Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 203/19
vom
8. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:080519B4STR203.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30. November 2018 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Teilfreispruch entfällt. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittel.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuld- spruchs und zum Wegfall des Teilfreispruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte im Zeitraum von Mai 2017 bis zum 17. Mai 2018 Handel mit Marihuana, Amphetamin und Ecstasy. In mindestens zehn Fällen kaufte der Angeklagte jeweils 200 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9 % THC, die – von einem nicht ausschließbaren Eigenkonsumanteil von 10 % abgesehen – zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt waren. Darüber hinaus erwarb er jeweils zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs im April 2018 500 Ecstasy-Tabletten und bei drei gesonderten Gelegenheiten einmal 350 Gramm und zweimal 400 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 5 % Amphetaminbase.
3
Zum Zeitpunkt der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 17. Mai 2018 befanden sich im Schlafzimmer und in der Küche neben restlichen 169,3 Gramm Ecstasy-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 69,7 Gramm MDMA-Base insgesamt vier verschiedene Marihuanamengen zwischen 20,3 und 128 Gramm sowie zwei unterschiedliche Amphetaminmengen mit 105,4 und 304,8 Gramm Amphetaminzubereitung. Bei den Marihuana- und Amphetaminmengen handelte es sich ebenfalls um Reste aus den festgestellten, vom Angeklagten zum Zwecke der Weiterveräußerung getätigten Ankäufen, wobei die jeweiligen Reste nicht ausschließbar aus verschiedenen Erwerbsvorgängen stammten. Darüber hinaus wurde im Schlafzimmer, von dem aus mittels einer Videoüberwachungsanlage die Küche und der Hauseingangsbereich beobachtet werden konnte, auf der Fensterbank neben dem Bett des Angeklagten eine mit Reizgas-Kartuschenmunition geladene Schreckschusspistole aufgefunden, bei welcher der Explosionsdruck konstruktionsbedingt durch den Lauf nach vorne austritt. Bei der durchgeladenen Pistole war der Schlaghahn vorgespannt. In der Küche lag griffbereit auf der Arbeitsfläche ein als Taschenlampe getarnter funktionsfähiger Elektroschocker. Die Pistole und den Elektroschocker hatte der Angeklagte jedenfalls am Tag der Durchsuchung bewusst so gelagert, um zur Sicherung der Betäubungsmittel innerhalb der Wohnung jederzeit auf sie zugreifen zu können.

II.


4
1. Die rechtliche Würdigung der Strafkammer hält nur teilweise einer rechtlichen Prüfung stand. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben tateinheitlichen Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig gemacht.
5
a) Das Landgericht ist im rechtlichen Ansatz zwar zutreffend davon ausgegangen , dass es in Fällen, in denen sich die Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus mehreren Einzelakten zusammensetzt , für die Verwirklichung des Tatbestands des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausreicht , wenn die Schusswaffe oder der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte Gegenstand nur bei einem Teilakt der Tat mit sich geführt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715). Es hat dementsprechend jedenfalls für die drei Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, aus denen bei der Durchsu- chung am 17. Mai 2018 noch Restmengen der Betäubungsmittel vorhanden waren, die für sich betrachtet die Grenze zur nicht geringen Menge überstiegen, eine Strafbarkeit wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bejaht und ist insoweit – wegen der in dem Bereithalten der Schreckschusspistole und des Elektroschockers liegenden Teilidentität der Ausführungshandlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 562/17, juris Rn. 4) – zutreffend von einer tateinheitlichen Begehung ausgegangen. Die Strafkammer hat aber übersehen, dass es für eine Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erforderlich ist, dass sich der Teilakt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bei dem der Täter die qualifizierenden Umstände verwirklicht, selbst unmittelbar auf eine nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln bezieht. Auch der Umgang mit einer geringen Menge von Betäubungsmitteln unter Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines sonstigen zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes reicht, sofern es sich um den Teilakt eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handelt, zur Tatbestandserfüllung aus (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2016 – 2 StR 406/15, NStZ 2017, 298).
6
Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte daher auch bezüglich vier weiterer festgestellter Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, aus denen noch Restmengen am 17. Mai 2018 in der Wohnung des Angeklagten verwahrt waren, wegen tateinheitlich begangenen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Dies hat zur Folge, dass für die Strafbarkeit des Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nur sie- ben Taten – sechs Marihuanataten und die sich auf 350 Gramm Amphetaminzubereitung beziehende Tat – verbleiben.
7
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der zu den Betäubungsmittelgeschäften geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall von vier Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten. Der Gesamtstrafenausspruch wird hierdurch nicht berührt. Angesichts der Einsatzstrafe von fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe und den verbleibenden weiteren sieben Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der Teilfreispruch des Angeklagten hat keinen Bestand. Das Landgericht hat sämtliche dem Angeklagten in der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage als tatmehrheitlich begangen zur Last gelegten Tatvorwürfe für erwiesen erachtet, sie aber wegen der Annahme von Bewertungseinheiten konkurrenzrechtlich anders gewertet. Bei dieser Konstellation ist für einen Teilfreispruch kein Raum (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 1998 – 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 202; Beschluss vom 20. September 2012 – 3 StR 220/12, NStZ-RR 2013, 6, 7). Der Teilfreispruch muss aus Gründen der Klarstellung entfallen, da ein Angeklagter wegen desselben Tatgeschehens nicht zugleich verurteilt und freigesprochen werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – 4 StR 302/17, juris Rn. 3 mwN).
9
3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Paul

