Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2018 - 3 StR 559/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:060318B3STR559.17.0
bei uns veröffentlicht am06.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 559/17
vom
6. März 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:060318B3STR559.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 9. Februar 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) insgesamt, soweit es den Angeklagten S. betrifft;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, soweit es den Angeklagten W. betrifft. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten W. wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Brandstiftung und Sachbeschädigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren sowie wegen Nötigung unter Einbeziehung zweier Strafen aus vorangegangenen Aburteilungen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten W. hat es wegen Brandstiftung in zwei Fällen und wegen Sachbeschädigung unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und mehrere Verfahrensrügen gestützten Revisionen.
2
I. Die Revision des Angeklagten S.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten S. hat mit der Rüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Schöffe mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden ist (§ 338 Nr. 3, § 24 Abs. 2, § 31 Abs. 1 StPO). Auf die übrigen Verfahrensbeanstandungen sowie die Sachrüge kommt es deshalb nicht an.
4
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde :
5
Am ersten Hauptverhandlungstag ließ sich der Angeklagte zur Sache ein. Während der Verlesung seiner schriftlichen Erklärung fragte der Schöffe R. den Angeklagten, ob er tatsächlich den "Quatsch" glaube, den er "hier erzähle". Danach setzte der Angeklagte seine Einlassung bis zur Unterbrechung der Hauptverhandlung um 17.40 Uhr fort. Nachdem die Verfahrensbeteiligten die Frage, ob noch Erklärungen abzugeben seien, verneint hatten, schloss der Vorsitzende die Sitzung. Mit am selben Abend um 20.30 Uhr per Fax beim Landgericht eingegangenem Schreiben lehnte der Angeklagte wegen des beschriebenen Vorfalls den Schöffen R. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Dieser gab in der Folge eine dienstliche Erklärung ab, in der er sich für seine möglicherweise als beleidigend verstandene Bemerkung ent- schuldigte. Er stehe dem Angeklagten nach wie vor unvoreingenommen gegenüber. Dessen Auftreten vor Gericht habe er allerdings als provozierend empfunden. Auf eine Passage der Einlassung sei ihm schließlich die zitierte Frage "herausgerutscht". Er habe in diesem Augenblick einfach wissen wollen, ob der Angeklagte mit seinen Äußerungen ernst genommen werden wolle oder ob es sich dabei "für alle erkennbar um provozierenden Unsinn handele".
6
Die Strafkammer wies durch ihre richterlichen Mitglieder (§ 31 Abs. 2 Satz 2 StPO) das Ablehnungsgesuch zurück. Dieses sei schon gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO unzulässig, weil das Ablehnungsgesuch verspätet vorgebracht worden sei. Bereits nach der Äußerung des Schöffen wäre der Angeklagte gehalten gewesen, eine Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Prüfung eines derartigen Gesuchs zu beantragen. Spätestens aber auf die Frage des Vorsitzenden am Ende der Sitzung, ob noch Erklärungen abgegeben würden , hätte er entsprechend reagieren müssen. Darüber hinaus sei der Ablehnungsantrag in der Sache nicht begründet. Bei der zitierten Frage habe es sich der Sachlage nach um eine verständliche Unmutsäußerung des Schöffen gehandelt. Möglicherweise habe die Frage des Schöffen bei dem Angeklagten zwar ein Befremden ausgelöst. Doch habe der Schöffe in seiner dienstlichen Erklärung nachvollziehbar dargestellt, wie es zu der spontanen Äußerung gekommen sei. Zudem habe er sich entschuldigt und seine fortbestehende Objektivität versichert. Damit habe er mögliche Zweifel an seiner Unparteilichkeit wieder ausgeräumt.
7
2. Die in zulässiger Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobene Rüge ist begründet.
8
a) Das Ablehnungsgesuch war nicht nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO unzulässig.
9
Nach § 25 Abs. 2 Satz 1, § 31 Abs. 1 StPO ist die Ablehnung eines Schöffen nach der Vernehmung des ersten Angeklagten zur Person nur noch zulässig, wenn die Umstände, auf die die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekannt geworden sind und die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird. An die Auslegung des Begriffs "unverzüglich" ist im Interesse einer zügigen Durchführung des Verfahrens ein strenger Maßstab anzulegen. Die Ablehnung muss zwar nicht "sofort", aber "ohne schuldhaftes Zögern", d.h. ohne unnötige, nicht durch die Sachlage begründete Verzögerungen geltend gemacht werden. Durch die Sachlage begründet ist indes eine Verzögerung, die dadurch entsteht, dass der Antragsteller, nachdem er Kenntnis vom Ablehnungsgrund erlangt hat, eine gewisse Zeit zum Überlegen und zum Abfassen des Gesuchs benötigt. Welche Zeitspanne dafür zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH, Beschlüsse vom 27. August 2008 - 2 StR 261/08, NStZ 2009, 223, 224; vom 8. Juni 2016 - 5 StR 48/16, juris Rn. 8).
10
Danach war das Ablehnungsgesuch vorliegend unverzüglich angebracht. Es war dem Angeklagten unbenommen, nach dem "spontanen" Einwurf des Schöffen zunächst seine Einlassung zu Ende zu führen. Auch auf die vor Unterbrechung der Hauptverhandlung gestellte Frage des Vorsitzenden, ob noch Erklärungen abgegeben werden sollen, musste der Angeklagte nicht sofort reagieren. Vielmehr war ihm insoweit eine Überlegungsfrist einschließlich einer Beratung mit seinem Verteidiger zuzubilligen, der seinerseits eine gewisse Zeit zur Abfassung des Antrags und dessen Versendung an das Gericht benötigte. Nachdem die Sitzung gegen 17.40 Uhr geschlossen worden war, wurde das Ablehnungsgesuch, das nicht einmal drei Stunden später per Fax beim Landgericht einging, rechtzeitig angebracht.
11
b) Das Ablehnungsgesuch ist zu Unrecht verworfen worden. Das in dem Antrag dargelegte Misstrauen in die Unparteilichkeit des Schöffen war gerechtfertigt.
12
Die Ablehnung eines Richters ist nach § 24 Abs. 2 StPO, der nach § 31 Abs. 1 StPO auch für einen Schöffen gilt, gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann. Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger bzw. verständiger Angeklagter (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 21; Beschlüsse vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/13, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 23; vom 12. Januar 2016 - 3 StR 482/15, NStZ 2016, 218, 219).
13
Danach sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Schöffen erfüllt. Der Schöffe hat mit seiner Bemerkung deutlich gemacht, dass er der Einlassung des Angeklagten nicht nur nicht folgen werde, sondern sie für vollkommen unsinnig halte ("Quatsch"). Zwar mag es unter Umständen aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten hinnehmbar sein, wenn ein Richter ihm in nachdrücklicher Form Vorhalte macht, sich in nach Sachlage noch verständlichen Unmutsäußerungen ergeht ("Unmutsaufwallungen") oder auf das nach dem gegebenen Sachstand zu erwartende Verfahrensergebnis hinweist (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2004 - 1 StR 574/03, NStZ-RR 2004, 208, 209). Indes sind solchen Unmutsäußerungen von Mitgliedern des erkennenden Gerichts als Reaktion auf das Verhalten anderer Verfahrensbeteiligter Grenzen gesetzt,die - je nach den Umständen des Einzelfalls - dann überschritten sind, wenn sie in der Form überzogen sind oder in der Sache auch bei einem vernünftigen Angeklagten die Befürchtung von Voreingenommenheit aufkommen lassen können (st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 4 StR 404/11, NStZ 2012, 570 f. mwN). Danach kann von einer bloßen "Unmutsaufwallung" nicht mehr die Rede sein, wenn ein Schöffe wie hier in grob unsachlicher Weise die Einlassung des Angeklagten als unsinnig bewertet. Dass es dem Schöffen auch nicht etwa darum ging, den Angeklagten auf gewisse Bedenken gegen die Einlassung hinzuweisen, um diesem die Chance zu eröffnen, diese auszuräumen , zeigt dabei nicht nur die Wortwahl, sondern auch der Umstand, dass er das Ende der Einlassung nicht einmal abgewartet hat. Auch aus der Sicht eines verständigen Angeklagten musste damit der Eindruck entstehen, dass der Schöffe seine Angaben nicht unparteiisch prüfen werde.
14
Die dienstliche Äußerung des abgelehnten Schöffen war nicht geeignet, das durch seine Bemerkung bedingte berechtigte Misstrauen des Beschwerdeführers in dessen Unparteilichkeit auszuräumen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160; vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701; vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72). Diese war vielmehr geeignet, die Berechtigung des durch den Einwurf des Schöffen genährten Misstrauens des Ablehnenden zu vertiefen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 3 StR 208/12, wistra 2013, 155, 156). Indem der Schöffe seine spontane Frage dahingehend zu erklären versuchte, dass er lediglich habe wissen wollen, ob der Angeklagte mit seinen Äußerungen ernst genommen werden wolle oder ob es sich dabei für alle erkennbar um provozierenden Unsinn handele, machte er deutlich, auch aus einer gewissen Distanz heraus die Einlassung des Angeklagten weiterhin als entweder nicht ernst gemeint oder als "Unsinn" zu bewerten. Seine nicht mehr unter dem unmittelbaren Eindruck der Hauptverhandlung abgegebene Stellungnahme verdeutlicht somit, dass es sich bei seiner Frage gerade nicht um eine durch das Prozessgeschehen provozierte bloße "Unmutsaufwallung" handelte. Darauf, ob der Schöffe selbst sich als "weiterhin unvoreingenommen" ansieht, kommt es dabei nicht an.
15
Das Urteil war somit auf die Verfahrensrüge des Angeklagten S. hin, soweit es ihn betrifft, aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
16
3. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht es vorliegend versäumt hat, hinsichtlich der einbezogenen Strafen das Datum einer etwaigen Rechtskraft der Vorverurteilungen sowie den Vollstreckungsstand bezüglich der darin verhängten Strafen zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung festzustellen. Deshalb hätte der Senat nicht zu überprüfen vermocht, ob das Landgericht die beiden von ihm ausgesprochenen Gesamtstrafen gegen den Angeklagten rechtlich zutreffend gebildet hat. Dies wird die nunmehr zuständige Strafkammer bei einer gegebenenfalls neu auszusprechenden Gesamtstrafe zu beachten haben. Dabei werden etwaige neue Gesamtstrafenbildungen nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt des ersten tatrichterlichen Urteils vorzunehmen sein (BGH, Beschluss vom 2. März 2010 - 3 StR 496/09, NStZ-RR 2010, 202, 203 mwN).
17
II. Die Revision des Angeklagten W.
18
Die Revision des Angeklagten W. hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat.
19
Der Gesamtstrafenausspruch hat keinen Bestand. Das Landgericht hat in die vorliegend verhängte Gesamtstrafe die Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 3. November 2015 einbezogen. Die dieser Verurteilung zugrundeliegende Tat wurde jedoch bereits am 23. Dezember 2013 und damit vor einem Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 15. April 2014 begangen, so dass dieses Zäsurwirkung entfalten könnte. Da das Landgericht zum Vollstreckungsstand hinsichtlich der Strafe aus dem Urteil vom 15. April 2014 - wie auch zu allen späteren Vorverurteilungen zu Geldstrafen - keine Feststellungen getroffen hat, ist dem Senat eine dahingehende Prüfung verwehrt. Der Gesamtstrafenausspruch unterliegt deshalb der Aufhebung. Über ihn muss insgesamt neu verhandelt und entschieden werden.
20
Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
21
Sollte wegen einer möglichen Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Nauen vom 15. April 2014 oder einer der späteren Verurteilungen des Angeklagten eine Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 3. November 2015 nicht in Betracht kommen, so wird über einemögliche Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rathenow vom 19. April 2016 zu entscheiden sein.
Becker Gericke Spaniol
Berg Leplow

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für Schöffen sowie für Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und andere als Protokollführer zugezogene Personen entsprechend.

