Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:051217B4STR562.17.0
05.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 562/17
vom
5. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
ECLI:DE:BGH:2017:051217B4STR562.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 28. Juni 2017 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ in drei Fällen zu der Ge- samtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall einer Einzelstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme rechtlich selbstständiger Taten des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die beiden Rechtsverletzungen in einer Ausführungshandlung überschneiden und deshalb zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) stehen.
3
a) Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte im November 2016 in E. (Niederlande) von einem unbekannt gebliebenen Rauschgifthändler 140 Gramm Heroinzubereitung mit einem Heroin-Hydrochlorid-Anteil von 61,6 Gramm. Das von einem Kurier ausgelieferte Betäubungsmittel verbrachte er in seine Wohnung nach B. , um es dort zu strecken und anschließend gewinnbringend zu verkaufen (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Als seine Heroinvorräte zur Neige gingen, bestellte er Mitte Dezember 2016 bei seinem Lieferanten weitere 380 Gramm Heroinzubereitung (178,9 Gramm Heroin-Hydrochlorid). Auch diese verbrachte er nach ihrer Auslieferung in seine B. er Wohnung, um sie dort zu strecken und anschließend zu verkaufen. Am 16. Januar 2017 konnten bei einer Durchsuchung insgesamt 407,4 Gramm Heroinzubereitung aufgefunden und sichergestellt werden, die der Angeklagte – teilweise bereits gestreckt und verkaufsfertig verpackt – an verschiedenen Orten in seiner 38 Quadratmeter großen Wohnung und in seinem Fahrzeug aufbewahrte (Fall II. 3 der Urteilsgründe). Ca. 20 Gramm stammten dabei noch aus der Lieferung vom November 2016. Während des gesamten Zeitraums lagen in der Wohnung auf einer Kommode offen vier Messer, zu denen auch ein Butterflymesser zählte. Alle Messer waren zur Verletzung von Personen geeignet und zumindest das Butterflymesser von dem Angeklagten auch hierzu bestimmt.
4
b) Da der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon dann verwirklicht ist, wenn der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte ge- fährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; st. Rspr.), lagen dessen Voraussetzungen hinsichtlich des noch nicht vollständig abverkauften Heroins aus dem Ankauf vom November 2016 (Fall II. 2 der Urteilsgründe) und des Heroins aus dem Erwerb vom Dezember 2016 (Fall II. 3 der Urteilsgründe) während deren gemeinsamer Lagerung in der Wohnung nicht nur gleichzeitig vor, sondern wurden – soweit es um das Bereithalten des Butterflymessers geht – auch durch ein und dieselbe Tathandlung erfüllt. Diese Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlung führt zur Annahme von Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16, NStZ-RR 2017, 218, 219 mwN).
5
2. Die insoweit erforderlich gewordene Berichtigung des Schuldspruchs (zur Tenorierung vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14, NStZ-RR 2015, 144 [Leitsatz 2]) führt zum Wegfall der im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Die im Fall II. 3 der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe von sechs Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe bleibt insoweit als alleinige Einzelstrafe bestehen. § 265 StPO steht der Schulspruchänderung nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können. Da die andere rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge hat (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2017 – 4 StR 566/16, NStZ-RR 2017, 306, 307; Beschluss vom 7. Januar 2011 – 4 StR 409/10, NJW 2011, 2149, 2151 mwN), schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses aus den verbleibenden Einzelstrafen eine geringere als die verhängte Gesamtstrafe gebildet hätte.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Dez. 2016 - 4 StR 246/16

bei uns veröffentlicht am 08.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 246/16 vom 8. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:081216U4STR246.16.0 Der 4. Strafsenat d

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2011 - 4 StR 409/10

bei uns veröffentlicht am 07.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 409/10 vom 7. Januar 2011 in der Strafsache gegen BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB § 266 Abs. 1 Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstre

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2017 - 4 StR 566/16

bei uns veröffentlicht am 04.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 566/16 vom 4. Juli 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Bandendiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2017:040717B4STR566.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbunde

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2017 - 3 StR 487/16

bei uns veröffentlicht am 24.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 487/16 vom 24. Januar 2017 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2017:240117B3STR487.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2017 - 1 StR 394/16

bei uns veröffentlicht am 12.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 394/16 vom 12. Januar 2017 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ BtMG § 30a Abs. 2 Nr. 2 StPO § 261 1. Maßgeblich für das Mitsichfüh

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2015 - 3 StR 632/14

bei uns veröffentlicht am 03.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 6 3 2 / 1 4 vom 3. Februar 2015 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anh
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2020 - 4 StR 303/19

bei uns veröffentlicht am 28.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 303/19 vom 28. Januar 2020 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- BtMG § 30a Abs. 2 Nr. 2 Zur Ablehnung einer teleologischen Reduktion des Tatbest

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2018 - 4 StR 116/18

bei uns veröffentlicht am 27.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 116/18 vom 27. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2018:270618B4STR116.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Gene

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19

bei uns veröffentlicht am 03.12.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 553/19 vom 3. Dezember 2019 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2019:031219B4STR553.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung de

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2019 - 4 StR 203/19

bei uns veröffentlicht am 08.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 203/19 vom 8. Mai 2019 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2019:080519B4STR203.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Gen

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 394/16
vom
12. Januar 2017
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
1. Maßgeblich für das Mitsichführen von Schusswaffen oder sonstigen Gegenständen
i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist deren Zugänglichkeit für den Täter während
irgendeines Stadiums der Tatausführung.
2. Für die Beurteilung dessen hat die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort
der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu
einem bestimmten Zeitpunkt während des Handeltreibens lediglich indizielle Bedeutung.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16 – LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:120117U1STR394.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 10. Januar 2017 in der Sitzung am 12. Januar 2017, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Bellay, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 10. Januar 2017 – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft. Sie beanstandet, dass der Angeklagte nicht (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt worden ist. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte im Zeitpunkt einer Ende Juli 2015 durchgeführten Durchsuchung seiner Wohnung in einem im Schlafzimmer befindlichen Schranktresor gut 113 g Marihuana und knapp 8,5 g Kokain auf. Zudem lagen u.a. weitere gut 10 g Marihuana auf dem Couchtisch im Wohnzimmer. Von den genannten Mengen waren jeweils 85 % zum gewinnbringenden Weiterverkauf und der Rest für den Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt. In einer ebenfalls im Wohnzimmer stehenden Kommode, die zwei Meter von dem Couchtisch und neuneinhalb Meter von dem Schranktresor im Schlafzimmer entfernt war, wurden in verschiedenen, jeweils geschlossenen Schubladen folgende Gegenstände gefunden: eine Machete mit einer Klingenlänge von 25,5 cm, die der Angeklagte aber zu keinem Zeitpunkt als Angriffsoder Verteidigungsmittel einsetzen wollte; drei jeweils in Plastikkoffern mit Schnappverschlüssen befindliche ungeladene, aber funktionsfähige "GasAlarm -Pistolen", in den Plastikkoffern befanden sich zudem zugehörige Magazine , die jedoch nicht aufmunitioniert waren, die passende Munition lag in zwei Pappschachteln in derselben Schublade; unter den Pistolenkoffern befand sich darüber hinaus ein Schlagring, was dem Angeklagten "zum Tatzeitpunkt" jedoch nicht bewusst war.
4
An einer Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat sich das Tatgericht aus unterschiedlichen Gründen gehindert gesehen. Bezüglich der Machete hat es sich nicht die Überzeugung verschaffen können, der Angeklagte habe den Gegenstand subjektiv zur Verletzung von Menschen bestimmt. Ebenso wenig habe dem Angeklagten bezüglich des Schlagrings das erforderliche Bewusstsein nachgewiesen werden können, diesen in einer Weise bei sich zu haben, die ihm den jederzeitigen Zugriff ermögliche. Ein Mitsichführen der drei "Gas-Alarm-Pistolen" hat das Landgericht verneint, weil der Angeklagte die Waffen nicht in einer Weise gebrauchsbereit bei sich gehabt habe, dass er sich ihr jederzeit habe bedienen können (UA S. 14). Die fehlende Gebrauchsbereitschaft der Pistolen leitet es daraus ab, dass diese – wie das Landgericht aufgrund durchgeführter Tests angenommen hat – seitens des Angeklagten nicht in einem Zeitraum von weniger als 28 Sekunden gebrauchsbereit gemacht werden konnten (UA S. 5, 11 und 14).

II.

5
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, das sich gegen das Unterbleiben einer Verurteilung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln richtet, hat im Umfang der Anfechtung Erfolg. Die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es einen solchen Schuldspruch verneint hat, halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
6
1. Soweit das Landgericht eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen eines Gegenstandes , der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG), trotz des Vorhandenseins eines im tatrichterlichen Urteil näher beschriebenen Schlagrings (UA S. 5) verneint hat, erweist sich die zugrundeliegende Beweiswürdigung – auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 Rn. 25 mwN; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16 Rn. 20 f., NStZ 2016, 670 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 10) – als rechtsfehlerhaft.
7
a) Das für den Qualifikationstatbestand gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in beiden Varianten objektiv erforderliche Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes liegt dann vor, wenn der Täter derartige Waffen oder Gegenstände bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschlüsse vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13; vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS] jeweils mwN). Hierfür genügt es, dass die Schusswaffe bzw. der gefährliche Gegenstand dem Täter in irgendeinem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (näher BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 mwN und S. 13 f.; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13), d.h. diese sich so in seiner räumlichen Nähe befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2012 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschluss vom 5. April2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 mit Praxiskommentar Volkmer und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS]). Ein Tragen der Waffe oder des Gegenstandes am Körper ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99); es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349).
8
b) Zu dem auf die im vorstehenden Absatz genannten Merkmale des Qualifikationstatbestands bezogenen Vorsatz gehört – wovon das Tatgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist – das aktuelle Be- wusstsein des Täters zur Tatzeit, die Schusswaffe oder den Gegenstand gebrauchsbereit bei sich zu haben (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.; Sost-Scheible NStZ 1997, 396 f.; Rahlf in Münchener Kommentar zum StGB, Band 6, 2. Aufl., BtMG § 30a Rn. 197). Das erforderliche Bewusstsein , über die Waffe bzw. den Gegenstand verfügen zu können, muss gerade bei Begehung der Tat vorhanden sein, wobei es entsprechend den Anforderungen an den objektiven Tatbestand des Mitsichführens genügt, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2). Es genügt bedingter Vorsatz. Der Wille, die Waffe oder den Gegenstand einzusetzen, ist kein Element des auf das Merkmal des Mitsichführens als solches bezogenen Vorsatzes (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 mwN; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 30a Rn. 87).
9
Auf der Ebene des (prozessualen) Nachweises des Bewusstseins der Verfügbarkeit von durch § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfasster Waffen oder Gegenstände werden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abhängig von deren Art unterschiedliche Anforderungen gestellt (vgl. BGH aaO BGHSt 43, 8, 14; siehe auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f. mit Anmerkung Sost-Scheible NStZ 1997, 396 f.). Führt der Täter eine Waffe im technischen Sinne mit sich, liegt die Feststellung, der Angeklagte habe die Waffe auch bewusst gebrauchsbereit bei sich, so nahe, dass nähere Ausführungen des Tatrichters hierzu regelmäßig entbehrlich sind (BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14 und vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 17; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.). Höhere Anforderungen an den Tatrichter bezüglich der Prüfung und Darlegung des subjektiven Merkmals des Bewusstseins der Verfügbarkeit der Waffe wird man allenfalls dann zu überlegen haben, je ferner die Gefahr des Einsatzes ist und je weniger geeignet und bestimmt zur Verletzung von Personen die "sonstigen Gegenstände" im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sind (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.; siehe auch Rahlf aaO BtMG § 30a Rn. 201).
10
Diese differenzierenden Anforderungen an den Nachweis des Vorsatzes, eine Waffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich zu führen, tragen dem gesetzgeberischen Motiv für die Schaffung des Qualifikationstatbestandes Rechnung. Der Gesetzgeber wollte der generellen Gefährlichkeit des unter Strafe gestellten Verhaltens Rechnung tragen. Diese besteht darin, dass Täter, die bei Betäubungsmittelstraftaten Schusswaffen oder sonstige zur Verletzung von Menschen geeignete und bestimmte Gegenstände bei sich führen, ihre Interessen beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln rücksichtslos durchsetzen und dabei die erfassten Waffen oder Gegenstände einsetzen (BTDrucks. 12/6853 S. 41 rechte Spalte; BGH, Urteil vom 10. April 1996 – 3 StR 5/96, BGHSt 42, 123, 126; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13). Die jederzeitige Verfügbarkeit von Waffen oder sonstigen Gegenständen erleichtert dem Täter den verbotenen Umgang mit Betäubungsmitteln, weil ihm solche Objekte regelmäßig ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit vermitteln (BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13).
11
c) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erweisen sich die beweiswürdigenden Erwägungen, mit denen das Landgericht begründet hat, warum es sich nicht von einem auf das Mitsichführen gerichteten Vorsatz bezüglich des Schlagrings hat überzeugen können, als rechtsfehlerhaft.
12
aa) Zwar hat es das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermag; was auch für die Verwirklichung der Voraussetzungen einer Qualifikation gilt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 5 StR 255/16 Rn. 25, NStZ-RR 2017, 5). Die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung unterliegt der Beurteilung durch das Revisionsgericht lediglich dahingehend, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14 Rn. 20 mwN; vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16 Rn. 21, NStZ 2016, 670 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 14; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87; vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 14; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 569/15 Rn. 26; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN).
13
bb) Vorliegend hat das Landgericht teils die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche richterliche Überzeugungsbildung überspannt und nicht die gebotene vollständige Gesamtwürdigung vorgenommen sowie teils bereits den rechtlichen Maßstab für die Nachweise des Bewusstseins, eine gebrauchsbereite Waffe mit sich zu führen, verfehlt.
14
(1) Wie das Landgericht insoweit noch rechtsfehlerfrei angenommen hat, wird der in der Wohnzimmerkommode verwahrte Schlagring von Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 zu § 2 Abs. 4 WaffG erfasst; es handelt sich um einen tragbaren Gegenstand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WaffG und damit um eine Waffe im technischen Sinne (Heinrich in Münchener Kommentar zum StGB, Band 8, 2. Aufl., WaffG § 2 Rn. 13). Liegt objektiv das Mitsichführen einer solchen Waffe – was hier auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen der Fall ist (unten Rn. 19-24) – bei der Tat vor, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig keiner näheren beweiswürdigenden Darlegungen zum darauf bezogenen Vorsatz. Indem das Tatgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung davon ausgeht, es sei angesichts der für nicht widerlegbar erachteten Einlassung des Angeklagten, den Schlagring etwa zwei Jahre vor der Durchsuchung geschenkt bekommen und ihn dann irgendwo in der Wohnung verstaut zu haben, nicht mit einem Gebrauch des Schlagrings zu rechnen gewesen (UA S. 12), wird es den vorgenannten Maßstäben zur Beurteilung des wenigstens bedingten Vorsatzes nicht gerecht. Zumal der Wille zum Gebrauch der Waffe im konkreten Fall gerade keine Voraussetzung des auf das Mitsichführen bezogenen Vorsatzes ist. Denn das Gesetz knüpft die Steigerung des Unrechtsgehalts der Qualifikation gegenüber dem Grundtatbestand gerade an die generelle Gefährlichkeit des Mitsichführens der tatbestandlich erfassten Gegenstände in irgendeinem Stadium der Tatbegehung. Hat ein Täter zugleich Betäubungsmittel und Schusswaffen verfügungsbereit, treffen das Risiko einer Entdeckung der Tat, das Bedürfnis nach Sicherung der Drogen und die im Waffenbesitz dokumentierte Gewaltbereitschaft des Täters in besonderer Weise zusammen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 13).
15
(2) Vor allem lässt die zugrundeliegende Beweiswürdigung die gebotene Gesamtwürdigung aller beweisrelevanten Umstände vermissen.
16
Das Tatgericht hat sich rechtsfehlerhaft lediglich auf eine jeweils gesonderte Beurteilung der jeweiligen relevanten Umstände für jeden einzelnen Waffentypus (Gas-Alarm-Pistolen; Schlagring) bzw. Gegenstand (Machete) beschränkt. Es hat in die Überzeugungsbildung hinsichtlich des Vorsatzes zum Mitsichführen des Schlagrings nicht erkennbar den Umstand der Aufbewahrung einer Anzahl unterschiedlicher Waffen und Gegenstände in der Wohnung einbezogen. Auf die Gas-Alarm-Pistolen stellt es lediglich im Hinblick auf deren konkreten Aufbewahrungsort ab, nimmt aber nicht in den Blick, dass sich aus der Vielzahl vorhandener Waffen Rückschlüsse auf den Vorsatz des Mitsichführens jeder einzelnen Waffe bzw. jedes einzelnen sonstigen Gegenstandes ergeben können.
17
Darüber hinaus stellt das Landgericht auch nicht in seine hier relevanten beweiswürdigenden Ausführungen ein, dass der Angeklagte in dem Schranktresor außer den genannten Betäubungsmitteln auch Bargeld i.H.v. 5.250 Euro verwahrte (UA S. 8). Daraus hat das Tatgericht zwar ohne Rechtsfehler den Schluss gezogen, der Angeklagte habe die Betäubungsmittel nicht ausschließlich zum Eigenkonsum, sondern überwiegend zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt, und damit die gegenteilige Einlassung des Angeklagten widerlegt (UA S. 8 und 9). Das Aufbewahren eines auch unter Berücksichtigung des festgestellten Nettoeinkommens des Angeklagten (vgl. UA S. 3) nicht unbeträchtlichen Geldbetrags kann ersichtlich indizielle Bedeutung aber auch für den Vorsatz bezüglich § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG haben. Denn das Vorhandensein von Bargeld in einer Wohnung, in der sich zudem auch zum Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel befinden, bietet möglicherweise einen eigenständigen und zusätzlichen Anreiz für den Täter, seine Interessen bei dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in irgendeiner Phase des gesamten Vorgangs auch unter Zugriff auf vorhandene Waffen durchzusetzen. Ebenso wenig hat das Tatgericht im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung bedacht, dass es dem Angeklagten in seiner Einlassung, sämtliche in der Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel seien ausschließlich zum Eigenkonsum bestimmt gewesen , nicht gefolgt ist. Da es seine Einlassung insoweit widerlegt hat, wäre es umso mehr geboten gewesen, auch die Angaben hinsichtlich des auf § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bezogenen Vorsatzes umfassend und nicht lediglich isoliert hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstandes bzw. jeder einzelne Waffe zu würdigen.
18
Die Ablehnung des auf das Mitsichführen des Schlagrings bezogenen Vorsatzes des Angeklagten trägt daher nicht.
19
d) Soweit die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge trotz des Schlagrings unterblieben ist, erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG ist nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht ausgeschlossen.
20
aa) Dem steht nicht entgegen, dass die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in einem Schranktresor im Schlafzimmer aufbewahrt wurden, der Schlagring sich aber in einer Schublade einer im Wohnzimmer stehenden Kommode befand. Maßgeblich ist – wie dargelegt –, dass sich die Waffen oder Gegenstände so in der räumlichen Nähe des Täters befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 mit Praxiskommentar Volkmer und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS]).
21
(1) Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann angesichts der Vielgestaltigkeit der in Frage kommenden Lebensverhältnisse lediglich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (insoweit zutreffend Rahlf aaO BtMG § 30a Rn. 178). Zu diesen Umständen gehört etwa außer den individuellen Fähigkeiten des Täters und den tatsächlichen Möglichkeiten seines Zugriffs einschließlich möglicher Zugangserschwernisse auch die räumliche Nähe des Täters während irgendeines Stadiums der Tatausführung zu der Schusswaffe oder zu dem sonstigen Gegenstand i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG.
22
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zur Konkretisierung der räumlichen Komponente des Mitsichführens häufig formuliert worden, es genüge, wenn sich die Schusswaffe bzw. der Gegenstand in Griffweite befinde (etwa BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. und vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349; siehe dazu Praxiskommentar Volkmer NStZ 2015, 349 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433). "Griffweite" im wörtlichen Sinne, nämlich etwas in greifbarer Nähe zu haben (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 4, 3. Aufl., "Griffnähe" und "Griffweite"), ist dabei in der Rechtsprechung als stets hinreichende aber nicht als notwendige Bedingung des Mitsichführens verstanden worden. Denn der Bundesgerichtshof hat die Annahme des Merkmals im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtung auch in Konstellationen für möglich gehalten, in denen sich innerhalb derselben Wohnung das zum Handeltreiben bestimmte Rauschgift und die Waffe bzw. der Gegenstand in unterschiedlichen Räumen befanden (etwa BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Beschlüsse vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. und vom 15. Januar 2013 – 2StR 589/12, NStZ 2013, 663 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13 und 14; Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349). Allerdings ist der Tatrichter bei derartigen Fallgestaltungen räumlich getrennter Aufbewahrung von Betäubungsmitteln und Waffen gehalten, die konkreten räumlichen Verhältnisse und die Orte, an denen das Rauschgift sowie die Waffen aufbewahrt wurden, näher im Urteil darzulegen (BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; in der Sache ebenso BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349; Urteil vom 13. August 2009 – 3 StR 224/09 Rn. 41 [insoweit in BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Sichverschaffen 2 nicht abgedruckt]). Bei getrennter Aufbewahrung in verschiedenen Räumen einer Wohnung ist ein Mitsichführen regelmäßig dann verneint worden, wenn sich die Waffe in einem seinerseits verschlossenen Behältnis befindet und das Öffnen eine Zeitspanne in Anspruch nimmt, die es ausschließt, von einer Zugriffsmöglichkeit "ohne nennenswerten Zeitaufwand" und "ohne größere Schwierigkeiten" sprechen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. – Waffe in einem mit Zahlencode gesicherten Tresor).
23
Die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt – etwa dem der Durchsuchung einer Wohnung – hat allerdings lediglich indizielle Bedeutung für die Beurteilung einer jederzeitigen ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne größere Schwierigkeiten zu realisierenden Zugriffsmöglichkeit des Täters (Volkmer NStZ 2015, 349, 350). Denn für das Mitsichführen ist angesichts des Zwecks der Qualifikation (dazu näher BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 sowie bereits Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 11-13) die Zugriffsmöglichkeit des Täters des Betäubungsmitteldelikts auf Waf- fen oder sonstige Gegenstände gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG während irgendeines, aber näher zu bestimmenden Zeitpunkts im gesamten Tatverlauf ausschlaggebend (zutreffend Volkmer aaO). Beim Handeltreiben aus einer Wohnung heraus erstreckt sich die Tat bis zum Verlassen der Wohnung durch den Käufer mit der Ware (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2007 – 3 StR 127/07, NStZ 2007, 533). Besteht im Verlauf des gesamten Tatvor- gangs, hinsichtlich dessen die Aufbewahrung der Betäubungsmittel zum späteren Verkauf nur ein Teilakt ist, zu irgendeinem Zeitpunkt eine Zugriffsmöglichkeit in dem dargelegten Sinn, liegen die Voraussetzungen des Mitsichführens vor; maßgeblich ist deshalb, dass die Waffe bzw. der Gegenstand jedenfalls bei einem Teilakt griffbereit zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13).
24
(2) Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen die objektiven Voraussetzungen des Mitsichführens eines Gegenstandes i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG hinsichtlich des Schlagrings nicht ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung befand er sich zwar in einem anderen Zimmer als die zum Handeltreiben bestimmten Betäubungsmittel. Die räumliche Distanz hat aber – wie ausgeführt – lediglich indizielle Bedeutung für die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit für den Täter während der Tat. Für ein konkretes Verkaufsgeschäft mit dem im Schranktresor im Schlafzimmer aufbewahrten Marihuana und Kokain hätte es ohnehin des Hervorholens wenigstens eines Teils davon bedurft, so dass dem Aufbewahrungsort zum Zeitpunkt der Durchsuchung für das Mitsichführen des Gegenstandes allein keine entscheidende Bedeutung zukommen kann. Insoweit verhält es sich anders als in Konstellationen, in denen die Waffe bzw. der Gegenstand i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG in einer Art und Weise gelagert wird, die – wie etwa bei Aufbewahrung in einem verschlossenen Behältnis (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f.) – den Zugriff auf die Waffe erschwert. Derartige Schwierigkeiten des Zugangs zu dem Schlagring in objektiver Hinsicht ergeben die Feststellungen gerade nicht. Die Schublade als Lagerort war lediglich geschlossen. Der Umstand, dass der Schlagring unter den Waffenkoffern der "Gas-Alarm-Pistolen" lag, stellt keine relevante Zugriffserschwernis dar.
25
Der neue Tatrichter wird deshalb zu prüfen haben, ob der Angeklagte sowohl die Waffen als auch das Betäubungsmittel während des Tatverlaufs dergestalt in Verwahrung hält, dass ihm der Zugriff auf beides unschwer möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16; Beschluss vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 503/14, StV 2015, 641).
26
bb) Einer Verurteilung wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgrund des vorhandenen Schlagrings steht auch nicht das bei Gegenständen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG bestehende Erfordernis einer Zweckbestimmung des Täters zur Verletzung von Personen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, NStZ 2015, 226 f.; Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466 und vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704) entgegen. Der Schlagring (siehe Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 zu § 2 Abs. 4 WaffG) ist – wie dargelegt – ein tragbarer Gegenstand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WaffG und damit eine Waffe im technischen Sinne (Heinrich aaO WaffG § 2 Rn. 13). Bei derartigen Waffen liegt die Verletzung von Personen ohne weitere Feststellungen regelmäßig auf der Hand (st. Rspr.; etwa BGH, Urteile vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 17 und vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, NStZ 2015, 226 f.; Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466 und vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704).
27

e) Da die Beweiswürdigung des Tatgerichts die Ablehnung des auf § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG bezogenen Vorsatzes bereits hinsichtlich des Schlagrings nicht trägt, führt dies zur Aufhebung des Urteils. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe ist nicht ausgeschlossen.
28
Es bedarf der Aufhebung auch hinsichtlich der an sich rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen der vorgenannten tateinheitlich mit dem Handeltreiben verwirklichten Besitzdelikte. Die ebenfalls für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann nicht bestehen bleiben, weil diese im Fall der Verurteilung aus § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als Grundtatbestand gesetzeskonkurrierend zurückträte (Patzak aaO BtMG § 30a Rn. 127).
29
2. Der Senat hebt die getroffenen Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter umfassende neue Feststellungen auch zum äußeren Tatgeschehen im Hinblick auf dessen Bedeutung für die gebotene Gesamtwürdigung zu dem Vorsatz des Mitsichführens von Schusswaffen bzw. Gegenständen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zu ermöglichen.

III.

30
Die auf die Revision der Staatsanwaltschaft veranlasste Überprüfung des angefochtenen Urteils zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Insbesondere hält die der Annahme, 85 % der aufgefundenen Betäubungsmittel seien zum gewinnbringenden Wei- terverkauf bestimmt gewesen, zugrundeliegende Beweiswürdigung revisionsrechtlicher Prüfung stand.

IV.

31
Sollte der neue Tatrichter auf der Grundlage entsprechender Feststellungen zu einer Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangen , werden angesichts der bislang festgestellten Umstände der Person des Angeklagten die Voraussetzungen des § 30a Abs. 3 BtMG in den Blick zu nehmen sein. Raum Bellay Radtke Fischer Bär
13
aa) Das für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG notwendige Mitsichführen von Gegenständen, die zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind, liegt dann vor, wenn der Täter gefährliche Gegenstände bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Hierfür genügt, dass die gefährlichen Gegenstände dem Täter in irgendeinem Stadium des Tathergangs zur Verfügung stehen, d.h. sich so in seiner räumlichen Nähe befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand, und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann. Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen , so reicht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand des Mitsichführens eines gefährlichen Gegenstands nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei Weber, BtMG, 4. Aufl., § 30a Rn. 145). Demgemäß sind die Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als erfüllt angesehen worden in Fällen, in denen dem Handel treibenden Täter eine Waffe oder ein gefährlicher Gegenstand bei Drogenverkaufsfahrten, in seinem Vorratslager oder beim Strecken oder Portionieren griffbereit zur Verfügung stand, selbst wenn er die Drogen, ohne die Waffe oder den Gegenstand bei sich zu haben, außerhalb der Wohnung übergibt (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2015 – 1 StR 211/15, NStZ 2016, 613 f.; vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 487/16
vom
24. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240117B3STR487.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18. Juli 2016 im Schuldspruch in den Fällen II. 3. und 4. dahin geändert, dass die Angeklagte jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle II. 1. und 2.), Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II. 3. und 4.) sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II. 5.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat hinsichtlich des Schuldspruchs in den Fällen II. 3.
und 4. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erwarb die Angeklagte in den zeitlich auseinanderfallenden Fällen II. 3. und 4. jeweils von unterschiedlichen Lieferanten zum einen Amphetamin, zum anderen Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Im Fall II. 3. bezog sie von dem einen Verkäufer 140 g Amphetamin, von dem anderen 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt: 7 g Base bzw. 7 g THC), im Fall II. 4. in gleicher Weise 100 g Amphetamin und 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt : 5 g Base bzw. 7 g THC). Die Angeklagte veräußerte die Drogen - durchweg in Teilmengen unterhalb der Grenze der nicht geringen Menge - an verschiedene Abnehmer, wobei sie in beiden Fällen im Rahmen einzelner Veräußerungsgeschäfte gleichzeitig Amphetamin und Marihuana an einen Abnehmer verkaufte.
3
2. Das Landgericht hat die Fälle II. 3. und 4. rechtlich jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bewertet, weil es von einer sich auf beide Rauschgiftarten erstreckenden Bewertungseinheit ausgegangen ist und daher die Wirkstoffgehalte von Amphetamin und Marihuana zusammengerechnet hat. Es ist daher in beiden Fällen von einer Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge ausgegangen (zur Berechnung der Grenzwertüberschreitung bei verschiedenen Arten von Betäubungsmitteln vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 StR 473/02, NStZ 2003, 434). Die Annahme der Bewertungseinheit begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5; Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 293). Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des Täters auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 - 3 StR 586/96, NStZ 1997, 344). Eine Bewertungseinheit kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470), aber auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2012 - 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121, 122; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 591). Demgegenüber kann allein der gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen aus verschiedenen Liefervorgängen eine Bewertungseinheit nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99, NStZ 2000, 431; Beschluss vom 23. Oktober 1996 - 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9).
5
Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe keine Bewertungseinheit vor, die den Handel mit beiden Rauschgiften erfasst: Die Drogen stammten nicht aus einem einheitlichen Erwerbsakt, sondern wurden unabhängig voneinander von verschiedenen Lieferanten bezogen ; auch hat das Landgericht nicht festgestellt, dass sie von der Angeklagten zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden. Sie hatte sie lediglich gleichzeitig in ihrem Besitz.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt auch die Tatsache, dass in beiden Fällen Teilmengen beider Rauschgifte in einheitlichen Verkaufsvorgängen an einen Abnehmer veräußert wurden, nicht zur Annahme einer sich jeweils auf die Gesamtmenge beider Rauschgifte erstreckenden Bewertungseinheit. Vielmehr liegt in einem solchen Fall, in dem Teilmengen aus zwei verschiedenen , zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworbenen Rauschgiftmengen gleichzeitig verkauft werden, aufgrund der teilweisen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlung Tateinheit im Sinne des § 52 StGB - hier zwischen der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Amphetamin und der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Marihuana - vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98, bei Winkler, NStZ 1999, 232, 233; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 642; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43).
7
Damit scheidet ein Zusammenrechnen der Wirkstoffgehalte beider Drogenarten , das allein zur Überschreitung der Grenze der nicht geringen Menge führen würde, und damit eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aus. Vielmehr hat sich die Angeklagte in den Fällen II. 3. und 4. jeweils des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
8
Eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Tatbestandsvariante des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch insoweit sind die von unterschiedlichen Lieferanten bezogenen und nicht zu einem einheitlichen Vorrat zusammengeführten Rauschgiftmengen nicht als einheitliche - den Grenzwert der nicht geringen Menge erst überschreitende - Gesamtmenge zu betrachten. Es liegt nicht ein Fall des Besitzes eben dieser Gesamtmenge vor; vielmehr handelt es sich zwar um eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB, jedoch in der Form von zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen des Besitzes der Teilmengen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO). Dieser Besitz (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) tritt wiederum hinter dem sich auf die jeweilige Teilmenge beziehenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) zurück (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1372 mwN).
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
10
3. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer, die für die Fälle II. 3. und 4. die gewerbsmäßige Begehung der Tat (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn sie diese nicht dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, sondern dem - identischen - Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG entnommen hätte.
11
4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 6 3 2 / 1 4
vom
3. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Februar 2015
gemäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO analog einstimmig beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17. September 2014 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 30 Fällen schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln "in nicht geringer Menge" sowie wegen "gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf nicht ausgeführte "formelle Bedenken" sowie materiellrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten führt zur teilweisen Neufassung des Schuldspruchs; in der Sache ist sie aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbe- gründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der ausdrücklichen Erörterung bedarf lediglich Folgendes:
2
1. Die Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
3
2. Der Schuldspruch hält der auf die Sachrüge veranlassten materiellrechtlichen Überprüfung stand. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen, dass der Angeklagte sich in den Fällen II. 1. bis 30. der Urteilsgründe nach § 29 Abs. 1 BtMG und im Fall II. 31. der Urteilsgründe nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht hat. Der Schuldspruch ist allerdings in den Fällen II. 1. bis 30. der Urteilsgründe dahin neu zu fassen, dass der Zusatz "gewerbsmäßig" entfällt; denn das gewerbsmäßige Handeln als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG betrifft nur die Strafzumessung und ist deshalb gemäß § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005 - 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172, 173). Im Fall II. 31. der Urteilsgründe bedarf es des Zusatzes "in nicht geringer Menge" nicht, da der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG stets voraussetzt, dass die Tat eine solche Menge betrifft.
4
3. Gegen den Strafausspruch bestehen im Ergebnis ebenfalls keine sachlichrechtlichen Bedenken; insbesondere weist die Bestimmung des Strafrahmens von einem Jahr bis zu zehn Jahren im Fall II. 31. der Urteilsgründe keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
5
Die Strafkammer hat insoweit, nachdem sie unter Verbrauch des vertypten Milderungsgrundes gemäß § 31 BtMG einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen hat, zutreffend die Sperrwirkung des § 29a BtMG geprüft. Sie hat ebenfalls ohne Rechtsfehler ausgeführt, dass die allge- meinen Strafzumessungsgesichtspunkte einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG nicht begründen. Allerdings hätte sie im Anschluss hieran den vertypten Milderungsgrund des § 31 BtMG in ihre diesbezügliche Bewertung einbeziehen müssen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 3 StR 276/14, juris Rn. 4). Bereits mit Blick auf das vom Angeklagten verwirklichte Tatunrecht ist es indes auszuschließen, dass die Höhe der verhängten Einzelstrafe von drei Jahren auf diesem Rechtsfehler beruht.
6
Hinzu kommt, dass das Landgericht sich bei der Bestimmung der Untergrenze des Strafrahmens an § 29a Abs. 1 BtMG orientiert und die Obergrenze dem § 30a Abs. 3 BtMG entnommen hat. Dies entspricht zwar der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Senat neigt allerdings weiterhin dazu, unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung in den Fällen eines minder schweren Falles des § 30a Abs. 3 BtMG, in denen nicht zugleich die Voraussetzungen eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG gegeben sind, auch die Höchststrafe dem § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 3 StR 143/13, NStZ 2014, 164, 165 f. mwN). Dies bedarf im vorliegenden Fall allerdings keiner Entscheidung, da der Angeklagte durch Bestimmung des Strafrahmens, wie sie das Landgericht vorgenommen hat, nicht beschwert ist.
Becker Hubert Schäfer
RiBGH Mayer befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 566/16
vom
4. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:040717B4STR566.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 4. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten D. , T. und M. wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 22. April 2016 im Schuldspruch wie folgt geändert:
a) Der Angeklagte D. ist des schweren Bandendiebstahls in sechs vollendeten und sechs versuchten Fällen, des Wohnungseinbruchsdiebstahls in neun vollendeten und elf versuchten Fällen sowie des Diebstahls in einem Fall schuldig.
b) Der Angeklagte T. ist des schweren Bandendiebstahls in fünf vollendeten und zwei versuchten Fällen, des versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in acht Fällen sowie des Diebstahls in einem Fall schuldig.
c) Der Angeklagte M. ist des schweren Bandendiebstahls in vier vollendeten und zwei versuchten Fällen schuldig. Die gegen den Angeklagten D. in den Fällen II.9, II.27 und II.28 und die gegen die Angeklagten T. und M. in den Fällen II.27 und II.28 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen. 2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen schweren Bandendiebstahls in sechs vollendeten und acht versuchten Fällen, Wohnungseinbruchsdiebstahls in neun vollendeten und zwölf versuchten Fällen und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten T. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in fünf vollendeten und vier versuchten Fällen, versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in acht Fällen sowie wegen Diebstahls eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten und gegen den Angeklagten M. wegen schweren Bandendiebstahls in vier vollendeten und vier versuchten Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Die auf die Sachrüge, beim Angeklagten D. auch auf Verfahrensrügen gestützten Revisionen der Angeklagten führen zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und dem Wegfall von drei (Angeklagter D. ) bzw. zwei (Angeklagte T. und M. ) Einzelstrafen; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme real konkurrierender Taten in den Fällen II.9 und II.10 sowie II.26 bis II.28 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen fuhren der Angeklagte D. und der Mitangeklagte G. am 2. Januar 2015 nach R. , um dort Wohnungseinbrüche zu begehen (Fälle II.9 und II.10 der Urteilsgründe). In der Folge drang G. durch eine mittels Herausdrehens des Schließzylinders geöffnete Tür in eine Wohnung im 8. Stock eines Mehrfamilienhauses ein, während der Angeklagte D. in seinem Pkw in Sichtweite zum Tatort wartete und die Umgebung beobachtete, um seinen Mittäter gegebenenfalls per Mobilfunk zu warnen. Nachdem G. in der Wohnung keine stehlenswerten Gegenstände gefunden hatte, drang er wiederum nach Herausdrehen des Schließzylinders in die gegenüberliegende Wohnung ein und entwendete dort verschiedene Gegenstände, während der Angeklagte D. weiterhin aus seinem Fahrzeug die Umgebung absicherte. Am 13. Februar 2015 fuhren die Angeklagten D. , T. und M. nach L. , um entsprechend einer vorherigen Übereinkunft (weitere) Wohnungseinbruchsdiebstähle zu begehen (Fälle II.26 bis II.28 der Urteilsgründe). Zumindest einer der Angeklagten versuchte in Umsetzung des gemeinsamen Tatplans nacheinander die Hauseingangstüren der Mehrfamilienhäuser S. straße 9, 11 und 13 aufzuhebeln , was in allen Fällen misslang. Nähere Feststellungen dazu, wer aus der Tätergruppe versuchte, in die Häuser einzudringen und wer die Umgebung absicherte, hat das Landgericht nicht zu treffen vermocht.
4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641); vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, NStZ 2014, 702; vom 28. März 2017 – 4 StR 82/17).
5
c) In den Fällen II.9 und II.10 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten D. nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich nach der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Urteil vielmehr darin, seinen Tatgenossen mit dem Pkw zum Tatort zu fahren und die Umgebung abzusichern. Dass der Angeklagte D. während beider Wohnungseinbrüche telefonischen Kontakt zum Angeklagten G. hielt und diesem konkrete Sicherheitshinweise während beider Einbrüche gab, ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen. Die Fälle II.9 und II.10 sind daher für den Angeklagten D. konkurrenzrechtlich zu einer tateinheitlichen Tat des Wohnungseinbruchsdiebstahls zusammenzufassen.
6
d) Da das Landgericht in den Fällen II.26 bis II.28 der Urteilsgründe die einzelnen Tatbeiträge nicht genauer feststellen konnte, ist nach dem Zweifelssatz zugunsten jedes Angeklagten davon auszugehen, dass er nicht selbst versucht hat, die Eingangstüren der drei Häuser zu öffnen, sondern an den von seinen Mittätern ausgeführten Einbruchsversuchen durch das Absichern der Umgebung übergreifend mitgewirkt hat. Damit hat jeder der Angeklagten in Bezug auf diese drei Taten keinen individuellen, sondern nur einen einheitlichen Tatbeitrag erbracht, so dass insoweit (gleichartige) Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, NStZ 2014, 702).
7
2. Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, NStZ 1996, 493, 494). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da die Angeklagten sich nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
8
Infolge der Schuldspruchänderung entfällt beim Angeklagten D. die Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe im Fall II.9 der Urteilsgründe wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls. Bei allen drei Angeklagten entfallen in den Fällen II.27 und II.28 der Urteilsgründe jeweils zwei Freiheitsstrafen von einem Jahr und fünf Monaten (D. ) bzw. einem Jahr (T. und M. ). Einer Aufhebung der Gesamtstrafen bedarf es nicht. Die bloße Korrektur des Konkurrenzverhältnisses hat keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 – 3 StR 178/13, StraFo 2014, 298, 299; Urteil vom 5. Juni 2013 – 2 StR 537/12, Rn. 12; Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146, 147; Beschluss vom 7. Januar 2011 – 4 StR 409/10, insofern nicht abgedruckt in NStZ 2011, 281, 282). Der Senat schließt deshalb aus, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der verbleibenden Einzelstrafen auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 409/10
vom
7. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstreckungsorgan
im Rahmen des ihm erteilten Vollstreckungsauftrags eine Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger.
BGH, Beschluss vom 7. Januar 2011 - 4 StR 409/10 - LG Frankenthal (Pfalz)
wegen Abgabenüberhebung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Januar 2011 gemäß
§ 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22. April 2010 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt , soweit der Angeklagte in den Fällen II. 26, 29, 60 und 75 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen;
b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Untreue in Tateinheit mit Gebührenüberhebung in 57 Fällen und der Abgabenüberhebung in sieben Fällen schuldig ist. Die Einzelstrafen für die Taten II. 13, 15, 18, 23, 26, 28, 29, 33, 39, 41, 44, 48, 50, 53, 55, 58, 60, 62, 65, 70, 73, 75, 77 und 81 der Urteilsgründe entfallen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Gebührenüberhebung in 81 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, und wegen Abgabenüberhebung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem hat es dem Angeklagten die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, für die Dauer von zwei Jahren aberkannt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen und Wertungen erhob der Angeklagte als Gerichtsvollzieher in einer Vielzahl von Vollstreckungsverfahren zu hohe Gebühren. Nachdem der Angeklagte in den verschiedenen Vollstreckungsverfahren bereits früher tätig gewesen war und Teilzahlungen der Schuldner entgegen genommen hatte, erbrachten die Schuldner in den einzelnen Fällen jeweils weitere freiwillige Teilleistungen an den Angeklagten. Dieser hätte für die Entgegennahme dieser weiteren Teilzahlungen nach den Vorschriften des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherkostengesetz – GvKostG) vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 623) maximal jeweils Gebühren in Höhe von 3,60 € ansetzen dürfen. Soweit der Vollstreckungsschuldner freiwillig an den Gerichtsvollzieher zahlt, fällt - nach § 10 Abs. 2 Satz 3 GvKostG für jede Zahlung - lediglich eine Hebegebühr nach Nr. 430 KV-GvKostG in Höhe von 3 € an (Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., 430 KVGv Rn. 3), die als Festgebühr die gesamte Tätigkeit des Gerichtsvollziehers abgilt. Hinzu kommt die Pauschale für sonstige bare Auslagen nach Nr. 713 KV-GvKostG in Höhe von 20 % des Betrages von 3 €. Tatsächlich berechnete der Angeklagte in den einzelnen Fällen Gebühren von 21,10 € und erhob damit um 17,50 € überhöhte Gebühren, die er jeweils von den vereinnahmten Teilzahlungen der Schuldner vor Weiterleitung an die Gläubiger in Abzug brachte.
3
2. Der Senat stellt das Verfahren aus verfahrensökonomischen Gründen auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 26, 29, 60 und 75 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Den Urteilsgründen ist nämlich in den Fällen II. 29, 60 und 75 nicht hinreichend zu entnehmen, ob der Angeklagte überhöhte Gebühren anlässlich freiwilliger Teilzahlungen der Vollstreckungsschuldner erhoben hat. Im Fall II. 26 sind die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen zu den erhaltenen und weitergeleiteten Beträgen widersprüchlich.
4
3. In den verbleibenden Fällen tragen die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat der Angeklagte allerdings jeweils Untreuetaten zum Nachteil der Gläubiger begangen. Durch die Berechnung überhöhter Gebühren und deren Einbehalt bei der Weiterleitung der vereinnahmten Teilzahlungen hat der Angeklagte die ihm als Gerichtsvollzieher gegenüber den Gläubigern obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und den Gläubigern einen Vermögensnachteil zugefügt.
5
a) Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstreckungsorgan gemäß §§ 753 ff. ZPO im Rahmen des ihm erteilten Vollstreckungsauftrags eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Gläubigern (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. Oktober 1959 – 1 StR 466/59, BGHSt 13, 274; RGSt 71, 31). Zwar handelt der Gerichtsvollzieher hoheitlich und wird nicht als Vertreter des Gläubigers tätig (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 753 Rn. 4). Die Zwangsvollstreckung dient aber den Gläubigerinteressen. Sie erfordert als verfahrenseinleitende Prozesshandlung einen Antrag des Gläubigers. Damit bestimmt der Gläubiger Beginn, Art und Ausmaß des Vollstreckungszugriffs. Er hat die Herrschaft über seinen vollstreckbaren Anspruch und bleibt somit auch "Herr" seines Verfahrens (Zöller/Stöber aaO Vor § 704 Rn. 19). Zudem hat der Gerichtsvollzieher die Vorschriften der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) zu beachten (vgl. Zöller/Stöber aaO § 753 Rn. 4). Deren Einhaltung gehört nach § 1 Abs. 4 GVGA zu den Amtspflichten des Gerichtsvollziehers. Nach § 58 Nr. 1 GVGA handelt der Gerichtsvollzieher bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung selbständig. Er hat gemäß § 58 Nr. 2 GVGA die Weisungen des Gläubigers insoweit zu berücksichtigen, als sie mit den Gesetzen oder der Geschäftsanweisung nicht in Widerspruch stehen. Insbesondere hat der Gerichtsvollzieher nach § 106 Nr. 6 GVGA die empfangene Leistung und nach § 138 Nr. 1 GVGA bzw. § 170 GVGA gepfändetes oder ihm gezahltes Geld nach Abzug der Vollstreckungskosten unverzüglich an den Gläubiger abzuliefern. Gegen diese Amtspflichten hat der Angeklagte verstoßen, indem er das von den Vollstreckungsschuldnern erhaltene Geld im Umfang der zuviel einbehaltenen Gebühren nicht an die Gläubiger weitergeleitet hat.
6
b) Die Forderung des jeweiligen Gläubigers ist zwar nicht bereits durch die Zahlung des jeweiligen Vollstreckungsschuldners an den Angeklagten als Gerichtsvollzieher im Sinne des § 362 BGB teilweise erfüllt worden. Die Erfüllungswirkung gemäß § 362 BGB tritt bei Zahlung erst ein, wenn der Gerichtsvollzieher das empfangene Geld an den Gläubiger weitergeleitet hat. Fehlt es hieran, ist die beizutreibende Forderung nicht durch Erfüllung erloschen (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 115/08, MDR 2009, 466; Zöller/ Stöber aaO § 754 Rn. 6). § 362 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 BGB ist nicht anwendbar, weil die Rechtsstellung des Gerichtvollziehers gemäß § 754 ZPO nicht auf einem bürgerlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum Gläubiger, sondern auf seiner Stellung als auch im Bereich der Entgegennahme freiwilliger Zahlungen hoheitlich handelndes Organ der Zwangsvollstreckung beruht.
7
Auf freiwillige Zahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher ist aber § 815 Abs. 3 ZPO analog anwendbar (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 115/08, MDR 2009, 466, 467; Zöller/Stöber aaO § 754 Rn. 6; Musielak /Becker, ZPO, 7. Aufl., § 815 Rn. 5). Nach der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur wird § 815 Abs. 3 ZPO nicht als Erfüllungsfiktion , sondern als eine von § 270 BGB abweichende Regelung über die Gefahrtragung verstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 115/08 aaO; Urteil vom 30. Januar 1987 – V ZR 220/85, ZZP 102, 366; Zöller/Stöber aaO § 815 Rn. 2; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 4; MünchKomm-ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 815 Rn. 14). Der Schuldner ist bei freiwilliger Leistung unter dem Druck drohender Pfändung ebenso schutzwürdig wie bei der Wegnahme (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 115/08 aaO; Musielak/Becker aaO § 815 Rn. 5). Dieser Schutz des Schuldners trägt dem Umstand Rechnung, dass er auf den weiteren Verfahrensablauf keinen Einfluss nehmen kann (MünchKommZPO /Gruber aaO § 815 Rn. 14). Verwendet der Gerichtsvollzieher das Geld nicht entsprechend den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, trägt der Gläubiger somit die Gefahr. Er kann den Schuldner nicht nochmals in Anspruch nehmen.
8
4. Die Annahme selbständiger, real konkurrierender Taten durch das Landgericht hält in den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. August 2010 genannten Fällen sowie in den Fällen II. 12 und 13 der Urteilsgründe der rechtlichen Überprüfung nicht stand. In diesen Fällen teilte der Angeklagte die von den Vollstreckungsschuldnern geleisteten Zahlungen auf und leitete die Gelder am selben Tag an zwei Gläubiger weiter, wobei er jeweils zu hohe Gebühren in Höhe von 17,50 € in Abzug brachte. Die jeweils am selben Tag vorgenommenen Überweisungen bzw. Ausbuchungen stehen in natürlicher Handlungseinheit. Eine solche liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (BGH, Beschlüsse vom 14. September 2010 – 4 StR 422/10; vom 3. August 2010 – 4 StR 157/10 und vom 18. Mai 2010 – 4 StR 182/10 m.w.N.). Angesichts des Umstandes, dass die am selben Tag vorgenommenen Überweisungen bzw. Ausbuchungen jeweils denselben Vollstreckungsschuldner betrafen , liegt es nahe, dass der Angeklagte die Verfügungen zusammen erledigte und nicht aufgrund eines neuen Tatentschlusses handelte.
9
Da jeweils zwei Gläubiger geschädigt wurden, ist gleichartige Idealkonkurrenz gegeben (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1985 – 1 StR 274/85, wistra 1986, 67; BGH, Beschlüsse vom 8. April 1998 – 1 StR 128/98, NStZ-RR 1998, 234 und vom 9. März 2010 – 4 StR 23/10; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 266 Rn. 194 m.w.N.).
10
5. Einer Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe bedarf es nicht. Denn durch die Zusammenfassung mehrerer Taten zu jeweils einer einzigen Tat ändert sich deren Schuldgehalt nicht (BGH, Beschlüsse vom 3. August 2010 – 4 StR 157/10 und vom 9. März 2010 – 4 StR 592/09). Der Senat schließt im Hinblick auf die Anzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen - 57 Einzelfreiheitsstrafen von einem Monat und sieben Einzelfreiheitsstrafen von drei Monaten - aus, dass die verhängte Gesamtstrafe bei zutreffender Beurtei- lung des Konkurrenzverhältnisses und ohne die eingestellten Fälle niedriger ausgefallen wäre.
11
6. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten nach § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den nach der Teileinstellung verbleibenden, durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender