Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19

bei uns veröffentlicht am03.12.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 553/19
vom
3. Dezember 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:031219B4STR553.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Juni 2019
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schuldig ist, und
b) im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an Jugendliche unter 18 Jahren, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von zwei selbstständigen, real konkurrierenden Taten in den Fällen 9 und 10 der Anklageschrift begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Nach den Feststellungen bekam der Angeklagte nach vorangegangener telefonischer Bestellung am 3. Dezember 2018 insgesamt 298,7 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 82,7 % Kokainbase zum Zweck gewinnbringenden Weiterverkaufs in die von ihm betriebene Teestube geliefert, für die er 8.700 Euro bezahlte (Fall 9 der Anklageschrift). Das gelieferte Kokain wurde bei einer kurze Zeit später durchgeführten Durchsuchung der Teestube auf der Fensterbank in einem Raum neben dem Schankraum aufgefunden. In demselben Raum lagen auf einem etwa mittig im Zimmer stehenden Tisch 72,13 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 88,3 % Kokainbase sowie 79,67 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 14,97 Gramm THC, die vom Angeklagten ebenfalls jeweils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren. In einer Ecke des Raums etwa im Abstand von zwei Metern zu dem Tisch mit den Betäubungsmitteln befand sich ein Schreibtisch, auf dem ein größerer Bargeldbetrag und Verpackungsmaterial vorgefunden wurden. Unter der erhöhten Platte des Schreibtischs lag für eine hinter dem Schreibtisch befindliche Person sichtbar und griffbereit ein Messer mit einer Klingenlänge von 27 cm. Der Angeklagte kannte den Ablegeort des aus seiner Sicht subjektiv zur Verletzung von Personen bestimmten Messers und wusste, dass er über dieses jederzeit verfügen konnte (Fall 10 der Anklageschrift

).


4
b) Das Landgericht hat übersehen, dass sich der Angeklagte auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch im Fall 9 der Anklageschrift des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht hat. Denn die Besitzausübung über das auf der Fensterbank abgelegte Kokain aus der Lieferung vom 3. Dezember 2018 stellt einen Teilakt der auf den Umsatz der Gesamtmenge bezogenen Bewertungseinheit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge dar, bei welchem dem Angeklagten das bereitliegende, seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte Messer zur Verfügung stand. Dies reicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG aus (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Beschluss vom 8. Mai 2019 – 4 StR 203/19, NStZ-RR 2019, 220, 221).
5
Der Angeklagte hat sich damit sowohl hinsichtlich der am 3. Dezember 2018 gelieferten Kokainmenge als auch bezüglich der an diesem Tag zu Han- delszwecken bereits vorrätig gehaltenen Betäubungsmittel jeweils wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht. Da sich beide Taten durch das Bereithalten des Messers in ihren Ausführungshandlungen teilweise überschneiden, sind die Taten konkurrenzrechtlich zu Tateinheit verknüpft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 562/17 Rn. 4; vom 21. August 2018 – 3 StR 615/17 Rn. 12; vom 27. Juni 2018 – 4 StR 116/18, NStZ 2019, 97; vom 8. Mai 2019 – 4 StR 203/19, NStZ-RR 2019, 220, 221).
6
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
2. Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hält einer rechtlichen Prüfung insoweit nicht stand, als die Strafkammer es versäumt hat, über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu befinden.
8
a) Nach den Feststellungen konsumierte der 1974 geborene Angeklagte seit seinem 29. oder 30. Lebensjahr Cannabis. Aufgrund von Schmerzen vor einer etwa zwei bis drei Jahre zurückliegenden Bandscheibenoperation steigerte er seinen Konsum, den er nach der Operation wieder auf zuletzt etwa vier bis fünf Joints pro Tag reduzierte. An den Wochenenden konsumierte er seit Mitte /Ende 2015 auch Kokain. Im Januar 2013 wurde er wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt. Bei der Tat Fall 1 der Anklageschrift kaufte der Angeklagte vor dem 16. Juli 2018 bei zwei Gelegenheiten je 200 Gramm Marihuana, wovon er jeweils 100 Gramm für den Eigenkonsum verwendete. Schließlich hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung bei allen abgeurteilten Taten jeweils strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte in nicht unerheblichem Umfang selbst Betäubungsmittel konsumierte.
9
b) Vor dem Hintergrund dieser Urteilsausführungen erscheint es in tatsächlicher Hinsicht naheliegend, dass die Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB in Betracht kommt. Die Strafkammer hätte sich daher aus Gründen sachlichen Rechts (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2011 – 4 StR 267/11 Rn. 24; Beschluss vom 2. Oktober 2019 – 3 StR 406/19 Rn. 3) veranlasst sehen müssen, die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB zu prüfen und in den Urteilsgründen näher zu erörtern. Dies ist nicht geschehen.
10
Der Erörterungsmangel führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs , soweit eine Entscheidung über die Maßregel nach § 64 StGB unterblieben ist. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanordnung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
11
3. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für die Tat Fall 9 der Anklageschrift verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zur Folge. Die von der Strafkammer für die Tat Fall 10 der Anklageschrift festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Jahren kann in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als alleinige Einzelstrafe für die beiden tat- einheitlich verwirklichten Verbrechen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bestehen bleiben.
12
Auch im Übrigen hat der Strafausspruch des angefochtenen Urteils Bestand. Die von der Strafkammer bei der Bemessung der Einzelstrafen zum Nachteil des Angeklagten angestellten Erwägungen zur kriminellen Energie des planmäßig handelnden Angeklagten beinhalten letztlich eine tatrichterliche Bewertung des konkreten Tatbildes und sind unter dem Gesichtspunkt des § 46 Abs. 3 StGB nicht durchgreifend bedenklich. Ungeachtet des Wegfalls der für die Tat Fall 9 der Anklageschrift verhängten Einzelfreiheitsstrafe kann der Gesamtstrafenausspruch bestehen bleiben. Der Senat schließt angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von sechs Jahren, zwei Jahren und drei Monaten, zwei Jahren, zwei Mal einem Jahr und sechs Monaten sowie einem Jahr aus, dass das Landgericht ohne die entfallene Einzelstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Da zwischen Strafausspruch und Maßregelanordnung grundsätzlich keine Wechselwirkung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 365; Beschluss vom 6. September 2016 – 3 StR 283/16, insoweit nicht abgedruckt in StV 2018, 358) und ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Entscheidungsteilen auch nicht ausnahmsweise in den Ausführungen der Strafkammer im angefochtenen Urteil hergestellt worden ist, wird der Strafausspruch entgegen der Ansicht der Verteidigung schließlich auch durch die Aufhebung der Maßregelentscheidung zu § 64 StGB nicht berührt.

Sost-Scheible Roggenbuck Bender
Feilcke Paul

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19 zitiert 9 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, gena

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2019 - 4 StR 553/19 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2018 - 4 StR 116/18

bei uns veröffentlicht am 27.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 116/18 vom 27. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2018:270618B4STR116.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Gene

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Aug. 2011 - 4 StR 267/11

bei uns veröffentlicht am 11.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 267/11 vom 11. August 2011 in der Strafsache gegen wegen Diebstahls u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. August 2011, an der teilgenommen haben: Richter am Bun

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2019 - 4 StR 203/19

bei uns veröffentlicht am 08.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 203/19 vom 8. Mai 2019 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2019:080519B4STR203.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Gen

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2019 - 3 StR 406/19

bei uns veröffentlicht am 02.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 406/19 vom 2. Oktober 2019 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2019:021019B3STR406.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2018 - 3 StR 615/17

bei uns veröffentlicht am 21.08.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 615/17 vom 21. August 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu 2.: bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 562/17

bei uns veröffentlicht am 05.12.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 562/17 vom 5. Dezember 2017 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ECLI:DE:BGH:2017:051217B4STR562.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Genera

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2017 - 1 StR 394/16

bei uns veröffentlicht am 12.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 394/16 vom 12. Januar 2017 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ BtMG § 30a Abs. 2 Nr. 2 StPO § 261 1. Maßgeblich für das Mitsichfüh

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Sept. 2016 - 3 StR 283/16

bei uns veröffentlicht am 06.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 283/16 vom 6. September 2016 in der Strafsache gegen wegen versuchten schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2016:060916B3STR283.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers u

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 394/16
vom
12. Januar 2017
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
1. Maßgeblich für das Mitsichführen von Schusswaffen oder sonstigen Gegenständen
i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist deren Zugänglichkeit für den Täter während
irgendeines Stadiums der Tatausführung.
2. Für die Beurteilung dessen hat die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort
der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu
einem bestimmten Zeitpunkt während des Handeltreibens lediglich indizielle Bedeutung.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16 – LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:120117U1STR394.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 10. Januar 2017 in der Sitzung am 12. Januar 2017, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Bellay, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 10. Januar 2017 – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft. Sie beanstandet, dass der Angeklagte nicht (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt worden ist. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte im Zeitpunkt einer Ende Juli 2015 durchgeführten Durchsuchung seiner Wohnung in einem im Schlafzimmer befindlichen Schranktresor gut 113 g Marihuana und knapp 8,5 g Kokain auf. Zudem lagen u.a. weitere gut 10 g Marihuana auf dem Couchtisch im Wohnzimmer. Von den genannten Mengen waren jeweils 85 % zum gewinnbringenden Weiterverkauf und der Rest für den Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt. In einer ebenfalls im Wohnzimmer stehenden Kommode, die zwei Meter von dem Couchtisch und neuneinhalb Meter von dem Schranktresor im Schlafzimmer entfernt war, wurden in verschiedenen, jeweils geschlossenen Schubladen folgende Gegenstände gefunden: eine Machete mit einer Klingenlänge von 25,5 cm, die der Angeklagte aber zu keinem Zeitpunkt als Angriffsoder Verteidigungsmittel einsetzen wollte; drei jeweils in Plastikkoffern mit Schnappverschlüssen befindliche ungeladene, aber funktionsfähige "GasAlarm -Pistolen", in den Plastikkoffern befanden sich zudem zugehörige Magazine , die jedoch nicht aufmunitioniert waren, die passende Munition lag in zwei Pappschachteln in derselben Schublade; unter den Pistolenkoffern befand sich darüber hinaus ein Schlagring, was dem Angeklagten "zum Tatzeitpunkt" jedoch nicht bewusst war.
4
An einer Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat sich das Tatgericht aus unterschiedlichen Gründen gehindert gesehen. Bezüglich der Machete hat es sich nicht die Überzeugung verschaffen können, der Angeklagte habe den Gegenstand subjektiv zur Verletzung von Menschen bestimmt. Ebenso wenig habe dem Angeklagten bezüglich des Schlagrings das erforderliche Bewusstsein nachgewiesen werden können, diesen in einer Weise bei sich zu haben, die ihm den jederzeitigen Zugriff ermögliche. Ein Mitsichführen der drei "Gas-Alarm-Pistolen" hat das Landgericht verneint, weil der Angeklagte die Waffen nicht in einer Weise gebrauchsbereit bei sich gehabt habe, dass er sich ihr jederzeit habe bedienen können (UA S. 14). Die fehlende Gebrauchsbereitschaft der Pistolen leitet es daraus ab, dass diese – wie das Landgericht aufgrund durchgeführter Tests angenommen hat – seitens des Angeklagten nicht in einem Zeitraum von weniger als 28 Sekunden gebrauchsbereit gemacht werden konnten (UA S. 5, 11 und 14).

II.

