Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2019 - 1 StR 159/19

bei uns veröffentlicht am21.05.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 159/19
vom
21. Mai 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2019:210519B1STR159.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 21. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 18. Dezember 2018 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in acht Fällen unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Celle vom 19. Oktober 2016 in der Fassung des Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 3. Mai 2018 verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Daneben hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.718.843,60 Euro angeordnet.
2
Der Angeklagte beanstandet mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Der Angeklagte war als selbständiger Schrotthändler gewerblich tätig und betrieb als Einzelkaufmann die Firma B. mit Sitz in O. . Obwohl er aus dem Verkauf von Altmetallen Gewinne erzielte, unterließ er es pflichtwidrig, beim Finanzamt C. für die Kalenderjahre 2010 bis 2013 jeweils bis zum 31. Mai des Folgejahres Einkommensteuererklärungen einzureichen, um sich dadurch „dem staatlichen Steueranspruch zu entziehen“. Für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2012 gab der Angeklagte zudem pflichtwidrig keine Gewerbesteuererklärungen ab. Ebenso reichte er für das Kalenderjahr 2010 keine Umsatzsteuerjahreserklärung beim Finanzamt ein. Hierdurch wurden nach der Berechnung des Landgerichts Steuern im Umfang von insgesamt 1.725.678 Euro verkürzt.
5
Über den Verkauf der Altmetalle wurde eine Vielzahl von Einzelabrechnungen erstellt, die überwiegend auf den Namen des Angeklagten bzw. in wenigen Fällen auf diejenigen der von dem Angeklagten als sogenannte Schreiber eingesetzten Strohmänner M. und S. lauteten. Diese „Schreiber“ hatten für ein geringes Entgelt formal auf eigenen Namen, in Wahrheit aber für den Angeklagten Altmetall an die Abnehmer verkauft und die Erlöse an den Angeklagten abgeliefert.

II.

6
Das Urteil genügt hinsichtlich der verkürzten Steuern nicht den Darstellungsanforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO und ist daher im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Der Schuldspruch hat demgegenüber Bestand.
7
1. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Tat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen, dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546 sowie Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1 StR 176/17, wistra 2017, 445 mwN). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
8
Die Strafvorschrift der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) wird materiellrechtlich durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften ausgefüllt, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1 StR 176/17, aaO). Auch hierzu bedarf es ausreichender tatsächlicher Feststellungen, die eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglichen. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter , die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen ). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen deshalb die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung regelmäßig nicht nur die Summe der jeweils verkürzten Steuern, sondern für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im Einzelnen angeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2018 – 1 StR 538/17, NStZ-RR 2019, 79 und vom 26. April 2001 – 5 StR 448/00, wistra 2001, 308 mwN). Die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und Aufgabe des Tatgerichts (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08 Rn. 20, NJW 2009, 2546 mwN).
9
2. Das angefochtene Urteil genügt im Hinblick auf die Höhe der hinterzogenen Steuern den sich hieraus ergebenden Darstellungsanforderungen nicht.
10
Zwar enthalten die Urteilsgründe zu den einzelnen Steuerverkürzungen Berechnungsdarstellungen. Diese weisen aber zum Umfang der verkürzten Steuern in mehrfacher Hinsicht Mängel auf und sind im Ergebnis nicht nachvollziehbar. Bei der Berechnung der für den Besteuerungszeitraum 2010 verkürzten Umsatzsteuer auf UA S. 20 bleibt unerörtert, aus welchem Grund sich die zugrunde gelegten Umsatzsteuerbeträge nicht mit den Feststellungen zum Umsatz auf UA S. 10 und 19 decken. Für den Senat im Umfang nicht nachvollzieh- bar sind auch die „im Rahmen der Jahresveranlagung zusätzlich geschätzten Zahllasten“ (UA S. 20), die in den Urteilsgründen ebenfallsnicht erläutert wer- den. Soweit sich die Berechnung der verkürzten Steuern auf eine „Gewinner- mittlung des Altmetallhandels des Angeklagten“ (UA S. 20 f.) stützt, berücksich- tigt das Landgericht als Betriebsausgaben Beträge für „bisher berücksichtige Aufwendungen“, „Materialeinkauf“ und „sonstige Aufwendungen“ (UA S. 21), deren Bestimmung nicht oder nur unzureichend erklärt wird und die sich dem Senat auch anhand der sonstigen Ausführungen in den Urteilsgründen nicht erschließen. Insbesondere fehlen Ausführungen dazu, durch wen und an wel- cher Stelle bei den hier vorliegenden Steuerhinterziehungen durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) Aufwendungen bereits berücksichtigt wurden. Bei der Darstellung des Umfangs verkürzter Gewerbesteuer wird in den Urteilsgründen der zugrunde gelegte Steuermessbetrag nicht genannt. Zur Berechnung der für die einzelnen Veranlagungszeiträume verkürzten Einkommensteuer weisen die Urteilsgründe lediglich die Differenz aus der „geschätzten“ und der „festgestell- ten Steuer“ aus; eine nähere Darstellung der Berechnung der geschuldeten Steuer für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgehend vom zugrunde gelegten Gewinn (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, § 15 EStG) fehlt vollständig.
11
3. Der am Hinterziehungsumfang anknüpfende Strafausspruch hält daher sowohl hinsichtlich der Einzelstrafen als auch der Gesamtstrafe revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Dasselbe gilt für den Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen im Umfang der für die hinterzogenen Steuern ersparten Aufwendungen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB). Der Senat hebt auch die dem Rechtsfolgenausspruch zugrunde liegenden Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter insoweit widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
12
4. Der Darstellungsmangel hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen und des Umfangs der verkürzten Steuern lässt den Schuldspruch – Steuerhinterziehung in acht Fällen – unberührt; dieser hält rechtlicher Nachprüfung stand.
13
Das Landgericht hat sich auf der Grundlage der in vollem Umfang ge- ständigen Einlassung des Angeklagten und der „Einzelabrechnungen derAb- nehmerfirmen“ [UA 4] ohne Rechtsfehler davon überzeugt, dass er in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungs- und Besteuerungszeiträumen als selbständiger Schrotthändler Umsätze tätigte und Gewinne erzielte, die er gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich und pflichtwidrig nicht erklärte. Aus- gehend von den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen ist für die einzelnen Taten jeweils auszuschließen, dass es nicht zu einer Steuerverkürzung gekommen ist. Der Hinterziehungsumfang hat lediglich Bedeutung für den Rechtsfolgenausspruch.
14
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat im Hinblick auf die Ausführungen in den Urteilsgründen auf UA S. 24 zur Strafrahmenwahl auf Folgendes hin:
15
Der Umstand, dass das Regelbeispiel einer Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) erfüllt ist, stellt lediglich ein Indiz für das Vorliegen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 1 AO dar. Ob die Umstände des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften, hat der Tatrichter in einem weiteren Prüfungsschritt auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände zu klären (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08 Rn. 49, BGHSt 53, 71).
Jäger Fischer Bär Leplow Pernice

