Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2006 - 4 StR 297/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
- 2
- 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 3
- Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte auf der nachträglichen Geburtstagsfeier, die der damals 15-jährige Gastgeber in der elterlichen Woh- nung veranstaltete, eine „silberfarbene Pistole“ bei sich, zeigte sie den ausnahmslos minderjährigen Gästen und händigte sie dem Gastgeber aus. Nach Auffassung des Landgerichts handelte es sich um eine "Schreckschusspistole", nämlich eine Schreckschusswaffe im Sinne der Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG) Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1. 3, deren Führen gemäß § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG) Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2. 1 erlaubnispflichtig ist (Kleiner Waffenschein). Die Urteilsausführungen lassen eine revisionsrechtliche Nachprüfung dieser rechtlichen Wertung nicht zu.
- 4
- Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten, der sich zu den gegen ihm erhobenen Vorwürfen nicht eingelassen hat, lediglich auf die Bekundungen der als Zeugen vernommenen Teilnehmer an der Geburtstagsfeier gestützt. Vier dieser Zeugen haben zwar übereinstimmend ausgesagt, „dass es sich um eine silberfarbene Pistole mit schwarzem Magazin gehandelt habe, die der Angeklagte während der Party stolz herumgezeigt habe.“ Dies allein reicht aber, zumal die Pistole nicht sichergestellt und damit weder in Augenschein noch waffentechnisch begutachtetet werden konnte, für die Annahme, es habe sich um eine Schreckschusswaffe gehandelt, nicht aus. Nach dem mitgeteilten Ergebnis der Beweisaufnahme kann es sich vielmehr bei der Pistole auch um eine nach Anlage 1 (zu § 1 Abs. 4 WaffG) Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1. 5 Satz 2 nicht als Schusswaffe im Sinne des Waffengesetzes anzusehende Nachbildung oder um eine hiervon nach Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG) Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr. 1 ausgenommene Schusswaffe gehandelt haben , deren Führen nach Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG) Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 3. 3 auch dann erlaubnisfrei ist, wenn sie als getreue Nachahmung einer Schusswaffe nicht vom Waffengesetz ausgenommen ist (sog. Softair-Pistole).
- 5
- Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
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- 2. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch und verweist die Sache an das Amtsgericht - Strafrichter – Recklinghausen zurück, da dessen Strafgewalt hier ausreicht.
- 7
- 3. Mit der Aufhebung der Verurteilung ist die als Beschwerde gemäß § 8 Abs. 3 StrEG aufzufassende sofortige Beschwerde (Bl. 186, 190 d.A.) gegenstandslos. Über die Frage einer etwaigen Entschädigung des Angeklagten für die in dieser Sache erlittene Untersuchungshaft wird der neue Tatrichter zu entscheiden haben. Maatz RiBGH Prof. Dr. Kuckein ist Athing urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb verhindert zu unterschreiben. Maatz Ernemann Sost-Scheible
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(1) Der Umgang mit Waffen oder Munition ist nur Personen gestattet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.
(2) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 (Waffenliste) Abschnitt 2 zu diesem Gesetz genannt sind, bedarf der Erlaubnis.
(3) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, ist verboten.
(4) Waffen oder Munition, mit denen der Umgang ganz oder teilweise von der Erlaubnispflicht oder von einem Verbot ausgenommen ist, sind in der Anlage 2 Abschnitt 1 und 2 genannt. Ferner sind in der Anlage 2 Abschnitt 3 die Waffen und Munition genannt, auf die dieses Gesetz ganz oder teilweise nicht anzuwenden ist.
(5) Bestehen Zweifel darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Antragsberechtigt sind
Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sind vor der Entscheidung zu hören. Die Entscheidung ist für den Geltungsbereich dieses Gesetzes allgemein verbindlich. Sie ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
(2) Waffen sind
- 1.
Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und - 2.
tragbare Gegenstände, - a)
die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen; - b)
die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.
(3) Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt. Umgang mit einer Schusswaffe hat auch, wer diese unbrauchbar macht.
(4) Die Begriffe der Waffen und Munition sowie die Einstufung von Gegenständen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b als Waffen, die Begriffe der Arten des Umgangs und sonstige waffenrechtliche Begriffe sind in der Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) zu diesem Gesetz näher geregelt.
(1) Der Umgang mit Waffen oder Munition ist nur Personen gestattet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.
(2) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 (Waffenliste) Abschnitt 2 zu diesem Gesetz genannt sind, bedarf der Erlaubnis.
(3) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, ist verboten.
(4) Waffen oder Munition, mit denen der Umgang ganz oder teilweise von der Erlaubnispflicht oder von einem Verbot ausgenommen ist, sind in der Anlage 2 Abschnitt 1 und 2 genannt. Ferner sind in der Anlage 2 Abschnitt 3 die Waffen und Munition genannt, auf die dieses Gesetz ganz oder teilweise nicht anzuwenden ist.
(5) Bestehen Zweifel darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Antragsberechtigt sind
Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sind vor der Entscheidung zu hören. Die Entscheidung ist für den Geltungsbereich dieses Gesetzes allgemein verbindlich. Sie ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.
(2) Die Entscheidung muß die Art und gegebenenfalls den Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnen, für die Entschädigung zugesprochen wird.
(3) Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist auch im Falle der Unanfechtbarkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 464 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.