5
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, das sich gegen das Unterbleiben einer Verurteilung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln richtet, hat im Umfang der Anfechtung Erfolg. Die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es einen solchen Schuldspruch verneint hat, halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
6
1. Soweit das Landgericht eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen eines Gegenstandes , der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG), trotz des Vorhandenseins eines im tatrichterlichen Urteil näher beschriebenen Schlagrings (UA S. 5) verneint hat, erweist sich die zugrundeliegende Beweiswürdigung – auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 Rn. 25 mwN; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16 Rn. 20 f., NStZ 2016, 670 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 10) – als rechtsfehlerhaft.
7
a) Das für den Qualifikationstatbestand gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in beiden Varianten objektiv erforderliche Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes liegt dann vor, wenn der Täter derartige Waffen oder Gegenstände bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschlüsse vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13; vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS] jeweils mwN). Hierfür genügt es, dass die Schusswaffe bzw. der gefährliche Gegenstand dem Täter in irgendeinem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (näher BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 mwN und S. 13 f.; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13), d.h. diese sich so in seiner räumlichen Nähe befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2012 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschluss vom 5. April2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 mit Praxiskommentar Volkmer und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS]). Ein Tragen der Waffe oder des Gegenstandes am Körper ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99); es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349).
8
b) Zu dem auf die im vorstehenden Absatz genannten Merkmale des Qualifikationstatbestands bezogenen Vorsatz gehört – wovon das Tatgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist – das aktuelle Be- wusstsein des Täters zur Tatzeit, die Schusswaffe oder den Gegenstand gebrauchsbereit bei sich zu haben (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.; Sost-Scheible NStZ 1997, 396 f.; Rahlf in Münchener Kommentar zum StGB, Band 6, 2. Aufl., BtMG § 30a Rn. 197). Das erforderliche Bewusstsein , über die Waffe bzw. den Gegenstand verfügen zu können, muss gerade bei Begehung der Tat vorhanden sein, wobei es entsprechend den Anforderungen an den objektiven Tatbestand des Mitsichführens genügt, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2). Es genügt bedingter Vorsatz. Der Wille, die Waffe oder den Gegenstand einzusetzen, ist kein Element des auf das Merkmal des Mitsichführens als solches bezogenen Vorsatzes (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 mwN; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 30a Rn. 87).
9
Auf der Ebene des (prozessualen) Nachweises des Bewusstseins der Verfügbarkeit von durch § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfasster Waffen oder Gegenstände werden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abhängig von deren Art unterschiedliche Anforderungen gestellt (vgl. BGH aaO BGHSt 43, 8, 14; siehe auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f. mit Anmerkung Sost-Scheible NStZ 1997, 396 f.). Führt der Täter eine Waffe im technischen Sinne mit sich, liegt die Feststellung, der Angeklagte habe die Waffe auch bewusst gebrauchsbereit bei sich, so nahe, dass nähere Ausführungen des Tatrichters hierzu regelmäßig entbehrlich sind (BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14 und vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 17; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.). Höhere Anforderungen an den Tatrichter bezüglich der Prüfung und Darlegung des subjektiven Merkmals des Bewusstseins der Verfügbarkeit der Waffe wird man allenfalls dann zu überlegen haben, je ferner die Gefahr des Einsatzes ist und je weniger geeignet und bestimmt zur Verletzung von Personen die "sonstigen Gegenstände" im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sind (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.; siehe auch Rahlf aaO BtMG § 30a Rn. 201).
10
Diese differenzierenden Anforderungen an den Nachweis des Vorsatzes, eine Waffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich zu führen, tragen dem gesetzgeberischen Motiv für die Schaffung des Qualifikationstatbestandes Rechnung. Der Gesetzgeber wollte der generellen Gefährlichkeit des unter Strafe gestellten Verhaltens Rechnung tragen. Diese besteht darin, dass Täter, die bei Betäubungsmittelstraftaten Schusswaffen oder sonstige zur Verletzung von Menschen geeignete und bestimmte Gegenstände bei sich führen, ihre Interessen beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln rücksichtslos durchsetzen und dabei die erfassten Waffen oder Gegenstände einsetzen (BTDrucks. 12/6853 S. 41 rechte Spalte; BGH, Urteil vom 10. April 1996 – 3 StR 5/96, BGHSt 42, 123, 126; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13). Die jederzeitige Verfügbarkeit von Waffen oder sonstigen Gegenständen erleichtert dem Täter den verbotenen Umgang mit Betäubungsmitteln, weil ihm solche Objekte regelmäßig ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit vermitteln (BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13).
11
c) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erweisen sich die beweiswürdigenden Erwägungen, mit denen das Landgericht begründet hat, warum es sich nicht von einem auf das Mitsichführen gerichteten Vorsatz bezüglich des Schlagrings hat überzeugen können, als rechtsfehlerhaft.
12
aa) Zwar hat es das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermag; was auch für die Verwirklichung der Voraussetzungen einer Qualifikation gilt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 5 StR 255/16 Rn. 25, NStZ-RR 2017, 5). Die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung unterliegt der Beurteilung durch das Revisionsgericht lediglich dahingehend, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14 Rn. 20 mwN; vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16 Rn. 21, NStZ 2016, 670 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 14; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87; vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 14; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 569/15 Rn. 26; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN).
13
bb) Vorliegend hat das Landgericht teils die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche richterliche Überzeugungsbildung überspannt und nicht die gebotene vollständige Gesamtwürdigung vorgenommen sowie teils bereits den rechtlichen Maßstab für die Nachweise des Bewusstseins, eine gebrauchsbereite Waffe mit sich zu führen, verfehlt.
14
(1) Wie das Landgericht insoweit noch rechtsfehlerfrei angenommen hat, wird der in der Wohnzimmerkommode verwahrte Schlagring von Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 zu § 2 Abs. 4 WaffG erfasst; es handelt sich um einen tragbaren Gegenstand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WaffG und damit um eine Waffe im technischen Sinne (Heinrich in Münchener Kommentar zum StGB, Band 8, 2. Aufl., WaffG § 2 Rn. 13). Liegt objektiv das Mitsichführen einer solchen Waffe – was hier auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen der Fall ist (unten Rn. 19-24) – bei der Tat vor, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig keiner näheren beweiswürdigenden Darlegungen zum darauf bezogenen Vorsatz. Indem das Tatgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung davon ausgeht, es sei angesichts der für nicht widerlegbar erachteten Einlassung des Angeklagten, den Schlagring etwa zwei Jahre vor der Durchsuchung geschenkt bekommen und ihn dann irgendwo in der Wohnung verstaut zu haben, nicht mit einem Gebrauch des Schlagrings zu rechnen gewesen (UA S. 12), wird es den vorgenannten Maßstäben zur Beurteilung des wenigstens bedingten Vorsatzes nicht gerecht. Zumal der Wille zum Gebrauch der Waffe im konkreten Fall gerade keine Voraussetzung des auf das Mitsichführen bezogenen Vorsatzes ist. Denn das Gesetz knüpft die Steigerung des Unrechtsgehalts der Qualifikation gegenüber dem Grundtatbestand gerade an die generelle Gefährlichkeit des Mitsichführens der tatbestandlich erfassten Gegenstände in irgendeinem Stadium der Tatbegehung. Hat ein Täter zugleich Betäubungsmittel und Schusswaffen verfügungsbereit, treffen das Risiko einer Entdeckung der Tat, das Bedürfnis nach Sicherung der Drogen und die im Waffenbesitz dokumentierte Gewaltbereitschaft des Täters in besonderer Weise zusammen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 13).
15
(2) Vor allem lässt die zugrundeliegende Beweiswürdigung die gebotene Gesamtwürdigung aller beweisrelevanten Umstände vermissen.
16
Das Tatgericht hat sich rechtsfehlerhaft lediglich auf eine jeweils gesonderte Beurteilung der jeweiligen relevanten Umstände für jeden einzelnen Waffentypus (Gas-Alarm-Pistolen; Schlagring) bzw. Gegenstand (Machete) beschränkt. Es hat in die Überzeugungsbildung hinsichtlich des Vorsatzes zum Mitsichführen des Schlagrings nicht erkennbar den Umstand der Aufbewahrung einer Anzahl unterschiedlicher Waffen und Gegenstände in der Wohnung einbezogen. Auf die Gas-Alarm-Pistolen stellt es lediglich im Hinblick auf deren konkreten Aufbewahrungsort ab, nimmt aber nicht in den Blick, dass sich aus der Vielzahl vorhandener Waffen Rückschlüsse auf den Vorsatz des Mitsichführens jeder einzelnen Waffe bzw. jedes einzelnen sonstigen Gegenstandes ergeben können.
17
Darüber hinaus stellt das Landgericht auch nicht in seine hier relevanten beweiswürdigenden Ausführungen ein, dass der Angeklagte in dem Schranktresor außer den genannten Betäubungsmitteln auch Bargeld i.H.v. 5.250 Euro verwahrte (UA S. 8). Daraus hat das Tatgericht zwar ohne Rechtsfehler den Schluss gezogen, der Angeklagte habe die Betäubungsmittel nicht ausschließlich zum Eigenkonsum, sondern überwiegend zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt, und damit die gegenteilige Einlassung des Angeklagten widerlegt (UA S. 8 und 9). Das Aufbewahren eines auch unter Berücksichtigung des festgestellten Nettoeinkommens des Angeklagten (vgl. UA S. 3) nicht unbeträchtlichen Geldbetrags kann ersichtlich indizielle Bedeutung aber auch für den Vorsatz bezüglich § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG haben. Denn das Vorhandensein von Bargeld in einer Wohnung, in der sich zudem auch zum Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel befinden, bietet möglicherweise einen eigenständigen und zusätzlichen Anreiz für den Täter, seine Interessen bei dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in irgendeiner Phase des gesamten Vorgangs auch unter Zugriff auf vorhandene Waffen durchzusetzen. Ebenso wenig hat das Tatgericht im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung bedacht, dass es dem Angeklagten in seiner Einlassung, sämtliche in der Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel seien ausschließlich zum Eigenkonsum bestimmt gewesen , nicht gefolgt ist. Da es seine Einlassung insoweit widerlegt hat, wäre es umso mehr geboten gewesen, auch die Angaben hinsichtlich des auf § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bezogenen Vorsatzes umfassend und nicht lediglich isoliert hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstandes bzw. jeder einzelne Waffe zu würdigen.
18
Die Ablehnung des auf das Mitsichführen des Schlagrings bezogenen Vorsatzes des Angeklagten trägt daher nicht.
19
d) Soweit die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge trotz des Schlagrings unterblieben ist, erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG ist nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht ausgeschlossen.
20
aa) Dem steht nicht entgegen, dass die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in einem Schranktresor im Schlafzimmer aufbewahrt wurden, der Schlagring sich aber in einer Schublade einer im Wohnzimmer stehenden Kommode befand. Maßgeblich ist – wie dargelegt –, dass sich die Waffen oder Gegenstände so in der räumlichen Nähe des Täters befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 mit Praxiskommentar Volkmer und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS]).
21
(1) Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann angesichts der Vielgestaltigkeit der in Frage kommenden Lebensverhältnisse lediglich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (insoweit zutreffend Rahlf aaO BtMG § 30a Rn. 178). Zu diesen Umständen gehört etwa außer den individuellen Fähigkeiten des Täters und den tatsächlichen Möglichkeiten seines Zugriffs einschließlich möglicher Zugangserschwernisse auch die räumliche Nähe des Täters während irgendeines Stadiums der Tatausführung zu der Schusswaffe oder zu dem sonstigen Gegenstand i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG.
22
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zur Konkretisierung der räumlichen Komponente des Mitsichführens häufig formuliert worden, es genüge, wenn sich die Schusswaffe bzw. der Gegenstand in Griffweite befinde (etwa BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. und vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349; siehe dazu Praxiskommentar Volkmer NStZ 2015, 349 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433). "Griffweite" im wörtlichen Sinne, nämlich etwas in greifbarer Nähe zu haben (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 4, 3. Aufl., "Griffnähe" und "Griffweite"), ist dabei in der Rechtsprechung als stets hinreichende aber nicht als notwendige Bedingung des Mitsichführens verstanden worden. Denn der Bundesgerichtshof hat die Annahme des Merkmals im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtung auch in Konstellationen für möglich gehalten, in denen sich innerhalb derselben Wohnung das zum Handeltreiben bestimmte Rauschgift und die Waffe bzw. der Gegenstand in unterschiedlichen Räumen befanden (etwa BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Beschlüsse vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. und vom 15. Januar 2013 – 2StR 589/12, NStZ 2013, 663 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13 und 14; Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349). Allerdings ist der Tatrichter bei derartigen Fallgestaltungen räumlich getrennter Aufbewahrung von Betäubungsmitteln und Waffen gehalten, die konkreten räumlichen Verhältnisse und die Orte, an denen das Rauschgift sowie die Waffen aufbewahrt wurden, näher im Urteil darzulegen (BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; in der Sache ebenso BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349; Urteil vom 13. August 2009 – 3 StR 224/09 Rn. 41 [insoweit in BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Sichverschaffen 2 nicht abgedruckt]). Bei getrennter Aufbewahrung in verschiedenen Räumen einer Wohnung ist ein Mitsichführen regelmäßig dann verneint worden, wenn sich die Waffe in einem seinerseits verschlossenen Behältnis befindet und das Öffnen eine Zeitspanne in Anspruch nimmt, die es ausschließt, von einer Zugriffsmöglichkeit "ohne nennenswerten Zeitaufwand" und "ohne größere Schwierigkeiten" sprechen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. – Waffe in einem mit Zahlencode gesicherten Tresor).
23
Die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt – etwa dem der Durchsuchung einer Wohnung – hat allerdings lediglich indizielle Bedeutung für die Beurteilung einer jederzeitigen ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne größere Schwierigkeiten zu realisierenden Zugriffsmöglichkeit des Täters (Volkmer NStZ 2015, 349, 350). Denn für das Mitsichführen ist angesichts des Zwecks der Qualifikation (dazu näher BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 sowie bereits Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 11-13) die Zugriffsmöglichkeit des Täters des Betäubungsmitteldelikts auf Waf- fen oder sonstige Gegenstände gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG während irgendeines, aber näher zu bestimmenden Zeitpunkts im gesamten Tatverlauf ausschlaggebend (zutreffend Volkmer aaO). Beim Handeltreiben aus einer Wohnung heraus erstreckt sich die Tat bis zum Verlassen der Wohnung durch den Käufer mit der Ware (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2007 – 3 StR 127/07, NStZ 2007, 533). Besteht im Verlauf des gesamten Tatvor- gangs, hinsichtlich dessen die Aufbewahrung der Betäubungsmittel zum späteren Verkauf nur ein Teilakt ist, zu irgendeinem Zeitpunkt eine Zugriffsmöglichkeit in dem dargelegten Sinn, liegen die Voraussetzungen des Mitsichführens vor; maßgeblich ist deshalb, dass die Waffe bzw. der Gegenstand jedenfalls bei einem Teilakt griffbereit zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13).
24
(2) Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen die objektiven Voraussetzungen des Mitsichführens eines Gegenstandes i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG hinsichtlich des Schlagrings nicht ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung befand er sich zwar in einem anderen Zimmer als die zum Handeltreiben bestimmten Betäubungsmittel. Die räumliche Distanz hat aber – wie ausgeführt – lediglich indizielle Bedeutung für die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit für den Täter während der Tat. Für ein konkretes Verkaufsgeschäft mit dem im Schranktresor im Schlafzimmer aufbewahrten Marihuana und Kokain hätte es ohnehin des Hervorholens wenigstens eines Teils davon bedurft, so dass dem Aufbewahrungsort zum Zeitpunkt der Durchsuchung für das Mitsichführen des Gegenstandes allein keine entscheidende Bedeutung zukommen kann. Insoweit verhält es sich anders als in Konstellationen, in denen die Waffe bzw. der Gegenstand i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG in einer Art und Weise gelagert wird, die – wie etwa bei Aufbewahrung in einem verschlossenen Behältnis (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f.) – den Zugriff auf die Waffe erschwert. Derartige Schwierigkeiten des Zugangs zu dem Schlagring in objektiver Hinsicht ergeben die Feststellungen gerade nicht. Die Schublade als Lagerort war lediglich geschlossen. Der Umstand, dass der Schlagring unter den Waffenkoffern der "Gas-Alarm-Pistolen" lag, stellt keine relevante Zugriffserschwernis dar.
25
Der neue Tatrichter wird deshalb zu prüfen haben, ob der Angeklagte sowohl die Waffen als auch das Betäubungsmittel während des Tatverlaufs dergestalt in Verwahrung hält, dass ihm der Zugriff auf beides unschwer möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16; Beschluss vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 503/14, StV 2015, 641).
26
bb) Einer Verurteilung wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgrund des vorhandenen Schlagrings steht auch nicht das bei Gegenständen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG bestehende Erfordernis einer Zweckbestimmung des Täters zur Verletzung von Personen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, NStZ 2015, 226 f.; Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466 und vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704) entgegen. Der Schlagring (siehe Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 zu § 2 Abs. 4 WaffG) ist – wie dargelegt – ein tragbarer Gegenstand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WaffG und damit eine Waffe im technischen Sinne (Heinrich aaO WaffG § 2 Rn. 13). Bei derartigen Waffen liegt die Verletzung von Personen ohne weitere Feststellungen regelmäßig auf der Hand (st. Rspr.; etwa BGH, Urteile vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 17 und vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, NStZ 2015, 226 f.; Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466 und vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704).
27

e) Da die Beweiswürdigung des Tatgerichts die Ablehnung des auf § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG bezogenen Vorsatzes bereits hinsichtlich des Schlagrings nicht trägt, führt dies zur Aufhebung des Urteils. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe ist nicht ausgeschlossen.
28
Es bedarf der Aufhebung auch hinsichtlich der an sich rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen der vorgenannten tateinheitlich mit dem Handeltreiben verwirklichten Besitzdelikte. Die ebenfalls für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann nicht bestehen bleiben, weil diese im Fall der Verurteilung aus § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als Grundtatbestand gesetzeskonkurrierend zurückträte (Patzak aaO BtMG § 30a Rn. 127).
29
2. Der Senat hebt die getroffenen Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter umfassende neue Feststellungen auch zum äußeren Tatgeschehen im Hinblick auf dessen Bedeutung für die gebotene Gesamtwürdigung zu dem Vorsatz des Mitsichführens von Schusswaffen bzw. Gegenständen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zu ermöglichen.

III.

30
Die auf die Revision der Staatsanwaltschaft veranlasste Überprüfung des angefochtenen Urteils zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Insbesondere hält die der Annahme, 85 % der aufgefundenen Betäubungsmittel seien zum gewinnbringenden Wei- terverkauf bestimmt gewesen, zugrundeliegende Beweiswürdigung revisionsrechtlicher Prüfung stand.

IV.

31
Sollte der neue Tatrichter auf der Grundlage entsprechender Feststellungen zu einer Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangen , werden angesichts der bislang festgestellten Umstände der Person des Angeklagten die Voraussetzungen des § 30a Abs. 3 BtMG in den Blick zu nehmen sein. Raum Bellay Radtke Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 203/19
vom
8. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:080519B4STR203.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30. November 2018 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Teilfreispruch entfällt. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittel.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuld- spruchs und zum Wegfall des Teilfreispruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte im Zeitraum von Mai 2017 bis zum 17. Mai 2018 Handel mit Marihuana, Amphetamin und Ecstasy. In mindestens zehn Fällen kaufte der Angeklagte jeweils 200 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9 % THC, die – von einem nicht ausschließbaren Eigenkonsumanteil von 10 % abgesehen – zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren. Darüber hinaus erwarb er jeweils zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs im April 2018 500 Ecstasy-Tabletten und bei drei gesonderten Gelegenheiten einmal 350 Gramm und zweimal 400 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 5 % Amphetaminbase.
3
Zum Zeitpunkt der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 17. Mai 2018 befanden sich im Schlafzimmer und in der Küche neben restlichen 169,3 Gramm Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 69,7 Gramm MDMA-Base insgesamt vier verschiedene Marihuanamengen zwischen 20,3 und 128 Gramm sowie zwei unterschiedliche Amphetaminmengen mit 105,4 und 304,8 Gramm Amphetaminzubereitung. Bei den Marihuana- und Amphetaminmengen handelte es sich ebenfalls um Reste aus den festgestellten, vom Angeklagten zum Zwecke der Weiterveräußerung getätigten Ankäufen, wobei die jeweiligen Reste nicht ausschließbar aus verschiedenen Erwerbsvorgängen stammten. Darüber hinaus wurde im Schlafzimmer, von dem aus mittels einer Videoüberwachungsanlage die Küche und der Hauseingangsbereich beobachtet werden konnte, auf der Fensterbank neben dem Bett des Angeklagten eine mit Reizgas-Kartuschenmunition geladene Schreckschusspistole aufgefunden, bei welcher der Explosionsdruck konstruktionsbedingt durch den Lauf nach vorne austritt. Bei der durchgeladenen Pistole war der Schlaghahn vorgespannt. In der Küche lag griffbereit auf der Arbeitsfläche ein als Taschenlampe getarnter funktionsfähiger Elektroschocker. Die Pistole und den Elektroschocker hatte der Angeklagte jedenfalls am Tag der Durchsuchung bewusst so gelagert, um zur Sicherung der Betäubungsmittel innerhalb der Wohnung jederzeit auf sie zugreifen zu können.

II.


4
1. Die rechtliche Würdigung der Strafkammer hält nur teilweise einer rechtlichen Prüfung stand. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben tateinheitlichen Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig gemacht.
5
a) Das Landgericht ist im rechtlichen Ansatz zwar zutreffend davon ausgegangen , dass es in Fällen, in denen sich die Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus mehreren Einzelakten zusammensetzt , für die Verwirklichung des Tatbestands des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausreicht , wenn die Schusswaffe oder der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte Gegenstand nur bei einem Teilakt der Tat mit sich geführt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715). Es hat dementsprechend jedenfalls für die drei Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, aus denen bei der Durchsu- chung am 17. Mai 2018 noch Restmengen der Betäubungsmittel vorhanden waren, die für sich betrachtet die Grenze zur nicht geringen Menge überstiegen, eine Strafbarkeit wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bejaht und ist insoweit – wegen der in dem Bereithalten der Schreckschusspistole und des Elektroschockers liegenden Teilidentität der Ausführungshandlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 562/17, juris Rn. 4) – zutreffend von einer tateinheitlichen Begehung ausgegangen. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass es für eine Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erforderlich ist, dass sich der Teilakt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bei dem der Täter die qualifizierenden Umstände verwirklicht, selbst unmittelbar auf eine nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln bezieht. Auch der Umgang mit einer geringen Menge von Betäubungsmitteln unter Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines sonstigen zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes reicht, sofern es sich um den Teilakt eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handelt, zur Tatbestandserfüllung aus (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2016 – 2 StR 406/15, NStZ 2017, 298).
6
Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte daher auch bezüglich vier weiterer festgestellter Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, aus denen noch Restmengen am 17. Mai 2018 in der Wohnung des Angeklagten verwahrt waren, wegen tateinheitlich begangenen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Dies hat zur Folge, dass für die Strafbarkeit des Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nur sie- ben Taten – sechs Marihuanataten und die sich auf 350 Gramm Amphetaminzubereitung beziehende Tat – verbleiben.
7
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der zu den Betäubungsmittelgeschäften geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall von vier Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten. Der Gesamtstrafenausspruch wird hierdurch nicht berührt. Angesichts der Einsatzstrafe von fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe und den verbleibenden weiteren sieben Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der Teilfreispruch des Angeklagten hat keinen Bestand. Das Landgericht hat sämtliche dem Angeklagten in der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage als tatmehrheitlich begangen zur Last gelegten Tatvorwürfe für erwiesen erachtet, sie aber wegen der Annahme von Bewertungseinheiten konkurrenzrechtlich anders gewertet. Bei dieser Konstellation ist für einen Teilfreispruch kein Raum (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 1998 – 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 202; Beschluss vom 20. September 2012 – 3 StR 220/12, NStZ-RR 2013, 6, 7). Der Teilfreispruch muss aus Gründen der Klarstellung entfallen, da ein Angeklagter wegen desselben Tatgeschehens nicht zugleich verurteilt und freigesprochen werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – 4 StR 302/17, juris Rn. 3 mwN).
9
3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

