Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2004 - 4 StR 226/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, den "Verfall" eines Geldbetrages in Höhe von 3.500 Euro angeordnet und die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittelmengen sowie weiterer tatbezogener Gegenstände erklärt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsre chtfertigung hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Überzeugung des Landgerichts, der Angeklagte sei nicht nur Kurier in Bezug auf die großen Betäubungsmittelmengen gewesen, die in dem von ihm übernommenen Pkw in einem doppelten Boden versteckt waren, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage und stellt sich nicht lediglich als eine bloße Vermutung dar.
2. Dagegen hält der Strafausspruch der rechtlichen Nachp rüfung nicht stand. Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten gewertet, er habe "zur Beschaffung der Betäubungsmittel wenigstens eine weitere Person miteinbezogen , welche das mit Drogen beladene Tatfahrzeug auf dem Wal-MartParkplatz bei Wiesbaden abstellte" (UA 16). Daß der Angeklagte andere, nicht bereits tatbereite Personen in die Tatbegehung verstrickt hat, ist jedoch nicht belegt. Vielmehr liegt es nahe, daß der Pkw mit den darin versteckten Betäubungsmitteln entweder von dem Verkäufer selbst oder durch einen von diesem bestimmten Kurier zum Übergabeort gebracht wurde. Darin könnte ein straferhöhender Gesichtspunkt zum Nachteil des Angeklagten nicht gesehen werden. Schon angesichts der Höhe der vom Landgericht verhängten Freiheitsstrafe kann der Senat nicht ausschließen, daß der Strafausspruch auf dieser Erwägung beruht.
3. Auch die Anordnung des "Verfalls" (richtig: erweite rter Ersatzverfall § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. §§ 73 a, 73 d StGB) hat keinen Bestand, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht dargetan sind. Die Anordnung des erweiterten Verfalls setzt die uneingeschränkte tatrichterliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände voraus, hinsichtlich deren der
erweiterte Verfall angeordnet wird (BGHSt 40, 371; bestätigt durch BVerfG, Beschluß vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95). Diese Überzeugung hat das Landgericht hinsichtlich des bei dem Angeklagten nach seiner Festnahme sichergestellten Geldes (2.070,04 Euro sowie 1.000 US-Dollar im Umtauschwert von 822,37 Euro) gerade nicht gewonnen. Vielmehr ist es insoweit aufgrund einer Wahrunterstellung davon ausgegangen, daß der Angeklagte das Bargeld , "soweit es sich um EUR handelte, von seinem Bruder und einem Bekannten zum Ankauf einer Kasse und eines Flachbildschirms erhalten" hatte (UA 11); ferner hat das Landgericht – wie der Senat einer zulässig erhobenen Verfahrensbeschwerde entnimmt – als wahr unterstellt, daß der Angeklagte von einem Bekannten 800 € für einen gemeinsamen Urlaub erhalten hatte. Die Strafkammer hat demgemäß die Anordnung des erweiterten Verfalls von 3.500 Euro auch nicht auf die sichergestellten Gelder gestützt, sondern hat die Maßnahme damit begründet, daß der Angeklagte nach der glaubhaften Aussage des Zeugen E. aus früheren, nicht verfahrensgegenständlichen Amphetamingeschäften mit diesem mindestens einen Betrag in jener Höhe erlangt hat (UA 16). Dies könnte die Anordnung des erweiterten (Ersatz)Verfalls jedoch nur rechtfertigen, wenn ein entsprechender Vermögenswert bei Begehung der Anknüpfungstat (hier: 24. Juni 2003) beim Angeklagten noch vorhanden war (BGH NStZ 2003, 422, 423; BGHR StGB § 73 d Gegenstände 4; Tröndle /Fischer StGB 52. Aufl. § 73 d Rdn. 11, 17). Daß dies hier der Fall war, ist nicht festgestellt. Die dem Angeklagten zweckgebunden zur Verfügung gestellten Gelder, die ihm - wovon nach den Feststellungen auszugehen ist - nicht gehörten (vgl. Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. § 73 d Rdn. 7), müssen dabei außer Betracht bleiben.
Über die Strafe und die Anordnung eines Verfalls ist daher neu zu entscheiden.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat