Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2015 - 4 StR 21/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen „gewerbsmäßigen Betruges in 18 Fällen, davon in 14 Fällen tateinheitlich mit Urkundenfälschung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und bestimmt , dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen sowie materiell-rechtliche Beanstandungen gerichtete Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
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- 1. Die Revisionsbegründungen sämtlicher Verteidiger der Angeklagten sind rechtzeitig bei Gericht eingegangen (§ 345 Abs. 1 StPO).
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- Hat ein Angeklagter mehrere Verteidiger, genügt zwar die Zustellung des Urteils an einen von ihnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 2 BvR 1004/13 [juris Rn. 7]; BGH, Beschluss vom 12. September 2012 - 2 StR 288/12 jeweils mwN). Wird das Urteil aber mehreren Empfangsberechtigten zugestellt, beginnt die Revisionsbegründungsfrist grundsätzlich nicht vor dem Zeitpunkt, zu dem eine wirksame Zustellung an den letzten Zustellungsempfänger vollzogen wurde (BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09 [juris Rn. 23] mwN). Stellt das Gericht das Urteil daher mehreren Verteidigern zu, so läuft die Revisionsbegründungsfrist für jeden dieser Verteidiger ab der letzten Zustellung , sofern diese innerhalb der bereits zuvor in Lauf gesetzten Frist erfolgt ist. Nur wenn die Revisionsbegründungsfrist aufgrund der ersten Zustellung(en) bei einer der weiteren Zustellungen bereits abgelaufen war, wird durch diese keine neue Frist in Gang gesetzt (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2012 - 1 StR 238/12, wistra 2012, 435, 436 mwN).
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- Da hier sämtliche Zustellungen innerhalb der am 7. Oktober 2014 in Lauf gesetzten Revisionsbegründungsfrist erfolgten, sind auch die am 10. November 2014 eingegangenen Begründungen rechtzeitig zu Gericht gelangt.
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- Des von Rechtsanwalt K. mit Schriftsatz vom 30. April 2015 „hilfs- weise“ gestellten Wiedereinsetzungsantrages bedurfte es daher nicht.
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- 2. Das Rechtsmittel hat jedoch keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- a) Die Verfahrensrügen, die die nochmalige Vernehmung der Zeugin J. zum Gegenstand haben, greifen - wie der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 14. April 2015 ausgeführt hat - nicht durch. Ergänzend bemerkt der Senat:
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- Es bestehen bereits Zweifel an der Zulässigkeit dieser Rügen. Wird in der Revision die Ablehnung eines Antrags auf Vernehmung eines bereits angehörten Zeugen geltend gemacht, muss nämlich mitgeteilt werden, dass und wozu der Zeuge in der Hauptverhandlung bereits ausgesagt hat (BGH, Urteile vom 13. Dezember 2001 - 5 StR 322/01; vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12). Denn nur dann kann geprüft werden, ob es sich nicht um einen bloßen Antrag auf Wiederholung einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme oder auf Feststellung ihres Inhalts handelte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2001 - 3 StR 211/01, NStZ-RR 2002, 257, 258 f. - bei Becker; vom 18. Februar 2004 - 2 StR 462/03, NStZ 2004, 630, 631; Urteil vom 16. Juni 2005 - 3 StR 338/04) und ob der Antrag als Beweisantrag zu verbescheiden war oder als Beweisanregung abgelehnt werden durfte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - 4 StR 647/99, BGHSt 46, 73, 80).
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- Ob hierfür - auch angesichts der Besonderheiten des Falles (vgl. UA S. 35 f.) - der bloße Vortrag ausreicht, die Zeugin sei in ihrer früheren Vernehmung weder zu den nunmehr behaupteten Tatsachen befragt worden noch habe sie sich hierzu geäußert, kann dahinstehen. Die Rügen sind nämlich jedenfalls wegen fehlenden Beruhens (§ 337 Abs. 1 StPO) unbegründet. Denn die Verurteilung im Fall 4 der Urteilsgründe wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil der Bank für die Finanzierung des fingierten Verkaufs des Pkws Mercedes an K. auch gefälschte Kfz-Papiere vorgelegt wurden und der von M. als „Geschäftswagen“ genutzte Pkw bereits kreditfinanziert erworben worden war, anschließend der Einkauf nochmals unter Übergabe (anderer) gefälschter Fahrzeugpapiere betrügerisch finanziert wurde (Fall 2 der Urteilsgründe ) und erst dann die Finanzierung für den fingierten Ankauf durch K.
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- b) Auch im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Soweit sich die Revisionsführerin gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung sowie die Annahme von (Mit-)Täterschaft und tatmehrheitlicher Begehung wendet, nimmt der Senat ebenfalls Bezug auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 14. April 2015 und bemerkt ergänzend:
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- aa) Zwar reicht ein mittelbarer Vorteil des Täters zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn er ohne Weiteres darauf zugreifen kann oder sich selbst geldwerte Vorteile aus den Taten über Dritte verspricht (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2011 - 3 StR 262/11, StV 2012, 339; vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215 jeweils mwN). Für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit ist aber weder erforderlich, dass der Täter seinen Lebensunterhalt allein oder auch nur überwiegend durch die Begehung von Straftaten bestreiten will (BGH, Urteil vom 9. März 2011 - 2 StR 609/10, BGHR StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Gewerbsmäßig 2), noch dass er tatsächlich auf die betrügerisch erlangten Vermögenswerte zugegriffen hat; denn maßgeblich und ausreichend ist eine dahingehende Absicht (BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11, NStZ-RR 2011, 373). Daher reichen betrügerisch erlangte Betriebseinnahmen für den Arbeitgeber zur Begründung gewerbs- mäßigen Handelns eines Angestellten aus, wenn diese dem Täter mittelbar - etwa über das Gehalt oder Beteiligung an Betriebsgewinnen - zufließen sollen (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282, 283 mwN; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 364).
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- Es kommt daher vorliegend nicht darauf an, ob das Autohaus neben den betrügerischen auch über „legale Einkünfte“ verfügte und ob das Gehalt der Angeklagten tatsächlich bezahlt wurde und - falls ja - ob diese Gelder aus den betrügerischen Geschäften herrührten. Die Absicht der - nach den Feststellungen (trotz UA S. 46 Mitte) - nicht als faktische Geschäftsführerin des Autohauses handelnden - Angeklagten, durch die Taten ihre und ihres Ehemannes Existenz zu sichern, genügt vielmehr. Dies hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt (UA S. 13).
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- Hinsichtlich des Schuldspruchs verweist der Senat darauf, dass das Vorliegen gesetzlicher Regelbeispiele für besonders schwere oder minder schwere Fälle nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist und die Kennzeichnung des Betrugs als "gewerbsmäßig" daher entbehrlich war (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2012 - 3 StR 458/12).
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- bb) Auch die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und deren vom Landgericht vorgenommene Kompensation hält im Ergebnis der Überprüfung stand.
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- Zwar hat der Tatrichter Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 146). Der sachlich-rechtlich zu fordernde Erörterungsbedarf darf aber mit Rücksicht auf die vielen denkbaren Verfahrensvorgänge, die für die Entscheidung eine Rolle spielen können, nicht überspannt werden. Es reicht deshalb aus, wenn das Revisionsgericht anhand der Ausführungen im Urteil im Sinne einer Schlüssigkeitsprüfung nachvollziehen kann, ob die festgestellten Umstände die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK tragen und sich die Kompensationsentscheidung innerhalb des dem Tatrichter insoweit eingeräumten Bewertungsspielraums hält (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar2014 - 2 StR 308/13).
- 16
- Dem werden die Urteilsausführungen (insbesondere auf UA S. 25) noch gerecht. Eine (zulässige) Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
Mutzbauer Quentin
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)