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

20
d) Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; BGH NStZ 2001, 200, 201). Dieses ist zwar nicht gehalten, den eigentlichen Berechnungsvorgang als Teil der Subsumtion im Urteil darzustellen, sofern dieser vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden kann. Freilich empfiehlt sich eine solche Berechnungsdarstellung bereits deshalb, weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils erleichtert. Zudem bietet die Berechnungsdarstellung die Möglichkeit zu kontrollieren , ob die steuerlich erheblichen Tatsachen im angefochtenen Urteil festgestellt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 176/17
vom
24. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
hier: Revision des Angeklagten N.
ECLI:DE:BGH:2017:240517B1STR176.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 13. Dezember 2016 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte N. und die Mitangeklagten B. und S. verurteilt worden sind. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen, wegen Betrugs, versuchten Betrugs sowie wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten N. freigesprochen. Gegen den nicht revidierenden Mitangeklagten B. hat es wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung, gegen den Mitangeklagten S. wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen eine Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verhängt. Im Übrigen hat das Landgericht den Mitangeklagten S. freigesprochen.
2
Der Angeklagte N. beanstandet seine Verurteilung mit einer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat – gemäß § 357 StPO auch in Bezug auf die Mitangeklagten B. und S. bezüglich deren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung – Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Die Verurteilung des Angeklagten N. hat keinen Bestand, da das Urteil nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügt; es fehlt zu allen abgeurteilten Taten an tragfähigen Feststellungen des Landgerichts als Grundlage für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch.
4
Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen, dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546; Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 1. September 2015 – 1 StR 12/15, wistra 2015, 477 mwN). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
5
Die Strafvorschrift der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) wird materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546 mwN). Auch hierzu bedarf es ausreichender tatsächlicher Feststellungen, die eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglichen. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen deshalb die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung regelmäßig nicht nur die Summe der jeweils verkürzten Steuern, sondern für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im Einzelnen angeben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2001 – 5 StR 448/00, wistra 2001, 308 mwN).
6
Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt und die daraus folgende Berechnung der verkürzten Steuern, durch die der Schuldumfang der Straftat bestimmt wird, ist dabei Rechtsanwendung, die der Tatrichter selbst vorzunehmen hat. Auch die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung in das Urteil sind ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen , die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2001 – 5StR 448/00, wistra 2001, 308). Das Landgericht ist allerdings nicht gehindert , bereits im Ermittlungsverfahren erstellte Darstellungen rein mathematischer Berechnungen, die mit den eigenen Feststellungen übereinstimmen, in das Urteil zu übernehmen. Dies gilt indes grundsätzlich nicht für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, die im Wege freier richterlicher Überzeugungsbildung vom Tatrichter eigenverantwortlich zu ermitteln sind. Die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden kommt deshalb nur dann in Betracht , wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) überzeugt ist. Die Schätzungsgrundlagen müssen dabei in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar mitgeteilt werden (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 1. September 2015 – 1 StR 12/15, wistra 2015, 477 mwN). Eine Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise insgesamt entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter , der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern in der Lage ist, ein Geständnis abgelegt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 25. Oktober 2000 – 5 StR 399/00, NStZ 2001,

200).