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 394/16
vom
12. Januar 2017
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
1. Maßgeblich für das Mitsichführen von Schusswaffen oder sonstigen Gegenständen
i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist deren Zugänglichkeit für den Täter während
irgendeines Stadiums der Tatausführung.
2. Für die Beurteilung dessen hat die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort
der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu
einem bestimmten Zeitpunkt während des Handeltreibens lediglich indizielle Bedeutung.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16 – LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:120117U1STR394.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 10. Januar 2017 in der Sitzung am 12. Januar 2017, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Bellay, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 10. Januar 2017 – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft. Sie beanstandet, dass der Angeklagte nicht (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt worden ist. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte im Zeitpunkt einer Ende Juli 2015 durchgeführten Durchsuchung seiner Wohnung in einem im Schlafzimmer befindlichen Schranktresor gut 113 g Marihuana und knapp 8,5 g Kokain auf. Zudem lagen u.a. weitere gut 10 g Marihuana auf dem Couchtisch im Wohnzimmer. Von den genannten Mengen waren jeweils 85 % zum gewinnbringenden Weiterverkauf und der Rest für den Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt. In einer ebenfalls im Wohnzimmer stehenden Kommode, die zwei Meter von dem Couchtisch und neuneinhalb Meter von dem Schranktresor im Schlafzimmer entfernt war, wurden in verschiedenen, jeweils geschlossenen Schubladen folgende Gegenstände gefunden: eine Machete mit einer Klingenlänge von 25,5 cm, die der Angeklagte aber zu keinem Zeitpunkt als Angriffsoder Verteidigungsmittel einsetzen wollte; drei jeweils in Plastikkoffern mit Schnappverschlüssen befindliche ungeladene, aber funktionsfähige "GasAlarm -Pistolen", in den Plastikkoffern befanden sich zudem zugehörige Magazine , die jedoch nicht aufmunitioniert waren, die passende Munition lag in zwei Pappschachteln in derselben Schublade; unter den Pistolenkoffern befand sich darüber hinaus ein Schlagring, was dem Angeklagten "zum Tatzeitpunkt" jedoch nicht bewusst war.
4
An einer Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat sich das Tatgericht aus unterschiedlichen Gründen gehindert gesehen. Bezüglich der Machete hat es sich nicht die Überzeugung verschaffen können, der Angeklagte habe den Gegenstand subjektiv zur Verletzung von Menschen bestimmt. Ebenso wenig habe dem Angeklagten bezüglich des Schlagrings das erforderliche Bewusstsein nachgewiesen werden können, diesen in einer Weise bei sich zu haben, die ihm den jederzeitigen Zugriff ermögliche. Ein Mitsichführen der drei "Gas-Alarm-Pistolen" hat das Landgericht verneint, weil der Angeklagte die Waffen nicht in einer Weise gebrauchsbereit bei sich gehabt habe, dass er sich ihr jederzeit habe bedienen können (UA S. 14). Die fehlende Gebrauchsbereitschaft der Pistolen leitet es daraus ab, dass diese – wie das Landgericht aufgrund durchgeführter Tests angenommen hat – seitens des Angeklagten nicht in einem Zeitraum von weniger als 28 Sekunden gebrauchsbereit gemacht werden konnten (UA S. 5, 11 und 14).

II.

