Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2018 - 3 StR 95/18

bei uns veröffentlicht am28.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 95/18
vom
28. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:280518B3STR95.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 28. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. Dezember 2017
a) im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat es abgesehen. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Bewertung des konkurrenzrechtlichen Verhältnisses der beiden Betäubungsmitteltaten zueinander hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen betrieb der Angeklagte in der von ihm bewohnten Hälfte eines Doppelhauses seit Herbst 2015 eine Cannabisplantage. Bei der Durchsuchung am 26. Juni 2017 wurden in einem Zimmer im Obergeschoss und in zwei Zimmern des Dachgeschosses im Frühjahr desselben Jahres gesetzte und noch nicht abgeerntete Pflanzen in verschiedenen Wachstumsstadien mit einem Gesamtgewicht von 4,6 Kilogramm und einem Wirkstoffgehalt vom 189 Gramm THC gefunden. In einem der Dachgeschosszimmer lag zudem griffbereit in einem offenen Regal hinter einem Vorhang ein "Kampf-Survival-Messer" mit einer Klingenlänge von zehn Zentimetern, das zum Einsatz gegen Menschen bestimmt war (Tat II. Fall 1 der Urteilsgründe). Außerdem wurden im Kühlschrank der Küche im ersten Obergeschoss eingeschweißt zwei Kilogramm gemahlenes Cannabispflanzenmaterial mit einem Wirkstoffgehalt von 146 Gramm THC und 40 Gramm getrocknete Marihuanablüten mit 3,3 Gramm THC sichergestellt, die als Reste aus einer früheren Ernte übriggeblieben waren (Tat II. Fall 2 der Urteilsgründe). Die aufgefundenen Rauschmittel waren - abgesehen von geringen Eigenkonsummengen - jeweils zum Verkauf bestimmt.
4
Das Landgericht, das einen Zusammenhang zwischen der vormaligen Ernte und dem Besitz des Messers nicht zu erkennen vermocht hat, hat lediglich die Tat II. Fall 1 der Urteilsgründe als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln , die Tat II. Fall 2 der Urteilsgründe dagegen als bloßes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet. Dabei hat es - ohne dies näher zu begründen - zwei im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehende Taten angenommen.
5
b) Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend von zwei Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus. Denn gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, sind grundsätzlich als für sich selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu bewerten (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 407/12, NStZ 2013, 546, 548 jew. mwN). Dass der Angeklagte die Handelsmengen aus beiden Anbauvorgängen gleichzeitig in Besitz hatte, begründet insbesondere keine Bewertungseinheit. Eine solche Bewertungseinheit, bei der eine Mehrzahl auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln gerichteter Tätigkeiten tatbestandlich zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 18 f. mwN [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 40), liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die verschiedenen Betätigungen , die jeweils von dem pauschalierenden, verschiedene Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst werden, sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN). Da das bei jedem Erntevorgang gewonnene Marihuana jeweils eine eigene Handelsmenge darstellt, scheidet eine Bewertungseinheit schon deshalb aus, weil die den Vertrieb fördernden Tätigkeiten hinsichtlich der Einzelmengen jeweils nicht denselben Güterumsatz betreffen. Auch der bloße gleichzeitige Besitz zweier Handelsmengen vermag mehrere selbständige Fälle des Handeltreibens nicht zu einer Bewertungseinheit im Sinne einer tatbestandlichen Handlungseinheit zu verbinden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 jew. mwN). Anders ist es nur dann, wenn die beiden Handelsmengen - sei es auch nur teilweise - zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt werden.
6
Doch hat das Landgericht bei der Annahme von Tatmehrheit nicht bedacht , dass mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus anderen Gründen zueinander in Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB stehen, wenn ihre tatbestandlichen Ausführungshandlungen sich - teilweise - überschneiden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 23 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, juris Rn. 5). Da das Vorhalten einer Handelsmenge zum Vertrieb als Teilakt des Handeltreibens anzusehen ist, vermag der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimmter Vorräte jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass - etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs (vgl. auch BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 8; Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, juris Rn. 29 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen]) - die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Verfügungsgewalt über die andere darstellt (BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 642/14, juris Rn. 7 mwN; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 628 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120).
