Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2017 - 3 StR 546/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:230217B3STR546.16.0
bei uns veröffentlicht am23.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 546/16
vom
23. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
ECLI:DE:BGH:2017:230217B3STR546.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 20. Juli 2016 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu Jugendstrafe verurteilt. Außerdem hat es beiden Nebenklägerinnen im Adhäsionsverfahren ein Schmerzensgeld zugesprochen. Mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision beanstandet der Angeklagte , gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die Bemessung der Jugendstrafe. Die Überprüfung des Strafausspruchs hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2
1. Entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts hat auch die Adhäsionsentscheidung Bestand.
3
Zwar führt er zutreffend aus, dass es hier an von den Nebenklägerinnen wirksam gestellten Adhäsionsanträgen mangelt. Der Adhäsionsantrag des Verletzten ist eine von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung für den Ausspruch über die Entschädigung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 - 3 StR 426/07, StV 2008, 127; vom 16. Dezember 2008 - 4 StR 542/08, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 6; LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1 mwN). Nach dem eindeutigen Wortlaut seines - auf die Aufhebung des Strafausspruches gerichteten - Revisionsantrags hat der Angeklagte die Adhäsionsentscheidung jedoch nicht angefochten (s. auch § 406a Abs. 3 Satz 2 StPO), so dass diese gemäß § 352 StPO nicht der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegt. Die Beschränkung des Rechtsmittels hat dazu geführt, dass die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. - für die Anfechtung des Schuld- und Strafausspruchs durch die Staatsanwaltschaft - BGH, Urteil vom 28. November 2007 - 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96, 98; so auch Radtke/Hohmann/Merz, StPO, § 406a Rn. 3; enger - nur bei Rechtskraft auch des Schuldspruchs - OLG Celle, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 32 Ss 184/14, StraFo 2015, 327 f.; LR/Hilger aaO, § 406a Rn. 9; Meyer-Goßner /Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 406 Rn. 6 mwN).
4
Eine Fallgestaltung, in der trotz Teilrechtskraft das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu berücksichtigen ist, ist hier nicht gegeben. Insoweit ist von Folgendem auszugehen:
5
Wenn im Verfahren wegen einer oder mehrerer Taten nur einzelne Bestandteile des Urteils, etwa der Strafausspruch, angefochten werden (sog. horizontale Teilrechtskraft), sind Verfahrensvoraussetzungen stets zu prüfen; denn sie betreffen unmittelbar auch die angefochtenen Bestandteile. Wenn im Verfahren wegen mehrerer Taten das Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen einzelner Taten beschränkt wird (sog. vertikale Teilrechtskraft), ist danach zu differenzieren, ob die Einzelstrafen, gegen die sich die Revision wendet, mit den rechtskräftigen Einzelstrafen auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen waren. In diesem (Regel-)Fall ist durch die Beschränkung des Rechtsmittels auch hin- sichtlich der von ihm ausgenommenen Taten insoweit keine Rechtskraft eingetreten , als die Gesamtstrafe in Frage steht, so dass Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen sind. Hatte das Tatgericht eine solche Gesamtstrafe indes nicht zu bilden, wirkt sich das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, soweit Rechtskraft eingetreten ist, nicht mehr aus (so BGH, Urteil vom 11. November 1955 - 1 StR 409/55, BGHSt 8, 269, 270 f.; vgl. zum Ganzen - weitergehend gegen die Beachtlichkeit von Verfahrenshindernissen in den Fällen vertikaler Teilrechtskraft - LR/Franke aaO, § 337 Rn. 26, § 344 Rn. 66; MeyerGoßner /Schmitt aaO, Einl Rn. 151 ff., jew. mwN).
6
Übertragen auf die hier zu beurteilende Verfahrenskonstellation bedeuten diese Grundsätze, dass das Fehlen der Verfahrensvoraussetzung der wirksamen Antragstellung nicht mehr zu prüfen ist, wenn die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist. Bei dem teilangefochtenen strafrechtlichen Teil des Urteils einerseits und seinem nicht angefochtenen bürgerlich-rechtlichen Teil andererseits handelt es sich um voneinander verschiedene Prozessgegenstände , wobei die Verfahrensvoraussetzung ausschließlich den Adhäsionsausspruch betrifft, für den Strafausspruch indes keine Bedeutung gewinnen kann.
7
2. Dass der Generalbundesanwalt gemäß § 349 Abs. 4 StPO beantragt hat, das teilangefochtene Urteil im Adhäsionsausspruch aufzuheben und von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abzusehen, hindert den Senat nicht, die Revision insgesamt gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen; denn der Aufhebungsantrag bezieht sich allein auf den von der Revision nicht angefochtenen Teil des Urteils. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung des Senats. Becker Gericke Spaniol Tiemann Berg