7
2. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
8
a) In Bezug auf die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung fehlt sowohl eine Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen als auch eine Berechnungsdarstellung , an Hand derer sich die vom Landgericht angegebene Steuerverkürzung nachvollziehen lässt.
9
aa) Hinsichtlich der verkürzten Steuern teilt das Landgericht lediglich mit, dass die Umsätze der K. GmbH, C. GmbH und T. GmbH in den Veranlagungszeiträumen 2011 und 2012 durch drei unterschiedliche Manipulationsweisen gemindert wurden, ohne jedoch die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen darzustellen. So sollen zum einen Veränderungen der Kassen und der Ausdruck von sog. „Z-Bons“ im Umfang „zwischen 20 und 50 %“ (UA S. 10) erfolgt sein. Welche konkreten Umsätze getätigt wurden und wovon hier Minderungen in der Buchführung vorgenommen wurden, teilt das Urteil aber nicht mit. In Bezug auf die zweite Manipulationsweise, die Verbuchung von Scheinrechnungen in Höhe von insgesamt 112.000 Euro zuzüglich 21.280 Euro Umsatzsteuer (UA S. 10), benennt das Urteil zwar für einen Teilbetrag der Umsatzsteuer die unberechtigt ausgewiesene Vorsteuer. Es fehlen jedoch weitere Angaben dazu, ob etwa eine Steuervergütung vorlag und ob ggf. eine gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung der Finanzbehörde abgegeben wurde. Auch zur Steuerverkürzung durch den „Schwarzeinkauf“ von Waren, insbesondere von Getränken (UA S. 10), fehlen nähere Angaben. Die Urteilsfeststellungen enthalten keine Angaben zu deren Umfang; auch lässt sich nicht nachvollziehen, in welcher Höhe für Wareneinkauf nicht geltend gemachte Betriebsausgaben bzw. Vorsteuern der Verschleierung von Betriebseinnahmen bzw. Ausgangsumsätzen gedient haben.
10
bb) Daneben fehlen in den Urteilsgründen auch Ausführungen zur Berechnung der Körperschaftsteuer, des Solidaritätszuschlags hierauf sowie der Gewerbesteuer vollständig, so dass dem Senat auch insoweit eine Überprüfung der vom Landgericht mitgeteilten Verkürzungsbeträge nicht möglich ist. Dies gilt umso mehr, als bei den Verkürzungsbeträgen für die jeweiligen Steuerarten unklar bleibt, weshalb in Bezug auf die Gewerbesteuer sogar von höheren Beträgen ausgegangen wird als bei der Körperschaftsteuer.
11
cc) Auf die Berechnungsdarstellung konnte hier trotz des Geständnisses des Angeklagten N. nicht verzichtet werden. Zwar hat der Angeklagte N. die Taten der Steuerhinterziehung vollständig dem Grunde und der Höhe nach eingeräumt (UA S. 15). Jedoch kann nach den Feststellungen des Landgerichts zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten mit seiner Ausbildung zum Masseur und Physiotherapeuten (UA S. 5) nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um einen sachkundigen Angeklagten handelt, der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern in der Lage ist. Dies gilt entsprechend auch für die beiden ebenfalls geständigen Mitangeklagten B. und S. , bei deren Tätigkeit als Koch (UA S. 4) bzw. Ausbildung zum Angestellten in Restaurantbetrieben (UA S. 7 f.) eine solche Sachkunde ebenfalls nicht dargetan ist.
12
dd) Auch genügt der Hinweis des Landgerichts, dass die Angeklagten ausdrücklich zu Protokoll erklärten, dass „die Zahlen bezüglich der einzelnen Taten der Steuerhinterziehung Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung mit der Finanzverwaltung waren“ (UA S. 15), und dies auch durch einen Vertre- ter des Finanzamtes bestätigt wird, nicht. Zwar war das Tatgericht – wie dargestellt – grundsätzlich nicht gehindert, sich Steuerberechnungen der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf entsprechenden Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings wird im Urteil nicht erkennbar, dass das Landgericht als ihm obliegende Rechtsanwendung eine eigenständige Steuerberechnung durchgeführt und dabei – gerade im Hinblick auf die dargestellten Manipulationen – eine gegebenenfalls erforderliche Schätzung selbst vorgenommen hat.
13
b) Den Darstellungsanforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügt auch die Verurteilung des Angeklagten N. wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Urkundenfälschung nicht.
14
aa) Zum Betrug im Fall II. 2. a) der Urteilsgründe wird vom Landgericht nur mitgeteilt, dass der Angeklagte N. gemeinsam mit drei weiteren anderweitig Verfolgten den Entschluss fasste, einen Verkehrsunfall mutwillig zu verursachen. Da aber der anderweitig Verfolgte Sa. den Schaden verursachte und seiner Versicherung meldete, die den Schaden an beiden Fahrzeugen regulierte, bleibt offen, von welchem Tatbeitrag des Angeklagten N. das Landgericht ausgeht. Damit kann der Senat nicht nachprüfen, auf welche Umstände das Landgericht die mittäterschaftliche Begehung eines Betrugs durch den Angeklagten N. stützt.
15
bb) Auch die Feststellungen zur Urkundenfälschung im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe genügen den Anforderungen an die Urteilsdarstellung nicht. Zwar lässt sich den Ausführungen des Landgerichts noch entnehmen, dass der An- geklagte N. der Vorlage eines geforderten Eigenkapitalnachweises als Voraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrags durch „Fälschung“ einer entsprechenden Bescheinigung der Sparkasse Bo. nachkam (UA S. 13). Es fehlt aber an den ausreichenden Feststellungen zur Urkundenqualität, da unklar bleibt, welchen Inhalt die entsprechende „gefälschte“ Bescheinigung der Sparkasse hatte und wer diese ausgestellt hat. Offen bleibt nach den Urteilsfeststellungen auch, von welcher Tatbestandsvariante des § 267 Abs. 1 StGB das Landgericht ausgegangen ist.
16
cc) Hinsichtlich des vom Landgericht angenommenen versuchten Betrugs im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe lässt sich den Urteilsfeststellungen zwar entnehmen, dass der Angeklagte N. absprachegemäß mutwillig den Pkw des gesondert verfolgten St. rückwärts gegen sein zum Innenhof zeigendes Schlafzimmerfenster steuerte. Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts enthalten jedoch keine ausreichenden Tatsachengrundlagen zu der Frage, ob der Angeklagte N. hier als Mittäter oder nur als Gehilfe handelte. Insoweit fehlt es an einer wertenden Gesamtbetrachtung in Bezug auf das Interesse des Angeklagten N. am Taterfolg, auf den Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft oder wenigstens den Willen zur Tatherrschaft.
17
3. Der Senat hebt die lückenhaften Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
18
4. Die Aufhebung des Urteils zugunsten des Angeklagten N. ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten B. und S. zu erstrecken, soweit auch sie wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung in den Fällen II. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden sind. Auch deren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung beruht – ebenso wie beimAngeklagten N. – aufeiner unzureichenden Darstellung der Besteuerungsgrundlagen. Jäger Cirener Fischer Bär Hohoff

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 176/17
vom
24. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
hier: Revision des Angeklagten N.
ECLI:DE:BGH:2017:240517B1STR176.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 13. Dezember 2016 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte N. und die Mitangeklagten B. und S. verurteilt worden sind. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen, wegen Betrugs, versuchten Betrugs sowie wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten N. freigesprochen. Gegen den nicht revidierenden Mitangeklagten B. hat es wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung, gegen den Mitangeklagten S. wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen eine Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verhängt. Im Übrigen hat das Landgericht den Mitangeklagten S. freigesprochen.
2
Der Angeklagte N. beanstandet seine Verurteilung mit einer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat – gemäß § 357 StPO auch in Bezug auf die Mitangeklagten B. und S. bezüglich deren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung – Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Die Verurteilung des Angeklagten N. hat keinen Bestand, da das Urteil nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügt; es fehlt zu allen abgeurteilten Taten an tragfähigen Feststellungen des Landgerichts als Grundlage für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch.
4
Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen, dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546; Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 1. September 2015 – 1 StR 12/15, wistra 2015, 477 mwN). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
5
Die Strafvorschrift der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) wird materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546 mwN). Auch hierzu bedarf es ausreichender tatsächlicher Feststellungen, die eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglichen. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen deshalb die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung regelmäßig nicht nur die Summe der jeweils verkürzten Steuern, sondern für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im Einzelnen angeben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2001 – 5 StR 448/00, wistra 2001, 308 mwN).
6
Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt und die daraus folgende Berechnung der verkürzten Steuern, durch die der Schuldumfang der Straftat bestimmt wird, ist dabei Rechtsanwendung, die der Tatrichter selbst vorzunehmen hat. Auch die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung in das Urteil sind ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen , die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2001 – 5StR 448/00, wistra 2001, 308). Das Landgericht ist allerdings nicht gehindert , bereits im Ermittlungsverfahren erstellte Darstellungen rein mathematischer Berechnungen, die mit den eigenen Feststellungen übereinstimmen, in das Urteil zu übernehmen. Dies gilt indes grundsätzlich nicht für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, die im Wege freier richterlicher Überzeugungsbildung vom Tatrichter eigenverantwortlich zu ermitteln sind. Die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden kommt deshalb nur dann in Betracht , wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) überzeugt ist. Die Schätzungsgrundlagen müssen dabei in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar mitgeteilt werden (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 1. September 2015 – 1 StR 12/15, wistra 2015, 477 mwN). Eine Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise insgesamt entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter , der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern in der Lage ist, ein Geständnis abgelegt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 25. Oktober 2000 – 5 StR 399/00, NStZ 2001,

200).

7
2. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
8
a) In Bezug auf die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung fehlt sowohl eine Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen als auch eine Berechnungsdarstellung , an Hand derer sich die vom Landgericht angegebene Steuerverkürzung nachvollziehen lässt.
9
aa) Hinsichtlich der verkürzten Steuern teilt das Landgericht lediglich mit, dass die Umsätze der K. GmbH, C. GmbH und T. GmbH in den Veranlagungszeiträumen 2011 und 2012 durch drei unterschiedliche Manipulationsweisen gemindert wurden, ohne jedoch die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen darzustellen. So sollen zum einen Veränderungen der Kassen und der Ausdruck von sog. „Z-Bons“ im Umfang „zwischen 20 und 50 %“ (UA S. 10) erfolgt sein. Welche konkreten Umsätze getätigt wurden und wovon hier Minderungen in der Buchführung vorgenommen wurden, teilt das Urteil aber nicht mit. In Bezug auf die zweite Manipulationsweise, die Verbuchung von Scheinrechnungen in Höhe von insgesamt 112.000 Euro zuzüglich 21.280 Euro Umsatzsteuer (UA S. 10), benennt das Urteil zwar für einen Teilbetrag der Umsatzsteuer die unberechtigt ausgewiesene Vorsteuer. Es fehlen jedoch weitere Angaben dazu, ob etwa eine Steuervergütung vorlag und ob ggf. eine gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung der Finanzbehörde abgegeben wurde. Auch zur Steuerverkürzung durch den „Schwarzeinkauf“ von Waren, insbesondere von Getränken (UA S. 10), fehlen nähere Angaben. Die Urteilsfeststellungen enthalten keine Angaben zu deren Umfang; auch lässt sich nicht nachvollziehen, in welcher Höhe für Wareneinkauf nicht geltend gemachte Betriebsausgaben bzw. Vorsteuern der Verschleierung von Betriebseinnahmen bzw. Ausgangsumsätzen gedient haben.
10
bb) Daneben fehlen in den Urteilsgründen auch Ausführungen zur Berechnung der Körperschaftsteuer, des Solidaritätszuschlags hierauf sowie der Gewerbesteuer vollständig, so dass dem Senat auch insoweit eine Überprüfung der vom Landgericht mitgeteilten Verkürzungsbeträge nicht möglich ist. Dies gilt umso mehr, als bei den Verkürzungsbeträgen für die jeweiligen Steuerarten unklar bleibt, weshalb in Bezug auf die Gewerbesteuer sogar von höheren Beträgen ausgegangen wird als bei der Körperschaftsteuer.
11
cc) Auf die Berechnungsdarstellung konnte hier trotz des Geständnisses des Angeklagten N. nicht verzichtet werden. Zwar hat der Angeklagte N. die Taten der Steuerhinterziehung vollständig dem Grunde und der Höhe nach eingeräumt (UA S. 15). Jedoch kann nach den Feststellungen des Landgerichts zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten mit seiner Ausbildung zum Masseur und Physiotherapeuten (UA S. 5) nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um einen sachkundigen Angeklagten handelt, der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern in der Lage ist. Dies gilt entsprechend auch für die beiden ebenfalls geständigen Mitangeklagten B. und S. , bei deren Tätigkeit als Koch (UA S. 4) bzw. Ausbildung zum Angestellten in Restaurantbetrieben (UA S. 7 f.) eine solche Sachkunde ebenfalls nicht dargetan ist.
12
dd) Auch genügt der Hinweis des Landgerichts, dass die Angeklagten ausdrücklich zu Protokoll erklärten, dass „die Zahlen bezüglich der einzelnen Taten der Steuerhinterziehung Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung mit der Finanzverwaltung waren“ (UA S. 15), und dies auch durch einen Vertre- ter des Finanzamtes bestätigt wird, nicht. Zwar war das Tatgericht – wie dargestellt – grundsätzlich nicht gehindert, sich Steuerberechnungen der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf entsprechenden Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings wird im Urteil nicht erkennbar, dass das Landgericht als ihm obliegende Rechtsanwendung eine eigenständige Steuerberechnung durchgeführt und dabei – gerade im Hinblick auf die dargestellten Manipulationen – eine gegebenenfalls erforderliche Schätzung selbst vorgenommen hat.
13
b) Den Darstellungsanforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügt auch die Verurteilung des Angeklagten N. wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Urkundenfälschung nicht.
14
aa) Zum Betrug im Fall II. 2. a) der Urteilsgründe wird vom Landgericht nur mitgeteilt, dass der Angeklagte N. gemeinsam mit drei weiteren anderweitig Verfolgten den Entschluss fasste, einen Verkehrsunfall mutwillig zu verursachen. Da aber der anderweitig Verfolgte Sa. den Schaden verursachte und seiner Versicherung meldete, die den Schaden an beiden Fahrzeugen regulierte, bleibt offen, von welchem Tatbeitrag des Angeklagten N. das Landgericht ausgeht. Damit kann der Senat nicht nachprüfen, auf welche Umstände das Landgericht die mittäterschaftliche Begehung eines Betrugs durch den Angeklagten N. stützt.
15
bb) Auch die Feststellungen zur Urkundenfälschung im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe genügen den Anforderungen an die Urteilsdarstellung nicht. Zwar lässt sich den Ausführungen des Landgerichts noch entnehmen, dass der An- geklagte N. der Vorlage eines geforderten Eigenkapitalnachweises als Voraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrags durch „Fälschung“ einer entsprechenden Bescheinigung der Sparkasse Bo. nachkam (UA S. 13). Es fehlt aber an den ausreichenden Feststellungen zur Urkundenqualität, da unklar bleibt, welchen Inhalt die entsprechende „gefälschte“ Bescheinigung der Sparkasse hatte und wer diese ausgestellt hat. Offen bleibt nach den Urteilsfeststellungen auch, von welcher Tatbestandsvariante des § 267 Abs. 1 StGB das Landgericht ausgegangen ist.
16
cc) Hinsichtlich des vom Landgericht angenommenen versuchten Betrugs im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe lässt sich den Urteilsfeststellungen zwar entnehmen, dass der Angeklagte N. absprachegemäß mutwillig den Pkw des gesondert verfolgten St. rückwärts gegen sein zum Innenhof zeigendes Schlafzimmerfenster steuerte. Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts enthalten jedoch keine ausreichenden Tatsachengrundlagen zu der Frage, ob der Angeklagte N. hier als Mittäter oder nur als Gehilfe handelte. Insoweit fehlt es an einer wertenden Gesamtbetrachtung in Bezug auf das Interesse des Angeklagten N. am Taterfolg, auf den Umfang der Tatbeteiligung sowie die Tatherrschaft oder wenigstens den Willen zur Tatherrschaft.
17
3. Der Senat hebt die lückenhaften Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
18
4. Die Aufhebung des Urteils zugunsten des Angeklagten N. ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten B. und S. zu erstrecken, soweit auch sie wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung in den Fällen II. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden sind. Auch deren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung beruht – ebenso wie beimAngeklagten N. – aufeiner unzureichenden Darstellung der Besteuerungsgrundlagen. Jäger Cirener Fischer Bär Hohoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 538/17
vom
11. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2018:111018B1STR538.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 11. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11. Mai 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere – als Wirtschaftsstrafkammer zuständige – Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Gegen den Angeklagten W. wurde wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt.
2
Hiergegen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Ihre Rechtsmittel haben entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts vom 4. April 2018 in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte V. war Geschäftsführer der im Handelsregister des Amtsgerichts Chemnitz eingetragenen Autohaus H. GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Verkauf und die Reparatur von Kraftfahrzeugen war. Da sich die Firma in finanziellen Schwierigkeiten befand, bot der Angeklagte W. seinem Schwager, dem Angeklagten V. , an, sich an einem Umsatzsteuerkarussell zu beteiligen. Dabei sollten Rechnungen mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH ausgestellt werden, denen keine tatsächlichen Leistungen zu Grunde lagen. Der Angeklagte V. erklärte sich dazu bereit, seine Firma in das Umsatzsteuerkarussell einbinden zu lassen.
5
Ab Frühjahr 2009 wurden für die Beteiligung am Umsatzsteuerkarussell Rechnungen mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH zunächst durch den Angeklagten W. in dessen Büro in B. erstellt. In der Folge erfolgte die Fertigung entsprechender Ausgangsrechnungen auf Anweisung der Zeugen D. und M. durch Mitarbeiter der Firmen E. GmbH und der A. GmbH, die angebliche Kunden des Autohauses H. GmbH waren, wobei die entsprechenden Daten des Autohauses durch den Angeklagten W. zur Verfügung gestellt wurden. Teilweise wurde auch das Layout der Rechnungen frei erfunden. Bei der Erstellung der Rechnungen für das Autohaus H. GmbH wurden diese teilweise rückdatiert und nachträglich erstellt sowie zusätzlich mit den Rechnungen der Adressaten abgeglichen, um Doppelausstellungen zu vermeiden. Das auf den Rechnungen ausgewiesene Datum entsprach deshalb nicht zwingend dem tatsächlichen Erstellungsdatum der Rechnungen.
6
Beiden Angeklagten war bekannt, dass die Autohaus H. GmbH nur auf dem Papier in die Rechnungskette einbezogen werden und selbst zu keinem Zeitpunkt die in den Rechnungen ausgewiesenen Lieferungen erbringen sollte. Der Angeklagte V. wusste von dem Angeklagten W. und dem Zeugen D. , dass unter dem Namen des Autohauses H. GmbH Ausgangsrechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erstellt wurden, ohne dass entsprechende Angaben gegenüber dem zuständigen Finanzamt gemacht werden sollten. Teilweise sah der Angeklagte V. auch entsprechende Rechnungen, eine Unterzeichnung durch ihn erfolgte aber nicht. Vom Zeugen D. erhielt der Angeklagte W. regelmäßig Barbeträge in einer Größenordnung von maximal 20.000 Euro monatlich über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten als Entlohnung für die anfängliche Erstellung von Ausgangsrechnungen für die Autohaus H. GmbH und die Vermittlung dieser Gesellschaft. Der Angeklagte V. erhielt vom Zeugen D. in unregelmäßigen Abständen Geldbeträge von 2.000 bis 3.000 Euro sowie in zwei oder drei Fällen die Gelegenheit, ein Fahrzeug von R. zur Autohaus H. GmbH zu überführen und dieses dort zu verkaufen.
7
Mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH wurden auf diese Weise 282 Rechnungen an die Automobile Ma. GmbH und 295 Rechnungen an die A. GmbH erstellt, in denen jeweils die Umsatzsteuer offen ausgewiesen war und die ein Rechnungsdatum im Zeitraum vom 1. April 2009 bis 29. März 2010 trugen. Diese Rechnungen wurden in den vom Angeklagten V. jeweils eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen der Autohaus H. GmbH im zweiten, dritten und vierten Quartal 2009 nicht gegenüber dem zuständigen Finanzamt angegeben. Für das erste Quartal 2010 wurde vom Angeklagten V. keine Umsatzsteuervoranmeldung mehr abgegeben. Dadurch kam es zur Verkürzung von Umsatzsteuer im gesamten Tatzeitraum in Höhe von 3.555.095,33 Euro. Die Erstellung von Scheinrechnungen endete, nachdem sich der Angeklagte V. am 30. März 2010 zur Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes C. begeben und diverse Informationen über geschäftliche Kontakte zu den Zeugen D. und M. weitergegeben sowie den Verdacht über ihm nicht bekannte Autokäufe unter dem Namen seiner Gesellschaft geäußert hatte. Eine eigene Beteiligung ebenso wie eine Beteiligung des Mitangeklagten W. wurde aber durch den Angeklagten V. nicht offenbart.
8
2. Das Landgericht geht davon aus, dass der Angeklagte V. als formeller Geschäftsführer der Autohaus H. GmbH zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen in allen vier vorgenannten Tatzeiträumen verpflichtet war. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass die in den Rechnungen an die Automobile Ma. GmbH und A. GmbH offen aus gewiesene Umsatzsteuer in die Umsatzsteuervoranmeldungen der jeweiligen Voranmeldungszeiträume aufzunehmen gewesen wäre, wobei die Autohaus H. GmbH lediglich als Rechnungsaussteller in der Rechnungskette des Umsatzsteuerkarussells des Zeugen D. auftauchte, ohne selbst Leistungen zu erbringen.
9
In Bezug auf den Angeklagten W. geht das Landgericht für die Voranmeldungszeiträume zweites bis viertes Quartal 2009 von Mittäterschaft aus, da dieser nach wertender Gesamtbetrachtung durch die Vermittlung der Autohaus H. GmbH zur nahtlosen Fortsetzung des Umsatzsteuerkarussells und die zunächst von ihm erstellten Rechnungen entscheidende eigene Tatbei- träge zu gemeinsamen Taten mit dem Angeklagten V. leistete, wobei das finanzielle Interesse am Taterfolg ein entscheidendes Motiv war.

II.


10
Die Verurteilung der beiden Angeklagten hat keinen Bestand, da das Urteil nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügt; es fehlt zu allen abgeurteilten Taten an tragfähigen Feststellungen des Landgerichts als Grundlage für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch.
11
1. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen , dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1 StR 176/17, NStZ 2018, 341; Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546; Beschlüsse vom 13. Juli 2011 – 1 StR 154/11, BFH/NV 2011, 1823 und vom 1. September 2015 – 1 StR 12/15, wistra 2015, 477 mwN). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 337 StPO).
12
Die Strafvorschrift der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) wird materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat (vgl.
BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1 StR 176/17, NStZ 2018, 341 mwN). Auch hierzu bedarf es ausreichender tatsächlicher Feststellungen, die eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglichen. Dazu gehören insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen deshalb die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung regelmäßig nicht nur die Summe der jeweils verkürzten Steuern, sondern für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im Einzelnen angeben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2001 – 5 StR 448/00, wistra 2001, 308 mwN).
13
2. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
14
a) Das Landgericht stützt den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung in Bezug auf den Angeklagten V. allein darauf, dass dieser als verantwortlicher Geschäftsführer der Autohaus H. GmbH in deren Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Quartal 2009 und das erste Quartal 2010 unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht hat, indem er für insgesamt 282 Rechnungen an die Automobile Ma. GmbH und 295 Rechnungen an die A. GmbH, denen jeweils keine Leistung zu Grunde lag, die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht in die Umsatzsteuervoranmeldungen aufgenommen hat. Dabei knüpft das Landgericht hinsichtlich dieser vorgenannten Einzelrechnungen hinsichtlich der Entstehung des Steueranspruchs jeweils nur an ein Rechnungsdatum an, das sich aus den dem Urteil beigefügten Tabellen mit den Auflistungen der Rechnungen entnehmen lässt (UA S. 18 – 29 und S. 31 – 34).
15
Gleichzeitig wird aber vom Landgericht auch festgestellt, dass diese Rechnungen teilweise rückdatiert und nachträglich erstellt und zusätzlich mit den bei der E. GmbH erstellten Rechnungen abgeglichen wurden, so dass das ausgewiesene Datum der Rechnung nicht zwingend dem tatsächlichen Erstellungsdatum der Rechnung entsprach (UA S. 14). Ergänzend dazu weist das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung darauf hin, dass nicht aufklärbar war, wann und wo die aufgefundenen Rechnungen geschrieben wurden und zahlreiche Rechnungen nicht sicher an diesem Tag erstellt wurden, der sich als Erstellungstag aus den jeweiligen Rechnungen ergibt (UA S. 66).
16
b) Damit werden vom Landgericht aber keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob und zu welchem Zeitpunkt die Steuer tatsächlich entstanden ist. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG13 Abs. 1 Nr. 4 UStG aF) entsteht bei unberechtigtem Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG – wie hier – die Steuer in Ermangelung eines steuerbaren Umsatzes nicht bereits mit der Erstellung einer Rechnung, sondern erst im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Dabei ist unter „Ausgabe“ letztlich die Aushändigung oder Absendung an den Rechnungsempfänger oder einer von ihm bevollmächtigten dritten Person zu verstehen (Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, Stand: Juli 2018, § 13 Rn. 691; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, UStG, Stand: Januar 2016, § 13 Rn. 54). Das Landgericht hat aber außer der dargestellten Anknüpfung an das Rechnungsdatum keine weitergehenden Feststellungen dazu getroffen, wann konkret eine Steuerpflicht des Angeklagten V. entstanden ist. Dies umso mehr als die einzelnen dargestellten Rechnungen rückdatiert und nachträglich erstellt wurden, so dass offen bleibt, wann und in welchem Abrechnungszeitraum die jeweilige Steuerpflicht des Angeklagten V. begründet wurde.
17
3. Diese lückenhaften Feststellungen betreffen in gleicher Weise auch den Angeklagten W. , so dass auch dessen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung keinen Bestand haben kann.
18
4. Die bisherigen Feststellungen werden mit aufgehoben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO).

III.


19
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
20
1. Sollten sich keine weiteren Feststellungen zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht und zur Zuordnung der Rechnungen zu den einzelnen verfahrensgegenständlichen Zeiträumen der Umsatzsteuervoranmeldung treffen lassen, hat hier gegebenenfalls eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu erfolgen.
21
2. Anstelle einer täterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung in Bezug auf die Autohaus H. GmbH, die fern liegt, wenn die Angeklagten nicht einmal genaue Kenntnis über die Ausstellung und Übergabe der Rechnungen hatten, kommt für beide Angeklagten auch eine Beihilfe zur Umsatzsteuerhinterziehung in Betracht, die durch die Zeugen D. und M. durch die Verwendung der mit dem Briefkopf der Autohaus H. GmbH erstellten Rechnungen als Eingangsrechnungen der A. GmbH und der Automobile Ma. GmbH im Rahmen der Einbindung in das Umsatzsteuerkarussell begangen wurde.
Raum Fischer Bär
Hohoff Pernice
5 StR 448/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. April 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Steuerhehlerei u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2001

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Februar 2000 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer ergeben; ihre Revisionen sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes: 1. Die Berechnungsdarstellung der hinterzogenen Steuern im angefochtenen Urteil erfüllt nicht die für eine revisionsgerichtliche Überprüfung notwendigen Voraussetzungen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen die Urteilsgründe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung regelmäßig nicht nur die Summe der jeweils verkürzten Steuern, sondern für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im einzelnen angeben (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 – Berechnungsdarstellung 2, 3, 4, 6). Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt und die daraus folgende Berechnung der verkürzten Steuern, durch die der Schuldumfang der Straftat bestimmt wird, ist dabei Rechtsanwendung, die der Strafrichter selbst vorzunehmen hat (vgl. BGH wistra 2001, 22; BGHR AO § 370 Abs. 1 – Berechnungsdarstellung 9). Auch die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung in das Urteil sind ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen, die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH aaO). Das Landgericht ist allerdings nicht gehindert, bereits im Ermittlungsverfahren erstellte Darstellungen rein mathematischer Berechnungen, die mit den eigenen Feststellungen übereinstimmen, ins Urteil zu übernehmen. Dies gilt indes grundsätzlich nicht für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, die im Wege freier richterlicher Überzeugungsbildung vom Tatrichter eigenverantwortlich zu ermitteln sind. Die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) überzeugt ist. Die Schätzungsgrundlagen müssen dabei in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar mitgeteilt werden (std. Rspr. vgl. BGH wistra 1984, 182; 1986, 65; 1992, 147, 148; Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 370 Rdn. 158). Eine Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise insgesamt entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter, der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern in der Lage ist, ein Geständnis abgelegt hat (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 – Berechnungsdarstellung 2, 3, 5, 8, 9; BGH wistra 2001, 22).

b) Den dargelegten Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Angefügt an den Einleitungssatz: “Die Bestimmung der ausgefallenen Abgaben stützt sich auf folgende Berechnungen” hat das Landgericht die Berechnungsdarstellungen der von den nicht geständigen Angeklagten hinterzogenen Eingangsabgaben aus der Anklageschrift und Berichten der Zollfahndung in Ablichtung in das Urteil eingefügt. Für das Revisionsgericht ist hierbei nicht nachprüfbar, ob der Tatrichter von zutreffenden Besteuerungsgrundlagen ausgegangen ist und den jeweiligen Schuldumfang eigenverantwortlich ermittelt hat. Insbesondere ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls wie das Landgericht die der Abgabenberechnung zugrunde liegenden konkreten Zigarettenmengen selbst ermittelt hat und ob bzw. auf welcher Grundlage es die Schätzung des für die Höhe der Eingangsabgaben maßgeblichen Zollwertes der Zigaretten vorgenommen hat. Die Art der Darstellung im Urteil legt die unzureichende pauschale Übernahme der Feststellungen der Ermittlungsbehörden ohne eigene richterliche Würdigung nahe.
2. Das Urteil beruht jedoch nicht auf der fehlerhaften Berechnungsdarstellung. Die vom Landgericht – insbesondere auf der Grundlage des umfassenden Geständnisses des Mitangeklagten L – getroffenen Feststellungen tragen die Schuldsprüche dem Grunde nach: Dem angefochtenen Urteil ist mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen, daß die Angeklagten unversteuerte und unverzollte Zigaretten in erheblichem Umfang aus Containern in Kleintransporter umgeladen haben. Auch die Feststellungen zur subjektiven Seite halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Einlassungen der Angeklagten, sie hätten von den geschmuggelten Zigaretten nichts gewußt und seien davon ausgegangen, nur Wasserkocher umzuladen, sind vom Tatrichter rechtsfehlerfrei widerlegt worden. Trotz des vom Gericht nicht eigenständig ermittelten Schuldumfangs kann auch der Strafausspruch letztlich bestehen bleiben. Der Senat schließt angesichts der überaus milden Strafen aus, daß das Landgericht bei fehlerfreier Ermittlung der hinterzogenen Steuern und denkbar niedrigster Feststellungen zum Schuldumfang zu noch geringeren Strafen hätte gelangen können.
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20
d) Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; BGH NStZ 2001, 200, 201). Dieses ist zwar nicht gehalten, den eigentlichen Berechnungsvorgang als Teil der Subsumtion im Urteil darzustellen, sofern dieser vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden kann. Freilich empfiehlt sich eine solche Berechnungsdarstellung bereits deshalb, weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils erleichtert. Zudem bietet die Berechnungsdarstellung die Möglichkeit zu kontrollieren , ob die steuerlich erheblichen Tatsachen im angefochtenen Urteil festgestellt sind.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

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Die Bejahung bzw. Verneinung des Regelbeispiels in einem ersten Prüfungsschritt bei der Strafrahmenwahl bedeutet freilich, dass - wie bei sonstigen Regelbeispielen - in einem zweiten Schritt zu prüfen ist, ob die Besonderheiten des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften, bzw. ob - umgekehrt - ein unbenannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt , obwohl der Hinterziehungsbetrag unter 50.000 € liegt.