4
b) Da der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon dann verwirklicht ist, wenn der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte ge- fährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; st. Rspr.), lagen dessen Voraussetzungen hinsichtlich des noch nicht vollständig abverkauften Heroins aus dem Ankauf vom November 2016 (Fall II. 2 der Urteilsgründe) und des Heroins aus dem Erwerb vom Dezember 2016 (Fall II. 3 der Urteilsgründe) während deren gemeinsamer Lagerung in der Wohnung nicht nur gleichzeitig vor, sondern wurden – soweit es um das Bereithalten des Butterflymessers geht – auch durch ein und dieselbe Tathandlung erfüllt. Diese Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlung führt zur Annahme von Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16, NStZ-RR 2017, 218, 219 mwN).
12
Schon angesichts des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges stellte der Besitz der zum Verkauf vorgesehenen Marihuanablüten aus der ersten Aufzucht zugleich die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Pflanzen der zweiten Aufzucht dar; beide Taten stehen daher in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB). Überdies sind die Taten dadurch verknüpft, dass der Angeklagte in unmittelbarer Nähe zu beiden Verkaufsmengen dieselbe funktionsfähige scharfe Pistole griffbereit aufbewahrte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 StR 116/18, juris Rn. 2 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 116/18
vom
27. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:270618B4STR116.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 5. Dezember 2017
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) im Strafausspruch dahin geändert, dass unter Wegfall der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der Einzelstrafen eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten festgesetzt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit der Sachrüge gegen seine Verurteilung. Sein Rechtsmittel hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: "Die Annahme zweier rechtlich selbständiger Taten hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ausweislich der Urteilsgründe ist die Kammer zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die Messer in dem vergleichsweise kurzen Zeitraum, in dem das Kokain gemeinsam mit dem längere Zeit dort befindlichen Heroin in der Wohnung gelagert war, 'zufällig anderweitig verwahrt waren oder benutzt wurden' (UA S. 21). Sie hat deshalb unter Anwendung des Zweifelssatzes den Angeklagten für das Kokaingeschäft (Tat II.2.b)) nicht wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sondern wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei der konkurrenzrechtlichen Beurteilung hat sie indes übersehen, dass der Zweifelssatz auch hier (erneut) zur Anwendung gelangen muss (BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1 bis 4).
Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist schon dann verwirklicht, wenn der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte gefährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; st. Rspr.). Durch das Bereithalten der Messer in der Wohnung während der gemeinsamen Lagerung des noch nicht vollständig abverkauften Heroins aus der Tat II.2a) der Urteilsgründe und des Kokains aus der Tat II.2.b) der Urteilsgründe wäre der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG jeweils durch ein und dieselbe Tathandlung erfüllt. Diese Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlung führte zur Annahme von Tateinheit (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 562/17; BGH,
Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16, NStZ-RR 2017, 218, 219 mwN).
Dies zugrunde gelegt, ist bei der konkurrenzrechtlichen Beurteilung zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass sich die Messer – in der festgestellten Art und Weise (UA S. 9 f.) – auch während der gemeinsamen Lagerung des Heroins und des Kokains in der Wohnung befanden. Damit stehen beide Taten im Verhältnis der Tateinheit zuein- ander.“
3
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend umgestellt. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldspruch nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
4
Die Änderung des Schuldspruchs hat den Wegfall der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als einzige Strafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei – wie hier – unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschlüsse vom 9. März 2005 – 2 StR 544/04, NStZ-RR 2005, 199, 200 und vom 2. Dezember 2014 – 4 StR 473/14).
5
2. Die Begründung, mit der das Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat, weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat bei der Ausübung seines Ermessens zu Recht bedacht, dass eine spätere Integration des Angeklagten in Deutsch- land nicht zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 4 StR 218/17, NStZ-RR 2017, 283; vgl. auch Urteil vom 6. Juli 2017 – 4 StR 124/17, BGHR StGB § 64 Satz 2 Erfolgsaussicht 4). Zwar sind die von der Strafkammer in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zu einer Ausweisung des Angeklagten nach den §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes insoweit rechtsfehlerhaft , als das Aufenthaltsgesetz auf den Angeklagten als Unionsbürger unmittelbar keine Anwendung findet (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, § 11 Freizügigkeitsgesetz /EU). Rechtsgrundlage für die Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts von EU-Bürgern ist vielmehr § 6 Freizügigkeitsgesetz/EU. Soweit es hierzu im Urteil heißt: „Zwar darf er nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 AufenthG ausgewiesen werden, der die Ausweisung eines Unionsbürgers nur erlaubt, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist …“ (UA 30), handelt es sich bei der Angabe des Paragraphen aber wohl lediglich um einen Missgriff. Denn die von der Strafkammer genannten Voraussetzungen sind in § 6 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU enthalten, während § 53 Abs. 2 AufenthG einzelne Kriterien für die Abwägung bei einer Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG aufzählt, der für Unionsbürger gerade nicht gilt. Inhaltlich ist die Strafkammer jedenfalls von zutreffenden Voraussetzungen der Ausweisung eines Unionsbürgers ausgegangen.
6
3. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 203/19
vom
8. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:080519B4STR203.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30. November 2018 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Teilfreispruch entfällt. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittel.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuld- spruchs und zum Wegfall des Teilfreispruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte im Zeitraum von Mai 2017 bis zum 17. Mai 2018 Handel mit Marihuana, Amphetamin und Ecstasy. In mindestens zehn Fällen kaufte der Angeklagte jeweils 200 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9 % THC, die – von einem nicht ausschließbaren Eigenkonsumanteil von 10 % abgesehen – zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren. Darüber hinaus erwarb er jeweils zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs im April 2018 500 Ecstasy-Tabletten und bei drei gesonderten Gelegenheiten einmal 350 Gramm und zweimal 400 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 5 % Amphetaminbase.
3
Zum Zeitpunkt der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 17. Mai 2018 befanden sich im Schlafzimmer und in der Küche neben restlichen 169,3 Gramm Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 69,7 Gramm MDMA-Base insgesamt vier verschiedene Marihuanamengen zwischen 20,3 und 128 Gramm sowie zwei unterschiedliche Amphetaminmengen mit 105,4 und 304,8 Gramm Amphetaminzubereitung. Bei den Marihuana- und Amphetaminmengen handelte es sich ebenfalls um Reste aus den festgestellten, vom Angeklagten zum Zwecke der Weiterveräußerung getätigten Ankäufen, wobei die jeweiligen Reste nicht ausschließbar aus verschiedenen Erwerbsvorgängen stammten. Darüber hinaus wurde im Schlafzimmer, von dem aus mittels einer Videoüberwachungsanlage die Küche und der Hauseingangsbereich beobachtet werden konnte, auf der Fensterbank neben dem Bett des Angeklagten eine mit Reizgas-Kartuschenmunition geladene Schreckschusspistole aufgefunden, bei welcher der Explosionsdruck konstruktionsbedingt durch den Lauf nach vorne austritt. Bei der durchgeladenen Pistole war der Schlaghahn vorgespannt. In der Küche lag griffbereit auf der Arbeitsfläche ein als Taschenlampe getarnter funktionsfähiger Elektroschocker. Die Pistole und den Elektroschocker hatte der Angeklagte jedenfalls am Tag der Durchsuchung bewusst so gelagert, um zur Sicherung der Betäubungsmittel innerhalb der Wohnung jederzeit auf sie zugreifen zu können.

II.