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des

Strafprozeßordnung - StPO | § 406a Rechtsmittel


(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschl

Strafprozeßordnung - StPO | § 352 Umfang der Urteilsprüfung


(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind. (2) Eine we

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 426/07
vom
11. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 11. Oktober
2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 21. Mai 2007 aufgehoben, soweit den Nebenklägerinnen F. und A. J. ein Schmerzensgeld dem Grunde nach zuerkannt worden ist; von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge der Nebenklägerinnen wird abgesehen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen und wegen Beleidigung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten erkannt sowie ihn dem Grunde nach zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die als Nebenklägerinnen auftretenden beiden Geschädigten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge lediglich Erfolg, soweit es sich gegen den Adhäsionsausspruch richtet; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit der Angeklagte dem Grunde nach zur Zahlung von Schmerzensgeld an die Nebenklägerinnen verurteilt worden ist. Die Adhäsionsanträge, durch die die Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht worden sind, sind nicht in einer den Erfordernissen des § 404 Abs. 1 StPO genügenden Weise gestellt worden, was von Amts wegen zu beachten ist (BGH NStZ-RR 2005, 380; StraFo 2004, 386). Die außerhalb der Hauptverhandlung mit Schriftsätzen vom 19. April 2007 angebrachten Adhäsionsanträge sind dem Angeklagten entgegen § 404 Abs. 1 Satz 3 StPO nicht zugestellt worden. In der Hauptverhandlung hat die Strafkammer ausweislich des Protokolls lediglich die Anträge der Nebenklägerinnen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren gemäß § 404 Abs. 5 StPO mit den Prozessbeteiligten erörtert und sodann beschieden. Allein dies belegt jedoch nicht, dass auch die das Adhäsionsverfahren in der Sache bestimmenden Anträge der Nebenklägerinnen auf Feststellung der Pflicht des Angeklagten, ihnen dem Grunde nach ein Schmerzensgeld zu zahlen, gestellt worden sind (s. § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO).
3
Eine Zurückverweisung der Sache allein zur prozessordnungsgemäßen Nachholung des Adhäsionsverfahrens kommt nicht in Betracht, denn die Anträge könnten nicht mehr rechtzeitig gestellt werden (s. § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO) und sind daher unzulässig (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 406 Rdn. 10). Der Senat spricht daher aus, dass von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge abgesehen wird (§ 406 Abs. 1 Satz 3 und 6 StPO; vgl. Meyer-Goßner aaO § 406 a Rdn. 5).
4
Eine Entscheidung gemäß § 473 Abs. 4 StPO kam angesichts des nur geringfügigen Erfolgs des Rechtsmittels nicht in Betracht. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 472 Abs. 1, § 472 a Abs. 2 StPO.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 542/08
vom
16. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag, zu 1. nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
16. Dezember 2008 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 406 Abs. 1 Satz 3 StPO beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Halle vom 7. Juli 2008 aufgehoben, soweit
dem Verletzten Schmerzensgeld zuerkannt wurde; von
einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Widerstandsunfähigen und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes unter Einbeziehung der Strafen aus zwei früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es dem als Nebenkläger zugelassenen geschädigten Minderjährigen im Adhäsionsverfahren Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Juni 2008 zugesprochen.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des Ausspruchs über das Schmerzensgeld Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Ausspruch über die Zuerkennung von Schmerzensgeld hat keinen Bestand, weil es an einem wirksam gestellten Adhäsionsantrag fehlt. Der Adhäsionsantrag des Verletzten ist Verfahrensvoraussetzung für die Entscheidung über die Entschädigung, deren Vorliegen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH StV 2008, 127; Hilger in Löwe/Rosenberg 25. Aufl. § 404 Rdn. 1; Engelhardt in KK 6. Aufl. § 404 Rdn. 1, jeweils m.w.N.).
4
Vorliegend hat Rechtsanwältin H. für den Verletzten mit Schriftsatz vom 10. Juni 2008 den Adhäsionsantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der am 19. Oktober 1992 geborene Verletzte noch nicht prozessfähig (§ 52 ZPO); daher hätte der Antrag durch seine Mutter als seine gesetzliche Vertreterin gestellt werden müssen (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 403 Rdn. 6). Diese hat weder selbst einen Adhäsionsantrag gestellt noch Rechtsanwältin H. zur Antragstellung bevollmächtigt; letzteres ist lediglich durch die Betreuerin der Mutter geschehen [Bd. I 180, 182; II 138]. Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Betreuerin zur Vertretung des Verletzten nicht berechtigt, da die Vertretungsmacht des Betreuers auf den ihm zugewiesenen Aufgabenkreis beschränkt ist, § 1902 BGB.
5
Das Recht, für einen Minderjährigen einen Adhäsionsantrag zu stellen, ist Ausfluss der elterlichen Sorge, die die Sorge für die Person und das Vermögen des minderjährigen Kindes umfasst (§ 1626 Abs. 1 BGB). Die elterliche Sorge und die sich aus ihr ergebenden Rechte sind höchstpersönlicher Natur und können nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen auf andere Personen übertragen werden. Die Bestellung eines Betreuers für den sorgeberech- tigten Elternteil hat keine Auswirkungen auf die elterliche Sorge und beinhaltet nicht die Vertretung des minderjährigen Kindes (vgl. BayObLG BtPrax 2004, 239; Palandt/Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1896 Rdn. 23; Schwab in MünchKomm BGB § 1896 Rdn. 100, § 1902 Rdn. 34; Bienwald in J. von Staudinger Kommentar zum BGB § 1902 Rdn. 34; Hoffmann BtPrax 2007, 95, 97).
6
2. Da es an einer rechtswirksamen Bevollmächtigung fehlt, ist der Adhäsionsantrag unzulässig (§ 403 StPO). Der Senat spricht daher aus, dass gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird (vgl. Meyer-Goßner aaO § 406 Rdn. 10).

