Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2019 - 2 StR 79/19

bei uns veröffentlicht am23.04.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 79/19
vom
23. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:230419B2STR79.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 1.a) auf dessen Antrag – und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen :
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 31. Oktober 2018 wird als unbegründet verworfen, jedoch mit der Maßgabe, dass
a) Zinsen auf das Schmerzensgeld für die Nebenklägerinnen jeweils ab dem 14. September 2018 zu zahlen sind und
b) der Ausspruch über die Verpflichtung des Angeklagten zur Zahlung von Schadenersatz für alle materiellen und immateriellen Schäden, die der Nebenklägerin

R.

aus den Taten zukünftig entstehen, aufgehoben wird. Insoweit wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Neben- und Adhäsionsklägerinnen hierdurch verursachten besonderen Auslagen zu erstatten. Jedoch trägt die Staatskasse die durch den Feststellungsausspruch für die Nebenklägerin R. entstandenen zusätzlichen Auslagen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in fünf Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mitvorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und den Vorwegvollzug von zwei Jahren und drei Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel angeordnet. Ferner hat das Landgericht den Angeklagten dazu verurteilt, an die Nebenklägerin R. ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro und an die Nebenklägerin K. ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. September 2018 zu zahlen. Dazu hat es festgestellt, dass die Ansprüche der Nebenklägerin R. aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrühren. Schließlich hat es festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Nebenklägerin R. sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die zukünftig aus dem schweren sexuellen Missbrauch entstehen, soweit nicht Ansprüche auf Dritte übergangen sind.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel ist im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit es sich gegen die strafrechtliche Verurteilung richtet. Hinsichtlich der Aussprüche im Adhäsionsverfahren führt es zu den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderungen.
3
1. Der Ausspruch über die Verpflichtung des Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes nebst Zinsen an die Adhäsionsklägerinnen ist rechtlich im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Jedoch ist der Zeitpunkt des Zinsbeginns dahin zu ändern, dass die Verpflichtung des Angeklagten zur Zinszahlung nicht am 13. September 2018, dem Tag des Eingangs der Antragsschriften bei Gericht, sondern am 14. September 2018 beginnt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt die Verpflichtung zur Zinszahlung gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1, § 187 Abs. 1 BGB analog erst ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2018 – 4 StR 292/18, NStZ-RR 2019, 96 mwN).
4
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet der Ausspruch über die Feststellung, dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Nebenklägerin

R.

sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die aus dem schweren sexuellen Missbrauch zukünftig entstehen, soweit nicht Ansprüche auf Dritte übergegangen sind.
5
a) Dieser Ausspruch ist wegen Fehlens einer auf den Einzelfall bezogenen Begründung rechtsfehlerhaft.
6
aa) Auch der Feststellungsausspruch bedarf grundsätzlich einer – gegebenenfalls kurzen – Begründung mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 2010 – 2 StR 100/10, NStZ-RR 2010, 344), soweit sich der Ausspruch nicht ohne weiteres aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erklärt. Daran fehlt es hier.
7
bb) Die Urteilsgründe enthalten nur die floskelhafte Bemerkung, es sei festzustellen, dass der Angeklagte „alle immateriellen Schäden zu ersetzen habe“. Das reicht nicht aus.

8
(1) Bezüglich künftiger materieller Schäden der am 6. Oktober 2006 geborenen Nebenklägerin R. findet sich im Urteil kein Anhaltspunkt für die Wahrscheinlichkeit solcher Zukunftsschäden der Adhäsionsklägerin aufgrund der Straftaten des Angeklagten.
9
(2) Auch die Wahrscheinlichkeit künftiger immaterieller Schäden, die nicht bereits von dem Ausspruch über die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro umfasst sind, erschließt sich nicht.
10
Verlangt der Geschädigte für erlittene Verletzungen ein Schmerzensgeld , so werden nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes davon alle Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden können (st. Rspr., BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – VI ZR 259/15, NJW-RR 2018, 1426, 1427 mwN). Daher war auch die Feststellung des Landgerichts, dass sich die Adhäsionsklägerin R. seit Juli 2018 weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung befindet, bereits in die Bemessung des Umfangs der Zahlungspflicht des Angeklagten aufgrund der Leistungsklage einzubeziehen. Hinweise auf die Wahrscheinlichkeit anderer zukünftiger immaterieller Schäden enthalten die Urteilsgründe nicht.
11
b) Der Feststellungsausspruch ist daher aufzuheben. Danach ist auszusprechen , dass von einer Entscheidung über den geltend gemachten Feststellungsanspruch abzusehen ist (§ 406 Abs. 3 Satz 3 StPO). Eine Zurückverweisung der Sache nur zur teilweisen Erneuerung des Adhäsionsverfahrens scheidet aus (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 1987 – 2 StR 106/87, BGHR StPO § 405 Feststellungsmangel 1; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 – 5 StR 471/11, BeckRS 2012, 1453).
12
3. Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Revision zum Adhäsionsausspruch Erfolg hat, aus § 472a Abs. 2 StPO, im Übrigen aus § 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO.
Franke Krehl Eschelbach Zeng Meyberg

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 292/18
vom
5. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2018:051218B4STR292.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, sowie nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22. Dezember 2017, soweit es ihn betrifft, im Adhäsionsausspruch dahin abgeändert, dass Zinsen seit dem 27. September 2017 zu zahlen sind. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten sowie die dem Neben- und Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt , deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Ferner hat es ihn verurteilt, an den Neben- bzw. Adhäsionskläger für die Zeit vom 26. September 2017 bis zum 10. Oktober 2017 Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem als Schmerzensgeld anerkannten Betrag von 4.000 EUR zu zahlen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg und führt zur Abänderung des Adhäsionsausspruchs im Zinsbeginn; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Angeklagte hat Anspruch auf Prozesszinsen aus dem von ihm anerkannten Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 4.000 EUR gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1 BGB, § 187 Abs. 1 BGB analog erst ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 4 StR 411/15; BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2018 – 5 StR 277/18 und vom 20. März 2018 – 5 StR 52/18; Beschlüsse vom 17. Oktober 2018 – 2 StR 357/18 und 2 StR 259/18; Folgetagslösung; siehe auch BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 555/16; Urteil vom 24. Januar 1990 – VIII ZR 296/88, NJW-RR 1990, 518, 519; BAG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 5 AZR 621/16, NJW 2018, 1707, 1709). Soweit der Senat im Hinblick auf anders lautende Entscheidungen des 1. und des 3. Strafsenats (vgl. Beschlüsse vom 8. Dezember 2016 – 1 StR 351/16, StV 2017, 321, 322; und vom 15. April 2014 – 3 StR 69/14, Rn. 2) erwogen hat, seine Rechtsauffassung zu überdenken (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 2018 – 4 StR 239/18, Rn. 21), hält er hieran nicht fest, zumal der 1. und der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mitgeteilt haben, an ihrer entgegen stehenden Rechtsprechung nicht festhalten zu wollen.
3
Rechtshängigkeit ist vorliegend mit Adhäsionsantragsstellung am 26. September 2017 eingetreten, so dass Prozesszinsen ab dem 27. September 2017 zu zahlen sind. Der Senat hat die Entscheidung daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO abgeändert.
4
2. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Sost-Scheible Cierniak Bender
RiBGH Dr. Quentin Bartel ist erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 259/15
Verkündet am:
10. Juli 2018
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verlangt der Geschädigte für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein
Schmerzensgeld, so werden durch den Klageantrag nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit
des Schmerzensgeldes alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder
bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls
vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (st. Rspr.:
vgl. zuletzt Senatsurteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14, VersR 2015, 772 Rn. 7 f.
mwN).
BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 259/15 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
ECLI:DE:BGH:2018:100718UVIZR259.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Müller

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. April 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nebst Zinsen zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Erbin des im Laufe des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens verstorbenen Beklagten (künftig: der Beklagte) auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Die zum Unfallzeitpunkt 39-jährige Klägerin stürzte am 14. Februar 2012
2
wegen Glatteises auf dem nicht geräumten und nicht gestreuten Gehweg vor dem Anwesen des Beklagten, wodurch sie sich einen Außenknöchelbruch links vom Typ Weber B zuzog. Der Bruch wurde während eines stationären Krankenhausaufenthalts vom 20. Februar bis 7. März 2012 operativ versorgt. Die Klägerin hat den Beklagten wegen des Unfalls unter anderem auf
3
Zahlung von Schmerzensgeld (in Höhe von mindestens 50.000 €), Verdienstausfall und Ersatz ihres Haushaltsführungsschadens in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klägerin - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - ein Schmerzensgeld von 12.500 € zugesprochen und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin, mit der sie unter anderem eine Verurteilung des Beklagten zur Zah- lung eines Schmerzensgeldes nicht unter weiteren 37.500 € nebst Zinsen bean- tragt hat, zurückgewiesen. Der erkennende Senat hat die Revision der Klägerin zugelassen, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nebst Zinsen zurückgewiesen hat. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schmerzensgeldbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von dem Beklagten gemäß § 823 Abs. 1, §§ 249, 253 BGB die Zahlung eines Schmerzens- geldes in Höhe von 12.500 € verlangen. Die Höhe des vom Landgericht zuer- kannten Betrages beinhalte einen angemessenen Ausgleich für die von der Klägerin bisher erlittenen immateriellen Schäden. Im Streitfall habe sich die Klägerin nach den Feststellungen des Landgerichts durch den Sturz einen Bruch des linken Außenknöchels ohne Verletzung der Gelenksstrukturen im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes zugezogen (Typ Weber B), der im Rahmen eines etwa zweieinhalbwöchigen stationären Krankenhausaufenthaltes operativ versorgt worden sei. Die Gebrauchsfähigkeit des linken Beines sei deutlich eingeschränkt und die Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk links weitgehend aufgehoben. Das Gangbild stelle sich hinkend dar; in die Hocke zu gehen und sich hinzuknien vermöge die Klägerin weitgehend nicht. Neben persistierenden Schmerzen, Schlafstörungen und der Bewegungseinschränkung habe das Landgericht rechtsfehlerfrei auch die Schwellung im Bereich der Knöchel und die Narbe berücksichtigt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei mit 20 % zutreffend festgestellt. Auch wenn die Klägerin weiterhin unter den zuvor angeführten Beschwerden leide, könne derzeit nicht abschließend beurteilt werden und in die Schmerzensgeldbemessung eingestellt werden, ob und wie sich der zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bestehende Zustand entwickeln werde. Der Sachverständige habe hierzu überzeugend erklärt, dass die Unfallfolgen in ihrer Dauer und Ausprägung derzeit nicht abschließend beurteilt werden könnten. Insbesondere die Schmerzsymptomatik sei weiterer Abklärung zugänglich. Es kämen ursächlich hierfür sowohl unfallbedingt entstandene Knochenmarködeme als auch eine auf dem Unfallgeschehen fußende psychosomatische Erkrankung in Betracht. Je nach Ursache sei eine weitere Behandlung möglich, wenngleich damit nicht unterstellt werden könne, dass sich die Symptomatik in absehbarer Zeit bessere. Die Klägerin habe sich den vorgeschlagenen weiteren Untersuchungen (noch) nicht unterzogen. Unter Berücksichtigung der festgestellten Bemessungsfaktoren und des Umstandes, dass die Klägerin in ihren Freizeitmöglichkeiten durch einen Mehrbedarf an Zeit zur Erledigung der Hausarbeit einge- schränkt sei, halte auch der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.500 € für angemessen. Bei der Bemessung seien dabei hinsichtlich der Schmerzsymptomatik nur diejenigen Verletzungsfolgen berücksichtigt worden, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 26. März 2015 tatsächlich eingetreten seien. Den in der Schmerzsymptomatik bereits angelegten, zeitlich überschießenden immateriellen Schaden habe der Senat von der Schmerzensgeldbemessung ausgenommen. Insoweit bestehe ein Feststellungsinteresse und -anspruch, den zutreffend bereits das Landgericht ausgeurteilt habe. Der Höhe nach entspreche das zuerkannte Schmerzensgeld auch den in der Rechtsprechung für in etwa vergleichbare Fälle zugesprochenen Beträgen.

II.

5
Das Berufungsurteil hält im Umfang der Aufhebung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
1. Streitgegenstand ist im Streitfall ein (einheitlicher) Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Schmerzensgeld aus dem Schadensereignis vom 14. Februar 2012. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft nicht beachtet, dass es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet, die Höhe des der Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 6. Juli 1955 - GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 151 ff.; Senatsurteile vom 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60, VersR 1961, 164 f.; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99, VersR 2001, 876 und vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14, VersR 2015, 772). Verlangt die Klägerin für erlittene Körperverletzungen - wie im Streitfall - uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den Klageantrag alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (st. Rspr.: vgl. Senatsurteile vom 11. Juni 1963 - VI ZR 135/62, VersR 1963, 1048, 1049; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 72/79, VersR 1980, 975 f.; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 326/87, VersR 1988, 929 f.; vom 7. Februar 1995 - VI ZR 201/94, VersR 1995, 471, 472; vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99, VersR 2001, 876; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334; vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04, VersR 2006, 1090 Rn. 7 und vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14, VersR 2015, 772 Rn. 7 f., jeweils mwN). Lediglich solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen , werden von dem Klageantrag nicht umfasst und können deshalb die Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld und Gegenstand eines Feststellungsantrags sein (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04, VersR 2006, 1090 Rn. 7 und vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14, VersR 2015, 772 Rn. 8).
7
2. Nach diesen Grundsätzen durfte sich das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht darauf beschränken, hinsichtlich der Schmerzsymptomatik nur diejenigen Verletzungsfolgen zu berücksichtigen, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 26. März 2015 bereits tatsächlich eingetreten waren. Dies wäre allenfalls möglich gewesen, wenn die Klägerin eine entsprechende Teilklage erhoben hätte (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334, 1335). Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die Klägerin sich bereits mit der Berufungsbegründung ausdrücklich dagegen gewandt hat, dass schon das Landgericht keine Dauerschäden schmerzensgelderhöhend berücksichtigt habe.
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3. Das Berufungsgericht wird mithin zu klären haben, worauf die behaupteten fortdauernden Beschwerden, insbesondere die Schmerzsymptomatik, beruhen und wie sie sich auf die Höhe des einheitlich zu bemessenen Schmerzensgeldes auswirken. Der Sachverständige ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon ausgegangen, dass insbesondere die Schmerzsymptomatik weiterer Abklärung zugänglich sei. Es kämen ursächlich hierfür sowohl unfallbedingt entstandene Knochenmarködeme als auch eine auf dem Unfallgeschehen fußende psychosomatische Erkrankung in Betracht. Die Klägerin habe sich den vorgeschlagenen weiteren Untersuchungen (noch) nicht unterzogen. Dies wird nachzuholen sein. Galke Wellner von Pentz Offenloch Müller
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 29.08.2014 - 3 O 524/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.04.2015 - 7 U 188/14 -

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz 1 Genannten einen Vergleichsvorschlag unterbreiten.

(2) Für die Entscheidung über Einwendungen gegen die Rechtswirksamkeit des Vergleichs ist das Gericht der bürgerlichen Rechtspflege zuständig, in dessen Bezirk das Strafgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz hat.

5 StR 471/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Dezember 2011

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 20. Juni 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO im feststellenden Adhäsionsausspruch aufgehoben. Von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag des Verletzten wird auch insoweit abgesehen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Adhäsions- und Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Jedoch trägt die durch den Feststellungsausspruch entstandenen zusätzlichen Auslagen die Landeskasse. Die sonstigen durch dieses besondere Verfahren erwachsenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (Einsatzstrafe ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe) sowie wegen eines Verbrechens und wegen 23 Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat dem Adhäsions- und Nebenkläger ferner ein Schmerzens- geld in Höhe von 3.500 € zugesprochen und den Angeklagten als verpflichtet erklärt, dem Nebenkläger noch entstehende materielle und immaterielle Schäden in Folge des Messerstichs vom 7. November 2010 vor der Gaststätte C. in Elmshorn zu ersetzen. Wegen des weitergehend geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs hat das Landgericht von einer Entscheidung gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO abgesehen.
2
Die allein erhobene Sachrüge hat nur Erfolg, soweit sie sich gegen den Feststellungsausspruch richtet. Das Landgericht hat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu Recht ein Eigenverschulden des Nebenklägers darin gesehen, dass dieser einen rechtswidrigen Angriff auf den Bruder des Angeklagten führte, als Letzterer mangels gebotener Ankündigung eines Messereinsatzes in Überschreitung seiner Nothilfebefugnis den Nebenkläger durch einen Stich in die Brust lebensgefährlich verletzte.
3
Das Mitverschulden des Nebenklägers bezieht sich demnach auf den Eintritt des Schadensereignisses (haftungsbegründende Kausalität). Deshalb steht im Raum, dass der Adhäsionskläger einen Teil des ihm entstandenen Schadens selbst zu tragen hat, weshalb bei dem Feststellungsausspruch gemäß § 256 Abs. 1 ZPO eine entsprechende Quote hätte festgestellt und ausgesprochen werden müssen, zu welchem Bruchteil die Schadensersatzpflicht besteht (BGH, Urteil vom 25. November 1977 – I ZR 30/76, NJW 1978, 544; BGH, Beschluss vom 21. August 2002 – 5 StR 291/02, BGHSt 47, 378, 382).
4
Der Feststellungsausspruch ist demnach aufzuheben. Ferner ist auszusprechen , dass von einer Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auch insoweit abzusehen ist (§ 406 Abs. 3 Satz 3 StPO). Eine Zurückverweisung der Sache zwecks teilweiser Erneuerung des Anschlussver- fahrens scheidet aus (BGH, Beschluss vom 27. März 1987 – 2 StR 106/87, BGHR StPO § 405 Feststellungsmangel 1). Die Kostenentscheidung folgt insoweit aus § 472a Abs. 2 StPO.
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(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tragen.

(2) Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem Antragsteller nicht zuerkannt oder nimmt dieser den Antrag zurück, so entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wer die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit den Beteiligten erwachsenden notwendigen Auslagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.