Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Sept. 2015 - 3 StR 236/15

bei uns veröffentlicht am03.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 236/15
vom
3. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. September 2015 beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Weder das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge verbindet die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn.
2. Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob an (ggf.) entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Gründe:

1
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen und versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und sachlichrechtlichen Beanstandungen.
2
Gegenstand des Anfrageverfahrens ist allein die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen unter B. I. der Urteilsgründe (Anklagepunkte 3 bis 8).
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von dem C. jeweils mindestens 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30%, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern und sich ein nicht unerhebliches Einkommen von gewisser Regelmäßigkeit zu verschaffen. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit C. mit seinem Auto nach B. und erwarb dort das Rauschgift auf "Kommission", welches er jeweils nach gewinnbringendem Verkauf bei der Abholung der neuen Menge, die er zuvor stets telefonisch bestellt hatte, bezahlte. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste Betäubungsmittelmenge entrichtet wurde, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
4
Das Landgericht hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbstständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt.
5
II. Der Senat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten in diesen sechs Fällen zu verwerfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wendet. Die insoweit erhobenen Revisionsangriffe versagen: Die Aufklärungsrüge, mit der die vollständige Einführung des Inhalts dreier Akten in die Hauptverhandlung vermisst wird, betrifft nur den Strafausspruch, den der Senat bereits aufgrund des Antrags des Generalbundesanwalts wegen unterlassener Berücksichtigung eines eingezogenen Kraftfahrzeugs bei der Strafzumessung aufheben wird. Die Aufklärungsrüge betreffend die Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung des Wirkstoffgutachtens ist nicht zulässig erhoben. Die sachlichrechtliche Beanstandung der Beweiswürdigung zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels zeigt - wie der Generalbundesanwalt näher ausgeführt hat - keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
6
Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Ansicht, dass sechs in Tatmehrheit zueinander stehende Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben sind. Sie werden weder durch das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten (dazu nachstehend 1.) noch durch die Bezahlung der zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge (dazu nachstehend 2.) zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn verbunden.
7
Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt materiellrechtlich Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt. Eine solche mehrfache Gesetzesverletzung durch eine Handlung ist zunächst bei einer Handlung im natürlichen Sinne gegeben, also dann, wenn sich ein Willensentschluss in einem Ausführungsakt erschöpft (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 Rn. 9, § 52 Rn. 6; jeweils mwN). Darüber hinaus kann auch dann von einer Tat im Rechtssinne auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dies ist der Fall, wenn zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise (objektiv) auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN). Über eine enge tatbestandliche Handlungseinheit hinausgehend kann auch eine Mehrheit natürlicher Handlungen, die tatbestandlich zusammengefasst sind und sich als Verwirklichung eines einheitlichen Täterwillens darstellen, als sog. Bewertungseinheit eine Tat im Rechtssinne bilden (LK/Rissing-van Saan aaO, vor § 52 Rn. 40 mwN).
8
Vorliegend kommt die Annahme von Tateinheit unter keinem der genannten Gesichtspunkte in Betracht. Im Einzelnen:
9
1. Aufeinanderfolgende Umsatzgeschäfte eines Betäubungsmittelhändlers werden nicht dadurch zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln , dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften dient.
10
Die Besonderheiten des weiten Tatbegriffs beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gebieten es bei angemessener Beachtung von Sinn und Zweck der Konkurrenzvorschriften, nicht bei jeder teilweisen Identität von auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen bezogenen Ausführungshandlungen von Tateinheit auszugehen (a). Die Annahme von Tateinheit ist zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld nicht unumgänglich , vielmehr kann sie den Wertungen und Zielsetzungen gesetzlicher Regelungen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts zum Vorteil, aber auch zum Nachteil des Täters zuwiderlaufen (b).
11
a) In Fällen wie dem vorliegenden führt die teilweise Identität von Ausführungshandlungen beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht zur Tatidentität. Dabei hält der Senat an dem nach der Rechtsprechung des Bundes- gerichtshofs weit auszulegenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 258 ff.) fest. Danach gilt:
12
aa) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144, 145). Sie umfasst deshalb von der Anbahnung des Geschäfts bis zur finanziellen Abwicklung nach Art und Bedeutung höchst unterschiedliche, zudem zeitlich und örtlich vielfach weit auseinanderfallende Betätigungen, die in rechtlicher Bewertung allein durch das subjektive Element des Handlungszwecks, nämlich der auf Güterumsatz gerichteten Zielsetzung, zusammengehalten werden (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256 f.). Dem - auch aus kriminalpolitischen Erwägungen weit auszulegenden - Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen sowohl Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Überlassung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen, als auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde als Abnehmer oder als Lieferant tätig wird (vgl. etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; Beschlüsse vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7; vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5). Das Aufsuchen des Lieferanten zum Zweck der Abholung von zuvor bestelltem Betäubungsmittel ist damit eine den Tatbestand des Handeltrei- bens erfüllende Tätigkeit (BGH, Urteil vom 20. August 1991 - 1 StR 273/91, NStZ 1992, 38, 39). Gleiches gilt für die Übermittlung des für eine erfolgte Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Kaufgelds (BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 - 1 StR 189/95, StV 1995, 641).
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bb) Dieser weite Begriff des Handeltreibens bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Frage, unter welchen Bedingungen auf verschiedene Betäubungsmittelmengen bezogene Geschäfte im Rechtssinne in Tateinheit zueinander stehen, deren Ausführungshandlungen teilweise zusammenfallen, so dass eine Handlung im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB vorliegt. Auszugehen ist von dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz, wonach Tateinheit dann anzunehmen ist, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen , die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-ZweckVerknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, um eine Handlungsund in deren Folge eine Tateinheit zu begründen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. auch LK/Rissing-van Saan aaO, § 52 Rn. 20 mwN).
14
Maßgeblich ist mithin die Identität der Ausführungshandlung in einem für beide Tatbestandsverwirklichungen in der konkreten Form notwendigen Teil; die konkrete, den einen Tatbestand erfüllende Handlung muss zugleich auch zu dem anderen Delikt einen tatbestandserheblichen Beitrag abgeben (BGH, Beschluss vom 11. November 1976 - 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67). Mit Blick auf die Weite des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und die daraus resultierende Vielgestaltigkeit denkbarer Tathandlungen kann die teilidentische Ausführungshandlung nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier an sich unabhängiger, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehender Handelsgeschäfte führen, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist und dadurch deren Unwert und die jeweilige Schuld des Täters zumindest mitprägt. Dies liegt beim bloßen Aufsuchen des Lieferanten durch einen Drogenhändler nicht vor.
15
(1) Ein eigener Unrechts- und Schuldgehalt kommt der Fahrt des Täters zu seinem Lieferanten kaum zu. Dies beruht auf der Besonderheit des weiten Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Einigt sich der Täter mit seinem Lieferanten auf den Ankauf von Drogen, die er seinerseits in Gewinnerzielungsabsicht weiterverkaufen will, so ist die Tat des Handeltreibens schon mit dieser Einigung vollendet. Die sich daran anschließende Fahrt zum Lieferanten ist für die Verwirklichung des Tatbestands ohne wesentliche selbstständige Bedeutung, sondern nur eine von vielen nachfolgenden Tätigkeiten, die - zur Bewertungseinheit zusammengefasst - Teile ein und derselben Tat des Handeltreibens sind. Erst recht gilt dies für die Fahrt zum Zweck der Bezahlung eines Handelsgeschäfts, das hinsichtlich der Übergabe der Betäubungsmittel schon abgewickelt ist. In beiden Konstellationen liegt in der Fahrt lediglich ein untergeordneter Teilakt des verabredeten bzw. schon durchgeführten Geschäfts, das sein wesentliches Gepräge vielmehr durch die Verabredung hierzu und durch die Entgegennahme und Weitergabe des Rauschgifts erhält. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Fallkonstellationen, in denen erst unter Zugrundelegung eines zugleich einer anderen Tatbestandsverwirklichung dienenden Teilaktes von einer vollständigen Tatbestandsverwirklichung auszugehen ist (so zum Beispiel die Gewaltanwendung im Rahmen des Raubes und die Körperverletzung, BGH, Urteil vom 18. März 1969 - 1 StR 544/68, BGHSt 22, 362, oder die Drohung bei der Vergewaltigung und die dadurch fahrlässig herbeigeführte Tötung, BGH, Urteil vom 21. September 1965 - 1 StR 269/65, BGHSt 20, 269). Die mindere Bedeutung der Fahrt des Täters zu seinem Lieferanten ändert zwar nichts daran, dass auch dadurch der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt wird, sie hindert nach den oben genannten Maßgaben indes, dass zwischen zwei nur auf diese Weise "verbundenen" Handelsgeschäften Tateinheit anzunehmen ist.
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(2) Die geringe Bedeutung, welche der Fahrt des Täters zum Lieferanten für das Unrecht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zukommt, erhellt auch folgende - geringfügig abweichende - Sachverhaltsvariante: Hat der Täter noch kein Erwerbsgeschäft mit seinem Betäubungsmittellieferanten vereinbart, sondern fährt mit dem Gedanken, bei sich bietender Gelegenheit weitere Drogen zu kaufen, so stellt die Anfahrt zu dem Ort, an dem der Täter ggf. Betäubungsmittel für den gewinnbringenden Weiterverkauf erwerben will, nur eine straflose Vorbereitungshandlung des in Aussicht genommenen Betäubungsmittelhandels dar (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 55). Ist danach die Fahrt keine Ausführungshandlung für ein neuerliches Drogengeschäft , so kann sie auch keine Verbindung von zwei Taten des Betäubungsmittelhandels bewirken.
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b) Zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld ist es nicht unumgänglich, die Mehrzahl von Handelsgeschäften zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen (vgl. zur Frage der Rechtfertigung der fortgesetzten Handlung BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 158 ff.). Mit dieser Zusammenfassung sind vielmehr eine Rei- he von Vorteilen und Nachteilen für den Täter verbunden, die letztlich auch zur Aufgabe der Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung geführt haben (vgl. BGH aaO S.146 ff.).
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aa) Die Annahme nur einer Tat im Rechtssinn kann sich wegen der Rechtskraftwirkung als ein Hindernis für eine effektive, zu gerechter Ahndung führende Bekämpfung der Serienkriminalität erweisen, die bei Aburteilung einzelner Teile der Tatserie eintritt. Um zu vermeiden, dass die Verurteilung wegen des Weiterverkaufs einer geringen Menge den Verbrauch der Strafklage für ein größeres Gesamtgeschehen nach sich zieht, müsste der Tatrichter sorgfältig das gesamte Lebensumfeld des Angeklagten untersuchen. Eine derartige Ausdehnung der Kognitionspflicht wäre in der Praxis nicht zu leisten.
19
bb) Anwendungsschwierigkeiten könnten auch bei der Sicherungsverwahrung entstehen, sofern es darauf ankommt, dass der Täter eine Mehrzahl von erheblichen Straftaten begangen hat (§ 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB). Da - wie der Fall zeigt - Einzeltaten zu einer Tat zusammengefasst werden würden, die für sich bereits mit erheblichen Einzelstrafen geahndet werden, würde eine Verknüpfung zu einer Tat den Angeklagten begünstigen.
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cc) Die bandenmäßige Begehung setzt nach der Rechtsprechung einen Zusammenschluss mit dem Willen voraus, mehrere selbstständige, noch unbestimmte Taten zu begehen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321). Die Verfolgung wäre erschwert, wenn sich der Tatrichter mit der (dann rechtlich erheblichen) Einlassung auseinandersetzen muss, die Tätergruppierung habe darauf geachtet, jeweils Fahrten sowohl zur Restzahlung für alte Lieferungen als auch zur Abholung neu bestellter Betäubungsmittel zu nutzen. Ähnliche Probleme könnten bei der Feststellung entstehen, ob der Täter gewerbsmäßig (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) gehandelt hat, da auch die- se Begehungsweise die Absicht zur mehrfachen Tatbestandsverwirklichung verlangt.
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dd) Die Zusammenfassung mehrerer Handelsgeschäfte kann sich - im Bereich der kleineren Betäubungsmittelkriminalität - aber auch zum Nachteil des Täters auswirken, wenn die einzelnen Mengen zusammengefasst die Grenze zur nicht geringen Menge im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 2 BtMG überschreiten und sich damit der Deliktscharakter vom Vergehen zum Verbrechen ändert (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 151 zur entsprechenden Rechtslage bei der fortgesetzten Handlung). Gleiches gilt, wenn der Täter lediglich bei einem Handelsgeschäft, das keine nicht geringe Menge von Rauschgift zum Gegenstand hat, im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bewaffnet ist.
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2. Die Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel anlässlich der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel verbindet die beiden Handelsgeschäfte ebenfalls nicht zu einer Tat im Rechtssinn. Insofern gilt: Allein ein Handeln am selben Ort und zur selben Zeit begründet im Allgemeinen keine Tateinheit im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit; erforderlich ist grundsätzlich vielmehr die (Teil-)Identität der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, § 52 Rn. 20 mwN). Hierzu reichen, wie bereits dargelegt, ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-FolgeBeziehung nicht aus (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97).
23
So liegt es hier: Die Bezahlung der Erstlieferung und die Entgegennahme der Zweitlieferung sind gesonderte Handlungen, die jeweils nur für die ein- zelne Lieferung das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllen (vgl. für die Bestellung neuer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung einer früheren Lieferung BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; für die Abholung neuer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung einer früheren Lieferung BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 3 StR 3/11, juris ). Darin unterscheidet sich der Sachverhalt von Konstellationen, in denen in der Rechtsprechung Tateinheit infolge eines Zusammenfallens von Zahlungsvorgängen für mehrere Betäubungsmittelkäufe angenommen worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 1993 - 2 StR 47/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; vom 13. März 1996 - 2 StR 514/95, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29; vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 376/07, juris; vom 9. Januar 2008 - 2 StR 527/07, juris; zu den Bedenken hiergegen vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. April 1999 - 4 StR 42/99, NStZ 1999, 411; vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, NStZ 2009, 392).
24
III. Der Ansicht des Senats stehen Entscheidungen anderer Strafsenate entgegen.
25
1. Zur Fahrt des Täters, die sowohl der Ablieferung des Kaufpreises für die frühere Lieferung als auch der Entgegennahme einer neueren Lieferung dient:
26
a) Der 4. Strafsenat hat in dem Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel eine Tathandlung des Handeltreibens gesehen, die mit der Tathandlung des dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatzes nachfolgenden Zahlungsvorgangs bezüglich einer vorangegangenen Lieferung zusammentrifft und deshalb Tateinheit zwischen den beiden Betäubungsmittelgeschäften wegen sich überschneidender objektiver Ausführungshandlungen an- genommen (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 418/12, NStZ 2014, 162; Anfragebeschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144; Vorlegungsbeschluss vom 22. Mai 2014 - 4 StR 223/13, juris Rn. 4 ff.; Beschluss vom 2. Juli 2014 - 4 StR 188/14, juris Rn. 4).
27
b) Der 2. Strafsenat hat in einer Stellungnahme zum Anfragebeschluss des 4. Strafsenats vom 31. Juli 2013 mitgeteilt, er neige zu der Ansicht, dass vor dem Hintergrund der in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgenommenen weiten Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln die Annahme von Tateinheit nicht noch weiter auf die der Anfrage zu Grunde liegende Fallkonstellation ausgedehnt werden sollte. Der Begriff der Handlungseinheit werde damit noch über die aufgegebene Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung hinaus erweitert, wofür weder eine rechtliche Grundlage noch ein praktisches Bedürfnis bestehe (Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 2 ARs 319/13, NStZ-RR 2014, 81).
28
2. Zur Bezahlung einer früheren Betäubungsmittellieferung im Zusammenhang mit der Entgegennahme oder Bestellung einer weiteren Lieferung:
29
a) Der 2. Strafsenat hat im Fall der Zahlung des Kaufpreises für eine frühere Lieferung (ebenso wie in der Rückgabe von wegen Qualitätsmängeln beanstandeten Rauschgifts aus dieser Lieferung) bei der Übernahme einer weiteren Lieferung Tateinheit angenommen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97). Er hat in einer späteren Entscheidung unter Hinweis auf diesen Beschluss offen gelassen, ob an der Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach die Abwicklung von Zahlungsvorgängen zurückliegende und neue Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu rechtlichen oder tatsächlichen Handlungseinheiten verbinden kann (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - 2 StR 572/11, juris Rn. 4), jüngst indes unter Bezugnahme auf denselben Beschluss wieder Tateinheit wegen Zusammentreffens beider Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil angenommen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 2 StR 381/14, juris Rn. 6).
30
b) Der 4. Strafsenat hat im Fall der Teilzahlung einer früheren Lieferung, bei der zugleich "das weitere Rauschgiftgeschäft eingeleitet" worden war, Bedenken geäußert, ob der bloße Zahlungsvorgang die Kraft habe, mehrere an sich selbstständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne zu verbinden , zur Begründung auf die weitreichenden Folgen beim Strafklageverbrauch verwiesen, in der Sache aber von einer Anfrage nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG abgesehen und das Verfahren teilweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt (BGH, Beschluss vom 13. April 1999 - 4 StR 42/99, NStZ 1999,

411).