(2) Die Entscheidung trifft der Vorsitzende. Bei der großen Strafkammer und beim Schwurgericht entscheiden die richterlichen Mitglieder. Ist der Protokollführer einem Richter beigegeben, so entscheidet dieser über die Ablehnung oder Ausschließung.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für Schöffen sowie für Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und andere als Protokollführer zugezogene Personen entsprechend.

(2) Die Entscheidung trifft der Vorsitzende. Bei der großen Strafkammer und beim Schwurgericht entscheiden die richterlichen Mitglieder. Ist der Protokollführer einem Richter beigegeben, so entscheidet dieser über die Ablehnung oder Ausschließung.

8
a) Allerdings ist das Befangenheitsgesuch auch eingedenk des insoweit geltenden strengen Maßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2015 – 5StR 303/15 Rn. 3; Beschlüsse vom 25. April 2006 – 3 StR 429/05, BGHR StPO § 25 Abs. 2 unverzüglich 5; vom 6. Mai 2014 – 5 StR 99/14, BGHR StPO § 25 Abs. 2 unverzüglich 6, jeweils mwN) rechtzeitig angebracht worden. Der Antrag wurde während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung zwischen den Verhandlungstagen vom 27. April und 13. Mai 2015 drei Tage nach Kenntniserlangung von dem geltend gemachten zentralen Befangenheitsgrund am 27. April 2015 gestellt. Im Blick auf die dem inhaftierten Angeklagten zuzubilligende Überlegungsfrist einschließlich einer Beratung mit seinen Verteidigerinnen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 25 Rn. 8 mwN), die unwidersprochen erst am 29. April 2015 stattfinden konnte, ist dem in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO normierten Unverzüglichkeitsgebot vorliegend entsprochen.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für Schöffen sowie für Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und andere als Protokollführer zugezogene Personen entsprechend.

(2) Die Entscheidung trifft der Vorsitzende. Bei der großen Strafkammer und beim Schwurgericht entscheiden die richterlichen Mitglieder. Ist der Protokollführer einem Richter beigegeben, so entscheidet dieser über die Ablehnung oder Ausschließung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 275/09
vom
12. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. November
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. Februar 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Schuldspruch dahin geändert wird, dass der Angeklagte der Geldfälschung in vier Fällen, der Beihilfe zur Geldfälschung in zwei Fällen und der Urkundenfälschung in zehn Fällen schuldig ist.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in vier Fällen , Beihilfe zur Geldfälschung in drei Fällen und wegen Urkundenfälschung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


3
Die Rüge, bei dem Urteil hätten Richter und Schöffen mitgewirkt, nachdem sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt waren und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden war, hat keinen Erfolg.
4
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
5
Im Hauptverhandlungstermin am 17. Oktober 2008 wurde der Zeuge C. vom Vorsitzenden über sein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO belehrt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde der Zeuge vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass er für den Fall, dass er beabsichtige, als Angeklagter im eigenen Verfahren Angaben zur Sache machen zu wollen, damit rechnen müsse, dass es bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Angaben deshalb zu Problemen kommen könne, weil er vorher, als Zeuge unter Wahrheitspflicht stehend , keine Angaben gemacht habe.
6
Der Verteidiger des Angeklagten und die Verteidiger der Mitangeklagten beanstandeten diese Belehrung. Diese Beanstandung wies die Strafkammer "als unzulässig" zurück, weil die Belehrung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Der Angeklagte lehnte daraufhin den Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder der Strafkammer, diese wegen der Zurückweisung der Beanstandung der Belehrung, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Aus der Belehrung werde deutlich, dass der Vorsitzende den Zeugen trotz vorher eindeutig erklärter Auskunftsverweigerung zu einer den Angeklagten belastenden Aussage habe bewegen wollen. Zudem hätte der Vorsitzende dem Zeugen, der sein Auskunfts- verweigerungsrecht auf Rat seines Verteidigers ausgeübt habe, bei Hinwirkung auf eine Aussage die Möglichkeit geben müssen, seinen Verteidiger als Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Dass er dies unterlassen habe, begründe ebenfalls Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit.
7
Die Ablehnungsgesuche des Angeklagten gegen den Vorsitzenden, den Beisitzer und die Schöffen wies die Strafkammer ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter nach Einholung dienstlicher Äußerungen des Vorsitzenden, des Beisitzers und der Schöffen als unbegründet zurück. Die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden rechtfertige nicht ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters, ohne dass es darauf ankäme, inwieweit tatsächlich die Berufung auf ein Auskunftsverweigerungsrecht durch einen Zeugen Bedeutung in einem späteren, gegen den Zeugen geführten Strafprozess haben könne. Vorliegend sei aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Zeuge, worauf sowohl der Vorsitzende als auch der Beisitzer in ihren jeweiligen dienstlichen Äußerungen unwidersprochen hingewiesen hätten, im vorangegangenen Ermittlungsverfahren noch nicht ausgesagt habe. Es könne dahinstehen, ob die Auffassung des Angeklagten und des Mitangeklagten M. zutreffe, der Hinweis habe jedenfalls nicht erfolgen dürfen , ohne dass der Zeuge sich mit seinem Anwalt, der ihm zur Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts geraten hatte, habe abstimmen können. Hierdurch werde der Rechtskreis des Angeklagten nicht berührt, sondern allenfalls derjenige des Zeugen. Auch gegen den Beisitzer und die Schöffen sei die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet, weil der die Beanstandung der Zeugenbelehrung zurückweisende Kammerbeschluss zu Recht ergangen sei.
8
2. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Rüge, weil die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden lediglich inhaltlich verkürzt, nicht aber in ihrem protokollierten Wortlaut mitgeteilt wird. Die Zulässigkeit kann hier jedoch dahinstehen, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.
9
Die gegen die Mitglieder der Strafkammer gerichteten Ablehnungsgesuche sind nicht mit Unrecht verworfen worden:
10
a) Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt , wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 24 Rdn. 6, 8 m.w.N.).
11
Entgegen der Auffassung der Revision kann sich ein solches Misstrauen in die Unvoreingenommenheit eines Vorsitzenden grundsätzlich nicht daraus ergeben, dass er einen Zeugen, der berechtigt von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ergänzend belehrt. Zwar kann ein Zeuge, dem ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zusteht, nach seinem eigenen freien Ermessen darüber entscheiden, ob er hiervon Gebrauch machen will. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Richter einen Zeugen im Rahmen der gemäß § 55 Abs. 2 StPO gebotenen Belehrung über Umstände unterrichtet , die für die vom Zeugen zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein können (vgl. BGHSt 21, 12, 13 zu § 52 StPO; BGH, Urteil vom 30. Juni 1988 - 1 StR 150/88, BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Belehrung 2).
12
Allerdings war die Belehrung des Zeugen, er könne im Falle der Auskunftsverweigerung in dem gegen ihn gerichteten Verfahren Probleme bekommen , unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es unzulässig, Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten daraus zu ziehen, dass dieser sich als Zeuge in einem anderen, den gleichen Tatkomplex betreffenden Strafverfahren auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat, wenn er sich – wie hier - bis zur Verweigerung der Auskunft nicht zur Sache geäußert hatte (BGHSt 38, 302, 305). Dass ein Richter eine unzutreffende Rechtsmeinung geäußert hat, rechtfertigt jedoch in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Zwar gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn die vom Richter geäußerte Rechtsauffassung abwegig ist oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (vgl. BGHSt 48, 4, 8; Meyer-Goßner aaO § 24 Rn. 8 m.w.N.). Hierfür bestehen aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Dass der Vorsitzende den Zeugen durch seine Belehrung gezielt zu einer für den Angeklagten nachteiligen Aussage drängen wollte, musste für einen verständigen Angeklagten schon deshalb fern liegen, weil der Zeuge im Ermittlungsverfahren nicht ausgesagt und den Angeklagten somit gerade nicht belastet hatte. Welchen Inhalt seine Aussage haben würde, war daher noch offen. Besonderheiten, wie sie in der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift angeführten Entscheidung BGHSt 1, 34 im Fall einer nach § 52 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Ehefrau gegeben waren, liegen hier nicht vor.
13
b) Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden kann sich auch nicht daraus ergeben, dass er dem Zeugen nicht die Hinzuziehung seines Verteidigers als Zeugenbeistand ermöglicht hat, die der Zeuge im Übrigen auch nicht verlangt hatte. Wie das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO dient auch das Recht eines Zeugen, in einem solchen Fall einen Beistand hinzuzuziehen , allein dem Schutz des Zeugen, nicht aber auch dem des Angeklagten (vgl. BGHSt 11, 213, 216/217 [GSSt]; Meyer-Goßner aaO § 55 Rn. 1 m.w.N.).

II.


14
1. Der Senat hat das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag des Generalbundesanwalts durch Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1 d der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Geldfälschung verurteilt worden ist. Dies führt zur entsprechenden Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten.
15
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
16
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Annahme von Urkundenfälschung in der Form des mittäterschaftlich und gewerbsmäßig begangenen Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 und 3 Nr. 1 StGB) durch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hinreichend belegt. Dass der Angeklagte nicht eigenhändig bei der Herstellung der unechten Urkunden mitgewirkt hat, steht seiner mittäterschaftlichen Beteiligung nicht von vornherein entgegen. Die Tatbestandsvariante des Herstellens einer unechten Urkunde ist kein eigenhändiges Delikt. Demgemäß kommt auch eine Beteiligung des Auftraggebers als Mittäter an der Herstellung der unechten Urkunden durch einen Anderen in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 1988 - 3 StR 481/88, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 1; MünchKommStGB/Erb § 267 Rn. 213; Cramer/Heine in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 267 Rn. 97). Soweit die Revision darauf verweist, dass dem Angeklagten nach den Feststellungen nicht bekannt war, wer die bei Salvatore M. bestellten Falsifikate anfertigen würde, steht dies der Annahme der Mittäterschaft nicht entgegen. Vielmehr können mehrere eine Tat auch dann gemeinschaftlich begehen , wenn sie einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. RGSt 58, 279; Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 25 Rn. 71 und § 267 Rn. 97; Schünemann in LK 12. Aufl. § 25 Rn. 173). Das Landgericht hat die Beteiligung des Angeklagten an der Herstellung der unechten Urkunden durch "die Fälscher in Italien" als Mittäterschaft gewertet, weil er mit der Weiterleitung der Personalien und der Passfotos einen unentbehrlichen Tatbeitrag zur Anfertigung der Falsifikate geleistet und wegen des erhofften finanziellen Vorteils aus der Veräußerung der Falsifikate ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung gehabt habe. Ob der Senat der engen Auffassung, dass diese Kriterien allein für die Annahme mittäterschaftlichen Herstellens einer unechten Urkunde nicht ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08 Rn. 9), in dieser Allgemeinheit folgen würde, muss hier nicht entschieden werden; denn im vorliegenden Fall war das Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten, dem Vermittler und dem Fälscher von vornherein auf eine dauerhafte arbeitsteilige Zusammenarbeit im Hinblick auf bereits verfügbares Fälschungsmaterial gerichtet. Unter diesen Voraussetzungen hält sich die Wertung des Landgerichts innerhalb des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums (vgl. BGHSt 47, 384, 385).
17
b) Die Gesamtfreiheitsstrafe kann trotz des Wegfalls der im Fall II. 1 d der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe bestehen bleiben. Angesichts der verbleibenden 16 Einzelfreiheitsstrafen (Einsatzstrafe: zwei Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe) und des bei der Bildung der Gesamtstrafe vorgenommenen straffen Zusammenzuges schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die in dem eingestellten Fall verhängte Einzelstrafe zu einer noch niedrigeren Gesamtstrafe gelangt wäre. Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Mutzbauer

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 482/15
vom
12. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:120116B3STR482.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 12. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 22. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts Stralsund zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte die Angeklagten unter anderem des erpresserischen Menschenraubs schuldig gesprochen und den Angeklagten B. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren sowie den Angeklagten Y. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Auf die Revisionen der Angeklagten hatte der Senat das erstinstanzliche Urteil wegen eines Rechtsfehlers bei der Beweiswürdigung mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Diese hat nunmehr gegen die Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung sowie wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberau- bung jeweils auf dieselben Gesamtfreiheitsstrafen wie zuvor erkannt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Mit ihren Revisionen beanstanden die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Rüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden ist, § 338 Nr. 3, § 24 StPO. Auf die übrigen Verfahrensbeanstandungen sowie die Sachrüge kommt es deshalb nicht an.
2
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde :
3
Der Verteidiger des Angeklagten Y. nahm am Abend des 22. Januar 2015 erstmals von dem Facebook-Account des Vorsitzenden der Strafkammer Kenntnis. Im öffentlich zugänglichen Bereich war auf der Profilseite ein Lichtbild des Vorsitzenden zu sehen, auf dem dieser mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt und ein T-Shirt trägt, das mit der Aufschrift: "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA" bedruckt ist. Auf derselben Seite war vermerkt: "2. Große Strafkammer bei Landgericht Rostock". In der Zeile darunter hieß es: "1996 bis heute". Im Kommentarbereich befand sich ein Eintrag des Vorsitzenden , der wie folgt lautete: "Das ist mein 'Wenn du raus kommst, bin ich in Rente'-Blick". Dieser Eintrag wurde von einem Benutzer mit den Worten: "…sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer!:-))" kommentiert, was wiederum von zwei Personen, darunter der Vorsitzende, "geliked" wurde. Zu Beginn des nächsten Hauptverhandlungstages lehnte der Angeklagte Y. daraufhin den Vorsitzenden wegen des Inhalts der Facebook-Seite und weiterer Umstände wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Der Angeklagte B. schloss sich diesem Gesuch an. In der Folgezeit äußerte sich der Vorsitzende dienstlich zu dem den Facebook-Account betreffenden Inhalt des Ablehnungsgesu- ches wie folgt: "Zum weiteren Vorbringen im Ablehnungsgesuch gebe ich keine Stellungnahme ab. Ich werde mich nicht zu meinen privaten Lebensverhältnissen äußern." Am 28. Januar 2015 wies die Strafkammer die Ablehnungsgesuche der Angeklagten als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Internetauftritt des Vorsitzenden betreffe ausschließlich dessen persönlichen Lebensbereich und sei offensichtlich humoristisch geprägt.
4
2. Die in zulässiger Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobene Rüge ist begründet.
5
Die Ablehnung eines Richters ist nach § 24 Abs. 2 StPO gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann. Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger bzw. verständiger Angeklagter (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/13, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 23; Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 21).
6
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite dokumentiert eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, dieser beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, sondern habe Spaß an der Verhängung hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig. Die beschriebene Facebook-Seite enthält auch einen eindeutigen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Vorsitzenden und betrifft deshalb nicht lediglich dessen persönliche Verhältnisse. Unter diesen Umständen war ein noch engerer Zusammenhang mit dem kon- kreten, die Angeklagten betreffenden Strafverfahren nicht erforderlich, um bei ihnen die berechtigte Befürchtung zu begründen, dem Vorsitzenden mangele es an der gebotenen Neutralität. Das in dem Ablehnungsgesuch dargelegte Misstrauen in die Unparteilichkeit des Vorsitzenden ist deshalb gerechtfertigt. Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvoreingenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.
7
3. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hat von der in § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen.
8
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht gegebenenfalls bei der Bestimmung der Rechtsfolgen auch den weiteren Zeitablauf in den Blick zu nehmen haben wird.
Becker Schäfer Gericke Spaniol Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 404/11
vom
21. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. Dezember 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11. März 2011 mit den Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 2, 3, 4, 6, 7, 8 und 9 der Urteilsgründe,
b) in den Fällen 1 und 5 der Urteilsgründe im Strafausspruch ,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses in drei Fällen sowie wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Ferner hat es angeordnet, dass der Angeklagte für die Dauer von fünf Jahren keine Berufstätigkeiten im Bereich der praktischen ambulanten Pflegedienste für weibliche Patienten ausüben darf.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge überwiegend Erfolg.
3
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
4
Der Angeklagte arbeitete seit Juni 2007 als examinierter Altenpfleger im ambulanten Pflegedienst. Im Rahmen dieser Tätigkeit lernte er die damals 28 Jahre alte K. kennen, die seit ihrer Geburt wegen eines frühkindlichen Hirnschadens an starken Spastiken litt, nahezu vollständig auf einen Elektrorollstuhl angewiesen war und lediglich noch ihren linken Arm frei sowie zwei Finger ihrer rechten Hand eingeschränkt bewegen konnte. Daher benötigte sie bei nahezu allen Verrichtungen des täglichen Lebens umfassende Unterstützung , ebenso bei der regelmäßig erforderlichen Einnahme von Medikamenten. Verschiedene bei dem ambulanten Pflegedienst angestellte Pflegekräfte, darunter auch der Angeklagte, erschienen täglich bis zu fünfmal für auf jeweils 30 bis 45 Minuten angesetzte Pflegeeinsätze; zusätzlich war für die Geschädigte eine über eine Notruftaste erreichbare Rufbereitschaft installiert. Im Tatzeitraum von Dezember 2008 bis zum 19. Oktober 2009 absolvierte der Angeklagte insgesamt mindestens 36 Einsätze im Rahmen der ambulanten Pflege und Betreuung der Geschädigten, wobei er an mindestens 34 Tagen zum Nachmittagsdienst eingeteilt war.
5
Die folgenden Handlungen sind Gegenstand der Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht:
6
(Fall II. 1) An einem nicht mehr näher bestimmbaren Tag im Dezember 2008 griff der Angeklagte mit einer Hand in die Hose der Geschädigten und rieb mit seinen Fingern oberhalb der Unterhose am Bereich der Schamlippen und der Klitoris; ferner berührte er sie unterhalb ihrer Oberbekleidung an ihrem Bauch und oberhalb ihres BH an den Brüsten. Zur Verhinderung eines Widerstandes hatte der Angeklagte die einzig frei bewegliche linke Hand der Zeugin ergriffen und zu seinem Oberkörper gezogen, wodurch zusätzlich eine Spastik ausgelöst wurde.
7
(Fälle II. 2 bis II. 4) In zumindest drei weiteren Fällen kam es zu sexuellen Übergriffen, bei denen der Angeklagte der Geschädigten mit seiner Hand in die Hose griff und sie am Scheidenbereich berührte, wobei er ihr in zumindest einem dieser Fälle auch in die Unterhose fasste und mit seinen Fingern an ihren Schamlippen rieb. Bei einer der Taten drückte der körperlich überlegene Angeklagte seine Hand gegen ihren Widerstand in den Scheidenbereich zurück , nachdem die Geschädigte versucht hatte, seine Finger mit ihrer linken Hand aus ihrer Hose zu ziehen.
8
(Fall II. 5) In einem weiteren Fall hob der Angeklagte die Geschädigte aus ihrem Rollstuhl und ließ sie nach hinten auf ihr Bett im Schlafzimmer fallen. Sodann drehte er sie so zur Seite, dass sie vollständig und rücklings im Bett lag. Anschließend zog er ihr Hose und Unterhose herunter, obwohl sie versuch- te, sich zu „sperren“, entkleidete danach auch seinen eigenen Unterkörper voll- ständig, legte sich auf die Geschädigte, drückte ihre Beine auseinander und versuchte, mit seinem Glied in ihre Scheide einzudringen, wobei er ihre linke Hand, mit der sie ihn wegdrücken wollte, festhielt und zur Seite schob und diesen tätlichen Widerstand der Geschädigten mit der Bemerkung quittierte: „Komm schon“ und „ich will doch nur anklopfen“.
9
(Fall II. 6) Während eines Pflegetermins im Januar oder Februar 2009 legte der Angeklagte die Geschädigte erneut auf das Bett und entkleidete ihren und sodann seinen eigenen Unterkörper. Daraufhin legte er sich auf die auf dem Rücken liegende Geschädigte und führte mit ihr den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr durch. Erst als der Angeklagte bemerkte, dass die Geschädigte auf Grund und während des Geschlechtsverkehrs im Scheidenbereich zu bluten begann, ließ er von ihr ab.
10
(Fälle II. 7 bis II. 8) Ferner kam es zu zwei weiteren gleichgelagerten Taten , bei denen der Angeklagte jeweils den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss vollzog. Bei einer dieser Taten stieß der Angeklagte die linke Hand der Geschädigten weg, die diese ihm zur Verhinderung der Tat gegen den Bauch gestemmt hatte.
11
(Fall II. 9) In einem weiteren Fall beugte sich der Angeklagte zu der im Rollstuhl sitzenden Geschädigten hinunter und stützte sich mit seinen Händen auf ihren Armlehnen ab. Daraufhin ergriff er ihre linke Hand und führte diese an seine geöffnete Hose, schob sie in seine Unterhose und veranlasste sie durch Hin- und Her-Bewegen ihrer Hand dazu, an seinem Glied bis zum Samenerguss zu manipulieren.
12
Aus Angst vor einer Verschlechterung ihrer Pflegesituation, einer Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung und davor, dass man ihr nicht glauben werde, erstattete die Geschädigte erst zu Beginn des Jahres 2010 Strafanzeige gegen den Angeklagten.
13
2. Das Landgericht hat in allen Fällen angenommen, dass sich die Geschädigte bei Vornahme der Handlungen des Angeklagten in einer schutzlosen Lage befand. Es hat den Angeklagten deshalb auch tateinheitlich wegen sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB verurteilt.

I.

14
1. Die tateinheitliche Verurteilung wegen sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung wegen Ausnutzung einer schutzlosen Lage im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
15
a) Nach der – entgegen der Auffassung des Landgerichts auch vom 1. Strafsenat mit Beschluss vom 12. Januar 2011 (1 StR 580/10, NStZ 2011, 455 f.) nicht in Frage gestellten – neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die Verwirklichung des Tatbestandes des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB unter anderem, dass sich das Opfer in einer Lage befindet, in der es möglichen nötigenden Gewalteinwirkungen des Täters schutzlos ausgeliefert ist. Diese Schutzlosigkeit muss eine Zwangswirkung auf das Opfer in der Weise entfalten, dass es aus Angst vor einer Gewalteinwirkung des Täters in Gestalt von Körperverletzungs- oder gar Tötungshandlungen einen – ihm grundsätzlich möglichen – Widerstand unterlässt und entgegen seinem eigenen Willen sexuelle Handlungen vornimmt oder duldet (vgl. dazu BGH, Urteile vom 27. März 2003 – 3 StR 446/02, NStZ 2003, 533, 534; vom 25. Januar 2006 – 2 StR 345/05, BGHSt 50, 359, 366; Beschlüsse vom 4. April 2007 – 4 StR 345/06, BGHSt 51, 280, 284; vom 11. Juni 2008 – 5 StR 193/08, NStZ 2009, 263; vom 10. Mai 2011 – 3 StR 78/11, NStZ-RR 2011, 311, 312; vom 20. Oktober 2011 – 4StR 396/11, jew. m.w.N.; anders noch BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – 2 StR 248/99, BGHSt 45, 253, 255 ff.).
16
b) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann die Verurteilung des Angeklagten wegen sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung in der Tatvariante des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB keinen Bestand haben. Denn das Landgericht hat nicht festgestellt, dass die Geschädigte die sexuellen Handlungen des Angeklagten aus Angst vor Körperverletzungs- oder gar Tötungshandlungen hingenommen hat. Die vom Landgericht festgestellte Befürchtung der Geschädigten, sie müsse im Fall einer Strafanzeige mit einer einschneidenden Verschlechterung ihrer ambulanten Pflege und Versorgung rechnen oder gar eine von ihr nicht gewünschte Verlegung in eine stationäre Pflegeeinrichtung gewärtigen, vermag die Verurteilung nach § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht zu tragen.
17
c) Eine Berichtigung des Schuldspruchs ist dem Senat lediglich in den Fällen II. 1 und II. 5 der Urteilsgründe möglich. In diesen Fällen hat es bei der Verurteilung wegen sexueller Nötigung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses sein Bewenden; die Verurteilung auch wegen Verwirklichung der Tatvariante des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB entfällt. Über die Festsetzung der Einzelstrafen hat der Tatrichter neu zu befinden.
18
Da die Strafkammer nicht genau hat feststellen können, in welchem der Fälle II. 2, II. 3 und II. 4 einerseits und II. 7 und II. 8 andererseits der Angeklagte durch seine Handlung den Tatbestand der sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung in der Variante des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen und – von ihrem rechtlichen Ausgangspunkt aus folgerichtig – auch nicht geprüft hat, ob der Ausschöpfung des Unrechtsgehalts der verbleibenden Taten durch die Annahme einer Nötigung im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB, ggfs. auch im besonders schweren Fall gemäß Abs. 4 Nr. 1 StGB, Rechnung zu tragen ist (zum Verhältnis von § 177 Abs. 1 Nr. 3 zu § 240 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB vgl. Senatsbeschluss vom 4. April 2007 – 4 StR 345/06, BGHSt 51, 280, 284; BGH, Beschluss vom 26. November 2008 – 5 StR 506/08, Tz. 17; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 240 Rn. 59 m. w. Nachw. zur Rspr.), ist der Senat in diesen Fällen ebenfalls an einer Schuldspruchberichtigung gehindert. Eine Strafbarkeit wegen Nötigung kommt auch in den Fällen II. 6 und II. 9 in Betracht, so dass die Sache auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung bedarf.

II.

19
Zu der Rüge, an dem angefochtenen Urteil habe ein Richter mitgewirkt, gegen den ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit zu Unrecht verworfen worden sei (§§ 338 Nr. 3, 24 Abs. 2 StPO), bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts :
20
1. Die in der Hauptverhandlung vom 14. Februar 2011 vom Vorsitzenden der Strafkammer während einer Erörterung mit dem Verteidiger verwendete Formulierung, nach seiner Einschätzung solle mit den soeben gestellten Beweisanträgen belegt werden, die Ausführungen der zuvor gehörten medizini- schen Sachverständigen seien „Mumpitz“ oder „Unfug“, vermag für sich ge- nommen bei verständiger Würdigung die Besorgnis der Befangenheit noch nicht zu begründen. Dies ergibt sich jedenfalls aus der – insoweit unwidersprochen gebliebenen – dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters, wonach der Verteidiger selbst – ungeachtet fortbestehender Differenzen in der Sache – die Wortwahl des Vorsitzenden lediglich dahin bewertete, sie sei ihm „etwas zu salopp“.
21
2. Die im Ablehnungsantrag wiedergegebenen weiteren Äußerungen des Vorsitzenden rechtfertigen keine andere Beurteilung. Unter den gegebenen Umständen sind sie als nachvollziehbare, momentane Unmutsaufwallung in Reaktion auf das vorherige Verhalten des Verteidigers anzusehen.
22
Allerdings sind auch Unmutsäußerungen von Mitgliedern des erkennenden Gerichts als Reaktion auf das Verhalten anderer Verfahrensbeteiligter Grenzen gesetzt, die – je nach den Umständen des Einzelfalles – dann überschritten sein können, wenn sie in der Form überzogen sind oder in der Sache – immer bei der gebotenen verständigen Würdigung aus Sicht des Angeklagten – bei diesem die Befürchtung von Voreingenommenheit aufkommen lassen können (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. März 1993 – 1 StR 895/92, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 8; Urteil vom 2. März 2004 – 1 StR 574/03, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 14). Dies wäre im vorliegenden Fall unter Umständen dann zu bejahen gewesen, wenn die Äußerungen des Vorsitzenden aus Sicht eines verständigen Angeklagten nur dahin hätten verstanden werden können, er, der Vorsitzende, sei von vornherein nicht gewillt, die vom Verteidiger soeben gestellten Beweisanträge als ernsthaften Beitrag zur Wahrheitsfindung aufzufassen. In einem solchen Fall könnte beim Angeklagten die berechtigte Befürchtung aufkommen, der betreffende Richter nehme sein Verteidigungsvorbringen nicht mit der erforderlichen abwägenden Distanziertheit zur Kenntnis und habe sich in seinem Urteil – und sei es auch nur hinsichtlich einer einzelnen Beweisfrage – bereits festgelegt. So liegt der Fall hier nicht. Die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten wurde von Beginn an durch Meinungsverschiedenheiten zwischen Gericht und Verteidigung darüber geprägt, ob die Geschädigte durch eine psychische Erkrankung in ihrer Zeugentüchtigkeit beeinträchtigt war. Die Verteidigung hatte die Stellung entsprechender Beweisanträge angekündigt. Gleichwohl nahm die Verteidigung die daraufhin von Amts wegen anberaumte Einvernahme zweier medizinischer Sachverständiger zu dieser Frage nicht zum Anlass für deren ausführliche Befragung. Statt dessen stellte sie im Fortgang der Beweisaufnahme einen Antrag auf Vernehmung eines (weiteren) medizinischen Sachverständigen, der unter anderem darauf gestützt war, die von Amts wegen gehörten Sachverständigen verfügten nicht über die erforderliche Sachkunde. Die daraufhin vom Vorsitzenden gemachten Bemerkungen bezogen sich als momentane, verständliche Unmutsäußerung ersichtlich auf dieses Procedere der Verteidigung und konnten auch aus Sicht eines verständigen Angeklagten nicht dahin verstanden werden, der nunmehr gestellte Beweisantrag werde vom Gericht nicht ernstgenommen. Ernemann Roggenbuck Franke Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 323/08
vom
22. September 2008
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_________________________
Leistet der Gehilfe zu mehreren Taten der Steuerhinterziehung durch jeweils
selbständige Unterstützungshandlungen Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB,
steht der Umstand, dass der Angeklagte bereits bei der Anbahnung des Gesamtgeschäfts
, auf das die einzelnen Haupttaten zurückgehen, beteiligt war,
der Annahme von mehreren im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB)
zueinander stehenden Taten der Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht entgegen.
BGH, Beschl. vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. September 2008 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 20. November 2007 wird mit der Maßgabe als unbegründet
verworfen, dass der Angeklagte der Beihilfe zur Steuerhinterziehung
in sieben Fällen schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerverkürzung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, berichtigt der Senat den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes :

I.


2
Die Verfahrensrüge, die gegen die Berufsrichter der Strafkammer gerichteten Befangenheitsanträge seien zu Unrecht zurückgewiesen worden (§ 338 Nr. 3 StPO), bleibt ohne Erfolg.
3
1. Der Rüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
4
Im Laufe der knapp ein Jahr dauernden Hauptverhandlung legte ein Verteidiger des Angeklagten nach dem 16. Hauptverhandlungstag Haftbeschwerde gegen die Haftfortdauerentscheidung des Landgerichts ein, die mit dem Eröffnungsbeschluss ergangen war. Begründet wurde die Beschwerde insbesondere mit der Behauptung, die Strafkammer habe bei der Terminierung der Hauptverhandlung gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen. Der Beschwerde half das Landgericht nicht ab. Da nach Auffassung des Angeklagten die Abhilfeentscheidung mit objektiv unwahren Tatsachen begründet worden war, erhob er Gegenvorstellung und erstrebte die Richtigstellung der behaupteten Tatsachen. Diesem Antrag kam die Strafkammer nicht nach und wies die Gegenvorstellung zurück. Mit der Begründung, dass die wiederholten, nach seiner Ansicht objektiv falschen Behauptungen in den vorgenannten Beschlüssen der Strafkammer Misstrauen in die Unparteilichkeit der Berufsrichter der Strafkammer begründen würden, lehnte der Angeklagte sodann am 19. Hauptver-handlungstag die Berufsrichter wegen Befangenheit ab. Dieses Ablehnungsgesuch wurde von der Strafkammer ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter als unbegründet zurückgewiesen ; die Hauptverhandlung wurde dann von der Strafkammer in der ursprünglichen Besetzung fortgeführt. Am 25. Verhandlungstag kam es zwischen den Verfahrensbeteiligten zu einer verfahrensbeendenden Absprache. Auf die Zusage einer Strafobergrenze von vier Jahren Freiheitsstrafe hin legte der Angeklagte ein von seinem Verteidiger vorgetragenes Geständnis ab. Staatsanwaltschaft und Verteidigung nahmen alle noch nicht erledigten Beweisanträge zurück; einen Rügeverzicht im Hinblick auf die am 19. Hauptverhandlungstag geltend gemachte Befangenheit der Berufsrichter erklärte der Angeklagte nicht.
5
2. Die Befangenheitsrüge ist bereits unzulässig (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 5; BGH, Beschl. vom 17. September 2008 - 5 StR 404/08). Der Angeklagte hat nach sachlicher Bescheidung des Befangenheitsantrags mit den zuvor als befangen abgelehnten Richtern eine Urteilsabsprache getroffen; Umstände, die trotz dieser Absprache ein Fortbestehen der von dem Angeklagten mit seinem Befangenheitsantrag geltend gemachten Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage beruht die Erhebung der Befangenheitsrüge auf einem widersprüchlichen Verhalten des Beschwerdeführers; für sie besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis.
6
a) Ein vorhandenes und fortbestehendes Rechtsschutzinteresse ist eine allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung (BVerfG - Kammer - NJW 2003, 1514, 1515 m.w.N.). Das Rechtsschutzinteresse kann fehlen, wenn die Ausübung eines an sich gegebenen Rechts zu früherem Prozessverhalten in einem unauflösbaren Selbstwiderspruch steht (BGH StV 2001, 100 und StV 2001, 101). Die Rechtsausübung kann dann auch mit dem auch im Strafprozess bestehenden Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. Einl. Rdn. 111; vgl. auch Art. 35 Abs. 3 Var. 3 EMRK) sowie dem auch für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2003, 1514, 1515) nicht zu vereinbaren sein. Sie ist dann unzulässig.

7
b) Auch die Mitwirkung an einer Urteilsabsprache kann dazu führen, dass sich daran anschließende Prozesshandlungen als selbstwidersprüchlich erweisen , so dass sie unzulässig sind. Auf die Notwendigkeit der Klärung der Frage, ob und in welchem Maße im Revisionsverfahren etwa unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens bestimmte Verfahrensrügen ausgeschlossen sein können (vgl. dazu auch BGH, Beschl. vom 17. September 2008 - 5 StR 404/08), hat bereits der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs ausdrücklich hingewiesen (BGHSt 50, 40, 52).
8
c) Mit der hier nach einer Urteilsabsprache erhobenen Befangenheitsrüge , mit der die Befangenheit der Richter vor einer Urteilsabsprache beanstandet wird, setzt sich der Beschwerdeführer in diesem Sinne zu seinem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch. Denn bei der einvernehmlichen Beendigung des Strafverfahrens aufgrund einer Absprache bringen die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich zum Ausdruck, dass für sie ein Grund für ein Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters nicht (mehr) besteht. Besondere Umstände, die hier eine andere Wertung und damit einen Ausnahmefall rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
9
aa) Maßstab für die Besorgnis der Befangenheit ist, ob der Richter den Eindruck erweckt, er habe sich in der Schuld- und Straffrage bereits festgelegt. Dies ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten aus zu beurteilen. Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass zunächst berechtigt erscheinendes Misstrauen nach umfassender Information über den zugrunde liegenden Vorgang gegenstandslos we rden kann (vgl. BGHSt 4, 264, 269 f.; BGH wistra 2002, 267; NStZ-RR 2004, 208, 209; NJW 2006, 3290, 3295; jeweils m.w.N.). Die Besorgnis der Befangenheit kann demnach auch durch die dem Ablehnenden bekannt gemachte dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters ausgeräumt werden (BGH, Beschl. vom 3. Juli 1996 - 5 StR 107/96; vgl. auch BGHSt 45, 312, 320; BGH NStZ 1999, 629, 630).
10
bb) Für die Beurteilung, ob ein Befangenheitsantrag begründet ist, ist dabei auf den Zeitpunkt der Entscheidung des nach § 27 StPO zuständigen Gerichts abzustellen. Nur die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Tatsachen und Beweismittel dürfen auch bei der Entscheidung des Revisionsgerichts, das die Befangenheitsrüge nach Beschwerdegesichtspunkten behandelt, berücksichtigt werden (BGHSt 21, 85, 88; BGH NJW 1960, 2106, 2108).
11
cc) Indes gilt der Grundsatz, dass zunächst erscheinendes Misstrauen wieder ausgeräumt werden kann, auch für eine Urteilsabsprache. Wird - wie hier - eine den Grundsätzen von BGHSt 50, 40 entsprechende Urteilsabsprache getroffen, die zur Folge hat, dass der Angeklagte ein Geständnis ablegt und das Gericht dafür eine Strafobergrenze zusagt, so ist dieses Verhalten des Angeklagten grundsätzlich dahin zu verstehen, dass er die zuvor geäußerte Besorgnis in die Unparteilichkeit des Gerichts nicht mehr hegt (vgl. BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 4).
12
dd) Lässt sich der Angeklagte auf ein solches Vorgehen ein und legt er im - rechtlich geschützten - Vertrauen auf die Zusage des Gerichts ein Geständnis ab, so belegt das seine veränderte Einschätzung. Jetzt besorgt er nicht mehr, und muss auch nicht mehr besorgen, das Gericht habe sich - zu seinem Nachteil vorschnell - in der Schuld- und Straffrage festgelegt. Diese hat er nunmehr vielmehr mit dem Gericht im Wesentlichen „abgesprochen“ und das zu erwartende Urteil entspricht seiner Verteidigungsstrategie. Ist die Urteilsabsprache fair und ordnungsgemäß zustande gekommen, so vermag auch ein dabei geäußerter Vorbehalt, auf eine Befangenheitsrüge wegen des zuvor gestellten Befangenheitsantrages nicht zu verzichten, nichts daran ändern, dass der Angeklagte mit dem Eingehen auf die Absprache zu erkennen gegeben hat, dass seine Besorgnis entfallen ist.
13
ee) Hegt aber der Angeklagte keine Besorgnis der Befangenheit mehr und geht er deshalb von einer unvoreingenommenen Haltung des Gerichts zum Urteilszeitpunkt aus, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis für die Beanstandung einer Zwischenentscheidung, welche die Frage der Besorgnis der Befangenheit der erkennenden Richter in einem früheren Verfahrensstadium zu Gegenstand hatte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des in Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Grundrechts des Angeklagten, wonach das Rechtsmittelgericht ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und „leer laufen“ lassen darf (BVerfGE 78, 88, 98 f.).
14
ff) Der Senat verkennt nicht, dass bei besonderen Umständen trotz vorheriger Urteilsabsprache ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Befangenheitsrüge gegeben sein kann. Dies ist etwa der Fall, wenn sich eine neue Sachlage ergibt, die dazu führt, dass das Gericht seine Zusage nicht mehr aufrechterhält. In einem solchen Fall ist auch die Besorgnis des Angeklagten neu zu bewerten. Dasselbe gilt, wenn besondere Umstände vorhanden sind, die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts trotz der Urteilsabsprache ein fortbestehendes Misstrauen in die Unparteilichkeit des Gerichts rechtfertigen. Solche Umstände sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Soweit die Revision vorträgt, der Angeklagte habe bei Abgabe des Geständnisses bekundet, dass ein Rechtsmittelverzicht ebenso wenig beabsichtigt gewesen sei wie ein Ausschluss von Verfahrensrügen, ist dies nicht geeignet, eine nach der Urteilsabsprache fortbestehende Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Denn mit dieser Erklärung brachte der Beschwerdeführer lediglich zum Ausdruck, dass er trotz der Verständigung mit dem Gericht vor der Absprache liegende Verfahrensverstöße mit dem Rechtsmittel der Revision beanstanden will. Dass er - auch angesichts der Verständigung - nach wie vor die Voreingenommenheit der Richter besorgte, kann der Erklärung indes nicht entnommen werden.
15
d) Der Unzulässigkeit der Erhebung einer Befangenheitsrüge, mit der die vor einer einvernehmlichen verfahrensbeendenden Absprache erfolgte Zurückweisung eines Befangenheitsgesuchs beanstandet wird, steht nicht entgegen, dass nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2005 (BGHSt 50, 40 ff.) das Tatgericht im Rahmen einer Urteilsabsprache an der Erörterung eines Rechtsmittelverzichts nicht mitwirken und auf einen solchen Verzicht auch nicht hinwirken darf. Denn der in einem solchen Fall eintretende Rügeverlust ist nicht etwa Folge eines Rechtsmittelverzichts , sondern des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses nach einer Urteilsabsprache für die Beanstandung bestimmter Verfahrensverstöße vor der verfahrensbeendenden Absprache. Die Rechtsmittelbefugnis als solche besteht bei einer Urteilsabsprache uneingeschränkt fort.
16
3. Die Befangenheitsrüge wäre - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet.
17
a) Unter Berücksichtigung der dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter hat sich der Senat nicht von der Richtigkeit der Behauptung der Revision überzeugt, die in der Haftbeschwerdeentscheidung zur Terminierung angegebenen Tatsachen seien unwahr. Vielmehr wurden die für die Terminierung bedeutsamen Umstände in den diesbezüglichen Entscheidungen der Kammer einerseits und der Haftbeschwerde sowie der Gegenvorstellung des Angeklagten andererseits von den Verfahrensbeteiligten ersichtlich unterschiedlich interpretiert. Dies wurde durch die dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter auch dem Angeklagten deutlich. Schließlich konnte der Senat auch keine Anhaltspunkte für bewusste Falschangaben der abgelehnten Richter zu den Umständen der Terminierung feststellen. Bei dieser Sachlage liegen keine Umstände vor, die geeignet sind, in den Augen eines vernünftigen Angeklagten Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richter zu rechtfertigen.

II.


18
Auch die Sachrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Ergebnis ohne Erfolg. Ergänzend bemerkt der Senat:
19
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen unterstützte der Angeklagte eine international tätige Organisation, die Tabakfeinschnitt, der unter Steueraussetzung aus dem Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Gemeinschaft ausgeführt werden sollte (§ 17 TabStG), während der Beförderung dem Steueraussetzungsverfahren entzog und hiermit in nicht zugelassenen Herstellungsbetrieben in der Bundesrepublik Zigaretten herstellte, die sodann unter der Marke „Marlboro“ in Deutschland vertrieben wurden. Die insoweit nach § 11 Abs. 3, § 18 Abs. 1 Satz 1 TabStG entstandenen Steuern wurden nicht entrichtet. Der Tatbeitrag des Angeklagten bestand nach den Urteilsfest- stellungen einerseits darin, dass er bei der Beschaffung des Tabakfeinschnitts in Argentinien beteiligt war, wo er für den vorgeblichen Endempfänger auftrat. Bei diesem handelte es sich um eine in Kroatien, das zur Tatzeit noch nicht Mitglied der Europäischen Union war, ansässige Firma. Nachdem der Tabakfeinschnitt aus Argentinien ordnungsgemäß an die belgische Firma T. , die Inhaberin eines Steuerlagers war, geliefert worden war, veranlasste der Angeklagte nacheinander sieben Einzeltransporte mit Tabakfeinschnitt an die von ihm vertretene kroatische Firma im Steueraussetzungsverfahren, aus dem die Transporte dann jeweils entzogen wurden.
20
2. Entgegen der Auffassung der Revision hält der Schuldspruch auch zur Frage des Konkurrenzverhältnisses der Taten rechtlicher Nachprüfung stand. Den Urteilsgründen ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Angeklagte an jedem der sieben verfahrensgegenständlichen Tabaktransporte, die jeweils aus dem Steueraussetzungsverfahren entzogen wurden, unterstützend mitwirkte (UA S. 5). Er leistete zu jeder der Haupttaten durch selbständige Unterstützungshandlungen Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB. Die Beihilfehandlungen stehen daher zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB; vgl. BGH wistra 2008, 217). Der Umstand, dass der Angeklagte bereits bei der Anbahnung des Gesamtgeschäfts und an der Beschaffung des Tabaks durch die belgische Firma T. in Argentinien beteiligt war, welche den Tabak zunächst in einem Steuerlager zwischenlagerte, bevor das Steueraussetzungsverfahren eröffnet wurde, führt angesichts seiner Mitwirkung an den einzelnen Tabaktransporten zu keiner anderen Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses. Zur Klarstellung berichtigt der Senat das offensichtliche Schreibversehen der Strafkammer „Beihilfe zur Steuerverkürzung“ im Urteilstenor in „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 354 Rdn. 33).

21
3. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand.
22
Zwar setzt die Annahme eines besonders schweren Falles nach § 370 Abs. 3 AO beim Gehilfen eine eigenständige Bewertung aller Umstände einschließlich seines Tatbeitrages voraus (vgl. BGH NStZ 1983, 217; wistra 2007, 461; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 267). Das Landgericht durfte daher beim Angeklagten nicht allein deshalb vom - gemäß §§ 27, 49 StGB gemilderten - Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO ausgehen, weil die Taten bei den Haupttätern als besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung zu qualifizieren waren. Gleichwohl ist die Strafrahmenwahl des Landgerichts nicht zu beanstanden. Angesichts der Einbindung des Angeklagten in die Aktivitäten einer international operierenden Tätergruppe, die im großen Stil und mit großer krimineller Energie in illegal eingerichteten Fabrikationsstätten Zigaretten herstellte und unversteuert unter Markenbezeichnungen veräußerte (UA S. 3, 13), kam bei dem hier vorliegenden Tatbild mit einem Gesamtsteuerschaden von weit mehr als 10 Mio. Euro auch bei den Unterstützungshandlungen des Angeklagten nur die Annahme besonders schwerer Fälle im Sinne des § 370 Abs. 3 AO in Betracht. Dass der Angeklagte auf eine seiner Stellung und seiner Aufgabe im Tatgeschehen entsprechende Entlohnung verzichtet haben könnte, ist weder festgestellt, noch wird dies vom Angeklagten behauptet. Der Senat schließt zudem aus, dass sich in den Fällen fünf bis sieben der Urteilsgründe die geringfügige Überschreitung des gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c TabStG in der Fassung vom 23. Dezember 2003 maßgeblichen Tabaksteuersatzes für Zigaretten durch die Strafkammer um knapp 0,13 Cent pro Zigarette auf den Strafausspruch ausgewirkt hat. Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 27/09
vom
4. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 1. August 2008 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 30. Januar 2009 verweist der Senat zur Fassung der Urteilsgründe und im Hinblick auf das Geschehen, das der bereits unzulässigen Befangenheitsrüge gemäß § 338 Nr. 3 StPO betreffend das Ablehnungsgesuch des Mitangeklagten S. vom 23. Oktober 2007 zugrunde liegt, auf den auf die Revision des Mitangeklagten ergangenen Beschluss vom heutigen Tag. Nack Wahl Elf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 287/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2010 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Januar 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Zu der Befangenheitsrüge nach § 338 Nr. 3 StPO bemerkt der Senat ergänzend : 1. Hintergrund der gegen alle Mitglieder der Strafkammer gerichteten Befangenheitsanträge vom 18. und 21. August sowie vom 22. Dezember 2009 ist der Umstand, dass die Strafkammer im Anschluss an den Hauptverhandlungstermin vom 17. August 2009 in Abwesenheit der Verteidiger des Beschwerdeführers unter Beteiligung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft mit den beiden Verteidigern des Mitangeklagten A. ein Gespräch über die Möglichkeit einer verfahrensbeendenden Absprache für den Fall einer qualifiziert geständigen Einlassung des Mitangeklagten geführt hat, ohne die übrigen Verfahrensbeteiligten bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit in öffentlicher Hauptverhandlung nachträglich über den Gesprächsinhalt zu unterrichten.

a) Die Rüge ist, soweit sie die Befangenheitsanträge vom 18. und 21. August 2009 für sich genommen betrifft, aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Das zunächst berechtigte Misstrauen des Beschwerdeführers, bei dem unter Ausschluss seiner Verteidiger geführten Gespräch seien ihm zum Nachteil gereichende Umstände erörtert worden, ist jedenfalls durch die ihm bekannt gemachten dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter ausgeräumt worden (BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160 und vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701). Danach wurde bei dem beanstandeten Gespräch eine Verständigung mit dem Mitangeklagten nicht erzielt, sondern es wurden für den Fall eines qualifizierten Geständnisses lediglich mögliche Strafvorstellungen erörtert, die bereits Gegenstand eines schon am 28. Juli 2009 - ebenfalls erfolglos - außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgesprächs waren , bei dem auch die Verteidiger des Beschwerdeführers anwesend waren. Die dem Ablehnungsgesuch vom 21. August 2009 zugrunde liegende Behauptung, die Strafkammer habe bei dem Gespräch am 17. August 2009 dem Mitangeklagten weitergehende Zugeständnisse in Aussicht gestellt, falls er im Rahmen seiner Einlassung den Beschwerdeführer belaste, hat sich nach dem Inhalt der übereinstimmenden dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter und der Staatsanwältin nicht bestätigt. Hinzu kommt, dass die Vorsitzende noch vor Anbringung des zweiten Ablehnungsgesuchs am 21. August 2009 in der Hauptverhandlung die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit über Inhalt, Verlauf und Ergebnisse beider außerhalb der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgespräche unterrichtet hat.

b) Soweit in dem weiteren Ablehnungsgesuch vom 22. Dezember 2009 die Besorgnis der Befangenheit der Mitglieder der Strafkammer darüber hinaus - unter Bezug auf ein Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten vom 18. August 2009 und die darin enthaltene Darstellung des Gesprächs vom 17. August 2009 - auch darauf gestützt wird, die abgelehnten Richter hätten die Verfahrensbeteiligten über den Inhalt des beanstandeten Gesprächs falsch bzw. unvollständig informiert, dringt die Rüge im Ergebnis ebenfalls nicht durch. Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass sich die dienstlichen Erklärungen der Richter (und der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft) nicht zu der Behauptung des Beschwerdeführers verhalten, die Staatsanwältin habe bei dem beanstandeten Gespräch als Reaktion auf den Strafvorschlag der Verteidiger des Mitangeklagten (zwei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) abweichend von ihrer am 28. Juli 2009 geäußerten Strafvorstellung (drei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) erklärt, "für sie [sei] auf jeden Fall keine Strafe unter drei Jahren akzeptabel". Träfe diese Behauptung zu, stünde sie im Widerspruch zu der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden vom 18. August 2009, wonach auch am Vortag mit den Verteidigern des Mitangeklagten nur die bereits am 28. Juli 2009 gegenüber allen Verfahrensbeteiligten geäußerten Strafvorstellungen der Staatsanwaltschaft und der Strafkammer (für den Mitangeklagten drei Jahre elf Monate Freiheitsstrafe) besprochen worden seien. Aber selbst wenn die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden in diesem Punkt unzutreffend oder zumindest unvollständig wäre, wäre dies aus Sicht eines verständigen Angeklagten nicht geeignet gewesen, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter bzw. die Vorsitzende der Strafkammer zu rechtfertigen. Denn die abgelehnten Richter und die Staatsanwältin haben in ihren dienstlichen Stellungnahmen übereinstimmend dargelegt, dass jedenfalls seitens der Strafkammer in dem Gespräch vom 17. August 2009 keine Bereitschaft erklärt worden ist, von den ursprünglich geäußerten Strafvorstellungen abzuweichen und sich etwaigen niedrigeren Strafvorschlägen der Staatsanwältin anzuschließen. Auch aus dem Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten vom 18. August 2009 ergibt sich lediglich, dass er die Bitte an die Strafkammer herangetragen habe "zu prüfen , ob eine Freiheitsstrafe von glatt drei Jahren seitens des Gerichts akzeptiert würde", nicht aber, dass sich die Mitglieder der Strafkammer zu diesem Strafvorschlag auch verhalten haben. Dass diese - wie in dem genannten Schreiben anklingt - bereits in eine Beratung darüber eingetreten seien, ob eine Strafe von drei Jahren nun doch "akzeptabel" sei, ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Erklärungen nicht erwiesen. 2. Der Senat sieht sich veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen: Zwar ist es einem Richter auch nach den Vorschriften des am 4. August 2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBI I S. 2353) grundsätzlich nicht verwehrt, zur Förderung des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten auch außerhalb der Hauptverhandlung Kontakt aufzunehmen. Dabei hat er jedoch die gebotene Zurückhaltung zu wahren, um jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. Dies gilt mit Blick auf einen möglichen Interessenwiderstreit in besonderem Maße, wenn Gespräche über eine verfahrensbeendende Absprache mit einem Angeklagten unter Ausschluss eines vom selben Tatkomplex betroffenen, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machenden oder die Tatvorwürfe bestreitenden Mitangeklagten geführt werden. In solchen Fallkonstellationen liegt es nahe, dass bei dem an dem Gespräch nicht beteiligten Mitangeklagten berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter aufkommen können , da aus seiner Sicht zu befürchten steht, dass auch auf Betreiben des Gerichts seine Tatbeteiligung hinter verschlossenen Türen und ohne seine Kenntnis mitverhandelt wird. Dieser verständlichen Besorgnis kann zuverlässig nur dadurch begegnet werden, dass Gespräche, die die Möglichkeit einer Verstän- digung zum Inhalt haben, auch außerhalb der Hauptverhandlung nur in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten oder offen in der Hauptverhandlung geführt werden. Gleichwohl sieht das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren keine Vorschrift vor, die Gespräche mit einzelnen Verfahrensbeteiligten außerhalb der Hauptverhandlung untersagt. Haben solche Erörterungen jedoch stattgefunden, muss der Vorsitzende auch bei einem ergebnislosen Verlauf und unabhängig davon, ob neue Aspekte im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO zur Sprache gekommen sind, hierüber in der Hauptverhandlung umfassend und unverzüglich unter Darlegung der Standpunkte aller beim Gespräch anwesenden Verfahrensbeteiligten informieren, da nur auf diese Weise von vorneherein jedem Anschein der Heimlichkeit und der hieraus entstehenden Besorgnis der Befangenheit vorgebeugt und dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 1990 - 3 StR 121/89, BGHSt 37, 99, 104; Schlothauer in N/Sch/W, VerstG, 2010, § 243 Abs. 4 Rn. 12 f.).
Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 208/12
vom
18. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Bestechung u.a.
zu 2.: Bestechlichkeit u.a.
Nebenbeteiligte:
Baugesellschaft mbH,
vertreten durch die Geschäftsführer
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung am 18. Oktober
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 6. Dezember 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Göttingen zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Die Anklageschrift hatte dem Angeklagten D. Bestechung in Tateinheit mit Anstiftung zur Untreue und zum Betrug, Bestechung in zwei Fällen sowie Betrug und dem Angeklagten P. Bestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue , Bestechlichkeit in zwei Fällen sowie ebenfalls Betrug zur Last gelegt. Das Landgericht hatte die Anklage mit einer abweichenden rechtlichen Bewertung zugelassen und dabei lediglich zwei - statt wie die Anklageschrift vier - prozessuale Taten angenommen. Es hatte die Angeklagten mit Urteil vom 23. April 2007 aus Rechtsgründen und aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dieses Urteil hat der Senat - soweit es die beiden Angeklagten betraf - auf Revision der Staatsanwaltschaft durch Urteil vom 19. Juni 2008 (3 StR 490/07, BGHSt 52, 290) mit den Feststellungen aufgehoben, da das Landgericht die Amtsträgerschaft des Angeklagten P. rechtsfehlerhaft verneint hatte. Das Landgericht hat die Angeklagten nunmehr abermals freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den erneuten Freispruch mit ihrer auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel führt bereits aufgrund der Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils. Auf die sachlichrechtlichen Beanstandungen kommt es daher nicht an.

I.

2
Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Verfahrensrüge, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO), hat Erfolg.
3
1. Der Rüge liegt der folgende Verfahrensablauf zugrunde:
4
Nach Aufhebung des ersten Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht kam es am 1. Oktober 2010 vor Terminierung der Hauptverhandlung zu einer Vorbesprechung der Kammer mit der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern unter anderem mit dem Ziel, den erforderlichen Umfang einer erneuten Beweisaufnahme zu klären. Daran nahmen die gesamte Kammer, drei Verteidiger und drei Vertreter der Staatsanwaltschaft teil, zu denen der Anklageverfasser Oberstaatsanwalt E. zählte. Zwischen diesem und dem Verteidiger des Angeklagten D. kam es zu einem Zwiegespräch über den Nachweis der subjektiven Tatseite. Als Oberstaatsanwalt E. zur Stützung seiner Ansicht auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Celle verwies, der ausdrücklich einen dringenden Tatverdacht bezüglich der subjekti- ven Tatseite angenommen habe, unterbrach ihn der Vorsitzende und verlangte, ihm diesen Beschluss zu zeigen. Diese Aufforderung wiederholte er mehrfach, auch nachdem der Oberstaatsanwalt erklärt hatte, dass ihm die Akten aktuell nicht vorlägen. Schließlich wies Oberstaatsanwalt E. die Aufforderung des Vorsitzenden als "Unverschämtheit" zurück. Hierauf verließ der Vorsitzende den Besprechungsraum und kehrte nicht mehr in diesen zurück.
5
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 lehnte die Staatsanwaltschaft den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da es ihm angesichts seines Verhaltens ausschließlich um die Bloßstellung des Vertreters der Staatsanwaltschaft gegangen und er nicht bereit sei, seine Vorstellungen anhand von Gegenargumenten zu hinterfragen. Der Vorsitzende führte in seiner dienstlichen Äußerung dazu unter anderem aus, dass er auch die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung habe erörtern wollen und er auf die Vorbesprechung verzichtet hätte, wenn ihm zuvor die Teilnahme von Oberstaatsanwalt E. bekannt gewesen wäre. "Wie befürchtet" sei dieser nicht bereit gewesen, andere Möglichkeiten als eine Verurteilung der Angeklagten zu diskutieren. Im Übrigen halte er - der Vorsitzende - den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle für unerheblich. Er räume ein, dass er dies den Vertretern der Staatsanwaltschaft "in anderer Form hätte darlegen müssen".
6
In einem Telefonat am 26. Januar 2011 wies Oberstaatsanwalt Dr. G. den Vorsitzenden darauf hin, dass dieser vor dem Vorgespräch Oberstaatsanwalt E. noch gar nicht gekannt habe. Hierauf erklärte der Vorsitzende, er habe seinen Eindruck von jenem aus den Akten gewonnen und das reiche.
7
Mit Schreiben vom 28. Januar 2011 lehnte die Staatsanwaltschaft den Vorsitzenden erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da er durch seine dienstliche Äußerung den Eindruck der Voreingenommenheit verstärkt habe. In der hierzu abgegebenen weiteren dienstlichen Erklärung vom 10. Februar 2011 äußerte der Vorsitzende unter anderem, er habe sich nicht auf die Person von Oberstaatsanwalt E. bezogen, sondern auf dessen Tätigkeit im Verfahren, in dem dieser "seiner Aufgabe, 'den Sachverhalt zu erforschen' (§ 160 Abs. 1 StPO), nicht gerecht geworden" sei. "Wie sonst" sei "es zu erklären , dass er während der Hauptverhandlung insgesamt acht Beweisanträge auf Vernehmung von Zeugen sowie auf Einholung eines Sachverständigengutachtens stellte". Es entstehe "der Eindruck, die Staatsanwaltschaft mache sich zum Sprachrohr der Deutschen Bahn AG und vernachlässige dabei ihre aus § 160 Abs. 2 StPO resultierenden Pflichten".
8
Mit Beschluss vom 1. März 2011 wies die Kammer - ohne Mitwirkung des Vorsitzenden - das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück.
9
2. Der Rüge bleibt der Erfolg nicht versagt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
10
a) Der Senat hat entgegen der Ansicht der Revision eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Prüfung, ob das Ablehnungsgesuch sachlich gerechtfertigt war, auch wenn der das Gesuch zurückweisende Beschluss den Verlauf der Besprechung am 1. Oktober 2010 nicht mitteilt. Weil die Rüge im Revisionsverfahren nach Beschwerdegesichtspunkten zu behandeln ist, kann der Senat die im ersten Rechtszug vorgebrachten und glaubhaft gemachten Ablehnungsgründe in tatsächlicher Hinsicht würdigen und prüfen, ohne auf eine rechtliche Nachprüfung des tatrichterlichen Verwerfungsbeschlusses beschränkt zu sein (BGH, Urteil vom 26. Mai 1970 - 1 StR 132/70, BGHSt 23, 265, 266). Hierzu sind in den Ablehnungsgesuchen die für diese maßgeblichen Tatsachen hinreichend dargelegt.
11
Da der abgelehnte Richter sich über die Ablehnungsgründe dienstlich geäußert hat (§ 26 Abs. 3 StPO) und dienstliche Erklärungen der an der Besprechung teilnehmenden Staatsanwälte sowie die Stellungnahme eines Verteidigers vorliegen, bedarf hier keiner Entscheidung, inwieweit das Revisionsgericht das Urteil aufheben oder Ermittlungen im Freibeweisverfahren anstellen muss, wenn es aufgrund von Versäumnissen des Tatgerichts mangels ausreichender tatsächlicher Beurteilungsgrundlagen die Begründetheit des Ablehnungsgesuchs nicht ohne Weiteres prüfen kann (vgl. einerseits BGH, Urteil vom 16. Dezember 1969 - 5 StR 468/69, BGHSt 23, 200, 203; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 338 Rn. 27; KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 338 Rn. 63; andererseits LK/Hanack, StPO, 25. Aufl., § 338 Rn. 64). Eine solche Sachlage ist hier nicht gegeben.
12
b) In der Sache bestand für die Staatsanwaltschaft bei vernünftiger Würdigung aller Umstände begründeter Anlass zu der Sorge, der Vorsitzende nehme eine innere Haltung ein, die seine Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit gegenüber den Verfahrensbeteiligten störend beeinflusst (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN).
13
aa) Die Besorgnis einer Voreingenommenheit des Vorsitzenden war allerdings nicht schon deswegen begründet, weil dieser in der Besprechung vom 1. Oktober 2010 nachdrücklich verlangte, die vom Oberstaatsanwalt zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts zu sehen. Hierin konnte der Wunsch zum Ausdruck kommen, den Beschluss und dessen Argumentation zur Kenntnis nehmen zu können und so die Gelegenheit zu erhalten, sich mit den - dem Richter zu dem Zeitpunkt nicht präsenten - Argumenten der oberlandesgericht- lichen Entscheidung auseinanderzusetzen. Jedenfalls lässt sich dem Geschehen nicht entnehmen, dass der Vorsitzende sich in der Sache bereits eine abschließende Meinung gebildet hatte oder dass es ihm "ausschließlich um die Bloßstellung des Vertreters der Staatsanwaltschaft" ging. Zwar kann die insistierende , sachlich nicht veranlasste Aufforderung durchaus als Unmutsäußerung gegenüber dem Oberstaatsanwalt verstanden werden. Jedoch deutet dieser Unmut eher auf eine spontane Verärgerung darüber, dass der Beschluss nicht vorlag, als auf eine grundsätzliche Voreingenommenheit des Vorsitzenden in der Sache hin.
14
bb) Gleiches gilt - bei isolierter Betrachtung - auch für den Umstand, dass sich der Vorsitzende kurze Zeit später entfernte. Dies ergibt für sich ebenfalls noch nicht, dass er sich in der Sache den Argumenten der Staatsanwaltschaft entziehen und deren Verfahrensrechte beschränken wollte. Zum einen bestand in der konkreten Lage keine Möglichkeit, die angesprochene Sichtweise des Oberlandesgerichts näher zu erörtern, weil der entsprechende Beschluss nicht vorlag. Zum anderen handelte es sich lediglich um ein Vorgespräch zur weiteren Gestaltung des Verfahrens.
15
Dass das Verhalten des Vorsitzenden in der Besprechung - wie von ihm letztlich selbst in der dienstlichen Äußerung eingeräumt - nicht den üblichen Umgangsformen entsprach, lässt bei ruhiger Prüfung der Sachlage noch nicht auf eine inhaltliche Vorfestlegung schließen. Dies gilt zumal vor dem zu berücksichtigenden Gesamtzusammenhang (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14. Januar 2000 - 3 StR 106/99, NStZ 2000, 325) und der Tatsache, dass Oberstaatsanwalt E. - aus seiner Sicht allerdings nachvollziehbar - das Vorgehen des Vorsitzenden als "Unverschämtheit" bezeichnet hatte, bevor dieser den Raum verließ.
16
Im Übrigen begründen etwaige Spannungen zwischen einem Richter und einem bestimmten Staatsanwalt ebenso wenig ohne weiteres Misstrauen der Staatsanwaltschaft gegen die Unparteilichkeit des Richters wie Spannungen zwischen einem Richter und einem Verteidiger oder einem Sachverständigen zu berechtigtem Misstrauen des Angeklagten (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2005 - 2 StR 118/05, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 15; vom 4. März 1993 - 1 StR 895/92, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 8; Urteil vom 12. Februar 1998 - 1 StR 588/97, NJW 1998, 2458, 2459, in BGHSt 44, 26 insoweit nicht abgedruckt) führen. Allen Fällen ist gemeinsam, dass regelmäßig Belastungen auf persönlicher Ebene - jedenfalls soweit es nicht um den Angeklagten selbst geht - nicht allgemein Rückschlüsse auf eine Voreingenommenheit in der Sache zulassen, falls keine besonderen Umstände hinzutreten. Daher rechtfertigen die gegen einen bestimmten Oberstaatsanwalt gerichteten Vorbehalte des Vorsitzenden, wie sie in seiner dienstlichen Äußerung zum ersten Befangenheitsgesuch deutlich geworden sind, allein nicht die Besorgnis der Befangenheit.
17
cc) Eine solche Besorgnis ergibt sich letztlich auch nicht allein daraus, dass der Vorsitzende die Beweislage zur subjektiven Tatseite anders einschätzte als die Staatsanwaltschaft. Eine bereits erfolgte Festlegung auf ein bestimmtes Beweisergebnis ist seinen Äußerungen nicht zu entnehmen; eine vorläufige Bewertung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 - 4 StR 571/10, NStZ 2011, 590, 591 mwN).
18
dd) Es kann dahinstehen, ob die vorgenannten Umstände - zumindest in ihrer Gesamtheit - zu einer berechtigten Besorgnis der Staatsanwaltschaft führten , der Vorsitzende sei befangen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 3 StR 400/11, StraFo 2012, 134, 136); jedenfalls in Verbindung mit der Stel- lungnahme, die der Vorsitzende zu dem zweiten Befangenheitsgesuch abgegeben hat, ist diese Besorgnis gegeben.
19
So wie ein zunächst berechtigtes Misstrauen eines Verfahrensbeteiligten gegen die Unbefangenheit eines Richters durch dessen ihm bekannt gemachte dienstliche Äußerung ausgeräumt werden kann mit dem Ergebnis, dass eine auf § 338 Nr. 3 StPO gestützte Rüge erfolglos bleibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160; vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701 und vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72), kann eine solche Stellungnahme dazu führen, dass einem schon durch frühere Einzelumstände genährten Misstrauen des Ablehnenden gegen den abgelehnten Richter die Berechtigung nicht mehr abzusprechen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Inhalt der Stellungnahme in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit den bereits geltend gemachten Ablehnungsgründen steht und nicht einen davon deutlich abgehobenen neuen Anknüpfungspunkt für die Besorgnis fehlender Unparteilichkeit liefert, der nur durch ein hierauf bezogenes neues Ablehnungsgesuch verfahrensrechtlich zur Geltung gebracht werden könnte.
20
In der Stellungnahme des Vorsitzenden wird der Vorwurf erhoben, die Staatsanwaltschaft sei ihrer Aufgabe, den Sachverhalt zu erforschen, nicht gerecht geworden, und habe einseitig ermittelt, ohne ihr Aufklärungsbemühen auch auf die Angeklagten entlastende Umstände zu erstrecken. Dies wird durch die in hohem Maße unsachliche Bemerkung verschärft, die Staatsanwaltschaft erwecke den Eindruck, sie mache sich zum Sprachrohr der Deutschen Bahn AG, was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass sich die Staatsanwaltschaft von einem am Verfahren nicht beteiligten, aber an dessen Ausgang interessierten Dritten für dessen Zwecke habe instrumentalisieren lassen. Damit verstärk- te der Vorsitzende die schon in seinem vorangegangenen Verhalten angedeuteten Vorbehalte gegen die Tätigkeit der Anklagebehörde in einer Weise, die zumindest jetzt aus deren Sicht bei objektiver Betrachtung die Besorgnis begründete , er werde das Verfahren nicht unparteilich führen und in der Sache nicht mehr unbefangen entscheiden.

