Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ in drei Fällen zu der Ge- samtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall einer Einzelstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Annahme rechtlich selbstständiger Taten des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die beiden Rechtsverletzungen in einer Ausführungshandlung überschneiden und deshalb zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) stehen.
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- a) Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte im November 2016 in E. (Niederlande) von einem unbekannt gebliebenen Rauschgifthändler 140 Gramm Heroinzubereitung mit einem Heroin-Hydrochlorid-Anteil von 61,6 Gramm. Das von einem Kurier ausgelieferte Betäubungsmittel verbrachte er in seine Wohnung nach B. , um es dort zu strecken und anschließend gewinnbringend zu verkaufen (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Als seine Heroinvorräte zur Neige gingen, bestellte er Mitte Dezember 2016 bei seinem Lieferanten weitere 380 Gramm Heroinzubereitung (178,9 Gramm Heroin-Hydrochlorid). Auch diese verbrachte er nach ihrer Auslieferung in seine B. er Wohnung, um sie dort zu strecken und anschließend zu verkaufen. Am 16. Januar 2017 konnten bei einer Durchsuchung insgesamt 407,4 Gramm Heroinzubereitung aufgefunden und sichergestellt werden, die der Angeklagte – teilweise bereits gestreckt und verkaufsfertig verpackt – an verschiedenen Orten in seiner 38 Quadratmeter großen Wohnung und in seinem Fahrzeug aufbewahrte (Fall II. 3 der Urteilsgründe). Ca. 20 Gramm stammten dabei noch aus der Lieferung vom November 2016. Während des gesamten Zeitraums lagen in der Wohnung auf einer Kommode offen vier Messer, zu denen auch ein Butterflymesser zählte. Alle Messer waren zur Verletzung von Personen geeignet und zumindest das Butterflymesser von dem Angeklagten auch hierzu bestimmt.
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- b) Da der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon dann verwirklicht ist, wenn der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte ge- fährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; st. Rspr.), lagen dessen Voraussetzungen hinsichtlich des noch nicht vollständig abverkauften Heroins aus dem Ankauf vom November 2016 (Fall II. 2 der Urteilsgründe) und des Heroins aus dem Erwerb vom Dezember 2016 (Fall II. 3 der Urteilsgründe) während deren gemeinsamer Lagerung in der Wohnung nicht nur gleichzeitig vor, sondern wurden – soweit es um das Bereithalten des Butterflymessers geht – auch durch ein und dieselbe Tathandlung erfüllt. Diese Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlung führt zur Annahme von Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16, NStZ-RR 2017, 218, 219 mwN).
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- 2. Die insoweit erforderlich gewordene Berichtigung des Schuldspruchs (zur Tenorierung vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14, NStZ-RR 2015, 144 [Leitsatz 2]) führt zum Wegfall der im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Die im Fall II. 3 der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe von sechs Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe bleibt insoweit als alleinige Einzelstrafe bestehen. § 265 StPO steht der Schulspruchänderung nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können. Da die andere rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge hat (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2017 – 4 StR 566/16, NStZ-RR 2017, 306, 307; Beschluss vom 7. Januar 2011 – 4 StR 409/10, NJW 2011, 2149, 2151 mwN), schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses aus den verbleibenden Einzelstrafen eine geringere als die verhängte Gesamtstrafe gebildet hätte.
Bender Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.