7
3. Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen. Die dem als Nebenkläger zugelassenen Verletzten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte dagegen nicht zu tragen, da Rechtsanwältin H. zur Abgabe der Anschlusserklärung nach § 396 Abs. 1 StPO ebenfalls nicht rechtswirksam bevollmächtigt war. RiBGH Prof. Dr. Kuckein befindet sich im Ruhestand. Tepperwien Maatz Tepperwien Solin-Stojanović Mutzbauer

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschließende Entscheidung ergangen ist. Im Übrigen steht dem Antragsteller ein Rechtsmittel nicht zu.

(2) Soweit das Gericht dem Antrag stattgibt, kann der Angeklagte die Entscheidung auch ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zulässigen Rechtsmittel anfechten. In diesem Falle kann über das Rechtsmittel durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden. Ist das zulässige Rechtsmittel die Berufung, findet auf Antrag des Angeklagten oder des Antragstellers eine mündliche Anhörung der Beteiligten statt.

(3) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung ist aufzuheben, wenn der Angeklagte unter Aufhebung der Verurteilung wegen der Straftat, auf welche die Entscheidung über den Antrag gestützt worden ist, weder schuldig gesprochen noch gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Dies gilt auch, wenn das Urteil insoweit nicht angefochten ist.

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind.

(2) Eine weitere Begründung der Revisionsanträge als die in § 344 Abs. 2 vorgeschriebene ist nicht erforderlich und, wenn sie unrichtig ist, unschädlich.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.