Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 471/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Dezember 2011

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 20. Juni 2011 nach § 349 Abs. 4 StPO im feststellenden Adhäsionsausspruch aufgehoben. Von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag des Verletzten wird auch insoweit abgesehen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Adhäsions- und Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Jedoch trägt die durch den Feststellungsausspruch entstandenen zusätzlichen Auslagen die Landeskasse. Die sonstigen durch dieses besondere Verfahren erwachsenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (Einsatzstrafe ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe) sowie wegen eines Verbrechens und wegen 23 Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat dem Adhäsions- und Nebenkläger ferner ein Schmerzens- geld in Höhe von 3.500 € zugesprochen und den Angeklagten als verpflichtet erklärt, dem Nebenkläger noch entstehende materielle und immaterielle Schäden in Folge des Messerstichs vom 7. November 2010 vor der Gaststätte C. in Elmshorn zu ersetzen. Wegen des weitergehend geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs hat das Landgericht von einer Entscheidung gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO abgesehen.
2
Die allein erhobene Sachrüge hat nur Erfolg, soweit sie sich gegen den Feststellungsausspruch richtet. Das Landgericht hat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu Recht ein Eigenverschulden des Nebenklägers darin gesehen, dass dieser einen rechtswidrigen Angriff auf den Bruder des Angeklagten führte, als Letzterer mangels gebotener Ankündigung eines Messereinsatzes in Überschreitung seiner Nothilfebefugnis den Nebenkläger durch einen Stich in die Brust lebensgefährlich verletzte.
3
Das Mitverschulden des Nebenklägers bezieht sich demnach auf den Eintritt des Schadensereignisses (haftungsbegründende Kausalität). Deshalb steht im Raum, dass der Adhäsionskläger einen Teil des ihm entstandenen Schadens selbst zu tragen hat, weshalb bei dem Feststellungsausspruch gemäß § 256 Abs. 1 ZPO eine entsprechende Quote hätte festgestellt und ausgesprochen werden müssen, zu welchem Bruchteil die Schadensersatzpflicht besteht (BGH, Urteil vom 25. November 1977 – I ZR 30/76, NJW 1978, 544; BGH, Beschluss vom 21. August 2002 – 5 StR 291/02, BGHSt 47, 378, 382).
4
Der Feststellungsausspruch ist demnach aufzuheben. Ferner ist auszusprechen , dass von einer Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auch insoweit abzusehen ist (§ 406 Abs. 3 Satz 3 StPO). Eine Zurückverweisung der Sache zwecks teilweiser Erneuerung des Anschlussver- fahrens scheidet aus (BGH, Beschluss vom 27. März 1987 – 2 StR 106/87, BGHR StPO § 405 Feststellungsmangel 1). Die Kostenentscheidung folgt insoweit aus § 472a Abs. 2 StPO.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Strafprozeßordnung - StPO | § 406 Entscheidung über den Antrag im Strafurteil; Absehen von einer Entscheidung


(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die

Strafprozeßordnung - StPO | § 472a Kosten und notwendige Auslagen bei Adhäsionsverfahren


(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tr

Strafprozeßordnung - StPO | § 405 Vergleich


(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Zur Zulässigkeit eines Grundurteils im Adhäsionsverfahren
, namentlich bei Schmerzensgeldansprüchen.
BGH, Beschl. v. 21. August 2002 - 5 StR 291/02
LG Bremen –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. August 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2002

beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 4. Februar 2002 wird gemäß § 406a Abs. 2 Satz 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Neben- und Adhäsionskläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Es hat weiterhin festgestellt , daß der Schmerzensgeldanspruch des Nebenklägers dem Grunde nach zu zwei Dritteln gerechtfertigt ist und mit 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 5. Dezember 2001 (Zustellung des Antrags im Adhäsionsverfahren ) verzinst wird. Der Angeklagte wendet sich im Rechtsmittelverfahren allein noch gegen die Verurteilung zu Schmerzensgeld dem Grunde nach. Sein Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


Die Entscheidung im Adhäsionsverfahren (§§ 403 ff. StPO) hält rechtlicher Prüfung stand.
1. Das Landgericht durfte hier durch Grundurteil entscheiden.

