Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2010 - 4 StR 589/09

bei uns veröffentlicht am12.01.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 589/09
vom
12. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 1. auf dessen Antrag, und nach Anhörung der Beschwerdeführerin
am 12. Januar 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 17. Juli 2009 wird verworfen, soweit sie zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist. 2. Soweit das Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der vorsätzlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Strafrichter - Aschersleben zurückverwiesen. 4. Die Nebenklägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels sowie die durch das Rechtsmittel dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Nebenklägerin strebt mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision eine Verurteilung des Angeklagten wegen ver- suchten Totschlags an. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten ergeben, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Jedoch ist das Urteil in entsprechender Anwendung des § 301 StPO zugunsten des Angeklagten im Schuldspruch abzuändern und im Strafausspruch aufzuheben, weil es einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, der auf die Revision der Nebenklägerin zu beachten ist, obwohl das Rechtsmittel nur zuungunsten des Angeklagten eingelegt wurde (BGH, Beschl. vom 23. August 1995 - 2 StR 394/95, NStZ-RR 1996, 130).
2
1. Nach den Feststellungen legte der Angeklagte der vor dem Computer sitzenden Nebenklägerin ein etwa ein Meter langes Elektrokabel locker um den Hals, ohne es allerdings zuzuziehen und ohne dass das Kabel mit ihrem Hals in Berührung kam. Er wollte ihr lediglich einen heftigen Schrecken einjagen. Die Nebenklägerin bemerkte das Kabel, ergriff es von oben mit beiden Händen und zog es mit einem heftigen Ruck dem Angeklagten aus der Hand, so dass es auf den Fußboden fiel. Spätestens jetzt rief der Angeklagte: “Ich bringe dich um.“ Die Nebenklägerin, der es im weiteren Verlauf gelang, den Angeklagten aus dem Zimmer zu drängen und in die Küche zu flüchten, erlebte Todesängste, verspürte eine Beklemmung und litt noch geraume Zeit nach der Tat unter Angstzuständen.
3
2. Diese Feststellungen belegen zwar noch die Annahme einer vorsätzlichen (einfachen) Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB). Die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung kann jedoch keinen Bestand haben. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Angeklagte die Körperverletzung nicht mittels eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB begangen.
4
Nach a) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein gefährliches Werkzeug jeder bewegliche Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. nur Senat, Beschl. vom 5. September 2006 - 4 StR 313/06, NStZ 2007, 95). Bereits diese Eignung erscheint hier zweifelhaft. Zwar kann ein Kabel, wenn es zum Würgen eingesetzt wird, nach seiner Beschaffenheit und der konkreten Verwendung erhebliche Verletzungen herbeiführen. Hier legte der Angeklagte der Nebenklägerin jedoch das Kabel lediglich locker um den Hals, um sie in Angst und Schrecken zu versetzen. Wird eine Strangulation aber nur vorgetäuscht, sind erhebliche Verletzungen regelmäßig nicht zu befürchten. Dass es sich hier ausnahmsweise, etwa aufgrund einer besonderen Disposition der Nebenklägerin , anders verhielt, ist nicht festgestellt.
5
b) Darüber hinaus verlangt § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass die Körperverletzung “mittels“ eines solchen Werkzeugs begangen wird. Das Tatmittel muss hierbei unmittelbar auf den Körper des Opfers einwirken (Senat, Urt. vom 22. Dezember 2005 - 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572, 573, Beschl. vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; Fischer StGB 57. Aufl. § 224 Rdn. 7). Jedenfalls daran fehlt es hier. Das Kabel kam zwar mit dem Körper der Nebenklägerin in Berührung. Es entfaltete jedoch als bloße “Requisite“ bei der Inszenierung einer scheinbar lebensbedrohlichen Situation seine Wirkung nicht unmittelbar körperlich, sondern psychisch vermittelt. Dies vermag den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB aber ebenso wenig zu erfüllen wie der Einsatz einer Maske oder die Vorlage einer gefälschten Todesbescheinigung mit dem Ziel, das Opfer in Schrecken zu versetzen. Diese Auffassung liegt auch der bisherigen Rechtsprechung zugrunde (vgl. BGH, Beschl. vom 17. Januar 2001 - 1 StR 480/00; Urt. vom 26. November 1985 - 1 StR 393/85, NStZ 1986, 166; im Ergebnis ebenso Stree in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 224 Rdn. 3; a.A. Hardtung in MK StGB § 224 Rdn. 21; differenzierend Eckstein NStZ 2008, 125, 128). An ihr wird festgehalten.
