Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 8 3 / 1 4
vom
19. August 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 19. August 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. Januar 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter Anstiftung zum Mord zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Y. ) bzw. von drei Jahren und zwei Monaten (C. ) verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der von beiden Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).
2
1. Der Beanstandung liegt der folgende Verfahrensablauf zugrunde:
3
Am ersten Hauptverhandlungstag, dem 22. November 2013, lehnte der Angeklagte C. den beisitzenden Richter am Amtsgericht P. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte der Angeklagte aus, der abgelehnte Richter - der als Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen die Angeklagten und den Mitangeklagten vom 6. Mai 2013 erlassen sowie dabei deren Untersuchungshaft angeordnet hatte - habe am 27. Mai 2013 in einem Telefonat mit seinem Verteidiger, in dem über die Einlegung und die Aussichten einer Haftbeschwerde in der vorliegenden Sache gesprochen worden war, u.a. geäußert: "Unter uns gesagt, machen Sie sich doch nichts vor, die Drei gehören dahin, wo sie sind, und zwar ganz lange und ganz tief. Solche Leute haben in Freiheit nichts zu suchen". Der Angeklagte Y. schloss sich diesem Ablehnungsgesuch an. Durch den - in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2013 verkündeten - Beschluss vom 11. Dezember 2013 wies die Strafkammer - ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters - die Ablehnungsgesuche als unbegründet zurück.
4
2. Die Ablehnung erfolgte mit Recht. Aus Sicht der Angeklagten lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
5
a) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts haben die Angeklagten die behaupteten Äußerungen des abgelehnten Richters hinreichend glaubhaft gemacht. Sie sind insbesondere auch nicht aufgrund des zwischenzeitlichen Verhaltens des Verteidigers des Angeklagten C. , der die Ablehnungsgründe im Rahmen weiterer Haftentscheidungen sowie bis zum Beginn der Hauptverhandlung nicht geltend gemacht hatte, oder infolge der dienstlichen Äußerung des Abgelehnten zweifelhaft.
6
b) In der Sache bestand für die Angeklagten bei verständiger Würdigung des ihnen bekannten Sachverhaltes Grund zu der Annahme, der abgelehnte Richter nehme ihnen gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN).
7
Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist allerdings, soweit sie nicht die Tatbestände eines Ausschlussgrundes gemäß § 22 Nr. 4 und 5, § 23 oder § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO zu begründen; denn eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in damit zusammenhängenden Verfahren ist von der Strafprozessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehen. Dies gilt nicht nur für die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen , sondern etwa auch die Befassung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142; vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341 und vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337 sowie Beschluss vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 24 Rn. 12 ff. mwN). Anders verhält es sich lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies ist etwa der Fall, wenn frühere Entscheidungen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei oder in Verbindung mit einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, Rn. 15 f.).
8
So war es hier. Die vorliegend geltend gemachten Äußerungen des im Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten als Haftrichter tätigen beisitzenden Richters gegenüber dem Verteidiger des Angeklagten C. sind besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung. Schon nach ihrem Inhalt bestand aus Sicht der Beschwerdeführer mit Recht die Besorgnis, der beisitzende Richter stehe ihnen (auch) im Hauptverfahren nicht unbefangen gegenüber , sondern habe sich in der Sache bereits eine endgültige, zu ihren Lasten gehende Meinung gebildet. Daran vermag im Ergebnis nichts zu ändern, dass sich die Äußerungen des Richters nach dem Anlass des Telefonats und seinem weiteren Inhalt (allein) auf die Erfolgsaussicht einer Haftbeschwerde des Angeklagten C. bezogen hatten, und zum Zeitpunkt der Ablehnung bereits geraume Zeit zurücklagen.
9
3. Das Ablehnungsgesuch durfte nach alledem nicht zurückgewiesen werden, weil die früheren Äußerungen des beisitzenden Richters den Eindruck der Voreingenommenheit hervorrufen mussten. Deshalb liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO vor, der den Senat dazu zwingt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben.
10
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung rein vorsorglich darauf hin, dass es bei Verneinung des Vorliegens von Mordmerkmalen beim Anstifter selbst hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der (hier: geplanten) Tat für ihn darauf ankommt, ob diese für den Täter ein Mord wäre und ob dem Anstifter die hierfür maßgeblichen Umstände bewusst waren. Hätte der Täter bei Ausführung der Tat einen Mord begangen, weil er einen Menschen gegen eine Belohnung getötet und daher aus Habgier im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB ge- handelt hätte, so kommt bei dem Anstifter - bei Vorliegen der erforderlichen subjektiven tatbestandlichen Voraussetzungen - ein Schuldspruch wegen (hier: versuchter) Anstiftung zum Mord in Betracht. Hinsichtlich des für den Anstifter anzuwendenden Strafrahmen ist allerdings zu beachten, dass bei einem solchen Versuch der Beteiligung die in § 211 Abs. 1 StGB bestimmte Strafe nicht nur gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB, sondern weiter im Hinblick auf § 28 Abs. 1 StGB und mithin zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 1 StR 227/05, NStZ 2006, 34, 35 sowie Urteil vom 24. November 2005 - 4 StR 243/05, NStZ 2006, 288, 290).
Becker Pfister Hubert
Mayer Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

