Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 322/15
vom
13. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2016:130116B4STR322.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Januar 2016 gemäß § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 14. April 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen zu der Ge- samtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge.
2
Das nach Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionsbegründungsfrist zulässige Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Annahme von 38 selbständigen, real konkurrierenden Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, teils in nicht geringer Menge, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte im Zeitraum von 2009 bis 26. April 2013 in 38 Fällen Marihuana mit Wirkstoffgehalten von mindestens 12,6 % und 16,2 % in Mengen von 50 Gramm bis zu einem Kilogramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Sämtliche Geschäfte wurden dergestalt „auf Kommission“ abgewickelt, dass der Angeklagte mit dem Erlös aus dem vorangegangenen Abverkauf der von ihm erworbenen Betäubungsmittel jeweils den nächsten Ankauf bei seinem Lieferanten beglich. Die Überschneidung der tatbestandlichen Ausführungshandlungen, die sich daraus ergibt, dass das Aufsuchen des Lieferanten jeweils zugleich der Übermittlung des Entgelts für die vorangegangene und der Abholung der vereinbarten neuerlichen Betäubungsmittellieferung diente, führt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 14; Beschlüsse vom 2. Juli 2014 – 4 StR 188/14; vom 22. Mai 2014 – 4 StR 223/13; vom 7. September 2015 – 2 StR 47/15; vom 9. Dezember 2014 – 2 StR 381/14; vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; vom 15. Juli 2014 – 5 StR 169/14, insoweit in NStZ-RR 2014, 315 nicht abgedruckt; vgl. dagegen BGH, Beschluss vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15) dazu, dass hinsichtlich der unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte die auf die jeweiligen Handelsmengen bezogenen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz tateinheitlich verknüpft sind. Das Tun des Angeklagten stellt sich daher als eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG dar.
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der in vollem Umfang geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen. Die von der Strafkammer festgesetzte Gesamtstrafe kann dagegen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als Strafe für die einheitliche Tat bestehen bleiben. Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses, die den Unrechts- und Schuldgehalt des vom Angeklagten verwirklichten strafbaren Verhaltens unberührt lässt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 4. November 2010 – 4 StR 374/10, NStZ-RR 2011, 79, 80; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641), auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
6
Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

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(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 418/12
vom
25. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. April
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 11. April 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist;
b) hinsichtlich der Einzelstrafen für die Taten II. 2. b der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 50 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und in deren Folge zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilaufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen bleibt es ohne Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen bot der gesondert verfolgte L. , der den Angeklagten schon früher über einen längeren Zeitraum mit Marihuana versorgt hatte, dem Angeklagten im Juli 2008 an, von ihm Marihuana in Mengen von mindestens 500 Gramm zu beziehen, um durch dessen Weiterverkauf Geld zu verdienen. Nach dem Vorschlag L. s sollte der Angeklagte das Marihuana auch „auf Kommission“ erwerben können, wobei er aber jeweils nur dann neues Marihuana erhalten werde, wenn er das zuvor gelieferte vollständig bezahle. Der Angeklagte, der mit der Weiterveräußerung des Marihuanas die finanzielle Situation seiner Familie aufbessern und zugleich seinen Eigenkonsum finanzieren wollte, nahm das Angebot an.
3
In der Zeit von Anfang Juli 2008 bis Ende August 2010 bezog der Angeklagte sodann in mindestens 50 Einzelfällen Marihuana von L. . Bei sieben Gelegenheiten im Jahr 2009 erwarb er jeweils 1.500 Gramm, in den übrigen Fällen jeweils 500 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5 % THC. In jedem Einzelfall erhielt der Angeklagte das Marihuana zunächst ohne Bezahlung und leistete diese regelmäßig dann, wenn er neues Marihuana bei L. abholte. Das Marihuana verkaufte der Angeklagte – jeweils abgesehen von zum Eigenkonsum dienenden Teilmengen von bis zu 70 Gramm – gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter.
4
Ferner fuhr der Angeklagte einige Zeit vor Weihnachten 2010 zweimal im Auftrag des L. in die Niederlande, wo er von dessen Lieferanten nach Übergabe des Kaufgeldes Marihuana in Mengen von 5.000 und 5.500 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 5 % THC übernahm. Das Marihuana transportierte er jeweils nach Deutschland und lieferte es – in einem Fall nach Entnahme einer Eigenbedarfsmenge – bei L. ab.

II.


5
1. Der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (II. 2. c der Urteilsgründe) ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
6
2. Dagegen hält die Annahme von 50 selbständigen, real konkurrierenden Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge- ringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in den Fällen II. 2. b der Urteilsgründe einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Da sich die Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Marihuanageschäfte teilweise überschneiden, sind die verschiedenen auf die jeweilige Handelsmenge bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verknüpft.
7
a) Das Landgericht ist bei seiner Bewertung der Konkurrenzen im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme von Tateinheit nur in Betracht kommt, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-ZweckVerknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, Tateinheit zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 – 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 20 mwN). Eine Teilidentität der objektiven Ausführungshandlungen bei den unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäften hat die Strafkammer indes zu Unrecht verneint.
8
b) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 487 ff.
mwN). Eine solche auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit liegt auch darin, dass sich der Zwischenhändler zu der Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor abgesprochene , zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1997 – 1 StR 472/97, StV 1997, 638; Urteil vom 20. August 1991 – 1 StR 273/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28; Weber aaO § 29 Rn. 420). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
9
Dem – weit auszulegenden (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 GSSt 1/05, aaO, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Übertragung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge , ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (vgl. Urteile vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. Okto- ber 2002 – 2 StR 294/02, NStZ-RR 2003, 75; vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42, 43; vom 27. Juni 2008 – 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). So hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden , dass die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten zum Handel gehört und den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl.
BGH, Urteil vom 20. März 1985 – 2 StR 861/84; Beschluss vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, StV 1992, 161; Urteil vom 11. Juli 1995 – 1 StR 189/95, StV 1995, 641; Beschlüsse vom 17. Mai 1996 – 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50; vom 21. Mai 1999 – 2 StR 154/99, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 52; Urteil vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07 aaO).
10
c) Der Senat entnimmt den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, dass die jeweils nächste ganz überwiegend zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Marihuanalieferung mit L. bereits abgesprochen war, als der Angeklagte sich zu L. begab. Das Aufsuchen von L. diente daher sowohl der Übermittlung des Entgelts für die vorangegangene , als auch der Abholung der vereinbarten neuerlichen Marihuanalieferung. In diesem Teilakt überschneiden sich die objektiven Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander folgenden Umsatzgeschäfte, was eine tateinheitliche Verknüpfung sämtlicher auf die einzelnen Handelsmengen bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Folge hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; offengelassen im Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11).
11
Durch das einheitliche Delikt des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG werden die tateinheitlich verwirklichten, an sich rechtlich selbständigen 50 Taten des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu einer Erwerbstat verklammert, sodass sich der Angeklagte in dem unter II. 2. b der Urteilsgründe geschilderten Tatkomplex des unerlaubten Handel- treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig gemacht hat.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
3. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der für die Taten II. 2. b der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die Einzelstrafaussprüche für die zwei Einfuhrtaten sind rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben. Einer Aufhebung der von der fehlerhaften konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht beeinflussten tatsächlichen Feststellungen zu den Strafaussprüchen bedarf es nicht. Ergänzende, zu der bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter bleiben möglich.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 7 / 1 5
vom
7. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2015
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 29. September 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünfzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts fasste der Angeklagte im Jahr 2013 den Entschluss, sich durch regelmäßigen Umsatz von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, um seine an sich auskömmlichen Lebensverhältnisse weiter zu verbessern. Von Januar 2013 bis März 2014 verkaufte er in mindestens fünfzehn Fällen jeweils 100 g Marihuana an den gesondert verfolgten T. auf Kommissionsbasis. Er wurde von T. jeweils bei der nächsten Lieferung bezahlt. Im Lauf der Geschäftsbeziehung geriet T. in Zahlungsrückstand. Die genaue Höhe der Rückstände und die Zahl der betroffenen Einzellieferungen konnte das Landgericht nicht feststellen. Zuletzt verkaufte der Angeklagte am 1. April 2014 eine Menge von 426,86 g Marihuana an T. . Dieser hatte zuvor zugesichert , über den gesamten Kaufpreis für diese Lieferung zu verfügen und zugleich die aufgelaufenen Rückstände auszugleichen, was er anschließend auch realisierte.
3
Das Landgericht hat jede Drogenlieferung des Angeklagten an T. als rechtlich selbständige Handlung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angesehen. Nur im Fall der letzten Lieferung bezog sich diese auf eine nicht geringe Menge. Insgesamt ist das Landgericht zur Annahme von sechzehn Taten gelangt.

II.

4
Die Revision erzielt mit der Sachrüge einen Teilerfolg. Der Schuldspruch ist dahin abzuändern, dass insgesamt nur eine Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt. Dies hat die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge.
5
Die Konkurrenzbewertung des Landgerichts ist - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - rechtsfehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden Einzelhandlungen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann, wenn die Bezahlung einer früheren Lieferung mit der Übergabe einer neuen Drogenmenge zusammentrifft, zur Tateinheit verbunden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 2 StR 381/14, jeweils mwN). Sowohl die Bezahlung von Betäubungsmitteln als auch die Übergabe der Drogen sind Teilakte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
6
Nicht mehr entscheidungserheblich ist danach, dass hier auch zumindest bezüglich eines ungeklärten Teils der Einzelakte die Zahlungsrückstände aus früheren Lieferungen bei der Übergabe der letzten Drogenmenge mit bezahlt wurden; insoweit muss erst recht von einer Handlungseinheit der zusammentreffenden Teilakte des Handeltreibens ausgegangen werden.
7
Der Senat ändert den Schuldspruch dementsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, denn der Angeklagte, der ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, hätte sich auch bei Kenntnis der fehlerhaften Konkurrenzbewertungen der Tatsacheninstanz nicht mit Erfolg anders verteidigen können als es dort geschehen ist.
8
Die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs im Ganzen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei der Bildung einer einheitlichen Strafe zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis gelangen wird, als es durch die Bildung von Einzelstrafen und einer Gesamtstrafe gefunden wurde.
9
Der neue Tatrichter wird auch die rechtlichen Bedenken gegen die bisherige Begründung der Strafzumessung, die der Generalbundesanwalt erläutert hat, zu beachten haben. Fischer Eschelbach Ott Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 8 1 / 1 4
vom
9. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. Dezember 2014 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 18. Juni 2014, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Hinsichtlich des nicht revidierenden Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei weiteren Fällen , des Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch betreffend die Fälle II.3 und II.4 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Beschwerdeführers hat auf die allgemeine Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen handelte der nicht revidierende Angeklagte K. mit Marihuana im Kilobereich, das er von seinem Lieferanten "M. " auf Kommissionsbasis bezog.
3
Ende August 2013 überbrachte der Angeklagte P. als Betäubungsmittelkurier im Auftrag des Lieferanten "M. " dem Angeklagten K. 4 kg Marihuana und 27,1 g nicht zum Handel bestimmtes Kokain zu einem vereinbarten Kaufpreis von 28.150 Euro (Fall II.3 der Urteilsgründe).
4
Am 17. Oktober 2013 lieferte der Angeklagte P. im Auftrag des "M. " weitere 5.245 g Marihuana zu einem vereinbarten Kaufpreis von 36.700 Euro. Dabei übergab der Angeklagte K. dem Angeklagten P.
28.150 Euro Bargeld als Bezahlung für die vorangegangene Lieferung (Fall II.4 der Urteilsgründe).
5
2. Soweit das Landgericht den Angeklagten P. wegen zwei Fällen der Beihilfe zum Handeltreiben in nicht geringer Menge verurteilt hat, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
Dadurch, dass der Angeklagte K. am 17. Oktober 2013 das ihm Ende August 2013 auf Kommissionsbasis überlassene Marihuana bei der Übergabe der erneuten Rauschgiftlieferung bezahlt hat, trafen beide Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil zusammen, da auch die Zahlungsvorgänge tatbestandlich Handlungsteile des Handelstreibens sind (vgl. BGH NStZ 2011, 97 m.w.N.). Zwischen beiden Betäubungsmittelgeschäften besteht deshalb Tateinheit mit der Folge, dass sich die Unterstützungshandlungen des Angeklagten P. auf eine einzige Haupttat des Lieferanten "M. " bezogen und somit auch nur ein einheitliches Beihilfedelikt darstellen (BGH NStZ 2014, 465).
7
Der Schuldspruch war dementsprechend zu ändern. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen diese Verurteilung nicht anders hätte verteidigen können.
8
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die der Strafzumessung zugrunde gelegten Feststellungen sind von der unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht betroffen und können bestehen bleiben. Allerdings wird der neue Tatrichter bei der Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens genauer als bisher geschehen zu erwägen und darzulegen haben, ob gegebenenfalls auch ohne Berücksichtigung der vertypten Strafmilderungsgründe der §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB und § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB bzw. unter Verbrauch nur eines dieser beiden vertypten Strafmilderungsgründe bereits die Annahme eines min- der schweren Falles gemäß § 29 a Abs. 2 BtMG in Betracht kommt mit der Folge , dass gegebenenfalls eine weitere Strafrahmenverschiebung vorzunehmen wäre.
9
3. Die Entscheidung ist gemäß § 357 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken. Die konkurrenzrechtlichen Erwägungen, die zu der Schuldspruchänderung bei dem Angeklagten P. geführt haben, bedingen auch eine entsprechende Änderung des Schuldspruchs bei dem Angeklagten K. . Dies führt zum Wegfall der Einzelstrafen für die Fälle II.3 und II.4 der Urteilsgründe sowie des Gesamtstrafenausspruchs. Die der Strafzumessung zugrunde liegenden Feststellungen und die für die übrigen Taten des Angeklagten K. verhängten Einzelstrafen bleiben - weil von der fehlerhaften konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht betroffen - aufrechterhalten. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 169/14
(alt: 5 StR 239/13)
vom
15. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juli 2014 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 16. Dezember 2013 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig ist. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, eine Einziehungsentscheidung getroffen und den Verfall von Wertersatz angeordnet. Die auf eine Verfahrensrüge und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Schuldspruchänderung und zum Wegfall von elf Einzelstrafen; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrüge, der Vorsitzende habe seiner Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht im gebotenen Maße entsprochen, hat keinen Erfolg.
3
a) Dem liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde :
4
Am ersten Hauptverhandlungstag führte die Strafkammer während einer Verhandlungsunterbrechung mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und den beiden Verteidigern des Angeklagten ein Gespräch, „um die Möglich- keit einer Verfahrensverständigung zu erörtern“; hierbei nannten die Verteidiger und die Staatsanwaltschaft für den Fall eines glaubhaften Geständnisses jeweils konkretisierte Straferwartungen. Entsprechend den dienstlichen Stellungnahmen der Berufsrichter und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, die insoweit unwidersprochen geblieben sind, wurde anschließend von den Gesprächsteilnehmern vereinbart, dass die Verteidiger mit dem Angeklagten zunächst klären sollten, ob dieser sich überhaupt eine Verständigung vorstellen könne. Noch vor der Fortsetzung der Hauptverhandlung teilten die Verteidiger nach einer längeren Rücksprache mit dem Angeklagten mit, dass dieser grundsätzlich nicht bereit sei, ein Geständnis abzulegen, und eine Verständigung generell ablehne. Nach dem Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende bekannt, dass sich in dem geführten Gespräch zwar nicht das Gericht , wohl aber Staatsanwaltschaft und Verteidiger für den Fall einer Verurtei- lung bei einem glaubhaften Geständnis „zu möglichen“ Strafvorstellungen ge- äußert hätten, ohne diese genau zu benennen. Der Angeklagte machte weiterhin von seinem Schweigerecht Gebrauch. Eine Verständigung nach § 257c StPO kam nicht zustande.
5
b) Die Mitteilung des Vorsitzenden entsprach zwar nicht den Anforderungen des § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO. Danach hat der Vorsitzende über den wesentlichen Inhalt erfolgter Erörterungen zu informieren. Insofern kann offen bleiben, ob hierzu auch gehört, von welcher Seite die Frage einer Verständi- gung aufgeworfen und welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 411/13, NStZ 2013, 722). Denn auch dann, wenn keine Verständigung zustande gekommen ist, sind jedenfalls der Verständigungsvorschlag und die zu diesem abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2014 – 1 StR 612/13). Nichts anderes gilt aber, wenn wie in dem hier geführten Verständigungsgespräch die Verfahrensbeteiligten ohne zugrundeliegenden gerichtlichen Vorschlag von sich aus konkrete Strafvorstellungen äußern, um gegebenenfalls eine Verständigung herbeizuführen. Auch diese sind in der Hauptverhandlung bekannt zu geben.
6
c) Der Senat kann aber ausnahmsweise sicher ausschließen, dass das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht (vgl. BVerfGE 133, 168, 223 f.; BGH, Beschluss vom 29. November 2013 – 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221, 222 f.; siehe auch BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14).
7
Der Angeklagte wurde durch die unzureichende Unterrichtung nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in seinem Aussageverhalten beeinflusst; insbesondere wurde er nicht davon abgehalten, sich zur Sache einzulassen. Denn er hat nicht nur konstant von seinem Schweigerecht Gebrauch, sondern auf ausdrückliches Befragen noch vor der Mitteilung des Vorsitzenden deutlich gemacht , dass bei ihm prinzipiell keine Verständigungsbereitschaft bestehe. Auf die Unterrichtung durch den Vorsitzenden kam es deshalb erkennbar nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2013 – 1 StR 200/13 aaO).
8
3. Die Sachrüge führt zu einer Änderung des Schuldspruchs.
9
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte von November 2011 bis Anfang Mai 2012 dem Zeugen L. in zwölf Fällen jeweils 15 bis 25 g Heroin (Fälle 2 bis 13), davon in zwei Fällen (Fälle 12 und 13) ab April 2012 zusätzlich auch einmal fünf und einmal zehn Gramm Kokain. Wie vereinbart erhielt der Zeuge L. das Heroin auf Kommissionsbasis zum Weiterverkauf, das heißt er bezahlte den Kaufpreis erst bei dem darauf folgenden Treffen, bei dem er neues Heroin bekam, aus den beim Weiterverkauf erzielten Beträgen (vgl. UA S. 6); lediglich den Kaufpreis für das Kokain bezahlte er direkt bei der Übergabe. Zudem bewahrte er in der Anfangsphase für den Angeklagten 140 g Heroin auf, das dieser gewinnbringend veräußern wollte (Fall 1). Am 11. Mai 2012 wurde der Angeklagte auf der Rückfahrt von einer Beschaffungsfahrt aus Hamburg, bei der er von einer unbekannten Person etwa 98 g Heroinbasegemisch und insgesamt etwa 110 g Kokainhydrochloridgemisch unterschiedlichen Wirkstoffgehalts erworben hatte, von der Polizei festgenommen ; die Betäubungsmittel wurden sichergestellt (Fall 14).
10
b) Die Annahme von 14 realkonkurrierenden Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand; vielmehr ist für die Betäubungsmittelverkäufe an den Zeugen L. in den Fällen 2 bis 13 Tateinheit anzunehmen. Indem der Zeuge L. das ihm vom Angeklagten jeweils auf Kommissionsbasis überlassene Heroin erst bei Übernahme der nächsten Lieferung bezahlte, überschnitten sich die unmittelbar aufeinanderfolgenden Umsätze der Fälle 2 bis 13 in der Entgegennahme des Kaufpreises und der Übergabe der zuvor per Telefon oder SMS bestellten (vgl. UA S. 6) neuen Mengen, so dass die Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zusammentrafen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 418/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 14). Der teilweise gleichzeitig erfolgte Verkauf von Kokain steht der Annahme von Tateinheit nicht entgegen. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab; § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
11
c) Die abweichende Bewertung der Konkurrenzen der Fälle 2 bis 13 verringert deren Gesamtunrechtsgehalt nicht. Der Senat setzt für die nunmehr eine Tat eine Freiheitsstrafe von drei Jahren fest, wie sie das Landgericht jeweils allein für die Fälle 2 und 8 bestimmt hatte. Angesichts der im Übrigen bestehen bleibenden Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten (Fall 1) sowie von drei Jahren (Fall 14) kann der Senat zudem ausschließen, dass das Landgericht eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
Basdorf Sander Schneider
Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 236/15
vom
3. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. September 2015 beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Weder das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge verbindet die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn.
2. Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob an (ggf.) entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Gründe:

1
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen und versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen und sachlichrechtlichen Beanstandungen.
2
Gegenstand des Anfrageverfahrens ist allein die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen unter B. I. der Urteilsgründe (Anklagepunkte 3 bis 8).
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von dem C. jeweils mindestens 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30%, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern und sich ein nicht unerhebliches Einkommen von gewisser Regelmäßigkeit zu verschaffen. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit C. mit seinem Auto nach B. und erwarb dort das Rauschgift auf "Kommission", welches er jeweils nach gewinnbringendem Verkauf bei der Abholung der neuen Menge, die er zuvor stets telefonisch bestellt hatte, bezahlte. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste Betäubungsmittelmenge entrichtet wurde, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
4
Das Landgericht hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbstständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt.
5
II. Der Senat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten in diesen sechs Fällen zu verwerfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wendet. Die insoweit erhobenen Revisionsangriffe versagen: Die Aufklärungsrüge, mit der die vollständige Einführung des Inhalts dreier Akten in die Hauptverhandlung vermisst wird, betrifft nur den Strafausspruch, den der Senat bereits aufgrund des Antrags des Generalbundesanwalts wegen unterlassener Berücksichtigung eines eingezogenen Kraftfahrzeugs bei der Strafzumessung aufheben wird. Die Aufklärungsrüge betreffend die Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung des Wirkstoffgutachtens ist nicht zulässig erhoben. Die sachlichrechtliche Beanstandung der Beweiswürdigung zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels zeigt - wie der Generalbundesanwalt näher ausgeführt hat - keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
6
Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Ansicht, dass sechs in Tatmehrheit zueinander stehende Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben sind. Sie werden weder durch das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten (dazu nachstehend 1.) noch durch die Bezahlung der zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge (dazu nachstehend 2.) zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn verbunden.
7
Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt materiellrechtlich Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt. Eine solche mehrfache Gesetzesverletzung durch eine Handlung ist zunächst bei einer Handlung im natürlichen Sinne gegeben, also dann, wenn sich ein Willensentschluss in einem Ausführungsakt erschöpft (LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 Rn. 9, § 52 Rn. 6; jeweils mwN). Darüber hinaus kann auch dann von einer Tat im Rechtssinne auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dies ist der Fall, wenn zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise (objektiv) auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN). Über eine enge tatbestandliche Handlungseinheit hinausgehend kann auch eine Mehrheit natürlicher Handlungen, die tatbestandlich zusammengefasst sind und sich als Verwirklichung eines einheitlichen Täterwillens darstellen, als sog. Bewertungseinheit eine Tat im Rechtssinne bilden (LK/Rissing-van Saan aaO, vor § 52 Rn. 40 mwN).
8
Vorliegend kommt die Annahme von Tateinheit unter keinem der genannten Gesichtspunkte in Betracht. Im Einzelnen:
9
1. Aufeinanderfolgende Umsatzgeschäfte eines Betäubungsmittelhändlers werden nicht dadurch zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln , dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften dient.
10
Die Besonderheiten des weiten Tatbegriffs beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gebieten es bei angemessener Beachtung von Sinn und Zweck der Konkurrenzvorschriften, nicht bei jeder teilweisen Identität von auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen bezogenen Ausführungshandlungen von Tateinheit auszugehen (a). Die Annahme von Tateinheit ist zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld nicht unumgänglich , vielmehr kann sie den Wertungen und Zielsetzungen gesetzlicher Regelungen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts zum Vorteil, aber auch zum Nachteil des Täters zuwiderlaufen (b).
11
a) In Fällen wie dem vorliegenden führt die teilweise Identität von Ausführungshandlungen beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht zur Tatidentität. Dabei hält der Senat an dem nach der Rechtsprechung des Bundes- gerichtshofs weit auszulegenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 258 ff.) fest. Danach gilt:
12
aa) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144, 145). Sie umfasst deshalb von der Anbahnung des Geschäfts bis zur finanziellen Abwicklung nach Art und Bedeutung höchst unterschiedliche, zudem zeitlich und örtlich vielfach weit auseinanderfallende Betätigungen, die in rechtlicher Bewertung allein durch das subjektive Element des Handlungszwecks, nämlich der auf Güterumsatz gerichteten Zielsetzung, zusammengehalten werden (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256 f.). Dem - auch aus kriminalpolitischen Erwägungen weit auszulegenden - Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen sowohl Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Überlassung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen, als auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde als Abnehmer oder als Lieferant tätig wird (vgl. etwa BGH, Urteile vom 17. Juli 1997 - 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; Beschlüsse vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7; vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14, juris Rn. 5). Das Aufsuchen des Lieferanten zum Zweck der Abholung von zuvor bestelltem Betäubungsmittel ist damit eine den Tatbestand des Handeltrei- bens erfüllende Tätigkeit (BGH, Urteil vom 20. August 1991 - 1 StR 273/91, NStZ 1992, 38, 39). Gleiches gilt für die Übermittlung des für eine erfolgte Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Kaufgelds (BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 - 1 StR 189/95, StV 1995, 641).
13
bb) Dieser weite Begriff des Handeltreibens bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Frage, unter welchen Bedingungen auf verschiedene Betäubungsmittelmengen bezogene Geschäfte im Rechtssinne in Tateinheit zueinander stehen, deren Ausführungshandlungen teilweise zusammenfallen, so dass eine Handlung im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB vorliegt. Auszugehen ist von dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz, wonach Tateinheit dann anzunehmen ist, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen , die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-ZweckVerknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, um eine Handlungsund in deren Folge eine Tateinheit zu begründen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; vgl. auch LK/Rissing-van Saan aaO, § 52 Rn. 20 mwN).
14
Maßgeblich ist mithin die Identität der Ausführungshandlung in einem für beide Tatbestandsverwirklichungen in der konkreten Form notwendigen Teil; die konkrete, den einen Tatbestand erfüllende Handlung muss zugleich auch zu dem anderen Delikt einen tatbestandserheblichen Beitrag abgeben (BGH, Beschluss vom 11. November 1976 - 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67). Mit Blick auf die Weite des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und die daraus resultierende Vielgestaltigkeit denkbarer Tathandlungen kann die teilidentische Ausführungshandlung nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier an sich unabhängiger, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehender Handelsgeschäfte führen, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist und dadurch deren Unwert und die jeweilige Schuld des Täters zumindest mitprägt. Dies liegt beim bloßen Aufsuchen des Lieferanten durch einen Drogenhändler nicht vor.
15
(1) Ein eigener Unrechts- und Schuldgehalt kommt der Fahrt des Täters zu seinem Lieferanten kaum zu. Dies beruht auf der Besonderheit des weiten Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Einigt sich der Täter mit seinem Lieferanten auf den Ankauf von Drogen, die er seinerseits in Gewinnerzielungsabsicht weiterverkaufen will, so ist die Tat des Handeltreibens schon mit dieser Einigung vollendet. Die sich daran anschließende Fahrt zum Lieferanten ist für die Verwirklichung des Tatbestands ohne wesentliche selbstständige Bedeutung, sondern nur eine von vielen nachfolgenden Tätigkeiten, die - zur Bewertungseinheit zusammengefasst - Teile ein und derselben Tat des Handeltreibens sind. Erst recht gilt dies für die Fahrt zum Zweck der Bezahlung eines Handelsgeschäfts, das hinsichtlich der Übergabe der Betäubungsmittel schon abgewickelt ist. In beiden Konstellationen liegt in der Fahrt lediglich ein untergeordneter Teilakt des verabredeten bzw. schon durchgeführten Geschäfts, das sein wesentliches Gepräge vielmehr durch die Verabredung hierzu und durch die Entgegennahme und Weitergabe des Rauschgifts erhält. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Fallkonstellationen, in denen erst unter Zugrundelegung eines zugleich einer anderen Tatbestandsverwirklichung dienenden Teilaktes von einer vollständigen Tatbestandsverwirklichung auszugehen ist (so zum Beispiel die Gewaltanwendung im Rahmen des Raubes und die Körperverletzung, BGH, Urteil vom 18. März 1969 - 1 StR 544/68, BGHSt 22, 362, oder die Drohung bei der Vergewaltigung und die dadurch fahrlässig herbeigeführte Tötung, BGH, Urteil vom 21. September 1965 - 1 StR 269/65, BGHSt 20, 269). Die mindere Bedeutung der Fahrt des Täters zu seinem Lieferanten ändert zwar nichts daran, dass auch dadurch der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt wird, sie hindert nach den oben genannten Maßgaben indes, dass zwischen zwei nur auf diese Weise "verbundenen" Handelsgeschäften Tateinheit anzunehmen ist.
16
(2) Die geringe Bedeutung, welche der Fahrt des Täters zum Lieferanten für das Unrecht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zukommt, erhellt auch folgende - geringfügig abweichende - Sachverhaltsvariante: Hat der Täter noch kein Erwerbsgeschäft mit seinem Betäubungsmittellieferanten vereinbart, sondern fährt mit dem Gedanken, bei sich bietender Gelegenheit weitere Drogen zu kaufen, so stellt die Anfahrt zu dem Ort, an dem der Täter ggf. Betäubungsmittel für den gewinnbringenden Weiterverkauf erwerben will, nur eine straflose Vorbereitungshandlung des in Aussicht genommenen Betäubungsmittelhandels dar (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 55). Ist danach die Fahrt keine Ausführungshandlung für ein neuerliches Drogengeschäft , so kann sie auch keine Verbindung von zwei Taten des Betäubungsmittelhandels bewirken.
17
b) Zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld ist es nicht unumgänglich, die Mehrzahl von Handelsgeschäften zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen (vgl. zur Frage der Rechtfertigung der fortgesetzten Handlung BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 158 ff.). Mit dieser Zusammenfassung sind vielmehr eine Rei- he von Vorteilen und Nachteilen für den Täter verbunden, die letztlich auch zur Aufgabe der Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung geführt haben (vgl. BGH aaO S.146 ff.).
18
aa) Die Annahme nur einer Tat im Rechtssinn kann sich wegen der Rechtskraftwirkung als ein Hindernis für eine effektive, zu gerechter Ahndung führende Bekämpfung der Serienkriminalität erweisen, die bei Aburteilung einzelner Teile der Tatserie eintritt. Um zu vermeiden, dass die Verurteilung wegen des Weiterverkaufs einer geringen Menge den Verbrauch der Strafklage für ein größeres Gesamtgeschehen nach sich zieht, müsste der Tatrichter sorgfältig das gesamte Lebensumfeld des Angeklagten untersuchen. Eine derartige Ausdehnung der Kognitionspflicht wäre in der Praxis nicht zu leisten.
19
bb) Anwendungsschwierigkeiten könnten auch bei der Sicherungsverwahrung entstehen, sofern es darauf ankommt, dass der Täter eine Mehrzahl von erheblichen Straftaten begangen hat (§ 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB). Da - wie der Fall zeigt - Einzeltaten zu einer Tat zusammengefasst werden würden, die für sich bereits mit erheblichen Einzelstrafen geahndet werden, würde eine Verknüpfung zu einer Tat den Angeklagten begünstigen.
20
cc) Die bandenmäßige Begehung setzt nach der Rechtsprechung einen Zusammenschluss mit dem Willen voraus, mehrere selbstständige, noch unbestimmte Taten zu begehen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321). Die Verfolgung wäre erschwert, wenn sich der Tatrichter mit der (dann rechtlich erheblichen) Einlassung auseinandersetzen muss, die Tätergruppierung habe darauf geachtet, jeweils Fahrten sowohl zur Restzahlung für alte Lieferungen als auch zur Abholung neu bestellter Betäubungsmittel zu nutzen. Ähnliche Probleme könnten bei der Feststellung entstehen, ob der Täter gewerbsmäßig (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) gehandelt hat, da auch die- se Begehungsweise die Absicht zur mehrfachen Tatbestandsverwirklichung verlangt.
21
dd) Die Zusammenfassung mehrerer Handelsgeschäfte kann sich - im Bereich der kleineren Betäubungsmittelkriminalität - aber auch zum Nachteil des Täters auswirken, wenn die einzelnen Mengen zusammengefasst die Grenze zur nicht geringen Menge im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 2 BtMG überschreiten und sich damit der Deliktscharakter vom Vergehen zum Verbrechen ändert (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 und 3/93, BGHSt 40, 138, 151 zur entsprechenden Rechtslage bei der fortgesetzten Handlung). Gleiches gilt, wenn der Täter lediglich bei einem Handelsgeschäft, das keine nicht geringe Menge von Rauschgift zum Gegenstand hat, im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bewaffnet ist.
22
2. Die Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel anlässlich der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel verbindet die beiden Handelsgeschäfte ebenfalls nicht zu einer Tat im Rechtssinn. Insofern gilt: Allein ein Handeln am selben Ort und zur selben Zeit begründet im Allgemeinen keine Tateinheit im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit; erforderlich ist grundsätzlich vielmehr die (Teil-)Identität der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, § 52 Rn. 20 mwN). Hierzu reichen, wie bereits dargelegt, ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-FolgeBeziehung nicht aus (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November1997 - 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319; Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97).
23
So liegt es hier: Die Bezahlung der Erstlieferung und die Entgegennahme der Zweitlieferung sind gesonderte Handlungen, die jeweils nur für die ein- zelne Lieferung das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllen (vgl. für die Bestellung neuer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung einer früheren Lieferung BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09, NStZ 2011, 97; für die Abholung neuer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung einer früheren Lieferung BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 3 StR 3/11, juris ). Darin unterscheidet sich der Sachverhalt von Konstellationen, in denen in der Rechtsprechung Tateinheit infolge eines Zusammenfallens von Zahlungsvorgängen für mehrere Betäubungsmittelkäufe angenommen worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 1993 - 2 StR 47/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; vom 13. März 1996 - 2 StR 514/95, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29; vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 376/07, juris; vom 9. Januar 2008 - 2 StR 527/07, juris; zu den Bedenken hiergegen vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. April 1999 - 4 StR 42/99, NStZ 1999, 411; vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08, NStZ 2009, 392).
24
III. Der Ansicht des Senats stehen Entscheidungen anderer Strafsenate entgegen.
25
1. Zur Fahrt des Täters, die sowohl der Ablieferung des Kaufpreises für die frühere Lieferung als auch der Entgegennahme einer neueren Lieferung dient:
26
a) Der 4. Strafsenat hat in dem Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel eine Tathandlung des Handeltreibens gesehen, die mit der Tathandlung des dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatzes nachfolgenden Zahlungsvorgangs bezüglich einer vorangegangenen Lieferung zusammentrifft und deshalb Tateinheit zwischen den beiden Betäubungsmittelgeschäften wegen sich überschneidender objektiver Ausführungshandlungen an- genommen (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 418/12, NStZ 2014, 162; Anfragebeschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 223/13, NStZ-RR 2014, 144; Vorlegungsbeschluss vom 22. Mai 2014 - 4 StR 223/13, juris Rn. 4 ff.; Beschluss vom 2. Juli 2014 - 4 StR 188/14, juris Rn. 4).
27
b) Der 2. Strafsenat hat in einer Stellungnahme zum Anfragebeschluss des 4. Strafsenats vom 31. Juli 2013 mitgeteilt, er neige zu der Ansicht, dass vor dem Hintergrund der in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgenommenen weiten Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln die Annahme von Tateinheit nicht noch weiter auf die der Anfrage zu Grunde liegende Fallkonstellation ausgedehnt werden sollte. Der Begriff der Handlungseinheit werde damit noch über die aufgegebene Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung hinaus erweitert, wofür weder eine rechtliche Grundlage noch ein praktisches Bedürfnis bestehe (Beschluss vom 24. Oktober 2013 - 2 ARs 319/13, NStZ-RR 2014, 81).
28
2. Zur Bezahlung einer früheren Betäubungsmittellieferung im Zusammenhang mit der Entgegennahme oder Bestellung einer weiteren Lieferung:
29
a) Der 2. Strafsenat hat im Fall der Zahlung des Kaufpreises für eine frühere Lieferung (ebenso wie in der Rückgabe von wegen Qualitätsmängeln beanstandeten Rauschgifts aus dieser Lieferung) bei der Übernahme einer weiteren Lieferung Tateinheit angenommen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97). Er hat in einer späteren Entscheidung unter Hinweis auf diesen Beschluss offen gelassen, ob an der Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach die Abwicklung von Zahlungsvorgängen zurückliegende und neue Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu rechtlichen oder tatsächlichen Handlungseinheiten verbinden kann (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - 2 StR 572/11, juris Rn. 4), jüngst indes unter Bezugnahme auf denselben Beschluss wieder Tateinheit wegen Zusammentreffens beider Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil angenommen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 2 StR 381/14, juris Rn. 6).
30
b) Der 4. Strafsenat hat im Fall der Teilzahlung einer früheren Lieferung, bei der zugleich "das weitere Rauschgiftgeschäft eingeleitet" worden war, Bedenken geäußert, ob der bloße Zahlungsvorgang die Kraft habe, mehrere an sich selbstständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne zu verbinden , zur Begründung auf die weitreichenden Folgen beim Strafklageverbrauch verwiesen, in der Sache aber von einer Anfrage nach § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG abgesehen und das Verfahren teilweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt (BGH, Beschluss vom 13. April 1999 - 4 StR 42/99, NStZ 1999,

411).


31
IV. Der Senat fragt deshalb beim 2. Strafsenat und beim 4. Strafsenat an, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten wird, und bei den beiden anderen Strafsenaten, ob ggf. an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird, § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG.
Schäfer Pfister Hubert Gericke Spaniol

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 374/10
vom
4. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. November 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 29. April 2010 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Annahme von drei selbständigen, real konkurrierenden Taten der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger gemäß § 180 Abs. 2 2. Alt. StGB hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Strafkammer hat das nach § 180 Abs. 2 2. Alt. StGB tatbestandsmäßige Vorschubleisten durch Vermittlung (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1998 - 1 StR 745/97, BGHR StGB § 180 Abs. 2 Bestimmen 1; KG, NJW 1977, 2223, 2225; Perron/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 180 Rn. 8; Hörnle in LK, StGB, 12. Aufl., § 180 Rn. 16 f.; MünchKommStGB/Renzikowski § 180 Rn. 29) zutreffend darin gesehen, dass der Angeklagte dem 17jährigen Tatopfer auf Betreiben des gesondert Verfolgten P. die Ausübung einer Prostitutionstätigkeit in seinem als Tagesbordell organisierten Bordellbetrieb gestattete, wodurch die zu entgeltlichen sexuellen Handlungen führenden Kontakte zwischen dem Tatopfer und den das Bordell aufsuchenden Freiern hergestellt wurden. In dieser Handlung erschöpfte sich aber der Tatbeitrag des Angeklagten, der für sämtliche sexuellen Handlungen während der an drei Tagen im Tatzeitraum entfalteten Prostitutionsausübung des Tatopfers ursächlich war. Weitere konkrete Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten , welche sich auf die Kontakte zu einzelnen Freiern bezogen, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Das Tun des Angeklagten stellt sich daher als einheitliche Tat nach § 180 Abs. 2 2. Alt. StGB dar (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1996 - 2 StR 289/96, insoweit in NStZ 1997, 145 nicht abgedruckt

).


3
Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der drei Einzelstrafen. Die von der Strafkammer festgesetzte Gesamtstrafe kann dagegen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als Strafe für die einheitliche Tat bestehen bleiben. Der Senat kann ausschließen , dass der Tatrichter bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses , die den Unrechts- und Schuldgehalt der von dem Angeklagten be- gangenen Tat unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2010 - 4 StR 592/09), auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
4
Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 29/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Dezember 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls schuldig ist. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe entfallen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von jeweils selbständigen real konkurrierenden Diebstahlstaten in den Fällen II. 6 und 7 sowie II. 9 und 10 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen fuhren die gesondert Verurteilten V. , R. und S. am 2. Dezember 2011 auf Veranlassung des Angeklagten nach M. , um dort auf Diebestour zu gehen. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung zu verschaffen, flüchteten sie. Die Gruppe beschloss unmittelbar anschließend am selben Abend, ihre Diebestour in H. fortzusetzen. Dort entwendeten sie Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten und kehrten anschließend zur Wohnung des Angeklagten zurück (Fälle II. 6 und 7 der Urteilsgründe). Am 9. Dezember 2011 begaben sich zwei Gruppen getrennt voneinander jeweils auf Veranlassung des Angeklagten in H. auf Diebestour. Eine Gruppe entwendete Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten, während die andere Gruppe beim Aufhebeln des Fensters zu einer Wohnung gestört wurde, sodass die Beteiligten ohne Beute flüchteten (Fälle II. 9 und 10 der Urteilsgründe).
4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatge- nossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146).
5
In den Fällen II. 6 und 7 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle , nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich vielmehr darin, als Hintermann die Tatgenossen am Tattag auf Einbruchstour zu schicken. Diese Fälle sind daher konkurrenzrechtlich zu einer Tat des schweren Bandendiebstahls zusammenzufassen. Nichts anderes gilt für die am 9. Dezember 2011 verwirklichten Taten (II. 9 und 10 der Urteilsgründe). Soweit diese dadurch gefördert wurden, dass der Angeklagte gleichzeitig die beiden Gruppen veranlasste, auf Diebestour zu gehen, stellt dieses Verhalten entweder bereits nur eine Handlung dar; jedenfalls aber bilden diese Förderungsbeiträge des Angeklagten eine natürliche Handlungseinheit, sodass auch hinsichtlich dieser Fälle Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist.
6
c) Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen , weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und vier Monaten in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten im Fall II. 7 der Urteilsgründe und von zwei Jahren und zehn Monaten im Fall II. 9 der Urteilsgründe bleiben jeweils als alleinige Einzelstrafen bestehen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen – je eine Einzelstrafe von drei Jahren und von einem Jahr und vier Monaten sowie jeweils drei Einzelstrafen in Höhe von zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren und sechs Monaten und von zwei Jahren und zehn Monaten – ausschließen , dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses , die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11 aaO), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.