6
3. Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend um. Er schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die das Handeln des Angeklagten als eine das Leben gefährdende Behandlung i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erscheinen lassen könnten. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
7
4. Die Änderung des Schuldspruchs zieht angesichts des gegenüber § 224 StGB milderen Strafrahmens des § 223 StGB die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch und verweist die Sache an das Amtsgericht - Strafrichter - Aschersleben zurück, da dessen Strafgewalt hier ausreicht.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Mutzbauer

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(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 313/06
vom
5. September 2006
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. September 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 9. November 2005
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht - Strafrichter - Essen zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je fünf Euro verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich einer mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangenen gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar hat der Angeklagte nach den Feststellungen seiner Ehefrau neben Schlägen mit der Hand "leichte Schläge mit einem dünnen Ledergürtel" versetzt, die zu "feinstreifige(n) Hautrötungen" führten. Dass ein als Schlagwerkzeug eingesetzter dünner Ledergürtel grundsätzlich geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, reicht aber für die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung nicht aus. Ein solcher Gegenstand ist vielmehr nach der Rechtsprechung ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nur dann, wenn er nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2002, 88 m.N.). Da der Angeklagte dem Tatopfer durch die Schläge mit dem dünnen Ledergürtel lediglich geringfügige Verletzungen beigebracht hat und - wovon im Hinblick auf die nach den Feststellungen nur geringe Intensität der Schläge nach dem Zweifelsgrundsatz auszugehen ist - auch keine gravierenderen Verletzungsfolgen herbeiführen wollte, ist die nach den vorgenannten Grundsätzen für die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung ausreichende potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. BGH aaO) hier nicht gegeben. Der Angeklagte hat sich daher lediglich gemäß § 223 Abs. 1 StGB einer vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil seiner Ehefrau, die frist- und formgerecht Strafantrag gestellt hat, schuldig gemacht.
3
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend.
4
2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Geldstrafe von 120 Tagessätzen, der im Übrigen in den Urteilsgründen keine Entsprechung findet (UA 11: 150 Tagessätze).
5
3. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch und verweist die Sache an das Amtsgericht - Strafrichter - Essen zurück , da dessen Strafgewalt hier ausreicht. Maatz RiBGH Prof.Dr.Kuckein ist Athing urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb verhindert zu unterschreiben. Maatz Ernemann Sost-Scheible

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 347/05
vom
22. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
zu 1. und 2. wegen unerlaubten Führens einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe u.a.
zu 3. wegen Anstiftung zum unerlaubten Führen einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Dezember
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Ö. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Cemal Ak. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Ziver Ak. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Nebenklägers Cemal Ak. wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 28. Februar 2005 in den Schuldsprüchen dahin ergänzt, dass die Angeklagten P. und Ö. auch der tateinheitlich verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und der Angeklagte A. der Anstiftung hierzu schuldig sind.
2. Die weitergehenden Revisionen des Nebenklägers Cemal Ak. und die Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger Ziver Ak. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Nebenkläger Cemal Ak. hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen, jedoch wird die Revisionsgebühr um ein Drittel ermäßigt. Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Angeklagten P. und Ö. des unerlaubten Führens einer halbautomatischen kurzläufigen Selbstladewaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und den Angeklagten A. der Anstiftung hierzu für schuldig befunden. Es hat deswegen die Angeklagten P. und A. jeweils zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten Ö. zu einer solchen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten und des Nebenklägers Cemal Ak. . Die Angeklagten Ö. und A. rügen die Verletzung materiellen Rechts, der Angeklagte P. darüber hinaus auch die Verletzung von Verfahrensrecht. Der Nebenkläger verfolgt mit seinen Revisionen in erster Linie das Ziel einer Verurteilung der Angeklagten (auch) wegen eines versuchten Tötungsdelikts, zumindest aber wegen versuchter (gefährlicher) Körperverletzung und beanstandet mit der Sachrüge die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich als unbegründet, die des Nebenklägers Cemal Ak. nur als teilweise begründet.

II.

2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Der Angeklagte A. beabsichtigte, den Nebenkläger Cemal Ak. für eine aus seiner Sicht ihm zugefügte Ehrverletzung zu bestrafen. Hintergrund hierfür war, dass ihm seine Ehefrau mitgeteilt hatte, der Nebenkläger habe vor Jahren versucht, sich ihr sexuell zu nähern. Die Mitangeklagten Ö. und P. erklärten sich bereit, die „Bestrafungsaktion“ gegen Zahlung von 3.000 € zu übernehmen. Hierbei wurde zunächst ins Auge gefasst, den Nebenkläger „zu schlagen“. Später kam man überein, mit einer vom Angeklagten Ö. zu beschaffenden Pistole auf das Fahrzeug des Nebenklägers zu schießen, um diesen „nachhaltig zu erschrecken“. Für ein solches Vorgehen verlangten P. und Ö. die Zahlung weiterer 4.500 €. Der Angeklagte A. erklärte sich hiermit einverstanden.
4
Am Abend des Tattages fuhren die Angeklagten P. und Ö. zu einer zuvor von P. ausgekundschafteten Stelle, die der Nebenkläger mit seinem Pkw von seiner Arbeitsstelle kommend passieren musste. Der Angeklagte Ö. hatte – wie verabredet – eine Pistole, Kaliber 9 mm, nebst Munition mitgebracht, zu deren Führung weder er noch der Angeklagte P. berechtigt waren. Mit dieser sollte der Angeklagte P. als geübter Sportschütze die Schüsse auf das Fahrzeug des Nebenklägers abgeben. Der Angeklagte Ö. positionierte sich auf einem dem späteren Tatort benachbarten Grundstück, um P. das Herannahen des Pkw des Nebenklägers mit einem Anruf seines Mobiltelefons anzukündigen. Für die Angeklagten stand fest, dass durch die Schüsse niemand verletzt werde sollte, „was sie aufgrund der Schießerfahrung des Angeklagten P. für machbar hielten“. Als der Nebenkläger – durch den Angeklagten Ö. wie vereinbart angekündigt – sich mit seinem Fahrzeug, in welchem sich noch zwei weitere Mitfahrer befanden , mit einer Geschwindigkeit von 30 – 40 km/h der Position des Angeklagten P. näherte, feuerte dieser hinter einer Hecke verborgen aus einer Entfernung von etwa fünf bis sieben Meter innerhalb weniger Sekunden in zwei oder drei kurzen Serien insgesamt sieben, auf die Reifen des Fahrzeugs gezielte Schüsse ab. Vier der Schüsse trafen das Fahrzeug. Ein Geschoß drang an der Vorderkante der linken hinteren Tür ca. 42,5 cm über dem Türschweller in die Karosserie ein. Die drei weiteren Einschläge erfolgten im Bereich des linken vorderen Reifens und Radkastens. Bei Abfeuern der Schüsse erkannte der Angeklagte P. die Möglichkeit, dass diese die Fahrzeuginsassen treffen und unter Umständen tödlich verletzen könnten. Einen solchen Erfolg wollte er jedoch nicht. Aufgrund seiner Erfahrung als Schütze vertraute er auf seine Treffsicherheit und deshalb darauf, dass die drei von ihm erkannten Fahrzeuginsassen nicht verletzt würden. Allerdings nahm er mindestens billigend in Kauf, dass es aufgrund des erwarteten und erwünschten Erschreckens des Fahr- zeugführers oder aber einer Beschädigung des Fahrzeugs, insbesondere der Reifen, zu einem Unfall kommen könnte. Es kam ihm jedoch nicht darauf an, einen Unfall herbeizuführen (UA 15).
5
Der Nebenkläger hielt sein Fahrzeug kurz an und fuhr - als er bemerkte, dass auf das Fahrzeug geschossen wurde – mit erhöhter Geschwindigkeit davon. Sowohl er wie auch seine zwei Mitfahrer blieben unverletzt.

III.

6
Die Revisionen des Nebenklägers:
7
1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der es einen Tötungsvorsatz , auch in der Form eines Eventualvorsatzes, verneint hat, lässt Rechtsfehler nicht erkennen (zur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit tatrichterlicher Beweiswürdigung vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13 und Überzeugungsbildung 33 m.w.N.).
8
a) Es hat mit tragfähigen Begründungen unter Abwägung der maßgeblichen Tatumstände und Indizien das Vorliegen eines versuchten Auftragsmordes im Rahmen einer Blutfehde zwischen der Familiengruppe des Nebenklägers und einer anderen kurdischen Familiengruppierung um den Angeklagten A. verneint. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beschwerdeführers („Scheinargumente“, „Würdigungsfehler“) decken keinen Rechtsfehler auf, sondern stellen nur den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch dar, die eigene Beweiswürdigung an Stelle der des Tatrichters zu setzen.
9
b) Auch die weiteren Erwägungen, mit denen das Landgericht das Vorliegen eines (bedingten) Tötungsvorsatzes verneint hat, geben keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Die erkennende Strafkammer hat insoweit maßgeblich darauf abgestellt, dass von den sieben Schüssen, die der Angeklagte P. aus relativ kurzer Entfernung auf das Fahrzeug des Nebenklägers abgegeben hat, drei das Ziel völlig verfehlt haben und drei weitere im Bereich des linken Vorderreifens eingeschlagen sind. Hieraus und aus dem Umstand, dass der Angeklagte P. in den Jahren vor der Tat regelmäßig an dem Pistolen-Schusstraining seines Schützenvereins teilgenommen und als Sportschütze zumindest mittelmäßige Ergebnisse erzielt hatte, hat sie den – jedenfalls möglichen - Schluss gezogen, dass der Angeklagte ausschließlich auf die Reifen des Fahrzeugs des Nebenklägers gezielt und eine tödliche Verletzung der Fahrzeuginsassen weder wollte noch billigend in Kauf genommen hat. Soweit der weitere Schuss links hinten in Höhe der Oberkörper der Fahrzeuginsassen auftraf, hat das Landgericht in Anbetracht der genannten Umstände die Einlassung des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung, er sei bei dem Mitschwenken mit dem Schießarm gegen die Hecke gekommen, als nicht widerlegbar erachtet. Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal das Landgericht die nach Auffassung der Revision für die Annahme eines Tötungsvorsatzes sprechenden Umstände, nämlich dass die Schüsse bei Dunkelheit, auf ein sich bewegendes Ziel und mit einer dem Schützen nicht vertrauten Waffe abgegeben worden sind, ausdrücklich in seine Überlegungen mit einbezogen hat.
10
2. Aus den vorgenannten Gründen ist es auch revisionsrechtlich noch hinzunehmen, dass das Landgericht zu der Überzeugung gelangt ist, die Angeklagten hätten eine Verletzung der Fahrzeuginsassen (unmittelbar) durch die auf das Fahrzeug aufprallenden Geschosse weder gewollt noch billigend in Kauf genommen.
11
3. a) Keinen Bestand hat jedoch das Urteil, soweit das Landgericht einen (bedingten) Körperverletzungsvorsatz auch in Bezug auf ein (mögliches) durch die abgegebenen Schüsse ausgelöstes Unfallgeschehen verneint hat. Nach dem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten sollte der Nebenkläger Cemal Ak. durch die auf sein Fahrzeug aufprallenden Geschosse „erschreckt“ werden. Das Landgericht hat hierzu – bezogen auf den Angeklagten P. – ausgeführt, er habe es bei Abgabe der Schüsse „mindestens billigend in Kauf“ genommen, dass es aufgrund des Erschreckens des Fahrzeugführers oder aber einer Beschädigung des Fahrzeugs zu einem Unfall kommen könnte. Nichts anderes gilt nach den Urteilsfeststellungen in Bezug auf die - in die wesentlichen Tatmodalitäten - eingeweihten Mitangeklagten Ö. und A. . Dass es in Anbetracht der hier gegebenen Umstände – das Fahrzeug hielt zum Zeitpunkt der Abgabe der ersten Schüsse eine Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h ein und befand sich in einem Abbiegevorgang - bei einem Unfallgeschehen, etwa einem Abkommen von der Fahrbahn und anschließendem Aufprall auf ein Hindernis, nicht zu einer – zumindest leichten - Verletzung der Insassen kommen würde, lag eher fern. Jedenfalls konnten - was das Landgericht verkannt hat - bei dieser Sachlage die Angeklagten nicht mehr ernsthaft darauf vertrauen , dass die Betroffenen bei einem Unfall unverletzt bleiben würden.
12
b) Das Landgericht hätte daher auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen die Angeklagten P. und Ö. auch der tateinheitlich verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen und den Angeklagten A. der Anstiftung hierzu für schuldig befinden müssen.
13
aa) Allerdings ist die Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB („mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“) hier nicht gegeben. Sie setzt voraus, dass die Körperverletzung durch ein von Außen auf den Körper des Tatopfers einwirkendes gefährliches Tatmittel verursacht wird (Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 7; vgl. auch Schönke/SchröderStree StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 3). Gegenstand des (bedingten) Tatvorsatzes der Angeklagten war jedoch nicht, dass die Fahrzeuginsassen durch die mit der Waffe abgefeuerten Projektile körperlich verletzt würden, sondern durch ein infolge der Schüsse ausgelöstes Unfallgeschehen. Ein Körperverletzungserfolg wäre danach erst durch den nachfolgenden Unfall und nicht „mittels“ der eingesetzten Waffe eingetreten.
14
bb) Jedoch liegen die Voraussetzungen einer Versuchsstrafbarkeit nach §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 22, 23 StGB vor. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte P. mit einem anderen Beteiligten, dem Mitangeklagten Ö. , zu der hier relevanten Körperverletzungshandlung – Verursachung eines Unfalls – unmittelbar angesetzt; zu dieser Handlung hat der Angeklagte A. die beiden Mitangeklagten bestimmt (§ 26 StGB).
15
§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass mindestens zwei Personen bei der Körperverletzung bewusst zusammenwirken. Nicht erforderlich ist die eigenhändige Mitwirkung jedes einzelnen an der Verletzungshandlung. Vielmehr genügt es, dass eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv - physisch oder psychisch – unterstützt (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 47, 383, 386/387; BGH NStZ 2000, 194, 195 ). So verhält es sich hier. Der Mitangeklagte Ö. befand sich im näheren Tatortbereich. Er hat weiterhin mit dem Angeklagten P. bei der (versuchten) Körperverletzung täterschaftlich zusammengewirkt, indem er das Herannahen der Tatopfer mit einem Anruf seines Mobiltelefons ankündigte und es P. damit ermöglichte, hierauf rechtzeitig zu reagieren. Der Annahme gemeinschaftlicher Begehungsweise steht hier nicht entgegen, dass die Tatopfer von der Beteiligung einer zweiten Person keine Kenntnis hatten (vgl. hierzu MünchKommStGB/Hardtung § 224 Rdn. 26; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 224 Rdn. 11 a; Lackner/Kühl 25. Aufl. § 224 Rdn. 7 sowie zu § 223 a StGB a.F. BGHR § 223 a Abs. 1 gemeinschaftlich 2). Durch den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB sollen Begehungsweisen erfasst werden, bei denen durch das Zusammenwirken mehrerer eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Tatopfer begründet wird (BGHSt 47, 383, 386). Der Grad der Gefährlichkeit der Körperverletzung hängt jedoch von der konkreten Tatsituation, nicht aber von der Kenntnis des Tatopfers ab. Bei einem offen geführten Angriff werden die Täter dem Verletzten in aller Regel unmittelbar gegenüberstehen und das Tatopfer damit von der Beteiligung mehrerer Personen wissen. Wird der Angriff – wie hier – bei Dunkelheit verdeckt aus einem Hinterhalt geführt, so ist das Tatopfer vielfach gar nicht in der Lage, den oder die Angreifer wahrzunehmen. Die Gefährlichkeit der Körperverletzungshandlung ist in einem solchen Fall jedoch nicht geringer, sondern im Allgemeinen eher höher anzusetzen.
16
c) Der Senat hat daher die Schuldsprüche, wie aus der Urteilsformel ersichtlich , in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ergänzt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
17
4. Die Strafaussprüche können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Verurteilung der Angeklagten P. und Ö. auch wegen tateinheitlich verwirklichter versuchter gefährlicher Körperverletzung und des Angeklagten A. wegen Anstiftung hierzu auf höhere Freiheitsstrafen erkannt hätte, zumal es das Maß der Gefährdung der drei Fahrzeuginsassen bei der Strafzumessung nicht unberücksichtigt gelassen hat.
18
Die Revisionen der Angeklagten:
19
Die Rüge formellen Rechts des Angeklagten P. ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrügen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Soweit der Angeklagte A. speziell die Strafzumessung beanstandet, wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.

IV.

20
Von einer Überbürdung der durch die Revisionen der Angeklagten dem Nebenkläger Cemal Ak. entstandenen notwendigen Auslagen sieht der Senat ab, denn die Rechtsmittel der Angeklagten waren insgesamt und die des Nebenklägers im Wesentlichen erfolglos (§§ 472 Abs. 1 Satz 2, 473 Abs. 4 StPO; BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung 1). Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 524/06
vom
16. Januar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16. Januar 2007 gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22. März 2006 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 1 der Urteilsgründe der tateinheitlich begangenen vorsätzlichen (einfachen) Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, mit gefährlicher Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (Fall II. 1 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: zwei Jahre Freiheitsstrafe) sowie wegen hierzu in Tatmehrheit stehender weiterer tateinheitlich zusammentreffender Straftaten (Fall II. 2 der Urteilsgründe, Einzelstrafe: neun Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und gegen ihn eine isolierte Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von drei Jah- ren angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung im Fall II. 1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen kam es zwischen dem Angeklagten und dem sich in das Fahrzeug des Angeklagten beugenden Polizeibeamten G. , der den Angeklagten an einer Weiterfahrt hindern wollte, zunächst zu einer Rangelei. G. versuchte die Handbremse zu ziehen und kam hierbei quer im vorderen Innenraum des Fahrzeugs zu Liegen. Im weiteren Verlauf der körperlichen Auseinandersetzung gelang es dem Angeklagten, sein Fahrzeug rückwärts in Gang zu setzen, so dass es schließlich gegen eine Böschung stieß. Durch den Anstoß fiel der Polizeibeamte aus dem Fahrzeug auf einen Gehweg; er erlitt „bei diesem Vorgang“ unter anderem einen Bruch des Brustbeins, eine Schwellung am rechten Auge, Schürfwunden am Armgelenk und Prellungen mehrerer Rippen.
4
b) Damit ist das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung nicht belegt. Die hier allein in Betracht kommende Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB („mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“ ) setzt voraus, dass die Körperverletzung durch ein von Außen auf den Körper des Tatopfers einwirkendes gefährliches Tatmittel verursacht wird (vgl. Senat NZV 2006, 270, 271/272; NZV 2006, 483, 484 [zu § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB]; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 224 Rdn. 7; a.A. KG NZV 2006, 111 mit Anm. Krüger). Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung ei- ner Person eingesetzt wird, als ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass die Verletzungen des Polizeibeamten durch eine Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf seinen Körper verursacht worden sind. Soweit er sich diese - was unklar bleibt - bei dem Sturz aus dem Fahrzeug zugezogen hat, wäre der Körperverletzungserfolg erst durch den nachfolgenden Aufprall auf den Gehsteig und nicht „mittels“ des Kraftfahrzeugs eingetreten (vgl. Senat aaO).
5
c) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch den Tatbestand einer (einfachen) Körperverletzung gemäß § 223 StGB. Der nach § 230 StGB zur Verfolgung erforderliche Strafantrag ist vom Verletzten form- und fristgerecht gestellt worden (vgl. Bl. 28 d.A.). Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab.
6
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler hat auf den Bestand des Strafausspruchs keine Auswirkung. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Körperverletzungshandlung die im Fall II. 1 der Urteilsgründe festzusetzende Einzelstrafe, die dem nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 315 b Abs. 3 StGB zu entnehmen war, niedriger bemessen hätte. Zwar hat das Landgericht insoweit rechtsfehlerhaft den Strafrahmen des § 315 Abs. 3 StGB zu Grunde gelegt und damit verkannt , dass § 315 b Abs. 3 StGB nur bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen auf diese Vorschrift verweist, im Übrigen aber über einen eigenen, im Höchstmaß niedrigeren (zehn statt fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe) Strafrahmen verfügt. Da das Landgericht sich bei der Bemessung der Einzelstrafe jedoch ersichtlich an dem unteren Mindestmaß des Strafrahmens orientiert hat, welches in beiden Bestimmungen gleich ist, ist nicht zu besorgen, dass sich dieser Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Jedenfalls erachtet der Senat die festgesetzte Einzelstrafe für angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a StPO.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 480/00
vom
17. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2001 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 10. März 2000 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Zur Rüge der Verletzung von § 247 Satz 1 StPO:
Die Jugendkammer hat einer Erklärung der Mitangeklagten
H. entnommen, daß diese (weitere) Angaben zur Tat in
Anwesenheit des Angeklagten nicht machen werde. Der hierauf
gestützte Ausschluß des Angeklagten während der ergänzenden
Angaben der Mitangeklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden.
§ 247 Satz 1 StPO betrifft Mitangeklagte und Zeugen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die
Erklärung eines Zeugen, im Falle der Anwesenheit des Angeklagten
von einem ihm gemäß § 52 StPO zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht
Gebrauch zu machen, eine Entscheidung
gemäß § 247 Satz 1 StPO rechtfertigen (BGHSt 22, 18,
21; NStZ 1997, 402 m.w.Nachw.). Für die Erklärung eines Mit-
angeklagten, im Falle der Anwesenheit des Angeklagten von
seinem Schweigerecht (vgl. § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO) Gebrauch
zu machen, kann nichts anderes gelten (ebenso Paulus
in KMR StPO § 247 Rdn. 13; Meier in AK-StPO § 247 Rdn. 6).
2. Zur Rüge der Verletzung von § 247 Satz 4 StPO:
Nachdem der Angeklagte wieder anwesend war, hat die Jugendkammer
zunächst einen Antrag des Verteidigers des früheren
Mitangeklagten D. , den gegen diesen bestehenden
Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, entgegengenommen und
wegen fortbestehender Fluchtgefahr zurückgewiesen. Sodann
beantragte der Verteidiger des Angeklagten, der auf freiem
Fuß befindlichen Mitangeklagten H. den Kontakt mit einem
mit der Sache dienstlich befaßten Polizeibeamten zu untersagen.