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Strafprozeßordnung - StPO | § 24 Ablehnung eines Richters; Besorgnis der Befangenheit


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

Strafprozeßordnung - StPO | § 22 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, 1. wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;2. wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;3.

Strafprozeßordnung - StPO | § 23 Ausschließung eines Richters wegen Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung


(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen. (2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag

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(1) Für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 148 Abs. 2 ist der Richter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollzugsanstalt liegt. Ist eine Anzeige nach § 138 des Strafgesetzbuches zu erstatten, so sind Schriftstücke oder

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen,

1.
wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;
2.
wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;
3.
wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist;
5.
wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.

(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen.

(2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen. Ist die angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszug ergangen, so ist auch der Richter ausgeschlossen, der an der ihr zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Mitwirkung bei Entscheidungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens.

(1) Für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 148 Abs. 2 ist der Richter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollzugsanstalt liegt. Ist eine Anzeige nach § 138 des Strafgesetzbuches zu erstatten, so sind Schriftstücke oder andere Gegenstände, aus denen sich die Verpflichtung zur Anzeige ergibt, vorläufig in Verwahrung zu nehmen; die Vorschriften über die Beschlagnahme bleiben unberührt.

(2) Der Richter, der mit Überwachungsmaßnahmen betraut ist, darf mit dem Gegenstand der Untersuchung weder befaßt sein noch befaßt werden. Der Richter hat über Kenntnisse, die er bei der Überwachung erlangt, Verschwiegenheit zu bewahren; § 138 des Strafgesetzbuches bleibt unberührt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 212/12
vom
7. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
hier: Ablehnungsanträge des Angeklagten gegen
den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Nack,
den Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß,
den Richter am Bundesgerichtshof Hebenstreit,
den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Graf,
wegen Besorgnis der Befangenheit
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. August 2012 beschlossen:
Die Befangenheitsanträge des Angeklagten vom 29. März 2012 gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Nack, den Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß, den Richter am Bundesgerichtshof Hebenstreit, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Graf, werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Der Senat hat über eine Revision des Antragstellers zu entscheiden. Dieser ist vom Landgericht Augsburg wegen falscher Angaben, vorsätzlichen Bankrotts, Betruges in 14 Fällen sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Durch Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 StR 354/11) hatte der Senat ein erstes Erkenntnis auf Revision des Antragstellers aufgehoben, soweit er wegen falscher Angaben verurteilt worden war, sowie im Ausspruch über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe , seine weitergehende Revision hingegen verworfen.
2
Der Antragsteller ist der Ansicht, die abgelehnten Richter seien zu seinem Nachteil befangen. Denn diese hätten sich durch die erste Revisionsent- scheidung in dieser Sache „der vermuteten Beihilfe zu einem Prozessbetrug schuldig gemacht“, „Akteninhalt ignoriert“ und dadurch „gegen das Gebot der Wahrheitsfindung“ verstoßen. Fehler des erstinstanzlichen Gerichts bei der Be- rechnung der Betrugsschadenshöhe hätten sie zudem nicht erkannt.
3
Die Befangenheitsanträge sind jedenfalls unbegründet. Es liegen keine Gründe vor, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof Nack und der Richter am Bundesgerichtshof Rothfuß, Hebenstreit und Dr. Graf zu rechtfertigen.
4
Denn hierfür genügt nicht das rein subjektive Empfinden des Antragstellers , dieses muss vielmehr gerechtfertigt, also in objektivierbaren Umständen begründet sein. Die Ablehnung eines Richters nach § 24 Abs. 2 StPO ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann (BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1967 – 2 BvR 235/64, BVerfGE 21, 139, 146; BGH, Urteil vom 9. Februar 1951 – 3 StR 48/50, BGHSt 1, 34, 39; BGH, Beschluss vom 18. November 2008 – 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85 f.). Daran fehlt es vorliegend.
5
Der unsubstantiierte Vortrag des Antragstellers legt solche objektivierbaren Umstände für die Befürchtung der Befangenheit nicht dar.
6
Die Vorbefassung eines Richters mit dem Verfahrensgegenstand ist für sich allein nie ein Ablehnungsgrund, da der vernünftige Angeklagte davon ausgehen kann, dass der Richter auch dann unvoreingenommen an die Sache herantritt, wenn er sich schon früher über den Sachverhalt ein Urteil gebildet hat (BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1971 – 2 BvR 443/69, BVerfGE 30, 149, 153; BGH, Beschluss vom 18. November 2008 – 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85 f.). Dies gilt auch für den Revisionsrichter (BGH, Beschluss vom 18. Novem- ber 2009 – 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85). Ein allein auf den Umstand der Vorbefassung gestützter Ablehnungsantrag ist daher schon unzulässig nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO (BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216, 221).
7
Zwar trägt der Antragsteller darüber hinausgehend vor, erst die konkrete Art und Weise der Vorbefassung belege die Voreingenommenheit der Richter. Besondere Umstände, die auch für einen verständigen Antragsteller eine solche Besorgnis rechtfertigten (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18. November 2009 – 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85; BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 – 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44), sind aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
8
Der Vorwurf einer „vermuteten“ Straftat und des damit verbundenen Schädigungsvorsatzes der abgelehnten Richter zu Lasten des Antragstellers entbehrt jeder Tatsachengrundlage. Diesen Vorwurf konkretisierende Umstände enthält auch der Ablehnungsantrag nicht.
9
Sein Vorbringen im Übrigen erschöpft sich seinem sachlichen Gehalt nach darin, zu beanstanden, mit der eigenen Würdigung in der ersten Revisionsentscheidung nicht durchgedrungen zu sein. Bei einer verständigen Würdigung vermögen solche dem Antragsteller im Ergebnis missliebigen Entscheidungen , die sich für ihn als vermeintlich fehlerhaft darstellen, nicht die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Dies gilt zumal da der Antragsteller offensichtlich das Wesen der Revision verkennt. Danach ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den Akteninhalt vollständig zur Kenntnis zu nehmen; es ist ihm zudem verwehrt, eine eigene Beweiswürdigung vorzunehmen, vielmehr ist es an die tatrichterlichen Feststellungen gebunden und kann nur überprüfen, ob diese rechtsfehlerfrei zustande gekommen sind (vgl. §§ 337, 338 StPO; hierzu Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., vor § 333 Rn. 1 ff. mwN). Wahl Jäger Gericke Sander Cirener

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 227/05
vom
30. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juni 2005 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 10. Februar 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen Anstiftung zum Totschlag in zwei Fällen zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Seine Revision hat schon mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), da die Beweiswürdigung rechtlicher Überprüfung nicht stand hält. Unabhängig davon bestehen auch gegen den Schuldspruch rechtliche Bedenken.

I.

Die Strafkammer hat folgende Feststellungen getroffen : 1. Der Angeklagte verbüßte in der Justizvollzugsanstalt B. April bis 2004 (Endstrafe) eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten wegen zahlreicher Sexualstraftaten zum Nachteil seiner Tochter. In der Krankenabtei-
lung - der Angeklagte benutzt einen Rollstuhl - war er ab etwa Januar 2004 mit etwa H. vier Wochen lang in derselben Zelle untergebracht. H. hat seit Ende 2003 bis voraussichtlich 2006 Freiheitsstrafe wegen Betrügereien zu verbüßen. Der Angeklagte forderte H. auf, einen "Auftragskiller" zu besorgen ,der Bä. und M. noch vor der Entlassung des Angeklagten umbringen sollte. Bä. war 1999 wegen sexuellen Mißbrauchs der genannten Tochter des Angeklagten, nach dessen Auffassung zu milde, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. M. war, nachdem die Tochter des Angeklagten gegenüber anderen Kindern von dem Mißbrauch erzählt hatte, Teil einer Informationskette gewesen, die letztlich zu einer anonymen Unterrichtung des Jugendamts führte. Außerdem hatte sich der Angeklagte einmal um eine Stelle bei einem Fuhrunternehmen beworben, die dann M. bekommen hatte. Der von H. zu vermittelnde "Auftragskiller" sollte 5.000 Euro Belohnung bekommen, H. 50.000 Euro, die der Angeklagte aus Lösegeldzahlungen der Familien Bä. und M. begleichen wollte; ihnen sollte vorgespiegelt werden, Bä. und M. seien zwar entführt, aber am Leben. 2. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung "kaum" Angaben gemacht und im Ermittlungsverfahren jedes Fehlverhalten bestritten. Gestützt ist die Verurteilung "in erster Linie" auf den Zeugen H. . Dieser hatte Anfang März in einem Brief an die Strafverfolgungsbehörden den Plan des Angeklagten angezeigt und dabei seine in der Folge wiederholte Erwartung nach Strafaussetzung zur Bewährung und (oder) der Einstellung weiterer Verfahren zum Ausdruck gebracht. Beigefügt war ein Zettel, auf den der Angeklagte sowohl seinen Namen als auch die Namen von Bä. und M. jeweils mit Anschrift geschrieben hatte. Es gab, in der Folgezeit unter polizeilicher Kontrolle, auch einen im Urteil wiedergegebenen anstaltsinternen Briefwechsel zwischen dem Angeklagten und H. , der seinem Wortlaut nach den Kauf eines behindertengerechten Pkw's
betraf, sich nach der Beweiswürdigung der Strafkammer in verschleiertem Sprachgebrauch der Sache nach aber um den geplanten Mordauftrag drehte.