5
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, das sich gegen das Unterbleiben einer Verurteilung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln richtet, hat im Umfang der Anfechtung Erfolg. Die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es einen solchen Schuldspruch verneint hat, halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
6
1. Soweit das Landgericht eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen eines Gegenstandes , der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG), trotz des Vorhandenseins eines im tatrichterlichen Urteil näher beschriebenen Schlagrings (UA S. 5) verneint hat, erweist sich die zugrundeliegende Beweiswürdigung – auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 Rn. 25 mwN; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16 Rn. 20 f., NStZ 2016, 670 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 10) – als rechtsfehlerhaft.
7
a) Das für den Qualifikationstatbestand gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in beiden Varianten objektiv erforderliche Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes liegt dann vor, wenn der Täter derartige Waffen oder Gegenstände bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschlüsse vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13; vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS] jeweils mwN). Hierfür genügt es, dass die Schusswaffe bzw. der gefährliche Gegenstand dem Täter in irgendeinem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (näher BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 mwN und S. 13 f.; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13), d.h. diese sich so in seiner räumlichen Nähe befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2012 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschluss vom 5. April2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 mit Praxiskommentar Volkmer und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS]). Ein Tragen der Waffe oder des Gegenstandes am Körper ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99); es genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349).
8
b) Zu dem auf die im vorstehenden Absatz genannten Merkmale des Qualifikationstatbestands bezogenen Vorsatz gehört – wovon das Tatgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist – das aktuelle Be- wusstsein des Täters zur Tatzeit, die Schusswaffe oder den Gegenstand gebrauchsbereit bei sich zu haben (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.; Sost-Scheible NStZ 1997, 396 f.; Rahlf in Münchener Kommentar zum StGB, Band 6, 2. Aufl., BtMG § 30a Rn. 197). Das erforderliche Bewusstsein , über die Waffe bzw. den Gegenstand verfügen zu können, muss gerade bei Begehung der Tat vorhanden sein, wobei es entsprechend den Anforderungen an den objektiven Tatbestand des Mitsichführens genügt, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt der Tat vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2). Es genügt bedingter Vorsatz. Der Wille, die Waffe oder den Gegenstand einzusetzen, ist kein Element des auf das Merkmal des Mitsichführens als solches bezogenen Vorsatzes (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 mwN; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 30a Rn. 87).
9
Auf der Ebene des (prozessualen) Nachweises des Bewusstseins der Verfügbarkeit von durch § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfasster Waffen oder Gegenstände werden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abhängig von deren Art unterschiedliche Anforderungen gestellt (vgl. BGH aaO BGHSt 43, 8, 14; siehe auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f. mit Anmerkung Sost-Scheible NStZ 1997, 396 f.). Führt der Täter eine Waffe im technischen Sinne mit sich, liegt die Feststellung, der Angeklagte habe die Waffe auch bewusst gebrauchsbereit bei sich, so nahe, dass nähere Ausführungen des Tatrichters hierzu regelmäßig entbehrlich sind (BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14 und vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 17; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.). Höhere Anforderungen an den Tatrichter bezüglich der Prüfung und Darlegung des subjektiven Merkmals des Bewusstseins der Verfügbarkeit der Waffe wird man allenfalls dann zu überlegen haben, je ferner die Gefahr des Einsatzes ist und je weniger geeignet und bestimmt zur Verletzung von Personen die "sonstigen Gegenstände" im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sind (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 14; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 5 StR 391/96, NStZ-RR 1997, 50 f.; siehe auch Rahlf aaO BtMG § 30a Rn. 201).
10
Diese differenzierenden Anforderungen an den Nachweis des Vorsatzes, eine Waffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich zu führen, tragen dem gesetzgeberischen Motiv für die Schaffung des Qualifikationstatbestandes Rechnung. Der Gesetzgeber wollte der generellen Gefährlichkeit des unter Strafe gestellten Verhaltens Rechnung tragen. Diese besteht darin, dass Täter, die bei Betäubungsmittelstraftaten Schusswaffen oder sonstige zur Verletzung von Menschen geeignete und bestimmte Gegenstände bei sich führen, ihre Interessen beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln rücksichtslos durchsetzen und dabei die erfassten Waffen oder Gegenstände einsetzen (BTDrucks. 12/6853 S. 41 rechte Spalte; BGH, Urteil vom 10. April 1996 – 3 StR 5/96, BGHSt 42, 123, 126; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13). Die jederzeitige Verfügbarkeit von Waffen oder sonstigen Gegenständen erleichtert dem Täter den verbotenen Umgang mit Betäubungsmitteln, weil ihm solche Objekte regelmäßig ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit vermitteln (BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13).
11
c) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erweisen sich die beweiswürdigenden Erwägungen, mit denen das Landgericht begründet hat, warum es sich nicht von einem auf das Mitsichführen gerichteten Vorsatz bezüglich des Schlagrings hat überzeugen können, als rechtsfehlerhaft.
12
aa) Zwar hat es das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermag; was auch für die Verwirklichung der Voraussetzungen einer Qualifikation gilt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 5 StR 255/16 Rn. 25, NStZ-RR 2017, 5). Die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung unterliegt der Beurteilung durch das Revisionsgericht lediglich dahingehend, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14 Rn. 20 mwN; vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 128/16 Rn. 21, NStZ 2016, 670 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 14; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87; vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18 und vom 22. November 2016 – 1 StR 194/16 Rn. 14; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 569/15 Rn. 26; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN).