a) Die grundsätzliche Zulässigkeit eines Grundurteils ergibt sich aus der Regelung des § 406 Abs. 1 Satz 2 StPO, die im Adhäsionsverfahren die Entscheidung über den Grund des Anspruchs ermöglicht (vgl. BGHSt 44, 202), das nach § 304 Abs. 2 ZPO durchzuführende Betragsverfahren dann allerdings dem zuständigen Zivilgericht überläßt (§ 406 Abs. 3 Satz 3 StPO). Diese Verzahnung mit dem zivilprozessualen Verfahren bedeutet, daß im Adhäsionsverfahren für die Zulässigkeit des Grundurteils grundsätzlich dieselben rechtlichen Voraussetzungen vorliegen müssen, die auch nach der Zivilprozeßordnung gelten. Danach scheidet in der Regel ein Grundurteil über einen unbezifferten Feststellungsantrag schon wesensmäßig aus (BGH NJW 2000, 1572; 1994, 3295 f.). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe führen soll (BGH aaO).

b) Diese Ausnahmevoraussetzung liegt hier vor. Maßgeblich ist nämlich das Prozeßziel. Dieses war (jedenfalls auch) auf einen Zahlbetrag gerichtet. Dafür brauchte der Nebenkläger jedoch keinen bestimmten Antrag zu stellen. Vielmehr konnte er sich insoweit mit einem unbezifferten Antrag begnügen (BGHZ 132, 341 mit umfänglichen Nachweisen). Allerdings ist auch ein unbezifferter Antrag ein (lediglich in der Höhe nicht bestimmter) Leistungsantrag. Dieser Antrag erschöpfte hier das Klagebegehren des Nebenklägers ersichtlich jedoch nicht. Diesem ging es nämlich auch darum, hinsichtlich der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung zugleich für sich einen Titel zu erlangen, der die Verantwortlichkeit des Angeklagten festschreibt. Eine solche Kombination aus unbeziffertem Leistungsantrag und Feststellungsantrag ist zulässig. Sie war vom Nebenkläger erkennbar auch als eigentliches Klageziel gewollt. Beide Klageziele fließen aber, wenn nur über den Grund einer Haftung für Schmerzensgeld entschieden werden soll, in das dann zu erlassende Grundurteil ein. Beantragt der Nebenkläger den Erlaß eines solchen Grundurteils, war dies, weil im Strafverfahren kein Betragsverfahren mehr nachfolgt, letztlich nur als Feststellungsklage möglich. Demnach hat er hinsichtlich des erstrebten wirtschaftlichen Ergebnisses sei-
ne Klage in einer Weise beziffert, daß ein Grundurteil seinen Zweck erfüllen kann (vgl. BGH NJW 1994, 3295, 3296).
Dieses Ergebnis wird hier zudem aus der Prozeßgeschichte bestätigt. Der vom Nebenkläger im Adhäsionsverfahren angebrachte Antrag sollte in eine Verurteilung zu einer Geldzahlung münden. Er hatte nämlich zunächst einen unbezifferten Leistungs- und hilfsweise einen Feststellungsantrag gestellt. Ersichtlich auf Anregung des Gerichts hat er den Erlaß eines Grundurteils beantragt. Ein derartiger Antrag ist jedenfalls in solchen Fallgestaltungen zulässig, bei deren Vorliegen das Gericht ein entsprechendes Grundurteil erlassen dürfte. Ein solches ist aber bei Schmerzensgeldansprüchen ohne weiteres möglich (BGHSt 44, 202, 203).

c) Allerdings wäre ein Grundurteil dann nicht zulässig, wenn der Rechtsstreit entscheidungsreif wäre (Musielak, ZPO 3. Aufl. § 304 Rdn. 6 mit Nachweisen). Dieser allgemeine zivilprozessuale Grundsatz findet auch im Adhäsionsverfahren Anwendung. Er wird durch § 405 StPO allerdings insoweit modifiziert, als der Tatrichter auch dann, wenn Entscheidungsreife besteht , einen Ausspruch über den Betrag ablehnen kann. Die Ablehnung der Durchführung des Betragsverfahrens stellt sich unter dem Gesichtspunkt des „erst recht“-Schlusses als der geringere Eingriff dar. Wenn dem Tatrichter schon erlaubt ist, bei fehlender Eignung von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag im Strafverfahren insgesamt abzusehen, dann kann ihm die weniger weitgehende Ablehnung der Bestimmung nur der Anspruchshöhe nicht verwehrt werden (vgl. Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 406 Rdn. 8). Dies wird namentlich bei besonderen Schwierigkeiten sinnvoll sein, die gerade im Betragsverfahren aufgeworfen werden. Allerdings wird dies Ausnahmefällen vorbehalten bleiben müssen. Im Grundsatz hat zu gelten, daß der Tatrichter schon aus Gründen der Verfahrensökonomie immer bestrebt sein muß, das durch die Straftat entstandene gesetzliche Schuldverhältnis im Adhäsionsverfahren auch im Interesse des Tatopfers abschließend zu erledigen.

d) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Angeklagte insoweit beschwert ist und nach § 406a Abs. 2 StPO überhaupt rügen kann, daß im Adhäsionsverfahren nur über den Grund des Anspruchs entschieden wurde. Das dem Strafrichter insoweit eingeräumte Ermessen (vgl. Kurth in HK-StPO 3. Aufl. § 405 Rdn. 3 ff.) ist im vorliegenden Fall nicht überschritten. Der Rechtsstreit war nämlich im Hinblick auf den noch nicht zweifelsfrei feststehenden Umfang der Verletzungen nicht einmal entscheidungsreif (vgl. Stein in MK-BGB 3. Aufl. § 847 Rdn. 46). Allenfalls hätten die Beeinträchtigungen bis zum Zeitpunkt des Urteilserlasses Berücksichtigung finden können (vgl. BGH NJW 1975, 1463, 1465). So ist insbesondere die entzündliche Verletzung im Stirnbereich des Nebenklägers in ihrem Verlauf unklar. Damit war gerade im Hinblick auf diese Verletzung noch nicht einmal der aktuelle Umfang der Gesundheitsbeeinträchtigung erkennbar. Dies wäre aber abzuklären gewesen, weil sie als eine in dem Schadensbild bereits angelegte Verletzung (vgl. BGH NJW 1995, 1614) von einem bezifferten Schmerzensgeldanspruch erfaßt worden wäre.
2. Die vom Landgericht vorgenommene Feststellung der Mitverursachungsanteile begegnet gleichfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Schmerzensgeld ist grundsätzlich nach Billigkeitsgesichtspunkten zu bestimmen. Nach der hierfür maßgeblichen Regelung des § 847 Abs. 1 BGB aF (jetzt § 253 Abs. 2 BGB nF), die nach der Übergangsvorschrift gemäß Art. 12 § 8 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I 2674) für das hier vor dem 31. Juli 2002 liegende schädigende Ereignis fortgilt, ist grundsätzlich im Rahmen der Entschädigungsfestsetzung ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten zu berücksichtigen. Eine Quotierung hat dabei grundsätzlich nicht zu erfolgen, weil der Aspekt eines etwaigen Mitverschuldens lediglich als ein Gesichtspunkt in die umfassende Billigkeitsabwägung einfließt (BGH VersR 1970, 624 f.).
Eine Ausnahme wird jedoch dann zugelassen, wenn durch Grundurteil entschieden wird. Insbesondere bei der Entscheidung über einen unbezifferten Feststellungsantrag durch Grundurteil darf die Festlegung des Mitverursachungsanteils nicht dem für das Betragsverfahren zuständigen Zivilgericht übertragen werden (BGH NJW 1997, 3176 f.). Dies gilt namentlich für den Schmerzensgeldanspruch, der in seiner Höhe ganz wesentlich durch die Vorgeschichte der Verletzungshandlung und die Persönlichkeitsstruktur der an der Auseinandersetzung beteiligten Personen beeinflußt wird. Schon aus Gründen der Prozeßökonomie wird deshalb die für das Grundurteil notwendige Aufklärung des Tathergangs auch zu einer Bewertung der Verantwortlichkeitsbereiche führen müssen. Die eingehende Untersuchung der Tat durch das Strafgericht – hier die Schwurgerichtskammer –, die nach § 244 Abs. 2 StPO auf alle für die Entscheidung bedeutsamen Beweismittel zu erstrecken ist, bietet dafür eine optimale Tatsachengrundlage. Eine Verteilung von Verschuldens- und Mitverschuldensanteilen kann deshalb am sinnvollsten hier wahrgenommen werden. Sie in das zivilgerichtliche Betragsverfahren zu verlagern, wäre in hohem Maße unpraktisch. Auch im Adhäsionsverfahren ist für die Bestimmung des Mitverschuldens allerdings Voraussetzung , daß hierbei alle in Betracht kommenden Bemessungselemente in die Quotenbestimmung eingestellt sind (vgl. BGH VersR 1970, 624, 625).

b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht. Die Wertung des Landgerichts läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Es hat die der Tat vorangegangenen Provokationshandlungen ebenso gewichtet wie die Lebensumstände der Beteiligten. Im Blick auf die vorangegangenen Drohungen und Körperverletzungshandlungen des Nebenklägers zum Nachteil des Angeklagten wie andererseits unter Berücksichtigung der mehrfachen Schußabgabe aus kürzester Entfernung durch den Angeklagten ist die Festlegung einer Haftungsquote von zwei Dritteln zu seinen Lasten rechtsfehlerfrei.
3. Der Zinsausspruch begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Beden- ken. Allerdings ist es unüblich, in einem Grundurteil eine Verzinsung anzuordnen. Indes ist eine solche Nebenentscheidung nicht unzulässig (vgl. Leipold in Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 304 Rdn. 27). Sie ist aber sogar geboten , wenn der Kläger sie ausdrücklich beantragt und die Entscheidung hierzu nicht ohne weiteres getroffen werden kann (vgl. BGH WM 1985, 1166, 1167). Hier war der Zinsausspruch wegen der Anspruchsänderung nicht ohne Kenntnis der Prozeßgeschichte im Adhäsionsverfahren auszuurteilen. Das Landgericht hat hier nämlich zutreffend nicht auf den später gestellten (und nicht zu verzinsenden – vgl. BGHZ 93, 183, 186 m. w. N.) Feststellungsantrag abgestellt, sondern auf den ursprünglichen unbezifferten Leistungsantrag , der wiederum zu verzinsen ist (BGH NJW 1965, 531). Die spätere Antragsumstellung diente nämlich lediglich der Formulierung eines prozessualen Zwischenziels, das sich aus der hier ermessensfehlerfrei erfolgten Aufteilung von Grund- und Betragsverfahren ergab. Deshalb hat das Landgericht zutreffend den ursprünglichen das Adhäsionsverfahren einleitenden Antrag als die maßgebliche den Zinsausspruch begründende Handlung (§ 291 BGB) angesehen. Die Höhe des Zinsausspruchs hat das Landgericht ebenfalls richtig nach § 288 BGB bestimmt.

II.


Der Senat kann ungeachtet des Aufhebungsantrages des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 4 StPO bei dieser Sachverhaltsgestaltung durch Beschluß ohne Hauptverhandlung entscheiden. Soweit es allein um die Entscheidung im Adhäsionsverfahren geht, ermöglicht die spezialgesetz-
liche Vorschrift des § 406a Abs. 2 Satz 2 StPO aus Gründen der Prozeßökonomie generell eine Beschlußfassung ohne Hauptverhandlung (BGHR StPO § 406a Abs. 2 Beschluß 1).
Basdorf Häger Raum Brause Schaal

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz 1 Genannten einen Vergleichsvorschlag unterbreiten.

(2) Für die Entscheidung über Einwendungen gegen die Rechtswirksamkeit des Vergleichs ist das Gericht der bürgerlichen Rechtspflege zuständig, in dessen Bezirk das Strafgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz hat.

(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tragen.

(2) Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem Antragsteller nicht zuerkannt oder nimmt dieser den Antrag zurück, so entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wer die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit den Beteiligten erwachsenden notwendigen Auslagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.