4
1. Die rechtliche Würdigung der Strafkammer hält nur teilweise einer rechtlichen Prüfung stand. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben tateinheitlichen Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig gemacht.
5
a) Das Landgericht ist im rechtlichen Ansatz zwar zutreffend davon ausgegangen , dass es in Fällen, in denen sich die Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus mehreren Einzelakten zusammensetzt , für die Verwirklichung des Tatbestands des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausreicht , wenn die Schusswaffe oder der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte Gegenstand nur bei einem Teilakt der Tat mit sich geführt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715). Es hat dementsprechend jedenfalls für die drei Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, aus denen bei der Durchsu- chung am 17. Mai 2018 noch Restmengen der Betäubungsmittel vorhanden waren, die für sich betrachtet die Grenze zur nicht geringen Menge überstiegen, eine Strafbarkeit wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bejaht und ist insoweit – wegen der in dem Bereithalten der Schreckschusspistole und des Elektroschockers liegenden Teilidentität der Ausführungshandlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 562/17, juris Rn. 4) – zutreffend von einer tateinheitlichen Begehung ausgegangen. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass es für eine Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erforderlich ist, dass sich der Teilakt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bei dem der Täter die qualifizierenden Umstände verwirklicht, selbst unmittelbar auf eine nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln bezieht. Auch der Umgang mit einer geringen Menge von Betäubungsmitteln unter Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines sonstigen zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes reicht, sofern es sich um den Teilakt eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handelt, zur Tatbestandserfüllung aus (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2016 – 2 StR 406/15, NStZ 2017, 298).
6
Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte daher auch bezüglich vier weiterer festgestellter Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, aus denen noch Restmengen am 17. Mai 2018 in der Wohnung des Angeklagten verwahrt waren, wegen tateinheitlich begangenen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Dies hat zur Folge, dass für die Strafbarkeit des Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nur sie- ben Taten – sechs Marihuanataten und die sich auf 350 Gramm Amphetaminzubereitung beziehende Tat – verbleiben.
7
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der zu den Betäubungsmittelgeschäften geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall von vier Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten. Der Gesamtstrafenausspruch wird hierdurch nicht berührt. Angesichts der Einsatzstrafe von fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe und den verbleibenden weiteren sieben Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der Teilfreispruch des Angeklagten hat keinen Bestand. Das Landgericht hat sämtliche dem Angeklagten in der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage als tatmehrheitlich begangen zur Last gelegten Tatvorwürfe für erwiesen erachtet, sie aber wegen der Annahme von Bewertungseinheiten konkurrenzrechtlich anders gewertet. Bei dieser Konstellation ist für einen Teilfreispruch kein Raum (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 1998 – 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 202; Beschluss vom 20. September 2012 – 3 StR 220/12, NStZ-RR 2013, 6, 7). Der Teilfreispruch muss aus Gründen der Klarstellung entfallen, da ein Angeklagter wegen desselben Tatgeschehens nicht zugleich verurteilt und freigesprochen werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – 4 StR 302/17, juris Rn. 3 mwN).
9
3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

24
Nach § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO müssen die Gründe für die Nichtanordnung einer Maßregel nur dann angegeben werden, wenn eine Anordnung dieser Maßregel in der Hauptverhandlung beantragt worden ist. Die Revision hat nicht vorgetragen, dass ein Antrag auf Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gestellt worden wäre. Darüber hinaus ist die Nichtanordnung einer Maßregel in den schriftlichen Urteilsgründen nur dann zu erörtern, wenn die Umstände des Einzelfalls dazu drängen (BGH, Urteil vom 9. Juni 1999 – 3 StR 89/99, NJW 1999, 2606). Dies war hier in Bezug auf § 64 StGB nicht der Fall. An einer Psychose leidende Täter, bei denen sich – wie bei dem Angeklagten – eine sekundäre Abhängigkeit von Alkohol oder Betäubungsmitteln ausgebildet hat, sind in aller Regel in einer Entziehungsanstalt nicht erfolgreich behandelbar (vgl. BVerfGE 91, 1, 22; Schöch in LK-StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 140; MünchKommStGB/van Gemmeren § 64 Rn. 58; Heilmann/Scherbaum in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 4, S. 570; Penners, Zum Begriff der „Aussichtslosigkeit“ einer Entziehungskur nach § 64 StGB, 1985, S. 139 f.). Dass bei dem Angeklagten Umstände vorliegen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.
3
2. Dagegen hält das Urteil rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB ohne Begründung unterblieben ist. Über die aus § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO folgende Pflicht hinaus ist die Nichtanordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung auch ohne Antrag aus sachlichrechtlichen Gründen zu begründen, wenn sich die Anordnung nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängte (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2011 - 4 StR 267/11, juris Rn. 24; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 267 Rn. 37; KK-Kuckein/Bartel, StPO, 8. Aufl., § 267 Rn. 44; jeweils mwN). Das war hier der Fall.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 283/16
vom
6. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:060916B3STR283.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 26. April 2016 im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 24 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, Erpressung in zwei Fällen, versuchter Erpressung, Diebstahls, unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 20 Fällen und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die in allgemeiner Form erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
In den Fällen 1 bis 24 der Urteilsgründe können die verhängten Einzelstrafen keinen Bestand haben, weil die Strafkammer in all diesen Fällen zu Unrecht straferschwerend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte bei Tatbegehung noch unter laufender Bewährung gestanden habe. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde er zuletzt am 31. März 2010 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit lief bis zum 30. März 2013; die Strafe wurde aber erst mit Wirkung vom 25. August 2014 erlassen.
3
Die Taten in den Fällen 1 bis 24 der Urteilsgründe beging der Angeklagte in der Zeit von Dezember 2013 bis zum 5. Februar 2014, also nach Ablauf der Bewährungszeit; lediglich der Beschluss über den Erlass der Strafe stand noch aus. In diesen Fällen erweist es sich als rechtsfehlerhaft, einem Angeklagten zur Last zu legen, er habe die neuen Taten während einer laufenden Bewährungsfrist begangen (BGH, Beschluss vom 3. September 1991 - 4 StR 346/91, juris Rn. 5; Urteil vom 28. September 2011 - 2 StR 93/11, juris Rn. 24).
4
Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die unzutreffende Annahme eines Bewährungsbruchs sich bei der Zumessung der Einzelstrafen zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Aufhebung der 24 (von 26) Einzelstrafen - unter ihnen die Einsatzstrafe - bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Die zum Strafausspruch bislang getroffenen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler indes nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben.
5
Die vom Landgericht angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist von der teilweisen Aufhebung des Strafausspruchs ebenfalls nicht betroffen. Dies entspricht dem Prinzip der Zweispurigkeit von Strafe und Maßregel: Zwischen diesen Rechtsfolgen besteht grundsätzlich keine Wechselwirkung; sie sollen unabhängig voneinander bemessen bzw. verhängt werden. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich den Urteilsgründen oder der Strafhöhe im Einzelfall entnehmen lässt, dass die Strafe und die Anordnung einer Maßregel (oder ihre Nichtanordnung) sich gegenseitig beeinflusst haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 365). Dies ist hier indes nicht der Fall.
Schäfer Gericke Spaniol Tiemann Berg

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.