überzeugt ist, dass die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne dass diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 373; Urteil vom 9. Mai 2001 - 3 StR 541/00, NStZ 2001, 531; Urteil vom 4. August 2010 - 5 StR 184/10, NStZ-RR 2010, 385).
7
Der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geprägte Satz, die Frage des erweiterten Verfalls werde erst relevant, wenn unter Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Mittel ausgeschlossen sei, dass die Voraussetzun- gen der §§ 73, 73a StGB erfüllt seien (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2002 - 2 StR 294/02, NStZ-RR 2003, 75, 76; Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73d Rn. 9 mwN), steht der Anordnung des erweiterten Verfalls (von Wertersatz) nicht (mehr) entgegen , wenn nach Ausschöpfung aller Beweismittel zwar zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Angeklagte Erlöse aus rechtswidrigen Taten erzielt hat, jedoch nicht geklärt werden kann, ob sie aus den abgeurteilten oder anderen Taten stammen. Er findet seinen Grund in der Rechtslage aus der Zeit vor der Änderung des § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2350), mit dem die entsprechende Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf den erweiterten Verfall gemäß einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 30 f.; vgl. dazu BT-Drucks. 16/700, S. 20) angeordnet wurde. Vor dieser Änderung trug er dem Anliegen Rechnung, aus der Unanwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB im Anwendungsbereich des § 73d StGB resultierende Wertungswidersprüche auszuräumen (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2002 - 2 StR 294/02, NStZ-RR 2003, 75, 76; Lackner in Lackner/Kühl, StGB, 24. Aufl., § 73d Rn. 11; außerdem Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003, Rn. 578 a.E.).
8
Da seit dem 1. Januar 2007 sowohl § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB als auch § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Ersatzansprüchen Tatverletzter berücksichtigen, muss vor der Anwendung des § 73d StGB nicht mehr ausgeschlossen werden, dass der Gegenstand aus der Anknüpfungstat stammt (vgl. Wolters/Horn in SK-StGB, § 73d Rn. 5b [Stand: September 2007]). Vielmehr erfasst § 73d StGB - wenn auch gegenüber § 73 StGB subsidiär - zugleich aus der oder für die abgeurteilte Tat erlangte Gegenstände. Die Wendung, nur solche Gegenstände unterlägen dem erweiterten Verfall, die für oder aus "anderen" (als den abgeurteilten) rechtswidrigen Taten erlangt worden seien (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2 Rn. 5; Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255), erschöpft den Gehalt des § 73d StGB daher nicht.
9
Sollte sich das Landgericht nach Ausschöpfung sämtlicher prozessual zulässigen Mittel von der deliktischen Herkunft erlangter Vermögenswerte überzeugen, sich zugleich aber außerstande sehen, das Erlangte eindeutig den abgeurteilten oder anderen rechtswidrigen Taten zuzurechnen, ist demgemäß der erweiterte Verfall - gegebenenfalls von Wertersatz - anzuordnen. Denn das in der Rechtsprechung entwickelte Rangverhältnis der §§ 73, 73d StGB dient nicht dem Zweck, dem an einer rechtswidrigen Tat Beteiligten das aus der Tat Erlangte nur deshalb zu erhalten, weil eine endgültige Zuordnung zu einer bestimmten (anderen) rechtswidrigen Tat misslingt. Es liefe dem Gesetzeszweck der §§ 73, 73d StGB, das heißt einer Verhinderung gewinnorientierter Straftaten (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65 Rn. 12; vgl. schon BT-Drucks. 11/6623, S. 4; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 19), zuwider, wenn der an einer rechtwidrigen (Katalog-)Tat Beteiligte das Erlangte nur deshalb behalten dürfte, weil zwar die Herkunft aus einer rechtswidrigen Tat sicher festgestellt, die Herkunft aus der abgeurteilten Tat aber nicht mit Sicherheit verneint werden kann.
10
Von der Anordnung ausgenommen sind lediglich Gegenstände, die nicht ausschließbar aus Taten stammen, die von der Anklage umfasst waren, derentwegen der Angeklagte indessen rechtskräftig freigesprochen wurde (vgl.
BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423). Denn insoweit ist die Verhängung von Rechtsfolgen im subjektiven Verfahren ohne Wiederaufnahme nicht mehr möglich.
Becker Pfister von Lienen Mayer Menges

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 115/04
vom
7. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
unter Mitführung einer Schußwaffe u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Juli 2004,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29. September 2003 1. im Schuldspruch in dem Fall III. C. der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist, 2. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Einzelstrafausspruch zu Fall III. C. der Urteilsgründe, im Gesamtstrafenausspruch und soweit von der Anordnung eines erweiterten Verfalls abgesehen wurde. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln (Fall III. C.) sowie wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung einer Schußwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln und der unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Außerdem hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den Verfall von 48.860 € angeordnet. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision auf den Schuldspruch zu Fall III. C. der Urteilsgründe sowie den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Sie erhebt eine Verfahrensrüge und beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Zu Recht beanstandet die Revision die rechtliche Wertung der Tat im Fall III. C. der Urteilsgründe als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte mindestens 800 g Haschisch und Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 4,5 % THC. Davon verkaufte er mindestens 116 g gewinnbringend weiter, zweigte mindestens 150 g zum eigenen Konsum ab und überließ die restlichen 534 g der gesondert verfolgten B. . Das Landgericht hat nicht bedacht, daß der Angeklagte, indem er 534 g an B. überließ, den Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in der Form der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verwirklicht hat. Soweit zugleich durch unerlaubten Besitz einer nicht geringen Menge eine weitere Handlungsform des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt ist, tritt diese hinter der Abgabe in nicht geringer Menge als subsidiär zurück (vgl. BGHSt 42, 162, 165 f.). Gleichermaßen wird der Tatbestand des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BtMG von dem Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verdrängt (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5 m.w.N.). Das unerlaubte Handeltreiben mit der unter dem Grenzwert zur nicht geringen Menge liegenden Handelsmenge gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG steht jedoch mit § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Tateinheit (BGH aaO). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen; der geständige Angeklagte hätte sich auch bei Erteilung des gebotenen rechtlichen Hinweises nicht erfolgreich gegen den geänderten Schuldvorwurf verteidigen können. 2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Einzelstrafausspruchs zu Fall III. C. und des Gesamtstrafenausspruchs. Die Strafkammer hat zwar bei der Festlegung der Einzelstrafe zu Fall III. C., ausgehend von dem Strafrahmen des § 29 Abs. 3 BtMG, das Mindestmaß der nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu verhängenden Freiheitsstrafe nicht unterschritten; der Senat vermag jedoch nicht auszuschließen, daß sie bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer höheren Einzelstrafe gelangt wäre. 3. Auch soweit sich die Revision gegen die unterbliebene Anordnung des erweiterten Verfalls bezüglich des sichergestellten Kraftfahrzeugs richtet, hat sie - mit der Sachrüge; eines Eingehens auf die Verfahrensrüge bedarf es deshalb nicht - Erfolg. Nach den Feststellungen der Strafkammer hatte der Angeklagte kein Vermögen und keine Schulden. Seine Tätigkeit als Privatdetektiv lief zwar anfangs nicht schlecht, im Jahr 2002 hatte er jedoch nur noch zwei bis drei Aufträge. Er hatte keine legalen Einkünfte, die ihm das Ansparen eines größeren Geldbetrages erlaubt hätten. Bereits im Laufe des Sommers 2001 beschloß er,