13
bb) Vorliegend hat das Landgericht teils die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche richterliche Überzeugungsbildung überspannt und nicht die gebotene vollständige Gesamtwürdigung vorgenommen sowie teils bereits den rechtlichen Maßstab für die Nachweise des Bewusstseins, eine gebrauchsbereite Waffe mit sich zu führen, verfehlt.
14
(1) Wie das Landgericht insoweit noch rechtsfehlerfrei angenommen hat, wird der in der Wohnzimmerkommode verwahrte Schlagring von Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 zu § 2 Abs. 4 WaffG erfasst; es handelt sich um einen tragbaren Gegenstand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WaffG und damit um eine Waffe im technischen Sinne (Heinrich in Münchener Kommentar zum StGB, Band 8, 2. Aufl., WaffG § 2 Rn. 13). Liegt objektiv das Mitsichführen einer solchen Waffe – was hier auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen der Fall ist (unten Rn. 19-24) – bei der Tat vor, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig keiner näheren beweiswürdigenden Darlegungen zum darauf bezogenen Vorsatz. Indem das Tatgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung davon ausgeht, es sei angesichts der für nicht widerlegbar erachteten Einlassung des Angeklagten, den Schlagring etwa zwei Jahre vor der Durchsuchung geschenkt bekommen und ihn dann irgendwo in der Wohnung verstaut zu haben, nicht mit einem Gebrauch des Schlagrings zu rechnen gewesen (UA S. 12), wird es den vorgenannten Maßstäben zur Beurteilung des wenigstens bedingten Vorsatzes nicht gerecht. Zumal der Wille zum Gebrauch der Waffe im konkreten Fall gerade keine Voraussetzung des auf das Mitsichführen bezogenen Vorsatzes ist. Denn das Gesetz knüpft die Steigerung des Unrechtsgehalts der Qualifikation gegenüber dem Grundtatbestand gerade an die generelle Gefährlichkeit des Mitsichführens der tatbestandlich erfassten Gegenstände in irgendeinem Stadium der Tatbegehung. Hat ein Täter zugleich Betäubungsmittel und Schusswaffen verfügungsbereit, treffen das Risiko einer Entdeckung der Tat, das Bedürfnis nach Sicherung der Drogen und die im Waffenbesitz dokumentierte Gewaltbereitschaft des Täters in besonderer Weise zusammen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 13).
15
(2) Vor allem lässt die zugrundeliegende Beweiswürdigung die gebotene Gesamtwürdigung aller beweisrelevanten Umstände vermissen.
16
Das Tatgericht hat sich rechtsfehlerhaft lediglich auf eine jeweils gesonderte Beurteilung der jeweiligen relevanten Umstände für jeden einzelnen Waffentypus (Gas-Alarm-Pistolen; Schlagring) bzw. Gegenstand (Machete) beschränkt. Es hat in die Überzeugungsbildung hinsichtlich des Vorsatzes zum Mitsichführen des Schlagrings nicht erkennbar den Umstand der Aufbewahrung einer Anzahl unterschiedlicher Waffen und Gegenstände in der Wohnung einbezogen. Auf die Gas-Alarm-Pistolen stellt es lediglich im Hinblick auf deren konkreten Aufbewahrungsort ab, nimmt aber nicht in den Blick, dass sich aus der Vielzahl vorhandener Waffen Rückschlüsse auf den Vorsatz des Mitsichführens jeder einzelnen Waffe bzw. jedes einzelnen sonstigen Gegenstandes ergeben können.
17
Darüber hinaus stellt das Landgericht auch nicht in seine hier relevanten beweiswürdigenden Ausführungen ein, dass der Angeklagte in dem Schranktresor außer den genannten Betäubungsmitteln auch Bargeld i.H.v. 5.250 Euro verwahrte (UA S. 8). Daraus hat das Tatgericht zwar ohne Rechtsfehler den Schluss gezogen, der Angeklagte habe die Betäubungsmittel nicht ausschließlich zum Eigenkonsum, sondern überwiegend zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt, und damit die gegenteilige Einlassung des Angeklagten widerlegt (UA S. 8 und 9). Das Aufbewahren eines auch unter Berücksichtigung des festgestellten Nettoeinkommens des Angeklagten (vgl. UA S. 3) nicht unbeträchtlichen Geldbetrags kann ersichtlich indizielle Bedeutung aber auch für den Vorsatz bezüglich § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG haben. Denn das Vorhandensein von Bargeld in einer Wohnung, in der sich zudem auch zum Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel befinden, bietet möglicherweise einen eigenständigen und zusätzlichen Anreiz für den Täter, seine Interessen bei dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in irgendeiner Phase des gesamten Vorgangs auch unter Zugriff auf vorhandene Waffen durchzusetzen. Ebenso wenig hat das Tatgericht im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung bedacht, dass es dem Angeklagten in seiner Einlassung, sämtliche in der Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel seien ausschließlich zum Eigenkonsum bestimmt gewesen , nicht gefolgt ist. Da es seine Einlassung insoweit widerlegt hat, wäre es umso mehr geboten gewesen, auch die Angaben hinsichtlich des auf § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bezogenen Vorsatzes umfassend und nicht lediglich isoliert hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstandes bzw. jeder einzelne Waffe zu würdigen.
18
Die Ablehnung des auf das Mitsichführen des Schlagrings bezogenen Vorsatzes des Angeklagten trägt daher nicht.
19
d) Soweit die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge trotz des Schlagrings unterblieben ist, erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG ist nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht ausgeschlossen.
20
aa) Dem steht nicht entgegen, dass die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in einem Schranktresor im Schlafzimmer aufbewahrt wurden, der Schlagring sich aber in einer Schublade einer im Wohnzimmer stehenden Kommode befand. Maßgeblich ist – wie dargelegt –, dass sich die Waffen oder Gegenstände so in der räumlichen Nähe des Täters befinden, dass er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 mit Praxiskommentar Volkmer und vom 11. November 2014 – 3 StR 451/14 Rn. 2 [in NStZ-RR 2015, 77 nur redaktioneller LS]).
21
(1) Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann angesichts der Vielgestaltigkeit der in Frage kommenden Lebensverhältnisse lediglich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (insoweit zutreffend Rahlf aaO BtMG § 30a Rn. 178). Zu diesen Umständen gehört etwa außer den individuellen Fähigkeiten des Täters und den tatsächlichen Möglichkeiten seines Zugriffs einschließlich möglicher Zugangserschwernisse auch die räumliche Nähe des Täters während irgendeines Stadiums der Tatausführung zu der Schusswaffe oder zu dem sonstigen Gegenstand i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG.
22