7
Nach den Feststellungen besaß der Angeklagte die beiden zum Handel bestimmten Mengen nicht lediglich gleichzeitig. Vielmehr verfügte er über beide Betäubungsmittelmengen gemeinsam. Beide entstammten dem fortlaufenden Betrieb einer Marihuanaplantage und befanden sich in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang, da sich jedenfalls ein Anbauraum, in dem die weitere Ernte heranwuchs, auf dem gleichen Geschoss des Doppelhauses wie die Küche befand, in der die Reste aus der vorangegangenen Ernte gelagert wurden. Mithin hat der Angeklagte sich wegen - in einem Fall bewaffneten - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
8
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.
9
2. Die Schuldspruchänderung hat zur Folge, dass die festgesetzten Einzelstrafen in Höhe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren und sechs Monaten entfallen. Doch kann die Gesamtstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten als Einzelstrafe bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO analog), weil der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat durch die abweichende konkurrenzrechtliche Bewertung hier nicht berührt wird.
10
3. Dagegen kann die Nichtanordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift insoweit Folgendes ausgeführt: "Die gegebene Begründung (UA S. 26 - 28) ist hinsichtlich der Verneinung eines Hangs widersprüchlich [nachfolgend a)] und hinsichtlich der Ablehnung der Voraussetzungen des § 64 S. 2 StGB lückenhaft [nachfolgend b)].

a) Ein 'Hang' i. S. d. § 64 S. 1 StGB liegt nicht nur im Falle einer chronischen , auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit vor; vielmehr genügt bereits eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wobei noch keine physische Abhängigkeit bestehen muss (BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2016 - 3 StR 243/16).
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte - von einer zwischenzeitlichen Abstinenzphase abgesehen - seit seiner Jugend Cannabis zu sich nimmt, täglich je nach der Menge zusätzlich genossenen Alkohols zwischen 0,5 und 1,5 Gramm konsumiert (UA S. 4, 6) und diesen Eigenbedarf den Ernten seiner Cannabis-Indoorplantage entnimmt. Dennoch hat die Strafkammer einen Hang im vorbeschriebenen Sinne mangels Anzeichen für eine soziale Gefährdung und aufgrund der gezeigten Arbeits- und Leistungsfähigkeit - 'insbesondere' beim Betrieb der Plantage - verneint (UA S. 27). Andererseits hat das Landgericht jedoch im Anschluss an die Einschätzung der hinzugezogenen Sachverständigen zur Begründung des Fehlens einer Erfolgsaussicht i. S. d. § 64 S. 2 StGB ausgeführt, 'dass es aufgrund der festzustellenden verharmlosenden inneren Einstellung des Angeklagten zu Cannabis und des (wohl) über Jahrzehnte hinweg erfolgten Missbrauchs zu einer Verinnerlichung der Neigung zum Konsum gekommen ist' (UA S. 28). Das ist widersprüchlich. Denn der Sache nach ist die Strafkammer damit - im Ge-
gensatz zu den Ausführungen von UA S. 27 - doch von einem Hang im Sinne einer eingewurzelten, durch Übung erworbenen intensiven Neigung zum Rauschmittelkonsum ausgegangen.

b) Die Verneinung hinreichend konkreter Erfolgsaussicht i. S. d. § 64 S. 2 StGB ist nicht ausreichend dargelegt. Die vorzitierte Begründung [siehe vorstehend a)] belegt lediglich einen Hang i. S. d. § 64 S. 1 StGB, was gerade Voraussetzung für die Maßregelanordnung ist. Ausführungen dazu, ob der Angeklagte therapiebereit ist, fehlen. Auch die weitere Begründung, 'dass der Angeklagte den Umgang mit Cannabis zu seiner Profession erhoben hat' (UA S. 28), vermag ohne weitere Erläuterung mangelnde Erfolgsaussicht nicht zu begründen. Insbesondere lässt sich daraus allein nicht schließen, dass aufgrund einer verfestigten Einstellung des Angeklagten im Maßregelvollzug eine etwaig fehlende Therapiebereitschaft nicht geweckt werden kann (vgl. dazu BGH StraFo 2011, 323, 324)."