künftig seinen Lebensunterhalt überwiegend durch den Verkauf von Haschisch und Marihuana zu finanzieren. Am 12. Dezember 2001 kaufte er ein Kraftfahrzeug für 54.000 DM, das er - abgesehen von angerechneten 5.500 DM für sein altes Fahrzeug - bar bezahlte. Bei dieser Sachlage reicht zur Verneinung einer Verfallsanordnung die Darlegung der Kammer nicht aus, die Voraussetzungen des Verfalls des Wertersatzes gemäß § 73a StGB lägen nicht vor, weil das Kaufgeld für das Kraftfahrzeug allenfalls zu einem geringen Teil aus den - ab Oktober 2001 begangenen - verfahrensgegenständlichen Taten stammen könne. Die Kammer hätte vielmehr unter dem Gesichtspunkt des erweiterten Verfalls gemäß §§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 73d StGB die Vermögensverhältnisse des Angeklagten näher erörtern müssen. Der erweiterte Verfall erstreckt sich gemäß §§ 73d Abs. 1 Satz 3, 73 Abs. 2 Satz 2 StGB auch auf Surrogate; ist Geld erlangt, sind Gegenstand des Verfalls auch die Gegenstände, die der Täter mit dem Geld erworben hat (vgl. BGHR StGB § 73d Gegenstände 4). Da nach den Feststellungen die Herkunft des Kaufgeldes aus legalen Einkommensquellen nicht ersichtlich war, insbesondere das Einkommen des Angeklagten den Betrag von 48.500 DM keinesfalls erklären konnte, drängte sich angesichts des bereits im Sommer 2001 gefaßten Entschlusses des Angeklagten, Rauschgiftgeschäfte zu tätigen, die Herkunft des Geldes aus solchen Geschäften auf. Zwar scheidet die Anordnung des erweiterten Verfalls aus, wenn bestimmte Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit begründen, daß Vermögensgegenstände des Täters aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen; es dürfen allerdings an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BGHSt 40, 371, 373; vgl. auch Nack, GA 2003, 879, 885 m.w.N.). Das
Fehlen der gebotenen Erörterungen stellt einen Sachmangel dar, der zur Aufhebung des Urteils auch insoweit führt, als die Anordnung des erweiterten Verfalls unterblieben ist. Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 541/00
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2001,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Kutzer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler,
Pfister,
von Lienen
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. April 2000 im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit ein 194.400 DM übersteigender Betrag für verfallen erklärt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen und wegen des Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine Schußwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Außerdem hat es Rauschgift, ein Kleinkalibergewehr sowie Munition eingezogen und den Verfall von 250.000 DM (194.400 DM Verfall von Wertersatz und 55.600 DM erweiterter Verfall) angeordnet. Mit seiner Revision erhebt der Angeklagte eine Verfahrensrüge und beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Die Staats-
anwaltschaft wendet sich mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision nur gegen den Ausspruch über den erweiterten Verfall. Das wirksam auf die Höhe der Verfallsanordnung beschränkte (vgl. BGHR StGB § 73 b Schätzung 2; BGH NStZ-RR 1997, 270 f) Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten nur im Ausspruch über den erweiterten Verfall. 1. Die Strafkammer hat folgende Feststellungen getroffen: Im Zeitraum Ende 1994 bis Februar/März 1996 verkaufte der Angeklagte in sechs Fällen insgesamt mindestens 15 Kilogramm Haschisch an den gesondert verfolgten Zeugen G. (Fälle III. 1. - 6.). In einem weiteren Fall (Fall III. 7.) wurden im Juli 1995 ca. 25 Kilogramm Haschisch, die der Angeklagte bei seinem niederländischen Lieferanten zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestellt hatte, kurz nach der Einreise des Rauschgiftkuriers in die Bundesrepublik Deutschland von der Polizei sichergestellt. In weiteren vier Fällen verkaufte der Angeklagte in der Zeit zwischen Mai 1997 bis Juni 1998 an den Zeugen H. jeweils mindestens vier Kilogramm Haschisch (Fälle III. 8. - 11.). Weiterhin hielt der Angeklagte im September 1998 sechs Kilogramm Haschisch und um Weihnachten 1998 20 Kilogramm Haschisch in einem Erdbunker vorrätig, die er zum größten Teil gewinnbringend weiterverkaufte (Fälle III. 12. und 13.). Am 16. Januar 1999 verwahrte er in zwei Erdbunkern zum Weiterverkauf bestimmte 4.362,99 Gramm Haschisch, das sichergestellt wurde (Fall III. 14.). Das Haschisch hatte einen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von mindestens 6 % THC. Außerdem verfügte der Angeklagte am 29. Januar 1999 über ein Kleinkalibergewehr mit 185 Schuß Munition. 2. Die auf die Revision des Angeklagten erfolgte Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch, zum Strafausspruch, zur Einziehungsanordnung
und zur Entscheidung über den Verfall von Wertersatz in Höhe von 194.400 DM keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Die verfahrensrechtliche Beanstandung, das Landgericht habe bei der Würdigung der den Angeklagten entlastenden Aussage des Zeugen W. seine Überzeugung nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft (§ 261 StPO), ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Entgegen der Meinung der Verteidigung zieht die Strafkammer den Schluß, auf die Aussage dieses Zeugen könne nichts gestützt werden (UA S. 68), nicht vorrangig aus dem persönlichen Eindruck (vgl. BGHSt 45, 354), den der als einziges Mitglied des erkennenden Gerichts bei der kommissarischen Vernehmung anwesende Strafkammervorsitzende außerhalb der Hauptverhandlung gewonnen hatte, sondern - unabhängig vom persönlichen Eindruck des Strafkammervorsitzenden - aus ihrer auf Grund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung gewonnenen Überzeugung, der Zeuge habe hinsichtlich des Haschischgeschäfts vom 18. Juli 1995, insbesondere des dem Kurier Wi. erteilten Auftrags, das Rauschgift in einem Erdbunker des Angeklagten in der Nähe von Haselünne zu deponieren, bewußt die Unwahrheit gesagt. Von dem insgesamt für verfallen erklärten Betrag von 250.000 DM hat das Landgericht einen Teilbetrag in Höhe von 194.400 DM ohne Rechtsfehler als Verfall von Wertersatz angeordnet (§§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a StGB), der sich aus dem Verkauf von 54 kg Haschisch zu dem rechtsfehlerfrei festgestellten durchschnittlichen Verkaufspreis von 3.600 DM/kg errechnet. Dabei ist es zutreffend vom Bruttoprinzip ausgegangen (vgl. BGH NStZ 94, 123 f.).
3. Die Anordnung des erweiterten Verfalls von weiteren 55.600 DM gemäß § 73 d Abs. 1 und 2, §§ 73 a, 73 b StGB hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hält die Voraussetzungen dieser Vorschriften deshalb für gegeben, weil der Angeklagte nach ihrer Überzeugung aus Haschischgeschäften auch mit anderen Abnehmern als den Hauptbelastungszeugen G. und H. zusätzlich etwa ein Drittel des für verfallen erklärten Wertersatzes von 194.400 DM erlangt hat (UA S. 116 f.). Dabei hat es auch berücksichtigt , daß der Angeklagte, der seit 1982 keiner geregelten Arbeit nachging , sondern mit antiken Möbeln, Oldtimern, Emailleschildern sowie mit Wein und Sekt handelte, Eigentümer eines von seinem Vater bezahlten, lastenfreien Anwesens, einer Münzsammlung im Wert von ca. 11.195 DM und zweier älterer Personenkraftwagen war und über Sparguthaben in der Gesamthöhe von ca. 274.250 DM verfügte. Mit diesen Erwägungen sind die Voraussetzungen für den erweiterten Verfall nicht festgestellt. Bei den vom Angeklagten begangenen Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kommt ein erweiterter Verfall in Betracht, weil § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG auf § 73 d StGB verweist. Gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 , § 73 d Abs. 1 StGB unterliegen dem erweiterten Verfall aber nur Gegenstände des an der rechtswidrigen Tat Beteiligten, d.h. solche Sachen oder Rechte, die diesem zum Zeitpunkt der Verfallsanordnung gehören oder zustehen (vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 d Rdn. 27, 29 m.w.Nachw.; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 d Rdn. 11) oder - wegen eines zivilrechtlich unwirksamen Erwerbsaktes (vgl. BGHSt 31, 145) - nur deshalb nicht gehören oder zustehen, weil er sie für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat, sowie die Surrogate solcher Gegenstände. Ist Geld
erlangt, sind Gegenstand des Verfalls nicht nur die Geldbeträge als solche, sondern auch die Gegenstände, die der Tatbeteiligte mit dem Geld erworben hat (vgl. Schmidt aaO § 73 Rdn. 46). Die Gegenstände können bei einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift nur dann für verfallen erklärt werden , wenn der Tatrichter nach Beweiserhebung und Beweiswürdigung davon überzeugt ist, daß die von der Verfallsanordnung erfaßten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne daß diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGHSt 40, 371, 373; BGH NStZ-RR 1998, 297). Befinden sich Sachen oder Rechte, die dem erweiterten Verfall unterlegen hätten und die bei Begehung der Anknüpfungstat noch vorhanden waren (vgl. Schmidt, aaO § 73 d Rdn. 53 m.w.Nachw.; Eser, aaO § 73 d Rdn. 17; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 73 d Rdn. 5), nicht mehr im Vermögen des Tatbeteiligten, kann der Verfall eines dem Wert des ursprünglich dem Verfall unterliegenden Gegenstandes entsprechenden Geldbetrags angeordnet werden (§ 73 d Abs. 2 i.V.m. § 73 a Satz 1 StGB), wobei insoweit eine Schätzung zulässig ist (§ 73 d Abs. 2 i.V.m. § 73 b StGB). Wie die Verteidigung mit Recht beanstandet, hat das Landgericht keinen bestimmten, für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangten Vermögensgegenstand des Angeklagten oder dessen Surrogat konkretisiert, der dem erweiterten Verfall unterlegen wäre und für den der Verfall von Wertersatz in Betracht kommen könnte, weil er in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden ist. Die Urteilsgründe erschöpfen sich vielmehr darin, anhand der Betäubungsmittelgeschäfte , die Gegenstand der Verurteilung sind, nachzuweisen, daß der Angeklagte noch andere Abnehmer als die Zeugen G. und H. hatte, und dann - ohne eine tragfähige Grundlage - eine im Gesetz nicht vorgesehene , unsubstantiierte Schätzung mit ca. einem Drittel des Verkaufspreises der nachgewiesenen Haschischgeschäfte vorzunehmen.
4. Der Senat hebt nur die Entscheidung über den erweiterten Verfall mit den zugehörigen Feststellungen auf, läßt den Rechtsfolgenausspruch aber im übrigen bestehen. Da der erweiterte Verfall nur einen unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachs abschöpfen will, ist die mit ihm verbundene Vermögenseinbuße kein Strafmilderungsgrund (vgl. BGHR StGB § 73 d Strafzumessung 1; BGH NStZ 2000, 137). Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß die Grundlagen für eine Entscheidung über den erweiterten Verfall zweckmäßigerweise gewonnen werden (vgl. BGH NStZ 1995, 125 unter 2.; Schmidt, aaO § 73 d Rdn. 44 f.), indem von den Vermögenswerten des Angeklagten die darin enthaltenen legal eingenommenen Geldbeträge - wie die Zuwendungen des Vaters, die Leistungen der Berufsgenossenschaft und die Gewinne aus den Handelsgeschäften - sowie der Nettogewinn, der in dem rechtsfehlerfrei für verfallen erklärten Betrag von 194.400 DM enthalten ist, abgezogen werden und die verbleibende Differenz unter Berücksichtigung der erforderlichen Ausgaben zur Bestreitung des Lebensunterhalts daraufhin untersucht wird, ob es sich um plausible Einkünfte aus legalen Einkommensquellen handeln kann oder nicht. Für die Überzeugungsbildung der Strafkammer können dabei auch
Hinweise auf weitere, von der Verurteilung nicht erfaßte Betäubungsmittelgeschäfte (vgl. BGH, Beschl. vom 10. Februar 1998 - 4 StR 4/98) sowie die Zeitpunkte , zu denen die einzelnen Vermögensgegenstände erworben wurden, von Bedeutung sein. Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.