Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2008 - 3 StR 36/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluss des Landgerichts Verden vom 20. Juni 2007, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst , dass die Worte "gemeinschaftlichen" und "im minder schweren Fall" entfallen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" schweren Raubes "im minder schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und unter Einbeziehung der Strafe aus einer vorangegangenen gesamtstrafenfähigen Verurteilung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg.
- 2
- Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch war allerdings neu zu fassen, weil die Urteilsformel von allem freizuhalten ist, was nicht unmittelbar der Erfüllung ihrer Aufgabe dient, das begangene Unrecht zu kennzeichnen und die im Urteil getroffenen Anordnungen zu verlautbaren. Bezeichnungen der Tat als "gemeinschaftlich" oder "minder schwerer Fall" erübrigen sich danach (BGHSt 27, 287, 289). Im Übrigen war das Urteil lediglich um die Feststellung eines Konventionsverstoßes zu ergänzen (§ 349 Abs. 4 StPO).
- 3
- Nach Eingang der verspäteten Revisionsbegründung und des Wiedereinsetzungsantrages beim Landgericht am 26. Juni 2007 ist es zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG gekommen. Nachdem die Akten vom Landgericht an die Staatsanwaltschaft übersandt worden waren und der neue, für das Revisionsverfahren mandatierte Verteidiger am 4. Juli 2007 Akteneinsicht genommen hatte, stellte der Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft Verden erst am 11. Januar 2008 den Übersendungsbericht an den General- bundesanwalt fertig; dort gingen die Akten am 23. Januar 2008 ein. Bei einem ordnungsgemäßen Verfahrensgang hätte die Aktenübersendung einschließlich der erforderlichen Vorarbeiten allenfalls zwei Monate benötigen dürfen, so dass es zu einer unangemessenen Verfahrensverzögerung von ca. fünf Monaten gekommen ist. Dies hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen; der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf es dazu nicht (BGH NStZ 2001, 52; NStZRR 2005, 320).
- 4
- Nach der durch Beschluss des Großen Senats für Strafsachen geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Kompensation von rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen (BGH, Beschl. vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 = NJW 2008, 860; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) kann die ausdrückliche Feststellung der Verfahrensverzögerung zu ihrer Kompensation genügen; die Feststellung muss lediglich in den Urteilsgründen deutlich hervortreten (BGH aaO Rdn. 38, 56).
- 5
- So verhält es sich hier. Der Senat kann diese Frage selbst entscheiden, weil es im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, über die Feststellung der Verfahrensverzögerung hinaus eine weitergehende Kompensation durch den Ausspruch vorzunehmen, dass ein Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt (§ 354 Abs. 1 StPO):
- 6
- Die Verfahrensverzögerung betrug weniger als sechs Monate. Sie geschah erst nach dem Eingang der allein auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionsbegründung, so dass eine den Angeklagten besonders belastende Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens sich nur noch darauf beziehen konnte, ob das ihn verurteilende erstinstanzliche Urteil rechtskräftig werden würde. Die Verzögerung des Eintritts der Rechtskraft hat allenfalls eine sehr geringe Belastung für den Angeklagten nach sich gezogen, weil er sich seit dem 23. Juli 2007 in anderer Sache in Strafhaft befindet. Dabei handelt es sich um die Vollstreckung der im angefochtenen Urteil bei der Gesamtstrafenbildung einbezogenen Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, so dass die verbüßte Haftzeit in vollem Umfang auf die hier zu verbüßende Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist.
- 7
- Nach alledem scheidet eine weitergehende Kompensation als die vom Senat vorgenommene Feststellung der Verfahrensverzögerung aus.
- 8
- Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.