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zur Konkretisierung der räumlichen Komponente des Mitsichführens häufig formuliert worden, es genüge, wenn sich die Schusswaffe bzw. der Gegenstand in Griffweite befinde (etwa BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. und vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349; siehe dazu Praxiskommentar Volkmer NStZ 2015, 349 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433). "Griffweite" im wörtlichen Sinne, nämlich etwas in greifbarer Nähe zu haben (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 4, 3. Aufl., "Griffnähe" und "Griffweite"), ist dabei in der Rechtsprechung als stets hinreichende aber nicht als notwendige Bedingung des Mitsichführens verstanden worden. Denn der Bundesgerichtshof hat die Annahme des Merkmals im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtung auch in Konstellationen für möglich gehalten, in denen sich innerhalb derselben Wohnung das zum Handeltreiben bestimmte Rauschgift und die Waffe bzw. der Gegenstand in unterschiedlichen Räumen befanden (etwa BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; Beschlüsse vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. und vom 15. Januar 2013 – 2StR 589/12, NStZ 2013, 663 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13 und 14; Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349). Allerdings ist der Tatrichter bei derartigen Fallgestaltungen räumlich getrennter Aufbewahrung von Betäubungsmitteln und Waffen gehalten, die konkreten räumlichen Verhältnisse und die Orte, an denen das Rauschgift sowie die Waffen aufbewahrt wurden, näher im Urteil darzulegen (BGH, Urteil vom 21. März 2000 – 1 StR 441/99, NStZ 2000, 433; in der Sache ebenso BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349; Urteil vom 13. August 2009 – 3 StR 224/09 Rn. 41 [insoweit in BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Sichverschaffen 2 nicht abgedruckt]). Bei getrennter Aufbewahrung in verschiedenen Räumen einer Wohnung ist ein Mitsichführen regelmäßig dann verneint worden, wenn sich die Waffe in einem seinerseits verschlossenen Behältnis befindet und das Öffnen eine Zeitspanne in Anspruch nimmt, die es ausschließt, von einer Zugriffsmöglichkeit "ohne nennenswerten Zeitaufwand" und "ohne größere Schwierigkeiten" sprechen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f. – Waffe in einem mit Zahlencode gesicherten Tresor).
23
Die räumliche Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort der Betäubungsmittel und dem der Waffe bzw. des Gegenstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt – etwa dem der Durchsuchung einer Wohnung – hat allerdings lediglich indizielle Bedeutung für die Beurteilung einer jederzeitigen ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne größere Schwierigkeiten zu realisierenden Zugriffsmöglichkeit des Täters (Volkmer NStZ 2015, 349, 350). Denn für das Mitsichführen ist angesichts des Zwecks der Qualifikation (dazu näher BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 sowie bereits Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 11-13) die Zugriffsmöglichkeit des Täters des Betäubungsmitteldelikts auf Waf- fen oder sonstige Gegenstände gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG während irgendeines, aber näher zu bestimmenden Zeitpunkts im gesamten Tatverlauf ausschlaggebend (zutreffend Volkmer aaO). Beim Handeltreiben aus einer Wohnung heraus erstreckt sich die Tat bis zum Verlassen der Wohnung durch den Käufer mit der Ware (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2007 – 3 StR 127/07, NStZ 2007, 533). Besteht im Verlauf des gesamten Tatvor- gangs, hinsichtlich dessen die Aufbewahrung der Betäubungsmittel zum späteren Verkauf nur ein Teilakt ist, zu irgendeinem Zeitpunkt eine Zugriffsmöglichkeit in dem dargelegten Sinn, liegen die Voraussetzungen des Mitsichführens vor; maßgeblich ist deshalb, dass die Waffe bzw. der Gegenstand jedenfalls bei einem Teilakt griffbereit zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13).
24
(2) Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen die objektiven Voraussetzungen des Mitsichführens eines Gegenstandes i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG hinsichtlich des Schlagrings nicht ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung befand er sich zwar in einem anderen Zimmer als die zum Handeltreiben bestimmten Betäubungsmittel. Die räumliche Distanz hat aber – wie ausgeführt – lediglich indizielle Bedeutung für die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit für den Täter während der Tat. Für ein konkretes Verkaufsgeschäft mit dem im Schranktresor im Schlafzimmer aufbewahrten Marihuana und Kokain hätte es ohnehin des Hervorholens wenigstens eines Teils davon bedurft, so dass dem Aufbewahrungsort zum Zeitpunkt der Durchsuchung für das Mitsichführen des Gegenstandes allein keine entscheidende Bedeutung zukommen kann. Insoweit verhält es sich anders als in Konstellationen, in denen die Waffe bzw. der Gegenstand i.S.v. § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG in einer Art und Weise gelagert wird, die – wie etwa bei Aufbewahrung in einem verschlossenen Behältnis (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 203/10, NStZ 2011, 99 f.) – den Zugriff auf die Waffe erschwert. Derartige Schwierigkeiten des Zugangs zu dem Schlagring in objektiver Hinsicht ergeben die Feststellungen gerade nicht. Die Schublade als Lagerort war lediglich geschlossen. Der Umstand, dass der Schlagring unter den Waffenkoffern der "Gas-Alarm-Pistolen" lag, stellt keine relevante Zugriffserschwernis dar.
25
Der neue Tatrichter wird deshalb zu prüfen haben, ob der Angeklagte sowohl die Waffen als auch das Betäubungsmittel während des Tatverlaufs dergestalt in Verwahrung hält, dass ihm der Zugriff auf beides unschwer möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16; Beschluss vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 503/14, StV 2015, 641).
26
bb) Einer Verurteilung wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgrund des vorhandenen Schlagrings steht auch nicht das bei Gegenständen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG bestehende Erfordernis einer Zweckbestimmung des Täters zur Verletzung von Personen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, NStZ 2015, 226 f.; Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466 und vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704) entgegen. Der Schlagring (siehe Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 zu § 2 Abs. 4 WaffG) ist – wie dargelegt – ein tragbarer Gegenstand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) WaffG und damit eine Waffe im technischen Sinne (Heinrich aaO WaffG § 2 Rn. 13). Bei derartigen Waffen liegt die Verletzung von Personen ohne weitere Feststellungen regelmäßig auf der Hand (st. Rspr.; etwa BGH, Urteile vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 17 und vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14, NStZ 2015, 226 f.; Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466 und vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704).
27

