Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2020 - 3 StR 219/20

originally published: 12/09/2024 12:36, updated: 12/09/2024 12:37
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2020 - 3 StR 219/20
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

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Bundesgerichtshof

Beschluss vom 19. August 2020

Az.: 3 StR 219/20

 

 

 

Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 27. Dezember 2019 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 20.111 € dahin geändert, dass sie lediglich in Höhe von 15.681 € angeordnet wird und beide Angeklagte hinsichtlich dieses Betrages als Gesamtschuldner haften.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen Minderjähriger zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und wegen Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, den Angeklagten B. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Es hat die Einziehung einer Vielzahl von Gegenständen und von mehreren Geldbeträgen angeordnet, unter anderem des Wertes von Taterträgen "von den Angeklagten M. und B. in Höhe von 20.111,00 Euro" und "sichergestellten Bargeldes in Höhe von 4.430,00 Euro". Von einer Entscheidung über einen Adhäsionsantrag hat es abgesehen. Die Angeklagten wenden sich mit ihren auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen gegen ihre Verurteilung. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Prüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

2. Dagegen bedarf die Einziehungsentscheidung einer teilweisen Änderung.

a) Nach den insoweit maßgeblichen Urteilsfeststellungen erwarben die Angeklagten zwischen Ende Januar 2019 und dem 7. April 2019 in drei Fällen jeweils zwischen einem und zwei Kilogramm Marihuana. Durch von Beginn an beabsichtigte Weiterverkäufe erlangten sie insgesamt 20.111 €. Bei einer Durchsuchung des von beiden Angeklagten bewohnten Hauses am 7. April 2019 wurden "4.430,00 € Bargeld gefunden, die aus Betäubungsmittelgeschäften stammen".

b) Die Einziehung des aufgefundenen Bargeldes hat zwar im Ergebnis Bestand, führt jedoch in der gegebenen Konstellation zu einer entsprechenden Reduzierung der Höhe des eingezogenen Wertes derjenigen Taterträge, welche die Betäubungsmitteldelikte betreffen (20.111 €).

aa) Das Landgericht hat die Einziehung des sichergestellten Bargeldes auf § 73 StGB gestützt. Diese rechtliche Bewertung lassen die Feststellungen nicht zu; denn die Strafkammer ist lediglich allgemein davon ausgegangen, dass das Geld "jeweils aus illegalen Einkünften der Angeklagten stammte", ohne es gerade denjenigen Taten zuzuordnen, wegen derer die Angeklagten verurteilt worden sind. Dies ist aber Voraussetzung einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - 4 StR 297/18, NStZ 2019, 271 Rn. 8 mwN).

Indes tragen die Urteilsgründe die erweiterte Einziehung des Geldes gemäß § 73a Abs. 1 StGB, da die Herkunft aus rechtswidrigen Taten feststeht und eine sichere Zuordnung, insbesondere zu den abgeurteilten Taten, ausweislich des Gesamtzusammenhangs auch nach Ausschöpfung aller Beweismittel ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. November 2018 - 4 StR 297/18 aaO; vom 4. April 2018 - 3 StR 63/18, juris Rn. 6; Urteil vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3; BT-Drucks. 18/9525 S. 65 f.).

bb) Die Einziehung des Bargeldes ist unter den konkreten Umständen jedoch auf den Wert der überdies nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB eingezogenen Taterträge von 20.111 € anzurechnen, da aus den dargelegten Gründen das sichergestellte Geld möglicherweise - nicht näher aufklärbar - aus den hier abgeurteilten Taten stammt. Der gleiche Vermögensvorteil darf insoweit nur einmal eingezogen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2018 - 2 StR 311/18, NStZ 2019, 20 Rn. 15; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73 Rn. 31). Ohne die Minderung des einzuziehenden Wertes wäre nicht sichergestellt, dass es nicht zu einer doppelten Abschöpfung desselben Betrages kommt.

cc) Da die Angeklagten Mitverfügungsgewalt über die erzielten Einnahmen hatten und sich die Einziehung gegen beide richtet, bedarf die Haftung als Gesamtschuldner der Kennzeichnung im Tenor, um zu verhindern, dass ihnen das aus der Tat Erlangte mehrfach entzogen wird (s. BGH, Beschluss vom 19. September 2019 - 3 StR 354/19, juris Rn. 2 f.; Urteil vom 25. April 2018 - 2 StR 14/18, juris Rn. 12 mwN).

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht
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Das Gericht ist nach § 423 Abs. 1 S. 2 StPO lediglich an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden. Dies bedeutet, dass eine Bindung nur für diejenigen Urteilsfeststellung
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.