II.

21
1. Für das weitere Verfahren sieht der Senat im Hinblick auf die Begründung , mit der das Landgericht den Vorsatz beider Angeklagter hinsichtlich der Amtsträgerstellung des Angeklagten P. verneint hat, Anlass zu folgendem Hinweis:
22
Es steht zu besorgen, dass das Landgericht an den Vorsatz hinsichtlich des tatbestandlichen Elements der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bei einer sonstigen Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zu hohe Anforderungen gestellt hat, indem es eine ins Einzelne gehende Kenntnis von den rechtlichen Grundlagen für erforderlich gehalten hat, aus denen sich die Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten des Staates auf die PB DE ergeben. Indes genügt - wie auch vom Landgericht angenommen - grundsätzlich bedingter Vorsatz (vgl. LK/Hilgendorf, StGB, 12. Aufl., § 11 Rn. 60), der gegeben ist, wenn der Täter das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals als möglich sowie nicht ganz fernliegend erkennt und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest damit abfindet (s. etwa BGH, Urteil vom 22. März 2012 - 4 StR 558/11, NJW 2012, 1524, 1525 mwN). Da nach der Beweiswürdigung des Landgerichts jedenfalls der Angeklagte P. wusste, dass die Aufgabe der PGS und der PB DE der Ausbau des Schienennetzes war, es in diesem Aufgabenbereich keine Wettbewerber gab, die Aufträge der PB DE aufgrund öffentlicher Ausschreibungen erteilt wurden und das Geld für den Schienen- ausbau "vom Bund" kam, kann ein zumindest bedingter Vorsatz selbst dann in Betracht kommen, wenn dem Angeklagten die dahinter stehenden gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen nicht im Einzelnen bekannt waren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, NJW 1998, 1874, 1877).
23
2. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch und verweist das Verfahren an das Landgericht Göttingen.
Becker Pfister Hubert Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 496/09
vom
2. März 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: besonders schweren Raubes u. a.
zu 2.: schweren Raubes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. März
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. März 2009
a) im Schuldspruch gegen den Angeklagten B. dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die Gesamtfreiheitsstrafen gegen beide Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen und der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafen sowie auch über die Kosten der Rechtsmittel nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2007 verhängten Einzelstrafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - Fällen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte A. hat es wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2007 festgesetzten Einzelstrafen die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und ferner wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie Verletzungen des formellen und des materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben lediglich zu den Gesamtstrafenaussprüchen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO). Der den Angeklagten B. betreffende Schuldspruch war jedoch dahin abzuändern, dass er im Fall II. 1. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes schuldig ist. Das Landgericht hat in diesem Fall rechtlich zutreffend den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch den Angeklagten und seinen - gesondert verfolgten - Mittäter verwirklicht gesehen (Verwendung eines Küchenmessers als Drohmittel). Die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat macht die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig. Daher ist im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5 - , insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
4
2. Auch die festgesetzten Einzelstrafen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aussprüche über die verhängten Gesamtfreiheitsstrafen mussten hingegen aufgehoben werden.
5
a) Das Landgericht hat mit den für den Fall II. 1. (Tatzeit: 14./15. Dezember 2007) festgesetzten Einzelstrafen (acht Jahre gegen B. , fünf Jahre gegen A. ) und den gegen beide Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. oder 18. Dezember 2007 (vgl. Urteilsformel und UA S. 36 einerseits sowie UA S. 6 und 9 andererseits) jeweils ausgesprochenen Einzelstrafen (zweimal 90 Tagessätze zu je 10 oder 20 €; vgl. UA S. 6) nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafen von acht Jahren und drei Monaten bzw. von fünf Jahren und drei Monaten gebildet. Die Einbeziehung der durch die Strafbefehle des Amtsgerichts Mettmann vom 13. März 2008 gegen beide Angeklagte verhängten Strafen (jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe mit Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung) in diese Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht abgelehnt, weil durch die - wiederum beide Angeklagte betreffende - Verurteilung durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 7. November 2006 eine Zäsur eingetreten sei.
6
b) Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat es versäumt, den Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 7. November 2006 zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung festzustellen. Gleiches gilt für den Stand der Vollstreckung hinsichtlich des Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. (oder 18.) Dezember 2007 und aller übrigen Verurteilungen gegen die Angeklagten. Da eine erledigte Strafe keine Zäsurwirkung entfaltet (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 10), kann der Senat nicht überprüfen, ob das Landgericht die Gesamtstrafen gegen beide Angeklagte rechtlich zutreffend gebildet hat. Mit Blick auf die weiteren Vorverur- teilungen der Angeklagten ist hier nicht auszuschließen, dass auch eine andere, den Beschwerdeführern günstigere Entscheidung über die Bildung von Gesamtstrafen in Betracht gekommen wäre, so dass hierüber neu entschieden werden muss.
7
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch.
8
Die Kostenentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die neuen Gesamtstrafenbildungen nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen sind (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 72; Fischer aaO Rdn. 37). Im Übrigen wird für den Fall, dass wiederum mehrere gesonderte Strafen gebildet werden, unter Umständen das gesamte Strafübel zu berücksichtigen sein (vgl. BGH NStZ 2000, 137).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.