e) Da die Beweiswürdigung des Tatgerichts die Ablehnung des auf § 30a Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 BtMG bezogenen Vorsatzes bereits hinsichtlich des Schlagrings nicht trägt, führt dies zur Aufhebung des Urteils. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe ist nicht ausgeschlossen.
28
Es bedarf der Aufhebung auch hinsichtlich der an sich rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen der vorgenannten tateinheitlich mit dem Handeltreiben verwirklichten Besitzdelikte. Die ebenfalls für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann nicht bestehen bleiben, weil diese im Fall der Verurteilung aus § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als Grundtatbestand gesetzeskonkurrierend zurückträte (Patzak aaO BtMG § 30a Rn. 127).
29
2. Der Senat hebt die getroffenen Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter umfassende neue Feststellungen auch zum äußeren Tatgeschehen im Hinblick auf dessen Bedeutung für die gebotene Gesamtwürdigung zu dem Vorsatz des Mitsichführens von Schusswaffen bzw. Gegenständen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zu ermöglichen.

III.

30
Die auf die Revision der Staatsanwaltschaft veranlasste Überprüfung des angefochtenen Urteils zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Insbesondere hält die der Annahme, 85 % der aufgefundenen Betäubungsmittel seien zum gewinnbringenden Wei- terverkauf bestimmt gewesen, zugrundeliegende Beweiswürdigung revisionsrechtlicher Prüfung stand.

IV.

31
Sollte der neue Tatrichter auf der Grundlage entsprechender Feststellungen zu einer Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangen , werden angesichts der bislang festgestellten Umstände der Person des Angeklagten die Voraussetzungen des § 30a Abs. 3 BtMG in den Blick zu nehmen sein. Raum Bellay Radtke Fischer Bär

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

4
b) Da der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon dann verwirklicht ist, wenn der zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte ge- fährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 StR 246/16, Rn. 13; st. Rspr.), lagen dessen Voraussetzungen hinsichtlich des noch nicht vollständig abverkauften Heroins aus dem Ankauf vom November 2016 (Fall II. 2 der Urteilsgründe) und des Heroins aus dem Erwerb vom Dezember 2016 (Fall II. 3 der Urteilsgründe) während deren gemeinsamer Lagerung in der Wohnung nicht nur gleichzeitig vor, sondern wurden – soweit es um das Bereithalten des Butterflymessers geht – auch durch ein und dieselbe Tathandlung erfüllt. Diese Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlung führt zur Annahme von Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 – 3 StR 487/16, NStZ-RR 2017, 218, 219 mwN).

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 6. Mai 2015

a) im Fall II.11 der Urteilsgründe, soweit es den Angeklagten S.     betrifft,

b) im Fall II.14 der Urteilsgründe, soweit es den Angeklagten T.   betrifft,

jeweils mit den Feststellungen,

c) im Gesamtstrafenausspruch hinsichtlich beider Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen

aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten S.     wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und den Angeklagten T.   wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen sowie wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt; im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten T.   in einer Entziehungsanstalt angeordnet und Anordnungen über den erweiterten Verfall bzw. den Verfall von Wertersatz getroffen. Die auf den Schuldspruch hinsichtlich zweier Taten beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.

