Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2018 - 1 StR 538/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 11. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Gegen den Angeklagten W. wurde wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt.
- 2
- Hiergegen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Ihre Rechtsmittel haben entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts vom 4. April 2018 in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
I.
- 3
- Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
- 4
- 1. Der Angeklagte V. war Geschäftsführer der im Handelsregister des Amtsgerichts Chemnitz eingetragenen Autohaus H. GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Verkauf und die Reparatur von Kraftfahrzeugen war. Da sich die Firma in finanziellen Schwierigkeiten befand, bot der Angeklagte W. seinem Schwager, dem Angeklagten V. , an, sich an einem Umsatzsteuerkarussell zu beteiligen. Dabei sollten Rechnungen mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH ausgestellt werden, denen keine tatsächlichen Leistungen zu Grunde lagen. Der Angeklagte V. erklärte sich dazu bereit, seine Firma in das Umsatzsteuerkarussell einbinden zu lassen.
- 5
- Ab Frühjahr 2009 wurden für die Beteiligung am Umsatzsteuerkarussell Rechnungen mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH zunächst durch den Angeklagten W. in dessen Büro in B. erstellt. In der Folge erfolgte die Fertigung entsprechender Ausgangsrechnungen auf Anweisung der Zeugen D. und M. durch Mitarbeiter der Firmen E. GmbH und der A. GmbH, die angebliche Kunden des Autohauses H. GmbH waren, wobei die entsprechenden Daten des Autohauses durch den Angeklagten W. zur Verfügung gestellt wurden. Teilweise wurde auch das Layout der Rechnungen frei erfunden. Bei der Erstellung der Rechnungen für das Autohaus H. GmbH wurden diese teilweise rückdatiert und nachträglich erstellt sowie zusätzlich mit den Rechnungen der Adressaten abgeglichen, um Doppelausstellungen zu vermeiden. Das auf den Rechnungen ausgewiesene Datum entsprach deshalb nicht zwingend dem tatsächlichen Erstellungsdatum der Rechnungen.
- 6
- Beiden Angeklagten war bekannt, dass die Autohaus H. GmbH nur auf dem Papier in die Rechnungskette einbezogen werden und selbst zu keinem Zeitpunkt die in den Rechnungen ausgewiesenen Lieferungen erbringen sollte. Der Angeklagte V. wusste von dem Angeklagten W. und dem Zeugen D. , dass unter dem Namen des Autohauses H. GmbH Ausgangsrechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erstellt wurden, ohne dass entsprechende Angaben gegenüber dem zuständigen Finanzamt gemacht werden sollten. Teilweise sah der Angeklagte V. auch entsprechende Rechnungen, eine Unterzeichnung durch ihn erfolgte aber nicht. Vom Zeugen D. erhielt der Angeklagte W. regelmäßig Barbeträge in einer Größenordnung von maximal 20.000 Euro monatlich über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten als Entlohnung für die anfängliche Erstellung von Ausgangsrechnungen für die Autohaus H. GmbH und die Vermittlung dieser Gesellschaft. Der Angeklagte V. erhielt vom Zeugen D. in unregelmäßigen Abständen Geldbeträge von 2.000 bis 3.000 Euro sowie in zwei oder drei Fällen die Gelegenheit, ein Fahrzeug von R. zur Autohaus H. GmbH zu überführen und dieses dort zu verkaufen.
- 7
- Mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH wurden auf diese Weise 282 Rechnungen an die Automobile Ma. GmbH und 295 Rechnungen an die A. GmbH erstellt, in denen jeweils die Umsatzsteuer offen ausgewiesen war und die ein Rechnungsdatum im Zeitraum vom 1. April 2009 bis 29. März 2010 trugen. Diese Rechnungen wurden in den vom Angeklagten V. jeweils eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen der Autohaus H. GmbH im zweiten, dritten und vierten Quartal 2009 nicht gegenüber dem zuständigen Finanzamt angegeben. Für das erste Quartal 2010 wurde vom Angeklagten V. keine Umsatzsteuervoranmeldung mehr abgegeben. Dadurch kam es zur Verkürzung von Umsatzsteuer im gesamten Tatzeitraum in Höhe von 3.555.095,33 Euro. Die Erstellung von Scheinrechnungen endete, nachdem sich der Angeklagte V. am 30. März 2010 zur Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes C. begeben und diverse Informationen über geschäftliche Kontakte zu den Zeugen D. und M. weitergegeben sowie den Verdacht über ihm nicht bekannte Autokäufe unter dem Namen seiner Gesellschaft geäußert hatte. Eine eigene Beteiligung ebenso wie eine Beteiligung des Mitangeklagten W. wurde aber durch den Angeklagten V. nicht offenbart.
- 8
- 2. Das Landgericht geht davon aus, dass der Angeklagte V. als formeller Geschäftsführer der Autohaus H. GmbH zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen in allen vier vorgenannten Tatzeiträumen verpflichtet war. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass die in den Rechnungen an die Automobile Ma. GmbH und A. GmbH offen aus gewiesene Umsatzsteuer in die Umsatzsteuervoranmeldungen der jeweiligen Voranmeldungszeiträume aufzunehmen gewesen wäre, wobei die Autohaus H. GmbH lediglich als Rechnungsaussteller in der Rechnungskette des Umsatzsteuerkarussells des Zeugen D. auftauchte, ohne selbst Leistungen zu erbringen.
- 9
- In Bezug auf den Angeklagten W. geht das Landgericht für die Voranmeldungszeiträume zweites bis viertes Quartal 2009 von Mittäterschaft aus, da dieser nach wertender Gesamtbetrachtung durch die Vermittlung der Autohaus H. GmbH zur nahtlosen Fortsetzung des Umsatzsteuerkarussells und die zunächst von ihm erstellten Rechnungen entscheidende eigene Tatbei- träge zu gemeinsamen Taten mit dem Angeklagten V. leistete, wobei das finanzielle Interesse am Taterfolg ein entscheidendes Motiv war.
II.
- 10
- Die Verurteilung der beiden Angeklagten hat keinen Bestand, da das Urteil nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügt; es fehlt zu allen abgeurteilten Taten an tragfähigen Feststellungen des Landgerichts als Grundlage für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch.
- 11
- 1. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen , dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1 StR 176/17, NStZ 2018, 341; Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546; Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 1. September 2015 – 1 StR 12/15, wistra 2015, 477 mwN). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
- 12
- Die Strafvorschrift der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) wird materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl.
- 13
- 2. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
- 14
- a) Das Landgericht stützt den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung in Bezug auf den Angeklagten V. allein darauf, dass dieser als verantwortlicher Geschäftsführer der Autohaus H. GmbH in deren Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Quartal 2009 und das erste Quartal 2010 unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht hat, indem er für insgesamt 282 Rechnungen an die Automobile Ma. GmbH und 295 Rechnungen an die A. GmbH, denen jeweils keine Leistung zu Grunde lag, die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht in die Umsatzsteuervoranmeldungen aufgenommen hat. Dabei knüpft das Landgericht hinsichtlich dieser vorgenannten Einzelrechnungen hinsichtlich der Entstehung des Steueranspruchs jeweils nur an ein Rechnungsdatum an, das sich aus den dem Urteil beigefügten Tabellen mit den Auflistungen der Rechnungen entnehmen lässt (UA S. 18 – 29 und S. 31 – 34).
- 15
- Gleichzeitig wird aber vom Landgericht auch festgestellt, dass diese Rechnungen teilweise rückdatiert und nachträglich erstellt und zusätzlich mit den bei der E. GmbH erstellten Rechnungen abgeglichen wurden, so dass das ausgewiesene Datum der Rechnung nicht zwingend dem tatsächlichen Erstellungsdatum der Rechnung entsprach (UA S. 14). Ergänzend dazu weist das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung darauf hin, dass nicht aufklärbar war, wann und wo die aufgefundenen Rechnungen geschrieben wurden und zahlreiche Rechnungen nicht sicher an diesem Tag erstellt wurden, der sich als Erstellungstag aus den jeweiligen Rechnungen ergibt (UA S. 66).
- 16
- b) Damit werden vom Landgericht aber keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob und zu welchem Zeitpunkt die Steuer tatsächlich entstanden ist. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG aF) entsteht bei unberechtigtem Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG – wie hier – die Steuer in Ermangelung eines steuerbaren Umsatzes nicht bereits mit der Erstellung einer Rechnung, sondern erst im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Dabei ist unter „Ausgabe“ letztlich die Aushändigung oder Absendung an den Rechnungsempfänger oder einer von ihm bevollmächtigten dritten Person zu verstehen (Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, Stand: Juli 2018, § 13 Rn. 691; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, UStG, Stand: Januar 2016, § 13 Rn. 54). Das Landgericht hat aber außer der dargestellten Anknüpfung an das Rechnungsdatum keine weitergehenden Feststellungen dazu getroffen, wann konkret eine Steuerpflicht des Angeklagten V. entstanden ist. Dies umso mehr als die einzelnen dargestellten Rechnungen rückdatiert und nachträglich erstellt wurden, so dass offen bleibt, wann und in welchem Abrechnungszeitraum die jeweilige Steuerpflicht des Angeklagten V. begründet wurde.
- 17
- 3. Diese lückenhaften Feststellungen betreffen in gleicher Weise auch den Angeklagten W. , so dass auch dessen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung keinen Bestand haben kann.
- 18
- 4. Die bisherigen Feststellungen werden mit aufgehoben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO).
III.
- 19
- Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 20
- 1. Sollten sich keine weiteren Feststellungen zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht und zur Zuordnung der Rechnungen zu den einzelnen verfahrensgegenständlichen Zeiträumen der Umsatzsteuervoranmeldung treffen lassen, hat hier gegebenenfalls eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu erfolgen.
- 21
- 2. Anstelle einer täterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung in Bezug auf die Autohaus H. GmbH, die fern liegt, wenn die Angeklagten nicht einmal genaue Kenntnis über die Ausstellung und Übergabe der Rechnungen hatten, kommt für beide Angeklagten auch eine Beihilfe zur Umsatzsteuerhinterziehung in Betracht, die durch die Zeugen D. und M. durch die Verwendung der mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH erstellten Rechnungen als Eingangsrechnungen der A. GmbH und der Automobile Ma. GmbH im Rahmen der Einbindung in das Umsatzsteuerkarussell begangen wurde.
Hohoff Pernice
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, - 2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder - 3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht, - 3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht, - 4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, - 5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder - 6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.
(1) Die Steuer entsteht
- 1.
für Lieferungen und sonstige Leistungen - a)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Teilleistungen. Sie liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist, - b)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind, - c)
in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Kraftomnibus in das Inland gelangt, - d)
in den Fällen des § 18 Abs. 4c mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Abs. 1a Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, - e)
in den Fällen des § 18 Absatz 4e mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1b Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, - f)
in den Fällen des § 18i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1c Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, - g)
in den Fällen des § 18j vorbehaltlich des Buchstabens i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1d Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, - h)
in den Fällen des § 18k mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1e Satz 1, in dem die Lieferungen ausgeführt worden sind; die Gegenstände gelten als zu dem Zeitpunkt geliefert, zu dem die Zahlung angenommen wurde, - i)
in den Fällen des § 3 Absatz 3a zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlung angenommen wurde;
- 2.
für Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und 9a mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen ausgeführt worden sind; - 3.
in den Fällen des § 14c im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung; - 4.
(weggefallen) - 5.
im Fall des § 17 Abs. 1 Satz 6 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist; - 6.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne des § 1a mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats; - 7.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb von neuen Fahrzeugen im Sinne des § 1b am Tag des Erwerbs; - 8.
im Fall des § 6a Abs. 4 Satz 2 in dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung ausgeführt wird; - 9.
im Fall des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Gegenstand aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert wird.
(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gilt § 21 Abs. 2.
(3) (weggefallen)
(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.