Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2013 - 4 StR 192/13

bei uns veröffentlicht am04.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 192/13
vom
4. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Juni 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 4. Januar 2013
a) mit den Feststellungen aufgehoben, aa) in den Fällen II. 3 bis II. 6 der Urteilsgründe; das Verfahren wird insoweit eingestellt. Im Umfang der Einstellung werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt, bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
b) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig ist, davon in einem Fall unter Mitsichführen einer Schusswaffe. 2. Im Umfang der Aufhebung gemäß 1. a) bb) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, davon in einem Fall unter Mitsichführen einer Schusswaffe, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Das Verfahren in den Fällen II. 3 bis II. 6 der Urteilsgründe ist einzustellen.
4
Dazu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. Mai 2013 Folgendes ausgeführt: „Die Revision ist teilweise begründet, da bezüglich der Fälle II. 3. bis6. ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis vorliegt, das zur Teileinstellung gemäß § 260 Abs. 3 StPO - und damit verbunden auch zu einer Änderung des Schuldspruchs - führt. Hinsichtlich dieser Fälle (Ziffern 9. bis 16. der Anklageschrift vom 26. September 2012) hat das Landgericht durch Beschluss auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Hauptverhandlung vom 04. Januar 2013 vorläufig gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt (Bd. V, Bl. 84 d.A.). In der Anklageschrift vom 26. September 2012 hatte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten unter den Ziffern 1. bis 18. zur Last gelegt, in den Monaten von März 2011 bis November 2011 dem gesondert verfolgten B. 2 Mal im Monat Betäubungsmittel, deren Art und Mengen genauer bezeichnet sind, verkauft zu haben (Bd. IV, Bl. 87 d.A.).
Die Anklage geht bei der vorgenommenen Bezifferung ersichtlich von einer - einzig auch sinnvollen - chronologischen Reihenfolge aus. So werden etwa die Verkäufe im November 2011 ausdrücklich als Taten 17. und 18. bezeichnet. Die nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Taten, Ziffer 9. bis 16. der Anklageschrift , betreffen daher die Betäubungsmittelverkäufe in den Monaten Juli, August, September und Oktober 2011. Dass die Strafkammer abweichend von der Chronologie der Anklage andere Taten hat einstellen wollen, ist weder den Urteilsgründen noch dem Protokoll der Hauptverhandlung zu entnehmen. Einer solchen Annahme widerspricht auch der am gleichen Tag erfolgte Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 258 Abs. 1 StPO, der ausdrücklich auf die Bezifferung der Anklageschrift Bezug genommen hat (Bd. V, Bl. 84 d.A.). Daher steht der erfolgten Verurteilung in den Fällen II. 3. bis 6. der Urteilsgründe die vorläufige Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO, die mangels Wiederaufnahme des Verfahrens nach wie vor in Kraft ist, entgegen. Dies führt zur Teileinstellung des dem Beschluss vom 04. Januar 2013 nachfolgenden Verfahrens gemäß § 260 Abs. 3 StPO (vgl. Senat; Beschluss vom 27. April 2000, 4 StR 85/00; BGH, Beschluss vom 13. November 2003, 3 StR 359/03). Das Urteil ist im Gesamtstrafenausspruch aufzuheben, da die Einzelstrafen für die Fälle II. 3. bis 6. aufgrund der vorzunehmenden Teileinstellung des Verfahrens entfallen. Trotz der nur sehr geringfügig über der Einsatzstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten liegenden Gesamtstrafe, ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Berücksichtigung der erfolgten vorläufigen Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO von vier der acht verurteilten Taten eine noch geringere Gesamtfreiheitsstrafe ausgespro- chen hätte.“
5
Dem schließt sich der Senat an.
6
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
7
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat, dass die Erwägung der Strafkammer, zu Lasten des Angeklagten sei im Fall II. 8 der Urteilsgründe das Vorhandensein einer scharfen Schuss- waffe zu berücksichtigen, im Hinblick auf § 46 Abs. 3 StGB keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Senatsurteil vom 11. April 2002 – 4 StR 537/01, NStZ 2002, 480 zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB).

II.


8
Die Sache bedarf daher zum Gesamtstrafenausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
9
Infolge der Aufhebung und Zurückverweisung ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung erledigt.
10
Zur fortbestehenden Anhängigkeit eines Teils der Tatvorwürfe beim Landgericht verweist der Senat auf Ziff. 4 der Zuschrift des Generalbundesanwalts sowie auf sein Urteil vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 138).
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, gena

Strafprozeßordnung - StPO | § 258 Schlussvorträge; Recht des letzten Wortes


(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. (2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. (3) Der A

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.

(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.

(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 537/01
vom
11. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. April 2002, an
der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanoviæ,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 3. August 2001 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen ihn Maßregeln gemäß §§ 69, 69 a StGB ausgesprochen und die Einziehung zweier Schußwaffen nebst Munition und eines Schalldämpfers angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat und mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Maßregelausspruch und zur Einziehungsanordnung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Das Landgericht hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB angenommen. Es hat bei der Strafrahmenbestimmung das Vorliegen minder schwerer Fälle im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB verneint und die verhängten Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB entnommen. Hierbei hat es zu Lasten des Angeklagten die Verwendung funktionsfähiger, geladener Schuûwaffen berücksichtigt, “die im Vergleich zu sonstigen tatbestandsmäûigen Tatmitteln des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB höchstes Gefährdungspotential aufweisen”. Ferner hat es straferschwerend gewertet , daû es der Angeklagte bei den beiden Banküberfällen in Kauf genommen habe, “eine gröûere Zahl von Menschen in das Geschehen einzubeziehen und in Angst und Schrecken zu versetzen”. Dies ist entgegen der Auffassung der Revision und des Generalbundesanwalts rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Zwar hat der Bundesgerichtshof zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. wiederholt entschieden, daû es gegen das Verbot der Doppelverwertung des § 46 Abs. 3 StGB verstöût, wenn bei einer Verurteilung strafschärfend berücksichtigt wird, daû bei der Tat eine Schuûwaffe benutzt worden ist, da es sich bei einer solchen um das im Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB (a.F.) genannte (alleinige) Tatmittel handelt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 2; BGH StV 1996, 206). In der durch das 6. Strafrechtsreformgesetz neugefaûten Bestimmung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB wird jedoch der Kreis der potentiellen Tatmittel erheblich weiter gezogen: danach unterliegt der erhöhten Strafandrohung nach dieser Vorschrift, wer bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet. Erfaût werden damit nicht nur – wie bei § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. – Schuûwaffen, sondern alle Waffen im technischen Sinn sowie sonstige Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. BGH NStZ 1998, 567; NStZ-RR 1998, 224). Der Regelung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB unterfällt daher der Einsatz eines einfachen Schlaginstruments ebenso wie die Verwendung einer aufmunitionierten vollautomatischen Selbstladeschuûwaffe oder einer scharfen Handgranate; sie erfaût daher ohne weitere Differenzierung Tatmodalitäten, die sich in ihrer Gefährlichkeit für die betroffenen Tatopfer sehr unterschiedlich darstellen können. In einem solchen Fall verbietet es § 46 Abs. 3 StGB nicht, eine im Einzelfall aufgrund des verwendeten Tatwerkzeuges be- sonders gefährliche Art der Tatausführung, durch die das geschützte Rechtsgut in besonders intensiver Form gefährdet wird, straferschwerend zu berücksichtigen (vgl. auch BGHSt 44, 361, 368; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 46 Rdn. 300). Aus der Entscheidung BGH StV 1999, 597 ergibt sich nichts Gegenteiliges; sie betrifft den im Tatsächlichen ganz anders gelagerten - unter den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB fallenden - Fall der Bedrohung mit einer ungeladenen und damit für das Tatopfer ungefährlichen Gaspistole. Es ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden , daû das Landgericht im vorliegenden Fall die konkrete Art und Weise der Tatausführung, bei der der Angeklagte und sein Mittäter jeweils mit 14 Patronen geladene Schuûwaffen einsetzten, mit denen sie sowohl die Bankangestellten als auch mehrere anwesende Kunden bedrohten, als besonders gefährlich eingestuft und dem Angeklagten strafschärfend angelastet hat (vgl. auch BGH, Beschl. vom 15. März 2001 ± 3 StR 54/01 a.E.).

b) Auch die strafschärfende Erwägung, der Angeklagte habe es in Kauf genommen , durch die Tat eine gröûere Anzahl von Menschen in Furcht und Schrecken zu versetzen, läût Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar ist bei der Begehung einer Straftat nach § 255 StGB die Angst des Tatopfers regelmäûig nur die Folge der für die Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben; sie stellt daher grundsätzlich keinen selbständigen Strafschärfungsgrund dar (§ 46 Abs. 3 StGB; vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 3; BGH StV 1996, 206; NStZ 1998, 404; offen gelassen in BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 5). Erkennbar wollte das Landgericht dem Angeklagten jedoch insoweit nur besonders anlasten, daû bei den Banküberfällen jeweils mehrere Menschen, darunter auch unbeteiligte Bankkunden, in Angst um ihr Leben versetzt worden sind. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. auch BGH NStZ 1998, 404, 405).
c) Der Strafausspruch läût auch im übrigen durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen. Soweit die Revision Vergleiche zur Bemessung der Höhe der gegen den früheren Mitangeklagten L. verhängten Strafen anstellt, verkennt sie, daû der Angeklagte bei den beiden Banküberfällen die weitaus aktivere Rolle wahrgenommen hat und auch der Anstoû zu deren Begehung jeweils von ihm ausgegangen ist.
Tepperwien Kuckein Athing
Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanoviæ ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Tepperwien Ernemann

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.