2

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte S.     Anfang Mai 2014 dazu, sich durch die fortlaufende Begehung von Betäubungsmittelstraftaten eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu schaffen. Dabei kam es bis zu seiner Festnahme Anfang August 2014 zu verschiedenen Veräußerungsgeschäften von Marihuana, meist im Kilogrammbereich. Unter anderem sagte der Angeklagte S.     am 5. August 2014 dem gesondert Verfolgten R.    um 12.26 Uhr telefonisch zu, ein Kilogramm Marihuana zu besorgen. Waffen befanden sich bei dieser Abrede nicht in zugriffsbereiter Nähe des Angeklagten. Die Betäubungsmittel lieferte der Angeklagte S.    , der es zuvor von dem Mitangeklagten D.    zum gewinnbringenden Weiterverkauf erhalten hatte, bis spätestens 21.55 Uhr desselben Tages an den Besteller aus. Bei dieser Fahrt führte der Angeklagte S.     im Kofferraum seines PKW einen Baseballschläger mit sich (UA S. 23). Die Strafkammer hat von einer Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgesehen, weil bei der mündlichen Verabredung des Betäubungsmittelgeschäfts Waffen sich nicht in Reichweite des Angeklagten befunden hätten und hinsichtlich der späteren Auslieferung der Betäubungsmittel Feststellungen zur Übergabe einer nicht geringen Menge sich nicht hätten treffen lassen (Fall II.11 der Urteilsgründe).

3

2. Der betäubungsmittelabhängige Angeklagte T.   unterstützte den Angeklagten S.     bei einigen seiner Tathandlungen, unter anderem als Begleitperson eines Kurierfahrers. Er wurde zusammen mit dem Angeklagten S.     am 6. August 2014 festgenommen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurden wie auch an seiner Person unterschiedliche Betäubungsmittel sichergestellt, darunter mindestens 62,10 g Marihuana (mit einer Mindestmenge von 6,57 g Delta-9-THC), 5,48 g Crystal (mit einer Mindestmenge von 3,13 g S-Metamphetamin-Base), 3,81 g Kokain sowie 0,08 g MDMA. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt; es hat nicht feststellen können, dass der Angeklagte mit Betäubungsmitteln Handel getrieben hat (Fall II.14 der Urteilsgründe).

II.

4

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist in ihrer Angriffsrichtung auf die Schuldsprüche in den Fällen II.11 und II.14 der Urteilsgründe beschränkt und erstreckt sich nicht auf die weitere Verurteilung der Angeklagten sowie die Teilfreisprüche. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam.

5

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, soweit sie sich gegen die unterlassene Verurteilung des Angeklagten S.     wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II.11 der Urteilsgründe wendet. Das Landgericht durfte mit der angeführten Begründung nicht von einer Verurteilung nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG absehen.

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Der Anwendung des Qualifikationstatbestands des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG steht es hier nicht entgegen, dass nach der Vereinbarung eines auf eine nicht geringe Menge bezogenen Betäubungsmittelgeschäfts nicht festzustellen war, ob die spätere Übergabe der Drogen, bei der ein sonstiger Gegenstand im Sinne der Vorschrift für den Angeklagten in Reichweite war, auch eine nicht geringe Menge an Betäubungsmittel betraf. Setzt sich die Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus mehreren Einzelakten zusammen, so reicht es zur Tatbestandserfüllung des bewaffneten Handeltreibens aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; Urteil vom 21. September 2011 - 2 StR 286/11, NStZ 2012, 240; Beschluss vom 24. Juli 2012 - 2 StR 205/12). Stellt sich - wie hier - die Übergabe einer möglicherweise lediglich geringen Menge von Betäubungsmitteln als Teilobjekt eines zuvor verabredeten Handelsgeschäfts über eine nicht geringe Menge dar, ist damit der Anwendungsbereich des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG eröffnet.

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Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter insbesondere auch zu prüfen haben, ob der im Auto mitgeführte Baseballschläger vom Angeklagten auch zur Verletzung von Personen bestimmt war.

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3. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat auch Erfolg, soweit es sich dagegen wendet, dass der Angeklagte T.   im Fall II.14 der Urteilsgründe lediglich wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Die Beweiswürdigung der Strafkammer, mit der sie ein Handeltreiben des Angeklagten ablehnt, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist lückenhaft, weil es an einer umfassenden Würdigung aller erheblichen Umstände fehlt, die für ein Handeln des Angeklagten mit Betäubungsmitteln sprechen könnten. So setzt sich die Strafkammer schon nicht mit dem Umstand auseinander, dass der arbeitslose und von Arbeitslosengeld II lebende Angeklagte – szenetypisch – über mehrere Handys verfügte, und erwähnt auch nicht, dass er bei seiner Festnahme einen nicht unerheblichen Bargeldbetrag von 230 € bei sich führte. Dies sind gewichtige Gesichtspunkte, die bei der Prüfung, ob der Angeklagte gewinnbringend Betäubungsmittel veräußert hat bzw. veräußern wollte, nicht außer Betracht bleiben durften. Der Senat kann schon mit Blick auf die bei dem Angeklagten sichergestellten „Zahlungslisten“, deren Einordnung als Liste von Personen, die dem Angeklagten Geld für Behandlungskosten seines Hundes geliehen hätten, wenig plausibel erscheint, nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei umfassender Würdigung zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre.

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4. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.11 und II.14 der Urteilsgründe entzieht den Gesamtstrafenaussprüchen hinsichtlich der Angeklagten T.   und S.     die Grundlage. Unberührt bleibt der gegen den Angeklagten T.   gerichtete Maßregelausspruch.

Fischer                               Appl                         Krehl

                  Eschelbach                       Bartel

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 220/12
vom
20. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. September 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 25. Januar 2012 im Strafausspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Osnabrück vom 4. April 2008 zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Abänderung des Strafausspruchs ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Bildung der Gesamtstrafe ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hätte die Strafe aus dem Strafbefehl vom 4. April 2008 nicht einbeziehen dürfen.
4
Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte ab Juni 2008 in mehreren Einzelverkäufen Betäubungsmittel, die er einer am 3. Januar 2008 erworbenen und auf einem Nachbargrundstück vergrabenen Gesamtmenge entnahm. Bereits am 4. Januar 2008 war beim Angeklagten ein Gramm Heroin aufgefunden worden, von dem nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es aus dieser Menge stammte. Das hierauf eingeleitete Ermittlungsverfahren war nach § 154a Abs. 1 StPO im Hinblick auf die im Strafbefehl vom 4. April 2008 wegen eines Waffendelikts verhängte, zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr eingestellt worden. Das Landgericht hat zurecht einen Strafklageverbrauch verneint, weil unabhängig von der Frage, ob die Betäubungsmittelstraftat vom 4. Januar 2008 tateinheitlich mit dem Waffendelikt verwirklicht worden war, die als ein einheitlicher Betäubungsmittelhandel abgeurteilten Betäubungsmittelverkäufe zeitlich erst nach dem Erlass des Strafbefehls am 4. April 2008 getätigt wurden und dieser danach begangene Taten nicht erfassen konnte. Der gerichtlichen Kognitionspflicht kann kein strafbares Verhalten unterfallen, das einem Urteil oder dem Erlass eines Strafbefehls nachfolgt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 1 StR 526/08, juris). Damit lagen aber auch die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl vom 4. April 2008 nicht vor.
5
Durch die rechtsfehlerhafte Bildung der Gesamtstrafe ist der Angeklagte beschwert, weil die im Strafbefehl vom 4. April 2008 zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe unter Wegfall der Bewährung einbezogen wurde. Das Urteil muss deshalb im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben werden. Auch die vom Landgericht in vorliegender Sache ausgesprochene Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten kann in dieser Höhe nicht bestehen bleiben. Wegen des Verschlechterungsverbotes (§ 358 Abs. 2 StPO) darf die Summe der beiden zu Unrecht zusammengezogenen Strafen drei Jahre und vier Monate nicht übersteigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 1990 - 1 StR 273/90, juris und 10. Januar 2012 - 3 StR 370/11, NStZ-RR 2012, 170). Die Freiheitsstrafe für das hier abgeurteilte Betäubungsmitteldelikt darf daher nicht mehr als zwei Jahre und vier Monate betragen. Diese Strafe kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst verhängen.
6
Der geringe Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
7
Ergänzend bemerkt der Senat: Der Teilfreispruch betrifft nur die dem Angeklagten unter Nr. 2, 3 und 30 der Anklageschrift vorgeworfenen Straftaten. Hinsichtlich der Tatvorwürfe Nr. 8-28 war der Angeklagte hingegen nicht freizusprechen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist in dem Fall, dass mehrere Delikte als tatmehrheitlich begangen angeklagt und die Tathandlungen in der Hauptverhandlung auch nachgewiesen werden, der Schuldspruch wegen Vorliegens einer Bewertungseinheit indes nur die einmalige Begehung der Straftat ausspricht, ein Teilfreispruch nicht veranlasst. Denn in einem solchen Fall wird der gesamte Verfahrensgegenstand durch die Verurteilung erschöpfend erledigt (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 3 StR 176/02, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Teilfreispruch 14 unter Aufgabe von BGH, Urteil vom 11. September 1996 - 3 StR 252/96, NStZ 1997, 90). Damit hat die Staatskasse auch nur die durch die Freisprüche in den Fällen Nr. 2, 3 und 30 der Anklageschrift veranlassten Kosten und notwendigen Auslagen zu tragen.
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol
3
Der Teilfreispruch des Angeklagten hat keinen Bestand. Das Landgericht hat sämtliche dem Angeklagten in der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage als tatmehrheitlich begangen zur Last gelegten Tatvorwürfe für erwiesen erachtet, sie konkurrenzrechtlich indes als eine materiell-rechtliche Tat gewertet. Bei dieser Konstellation ist für einen Teilfreispruch kein Raum (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 1998 – 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 202 mwN). Der Teilfreispruch muss aus Gründen der Klarstellung entfallen, da ein Angeklagter wegen desselben Tatgeschehens nicht zugleich verurteilt und freigesprochen werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2004 – 4 StR 415/03, in NStZ 2004, 554 nicht abgedruckt; vom 11. November 2015 – 5 StR 437/15 Rn. 2).

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.