11
Dem schließt sich der Senat an. Über eine mögliche Anordnung der Maßregel wird deshalb neu zu verhandeln und zu entscheiden sein.
Becker Gericke Spaniol
Berg Hoch

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5
Zwar geht das Landgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass gesonderte Anbauvorgänge, die auf gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2005 - 3 StR 106/05, NStZ 2005, 650; Weber , BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 516; § 29 Rn. 109). Anderes gilt indes, soweit der Täter - wie hier hinsichtlich des Verkaufs an den Zeugen W. festgestellt - mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert. Dies führt jedenfalls zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die einzelnen Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2003 - 4 StR 130/03; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 521, 563). Sammelt der Täter darüber hinaus mehrere Ernten zu einem Gesamtvorrat an, bevor er mit dem Verkauf beginnt, so verbindet dies alle hierauf bezogenen Einzelakte des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit mit der Folge einer materiellrechtlich einheitlichen, auch die zu Grunde liegenden Anbauvorgänge umfassenden Tat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, NJW 2003, 300; Beschluss vom 25. Juni 1998 - 1 StR 68/98, NStZ-RR 1999, 250; Weber aaO vor §§ 29 ff. Rn. 514 f.).
18
Der Sache nach stellt auch die sog. Bewertungseinheit eine tatbestandliche Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne dar (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 39 ff. mwN [Unterfall der tatbestandlichen Handlungseinheit i.w.S:]; anders MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, § 52 Rn. 39 mwN [Rechtsfigur sui generis]). Haupt- anwendungsfall der Bewertungseinheit ist das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (LK/Rissing-van Saan aaO, Rn. 39).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 487/16
vom
24. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240117B3STR487.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18. Juli 2016 im Schuldspruch in den Fällen II. 3. und 4. dahin geändert, dass die Angeklagte jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle II. 1. und 2.), Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II. 3. und 4.) sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II. 5.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat hinsichtlich des Schuldspruchs in den Fällen II. 3.
und 4. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erwarb die Angeklagte in den zeitlich auseinanderfallenden Fällen II. 3. und 4. jeweils von unterschiedlichen Lieferanten zum einen Amphetamin, zum anderen Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Im Fall II. 3. bezog sie von dem einen Verkäufer 140 g Amphetamin, von dem anderen 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt: 7 g Base bzw. 7 g THC), im Fall II. 4. in gleicher Weise 100 g Amphetamin und 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt : 5 g Base bzw. 7 g THC). Die Angeklagte veräußerte die Drogen - durchweg in Teilmengen unterhalb der Grenze der nicht geringen Menge - an verschiedene Abnehmer, wobei sie in beiden Fällen im Rahmen einzelner Veräußerungsgeschäfte gleichzeitig Amphetamin und Marihuana an einen Abnehmer verkaufte.
3
2. Das Landgericht hat die Fälle II. 3. und 4. rechtlich jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bewertet, weil es von einer sich auf beide Rauschgiftarten erstreckenden Bewertungseinheit ausgegangen ist und daher die Wirkstoffgehalte von Amphetamin und Marihuana zusammengerechnet hat. Es ist daher in beiden Fällen von einer Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge ausgegangen (zur Berechnung der Grenzwertüberschreitung bei verschiedenen Arten von Betäubungsmitteln vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 StR 473/02, NStZ 2003, 434). Die Annahme der Bewertungseinheit begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5; Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 293). Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des Täters auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 - 3 StR 586/96, NStZ 1997, 344). Eine Bewertungseinheit kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470), aber auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2012 - 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121, 122; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 591). Demgegenüber kann allein der gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen aus verschiedenen Liefervorgängen eine Bewertungseinheit nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99, NStZ 2000, 431; Beschluss vom 23. Oktober 1996 - 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9).