II.

1. Die Strafkammer stellt im Kern - auch - darauf ab, es sei unwahrscheinlich , daß der Angeklagte von H. einen behindertengerechten Pkw gewollt hätte , weil H. bis 2006 inhaftiert sei. Die Annahme, daß der Angeklagte sich entschlossen habe, a us Rache für Jahre zurückliegende Vorgänge Tötungen in Auftrag zu geben und geglaubt habe , der seit kurzem wegen Betrugs einsitzende H. könne aus der Justizvollzugsanstalt heraus innerhalb weniger Wochen Auftragsmorde organisieren, wofür er ihm eine ersichtlich sehr schwer realisierbare hohe Belohnung aus dem Erlös vorgetäuschter Entführungen versprach, erscheint nicht naheliegender. Stehen mehrere Möglichkeiten im Raum, von denen keine zwingend ausgeschlossen ist, aber auch keine naheliegt, ist der Tatrichter zwar nicht gehindert, die für den Angeklagten ungünstigere Möglichkeit zu bejahen (§ 261 StPO); er muß jedoch erkennbar erwägen, daß diese Möglichkeit auch nicht wesentlich näherliegend erscheint als die als fernliegend verworfene Möglichkeit, die für den Angeklagten günstiger gewesen wäre (vgl. BGH StraFo 2005, 161). 2. Dies würde den Bestand des Urteils nicht notwendig g efährden, wenn die zur Glaubwürdigkeit des Zeugen H. angestellten Erwägungen rechtlicher Überprüfung stand hielten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Strafkammer prüft, ob aus Erkenntnissen zu vergleichbarem Verhalten des Zeugen Rückschlüsse auf die Richtigkeit seiner hier im Raum stehenden Aussagen gezogen werden können (sog. allgemeine Glaubhaftigkeit, vgl. hierzu BGH NJW 2005, 1519, 1521 m. w. N.). Der inhaftierte Zeuge hat in der Erwar-
tung eigener Vorteile in der Justizvollzugsanstalt sicherheitsrelevante Vorgänge angezeigt. Die Strafkammer hält die Erwartung eigener Vorteile - zu Recht - für ein mögliches Falschbelastungsmotiv und erwägt in diesem Zusammenhang, daß er - naheliegend ebenfalls in der Erwartung von Vorteilen - auch schon Angaben zu angeblichen Verstecken von Falschgeld und zum Schmuggel von Handys in die Vollzugsanstalt gemacht habe. Diese Angaben waren nicht brauchbar. Die Strafkammer meint jedoch, daraus könnten keine Schlüsse über die Qualität der vorliegenden Aussagen gezogen werden, weil die Angaben zu Falschgeldverstecken und Handyschmuggel nicht nachweisbar falsch gewesen seien. Näher begründet ist all dies nicht. Es versteht sich jedoch nicht von selbst und wäre daher darzulegen gewesen, worin der Unterschied zwischen nicht brauchbaren und falschen Aussagen liegt, nachdem die Strafkammer hierin einen für die Einschätzung auch der hier wichtigen Angaben des Zeugen maßgeblichen Unterschied sieht. Auf ähnlicher Ebene liegt die Erwägung, der Zeuge vermittle nicht den Eindruck, zu glauben, er könne mit einer "durch nichts belegbaren falschen Anschuldigung ... Vorteile erlangen". Auch diese Erwägung wäre nur tragfähig, wenn sich die Strafkammer damit auseinandergesetzt hätte, daß der Angeklagte auch sonst (zumindest) unbrauchbare Angaben zu Straftaten bzw. Ordnungsverstößen in der Justizvollzugsanstalt gemacht hat. Schließlich erwägt die Strafkammer, sie halte es für "ausgeschlossen", daß der Zeuge "jemand ist", der sich mit falschen Anschuldigungen zu Lasten anderer eigene Vorteile verschafft. Bei der Einschätzung der Glaubhaftigkeit einer Aussage auch auf Grund einer generellen Persönlichkeitsbeurteilung (zur Problematik vgl. BGH StV 1994, 64; NJW 2005, 1519, 1521; Boetticher in NJW-Sonderheft für G. Schäfer 2002, 8, 12 jew. m. w. N.) ist es erforderlich, möglicherweise gegenläufige Gesichtspunkte erkennbar zu erörtern. Daran fehlt es. Es ist nicht näher mitgeteilt, was der Verurteilung zu insgesamt mehr als zwei Jahren
mitgeteilt, was der Verurteilung zu insgesamt mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe wegen Betrügereien konkret zu Grunde liegt. Grundsätzlich ist Betrug jedoch dadurch gekennzeichnet, daß der Täter mit planmäßig eingesetzter, unerkannt gebliebener Unwahrhaftigkeit andere schädigt und sich
dadurch Vorteile verschafft. Die Annahme, ein solches Verhaltensmuster des Zeugen sei hier nach dessen Persönlichkeit ausgeschlossen, hätte daher näherer Begründung bedurft. 3. Jedenfalls insgesamt führen die aufgeführten Gesichtsp unkte zur Aufhebung des Urteils, ohne daß es auf die Verfahrensrügen noch ankäme. Der Senat bemerkt jedoch, daß für das Tatgericht umso eher Anlaß besteht, trotz der erlangten Überzeugung weitere erkennbare Beweismöglichkeiten zu benutzen, je weniger gesichert das Beweisergebnis erscheint, je gewichtiger die Unsicherheitsfaktoren sind und je mehr Widersprüche bei der Beweiserhebung zutage getreten sind (vgl. BGH StV 1996, 249 f. m. w. N.).