31
IV. Der Senat fragt deshalb beim 2. Strafsenat und beim 4. Strafsenat an, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten wird, und bei den beiden anderen Strafsenaten, ob ggf. an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird, § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG.
Schäfer Pfister Hubert Gericke Spaniol

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

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Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2016 - 3 StR 356/16

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Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 422/11
vom
29. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
29. März 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 30. Juni 2011, soweit es die Angeklagten betrifft, im jeweiligen Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gesprochen und den Angeklagten K. zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten A. zu einer solchen von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die sie jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts stützen, der Angeklagte A. darüber hinaus auch auf eine Verfahrensbeanstandung. Die Rechtsmittel haben mit den Sachbeschwerden zu den Strafaussprüchen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen festgestellt:
3
In der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 2010 waren die Angeklagten sowie der Mitangeklagte und Nichtrevident D. als Türsteher in der Diskothek in M. tätig. Gegen 1.00 Uhr forderte D. nach einem Wortwechsel den Geschädigten Y. auf, die Diskothek zu verlassen, und begleitete ihn zur Tür. Y. war deswegen verärgert. Auf sein Geheiß ging sein Begleiter Mä. zum Eingang der Diskothek zurück und forderte den Angeklagten D. auf, nach draußen zu kommen, um die Sache mit dem Zeugen Y. "Mann gegen Mann" zu klären. Gemeinsam mit den Angeklagten K. und A. begaben sich D. , Y. und Mä. vor die Diskothek , wobei allen Beteiligten klar war, dass es nun zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Y. und D. kommen würde. Sogleich begann eine Rangelei zwischen diesen beiden, in deren Verlauf sich - entgegen der Erwartung der drei Angeklagten - der Zeuge Y. als der Überlegene herausstellte. Es gelang ihm, den Angeklagten D. zu Fall zu bringen, sich auf ihn zu setzen und auf ihn einzuschlagen. Dieser unerwartete Verlauf missfiel den Angeklagten K. und A. , so dass sie sich entschlossen, zugunsten des Mitangeklagten D. in die Auseinandersetzung einzugreifen, um das Blatt zu dessen Gunsten zu wenden. Sie traten und schlugen daher gemeinsam gegen Kopf und Körper des Zeugen Y. , der währenddessen - von den übrigen Beteiligten unbemerkt - von D. mehrfach mit einem - ohne Wis- sen der beiden anderen Angeklagten mitgeführten - Faustmesser gestochen wurde. Als der bis dahin an der Auseinandersetzung völlig unbeteiligte Mä. bemerkte, dass sein Freund sich nunmehr drei Gegnern gegenübersah, versuchte er mit den Worten: "Was soll das, ausgemacht war einer gegen einen", dem Geschädigten Y. zur Hilfe zu kommen. Er wurde daraufhin von den Angeklagten A. und K. abgewehrt und geschlagen, wodurch er ein blaues Auge und Prellungen im Rippenbereich erlitt. Gleichwohl leistete er heftigen Widerstand, weswegen die Angeklagten K. und A. zunächst von ihm abließen und sich - vermutlich ins Innere der Diskothek - zurückzogen. Dies nutzte der Geschädigte Mä. , um den Angeklagten D. , der zwischenzeitlich die Oberhand gewonnen hatte und auf dem Zeugen Y. saß, von diesem herunterzuziehen und die beiden voneinander zu trennen. Gemeinsam mit Y. , der bereits sichtbar aus mehreren Stich- und Schnittverletzungen an den Armen, Beinen und am Oberkörper blutete und sich nur noch humpelnd fortbewegen konnte, flüchtete Mä. in Richtung seines Autos. Die drei Angeklagten waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu sehen.
4
Nachdem die beiden Geschädigten etwa 30 Meter zurückgelegt hatten, wurden sie von allen drei Angeklagten, die sich zwischenzeitlich jeder mit einem Schlagwerkzeug - vermutlich mit Baseballschlägern oder Teleskopschlagstöcken - bewaffnet hatten, verfolgt. Als Mä. sich umdrehte und die Angeklagten K. und A. auf sich zukommen sah, rannte er davon. Währenddessen stürzte sich D. mit gezücktem Messer auf Y. und stach, nunmehr in der Absicht, ihn zu töten, mindestens sechs Mal gezielt auf dessen Hals, Kopf und Rücken ein. Der Zeuge Y. erlitt dadurch und durch die vorangegangenen Stiche zahlreiche erhebliche Verletzungen. Nachdem Y. gestürzt war und D. sein Messer verloren hatte, schlug der Mitangeklagte mit Fäusten weiter auf sein Opfer ein. Die Angeklagten K. und A. , denen es nicht gelungen war, den Zeugen Mä. einzuholen, begaben sich jetzt ebenfalls zu dem auf dem Boden liegenden Y. und schlugen mit ihren Schlagwerkzeugen auf diesen ein, wodurch der Geschädigte unter anderem erhebliche Gesichtsschädelverletzungen erlitt.

II.


5
1. Die Verfahrensrüge des Angeklagten A. versagt. Zwar hat sich die Strafkammer in den Urteilsgründen in Widerspruch zu einem Teil der Begründung gesetzt, mit der sie den Beweisantrag des Angeklagten, den Zeugen V. zum Beweis dafür zu vernehmen, dass der Geschädigte Y. - entgegen seiner Bekundung als Zeuge - intensiv Kampfsport betreibe, wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zurückgewiesen hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 244 Rn. 56 mwN); denn während sie im Ablehnungsbeschluss die Glaubhaftigkeit der Angaben des Geschädigten Y. und dessen Glaubwürdigkeit selbst bei (unterstellter) Richtigkeit der Beweisbehauptung u.a. deshalb nicht als erschüttert angesehen hat, weil der Geschädigte Erinnerungslücken und Unsicherheiten eingeräumt sowie auf besondere Nachfrage, wer ihn mit einem Stock geschlagen habe, angegeben habe, dies nicht mehr sicher sagen zu können, führt sie in den Urteilsgründen aus, sie habe sich von einem Schlagstockeinsatz durch den Angeklagten A. gegen den Geschädigten Y. auch deshalb überzeugt, weil dieser sich sicher gewesen sei, auch A. habe mit einem Schlagstock auf ihn eingeschlagen.
6
Indes beruht die Verurteilung des Angeklagten auf diesem Verfahrensfehler nicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Sowohl die antizipierende Beweiswürdigung im Ablehnungsbeschluss als auch die im Urteil mitgeteilte, Schuld- und Strafausspruch tragende Überzeugungsbildung sind - je für sich - frei von Rechtsfehlern. Der hier maßgebliche Verfahrensfehler liegt deshalb darin, dass die Strafkammer ihre von einem Teil der Begründung des Ablehnungsbeschlusses abweichende Beweiswürdigung dem Antragsteller vor der Urteilsverkündung nicht bekannt gegeben und ihm somit die Möglichkeit genommen hat, sein Verteidigungsverhalten auf diese teilweise Abkehr von der Begründung der Zurückweisung des Beweisantrages einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1963 - 1 StR 501/62, BGHSt 19, 24, 26 f.; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 139). Der Senat kann aber unter den hier gegebenen Umständen ausschließen , dass der Angeklagte bei einem (rechtzeitigen) Hinweis auf die allein in einem Teilaspekt abweichende Überzeugungsbildung des Landgerichts die Möglichkeit gehabt hätte, durch weitere Anträge oder Darlegungen Schuldoder Strafausspruch für ihn günstig zu beeinflussen. Die Revision bringt insofern auch nicht vor, wie sich der Angeklagte nach einem solchen Hinweis insoweit erfolgversprechender hätte verteidigen, insbesondere die Glaubwürdigkeit des Geschädigten Y. in entscheidungserheblicher Weise hätte erschüttern können. Dafür ist dem Senat auch sonst nichts ersichtlich. Dies gilt insbesondere für das vom Landgericht widersprüchlich behandelte Sachverhaltsdetail eines Schlagstockeinsatzes durch den Angeklagten A. gegen den Geschädigten Y. ; denn seine das Urteil tragende Überzeugung, dass dieser stattgefunden hat, stützt das Landgericht nicht nur auf die Aussage dieses Geschädigten , sondern auch auf die Angaben des Geschädigten Mä. , der sich "auch auf mehrfache Nachfrage 100%ig sicher" gewesen sei, dass gerade der Angeklagte A. mit einem Schlagstock auf den Geschädigten Y. eingeschlagen habe. Zudem ist das von den beiden Verletzten geschilderte Kerngeschehen durch die geständige Einlassung des Mitangeklagten D. bestätigt worden. Dieser hatte sich zunächst dahin eingelassen, dass er zu den Tatbei- trägen der Angeklagten nichts sagen könne, hat nach der Vernehmung der beiden Geschädigten zum Tatgeschehen indes deren Darstellung als zutreffend bezeichnet. All dies belegt, dass das Landgericht bei verfahrensfehlerfreier Vorgehensweise zu keinem anderen Urteil gelangt wäre.
7
2. Die aufgrund der erhobenen Sachbeschwerden veranlasste Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Dies gilt auch für die konkurrenzrechtliche Bewertung ihrer Taten als jeweils zwei tatmehrheitliche gefährliche Körperverletzungen. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts sind die Voraussetzungen einer natürlichen Handlungseinheit nicht gegeben.
8
a) Unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit liegt eine Tat im sachlichrechtlichen Sinne vor, wenn mehrere, im Wesentlichen gleichartige Handlungen von einem einheitlichen Willen getragen werden und aufgrund ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs so miteinander verbunden sind, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches Geschehen darstellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - 4 StR 683/93, StV 1994, 537; Beschluss vom 4. September 1990 - 1 StR 301/90, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Entschluss, einheitlicher 1). Sie ist gekennzeichnet durch einen solchen unmittelbaren Zusammenhang zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen, dass sich das gesamte Tätigwerden an sich (objektiv) auch für einen Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (vgl. LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 Rn. 10 ff.). Richten sich die Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, wird die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich aus- geschlossen, sie liegt jedoch bereits nicht nahe (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., vor § 52 Rn. 7). Denn höchstpersönliche Rechtsgüter sind einer additiven Betrachtungsweise allenfalls in Ausnahmefällen zugänglich. Deshalb können Handlungen, die sich nacheinander gegen höchstpersönliche Rechtsgüter mehrerer Personen richten, grundsätzlich weder durch ihre enge Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit und damit zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn ein einheitlicher Tatentschluss gegeben ist und die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges , etwa bei Messerstichen oder Schüssen innerhalb weniger Sekunden, willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09, BGHR StGB § 232 Konkurrenzen 1; LK/Rissing-van Saan, aaO, Rn. 14).
9
b) Nach diesen Maßstäben können die Körperverletzungshandlungen der Angeklagten gegen die beiden Geschädigten im Hinblick auf die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit jeweils nicht zu einer einheitlichen Tat zusammengefasst werden. Im Ausgangspunkt wollten sich allein der Mitangeklagte D. und der Geschädigte Y. körperlich auseinandersetzen und taten dies auch. Die Angeklagten sind (im ersten Handlungsabschnitt) erst dann gemeinschaftlich gegen den Geschädigten Y. vorgegangen und haben diesen mit Tritten und Schlägen gegen Kopf und Körper verletzt, als sie erkannt hatten, dass der Mitangeklagte D. zu unterliegen drohte. Als daraufhin der Zeuge Mä. seinem Freund Y. zu Hilfe kommen wollte, haben sich die Angeklagten dem Geschädigten Mä. zugewandt und haben diesen gemeinsam geschlagen, wodurch er ein blaues Auge und Prellungen im Rippenbereich erlitt. Nachdem sich die Angeklagten vom ersten Tatort ent- fernt und mit Schlagwerkzeugen bewaffnet hatten, verfolgten sie (im zweiten Handlungsabschnitt) zunächst Mä. und wandten sich dann - als sie Mä. nicht einzuholen vermochten - dem am Boden liegenden Geschädigten Y. zu, auf den sie sodann am zweiten Tatort - gemeinschaftlich auch mit dem Mitangeklagten D. - jeweils mit ihren Schlaginstrumenten einschlugen. Auf der Grundlage dieses Geschehensablaufes, der insbesondere durch mehrere Tatentschlüsse der Angeklagten gekennzeichnet ist, die durch zeitlich aufeinanderfolgende, jeweils neue Sachverhaltsentwicklungen bedingt waren und zu unterschiedlichen Verletzungshandlungen der Angeklagten gegen beide Geschädigte an mehreren Orten führten, stellt sich die Annahme von Tatmehrheit unter keinem Blickwinkel als willkürlich und gekünstelt dar. Danach liegt auch keine der von der Rechtsprechung bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter mehrerer Personen anerkannten Ausnahmen vor; insbesondere beruhen die verschiedenen Angriffe schon nicht auf einem einheitlichen Tatentschluss. Dass das Landgericht die Angeklagten im Hinblick auf die infolge ihres zwischenzeitlichen Rückzuges zum Zwecke der Bewaffnung eingetretene (zeitliche, räumliche und sachliche) Zäsur im Tatgeschehen nicht wegen weiterer, rechtlich selbständiger Straftaten schuldig gesprochen hat, beschwert diese nicht.
10
3. Die Strafaussprüche können demgegenüber nicht bestehen bleiben. Mit Recht weisen die Revisionen darauf hin, dass die strafschärfenden Erwägungen , die Angeklagten hätten jeweils den bis dahin unbeteiligten Zeugen Mä. "ohne Not in eine Schlägerei verwickelt" und sie hätten sich "ohne Not in die ... Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten D. und dem Zeugen Y. eingemischt", rechtsfehlerhaft sind; denn damit hat das Landgericht das Fehlen von Strafmilderungsgründen strafschärfend berücksichtigt und bei beiden Angeklagten straferhöhend gewertet, die Taten überhaupt begangen haben (§ 46 Abs. 3 StGB; vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 - 3 StR 218/10, StraFo 2010, 466 und vom 15. Januar 2008 - 4 StR 530/07; Fischer, aaO, § 46 Rn. 76). Durchgreifend rechtsfehlerhaft ist weiterhin, dass das Landgericht zu Lasten des Angeklagten K. berücksichtigt hat, er habe es "in der Hand (gehabt), es nicht zu einer Auseinandersetzung kommen zu lassen" und die "ihm gegenüber weisungsgebundenen Angeklagten A. und D. zurückzuhalten", da schon nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte K. der Vorgesetzte der beiden anderen Angeklagten war und im Übrigen auch eine auf anderer Grundlage fußende spezifische Pflicht, deren Auseinandersetzungen zu verhindern, nicht ersichtlich ist. Im Hinblick darauf begegnet auch die weitere zu Lasten des Angeklagten K. angestellte Erwägung, er habe "nicht einmal die kurze Kampfunterbrechung zur Deeskalation genutzt, sondern sich mit einem Schlagwerkzeug bewaffnet", rechtlichen Bedenken. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Zumessung mildere Strafen gegen beide Angeklagte verhängt hätte. Unter den gegebenen Umständen kommt eine Sachbehandlung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO bei beiden Angeklagten nicht in Betracht.
Becker Pfister Hubert Mayer Menges

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 223/13
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2013 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Eine – infolge tateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten – einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Senat fragt daher beim 3. Strafsenat an, ob an der entgegenstehenden Rechtsprechung im Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 festgehalten wird.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.

I.


2
Nach den Feststellungen begab sich der Angeklagte am 21. Mai 2012 mit seinem Pkw zu seinem Betäubungsmittellieferanten in R. , von dem er 1.000 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % Kokainhydrochlorid erhielt, ohne die Ware sofort bezahlen zu müssen. Das Geld sollte er erst nach dem Verkauf des Kokains bei Übernahme der nächsten Lieferung übergeben. Der Lieferant baute das Kokain in den Radkasten des Pkws des Angeklagten ein und übergab diesem 1.500 € als Anzahlung auf seinen (Gewinn-)Anteil. Weitere 1.000 € sollte er nach dem Abverkauf bekommen. Der Angeklagte führte das Kokain nach Deutschland ein und verkaufte es nach Portionierung der jeweiligen Verkaufsmengen an verschiedene Abnehmer weiter (Fall II. 1 der Urteilsgründe). Am 31. Mai 2012 fuhr der Angeklagte, nachdem er bei dem Lieferanten 500 Gramm Kokain bestellt hatte, erneut nach R. . Er übergab dem Lieferanten den Verkaufserlös von 44.000 € aus der vorangegangenen Lieferung und erhielt von diesem seinen Anteil sowie die bestellten 500 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % Kokainhydrochlorid. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland verkaufte er das eingeführte Kokain nach Portionierung an verschiedene Abnehmer weiter (Fall II. 2 der Urteilsgründe). Nachdem der Lieferant in einem Telefonat am 8. Juni 2012 mitgeteilt hatte, dass er wieder über Kokain verfüge, begab sich der Angeklagte am 11. Juni 2012 mit seinem Pkw und den aus den letzten Abverkäufen stammenden 22.000 € nach R. . Dort übergab der Angeklagte dem Lieferanten das Geld und erhielt neben seinem Anteil 1.088 Gramm Kokain mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 86 % Kokainhydrochlorid. Nachdem der Angeklagte aus den Niederlanden kommend die Grenze nach Deutschland passiert hatte, wurde er einer Kontrolle unterzogen, bei der das Kokain aufgefunden und sichergestellt wurde (Fall II. 3 der Urteilsgründe).

II.


3
Der Senat möchte den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin ändern, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit drei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Da sich die Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Kokaingeschäfte teilweise überschneiden, sind die drei auf die jeweilige Handelsmenge bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verknüpft (II. 1). Diese einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet nach Ansicht des Senats die drei zu deren Verwirklichung unternommenen Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (II. 2).
4
1. a) Die Annahme von Tateinheit kommt in Betracht, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, Tateinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 – 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 20 mwN). Eine Teilidentität der Tatbestandsverwirklichungen ist hier gegeben , weil die objektiven Ausführungshandlungen der unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte sich in den Beschaffungsfahrten des Angeklagten nach R. am 31. Mai und 11. Juni 2012 teilweise überschneiden.
5
b) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 562 ff. mwN). Eine solche auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit liegt auch darin, dass sich der Zwischenhändler zu der Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor abgesprochene , zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1997 – 1 StR 472/97; Urteil vom 20. August 1991 – 1 StR 273/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28; Weber, aaO, § 29 Rn. 442). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
6
Dem – weit auszulegenden (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 GSSt 1/05, aaO, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Übertragung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge , ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (vgl. Urteile vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02; vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42, 43; vom 27. Juni 2008 – 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). So hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten zum Handel gehört und den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1985 – 2 StR 861/84; Beschluss vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, StV 1992, 161; Urteil vom 11. Juli 1995 – 1 StR 189/95, StV 1995, 641; Beschlüsse vom 17. Mai 1996 – 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50; vom 21. Mai 1999 – 2 StR 154/99, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 52; Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, aaO).
7
c) Nach den Feststellungen des Landgerichts dienten die Fahrten des Angeklagten nach R. am 31. Mai und 11. Juni 2012 jeweils sowohl der Übermittlung des Geldes für die vorangegangene als auch der Abholung der abgesprochenen neuerlichen Kokainlieferung. In diesem Teilakt überschneiden sich die objektiven Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte, was eine tateinheitliche Verknüpfung der drei auf die einzelnen Handelsmengen bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Folge hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, Rn. 6; Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; offen gelassen im Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11).
8
2. Der Senat ist der Ansicht, dass die – infolge der tateinheitlichen Verknüpfung der drei Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz – einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die drei zu deren Verwirklichung unternommenen Einfuhren von Kokain in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verklammert.
9
a) Voraussetzung für die Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149 mwN; Beschluss vom 11. Januar 2012 – 1 StR 386/11, wistra 2012, 310; Rissing-van Saan, aaO, § 52 Rn. 28 ff.). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, aaO; Beschlüsse vom 19. April 2011 – 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; vom 2. Dezember 2008 – 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693; Urteil vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 ff.).
10
b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Bundesgerichtshof – unbeschadetder Einstufung der Delikte als Vergehen oder Verbrechen – die annähernde Wertgleichheit eines besonders schweren Falls des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 BtMG in der bis 21. September 1992 geltenden alten Fassung mit einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, aaO). Auch der durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302) geschaffene Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist im Verhältnis zu § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG nicht als minder schwere Tat angesehen worden mit der Folge, dass eine Verklammerung mehrerer Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine jeweils teilidentische Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bejaht worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 1993 – 2 StR 534/93, NStZ 1994, 135; vom 22. Oktober 1996 – 1 StR 548/96, StV 1997, 471; Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, aaO).
11
c) Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Straftatbestände des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG weisen die gleiche Strafrahmenobergrenze auf, die Strafandrohungen für minder schwere Fälle gemäß § 29a Abs. 2, § 30 Abs. 2 BtMG sind identisch. Die mit zwei Jahren gegenüber einem Jahr bei § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG höhere Mindeststrafe des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG hat zwar zur Folge, dass die zum Zwecke des Handeltreibens vorgenommene unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – anders als im Rahmen des Grundtatbestandes des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bei Rauschgiftmengen unter dem Grenzwert zur nicht geringen Menge (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005 – 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172, 173; Weber, aaO, § 29 Rn. 984) – nicht als unselbständiger Teilakt im unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgeht, sondern zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Tateinheit steht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2007 – 1 StR 366/07, NStZ-RR 2008, 88; Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93, BGHSt 40, 73, 74 f.). Durch die erhöhte Mindeststrafe wird aber – wie die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zeigt – die annä- hernde Wertgleichheit im deliktischen Unrechtsgehalt der beiden Tatbestände nicht in Frage gestellt. Auch bei konkreter Betrachtung ergeben sich keine Gesichtspunkte dafür, dass der auf die gehandelte Gesamtmenge bezogene Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge seinem strafrechtlichen Unwert nach deutlich hinter dem Unrechtsgehalt der sich jeweils nur auf Teilmengen erstreckenden Einfuhrtaten nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zurückbleibt. Da Bezugspunkt für den Wertevergleich die einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in ihrer Gesamtheit ist, kann das Ergebnis des Vergleichs schließlich nicht von den Umständen abhängen, die zu der tateinheitlichen Verknüpfung zu einer Tat des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geführt haben. Diese Umstände sind für die hier in Rede stehende Verklammerung vielmehr ohne Bedeutung.
12
d) Der beabsichtigten Entscheidung des Senats steht, soweit es die Verklammerung der drei Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch die einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG betrifft, der Beschluss des 3. Strafsenats vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 entgegen. In dieser Entscheidung hat der 3. Strafsenat für den Fall einer tateinheitlichen Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ohne nähere Ausführungen angenommen , dass das einheitliche Delikt des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht die Kraft hat, die nach Ansicht des 3. Strafsenats schwerer wiegenden Taten der uner- laubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit zu verklammern.
13
e) Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 3. Strafsenat an, ob an der dem Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 insoweit zugrunde liegenden Rechtsauffassung festgehalten wird.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer Bender Quentin
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Zur Strafbarkeit von Beihilfehandlungen nach Sicherstellung
der Betäubungsmittel.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 7. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 6. und 7. Februar 2008, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Gerhardt
alsVorsitzende,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 7. Februar 2008 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten E. G. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Oktober 2006 – gemäß § 357 StPO unter Erstreckung auf den Mitangeklagten E. M. – mit den Feststellungen aufgehoben , soweit es diese Angeklagten betrifft.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten E. G. sowie den nichtrevidierenden Angeklagten E. M. jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte E. G. mit seiner Revision. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache, gemäß § 357 StPO auch bezogen auf den Angeklagten E. M. .

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts lieferte der in Kolumbien lebende A. an den früheren Mitangeklagten M. über acht Kilogramm hochwertiges Kokain. Das Rauschgift, das in einem aus Kolumbien kommenden Schiff zwischen zwei Ladewänden versteckt war, konnte am 8. November 2005 in Antwerpen vom belgischen Zoll sichergestellt werden. Am gleichen Tag wurde auch M. festgenommen, der mit dem Lieferanten A. in E-Mail-Kontakt stand. Das Bundeskriminalamt entschloss sich nun, den verdeckten Ermittler „Ax. “ einzusetzen, der über die E-MailAdresse M. s Kontakt mit A. aufnahm. A. wusste weder von der Beschlagnahme des Kokains noch von der Festnahme M. s. „Ax. “ behauptete gegenüber A. , mit dem er mittlerweile im telefonischen Kontakt stand, dass ein Teil des Kokains verkauft sei und der Verkauf des Restes unmittelbar bevorstehe. Der Erlös in Höhe von 150.000 Euro sollte in den Libanon zu A. gebracht werden. A. teilte „Ax. “ mit, dass sich in Kürze zwei voneinander unabhängige Personen unter dem Code „von Ax. zu L. “ melden würden, die den Betrag in Höhe von 150.000 Euro in seinem, A. s, Auftrag in den Libanon verbringen würden.
3
Nachdem der Angeklagte E. G. von A. s Kontaktmann im Libanon J. am 24. November 2005 entsprechend telefonisch instruiert worden war, meldete sich E. G. am selben Tag unter Verwendung des Codeworts telefonisch bei „Axel“. El G. , dem eine Provision von 4 % versprochen wurde, vereinbarte dann in einem weiteren Gespräch mit „Ax. “ für den 29. November 2005 ein Treffen im Hotel S. am Flughafen Frankfurt. Hierbei begleitete ihn der Mitangeklagte E. M. . Diesen hatte der Angeklagte E. G. angesprochen. E. M. , der aus dem Libanon angereist war, sollte das Geld – wobei die Provision hälftig mit E. G. geteilt werden sollte – in den Libanon transportieren. Zum Treffpunkt um 14.00 Uhr am Frankfurter Flughafen erschien „Ax. “ nicht. Er gab gegenüber E. G. telefonisch vor, dass seine Kontaktperson mit einem Teil des Erlö- ses nicht erschienen sei. Die Angeklagten E. G. und E. M. fuhren spätestens gegen 14.00 Uhr zurück. E. G. hatte zwischen 13.15 Uhr und 14.05 Uhr noch dreimal mit „Ax. “ telefoniert.
4
Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten E. G. und E. M. als gemeinschaftlich vollendetes Handeltreiben angesehen. Das Tatgeschehen sei nicht abgeschlossen gewesen, weil der Erlös aus dem Rauschgiftgeschäft noch nicht an den Verkäufer zurückgeflossen sei. Insoweit hätten die Angeklagten E. G. und E. M. als sukzessive Mittäter gehandelt.

II.


5
Die Revision des Angeklagten E. G. hat Erfolg.
6
1. Die Annahme mittäterschaftlicher Begehung begegnet durchgreifenden Bedenken.
7
a) Im Ansatz zutreffend geht allerdings das Landgericht davon aus, dass auch die Übergabe des erzielten Verkaufserlöses aus Rauschgiftgeschäften noch Teil des tatbestandlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist. Dies folgt aus der vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Handeltreibens , das jede eigennützige, auf Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit umfasst (BGHSt [GS] 50, 252, 256; BGHSt 6, 246; 25, 290; 28, 308, 309; 29, 239; 30, 359, 360). Damit sind von dem Begriff des Handeltreibens nicht nur Beschaffung und Lieferung von Betäubungsmitteln erfasst, sondern auch die erforderlichen Zahlungsvorgänge (BGHSt 43, 158, 162). Dies gilt sowohl für die Zahlung und Beitreibung des Kaufpreises als auch für solche unterstützenden Finanztransaktionen, die zur erfolgreichen Abwicklung eines Rauschgiftgeschäftes insgesamt notwendig sind. Insoweit kann kein Zweifel bestehen, dass der beabsichtigte Beitrag des Angeklagten E.
G. noch Teil des Rauschgiftgeschäfts gewesen wäre. Dieser sollte das Geld am Frankfurter Flughafen in Empfang nehmen und an den eigentlichen Kurier, den Mitangeklagten E. M. , weitergeben.
8
b) Das Landgericht geht jedoch zu Unrecht von Mittäterschaft des Angeklagten E. G. aus. Dass dieser – nach seiner Vorstellung – an dem Transport des Erlöses mitwirken sollte, begründet noch kein täterschaftliches Handeltreiben. Auch auf den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sind die allgemeinen Regeln zur Abgrenzung von (Mit-)Täterschaft und Beihilfe anzuwenden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss für eine zutreffende Einordnung der Beteiligung des Kuriers der jeweils konkrete Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein für den Teilbereich des Transports (von Betäubungsmitteln oder Geld) bewertet werden. Daher kommt es für die Annahme einer mittäterschaftlichen Verwirklichung dieses Tatbestands jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich eines isolierten Teilaktes des Umsatzgeschäfts innehat. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGHSt 51, 219 = NJW 2007, 1220).
9
c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass die vom Angeklagten E. G. entfaltete Tätigkeit als Beihilfe zu werten ist. Maßgeblich ist dabei, wie sein Tatbeitrag – so wie er sich nach seiner Vorstellung gestalten sollte – nach den vorgenannten Entscheidungskriterien einzuordnen ist. Im Blick auf das Gesamtgeschäft war der Angeklagte E. G. lediglich in den Transport des Erlöses eingebunden. Diese Tätigkeit war zwar nicht völlig untergeordnet, weil er im Hinblick auf die Übergabe des Geldes sämtliche Verhandlungen mit „Ax. “ führte und zudem den Mitangeklagten E. M. als den eigentlichen Kurier, der das Geld in den Libanon überführen sollte, für die Abwicklung des Rauschgiftgeschäftes anwarb. Auf das Gesamtgeschäft bezogen war dieser Tatbeitrag jedoch untergeordnet. Der Angeklagte E. G. war weder am Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt noch war er in das Gesamtgeschäft eingebunden. Anhaltspunkte dafür, dass er organisatorisch in einer arbeitsteilig agierenden Struktur tätig war, fehlen ebenso wie dafür, dass ihm im Blick auf das Rauschgiftgeschäft Gestaltungsspielräume zugekommen waren. Allein die nicht unerhebliche Entlohnung vermag die Annahme einer täterschaftlichen Begehung des Handeltreibens nicht zu tragen, weil sich der Tatbeitrag des Angeklagten E. G. auf eine Kuriertätigkeit beschränkte (vgl. BGHSt 51, 219, 220 ff. = NJW 2007, 1220, 1221).
10
2. Die verbleibende Beihilfe des Angeklagten E. G. – wie die des Nichtrevidenten E. M. – ist nicht vollendet.
11
a) Der Maßstab für die Prüfung, ob Vollendung eingetreten ist, kann nicht die Haupttat selbst sein. Die Haupttat war, als das Rauschgift absprachegemäß an den später festgenommenen M. auf den Weg gebracht wurde, sowohl im Hinblick auf den Verkäufer als auch auf den Abnehmer bereits vollendet. Dies ergibt sich aus dem weit auszulegenden Merkmal des Handeltreibens, das – erfolgsunabhängig – jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit erfasst (BGHSt [GS] 50, 252, 256). Die Annahme einer vollendeten Haupttat in Bezug auf den Veräußerer und auf den Erwerber des Rauschgifts bedeutet allerdings nicht ohne weiteres , dass auch bezüglich des Teilnehmers eine Vollendung seiner Teilnahmehandlung gegeben sein muss. Vielmehr ist für jeden Teilnehmer gesondert zu prüfen, ob sein Tatbeitrag vollendet war.
12
Der Senat kann dabei letztlich dahinstehen lassen, ob die Sicherstellung des Rauschgifts hier eine Beendigung der Haupttat hat eintreten lassen mit der Folge, dass schon deshalb keine Beihilfe mehr möglich gewesen wäre (vgl. BGH NStZ 2007, 35, 36; 1996, 563, 564). Für eine solche Beendigung der Haupttat könnte sprechen, dass der Waren- und Geldfluss zur Ruhe gekommen ist, weil aus dem sichergestellten Rauschgift keine Erlöse er- zielt wurden und auch nicht mehr zu erzielen waren (BGHSt 43, 158, 163, vgl. aber einschränkend BGHR BtMG § 29 Abs.1 Nr.1 Handeltreiben 50, 52).
13
b) Jedenfalls aber begründet das untaugliche und erfolglose Bemühen der Angeklagten keine (vollendete) Beihilfe. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als Hilfeleistung grundsätzlich jede Handlung anzusehen , die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt des Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGH NJW 2007, 384, 388 m.w.N., insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt ). Gleiches gilt, wenn der Beihilfehandlung jede Eignung zur Förderung der Haupttat fehlt oder sie erkennbar nutzlos für das Gelingen der Tat ist (Cramer/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 27 Rdn. 12; vgl. auch BGH StV 1996, 87). Demnach liegt bei der Sachverhaltskonstellation hier keine Vollendung der Beihilfe vor.
14
Die von dem Angeklagten E. G. und dem Nichtrevidenten E. M gewollte Beihilfehandlung, der Transport von Rauschgifthandelserlösen wie dessen Zusage, war von vornherein zur Förderung der Haupttat ungeeignet. Ein Verkaufserlös für das vor Weitergabe an einen Käufer bereits sichergestellte Rauschgift war nicht erzielt worden und konnte nicht mehr erzielt werden. Beschwerdeführer und Nichtrevident wurden nur auf zum Schein vom Bundeskriminalamt entfaltete Aktivitäten hin tätig. Ihr Tun musste von vornherein für den gewollten Zweck der Förderung eines unerlaubten Betäubungsmittelhandels ins Leere gehen. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen deshalb auch keine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben. Die fehlgeschlagene oder nutzlose Beihilfehandlung begründet keine Strafbarkeit wegen (vollendeter) Beihilfe, sondern stellt einen straflosen (untauglichen) Versuch der Beihilfe dar.
15
c) Die Fallgestaltung kann auch nicht als psychische Beihilfe bewertet werden. Eine Beihilfehandlung, die in einer Förderung der Tatausführung besteht, ist zu unterscheiden von solchen Unterstützungsmaßnahmen, die auf die Psyche des Täters gerichtet sind und auf diesen im Sinne einer Bestärkung einwirken sollen (Cramer/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 27 Rdn. 12; Fischer, StGB 55. Aufl. § 27 Rdn. 9 ff.). Deshalb verbietet es sich, die Zusage jedes im Ergebnis nutzlosen Gehilfenbeitrags, der auf eine Förderung der Tatausführung abzielt, stets in eine psychische Beihilfe umzudeuten (Schünemann in LK 12. Aufl. § 27 Rdn. 15). Eine solche Auslegung würde die Wertentscheidung des Gesetzgebers unterlaufen, die versuchte Beihilfe straflos zu stellen. Dieser wollte mit der Abschaffung einer Versuchsstrafbarkeit zur Vermeidung einer als unerträglich bewerteten Ausweitung strafrechtlicher Verfolgung erfolglose Beihilfehandlungen von der Strafbarkeit ausnehmen (BGHSt 7, 234, 237).
16
Die Annahme, in jeder erfolglosen (tatbezogenen) Beihilfehandlung liege zugleich eine psychische Beihilfe, wird den eigenständigen rechtlichen Anforderungen an die Annahme einer Beihilfe nicht gerecht. Eine psychische Beihilfe scheitert schon daran, dass ein solcher Gehilfenbeitrag nicht auf die Psyche des Täters, sondern auf die Förderung seiner Tat zielt, mithin also die Tat „physisch“ unterstützt werden soll (vgl. Fischer aaO Rdn. 10). Zwar steckt in der Förderung der Tat regelmäßig auch ihre Billigung. Dies reicht aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht für die Annahme einer psychischen Beihilfe aus (BGH NStZ 1995, 490, 491). Erforderlich ist vielmehr, dass die Tathandlung infolge der psychischen Beeinflussung durch den Gehilfen objektiv gefördert oder erleichtert wurde und der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH NStZ 1996, 563, 564).
17
Hierfür ergibt sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kein Anhaltspunkt. Weder lässt sich erkennen, dass der Angeklagte E. G. durch die vom Haupttäter erbetene Zusage eines Geldtransports auch dessen Psyche weiter bestärkt hätte, noch, dass ihm eine etwaige solche Wirkung bewusst gewesen sein könnte. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Handlung des Angeklagten einem der Haupttäter ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit hätte vermitteln können (vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 8). Allein der Umstand, dass keine weitere Suche nach einem für erforderlich gehaltenen Gehilfen unternommen werden musste, reicht noch nicht aus.
18
d) Der Senat kann in dieser Sache ohne Anfrage nach § 132 GVG entscheiden. Zwar hat der 1. Strafsenat durch Urteil vom 26. April 1994 (NStZ 1994, 441 = BGHR BtMG § 29 Beihilfe 1) in einem Fall, in dem die Gehilfin ein ursprünglich mit Heroin gefülltes, postlagernd versandtes Päckchen abgeholt hatte, eine Beihilfe zum Handeltreiben angenommen, obwohl zum Zeitpunkt der Abholung das Heroin bereits sichergestellt und aus dem Päckchen entfernt worden war. Der 1. Strafsenat hat hier eine (vollendete) Beihilfe angenommen, weil die Beihilfe ebenso wie das Handeltreiben als Haupttat nicht erfolgsbezogen ausgelegt werden dürfe. Dieser Ansatz vermengt in bedenklicher Weise die tatbestandlichen Voraussetzungen des Handeltreibens und der Beihilfe hierzu (kritisch auch Harzer StV 1996, 336 ff. und Schünemann in LK, 12. Aufl. § 27 Rdn. 9). Da der Gehilfe einen eigenständigen Tatbeitrag erbringt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Beihilfe selbständig zu prüfen und treten – wegen der für die Beihilfe geltenden Akzessorietät – zu den Tatbestandsvoraussetzungen der Haupttat hinzu. Die Beihilfe kann deshalb im Bereich der Betäubungsmitteldelikte nicht anders verstanden werden als bei anderen Straftaten auch.
19
Zu einer Anfrage nötigt das vorgenannte Urteil des 1. Strafsenats nicht, weil – anders als in dem hier zu entscheidenden Fall – dort ein vom Haupttäter initiierter Transportvorgang tatsächlich stattgefunden hat. Zudem geht es in dem vorliegenden Fall um eine von den Ermittlungsbehörden selbst angeschobene und zum Schein vereinbarte Geldübergabe, die schon deshalb keinen Erfolg eines Rauschgiftgeschäfts fördern konnte. Durch die Tatbegehung auf Initiative eines Verdeckten Ermittlers, unterscheidet sich die Sachverhaltsgestaltung hier ganz wesentlich auch von einer weiteren Entscheidung des 1. Strafsenats vom 9. Juli 1996 (BGHR BtMG § 29 Beihilfe 2).
Dort hatte sich der Angeklagte bereit erklärt, im Auftrag des Hintermanns nach dem zwischenzeitlich sichergestellten Rauschgift zu suchen.
20
Im Übrigen hindert eine möglicherweise entgegenstehende Rechtsprechung vor der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs zum unerlaubten Handeltreiben vom 26. Oktober 2005 schon angesichts der hiernach angezeigten Neuorientierung im Grenzbereich von Mittäterschaft und Beihilfe (vgl. BGHSt [GS] 50, 252, 266; vgl. zudem aaO S. 263 zur offenen, hier nicht klärungsbedürftigen Frage der Vollendung bei einem erst nach Sicherstellung des gehandelten Rauschgifts eingreifenden Mittäter) die jetzige Entscheidung des Senats nicht.
21
Nach der Entscheidung des Großen Senats ist entgegenstehende Rechtsprechung anderer Senate nicht ersichtlich. Der Beschluss des 1. Strafsenats vom 17. Juli 2007 (NStZ 2007, 635) betrifft eine in ein organisiertes Bezugs- und Absatzsystem eingebettete Beihilfehandlung (worauf sich der 1. Strafsenat ausdrücklich stützt) und damit einen anderen Sachverhalt. Das Urteil des 2. Strafsenats vom 17. Oktober 2007 (2 StR 369/07) bezieht sich auf die Zusage eines Kuriers beträchtlicher Heroinmengen, der tatsächlich auch eine Teilmenge hiervon transportiert hat. Auch diese Fallkonstellation weicht von der hier zu entscheidenden erheblich ab.
22
3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen liegt deshalb nur eine versuchte Beihilfe zum Handeltreiben nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vor. Diese ist jedoch straflos.
23
Es kommt auch keine Strafbarkeit nach § 30 StGB in Betracht. Eine Verabredung oder ein Sich-Bereiterklären zwischen den beiden Angeklagten E. G. und E. M. als auch gegenüber „Ax. “ ist nur in Bezug auf eine Beihilfehandlung erfolgt und damit straflos (vgl. BGHSt 7, 234, 237; Fischer, StGB 55. Aufl. § 30 Rdn. 8; Schünemann in LK 12. Aufl. § 30 Rdn. 72).

III.


24
Die Straflosigkeit der hier vorliegenden versuchten Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln führt nicht zum Freispruch des Angeklagten. In Betracht kommt eine Strafbarkeit wegen versuchter Geldwäsche gemäß §§ 261 Abs. 3, 23 Abs. 1 StGB. Der Senat hebt deshalb das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache an das Landgericht zurück. Feststellungen hat der Senat nicht – auch nicht zum äußeren Tatgeschehen – aufrecht erhalten, weil es im Sinne des § 265 StPO nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Angeklagte anders als bisher zu dem für ihn neuen Tatvorwurf der Geldwäsche verteidigen könnte. Umgekehrt ist der neue Tatrichter nicht gehindert, näher aufzuklären, ob die Angeklagten ihre Mitwirkung als Kuriere in einem festen Absatz- und Bezugssystem zugesagt oder sonst im Sinne einer Stärkung des Tatentschlusses auf die Haupttäter eingewirkt hatten. Dann käme eine Beihilfe zum (vollendeten) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht. Sollten sich entsprechende Feststellungen nicht treffen lassen, weist der Senat im Hinblick auf eine möglicherweise subsidiär gegebene Strafbarkeit wegen versuchter Geldwäsche noch auf Folgendes hin:
25
a) Auszugehen ist von der Vorstellung des Angeklagten E. G. . Dieser hat geplant, Erlöse aus dem Rauschmittelgeschäft in den Libanon zu verbringen. Eine solche Handlung erfüllt den Tatbestand der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB. Dass es hierbei nicht zur Vollendung gekommen ist, lässt die Strafbarkeit nicht entfallen, weil der Versuch der Geldwäsche nach §§ 261 Abs. 3, 23 Abs. 1 StGB strafbewehrt ist. Dies gilt auch für den hier in Frage stehenden untauglichen Versuch der Geldwäsche.
26
b) Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen liegt es nahe, dass die Tat nicht schon in der (straflosen) Vorbereitungsphase stecken geblieben ist. Soweit – wie hier – der Täter noch kein Tatbestandsmerkmal verwirklicht hat, kommt es darauf an, ob er nach seinem Tatplan unmittelbar zu der Tatbegehung angesetzt hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet und objektiv zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht (BGHSt 26, 201; 28, 162, 163; 30, 363, 364). Das Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes im Sinne des § 22 StGB ist im Blick auf das geschützte Rechtsgut zu bestimmen.
27
Bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation mag gegen die Annahme eines Versuchsbeginns sprechen, dass es noch nicht zu einer unmittelbaren Gefährdung des Rechtsguts gekommen ist, weil der Erlös aus den Rauschgiftgeschäften nach der Vorstellung des Angeklagten E. G. noch nicht einmal in seine Nähe gelangt ist. Der Angeklagte E. G. könnte jedoch die Schwelle zum Versuchsbeginn deshalb überschritten haben, weil er nach seinem Tatplan alles getan hatte, um in den Besitz des Verkaufserlöses zu gelangen. Er hatte mit E. M. eine erhebliche Wegstrecke zurückgelegt und wartete an dem mit „Ax. “ telefonisch vereinbarten Treffpunkt. Die Bedingungen der Geldübernahme waren zwischen ihm und „Ax. “ vorab festgelegt. Nach seiner Vorstellung hätte sich das Geschehen nach der alsbald erwarteten Ankunft von „Ax. “ so entwickelt, dass dieser ihm ohne weitere Verhandlungen und ohne noch bestehende Entscheidungsvorbehalte das Geld ausgehändigt hätte. Dann wäre aber mit der Ankunft im Hotel S. am Flughafen Frankfurt aus seiner Sicht alles getan worden, um in die Tatbestandserfüllung – das Sich-Verschaffen des Erlöses aus dem Rauschgiftgeschäft – ohne weitere Zwischenakte überzugehen.
28
Die Sachverhaltskonstellation hier unterscheidet sich von Fällen, in denen der Bundesgerichtshof trotz Wartens des Täters am Tatort keinen Versuchsbeginn angenommen hat. In diesen Fällen bestand nämlich der wesentliche Unterschied darin, dass die Täter die Beute durch eine Gewalthandlung (BGHR StGB § 22 Ansetzen 11) an sich bringen wollten oder dies zumindest ins Kalkül gezogen hatten (BGH, Urteil vom 7. Mai 1985 – 2 StR 60/85), also die zusätzliche Schwelle des konkreten Ansetzens zur Gewaltausübung noch zu überwinden hatten. Damit hätte in diesen Fällen ein weiterer Zwischenakt erfolgen müssen, der bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation nach dem Tatplan des Angeklagten E. G. fehlte.
29
c) Die Angeklagten sind nach den bisherigen Feststellungen nicht strafbefreiend zurückgetreten (§ 24 StGB). Zwar haben sie möglicherweise bereits vor 14.00 Uhr die Rückfahrt angetreten. Dies ist jedoch kein freiwilliger Rücktritt im Sinne des § 24 Abs. 1 und 2 StGB. Zu diesem Zeitpunkt war aufgrund der Telefonate mit „Ax. “ bereits klar, dass das vereinbarte Treffen nicht mehr stattfinden würde. Damit war ihr – ohnehin untauglicher – Plan fehlgeschlagen; ein Rücktritt im Sinne des § 24 StGB scheidet mithin aus.

IV.


30
Auf die Revision des Angeklagten E. G. ist das Urteil aufzuheben, soweit es ihn betrifft. Die Aufhebung hat der Senat gemäß § 357 StPO auf den (nicht revidierenden) Mitangeklagten E. M. erstreckt, weil insofern ein praktisch identischer Sachverhalt vorliegt. Der zur Aufhebung nötigende Rechtsfehler wirkt sich auch auf diesen Angeklagten aus, der nach Befragung über seinen Verteidiger der Anwendung des § 357 StPO nicht widersprochen hat.
31
Eine Erstreckung auf den weiteren (nicht revidierenden) Mitangeklagten T. kommt hingegen nicht in Betracht. Bezüglich dieses Angeklagten ist der Sachverhalt anders gelagert. T. hat nämlich mit „Ax. “ selbst ein Rauschgiftgeschäft verabredet, in dessen Zusammenhang es auch zur Übergabe von Rauschgiftimitat gekommen ist.

Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

5
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144, 145; Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 563 ff. mwN). Dem Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen sowohl Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Überlassung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen, als auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde als Abnehmer oder als Lieferant tätig wird (vgl. etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; Beschluss vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). Auch Tätigkeiten, die der Erfüllung von Zahlungsverbindlichkeiten dienen, wie etwa die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten, erfüllen daher den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 1991 - 1 StR 361/91, NJW 1992, 1905 vom 17. Mai 1996 - 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50; Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07, NStZ 2008,

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 148/09
vom
16. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Juli 2009,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten Y. wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 4. September 2008, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen mit den zugehörigen Feststellungen und mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung sowie über die Kosten des Rechtsmittels nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in zwei Fällen (Taten 3 und 6 der Urteilsgründe ) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurde;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat 5 der Urteilsgrün- de) sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei weiteren Fällen verurteilt wird;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe für die Tat 5 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) bezüglich des Angeklagten Y. im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen;
b) bezüglich aller Angeklagter im Ausspruch über die Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen , hinsichtlich des Angeklagten Y. mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
5. Die weitergehenden Revisionen aller Beschwerdeführer werden verworfen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Y. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 26. Mai 2004 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen unerlaubten Besitzes von Patronenmunition für Schusswaffen mit gezogenen Läufen unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Dezember 2007 unter Auflösung der dort nachträglich mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamm gebildeten Gesamtstrafe zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es von beiden Strafen jeweils sechs Monate als vollstreckt erklärt.
2
Den Angeklagten K. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubten Erwerbs in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Selbstladepistole sowie mit unerlaubtem Besitz von Patronenmunition für Schusswaffen mit gezogenen Läufen zu einer Gesamtstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es davon ein Jahr als vollstreckt erklärt.
3
Den Angeklagten M. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es hiervon ein Jahr als vollstreckt erklärt.
4
Die Revision des Angeklagten Y. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit Einzelausführungen wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung, hält den Zweifelssatz für verletzt, beanstandet die Verurteilung wegen des Waffendelikts und rügt eine fehlerhafte Gesamtstrafenbildung.
5
Die Revision des Angeklagten K. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit Einzelausführungen beanstandet sie das Urteil hinsichtlich der Zahl der abgeurteilten Taten als widersprüchlich und hält in den Fällen 3, 5 und 6 der Urteilsgründe die Feststellungen nicht für ausreichend, um den Schuldspruch zu tragen.
6
Die Revision des Angeklagten M. erhebt die allgemeine Sachrüge.
7
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützten Revision ausschließlich dagegen, dass die Angeklagten in drei Fällen (Fälle 3, 5 und 6 der Urteilsgründe) nicht wegen bandenmäßig begangenen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden sind, sowie gegen die Gesamtstrafen, hinsichtlich des Angeklagten Y. aber nur ge- gen die zweite Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Außerdem beanstandet sie die Feststellungen zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und die dafür vorgenommenen Kompensationen.
8
I. Die Revision des Angeklagten Y.
9
Die Revision hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
10
1. Der Schuldspruch enthält keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Auf der Grundlage einer Beweiswürdigung, die den Maßstäben revisionsgerichtlicher Nachprüfung (vgl. BGH NJW 2005, 2322, 2326) standhält, hat das Landgericht ausreichende, den jeweiligen Schuldspruch tragende Feststellungen getroffen. Dies gilt - entgegen dem Bedenken des Generalbundesanwalts - auch für die Tat 8. Den unerlaubten Besitz des Angeklagten an einem Einsteckmagazin für Selbstladepistolen des Modells 08 mit 6 Patronen, Kaliber 9 mm, sowie an einer weiteren Patrone desselben Kalibers hat das Landgericht hinreichend festgestellt. Die Munition wurde bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten "in einer Jacke" gefunden. Mit der theoretischen Möglichkeit, es könnte sich dabei um ein nicht dem Angeklagten gehörendes Kleidungsstück handeln, musste sich das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nicht auseinandersetzen; denn der Angeklagte war wenige Monate zuvor wegen einschlägiger Taten (er bewahrte u. a. eine Pistole Mauser P 08 und entsprechende Patronen in seiner Wohnung auf) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
11
Auch die Annahme von Tatmehrheit zwischen den Taten 1 und 2 hält rechtlicher Prüfung stand. Nach den Feststellungen zahlten die Angeklagten Y. und K. das im Fall 1 erworbene Heroin bei dem Zeugen Yi. und bestellten bei der Geldübergabe weitere Betäubungsmittel, die ihnen zwei Wochen später geliefert werden sollten. Die Bestellung weiterer Betäubungsmittel anlässlich der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel verbindet die beiden Handelsgeschäfte nicht zu einer Tat im Rechtssinn. Allein ein Handeln am selben Ort und zur selben Zeit begründet im Allgemeinen keine Tateinheit im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit; erforderlich ist grundsätzlich vielmehr die (Teil-)Identität der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 20 m. w. N.). Daran fehlt es hier. Die Bezahlung der Erstlieferung und die Bestellung der Zweitlieferung sind gesonderte Handlungen , die je nur für die einzelne Lieferung das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllen. Schon deswegen unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von Konstellationen, in denen in der Rechtsprechung Tateinheit infolge eines Zusammenfallens von Zahlungsvorgängen für mehrere Betäubungsmittelkäufe angenommen worden ist (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29; § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; ebenso BGH, Beschl. vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 376/07 m. w. N. und Beschl. vom 9. Januar 2008 - 2 StR 527/07; zu den Bedenken hiergegen vgl. BGH NStZ 2009, 392).
12
Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
13
2. Mit Recht beanstandet die Revision jedoch, dass die Gesamtstrafenbildung des Landgerichts fehlerhaft ist. Die Strafkammer hat dem Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 26. Mai 2004 "Zäsurwirkung" beigemessen und aus den Strafen für die (verfahrensgegenständlichen) Taten 1 und 2 und der Strafe für die durch das Amtsgericht Hamm abgeurteilte Tat eine Gesamtstrafe gebil- det. Daneben hat sie aus den Strafen für die weiteren Taten 3 bis 6 sowie 8 und aus der Strafe für eine vom Landgericht Hannover mit Urteil vom 21. Dezember 2007 abgeurteilte Tat eine zweite Gesamtstrafe gebildet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Taten 1 und 2, die sich aus einer "im Sommer 2004" entstandenen Bekanntschaft des Angeklagten mit dem Zeugen C. entwickelten (UA S. 14), erkennbar nach dem 26. Mai 2004 begangen worden sind. Das Urteil des Amtsgerichts Hamm bleibt deshalb für die Gesamtstrafenbildung aus den Einzelstrafen für die hier verfahrensgegenständlichen Taten ohne Bedeutung. Weder die Einzelstrafe von sechs Monaten aus diesem Urteil noch die für ein im Februar/März 2004 begangenes Betäubungsmitteldelikt vom Landgericht Hannover im Urteil von 21. Dezember 2007 verhängte Einzelstrafe von drei Jahren und drei Monaten waren mit einer der hier abgeurteilten Taten gesamtstrafenfähig.
14
Zudem hat es das Landgericht unterlassen, den Vollstreckungsstand hinsichtlich des Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 festzustellen, durch das der Angeklagte wegen eines Ende Oktober 2005 begangenen Waffendelikts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung auf die Dauer von drei Jahren verurteilt worden ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist. Für diesen Fall würde dieses Urteil keine Zäsurwirkung mehr entfalten, so dass aus sämtlichen gegen den Angeklagten festgesetzten Einzelstrafen in vorliegender Sache nur eine Gesamtstrafe zu bilden wäre. Damit ist der Angeklagte durch die fehlenden Feststellungen im angefochtenen Urteil beschwert. Die Gesamtstrafenbildung muss erneut vorgenommen werden.
15
Sollte der neue Tatrichter feststellen, dass die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 am 4. September 2008 (bei Zurückverweisung kommt es auf den Zeitpunkt des ersten Urteils an, vgl. BGH NStZ 2009, 263 m. w. N.) noch nicht erledigt war, so wird er aus der Strafe dieses Urteils und den hier für die Taten 1 und 2 verhängten Einzelstrafen nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden haben.
16
Die Entscheidung über die neue Gesamtstrafe kann im Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO getroffen werden (§ 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO). Dabei ist auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden. Eine Entscheidung hierüber durch den Senat kommt nicht in Betracht, da der Erfolg des Rechtsmittels im Einzelnen derzeit nicht absehbar ist.
17
II. Die Revision des Angeklagten K.
18
Die Revision hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
19
1. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen , dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4 und 7). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 Abs. 2 StPO; vgl. BGH, Urt. vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 - juris).
20
Nach diesen Maßstäben hält die Verurteilung des Angeklagten hinsichtlich der Taten 3 und 6 rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts zur Tat 3 hatten die Angeklagten Y. und M. beschlossen, Marihuana im Kilobereich zu erwerben, um es sodann gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Angeklagte Y. fuhr in die Niederlande, erwarb dem Tatplan entsprechend 4 kg Marihuana und brachte sie nach Hannover in ein Hotel, wo er von M. erwartet wurde, der sodann zwei Kilo des Betäubungsmittels übernahm. Danach bat der Angeklagte Y. den Angeklagten K. in das Hotel. "Dort informierte Y. den K. von dem Kauf." Der gesondert verfolgte N. verkaufte später die anderen beiden Kilo Marihuana "für die Angeklagten Y. und K. " (UA S. 19).
22
Damit ist eine aktive Mitwirkung des Angeklagten an dem Betäubungsmittelgeschäft der Mitangeklagten nicht belegt. Festgestellt ist allein die nachträglich erlangte Kenntnis des Angeklagten von der Betäubungsmitteleinfuhr. Was zu dem Verkauf "für" (auch) den Angeklagten K. geführt hat, bleibt offen. Wenn sich das tatrichterliche Urteil fehlerhaft auf die Mitteilung von Indiztatsachen beschränkt, kann es nicht die Aufgabe des Revisionsgerichts sein, aus diesen eigene Schlüsse zu ziehen und die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen.
23
b) Auch bezüglich der Tat 6 fehlt es, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, an einer Feststellung, die eine strafbare Beteiligung des Angeklagten K. an dem mit der VP "R. " angebahnten Handel der Mitangeklagten mit 70 kg Haschisch belegen könnte. Der Umstand, dass die Mitangeklagten ihrem Geschäftspartner gegenüber den geforderten Preis mit der Behauptung zu rechtfertigen suchten, sie müssten auch den Angeklagten "an dem Gewinn beteiligen", was sie auch von vorneherein vorhatten, reicht hierfür nicht aus. Zudem hat das Landgericht ausdrücklich festgestellt, dass der Angeklagte K. "mit dem geplanten Haschischgeschäft nichts zu tun hatte" (UA S. 21, 56).
24
2. Die Aufhebung des Urteils in diesen beiden Fällen führt zur Aufhebung der gegen den Angeklagten erkannten Gesamtstrafe. Die übrigen Einzelstrafen können bestehen bleiben. Es ist auszuschließen, dass deren Höhe von der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen 3 und 6 beeinflusst ist.
25
3. Im Übrigen hat die Revision keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt. Zwischen den Taten 1 und 2 hat das Landgericht zutreffend Tatmehrheit angenommen (vgl. oben I. 1.). Soweit es dem Angeklagten in der rechtlichen Würdigung auch die Tat 4 zugerechnet hat, handelt es sich erkennbar um einen Schreibfehler. Der Angeklagte ist für diese Tat weder verurteilt, noch ist für diese Tat eine Strafe festgesetzt worden.
26
III. Die Revision des Angeklagten M.
27
Die Revision hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
28
1. Im Fall 5 der Urteilsgründe hält die Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen planten die Angeklagten Y. und K. , Kokain in den Niederlanden zu erwerben, mit einem Auto nach Deutschland zu verbringen und gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Angeklagte M. besorgte auf ihre Bitten hin den P. als Fahrer. Als P. ohne Betäubungsmittel zurückkam, nahm der Angeklagte den Wagen entgegen und brachte ihn sodann zum Angeklagten K. , der daraufhin seinerseits mit dem Auto in die Niederlande fuhr, dort gemeinsam mit Y. 500 g Kokain erwarb und dies zwei Tage später nach Deutschland verbrachte. Danach traf sich der Angeklagte M. mit den beiden. Telefonisch kontaktierten sie potentielle Abnehmer, um das Rauschgift zu verkaufen.
29
Diese Feststellungen belegen noch ausreichend die Mittäterschaft des Angeklagten M. am Handeltreiben, nicht aber an der Einfuhr der Betäubungsmittel. Zwar verlangt der Tatbestand kein eigenhändiges Verbringen des Rauschgifts über die Grenze. Mittäter kann auch der sein, der Betäubungsmittel von anderen Personen transportieren lässt. So lag es hier jedoch nicht. Alle maßgeblichen Schritte zur Organisation und Durchführung der Einfuhrfahrt nahmen die beiden Mitangeklagten vor. Demgegenüber war der Beitrag des Angeklagten zur Förderung der Tat von nur untergeordneter Bedeutung. Eine Tatherrschaft hatte er im Hinblick auf den Einfuhrvorgang nicht.
30
2. Der Senat hat, da weitergehende Feststellungen in diesem Fall nicht mehr zu erwarten sind, den Schuldspruch auf tateinheitlich zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge stehende Beihilfe zu deren Einfuhr umgestellt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte, der die Tat bestritten hat, gegen diesen Vorwurf nicht anders hätte verteidigen können.
31
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der für diesen Fall verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.
32
3. Der Schuldspruch gibt zum Vorteil des Angeklagten nicht wieder, dass der Angeklagte nach den Feststellungen jeweils mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat. Der Senat hat deshalb (wie schon im Fall 5) den Schuldspruch bezüglich der weiteren Taten des Angeklagten entsprechend geändert.
33
4. Im Übrigen hat die Revision keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt.
34
IV. Die Revision der Staatsanwaltschaft
35
1. Die Beschränkung der Revision auf die zweite Gesamtfreiheitsstrafe erweist sich als unwirksam, weil die von der Staatsanwaltschaft erstrebte Aufhebung des Urteils hinsichtlich der Taten 3, 5 und 6 auch den Bestand der ersten Gesamtfreiheitsstrafe berührt; denn wegen der unter I. 2. aufgezeigten Fehler des angegriffenen Urteils bei der Bildung der Gesamtstrafen könnte im Fall der von der Staatsanwaltschaft erstrebten Aufhebung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe eine zutreffende neue Gesamtstrafenbildung nicht ohne Mitberücksichtigung der Einzelstrafen für die Taten 1 und 2 der Urteilsgründe sowie (gegebenenfalls ) der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 vorgenommen werden. Angefochten ist damit auch die vom Landgericht gebildete erste Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten.
36
Mit diesem Anfechtungsumfang hat die Revision den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
37
2. Das Rechtsmittel greift nicht durch, soweit es beanstandet, das Landgericht habe sich rechtsfehlerhaft nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die Angeklagten die Taten 3, 5 und 6 als Mitglieder einer Bande begangen hätten.
38
Das Landgericht hat bezogen auf die Taten 5 und 6 im Einzelnen dargelegt (UA S. 56), warum es einen Zusammenschluss der Angeklagten zu einer Bande nicht festzustellen vermochte. Der Maßstab revisionsgerichtlicher Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung ist in den Fällen, in denen sich der Tatrichter nicht vom Vorliegen eines Umstands überzeugen kann, kein anderer als in den Fällen, in denen er die erforderliche Überzeugung gewonnen hat. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Indizien hätten einen Schluss auf einen bandenmäßigen Zusammenschluss ermöglicht, das macht indes das entgegengesetzte Ergebnis des Landgerichts nicht rechtsfehlerhaft. Hinzu kommt, dass in den Fällen 3 und 6 eine Mitwirkung des Angeklagten K. nicht belegt ist (vgl. oben II. 1.).
39
3. Der Gesamtstrafenausspruch betreffend den Angeklagten Y. hält rechtlicher Überprüfung auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft nicht stand.
40
Die vom Landgericht ausgesprochenen beiden Gesamtstrafen erweisen sich aus den unter I. 2. dargelegten Gründen auch zu Gunsten des Angeklagten als rechtsfehlerhaft; denn war die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 zum Zeitpunkt der Verkündung der hier ange- fochtenen Entscheidung noch nicht erledigt, so hätte unter Einbeziehung dieser Strafe mit den Einzelstrafen für die Taten 1 und 2 eine gesonderte Gesamtstrafe gebildet werden müssen, wodurch naheliegend die vom Amtsgericht Hannover bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung weggefallen wäre.
41
Zuletzt unterliegt die Gesamtstrafenbildung auf die Revision der Staatsanwaltschaft auch wegen § 301 StPO der Aufhebung. Über sie muss erneut entschieden werden.
42
4. Zutreffend beanstandet die Beschwerdeführerin hinsichtlich aller Angeklagter auch die Entscheidung über die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Das Landgericht hat sich bei der Feststellung , ob und in welchem Umfang das Verfahren nicht in dem durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK gebotenen Umfang betrieben worden ist, darauf beschränkt auszuführen, dass das Verfahren bei der erforderlichen konzentrierten Durchführung an zwei Hauptverhandlungstagen in der Woche "schätzungsweise nach 6 Monaten Hauptverhandlung" hätte abgeschlossen werden können. Tatsächlich hat die Hauptverhandlung an 52 Tagen vom 20. November 2006 bis zum 4. September 2008, also ein Jahr und neuneinhalb Monate angedauert. Das Landgericht geht demnach von einer Verfahrensverzögerung von einem Jahr und dreieinhalb Monaten aus. Es hat hierfür zur Kompensation (vgl. BGHSt 52, 124 = NJW 2008, 860) jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe (bei dem Angeklagten Y. in der Form einer Kompensation von jeweils 6 Monaten hinsichtlich der beiden Gesamtfreiheitsstrafen) für vollstreckt erklärt.
43
a) Damit hat das Landgericht bereits den Umfang einer Verfahrensverzögerung nicht rechtsfehlerfrei bestimmt. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 18. Juni 2009 (3 StR 89/09 - juris) ausgeführt:
44
"Der von der Strafkammer zu Grunde gelegte, rein rechnerische Maßstab ist zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und ihres Ausmaßes nicht geeignet. Vielmehr beurteilt sich die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer über eine strafrechtliche Anklage gegen einen - ggf. in Untersuchungshaft einsitzenden - Angeklagten verhandelt werden muss und ein Urteil zu ergehen hat (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs., Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK), nach den besonderen Umständen des Einzelfalles, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen. Zu berücksichtigen sind dabei namentlich der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, Umfang und Schwierigkeit des Verfahrensgegenstands, Art und Weise der Ermittlungen sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen. Keine Berücksichtigung finden hingegen Verfahrensverzögerungen, die der Beschuldigte selbst, sei es auch durch zulässiges Prozessverhalten, verursacht hat (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10. März 2009 - 2 BvR 49/09; Meyer-Goßner aaO [StPO 52. Aufl.] Art. 6 MRK Rdn. 7 a m. w. N.). Nicht eingerechnet werden auch die Zeiträume, die bei zeitlich angemessener Verfahrensgestaltung beansprucht werden durften (vgl. BGH NStZ 2008, 478). Zu beachten ist ferner, dass eine Verzögerung während eines einzelnen Verfahrensabschnitts für sich allein keinen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot begründet, wenn das Strafverfahren insgesamt in angemessener Zeit abgeschlossen wurde (vgl. BGH StraFo 2008, 513 m. w. N)."
45
Eine Auseinandersetzung mit diesen Umständen lässt das angefochtene Urteil vermissen.
46
b) Zudem erweist sich der Umfang der Kompensation als rechtsfehlerhaft. Hierzu hat der Senat in seiner vorbezeichneten Entscheidung ausgeführt:
47
"Aber selbst bei Zugrundelegung der vom Landgericht angenommenen Dauer einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung könnte das Maß der Kompensation nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs keinen Bestand haben, weil der in der Urteilsformel für vollstreckt erklärte Teil der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe rechtlich nicht mehr vertretbar ist. Zwar lassen sich allgemeine Kriterien für die Festlegung der Entschädigung nicht aufstellen; entscheidend sind stets wiederum die Umstände des Einzelfalls, wie der Umfang der staatlich zu verantwortenden Verzögerung, das Maß des Fehlverhaltens der Strafverfolgungsorgane sowie die Auswirkungen all dessen auf den Angeklagten. Jedoch muss stets im Auge behalten werden, dass die Verfahrensdauer als solche sowie die hiermit verbundenen besonderen Belastungen des Angeklagten bereits mildernd in die Strafzumessung eingeflossen sind und es daher in diesem Punkt der Rechtsfolgenbestimmung nur noch um einen Ausgleich für die rechtsstaatswidrige Verursachung dieser Umstände geht (vgl. BGH - GS - NJW 2008, 860, 866; BGH NStZ 2008, 527)."
48
Die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung wurde von der Strafkammer mit (höchstens) einem Jahr und dreieinhalb Monaten festgestellt: Durch die Anordnung, zu deren Entschädigung seien von den Gesamtstrafen jeweils ein Jahr als vollstreckt anzusehen, hat es die Kompensation nahezu in der Höhe des vom Großen Senat für Strafsachen ausgeschlossenen Maßstabs des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmt (BGHSt 52, 124, 146 f.). Das Landgericht hat den Angeklagten eine Strafreduzierung zugebilligt, die zu einer Verkürzung der verhängten Strafen in einem Umfang geführt hat, der nahezu durch Anrechnung einer der festgestellten Verfahrensverzögerung entsprechenden inländischen Untersuchungshaft hätte erreicht werden können. Damit hat es bei der Bemessung des als vollstreckt geltenden Teils der Gesamtfreiheitsstrafen die Grenzen des dem Tatrichter insoweit zustehenden Bewertungsspielraums in rechtsfehlerhafter Weise überschritten (vgl. BGH NStZ 2008, 477).
49
c) Über die Kompensationen muss deshalb erneut entschieden werden. Sollte dabei wiederum eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt werden, so wird bei der Kompensationsentscheidung zu bedenken sein, dass neben dem Konventionsverstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK auch ein solcher gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. MRK in Betracht kommen könnte (vgl. EGMR StV 2006, 474, 478; Urt. vom 26. Oktober 2006 - 65655/01 - juris; BGHSt 52, 124, 143; BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 31; BGH StV 2008, 633, 634).
50
d) Die Entscheidung kann bezüglich des Angeklagten Y. zusammen mit der erforderlichen Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung im Beschlussweg nach §§ 460, 462 StPO ergehen. Die dazu notwendigen Feststellungen können im Freibeweis getroffen werden und erfordern keine erneute Hauptverhandlung. Auch andere Formen der Kompensation für rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerungen - etwa Verfahrenseinstellungen oder -beschränkungen nach §§ 153, 153 a, 154, 154 a StPO (vgl. BGHSt 52, 124, 132 f.) - werden in Beschlussform vorgenommen. Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 148/09
vom
16. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Juli 2009,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten Y. wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 4. September 2008, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen mit den zugehörigen Feststellungen und mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung sowie über die Kosten des Rechtsmittels nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in zwei Fällen (Taten 3 und 6 der Urteilsgründe ) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurde;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat 5 der Urteilsgrün- de) sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei weiteren Fällen verurteilt wird;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe für die Tat 5 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) bezüglich des Angeklagten Y. im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen;
b) bezüglich aller Angeklagter im Ausspruch über die Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen , hinsichtlich des Angeklagten Y. mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
5. Die weitergehenden Revisionen aller Beschwerdeführer werden verworfen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Y. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 26. Mai 2004 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen unerlaubten Besitzes von Patronenmunition für Schusswaffen mit gezogenen Läufen unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Dezember 2007 unter Auflösung der dort nachträglich mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamm gebildeten Gesamtstrafe zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es von beiden Strafen jeweils sechs Monate als vollstreckt erklärt.
2
Den Angeklagten K. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubten Erwerbs in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Selbstladepistole sowie mit unerlaubtem Besitz von Patronenmunition für Schusswaffen mit gezogenen Läufen zu einer Gesamtstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es davon ein Jahr als vollstreckt erklärt.
3
Den Angeklagten M. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es hiervon ein Jahr als vollstreckt erklärt.
4
Die Revision des Angeklagten Y. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit Einzelausführungen wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung, hält den Zweifelssatz für verletzt, beanstandet die Verurteilung wegen des Waffendelikts und rügt eine fehlerhafte Gesamtstrafenbildung.
5
Die Revision des Angeklagten K. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit Einzelausführungen beanstandet sie das Urteil hinsichtlich der Zahl der abgeurteilten Taten als widersprüchlich und hält in den Fällen 3, 5 und 6 der Urteilsgründe die Feststellungen nicht für ausreichend, um den Schuldspruch zu tragen.
6
Die Revision des Angeklagten M. erhebt die allgemeine Sachrüge.
7
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützten Revision ausschließlich dagegen, dass die Angeklagten in drei Fällen (Fälle 3, 5 und 6 der Urteilsgründe) nicht wegen bandenmäßig begangenen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden sind, sowie gegen die Gesamtstrafen, hinsichtlich des Angeklagten Y. aber nur ge- gen die zweite Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Außerdem beanstandet sie die Feststellungen zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und die dafür vorgenommenen Kompensationen.
8
I. Die Revision des Angeklagten Y.
9
Die Revision hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
10
1. Der Schuldspruch enthält keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Auf der Grundlage einer Beweiswürdigung, die den Maßstäben revisionsgerichtlicher Nachprüfung (vgl. BGH NJW 2005, 2322, 2326) standhält, hat das Landgericht ausreichende, den jeweiligen Schuldspruch tragende Feststellungen getroffen. Dies gilt - entgegen dem Bedenken des Generalbundesanwalts - auch für die Tat 8. Den unerlaubten Besitz des Angeklagten an einem Einsteckmagazin für Selbstladepistolen des Modells 08 mit 6 Patronen, Kaliber 9 mm, sowie an einer weiteren Patrone desselben Kalibers hat das Landgericht hinreichend festgestellt. Die Munition wurde bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten "in einer Jacke" gefunden. Mit der theoretischen Möglichkeit, es könnte sich dabei um ein nicht dem Angeklagten gehörendes Kleidungsstück handeln, musste sich das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nicht auseinandersetzen; denn der Angeklagte war wenige Monate zuvor wegen einschlägiger Taten (er bewahrte u. a. eine Pistole Mauser P 08 und entsprechende Patronen in seiner Wohnung auf) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
11
Auch die Annahme von Tatmehrheit zwischen den Taten 1 und 2 hält rechtlicher Prüfung stand. Nach den Feststellungen zahlten die Angeklagten Y. und K. das im Fall 1 erworbene Heroin bei dem Zeugen Yi. und bestellten bei der Geldübergabe weitere Betäubungsmittel, die ihnen zwei Wochen später geliefert werden sollten. Die Bestellung weiterer Betäubungsmittel anlässlich der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel verbindet die beiden Handelsgeschäfte nicht zu einer Tat im Rechtssinn. Allein ein Handeln am selben Ort und zur selben Zeit begründet im Allgemeinen keine Tateinheit im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit; erforderlich ist grundsätzlich vielmehr die (Teil-)Identität der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 20 m. w. N.). Daran fehlt es hier. Die Bezahlung der Erstlieferung und die Bestellung der Zweitlieferung sind gesonderte Handlungen , die je nur für die einzelne Lieferung das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllen. Schon deswegen unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von Konstellationen, in denen in der Rechtsprechung Tateinheit infolge eines Zusammenfallens von Zahlungsvorgängen für mehrere Betäubungsmittelkäufe angenommen worden ist (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29; § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; ebenso BGH, Beschl. vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 376/07 m. w. N. und Beschl. vom 9. Januar 2008 - 2 StR 527/07; zu den Bedenken hiergegen vgl. BGH NStZ 2009, 392).
12
Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
13
2. Mit Recht beanstandet die Revision jedoch, dass die Gesamtstrafenbildung des Landgerichts fehlerhaft ist. Die Strafkammer hat dem Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 26. Mai 2004 "Zäsurwirkung" beigemessen und aus den Strafen für die (verfahrensgegenständlichen) Taten 1 und 2 und der Strafe für die durch das Amtsgericht Hamm abgeurteilte Tat eine Gesamtstrafe gebil- det. Daneben hat sie aus den Strafen für die weiteren Taten 3 bis 6 sowie 8 und aus der Strafe für eine vom Landgericht Hannover mit Urteil vom 21. Dezember 2007 abgeurteilte Tat eine zweite Gesamtstrafe gebildet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Taten 1 und 2, die sich aus einer "im Sommer 2004" entstandenen Bekanntschaft des Angeklagten mit dem Zeugen C. entwickelten (UA S. 14), erkennbar nach dem 26. Mai 2004 begangen worden sind. Das Urteil des Amtsgerichts Hamm bleibt deshalb für die Gesamtstrafenbildung aus den Einzelstrafen für die hier verfahrensgegenständlichen Taten ohne Bedeutung. Weder die Einzelstrafe von sechs Monaten aus diesem Urteil noch die für ein im Februar/März 2004 begangenes Betäubungsmitteldelikt vom Landgericht Hannover im Urteil von 21. Dezember 2007 verhängte Einzelstrafe von drei Jahren und drei Monaten waren mit einer der hier abgeurteilten Taten gesamtstrafenfähig.
14
Zudem hat es das Landgericht unterlassen, den Vollstreckungsstand hinsichtlich des Urteils des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 festzustellen, durch das der Angeklagte wegen eines Ende Oktober 2005 begangenen Waffendelikts zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung auf die Dauer von drei Jahren verurteilt worden ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist. Für diesen Fall würde dieses Urteil keine Zäsurwirkung mehr entfalten, so dass aus sämtlichen gegen den Angeklagten festgesetzten Einzelstrafen in vorliegender Sache nur eine Gesamtstrafe zu bilden wäre. Damit ist der Angeklagte durch die fehlenden Feststellungen im angefochtenen Urteil beschwert. Die Gesamtstrafenbildung muss erneut vorgenommen werden.
15
Sollte der neue Tatrichter feststellen, dass die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 am 4. September 2008 (bei Zurückverweisung kommt es auf den Zeitpunkt des ersten Urteils an, vgl. BGH NStZ 2009, 263 m. w. N.) noch nicht erledigt war, so wird er aus der Strafe dieses Urteils und den hier für die Taten 1 und 2 verhängten Einzelstrafen nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden haben.
16
Die Entscheidung über die neue Gesamtstrafe kann im Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO getroffen werden (§ 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO). Dabei ist auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden. Eine Entscheidung hierüber durch den Senat kommt nicht in Betracht, da der Erfolg des Rechtsmittels im Einzelnen derzeit nicht absehbar ist.
17
II. Die Revision des Angeklagten K.
18
Die Revision hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
19
1. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen , dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 4 und 7). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 Abs. 2 StPO; vgl. BGH, Urt. vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 - juris).
20
Nach diesen Maßstäben hält die Verurteilung des Angeklagten hinsichtlich der Taten 3 und 6 rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts zur Tat 3 hatten die Angeklagten Y. und M. beschlossen, Marihuana im Kilobereich zu erwerben, um es sodann gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Angeklagte Y. fuhr in die Niederlande, erwarb dem Tatplan entsprechend 4 kg Marihuana und brachte sie nach Hannover in ein Hotel, wo er von M. erwartet wurde, der sodann zwei Kilo des Betäubungsmittels übernahm. Danach bat der Angeklagte Y. den Angeklagten K. in das Hotel. "Dort informierte Y. den K. von dem Kauf." Der gesondert verfolgte N. verkaufte später die anderen beiden Kilo Marihuana "für die Angeklagten Y. und K. " (UA S. 19).
22
Damit ist eine aktive Mitwirkung des Angeklagten an dem Betäubungsmittelgeschäft der Mitangeklagten nicht belegt. Festgestellt ist allein die nachträglich erlangte Kenntnis des Angeklagten von der Betäubungsmitteleinfuhr. Was zu dem Verkauf "für" (auch) den Angeklagten K. geführt hat, bleibt offen. Wenn sich das tatrichterliche Urteil fehlerhaft auf die Mitteilung von Indiztatsachen beschränkt, kann es nicht die Aufgabe des Revisionsgerichts sein, aus diesen eigene Schlüsse zu ziehen und die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen.
23
b) Auch bezüglich der Tat 6 fehlt es, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, an einer Feststellung, die eine strafbare Beteiligung des Angeklagten K. an dem mit der VP "R. " angebahnten Handel der Mitangeklagten mit 70 kg Haschisch belegen könnte. Der Umstand, dass die Mitangeklagten ihrem Geschäftspartner gegenüber den geforderten Preis mit der Behauptung zu rechtfertigen suchten, sie müssten auch den Angeklagten "an dem Gewinn beteiligen", was sie auch von vorneherein vorhatten, reicht hierfür nicht aus. Zudem hat das Landgericht ausdrücklich festgestellt, dass der Angeklagte K. "mit dem geplanten Haschischgeschäft nichts zu tun hatte" (UA S. 21, 56).
24
2. Die Aufhebung des Urteils in diesen beiden Fällen führt zur Aufhebung der gegen den Angeklagten erkannten Gesamtstrafe. Die übrigen Einzelstrafen können bestehen bleiben. Es ist auszuschließen, dass deren Höhe von der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen 3 und 6 beeinflusst ist.
25
3. Im Übrigen hat die Revision keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt. Zwischen den Taten 1 und 2 hat das Landgericht zutreffend Tatmehrheit angenommen (vgl. oben I. 1.). Soweit es dem Angeklagten in der rechtlichen Würdigung auch die Tat 4 zugerechnet hat, handelt es sich erkennbar um einen Schreibfehler. Der Angeklagte ist für diese Tat weder verurteilt, noch ist für diese Tat eine Strafe festgesetzt worden.
26
III. Die Revision des Angeklagten M.
27
Die Revision hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
28
1. Im Fall 5 der Urteilsgründe hält die Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen planten die Angeklagten Y. und K. , Kokain in den Niederlanden zu erwerben, mit einem Auto nach Deutschland zu verbringen und gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Angeklagte M. besorgte auf ihre Bitten hin den P. als Fahrer. Als P. ohne Betäubungsmittel zurückkam, nahm der Angeklagte den Wagen entgegen und brachte ihn sodann zum Angeklagten K. , der daraufhin seinerseits mit dem Auto in die Niederlande fuhr, dort gemeinsam mit Y. 500 g Kokain erwarb und dies zwei Tage später nach Deutschland verbrachte. Danach traf sich der Angeklagte M. mit den beiden. Telefonisch kontaktierten sie potentielle Abnehmer, um das Rauschgift zu verkaufen.
29
Diese Feststellungen belegen noch ausreichend die Mittäterschaft des Angeklagten M. am Handeltreiben, nicht aber an der Einfuhr der Betäubungsmittel. Zwar verlangt der Tatbestand kein eigenhändiges Verbringen des Rauschgifts über die Grenze. Mittäter kann auch der sein, der Betäubungsmittel von anderen Personen transportieren lässt. So lag es hier jedoch nicht. Alle maßgeblichen Schritte zur Organisation und Durchführung der Einfuhrfahrt nahmen die beiden Mitangeklagten vor. Demgegenüber war der Beitrag des Angeklagten zur Förderung der Tat von nur untergeordneter Bedeutung. Eine Tatherrschaft hatte er im Hinblick auf den Einfuhrvorgang nicht.
30
2. Der Senat hat, da weitergehende Feststellungen in diesem Fall nicht mehr zu erwarten sind, den Schuldspruch auf tateinheitlich zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge stehende Beihilfe zu deren Einfuhr umgestellt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte, der die Tat bestritten hat, gegen diesen Vorwurf nicht anders hätte verteidigen können.
31
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der für diesen Fall verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.
32
3. Der Schuldspruch gibt zum Vorteil des Angeklagten nicht wieder, dass der Angeklagte nach den Feststellungen jeweils mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat. Der Senat hat deshalb (wie schon im Fall 5) den Schuldspruch bezüglich der weiteren Taten des Angeklagten entsprechend geändert.
33
4. Im Übrigen hat die Revision keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt.
34
IV. Die Revision der Staatsanwaltschaft
35
1. Die Beschränkung der Revision auf die zweite Gesamtfreiheitsstrafe erweist sich als unwirksam, weil die von der Staatsanwaltschaft erstrebte Aufhebung des Urteils hinsichtlich der Taten 3, 5 und 6 auch den Bestand der ersten Gesamtfreiheitsstrafe berührt; denn wegen der unter I. 2. aufgezeigten Fehler des angegriffenen Urteils bei der Bildung der Gesamtstrafen könnte im Fall der von der Staatsanwaltschaft erstrebten Aufhebung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe eine zutreffende neue Gesamtstrafenbildung nicht ohne Mitberücksichtigung der Einzelstrafen für die Taten 1 und 2 der Urteilsgründe sowie (gegebenenfalls ) der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 vorgenommen werden. Angefochten ist damit auch die vom Landgericht gebildete erste Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten.
36
Mit diesem Anfechtungsumfang hat die Revision den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
37
2. Das Rechtsmittel greift nicht durch, soweit es beanstandet, das Landgericht habe sich rechtsfehlerhaft nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die Angeklagten die Taten 3, 5 und 6 als Mitglieder einer Bande begangen hätten.
38
Das Landgericht hat bezogen auf die Taten 5 und 6 im Einzelnen dargelegt (UA S. 56), warum es einen Zusammenschluss der Angeklagten zu einer Bande nicht festzustellen vermochte. Der Maßstab revisionsgerichtlicher Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung ist in den Fällen, in denen sich der Tatrichter nicht vom Vorliegen eines Umstands überzeugen kann, kein anderer als in den Fällen, in denen er die erforderliche Überzeugung gewonnen hat. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Indizien hätten einen Schluss auf einen bandenmäßigen Zusammenschluss ermöglicht, das macht indes das entgegengesetzte Ergebnis des Landgerichts nicht rechtsfehlerhaft. Hinzu kommt, dass in den Fällen 3 und 6 eine Mitwirkung des Angeklagten K. nicht belegt ist (vgl. oben II. 1.).
39
3. Der Gesamtstrafenausspruch betreffend den Angeklagten Y. hält rechtlicher Überprüfung auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft nicht stand.
40
Die vom Landgericht ausgesprochenen beiden Gesamtstrafen erweisen sich aus den unter I. 2. dargelegten Gründen auch zu Gunsten des Angeklagten als rechtsfehlerhaft; denn war die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2005 zum Zeitpunkt der Verkündung der hier ange- fochtenen Entscheidung noch nicht erledigt, so hätte unter Einbeziehung dieser Strafe mit den Einzelstrafen für die Taten 1 und 2 eine gesonderte Gesamtstrafe gebildet werden müssen, wodurch naheliegend die vom Amtsgericht Hannover bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung weggefallen wäre.
41
Zuletzt unterliegt die Gesamtstrafenbildung auf die Revision der Staatsanwaltschaft auch wegen § 301 StPO der Aufhebung. Über sie muss erneut entschieden werden.
42
4. Zutreffend beanstandet die Beschwerdeführerin hinsichtlich aller Angeklagter auch die Entscheidung über die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Das Landgericht hat sich bei der Feststellung , ob und in welchem Umfang das Verfahren nicht in dem durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK gebotenen Umfang betrieben worden ist, darauf beschränkt auszuführen, dass das Verfahren bei der erforderlichen konzentrierten Durchführung an zwei Hauptverhandlungstagen in der Woche "schätzungsweise nach 6 Monaten Hauptverhandlung" hätte abgeschlossen werden können. Tatsächlich hat die Hauptverhandlung an 52 Tagen vom 20. November 2006 bis zum 4. September 2008, also ein Jahr und neuneinhalb Monate angedauert. Das Landgericht geht demnach von einer Verfahrensverzögerung von einem Jahr und dreieinhalb Monaten aus. Es hat hierfür zur Kompensation (vgl. BGHSt 52, 124 = NJW 2008, 860) jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe (bei dem Angeklagten Y. in der Form einer Kompensation von jeweils 6 Monaten hinsichtlich der beiden Gesamtfreiheitsstrafen) für vollstreckt erklärt.
43
a) Damit hat das Landgericht bereits den Umfang einer Verfahrensverzögerung nicht rechtsfehlerfrei bestimmt. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 18. Juni 2009 (3 StR 89/09 - juris) ausgeführt:
44
"Der von der Strafkammer zu Grunde gelegte, rein rechnerische Maßstab ist zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und ihres Ausmaßes nicht geeignet. Vielmehr beurteilt sich die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer über eine strafrechtliche Anklage gegen einen - ggf. in Untersuchungshaft einsitzenden - Angeklagten verhandelt werden muss und ein Urteil zu ergehen hat (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs., Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK), nach den besonderen Umständen des Einzelfalles, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen. Zu berücksichtigen sind dabei namentlich der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, Umfang und Schwierigkeit des Verfahrensgegenstands, Art und Weise der Ermittlungen sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen. Keine Berücksichtigung finden hingegen Verfahrensverzögerungen, die der Beschuldigte selbst, sei es auch durch zulässiges Prozessverhalten, verursacht hat (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10. März 2009 - 2 BvR 49/09; Meyer-Goßner aaO [StPO 52. Aufl.] Art. 6 MRK Rdn. 7 a m. w. N.). Nicht eingerechnet werden auch die Zeiträume, die bei zeitlich angemessener Verfahrensgestaltung beansprucht werden durften (vgl. BGH NStZ 2008, 478). Zu beachten ist ferner, dass eine Verzögerung während eines einzelnen Verfahrensabschnitts für sich allein keinen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot begründet, wenn das Strafverfahren insgesamt in angemessener Zeit abgeschlossen wurde (vgl. BGH StraFo 2008, 513 m. w. N)."
45
Eine Auseinandersetzung mit diesen Umständen lässt das angefochtene Urteil vermissen.
46
b) Zudem erweist sich der Umfang der Kompensation als rechtsfehlerhaft. Hierzu hat der Senat in seiner vorbezeichneten Entscheidung ausgeführt:
47
"Aber selbst bei Zugrundelegung der vom Landgericht angenommenen Dauer einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung könnte das Maß der Kompensation nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs keinen Bestand haben, weil der in der Urteilsformel für vollstreckt erklärte Teil der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe rechtlich nicht mehr vertretbar ist. Zwar lassen sich allgemeine Kriterien für die Festlegung der Entschädigung nicht aufstellen; entscheidend sind stets wiederum die Umstände des Einzelfalls, wie der Umfang der staatlich zu verantwortenden Verzögerung, das Maß des Fehlverhaltens der Strafverfolgungsorgane sowie die Auswirkungen all dessen auf den Angeklagten. Jedoch muss stets im Auge behalten werden, dass die Verfahrensdauer als solche sowie die hiermit verbundenen besonderen Belastungen des Angeklagten bereits mildernd in die Strafzumessung eingeflossen sind und es daher in diesem Punkt der Rechtsfolgenbestimmung nur noch um einen Ausgleich für die rechtsstaatswidrige Verursachung dieser Umstände geht (vgl. BGH - GS - NJW 2008, 860, 866; BGH NStZ 2008, 527)."
48
Die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung wurde von der Strafkammer mit (höchstens) einem Jahr und dreieinhalb Monaten festgestellt: Durch die Anordnung, zu deren Entschädigung seien von den Gesamtstrafen jeweils ein Jahr als vollstreckt anzusehen, hat es die Kompensation nahezu in der Höhe des vom Großen Senat für Strafsachen ausgeschlossenen Maßstabs des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmt (BGHSt 52, 124, 146 f.). Das Landgericht hat den Angeklagten eine Strafreduzierung zugebilligt, die zu einer Verkürzung der verhängten Strafen in einem Umfang geführt hat, der nahezu durch Anrechnung einer der festgestellten Verfahrensverzögerung entsprechenden inländischen Untersuchungshaft hätte erreicht werden können. Damit hat es bei der Bemessung des als vollstreckt geltenden Teils der Gesamtfreiheitsstrafen die Grenzen des dem Tatrichter insoweit zustehenden Bewertungsspielraums in rechtsfehlerhafter Weise überschritten (vgl. BGH NStZ 2008, 477).
49
c) Über die Kompensationen muss deshalb erneut entschieden werden. Sollte dabei wiederum eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt werden, so wird bei der Kompensationsentscheidung zu bedenken sein, dass neben dem Konventionsverstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK auch ein solcher gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. MRK in Betracht kommen könnte (vgl. EGMR StV 2006, 474, 478; Urt. vom 26. Oktober 2006 - 65655/01 - juris; BGHSt 52, 124, 143; BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 31; BGH StV 2008, 633, 634).
50
d) Die Entscheidung kann bezüglich des Angeklagten Y. zusammen mit der erforderlichen Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung im Beschlussweg nach §§ 460, 462 StPO ergehen. Die dazu notwendigen Feststellungen können im Freibeweis getroffen werden und erfordern keine erneute Hauptverhandlung. Auch andere Formen der Kompensation für rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerungen - etwa Verfahrenseinstellungen oder -beschränkungen nach §§ 153, 153 a, 154, 154 a StPO (vgl. BGHSt 52, 124, 132 f.) - werden in Beschlussform vorgenommen. Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 3/11
vom
15. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Februar 2011 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve
vom 20. Oktober 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Auch die Annahme von fünf rechtlich selbständigen Fällen der Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher
Nachprüfung stand. Dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte
die gekauften Drogen jeweils "spätestens bei der Abholung der
nächsten Lieferung" bezahlte. Dabei kann hier offen bleiben, ob dieses
Geschehen überhaupt geeignet wäre, die fünf Fälle des Handeltreibens
(s. dazu nur einerseits BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR
148/09, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 8; andererseits
BGH, Urteil vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97); denn
selbst wenn man dies annehmen wollte, könnten die fünf zu Tateinheit
zusammengefassten Bewertungseinheiten des Betäubungsmittelhandels
in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht auch
die fünf schwerer wiegenden Taten der Betäubungsmitteleinfuhr in nicht
geringer Menge zu Tateinheit verklammern (vgl. Fischer, StGB,
58. Aufl., Vor § 52 Rn. 30; Weber, BtMG, 3. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 578
mwN).
Becker Pfister von Lienen
Hubert Schäfer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 418/12
vom
25. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. April
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 11. April 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist;
b) hinsichtlich der Einzelstrafen für die Taten II. 2. b der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 50 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und in deren Folge zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilaufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen bleibt es ohne Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen bot der gesondert verfolgte L. , der den Angeklagten schon früher über einen längeren Zeitraum mit Marihuana versorgt hatte, dem Angeklagten im Juli 2008 an, von ihm Marihuana in Mengen von mindestens 500 Gramm zu beziehen, um durch dessen Weiterverkauf Geld zu verdienen. Nach dem Vorschlag L. s sollte der Angeklagte das Marihuana auch „auf Kommission“ erwerben können, wobei er aber jeweils nur dann neues Marihuana erhalten werde, wenn er das zuvor gelieferte vollständig bezahle. Der Angeklagte, der mit der Weiterveräußerung des Marihuanas die finanzielle Situation seiner Familie aufbessern und zugleich seinen Eigenkonsum finanzieren wollte, nahm das Angebot an.
3
In der Zeit von Anfang Juli 2008 bis Ende August 2010 bezog der Angeklagte sodann in mindestens 50 Einzelfällen Marihuana von L. . Bei sieben Gelegenheiten im Jahr 2009 erwarb er jeweils 1.500 Gramm, in den übrigen Fällen jeweils 500 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5 % THC. In jedem Einzelfall erhielt der Angeklagte das Marihuana zunächst ohne Bezahlung und leistete diese regelmäßig dann, wenn er neues Marihuana bei L. abholte. Das Marihuana verkaufte der Angeklagte – jeweils abgesehen von zum Eigenkonsum dienenden Teilmengen von bis zu 70 Gramm – gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter.
4
Ferner fuhr der Angeklagte einige Zeit vor Weihnachten 2010 zweimal im Auftrag des L. in die Niederlande, wo er von dessen Lieferanten nach Übergabe des Kaufgeldes Marihuana in Mengen von 5.000 und 5.500 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 5 % THC übernahm. Das Marihuana transportierte er jeweils nach Deutschland und lieferte es – in einem Fall nach Entnahme einer Eigenbedarfsmenge – bei L. ab.

II.


5
1. Der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (II. 2. c der Urteilsgründe) ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
6
2. Dagegen hält die Annahme von 50 selbständigen, real konkurrierenden Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge- ringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in den Fällen II. 2. b der Urteilsgründe einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Da sich die Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Marihuanageschäfte teilweise überschneiden, sind die verschiedenen auf die jeweilige Handelsmenge bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verknüpft.
7
a) Das Landgericht ist bei seiner Bewertung der Konkurrenzen im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme von Tateinheit nur in Betracht kommt, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-ZweckVerknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, Tateinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 – 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 20 mwN). Eine Teilidentität der objektiven Ausführungshandlungen bei den unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäften hat die Strafkammer indes zu Unrecht verneint.
8
b) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 487 ff.
mwN). Eine solche auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit liegt auch darin, dass sich der Zwischenhändler zu der Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor abgesprochene , zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1997 – 1 StR 472/97, StV 1997, 638; Urteil vom 20. August 1991 – 1 StR 273/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28; Weber aaO § 29 Rn. 420). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
9
Dem – weit auszulegenden (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 GSSt 1/05, aaO, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Übertragung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge , ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (vgl. Urteile vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. Okto- ber 2002 – 2 StR 294/02, NStZ-RR 2003, 75; vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42, 43; vom 27. Juni 2008 – 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). So hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden , dass die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten zum Handel gehört und den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl.
BGH, Urteil vom 20. März 1985 – 2 StR 861/84; Beschluss vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, StV 1992, 161; Urteil vom 11. Juli 1995 – 1 StR 189/95, StV 1995, 641; Beschlüsse vom 17. Mai 1996 – 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50; vom 21. Mai 1999 – 2 StR 154/99, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 52; Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07 aaO).
10
c) Der Senat entnimmt den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, dass die jeweils nächste ganz überwiegend zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Marihuanalieferung mit L. bereits abgesprochen war, als der Angeklagte sich zu L. begab. Das Aufsuchen von L. diente daher sowohl der Übermittlung des Entgelts für die vorangegangene , als auch der Abholung der vereinbarten neuerlichen Marihuanalieferung. In diesem Teilakt überschneiden sich die objektiven Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte, was eine tateinheitliche Verknüpfung sämtlicher auf die einzelnen Handelsmengen bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Folge hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; offengelassen im Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11).
11
Durch das einheitliche Delikt des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG werden die tateinheitlich verwirklichten, an sich rechtlich selbständigen 50 Taten des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu einer Erwerbstat verklammert, sodass sich der Angeklagte in dem unter II. 2. b der Urteilsgründe geschilderten Tatkomplex des unerlaubten Handel- treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig gemacht hat.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
3. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der für die Taten II. 2. b der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die Einzelstrafaussprüche für die zwei Einfuhrtaten sind rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben. Einer Aufhebung der von der fehlerhaften konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht beeinflussten tatsächlichen Feststellungen zu den Strafaussprüchen bedarf es nicht. Ergänzende, zu der bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter bleiben möglich.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin
4
b) Da der – weit auszulegende (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowohl das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel als auch die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten tatbestandlich erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 14 mwN), sind die objektiven Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte teilweise identisch. Denn das Aufsuchen des Lieferanten diente nach den Feststellungen jeweils zugleich der Übermittlung des Entgelts für die vorangegangene und der Abholung der vereinbarten neuerlichen Betäubungsmittellieferung. Die Teilidentität der Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte hat zur Folge, dass sämtliche auf die einzelnen Handelsmengen bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verknüpft sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12 aaO; Beschluss vom 31. Juli 2013 – 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144; Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97). Durch das einheitliche Delikt des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG werden die tat- einheitlich verwirklichten, an sich rechtlich selbständigen 20 Taten des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu einer Erwerbstat verklammert, sodass sich der Angeklagte in den Fällen II.1. bis 20. der Urteilsgründe insgesamt wegen einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig gemacht hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 319/13
vom
24. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Anfrage des 4. Strafsenats gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 24. Oktober 2013 beschlossen:
Der beabsichtigten Entscheidung des 4. Strafsenats - 4 StR 223/13 - steht bisherige Rechtsprechung des Senats - soweit ersichtlich - nicht entgegen. Der Senat neigt aber mehrheitlich dazu, die Annahme von Handlungseinheit nicht auf selbständige Einfuhrhandlungen auszudehnen , die jeweils dem Zweck des Handeltreibens dienen, auch wenn die nachträgliche Zahlung für eine frühere Lieferung und die Übernahme der nächsten Lieferung zeitlich zusammentreffen.

Gründe:

1
Der Anfrage liegt ein Fall zugrunde, in dem der Angeklagte mehrfach auf Kommissionsbasis Drogen bei seinem Lieferanten in den Niederlanden beschafft hat, wobei er die Bezahlung der vorangegangenen Lieferung aus Mitteln seines Verkaufserlöses mit der Abholung der nächsten Lieferung verbunden hat. Der 4. Strafsenat sieht darin eine einheitliche Handlung des Handeltreibens in Tateinheit mit Einfuhr.
2
Dieser Annahme steht die bisherige Rechtsprechung des Senats, soweit ersichtlich, nicht entgegen (vgl. zum Zusammentreffen von Handeltreiben mit Einfuhr Senat, Urteil vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6, dort allerdings noch unter Annahme einer fortgesetzten Handlung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln). Für den Fall des Zusammentreffens mehrerer Beihilfehandlungen zum Handeltreiben mit verschiedenen Taten der Einfuhr von Betäubungsmitteln hat der Senat durch Urteil vom 22. August 2012 - 2 StR 530/11 (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13) angenommen , dass dort keine Verklammerung der Einfuhrdelikte durch fallübergreifende Beihilfehandlungen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln stattfindet. Ob dasselbe auch bei einem Zusammentreffen von täterschaftlichem Handeltreiben mit Einfuhr möglich wäre, hat der Senat offen gelassen.
3
Der Senat neigt zu der Ansicht, dass auf der Grundlage des ohnehin sehr weit ausgelegten Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln die Annahme von Tateinheit nicht noch weiter dahin ausgedehnt werden sollte, dass hierdurch auch mehrere selbständige Einfuhrakte durch Annahme eines einheitlichen Handeltreibens verklammert werden.
4
Es bestehen bereits Bedenken gegen die Annahme, dass allein das zeitliche Zusammentreffen eines Bezahlungsvorgangs in Bezug auf eine frühere Drogenbeschaffung mit der Abholung der nächsten Lieferung zu einer Bewertungseinheit des Handeltreibens führt (krit. auch BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11; anders aber BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 14).
5
Der Senat hat insoweit bisher vor allem dann Handlungseinheit angenommen , wenn ein einheitlicher Zahlungsvorgang der Erbringung einer Restzahlung wegen der früheren Lieferung und zugleich der Teilzahlung des Preises für die neue Lieferung diente, also zugleich verschiedene Drogenmengen betraf (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02, insoweit in NStZ-RR 2003, 75, nicht abgedruckt, und Beschluss vom 17. Oktober 2007 – 2StR 376/07), oder wenn ein (Rest-) Kaufpreis mit neuen Teilmengen von Drogenlieferungen „verrechnet“ wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 11. August 2004 – 2 StR 184/04). Im Einzelfall hat der Senat freilich aus dem zeitlichen Zusammentreffen der Zahlung auf eine frühere Drogenlieferung mit der Übernahme der nächsten Lieferung auf Tateinheit geschlossen (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, StV 2010, 684 f.).
6
Die Annahme, dass Tateinheit auch dann vorliegen soll, wenn eine frühere Drogenlieferung bei der Abholung der nächsten Lieferung bezahlt wird, ist jedoch nicht zwingend. Nach der allgemeinen Regel, dass allein das zeitliche Zusammentreffen unterscheidbarer Tathandlungen noch nicht zur Tateinheit führt, sondern erst die Teilidentität der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 20), könnte auch das auf einem selbständigen Entschluss beruhende Handeltreiben mit verschiedenen Drogenlieferungen , von denen nur gleichzeitig eine bezahlt und eine andere entgegengenommen wird, als Tatmehrheit bewertet werden. Dafür spricht zumindest ein Teil der Gründe, die zur Aufgabe der Figur der fortgesetzten Handlung geführt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 – GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 146 ff.).
7
Jedenfalls dann, wenn durch die Annahme einer Bewertungseinheit des Handeltreibens auch eine Mehrzahl von auf selbständigen Tatentschlüssen beruhende Einfuhrhandlungen mit verschiedenen Drogenmengen insgesamt zu einer Tat im Rechtssinn verklammert würde, würde dies nach Ansicht des Senats zu einer zu weit gehenden Verbindung selbständiger Handlungen im strafrechtlichen Sinn führen und den Begriff der Handlungseinheit noch über den der früheren sogenannten fortgesetzten Handlung hinaus ausdehnen. Hierfür bestehen weder eine rechtliche Grundlage noch ein praktisches Bedürfnis. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng
4
2. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet. Soweit das Landgericht die Taten 2 und 3 als selbständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angesehen und nicht erörtert hat, ob durch die Zahlung des Restkaufpreises aus Tat 2 im Rahmen der Abwicklung von Tat 3 eine rechtliche Verknüpfung eingetreten ist, begegnet dies hier keinen rechtlichen Bedenken. Der Senat kann offen lassen, ob an der Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach die Abwicklung von Zahlungsvorgängen zurückliegende und neue Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu rechtlichen oder tatsächlichen Handlungseinheiten verbinden kann (vgl. BGHSt 43, 163; BGH NStZ 1999, 411; 2009, 392; BGH NStZ-RR 2009, 383; Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2002 - 2 StR 294/02).
6
Dadurch, dass der Angeklagte K. am 17. Oktober 2013 das ihm Ende August 2013 auf Kommissionsbasis überlassene Marihuana bei der Übergabe der erneuten Rauschgiftlieferung bezahlt hat, trafen beide Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil zusammen, da auch die Zahlungsvorgänge tatbestandlich Handlungsteile des Handelstreibens sind (vgl. BGH NStZ 2011, 97 m.w.N.). Zwischen beiden Betäubungsmittelgeschäften besteht deshalb Tateinheit mit der Folge, dass sich die Unterstützungshandlungen des Angeklagten P. auf eine einzige Haupttat des Lieferanten "M. " bezogen und somit auch nur ein einheitliches Beihilfedelikt darstellen (BGH NStZ 2014, 465).

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.