5
Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe keine Bewertungseinheit vor, die den Handel mit beiden Rauschgiften erfasst: Die Drogen stammten nicht aus einem einheitlichen Erwerbsakt, sondern wurden unabhängig voneinander von verschiedenen Lieferanten bezogen ; auch hat das Landgericht nicht festgestellt, dass sie von der Angeklagten zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden. Sie hatte sie lediglich gleichzeitig in ihrem Besitz.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt auch die Tatsache, dass in beiden Fällen Teilmengen beider Rauschgifte in einheitlichen Verkaufsvorgängen an einen Abnehmer veräußert wurden, nicht zur Annahme einer sich jeweils auf die Gesamtmenge beider Rauschgifte erstreckenden Bewertungseinheit. Vielmehr liegt in einem solchen Fall, in dem Teilmengen aus zwei verschiedenen , zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworbenen Rauschgiftmengen gleichzeitig verkauft werden, aufgrund der teilweisen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlung Tateinheit im Sinne des § 52 StGB - hier zwischen der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Amphetamin und der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Marihuana - vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98, bei Winkler, NStZ 1999, 232, 233; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 642; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43).
7
Damit scheidet ein Zusammenrechnen der Wirkstoffgehalte beider Drogenarten , das allein zur Überschreitung der Grenze der nicht geringen Menge führen würde, und damit eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aus. Vielmehr hat sich die Angeklagte in den Fällen II. 3. und 4. jeweils des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
8
Eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Tatbestandsvariante des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch insoweit sind die von unterschiedlichen Lieferanten bezogenen und nicht zu einem einheitlichen Vorrat zusammengeführten Rauschgiftmengen nicht als einheitliche - den Grenzwert der nicht geringen Menge erst überschreitende - Gesamtmenge zu betrachten. Es liegt nicht ein Fall des Besitzes eben dieser Gesamtmenge vor; vielmehr handelt es sich zwar um eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB, jedoch in der Form von zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen des Besitzes der Teilmengen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO). Dieser Besitz (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) tritt wiederum hinter dem sich auf die jeweilige Teilmenge beziehenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) zurück (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1372 mwN).
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
10
3. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer, die für die Fälle II. 3. und 4. die gewerbsmäßige Begehung der Tat (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn sie diese nicht dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, sondern dem - identischen - Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG entnommen hätte.
11
4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch
7
Zwar hat der bloße gleichzeitige Besitz von Betäubungsmitteln nicht die Kraft, mehrere selbständige Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Tateinheit zu verklammern (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 261; Urteil vom 28. September 1994 - 3 StR 261/94, NStZ 1995, 37, 38; Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120). Gleichartige Tateinheit ist aber u.a. dann anzunehmen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung im Einzelfall über bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Besitzausübung über die andere darstellt, denn dies begründet Identität der jeweiligen Teilakte des Handeltreibens (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 599; zur Vermischung unterschiedlicher Mengen BGH, Urteil vom 8. April 1997 - 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 487/16
vom
24. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240117B3STR487.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18. Juli 2016 im Schuldspruch in den Fällen II. 3. und 4. dahin geändert, dass die Angeklagte jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle II. 1. und 2.), Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II. 3. und 4.) sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II. 5.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat hinsichtlich des Schuldspruchs in den Fällen II. 3.
und 4. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erwarb die Angeklagte in den zeitlich auseinanderfallenden Fällen II. 3. und 4. jeweils von unterschiedlichen Lieferanten zum einen Amphetamin, zum anderen Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Im Fall II. 3. bezog sie von dem einen Verkäufer 140 g Amphetamin, von dem anderen 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt: 7 g Base bzw. 7 g THC), im Fall II. 4. in gleicher Weise 100 g Amphetamin und 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt : 5 g Base bzw. 7 g THC). Die Angeklagte veräußerte die Drogen - durchweg in Teilmengen unterhalb der Grenze der nicht geringen Menge - an verschiedene Abnehmer, wobei sie in beiden Fällen im Rahmen einzelner Veräußerungsgeschäfte gleichzeitig Amphetamin und Marihuana an einen Abnehmer verkaufte.
3
2. Das Landgericht hat die Fälle II. 3. und 4. rechtlich jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bewertet, weil es von einer sich auf beide Rauschgiftarten erstreckenden Bewertungseinheit ausgegangen ist und daher die Wirkstoffgehalte von Amphetamin und Marihuana zusammengerechnet hat. Es ist daher in beiden Fällen von einer Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge ausgegangen (zur Berechnung der Grenzwertüberschreitung bei verschiedenen Arten von Betäubungsmitteln vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 StR 473/02, NStZ 2003, 434). Die Annahme der Bewertungseinheit begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5; Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 293). Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des Täters auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 - 3 StR 586/96, NStZ 1997, 344). Eine Bewertungseinheit kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470), aber auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2012 - 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121, 122; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 591). Demgegenüber kann allein der gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen aus verschiedenen Liefervorgängen eine Bewertungseinheit nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99, NStZ 2000, 431; Beschluss vom 23. Oktober 1996 - 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9).
5
Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe keine Bewertungseinheit vor, die den Handel mit beiden Rauschgiften erfasst: Die Drogen stammten nicht aus einem einheitlichen Erwerbsakt, sondern wurden unabhängig voneinander von verschiedenen Lieferanten bezogen ; auch hat das Landgericht nicht festgestellt, dass sie von der Angeklagten zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden. Sie hatte sie lediglich gleichzeitig in ihrem Besitz.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt auch die Tatsache, dass in beiden Fällen Teilmengen beider Rauschgifte in einheitlichen Verkaufsvorgängen an einen Abnehmer veräußert wurden, nicht zur Annahme einer sich jeweils auf die Gesamtmenge beider Rauschgifte erstreckenden Bewertungseinheit. Vielmehr liegt in einem solchen Fall, in dem Teilmengen aus zwei verschiedenen , zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworbenen Rauschgiftmengen gleichzeitig verkauft werden, aufgrund der teilweisen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlung Tateinheit im Sinne des § 52 StGB - hier zwischen der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Amphetamin und der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Marihuana - vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98, bei Winkler, NStZ 1999, 232, 233; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 642; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43).
7
Damit scheidet ein Zusammenrechnen der Wirkstoffgehalte beider Drogenarten , das allein zur Überschreitung der Grenze der nicht geringen Menge führen würde, und damit eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aus. Vielmehr hat sich die Angeklagte in den Fällen II. 3. und 4. jeweils des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
8
Eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Tatbestandsvariante des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch insoweit sind die von unterschiedlichen Lieferanten bezogenen und nicht zu einem einheitlichen Vorrat zusammengeführten Rauschgiftmengen nicht als einheitliche - den Grenzwert der nicht geringen Menge erst überschreitende - Gesamtmenge zu betrachten. Es liegt nicht ein Fall des Besitzes eben dieser Gesamtmenge vor; vielmehr handelt es sich zwar um eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB, jedoch in der Form von zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen des Besitzes der Teilmengen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO). Dieser Besitz (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) tritt wiederum hinter dem sich auf die jeweilige Teilmenge beziehenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) zurück (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1372 mwN).
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
10
3. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer, die für die Fälle II. 3. und 4. die gewerbsmäßige Begehung der Tat (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn sie diese nicht dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, sondern dem - identischen - Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG entnommen hätte.
11
4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 487/16
vom
24. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:240117B3STR487.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 18. Juli 2016 im Schuldspruch in den Fällen II. 3. und 4. dahin geändert, dass die Angeklagte jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle II. 1. und 2.), Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II. 3. und 4.) sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II. 5.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat hinsichtlich des Schuldspruchs in den Fällen II. 3.
und 4. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen erwarb die Angeklagte in den zeitlich auseinanderfallenden Fällen II. 3. und 4. jeweils von unterschiedlichen Lieferanten zum einen Amphetamin, zum anderen Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Im Fall II. 3. bezog sie von dem einen Verkäufer 140 g Amphetamin, von dem anderen 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt: 7 g Base bzw. 7 g THC), im Fall II. 4. in gleicher Weise 100 g Amphetamin und 150 g Marihuana (Wirkstoffgehalt : 5 g Base bzw. 7 g THC). Die Angeklagte veräußerte die Drogen - durchweg in Teilmengen unterhalb der Grenze der nicht geringen Menge - an verschiedene Abnehmer, wobei sie in beiden Fällen im Rahmen einzelner Veräußerungsgeschäfte gleichzeitig Amphetamin und Marihuana an einen Abnehmer verkaufte.
3
2. Das Landgericht hat die Fälle II. 3. und 4. rechtlich jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) bewertet, weil es von einer sich auf beide Rauschgiftarten erstreckenden Bewertungseinheit ausgegangen ist und daher die Wirkstoffgehalte von Amphetamin und Marihuana zusammengerechnet hat. Es ist daher in beiden Fällen von einer Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge ausgegangen (zur Berechnung der Grenzwertüberschreitung bei verschiedenen Arten von Betäubungsmitteln vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 StR 473/02, NStZ 2003, 434). Die Annahme der Bewertungseinheit begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5; Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 293). Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des Täters auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 - 3 StR 586/96, NStZ 1997, 344). Eine Bewertungseinheit kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470), aber auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2012 - 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121, 122; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 591). Demgegenüber kann allein der gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen aus verschiedenen Liefervorgängen eine Bewertungseinheit nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99, NStZ 2000, 431; Beschluss vom 23. Oktober 1996 - 5 StR 505/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9).
5
Gemessen an diesen Maßstäben liegt in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe keine Bewertungseinheit vor, die den Handel mit beiden Rauschgiften erfasst: Die Drogen stammten nicht aus einem einheitlichen Erwerbsakt, sondern wurden unabhängig voneinander von verschiedenen Lieferanten bezogen ; auch hat das Landgericht nicht festgestellt, dass sie von der Angeklagten zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden. Sie hatte sie lediglich gleichzeitig in ihrem Besitz.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt auch die Tatsache, dass in beiden Fällen Teilmengen beider Rauschgifte in einheitlichen Verkaufsvorgängen an einen Abnehmer veräußert wurden, nicht zur Annahme einer sich jeweils auf die Gesamtmenge beider Rauschgifte erstreckenden Bewertungseinheit. Vielmehr liegt in einem solchen Fall, in dem Teilmengen aus zwei verschiedenen , zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworbenen Rauschgiftmengen gleichzeitig verkauft werden, aufgrund der teilweisen Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlung Tateinheit im Sinne des § 52 StGB - hier zwischen der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Amphetamin und der Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Marihuana - vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1998 - 1 StR 80/98, bei Winkler, NStZ 1999, 232, 233; vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 11; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 642; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 43).
7
Damit scheidet ein Zusammenrechnen der Wirkstoffgehalte beider Drogenarten , das allein zur Überschreitung der Grenze der nicht geringen Menge führen würde, und damit eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aus. Vielmehr hat sich die Angeklagte in den Fällen II. 3. und 4. jeweils des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen strafbar gemacht.
8
Eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Tatbestandsvariante des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch insoweit sind die von unterschiedlichen Lieferanten bezogenen und nicht zu einem einheitlichen Vorrat zusammengeführten Rauschgiftmengen nicht als einheitliche - den Grenzwert der nicht geringen Menge erst überschreitende - Gesamtmenge zu betrachten. Es liegt nicht ein Fall des Besitzes eben dieser Gesamtmenge vor; vielmehr handelt es sich zwar um eine Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB, jedoch in der Form von zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen des Besitzes der Teilmengen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO). Dieser Besitz (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) tritt wiederum hinter dem sich auf die jeweilige Teilmenge beziehenden Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) zurück (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1372 mwN).
9
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil die geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
10
3. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer, die für die Fälle II. 3. und 4. die gewerbsmäßige Begehung der Tat (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn sie diese nicht dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG, sondern dem - identischen - Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG entnommen hätte.
11
4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch
18
Der Sache nach stellt auch die sog. Bewertungseinheit eine tatbestandliche Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne dar (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 39 ff. mwN [Unterfall der tatbestandlichen Handlungseinheit i.w.S:]; anders MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, § 52 Rn. 39 mwN [Rechtsfigur sui generis]). Haupt- anwendungsfall der Bewertungseinheit ist das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (LK/Rissing-van Saan aaO, Rn. 39).
7
Zwar hat der bloße gleichzeitige Besitz von Betäubungsmitteln nicht die Kraft, mehrere selbständige Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Tateinheit zu verklammern (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 261; Urteil vom 28. September 1994 - 3 StR 261/94, NStZ 1995, 37, 38; Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120). Gleichartige Tateinheit ist aber u.a. dann anzunehmen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung im Einzelfall über bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Besitzausübung über die andere darstellt, denn dies begründet Identität der jeweiligen Teilakte des Handeltreibens (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 599; zur Vermischung unterschiedlicher Mengen BGH, Urteil vom 8. April 1997 - 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227).
18
Der Sache nach stellt auch die sog. Bewertungseinheit eine tatbestandliche Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne dar (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 39 ff. mwN [Unterfall der tatbestandlichen Handlungseinheit i.w.S:]; anders MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, § 52 Rn. 39 mwN [Rechtsfigur sui generis]). Haupt- anwendungsfall der Bewertungseinheit ist das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (LK/Rissing-van Saan aaO, Rn. 39).
7
Zwar hat der bloße gleichzeitige Besitz von Betäubungsmitteln nicht die Kraft, mehrere selbständige Straftaten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Tateinheit zu verklammern (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 261; Urteil vom 28. September 1994 - 3 StR 261/94, NStZ 1995, 37, 38; Beschluss vom 13. Oktober 1998 - 4 StR 315/98, NStZ-RR 1999, 119, 120). Gleichartige Tateinheit ist aber u.a. dann anzunehmen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung im Einzelfall über bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Besitzausübung über die andere darstellt, denn dies begründet Identität der jeweiligen Teilakte des Handeltreibens (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 ff. Rn. 43; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 599; zur Vermischung unterschiedlicher Mengen BGH, Urteil vom 8. April 1997 - 1 StR 65/97, NStZ-RR 1997, 227).

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 243/16
vom
12. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:120716B3STR243.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 12. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 16. März 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen sowie wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2
Während Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweisen, kann das Urteil nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat. Es hat dies damit begründet, dass bei dem Angeklagten keine "Rauschmittelabhängigkeit im Sinne eines Hanges, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen", festgestellt werden könne und hierbei auf die im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellten Angaben des Sachverständigen Bezug genommen. Danach leide der Angeklagte nicht an einer Abhängigkeitserkrankung , die als krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB zu qualifizieren wäre.
3
Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer die Voraussetzungen eines Hanges gemäß § 64 Satz 1 StGB verkannt hat. Ein solcher liegt nicht nur im Falle einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit vor; vielmehr genügt bereits eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wobei noch keine physische Abhängigkeit bestehen muss (BGH, Beschlüsse vom 4. April 1995 - 4 StR 95/95, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; vom 13. Januar 2011 - 3 StR 429/10, juris Rn. 4). Ausreichend für die Annahme eines Hanges zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln ist, dass der Betroffene aufgrund seiner Konsumgewohnheiten sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Insoweit kann auch dem Umstand, dass durch den Rauschmittelgenuss bereits die Gesundheit , Arbeits- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sind, indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen; das Fehlen dieser Beeinträchtigungen schließt indes nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hanges aus (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - 3 StR 386/13, juris Rn. 10).
Diese Voraussetzungen liegen angesichts der Feststellungen nahe, wonach der Angeklagte im überwiegenden Tatzeitraum täglich 1 g Marihuana sowie alle zwei Tage zusätzlich 1 g Kokain konsumierte, die Taten durch seinen Betäubungsmittelkonsum mitmotiviert waren (UA S. 23) und er seit seiner Haftverschonung im Dezember 2015 eine ambulante Drogentherapie absolviert. Soweit der Angeklagte demgegenüber nach den Angaben des Sachverständigen seinen regelmäßigen Konsum ohne ausgeprägte Toleranzentwicklung kontrolliert und in der Untersuchungshaft keine schwerwiegenden Entzugssymptome entwickelt hatte, steht dies zwar der Diagnose eines Abhängigkeitssyndroms im Sinne von ICD 10, F 12.2 entgegen, schließt aber einen Hang im Sinne von § 64 Satz 1 StGB nicht aus.
4
Da das Vorliegen der übrigen Unterbringungsvoraussetzungen - auch im Hinblick auf die erforderliche Gefahrenprognose - nicht von vornherein ausscheidet , muss über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO, vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362).
5
Der Senat schließt aus, dass die rechtsfehlerhafte Unterlassung der Prüfung einer Unterbringung nach § 64 StGB Einfluss auf den Strafausspruch gehabt hat. Dieser kann daher bestehen bleiben.
Becker Mayer Gericke
Spaniol Tiemann

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.