Dieser Antrag wurde mangels Rechtsgrundlage zurückgewiesen.
Danach wurde die Hauptverhandlung für diesen Tag
unterbrochen. Zu Beginn des nächsten Verhandlungstages erklärte
der Vorsitzende (in Anwesenheit des Angeklagten), während
der Unterrichtung des Angeklagten über die in seiner Abwesenheit
gemachten Aussagen der Mitangeklagten H.
käme ein Ausschluß der Öffentlichkeit gemäß § 171b GVG in
Betracht. Nachdem hierüber zunächst verhandelt und dann
entsprechend entschieden worden war, wurde der Angeklagte
über den Inhalt der Aussage unterrichtet.

a) Unbeschadet der Frage nach der Zweckmäßigkeit dieser
Verfahrensweise stellt es keinen durchgreifenden Rechtsfehler
dar, daß die Jugendkammer am Tag der ergänzenden
Vernehmung der Mitangeklagten vor der Unterrichtung des
Angeklagten zunächst über die genannten Anträge verhandelt
und entschieden hat. Ein Verstoß gegen die Pflicht, den
Angeklagten alsbald, nachdem er wieder anwesend ist, zu
unterrichten (§ 247 Satz 4 StPO) ist kein absoluter Revisionsgrund.
Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab,
ob das Urteil auf einem solchen Verstoß beruhen kann
(Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 247 Rdn.
55). Dies war hier zu verneinen. Durch die alsbaldige Unterrichtung
soll der Angeklagte in die Lage v ersetzt werden,
den weiteren Gang der Verhandlung sofort zu beeinflussen
(BGHR StPO § 247 Satz 4 Unterrichtung 7 m.w.Nachw.).
Damit soll das Recht des Angeklagten gewahrt werden, sich
trotz seiner vorübergehenden Abwesenheit bestmöglich
verteidigen zu können (vgl. nur BGHR aaO Unterrichtung 2,
4, 5 m.w.Nachw.). Dieses Recht wurde durch die bis zur
Unterrichtung erfolgten Verfahrensvorgänge nicht berührt.
Die genannten Anträge und ihre Verbescheidung waren
nicht Teil der Beweisaufnahme. Alle diese Vorgänge hätten
auch außerhalb der Hauptverhandlung geschehen können.
Die auf sie zurückgehende Verzögerung der Unterrichtung
des Angeklagten konnte weder für den Schuldspruch noch
den Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten bedeutsam
werden und hat daher seine Verteidigungsmöglichkeiten
nicht beeinträchtigt.

b) Soweit die Jugendkammer am nächsten Verhandlungstag
zunächst über den Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt
und entschieden hat, liegt schon kein Rechtsfehler vor.
Kommt wegen des Inhalts einer in Abwesenheit des Angeklagten
gemachten Aussage bei seiner Unterrichtung ein
Ausschluß der Öffentlichkeit in Betracht, muß zunächst hierüber
entschieden werden. Ein erst anschließender Ausschluß
der Öffentlichkeit ginge ins Leere.
3. Zur Sachrüge:
Während des gesamten Überfalls wurde der Zeugin S.
ein Messer unmittelbar an den Hals gehalten. Sie erlitt dadurch
einen Schock, der in der Folgezeit bei ihr zu Angstzuständen,
Magenbeschwerden und Schlafstörungen führte. Daraus ergibt
sich, daß ihre durch die Tat bedingten psychischen Beeinträchtigungen
sie in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren
Zustand versetzten. Damit ist der objektive Tatbestand
der Körperverletzung erfüllt (BGH NJW 1996, 1068, 1069
m.w.Nachw.). Die Möglichkeit solcher Tatfolgen liegt auf der
Hand. Daher stellt es keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar,
daß die Jugendkammer zu dem von ihr im Ergebnis bejahten entsprechenden
(zumindest bedingten) Vorsatz des Angeklagten
keine Ausführungen gemacht hat.
Schäfer Wahl Schluckebier
Hebenstreit Schaal

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.