III.

Auch auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist das Urteil nicht rechtsfehlerfrei: 1. Die Strafkammer hat Mordmerkmale beim Angeklagten verneint und ihn deshalb wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag verurteilt. Dieser Ansatz ist unzutreffend. Hinsichtlich der rechtlichen Einordnung einer (hier: geplanten) Tat ist nicht auf den Anstifter (hier: denjenigen, der eine Anstiftung im Wege der Kettenanstiftung versucht) abzustellen; es kommt vielmehr darauf an, ob die Tat des (hier: noch zu findenden) Täters Mord wäre und ob dem Anstifter die hierfür maßgeblichen Umstände bewußt sind (vgl. BGH NJW 2005, 996 f., BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 2 Strafrahmen 1 jew. m. w. N.). Der (noch zu findende) Täter der Tötung von Bä. und M. sollte vom Angeklagten eine Belohnung bekommen. Wer einen anderen gegen Belohnung tötet, handelt regelmäßig habgierig i. S. d. § 211 StGB (BGH NJW 1993, 1664, 1665; Schneider in Münch-Komm § 211 Rdn. 62 m. w. N. in Fußn. 170). Da das Angebot einer Belohnung vom
Angeklagten stammte, drängt sich die Annahme auch der subjektiven Voraussetzungen einer versuchten Anstiftung zum Mord auf. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) würde einer Verschärfung des Schuldspruchs nicht entgegenstehen (ständ. Rspr., vgl. d. N. b. Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18). 2. Hier kommt die Besonderheit hinzu, daß der gewichti gere Schuldspruch wegen versuchter Anstiftung zum Mord mit sechs Monaten Freiheitsstrafe eine wesentlich geringere Mindeststrafe nach sich ziehen würde, als die Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe bei einem Schuldspruch wegen versuchter Anstiftung zum Totschlag, von der die Strafkammer ausgeht. Dies beruht darauf, daß der Strafrahmen des § 211 StGB hier zweimal gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern wäre, nicht nur im Hinblick auf § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB, sondern auch im Hinblick auf § 28 Abs. 1 StGB, weil das täterbezogene Mordmerkmal der Habgier beim Angeklagten selbst nicht vorläge (vgl. BGH NStZ 1989, 19; w. N. b. Jähnke in LK 11. Aufl. § 211 Rdn. 62 Fußn. 241). Der Strafrahmen des § 212 StGB wäre hingegen nur einmal im Hinblick auf § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Es gilt hier dasselbe wie bei einem Gehilfen, bei dem ein beim Täter vorliegendes persönliches Mordmerkmal fehlt (vgl. hierzu BGH NStZ 1981, 299; Beschluß vom 13. Oktober 2004 - 2 StR 206/04; w. N. b. Jähnke aaO). 3. Allerdings kann innerhalb des anzuwendenden Strafra hmens bei einem Teilnehmer, bei dem ein beim Täter vorliegendes Merkmal i. S. d. § 28 Abs. 1 StGB fehlt, das im Hinblick auf dieses Merkmal gesteigerte Unrecht der Tat strafschärfend berücksichtigt werden (BGH wistra 2005, 177 m. w. N.). Ungeachtet dessen sieht der Senat in der aufgezeigten Differenz bei der Mindeststrafe einen Wertungswiderspruch (ebenso BGH, Beschluß vom 13. Oktober 2004
- 2 StR 206/04 bei einem der aufgezeigten "Gehilfenfälle"), der vorliegend besonders hervortritt, weil der Anstifter durch das Angebot einer Belohnung erst die Habgier des Anzustiftenden wecken und sie so zur Tatbegehung instrumentalisieren wollte. 4. Der Senat neigt der Auffassung zu, daß in derartig en Fällen die für eine Beteiligung am Totschlag zu verhängende Mindeststrafe eine "Sperrwirkung" für die Mindeststrafe wegen einer Beteiligung am Mord entfaltet, diese also nicht unterschritten werden kann. Dies hat der Bundesgerichtshof auch schon früher erwogen (Beschluß vom 13. Oktober 2004 - 2 StR 206/04; in vergleichbarem Sinne Arzt/Weber, Strafrecht BT, 2000, § 2 Rdn. 41 ; aus systematischen Gründen demgegenüber ablehnend Küper JZ 1991, 910, 914; generell zur Frage der Sperrwirkung vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. vor § 52 Rdn. 23 m. w. N.). Einer Entscheidung bedarf es hier aber letztlich nicht, weil es bisher an einer rechtsfehlerfrei getroffenen Tatsachengrundlage für eine Verurteilung fehlt. Aus
demselben Grund bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob die verhängte Strafe i. S. d. § 354 Abs. 1a StPO (zu dessen Anwendbarkeit bei Mängeln auch im Schuldspruch vgl. BGH wistra 2005, 232) angemessen wäre. Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 243/05
vom
24. November 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. November
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 6. Dezember 2004 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur Schuldfähigkeit aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer - Schwurgericht - des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anstiftung zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.

I.


Der Angeklagte ist Facharzt für Frauenheilkunde. Nach den Feststellungen betrieb seine Ehefrau K. S. , die in der Praxis des Angeklagten als Sprechstundenhilfe gearbeitet hatte, seit dem August 2003 die Scheidung. Sie
hatte bemerkt, "dass der Angeklagte - seiner langjährigen Neigung folgend - intime Beziehungen zu anderen Frauen, namentlich zu seinen Patientinnen, unterhielt", und fühlte sich von dem Angeklagten, der sie aus dem Praxisbetrieb ausgeschlossen hatte, in zunehmendem Maße gegängelt und in ihren persönlichen Freiheiten geknebelt. Der Angeklagte versuchte, seine Ehefrau, die das alleinige Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder beanspruchte, als ungeeignet für deren Erziehung darzustellen. Unter anderem wandte er sich an den sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises, um eine Einweisung seiner Ehefrau in eine psychiatrische Einrichtung herbeizuführen.
Nachdem das Familiengericht im Oktober 2003 K. S. das Sorgerecht für die ehelichen Kinder übertragen und dem Angeklagten ein Umgangsrecht zugesprochen hatte, fasste der Angeklagte den Entschluss, seine Ehefrau töten zu lassen. Er hielt den Lebensgefährten einer seiner Patientinnen, A. F. , für geeignet, die Tat auszuführen. Im Oktober oder November 2003 traf sich der Angeklagte in seiner Praxis mit A. F. und dessen Freund M. M. . Der Angeklagte bot die Zahlung von 40.000 Euro als Lohn für die Erfüllung des Auftrages, seine Ehefrau zu töten, an. A. F. und M. M. waren sich einig, den Auftrag keinesfalls auszuführen. A. F. wollte jedoch ausloten, wie weit der Angeklagte gehen würde. Nach einem weiteren Treffen mit A. F. und M. M. ließ der Angeklagte A. F. zwei 500-Euro-Noten zukommen, von denen F. eine an M. M. weitergab. Im Dezember 2003 bot der Angeklagte M. M. an, er werde 10.000 Euro mehr zahlen, wenn "sie bis zum Ende des Jahres verschwunden" sei. Anfang Januar 2004 suchte der Angeklagte die Lebensgefährtin von A. F. auf und erklärte, "es solle jetzt endlich passieren, sie müsse bedenken, dass sie zwei Kinder habe. Sonst werde er sich sein Geld über ein Inkassounternehmen zurückholen." A. F. befürchtete nach die-
sem "Auftritt" des Angeklagten, dass K. S. ernsthaft in Gefahr sei. Er wandte sich deshalb an einen Rechtsanwalt, der die Polizei einschaltete. Der Angeklagte wurde am 10. Januar 2004 nach einem weiteren Treffen mit A. F. , bei dem der Angeklagte erklärt hatte, die Sache müsse bis Mittwoch erledigt sein, in Untersuchungshaft genommen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte der versuchten Anstiftung zum Mord schuldig gemacht, weil A. F. und M. M. , hätten sie die Tat ausgeführt, aus Habgier gehandelt hätten. Da der Angeklagte demgegenüber keines der Mordmerkmale des § 211 StGB verwirklicht habe, sei der gemäß § 30 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen von drei Jahren bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe gemäß § 28 Abs. 1 StGB nochmals zu mildern, so dass von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu elf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe auszugehen sei.

II.


Der Strafausspruch hat keinen Bestand, weil schon die Strafrahmenwahl durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet; damit kommt es auf die Einzelbeanstandungen der Beschwerdeführerin zu den Strafzumessungserwägungen im engeren Sinne nicht an. Dass nach der Vorstellung des Angeklagten von den Tatumständen (vgl. BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 3) die Vorraussetzungen für die obligatorische (vgl. BGHR aaO) Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB vorliegen, ist durch die bisherigen Feststellungen nicht rechtsfehlerfrei belegt.
1. Allerdings ist die Annahme des Landgerichts, bei dem Angeklagten liege keines der Mordmerkmale vor, soweit es die täterbezogenen Merkmale
betrifft, im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat, wie die Urteilsausführungen belegen, nicht verkannt, dass die Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB ausgeschlossen ist, wenn sowohl Teilnehmer als auch Täter ein täterbezogenes Mordmerkmal verwirklicht haben und diese Merkmale gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39, 40; BGH NJW 2005, 996, 997).

a) Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte selbst aus Habgier gehandelt haben könnte, enthalten die Urteilsfeststellungen nicht.

b) Auch die Nichtannahme des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Nicht jede Tötung des Intimpartners, die geschieht, weil sich dieser vom Täter abwenden will, ist deswegen zwangsläufig schon aus niedrigen Beweggründen begangen (vgl. BGH StV 1997, 290). Vielmehr beruht eine solche Tat bei einem Motivbündel nur dann auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv oder die vorherrschenden Motive, die der Tat ihr Gepräge geben, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen (vgl. BGHR § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 20). Die Wertung des Landgerichts, im Hinblick darauf, dass es sich um einen durch wechselseitige Vorwürfe und Demütigungen geprägten Beziehungskonflikt gehandelt habe, und im Hinblick auf die Auseinandersetzungen um das Sorgerecht für die Kinder seien die Beweggründe des Angeklagten „jedenfalls“ nachvollziehbar, ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die - pauschale - Verneinung des Mordmerkmals der Heimtücke. Würde der Haupttäter nach der Vorstellung des Anstiftenden von den Tatumständen bei dem angestrebten Tötungsdelikt ein tatbezogenes Merkmal der zweiten Gruppe des § 211 StGB verwirklichen, ist für eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB
kein Raum (vgl. BGH NJW 2005, 996, 997 m.w.N.). Ist das angestrebte Tötungsdelikt nach der Vorstellung des Anstiftenden ein Heimtückemord, bleibt es bei der streng akzessorischen Bestrafung des Teilnehmers, so dass bei einer versuchten Anstiftung zum Heimtückemord der nur einmal nach § 30 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemilderte Ausgangsstrafrahmen von drei Jahren bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe zu Grunde zu legen ist. Zu der Frage , ob der Vorsatz des Angeklagten eine mögliche Verwirklichung des Mordmerkmals der Heimtücke bei der angestrebten Tötung seiner Ehefrau durch die damit beauftragten Täter umfasste, verhalten sich die Urteilsgründe jedoch nicht. Das ist unter den hier gegebenen Umständen rechtsfehlerhaft:
Für den Anstifter reicht, auch soweit es die Verwirklichung der Mordmerkmale durch die mit der Ausführung der Tat Beauftragten betrifft, bedingter Vorsatz aus (vgl. BGHSt 44, 99; BGH NJW 2005, 996, 997). Bedingten Vorsatz in diesem Sinne hat ein Straftäter aber auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist (vgl. BGHSt 40, 304, 306 f.). Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte hinsichtlich der eigentlichen Durchführung der Tat keine Vorgaben gemacht. Dass die Tötung in offener Konfrontation ausgeführt werden würde, lag nach den gesamten Umständen fern (vgl. BGH NJW 2005, 996, 997). Danach liegt, zumal der Anstiftervorsatz die fremde Haupttat nicht in allen Einzelheiten, sondern nur in ihren Hauptmerkmalen erfassen muss, die Annahme einer versuchten Anstiftung zur heimtückischen Tötung nahe.
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung nur des Strafausspruchs , denn die Prüfung eines bedingten Vorsatzes des Angeklagten hinsichtlich des weiteren Mordmerkmals der Heimtücke lässt den Schuldspruch wegen versuchter Anstiftung zum Mord unberührt. Dieser ist, unabhängig da-
von, ob sich der Vorsatz des Angeklagten auch auf eine heimtückische Tatbegehung erstreckte, schon deshalb gerechtfertigt, weil der Angeklagte nach den Feststellungen davon ausging, die von ihm mit der Tatausführung Beauftragten würden die Tat allein des Geldes wegen, mithin aus Habgier, begehen. Die Frage, ob der Angeklagte mit der Möglichkeit einer heimtückischen Tatbegehung rechnete und diese in Kauf genommen hat, kann hiervon losgelöst geprüft und entschieden werden (vgl. BGHSt 41, 222). Insoweit sind ungeachtet des rechtkräftigen Schuldspruchs ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter , die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, möglich.
4. Die gemäß § 301 StPO gebotene Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dies gilt insbesondere auch für die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB ausgeschlossen hat.

III.


Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
Bei einer doppelten Milderung des Strafrahmens des § 211 StGB gemäß § 49 StGB im Hinblick auf § 30 Abs. 1 und auf § 28 Abs. 1 StGB würde die versuchte Anstiftung zum Mord mit sechs Monaten Freiheitsstrafe eine wesentlich geringere Mindeststrafe nach sich ziehen, als eine versuchte Anstiftung zum Totschlag, weil der Strafrahmen des § 212 StGB nur einmal im Hinblick auf § 30 StGB zu mildern wäre. Eine versuchte Anstiftung zum Totschlag zöge mithin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als Mindeststrafe nach sich. Die Frage, ob
in derartigen Fällen der Beteiligung am Mord zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die für eine Beteiligung am Totschlag zu verhängende Mindeststrafe eine „Sperrwirkung“ entfaltet, diese also nicht unterschritten werden kann, hat der Bundesgerichtshof bisher offen gelassen (dazu neigend BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 – 1 StR 227/05 m. N.). Der Senat bejaht diese Frage. Bei Gesetzeskonkurrenz entfaltet ebenso wie bei Tateinheit (§ 52 Abs. 2 Satz 2 StGB) das zurücktretende Delikt eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe (st. Rspr., vgl. BGHSt 1, 152, 156; BGH NStZ 2003, 440 m. w. N.). Für die nach ständiger Rechtsprechung (seit BGHSt 1, 368, 370, vgl. auch BGHSt 36, 231, 233) als eigenständig zu begreifenden Straftatbestände der §§ 211, 212 StGB kann nicht anderes gelten, denn der Unrechtsgehalt des Totschlags ist im Mord enthalten (vgl. BGHSt 36, 231, 235), weil die vorsätzliche Tötung im Sinne des § 212 notwendiges Merkmal auch des § 211 StGB ist (vgl. BGHSt 1, 368, 370; 36, 231, 235).
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible