Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2019 - 1 StR 52/19

bei uns veröffentlicht am26.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 52/19
vom
26. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:260319B1STR52.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 26. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs.1 analog, § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 5. September 2018, soweit es ihn betrifft,
a) im Fall 8. der Urteilsgründe mit den Feststellungen aufgehoben ; die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bleiben jedoch aufrechterhalten;
b) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte im Übrigen wegen 14 Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, hiervon in elf Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schuldig ist;
c) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 16. und 17. der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben ; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten ;
d) im Ausspruch über die Einziehung des Mobiltelefons des Angeklagten aufgehoben; die Einziehung des Mobiltelefons entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, hiervon in zwölf Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Ferner hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 125.800 € sowie des Mobiltelefons des Angeklagten angeordnet.
2
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts gab der Angeklagte, der bereits zuvor mehrere Fahrten zur Beschaffung größerer Mengen an Marihuana und Haschisch von J. /Spanien nach P. (Baden Württemberg) von Kurieren hatte durchführen lassen, zwischen Ende Dezember 2017 und Anfang Januar 2018 bei seinen spanischen Lieferanten eine Lieferung von rund 35 Kilogramm Marihuana in Auftrag (Fall 8. der Urteilsgründe ), nachdem zwei verdeckte Ermittler über den nicht revidierenden Mitangeklagten C. Interesse an der Abnahme von 15 Kilogramm Marihuana bekundet hatten. Hierauf verbrachten zwei Personen – absprachegemäß mit einem LKW – mindestens 33,657 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 12 Prozent sowie 288,54 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 24 Prozent, insgesamt also mindestens 4.200 Gramm THC, von J. /Spanien zu einer Lagerhalle in P. , in der das Betäubungsmittel bis zu dem vom Angeklagten vorgesehenen gewinnbringenden Weiterverkauf in einem abgestellten PKW gelagert werden sollte. Der Mitangeklagte C. nahm das Betäubungsmittel in P. auf Geheiß des Angeklagten in Empfang und informierte diesen über die Ankunft der von ihm als ordnungsgemäß befundenen Lieferung. Bei dem vom Mitangeklagten C. mit den verdeckten Ermittlern vereinbarten Übergabetermin am 19. Januar 2018 kam es zum polizeilichen Zugriff und zur Sicherstellung der dem Bunker zum Zwecke der Übergabe entnommenen Menge von 14,098 Kilogramm Marihuana. Zu einem gewinnbringenden Verkauf der übrigen im Versteck befindlichen 19,559 Kilogramm Marihuana und 288,54 Gramm Haschisch kam es nicht mehr, weil auch diese Betäubungsmittel bei einer Durchsuchung der Lagerhalle sichergestellt wurden.
4
2. Spätestens Mitte November 2017 hatte der Angeklagte zudem beschlossen , sein Geschäftsfeld auf den Handel mit aus den Niederlanden stammendem Kokain auszuweiten. Nachdem er zunächst wöchentliche Fahrten zur Beschaffung von jeweils mindestens 100 Gramm Kokain, hiervon jeweils 70 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 Prozent und 30 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 40 Prozent, vom nicht revidierenden Mitangeklagten A. nach P. hatte durchführen lassen, erwarb der Angeklagte in der ersten Hälfte des Januar 2018 von seinem nieder- ländischen Lieferanten „S. “ ohne Mitwirkung des Mitangeklagten A. 100 Gramm Kokain in der bis dahin üblichen Zusammensetzung, um dieses gewinnbringend zu verkaufen (Fall 16. der Urteilsgründe). Da die Bezahlung dieser vom Angeklagten an seine Abnehmer veräußerten Betäubungsmittel schleppend verlief, vereinnahmte der Angeklagte bis zum 15. Januar 2018 nur 2.500 €. Am 15. Januar 2018 fuhr „S. “ zu dem Angeklagten und kas- sierte diesen Betrag ein. Zugleich kaufte und übernahm der Angeklagte für 1.950 € einen großen Kokainstein mit einem Gewicht von 50 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 Prozent Kokainbase von „S. “ (Fall 17. der Urteilsgründe). Der Kokainstein, von dem der Angeklagte zuvor ca. fünf Gramm für seinen Eigenkonsum und etwas mehr als zwei Gramm als Verkaufsprobe abgerieben hatte, wurde im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung sichergestellt.

II.

5
Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils führt zur Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten im Fall 8. der Urteilsgründe und zur Abänderung des Schuldspruchs in den Fällen 16. und 17. der Urteilsgründe sowie zur Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Von der Einziehung des im Tenor des landgerichtlichen Urteils nicht konkret bezeichneten Mobiltelefons des Angeklagten wird auf Antrag des Generalbundesanwalts abgesehen.
6
1. Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand, soweit der Angeklagte im Fall 8. der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurde.
7
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 7. Februar 2019 Folgendes ausgeführt: „Die Feststellungen tragen im Fall 8 der Urteilsgründe die (mit-)täterschaftliche Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge neben der rechtsfehlerfrei erfolgten tateinheitlichen Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht. Der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze in das Bundesgebiet. Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB kann daher auch ein Beteiligter sein, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen aber die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (Senat, Beschluss vom 20. September 2018 – 1 StR 316/18; BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst (vgl. Senat, Beschlüsse vom 20. September 2018 – 1 StR 316/18 und vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 14). Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 8 der Urteilsgründe – anders als in den übrigen Fällen – keinen Bestand haben. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte zwar in allen Fällen ein erhebliches Eigeninteresse an den Rauschgifttransporten, da er das finanzielle Risiko getragen (UA S. 21) und den späteren Gewinn maßgeblich vereinnahmt hat (UA S. 14, 47 f., 55). Er hatte aber nur in den Fällen 1 bis 3, 5, 7 und 9 bis 14 einen ausreichenden Einfluss auf den jeweiligen Einfuhrvorgang. In diesen Fällen – anders als im Fall 8 – hat der Angeklagte eigenhändig die Kuriere angeworben und bezahlt (UA S. 40, 45 ff., 52), ‘die Abläufe bis ins Detail geplant‘ (UA S. 14) und darüber hinaus den Transport durch die Mitangeklagten C. in den Fällen des Marihuanaschmuggels (UA S. 4) und A. in den Fällen der Kokaineinfuhr (UA S. 28) überwachen lassen. Der Angeklagte hatte somit während der Schmuggelfahrten jeweils seine ‘rechte Hand‘ vor Ort, auf die er sich aufgrund der lukrativen Bezahlung verlassen konnte (UA S. 14,

28).

Im Fall 8 der Urteilsgründe organisierte dagegen der Angeklagte lediglich den Empfang des Rauschgiftes in Deutschland (UA S. 25 ff.) und hatte deshalb über die Bestellung des Rauschgifts hinaus keinerlei Einfluss auf die Planung und Ausführung des Transports.“
8
Dem tritt der Senat bei. Allerdings kam eine bloße Änderung des Schuldspruchs in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht in Betracht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Angeklagte auf den erforderlichen Hinweis im Hinblick auf eine Strafbarkeit wegen Beihilfe nach § 265 StPO wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
9
2. Das Urteil hält revisionsgerichtlicher Überprüfung auch insoweit nicht stand, als das Landgericht den Angeklagten in den Fällen 16. und 17. der Urteilsgründe jeweils wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat.
10
a) Bei Betäubungsmittelgeschäften verbindet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinne. Zudem verbindet im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung die Bezahlung einer zuvor „auf Kommission“ erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2018 – 3 StR 236/15, juris Rn. 8 ff. und vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 ff.).
11
b) Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle 16. und 17. der Urteilsgründe begegnet danach durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen stellen sich die vom Landgericht als selbständige Taten ausgeurteilten Fälle 16. und 17. der Urteilsgründe als Bewertungseinheit dar und sind damit als einheitliche Tat zu bewerten. Denn hiernach kassierte der am 15. Januar 2018 aus den Niederlanden angereiste Liefe- rant „S. “, zu dem der Angeklagte seit spätestens Mitte November 2017 eine Lieferbeziehung unterhielt, nicht nur den durch den Verkauf der zuvor vom Angeklagten übernommenen Betäubungsmittelmenge erlösten Bargeldbetrag ein, sondern der Angeklagte kaufte und übernahm „zugleich“ auch einen Kokainstein zu einem Preis von 1.950 €, den er abzüglich eines Eigenkonsumanteils von fünf Gramm gewinnbringend an seine Abnehmer veräußern wollte. Zu Gunsten des Angeklagten hat das Landgericht dabei angenommen, dass der Bargeldbetrag aus einem Verkauf auf Kommissionsbasis stammte (UA S. 73). Auch wenn nach den Feststellungen offen bleibt, ob die Reise von „S. “ von vornherein nicht nur der Abholung des vom Angeklagten im Rahmen der Veräußerung der im Fall 16. erlangten Betäubungsmittel vereinnahmten Betrags diente, sondern gleichzeitig auch der Veräußerung des von ihm mitgeführten Kokainsteins an den Angeklagten, und auch die genauen Abläufe des Tatgeschehens nicht im Einzelnen festgestellt sind, ist schon deshalb von einem einheitlichen Handlungsgeschehen in den Fällen 16. und 17. der Urteilsgründe auszugehen, weil nach den Feststellungen die Übergabe des Erlöses aus dem vorangegangenen Kommissionsgeschäft „zugleich“ mit dem Kauf und der Abnahme des Kokainsteins von 50 Gramm erfolgte und dieses weitere Umsatzgeschäft mit dem Erlös aus dem Kommissionsgeschäft finanziert wurde (UA S. 74).
12
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 analog StPO). § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
3. Der die Aufhebung des Schuldspruchs wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 8. der Urteilsgründe bedingende Rechtsfehler führt angesichts der tateinheitlichen Verwirklichung des – für sich genommen rechtsfehlerfreiausgeurteilten – unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Aufhebung des Schuldspruchs in Fall 8. der Urteilsgründe insgesamt, soweit dieser den Angeklagten betrifft.
14
4. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 8. und die Abänderung des Schuldspruchs in den Fällen 16. und 17. der Urteilsgründe entzieht den jeweiligen Einzelstrafen und dem Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.
15
Die Feststellungen im Fall 8. der Urteilsgründe werden mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen und – darauf gestützt – die Prüfung zu ermöglichen , ob sich der Angeklagte gegebenenfalls wegen Anstiftung oder psychischer Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht hat. Die Feststellungen in den Fällen 16. und 17. der Urteilsgründe können dagegen insgesamt bestehen bleiben, weil diese von dem zur Abänderung führenden Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).
16
5. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat von der Einziehung des im Tenor des landgerichtlichen Urteils nicht näher bezeichneten Mobiltelefons des Angeklagten abgesehen (§ 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO).
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(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 316/18
vom
20. September 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Revision des Angeklagten I.
ECLI:DE:BGH:2018:200918B1STR316.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 20. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten I. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Februar 2018 – unter Erstreckung gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidentin D. – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen B.5, B.6 und B.7 der Urteilsgründe;
b) im gesamten Strafausspruch;
c) in den Anordnungen über die Einziehung, soweit der Angeklagte und die Nichtrevidentin D. als Gesamtschuldner verurteilt wurden; die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.000 Euro gegen die Nichtrevidentin D. bleibt aufrecht erhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten I. wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten I. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. In sechs Fällen handelte der Angeklagte gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) mit der nicht revidierenden Mitangeklagten D. . Diese hat das Landgericht zugleich wegen weiterer Betäubungsmitteldelikte verurteilt, an denen der Angeklagte nicht beteiligt war (Fälle B.1 und B.2 der Urteilsgründe). Ferner hat es die gesamtschuldnerische Einziehung von sichergestellten 44.295 Euro und von Wertersatz in Höhe von 63.205 Euro, bei der Nichtrevidentin D. zudem – veranlasst durch die weiteren Taten – die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seinem Rechtsmittel rügt der Angeklagte I. die Verletzung materiellen Rechts. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte neben Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wegen tateinheitlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verurteilt worden ist.
3
a) Nach den Feststellungen erwarben der Angeklagte und die Nichtrevidentin in sechs Fällen (Taten B.3 bis B.8 der Urteilsgründe) gemeinsam zwischen einem und zehn Kilogramm Marihuana, das sie sodann von Spanien aus in die Bundesrepublik einführten oder einführen ließen, um es gewinnbringend zu veräußern. Im Fall B.5 der Urteilsgründe „ließen“ sie die in Spanien gekauf- ten Betäubungsmittel durch einen Kurier „in einem LKW nach Deutschland in ihre Wohnung … verbringen“, im Fall B.7 der Urteilsgründe „von einem unbekannten Rauschgifthändler … über einen Reisebus von Spanien nach Deutsch- land einführen“. Im Fall B.6 erfolgte die Einfuhr des von dem Angeklagten und der Nichtrevidentin in Spanien übernommenen Marihuanas „auf nicht näher bekannte Weise“.
4
b) In den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe ermöglichen die lückenhaften Feststellungen nicht die Prüfung, ob der Angeklagte den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (mit-)täterschaftlich verwirklicht hat. Der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen aber die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg , der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 14). Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16, StV 2017, 285). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar ver- anlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).
5
c) Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Die Feststellungen lassen in diesen Fällen nicht erkennen, welchen Einfluss er jeweils auf den Einfuhrvorgang hatte. In den Fällen B.5 und B.7 der Urteilsgründe ist – auch unter Berücksichtigung der dem Tatgeschehen vorangestellten allge- meinen Feststellungen (UA S. 6) – bereits unklar, ob sich der Angeklagte und die Nichtrevidentin persönlich in Spanien befanden. Welche Tatbeiträge sie zwecks Beauftragung der Kuriere erbrachten, ob ihnen ein Einfluss auf die Zeit, den Weg und die Art des Transports zukam sowie ob und wann sie hierfür finanzielle Aufwendungen tätigten, bleibt ebenso offen. Im Fall B.6 der Urteilsgründe ist den Feststellungen nicht sicher zu entnehmen, dass sie das Marihuana eigenhändig in die Bundesrepublik verbrachten. Vielmehr lässt der Zu- satz „in nicht näher bekannter Weise“ besorgen, dass dies doch durch andere Personen geschehen sein könnte, so dass eine mittäterschaftliche Einfuhr durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin auch in diesem Fall durchgreifend in Frage steht.
6
Ob in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe eine Strafbarkeit wegen Anstiftung (oder Beihilfe) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommt, kann der Senat anhand der vorliegenden Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Hierzu hätte es näherer Feststellungen insbesondere zur Einschaltung der Kuriere (Fälle B.5 und B.7 der Urteilsgründe) sowie zu den näheren Modalitäten des Einfuhrvorgangs (Fall B.6 der Urteilsgründe) bedurft. Bei den weiteren Taten belegen die äußerst knapp gehaltenen Feststellungen hingegen (noch) eine mittäterschaftliche Einfuhr des Marihuanas durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin.
7
d) Soweit der Schuldspruch wegen der Einfuhrdelikte keinen Bestand hat, müssen auch die – für sich betrachtet rechtsfehlerfreien – tateinheitlichen Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfallen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 18 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339, 340). Der Senat hebt die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. Die Teilaufhebung des Schuldspruchs ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierende Mitangeklagte zu erstrecken, da die aufgezeigten Rechtsfehler diese in gleicher Weise betreffen.
8
2. Der Wegfall der im Fall B.5 der Urteilsgründe jeweils verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten entzieht den gesamten Strafaussprüchen die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 1 StR 6/13, BGHR AO § 109 Abs. 1 Fristverlängerung 1). Das neue Tatgericht kann die Strafen insgesamt neu bestimmen.
9
Ebenso wenig können die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts nach §§ 73, 73c StGB Bestand haben, soweit sie eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten und der Nichtrevidentin vorsehen. Unbeschadet des Verzichts beider auf das sichergestellte Bargeld (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, NJW 2018, 2278 f.) entfällt mit der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs die Grundlage für diese Einziehungen. Den Feststellungen war nicht zu entnehmen, durch welche der gemeinschaftlich begangenen Taten der Angeklagte und die Nichtrevidentin die Mitverfügungsgewalt über die noch vorhandenen oder über die dem Wert nach eingezogenen Taterträge erlangt haben.
Raum Jäger Bellay
Bär Pernice

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 6 3 0 / 1 4
vom
31. März 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 31. März 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Juni 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von jeweils vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, eine Kompensationsentscheidung getroffen und die sichergestellten Betäubungsmittel, ca. 1,85 kg Kokain, eingezogen. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützt sind; der Angeklagte X. beanstandet zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, auf die Verfahrensbeanstandungen kommt es deshalb nicht an.
3
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten mit einem - nicht namentlich feststellbaren - Dritten vor dem 8. März 2012 überein, unter finanzieller Beteiligung aller anderthalb bis zwei Kilogramm Kokain in den Niederlanden zu erwerben, diese Betäubungsmittel in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und in Hannover zu strecken, zu portionieren und gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Angeklagte M. begab sich zu diesem Zweck mit dem unbekannten Dritten am 8. März 2012 nach Utrecht und später nach Amsterdam. Dabei machten sie sich in zwei Autos, mit einem von dem Angeklagten X. angemieteten VW Polo sowie mit einem in seinem Eigentum stehenden BMW 730d, auf den Weg. Den BMW übergaben sie auf Weisung des Angeklagten X. , der das Fahrzeug auf nicht näher feststellbare Weise zur Finanzierung des Rauschgiftgeschäfts einsetzte, in den Niederlanden an einen unbekannten Empfänger. Sodann erwarben der Angeklagte M. und sein unbekannter Begleiter von einer oder mehreren unbekannt gebliebenen Personen das in drei Beuteln abgepackte Kokaingemisch, das jeweils unterschiedliche Wirkstoffkonzentrationen zwischen gut 30 % und über 96 % aufwies. Am Abend des 9. März 2012 machten sich der Angeklagte M. und sein unbekannter Begleiter in dem VW Polo auf den Rückweg nach Hannover, wo sie am frühen Morgen des 10. März 2012 eintrafen. Am selben Tag gegen 14.15 Uhr wurde das erworbene Betäubungsmittel von einem Kurierfahrer, zu dessen Identität keine Feststellungen getroffen werden konnten , angeliefert und dem Angeklagten M. übergeben.
5
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagten das verfahrensgegenständliche Kokain als Täter in die Bundesrepublik Deutschland einführten. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr die Betäubungsmittel eigenhändig ins Inland verbringt, vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht bloß als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319 mwN). Auch der im Inland aufhältige Erwerber von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann deshalb wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet; wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu, die in eine wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 - 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33 mwN). Hat der Besteller hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet er nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, ist er wegen der Bestellung zwar wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 190 mwN).
6
Die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Angeklagten Einfluss auf den Transportweg oder in anderer Weise auf die Einfuhr des Kokains hatten; es ist auch nicht festgestellt, dass der Angeklagte M. beim Erwerb der Betäubungsmittel mit den Verkäufern die von diesen durchzuführende Einfuhr vereinbarte (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 29. Januar 1986 - 2 StR 613/85, StV 1986, 384). Hinsichtlich des Angeklagten X. , der bei dem Erwerb der Betäubungsmittel in den Niederlanden nicht einmal zugegen war, sind ebenfalls keine Umstände festgestellt, die auf seine Täterschaft bei der Einfuhr des Kokains hindeuten könnten.
7
Der Senat kann nicht ausschließen, dass in einem neuen Rechtsgang Umstände festgestellt werden können, die die Annahme täterschaftlicher Einfuhr durch die Angeklagten - oder jedenfalls einen von ihnen - rechtfertigen könnten. Eine Umstellung des Schuldspruchs verbietet sich zudem auch deshalb , weil in Fällen wie dem vorliegenden eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zur Einfuhr der Betäubungsmittel in Betracht kommt; die Voraussetzungen der Anstiftung sind dabei selbständig zu prüfen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1987 - 1 StR 647/86, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 3). Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung.
8
2. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung des - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, hat der Senat von der Möglichkeit abgesehen , die bislang getroffenen Feststellungen auch nur teilweise bestehen zu lassen.
9
3. Die Gestaltung der Urteilsgründe gibt dem Senat - erneut - Anlass zu folgenden Bemerkungen:
10
Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist regelmäßig untunlich, den Inhalt der überwachten Telekommunikation wörtlich oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (hier UA S. 6 bis 23, 26 bis 27 und 55 bis 57), die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen aus der Hauptverhandlung der Reihe nach und in ihren Einzelheiten mitzuteilen oder verlesene Urkunden, auf deren Wortlaut es nicht ankommt, wörtlich wiederzugeben. Ein solches Vorgehen kann die Besorgnis begründen, der Tatrichter sei davon ausgegangen, eine breite Darstellung der erhobenen Beweise könne die gebotene eigenverantwortliche Würdigung ersetzen und unter Umständen den Bestand des Urteils gefährden (st. Rspr.; s. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 3 StR 121/13, juris mwN).
Schäfer RiBGH Pfister befindet sich Hubert im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR144/15
vom
2. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 31. Oktober 2014 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.3.a.
der Urteilsgründe), unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.3.b. der Urteilsgründe) und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.3.c. der Urteilsgründe ) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Verfallsanordnung getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte im Fall II.3.b. nicht wegen (mittäterschaftlich begangener) unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sondern wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht.
3
a) Der Angeklagte war spätestens seit Anfang des Jahres 2013 Mitglied einer „organisierten, kriminellen Struktur“, die einen umfangreichen Handel mit erheblichen Mengen hochwertigen Marihuanas betrieb. Die Gruppierung verbrachte mittels angeworbener Kurierfahrer auf Veranlassung des hauptsächlich für die Lieferungen verantwortlichen D. Mengen von ca. 10 bis 15 Kilogramm Marihuana über die niederländische Grenze nach Deutschland. Vornehmlicher Bestimmungsort war B. . Der in H. wohnende Angeklagte leistete Unterstützungstätigkeiten, indem er unter anderem Kuriere anwarb. Im September 2013 vermochte er auch den gesondert verfolgten T. als Kurierfahrer für die Gruppe zu gewinnen. Anfang Oktober plante der Angeklagte (auf eigene Rechnung) ein Kilogramm Marihuana gewinnbringend an K. aus N. zu verkaufen. Er nahm deshalb Kontakt zu D. in den Niederlanden auf. Beide kamen überein, dass D. der nächsten für B. bestimmten und in dem üblichen Umfang stattfindenden Lieferung ein Kilogramm Marihuana für den Angeklagten beifügen werde. Als Kaufpreis wurden 4.000 Euro vereinbart. Am 1. November 2013 fand die nächste größere Lieferung von Marihuana nach B. statt. Als Kurierfahrer neben D. fungierte T. . D. belud das für den Transport vorgesehene Fahrzeug in E. mit mindestens 10 Kilogramm Marihuana, die in zwei Reisetaschen verpackt waren, und legte das für den Angeklagten bestimmte eine Kilogramm Marihuana – verpackt in einer Plastikeinkaufstüte – hinter dem Beifahrersitz ab. Anschließend verbrachte er gemeinsam mit T. und anderen unbekannten Mittätern das Marihuana über die niederländisch-deutsche Grenze auf das Bundesgebiet. Danach fuhr T. auf Anweisung von D. zunächst nach H. und übergab dort dem Angeklagten das für ihn bestimmte Marihuana. Sodann begab er sich mit der im Kofferraum befindlichen größeren Menge nach B. . Der Angeklagte verkaufte das Kilogramm Marihuana noch am Abend des 1. November 2013 in N. für 4.250,- Euro an K. weiter. Beide Rauschgiftmengen hatten einen Tetrahydrocannabinol-Anteil von mindestens 5 %.
4
b) Die Feststellungen belegen nicht, dass sich der Angeklagte (tateinheitlich ) einer mittäterschaftlich begangenen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht hat.
5
aa) Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr die Betäubungsmittel eigenhändig ins Inland verbringt, vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein. Voraussetzung ist aber, dass er dabei einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht bloß als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt. Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung , die Tatherrschaft und der Wille dazu, die in eine wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Entscheidender Bezugspunkt bei allen diesen Merkmalen ist der Einfuhrvorgang selbst (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 16/15, NStZ 2015, 346; Beschluss vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260; Beschluss vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, Rn. 3; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33 mwN).
6
bb) Die Feststellungen lassen nicht erkennen, dass der Angeklagte Einfluss auf den Transportweg oder auf andere Modalitäten der Einfuhr des Marihuanas hatte. Dass er mit D. beim Erwerb des für ihn bestimmten Marihuanas dessen Einfuhr vereinbart hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, Rn. 3; anders für den Fall eines Gesamtkonzepts, BGH, Urteil vom 25. August 1987 – 1 StR 268/87, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr
6) und zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel bereit war, reicht für die Annahme von Mittäterschaft nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260). Dem Umstand, dass der Angeklagte mit der für ihn bestimmten Betäubungsmittelmenge Handel treiben wollte und deshalb ein Interesse am Gelingen des Einfuhrvorgangs hatte, kommt unter den gegebenen Umständen keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, Rn. 3). Die frühere Anwerbung des am Einfuhrvorgang beteiligten T. als Kurierfahrer für die Gruppe um D. erfolgte ersichtlich ohne Bezug zu der hier in Rede stehenden Einfuhrfahrt.
7
c) Der Angeklagte ist aber der Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 26 StGB).
8
aa) Eine tätergleich zu bestrafende Anstiftung (§ 26 StGB) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln begeht, wer einen anderen durch Einwirkung auf dessen Entschlussbildung dazu veranlasst, Betäubungsmittel in nicht geringer Menge auf das Bundesgebiet zu verbringen (BGH, Beschluss vom 10. April 2013 – 4 StR 90/13, NStZ-RR 2013, 281; Beschluss vom 6. Dezember 2011 – 4 StR 554/11). Die Willensbeeinflussung muss dabei nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des anderen sein; bloße Mitursächlichkeit reicht aus (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374; Urteil vom 8. Januar 1985 – 1 StR 686/84, NJW 1985, 924).
9
bb) Der Angeklagte hat D. vorsätzlich dazu veranlasst, ein (weiteres) Kilogramm Marihuana mit einem Tetrahydrocannabinol-Anteil von 5 % und damit – schon für sich genommen – Betäubungsmittel in nicht geringer Menge über die niederländisch-deutsche Grenze zu verbringen. Dass dieser Transport absprachegemäß anlässlich einer bereits ins Auge gefassten Einfuhrfahrt mit anderen Betäubungsmitteln stattfinden sollte und stattgefunden hat, stellt die Annahme einer Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht in Frage. Im Hinblick auf die zu dem Angeklagten transportierte Rauschgiftmenge war D. vorab noch nicht zur Tatbegehung entschlossen (sog. omnimodo facturus, vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Mai 2013 – 5 StR 309/12, Rn. 21 mwN). Auch wurde der ge- samte Tatablauf durch die Einflussnahme des Angeklagten erheblich verändert (gesondert verwahrte zweite Rauschgiftmenge im Transportfahrzeug, Fahrt nach H. ) und der Unrechtsgehalt der Tat deutlich erhöht (zusätzlicheÜberschreitung der Grenzmenge um mehr als das Sechsfache), sodass nicht lediglich eine (psychische) Beihilfe zu der bereits geplanten Einfuhrfahrt vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 1995 – 1 StR 377/95, NStZ-RR 1996, 1; Urteil vom 3. Juni 1964 – 2 StR 14/64, BGHSt 19, 339, 341; SSW-StGB/Murmann, 2. Aufl., § 26 Rn. 6; Schünemann in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 26 Rn. 34 ff. mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes; unter Beschränkung auf das Mehr an Unrecht, sofern dies – wie hier in Bezug auf § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG der Fall – selbstständig einen Tatbestand erfüllt, Joerden in Festschrift Puppe, 2011, S. 563, 578 Fn. 39; Hardtung in Festschrift Herzberg, 2008, S. 411, 423 ff.; a.A. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 26 Rn. 5; Roxin in: Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl., § 26 Rn. 6 mwN).
10
2. Der Senat schließt angesichts der sorgfältigen und ersichtlich umfassenden Beweisaufnahme aus, dass nach einer Aufhebung und Zurückverweisung weitere, einen Schuldspruch wegen täterschaftlicher Einfuhr tragende Feststellungen getroffen werden können. Er stellt daher selbst den Schuldspruch um. Eines Hinweises hierauf bedurfte es nicht, da sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der Anstiftung zur Einfuhr nicht anders als geschehen hätte verteidigen können; er war hinsichtlich des äußeren Tatgeschehens ohnehin überwiegend geständig.
11
Der Senat kann ebenfalls ausschließen, dass der Tatrichter im Falle einer Verurteilung wegen Anstiftung statt wegen Täterschaft bei der Einfuhr eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte als geschehen. Der Strafrahmen bleibt unverändert. Auch hat das Landgericht dem Angeklagten lediglich das für ihn bestimmte Kilogramm Marihuana zugerechnet.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 316/18
vom
20. September 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Revision des Angeklagten I.
ECLI:DE:BGH:2018:200918B1STR316.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 20. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten I. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Februar 2018 – unter Erstreckung gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidentin D. – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen B.5, B.6 und B.7 der Urteilsgründe;
b) im gesamten Strafausspruch;
c) in den Anordnungen über die Einziehung, soweit der Angeklagte und die Nichtrevidentin D. als Gesamtschuldner verurteilt wurden; die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.000 Euro gegen die Nichtrevidentin D. bleibt aufrecht erhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten I. wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten I. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. In sechs Fällen handelte der Angeklagte gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) mit der nicht revidierenden Mitangeklagten D. . Diese hat das Landgericht zugleich wegen weiterer Betäubungsmitteldelikte verurteilt, an denen der Angeklagte nicht beteiligt war (Fälle B.1 und B.2 der Urteilsgründe). Ferner hat es die gesamtschuldnerische Einziehung von sichergestellten 44.295 Euro und von Wertersatz in Höhe von 63.205 Euro, bei der Nichtrevidentin D. zudem – veranlasst durch die weiteren Taten – die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seinem Rechtsmittel rügt der Angeklagte I. die Verletzung materiellen Rechts. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte neben Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wegen tateinheitlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verurteilt worden ist.
3
a) Nach den Feststellungen erwarben der Angeklagte und die Nichtrevidentin in sechs Fällen (Taten B.3 bis B.8 der Urteilsgründe) gemeinsam zwischen einem und zehn Kilogramm Marihuana, das sie sodann von Spanien aus in die Bundesrepublik einführten oder einführen ließen, um es gewinnbringend zu veräußern. Im Fall B.5 der Urteilsgründe „ließen“ sie die in Spanien gekauf- ten Betäubungsmittel durch einen Kurier „in einem LKW nach Deutschland in ihre Wohnung … verbringen“, im Fall B.7 der Urteilsgründe „von einem unbekannten Rauschgifthändler … über einen Reisebus von Spanien nach Deutsch- land einführen“. Im Fall B.6 erfolgte die Einfuhr des von dem Angeklagten und der Nichtrevidentin in Spanien übernommenen Marihuanas „auf nicht näher bekannte Weise“.
4
b) In den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe ermöglichen die lückenhaften Feststellungen nicht die Prüfung, ob der Angeklagte den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (mit-)täterschaftlich verwirklicht hat. Der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen aber die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg , der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 14). Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16, StV 2017, 285). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar ver- anlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).
5
c) Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Die Feststellungen lassen in diesen Fällen nicht erkennen, welchen Einfluss er jeweils auf den Einfuhrvorgang hatte. In den Fällen B.5 und B.7 der Urteilsgründe ist – auch unter Berücksichtigung der dem Tatgeschehen vorangestellten allge- meinen Feststellungen (UA S. 6) – bereits unklar, ob sich der Angeklagte und die Nichtrevidentin persönlich in Spanien befanden. Welche Tatbeiträge sie zwecks Beauftragung der Kuriere erbrachten, ob ihnen ein Einfluss auf die Zeit, den Weg und die Art des Transports zukam sowie ob und wann sie hierfür finanzielle Aufwendungen tätigten, bleibt ebenso offen. Im Fall B.6 der Urteilsgründe ist den Feststellungen nicht sicher zu entnehmen, dass sie das Marihuana eigenhändig in die Bundesrepublik verbrachten. Vielmehr lässt der Zu- satz „in nicht näher bekannter Weise“ besorgen, dass dies doch durch andere Personen geschehen sein könnte, so dass eine mittäterschaftliche Einfuhr durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin auch in diesem Fall durchgreifend in Frage steht.
6
Ob in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe eine Strafbarkeit wegen Anstiftung (oder Beihilfe) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommt, kann der Senat anhand der vorliegenden Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Hierzu hätte es näherer Feststellungen insbesondere zur Einschaltung der Kuriere (Fälle B.5 und B.7 der Urteilsgründe) sowie zu den näheren Modalitäten des Einfuhrvorgangs (Fall B.6 der Urteilsgründe) bedurft. Bei den weiteren Taten belegen die äußerst knapp gehaltenen Feststellungen hingegen (noch) eine mittäterschaftliche Einfuhr des Marihuanas durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin.
7
d) Soweit der Schuldspruch wegen der Einfuhrdelikte keinen Bestand hat, müssen auch die – für sich betrachtet rechtsfehlerfreien – tateinheitlichen Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfallen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 18 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339, 340). Der Senat hebt die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. Die Teilaufhebung des Schuldspruchs ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierende Mitangeklagte zu erstrecken, da die aufgezeigten Rechtsfehler diese in gleicher Weise betreffen.
8
2. Der Wegfall der im Fall B.5 der Urteilsgründe jeweils verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten entzieht den gesamten Strafaussprüchen die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 1 StR 6/13, BGHR AO § 109 Abs. 1 Fristverlängerung 1). Das neue Tatgericht kann die Strafen insgesamt neu bestimmen.
9
Ebenso wenig können die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts nach §§ 73, 73c StGB Bestand haben, soweit sie eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten und der Nichtrevidentin vorsehen. Unbeschadet des Verzichts beider auf das sichergestellte Bargeld (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, NJW 2018, 2278 f.) entfällt mit der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs die Grundlage für diese Einziehungen. Den Feststellungen war nicht zu entnehmen, durch welche der gemeinschaftlich begangenen Taten der Angeklagte und die Nichtrevidentin die Mitverfügungsgewalt über die noch vorhandenen oder über die dem Wert nach eingezogenen Taterträge erlangt haben.
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14
Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen jedoch die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst. Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

8
Der Senat hat - nach Anfrage bei den übrigen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) - dem Großen Senat für Strafsachen die Frage zu Entscheidung vorgelegt, ob das sowohl dem Transport des Kaufgeldes als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten oder die Bezahlung einer zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinne verbindet (vgl. im Einzelnen den Vorlagebeschluss vom 15. November 2016 - 3 StR 236/15, juris). Der Große Senat hat mit Beschluss vom 10. Juli 2017 (GSSt 4/17) wie folgt entschieden: "Das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinne. Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer zuvor 'auf Kommission' erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit."

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 4/17
vom
10. Juli 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als
auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen
des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte
zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinne.
Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer
zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der
Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte
zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.
BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17 – LG Stade
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100717BGSST4.17.0

Der Große Senat für Strafsachen hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Prof. Dr. Jäger und Dr. Schäfer, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider sowie die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach und Gericke am 10. Juli 2017 beschlossen:
Das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinne. Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge aus Anlass der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.

Gründe:


I.


1
Die Vorlage betrifft die konkurrenzrechtliche Bewertung unterschiedlicher Modalitäten der Abwicklung von aufeinanderfolgenden Betäubungsmittelumsätzen , insbesondere dann, wenn die Bezahlung einer zunächst "auf Kommission" erworbenen Betäubungsmittelmenge im Zeitpunkt der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge noch nicht (vollständig) erledigt ist.
2
1. In einem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten unter anderem wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidungen getroffen.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von derselben Person jeweils mindestens 100 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30 %, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern und sich eine nicht unerhebliche Einnahmequelle von einiger Dauer zu verschaffen. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit dem Lieferanten in seinem Auto nach Bremen, erwarb dort das Rauschgift "auf Kommission" und bezahlte es jeweils nach gewinnbringendem Weiterverkauf bei Abholung der neuen, zuvor bestellten Betäubungsmittelmenge. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste Betäubungsmittelmenge entrichtet wurde, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
4
b) Das Landgericht hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbstständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt. Nur insoweit ist die Verurteilung des Angeklagten , gegen die er sich insgesamt mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts wendet, Gegenstand des Vorlageverfahrens. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das angefochtene Urteil im Strafausspruch wegen unterlassener Berücksichtigung eines eingezogenen Kraftfahrzeugs bei der Strafzumessung aufzuheben (§ 349 Abs. 4 StPO) und die weiter gehende Revision des Angeklagten zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
2. Der 3. Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten in diesen sechs Verurteilungsfällen zu verwerfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Er ist ebenso wie das Landgericht der Ansicht, dass sechs in Tatmehrheit zueinander stehende Verbrechen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegeben seien. Sie würden weder durch das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch durch die Bezahlung der zuvor "auf Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge tateinheitlich miteinander verknüpft.
6
3. Der 3. Strafsenat sieht sich jedoch nach dem Ergebnis des gemäß § 132 Abs. 3 GVG durchgeführten Anfrageverfahrens daran gehindert, in diesem Sinne zu entscheiden.
7
a) Der 2. und der 4. Strafsenat haben mit Beschlüssen vom 31. Mai 2016 (2 ARs 403/15, NStZ-RR 2016, 313) und 1. September 2016 (4 ARs 21/15, NStZ-RR 2016, 373) mitgeteilt, dass sie an ihrer entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten. Dabei hat der 2. Strafsenat seine Rechtsprechung – in der Sache dem 4. Strafsenat folgend – dahin präzisiert, dass in dem Aufsuchen des Lieferanten, das der Bezahlung der bereits früher erworbenen und der Abholung der weiteren Rauschgiftmenge diene, ein den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllendes Handlungselement liege, welches die Teilidentität der Ausführungshandlungen begründe. Es sei deshalb in sol- chen Fällen von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB auszugehen. Der 2. und der 4. Strafsenat sind der Auffassung, der eindeutige Wortlaut der Vorschrift lasse die Annahme von Tatmehrheit nicht zu. Dem Gewicht oder dem Unrechtsgehalt der jeweiligen Tathandlung komme bei der rechtlichen Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses keine Bedeutung zu.
8
b) Der 5. Strafsenat hat mit Beschluss vom 2. März 2016 (5 ARs 60/15) entschieden, dass seine Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats nicht entgegenstehe und er an eventuell früherer, abweichender Rechtsprechung aus den Gründen des Anfragebeschlusses nicht festhalte. Der 1. Strafsenat hat von einer Stellungnahme zu dem Anfragebeschluss abgesehen.

II.


9
1. Mit Beschluss vom 15. November 2016 (3 StR 236/15) hat der 3. Strafsenat die Sache gemäß § 132 Abs. 2 GVG dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt: Verbindet das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten oder die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn?
10
2. Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen: Weder das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf "Kommission" erhaltenen Betäubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäubungsmittelmenge verbindet die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen Sinn.

III.


11
Die Voraussetzungen einer Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG sind gegeben, da der 3. Strafsenat mit seiner beabsichtigten Entscheidung von Rechtsprechung des 2. und des 4. Strafsenats abweichen würde.

IV.


12
Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich. Aus der Anwendung der Konkurrenzregel des § 52 Abs. 1 StGB auf den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ergibt sich danach Folgendes:
13
Aufeinanderfolgende, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehende Umsatzgeschäfte eines Betäubungsmittelhändlers werden im Sinne des § 52 StGB zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verbunden , wenn sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um die vorangegange- ne Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine weitere, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, wenn also das Aufsuchen des Lieferanten zugleich beiden Umsatzgeschäften dient. Kommt es hingegen ohne eine vergleichbare teilidentische Ausführungshandlung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel lediglich aus Anlass der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel, handelt es sich um einen Fall der natürlichen Handlungseinheit.
14
Im Einzelnen:
15
1. Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt materiell-rechtlich Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt:
16
a) Den Begriff "dieselbe Handlung" in § 52 Abs. 1 StGB definiert das Gesetz nicht ausdrücklich. Nach allgemeiner Auffassung wird der Handlungsbegriff in den §§ 52 Abs. 1 ff. StGB vorausgesetzt (MüKo-StGB/von HeintschelHeinegg , 3. Aufl., Vorbemerkung zu § 52 Rn. 8). Da die sachlich-rechtlichen Regelungen des § 52 StGB in erster Linie als Voraussetzung für ein funktionierendes Rechtsfolgensystem dienen, ist der Handlungsbegriff im Sinne der Konkurrenzlehre unabhängig vom jeweils erfüllten Tatbestand allgemein zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 – 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256; von Heintschel-Heinegg aaO, Rn. 12). Er knüpft an den Vollzug eines Verhaltens im natürlichen Sinne und damit letztlich an eine Körperbewegung an (SSW-StGB/Eschelbach, 3. Aufl., § 52 Rn. 31, 57). Die für die Annahme von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB erforderliche Verknüpfung der Tatbestände hat der Bundesgerichtshof dabei allein in der Überlagerung der objektiven Ausführungshandlungen gesehen (BGH, Beschluss vom 11. November 1976 – 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67; vgl. dazu auch RG, Urteil vom 28. April 1899 – Rep. 1158/99, RGSt 32, 137, 138 f.). Einen darüber hinausgehenden "inneren Zusammenhang" hat der Bundesgerichtshof dagegen nicht gefordert (BGH aaO). Abzugrenzen ist eine derartige Überschneidung jedoch von einem Zusammenfallen zweier Tatbestände, bei dem der Täter den einen Tatbestand nur gelegentlich der anderen Tat verwirklicht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 1 StR 466/03, NStZ 2004, 694; Urteil vom 5. August 2010 – 3 StR 210/10, juris Rn. 16). An diesen bereits in der früheren Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof auch in der Folgezeit festgehalten (vgl. die Darstellung bei LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 9 ff., § 52 Rn. 6 ff; jeweils mwN). Eine Einschränkung der Annahme von Tateinheit ergibt sich auch nicht aus dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs formulierten Erfordernis der Identität in einem für beide Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1976 – 4 StR 266/76, BGHSt 27, 66, 67 unter Bezugnahme auf Geerds, Zur Lehre von den Konkurrenzen im Strafrecht, 1961, S. 277). Das Kriterium der Notwendigkeit bezieht sich insoweit lediglich auf die Tatbestandsverwirklichung in ihrer konkreten Form, mithin auf den konkreten Tatplan des Täters (BGH aaO).
17
b) Eine mehrfache Gesetzesverletzung durch eine Tat ist zunächst bei einer Handlung im natürlichen Sinne gegeben, also dann, wenn sich ein Willensentschluss in einem Ausführungsakt erschöpft (sog. natürliche Handlung; vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 9, § 52 Rn. 6; jeweils mwN). Darüber hinaus kann von einer Tat im Rechtssinne auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden. Das ist der Fall, wenn zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrach- tungsweise (objektiv) auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt und die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (sog. natürliche Handlungseinheit ; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. März 1953 – 2 StR 801/52, BGHSt 4, 219, 220, vom 21. September 2000 – 4 StR 284/00, BGHSt 46, 146, 153, und vom 29. März 2012 – 3 StR 422/11, NStZ 2012, 525). Eine weitere Fallgruppe stellt die sog. tatbestandliche Handlungseinheit im engeren Sinne dar, die sich dadurch auszeichnet, dass mehrere natürliche Handlungen unter – unterschiedlichen – rechtlichen Aspekten zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden, wie dies etwa in Fällen der mehraktigen oder zusammengesetzten Delikte oder bei Dauerdelikten der Fall sein kann (LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 20 ff.). Wiederum darüber hinausgehend können auch der Sinn und Zweck der jeweils verletzten gesetzlichen Tatbestände, die im Wege der Auslegung zu ermitteln sind, zur Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit führen, die – anders als die natürliche Handlungseinheit – vorwiegend normativ bestimmt wird. Solche Handlungseinheiten werden etwa bei Delikten mit pauschalierenden Handlungsbeschreibungen wie z.B. den Organisationsdelikten der §§ 129 ff. StGB (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 311 ff.) sowie in Fällen wiederholter oder fortlaufender Tatbestandsverwirklichungen (sog. tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinne; vgl. dazu LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 23 ff., 36 mwN) angenommen.
18
Der Sache nach stellt auch die sog. Bewertungseinheit eine tatbestandliche Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne dar (vgl. LK/Rissing-van Saan aaO, Vor § 52 Rn. 39 ff. mwN [Unterfall der tatbestandlichen Handlungseinheit i.w.S:]; anders MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, § 52 Rn. 39 mwN [Rechtsfigur sui generis]). Haupt- anwendungsfall der Bewertungseinheit ist das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (LK/Rissing-van Saan aaO, Rn. 39).
19
2. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN). Eine auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit ist auch darin zu sehen, dass sich der Täter zu einer Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor bestellte, zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (BGH, Urteil vom 20. August 1991 – 1 StR 273/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 28). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
20
Dem – weit auszulegenden (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 262) – Begriff des Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Weitergabe von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (BGH, Beschluss vom 5. August 2014 – 3 StR 340/14, NStZ-RR 2015, 16; Urteile vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 162; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 2002 – 2 StR 294/02, juris; vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42, 43; vom 27. Juni 2008 – 3 StR 212/08, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 7). So hat der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass auch die bloße Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer an den Lieferanten den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juli 1995 – 1 StR 189/95, StV 1995, 641; vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465; Beschlüsse vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, StV 1992, 161; vom 17. Mai 1996 – 5 StR 119/96, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 50).
21
3. Gemessen daran gilt in Bezug auf die Vorlegungsfrage das Folgende:
22
a) ln der Fallkonstellation des Ausgangsverfahrens liegt Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB vor.
23
aa) Bei aufeinanderfolgenden, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehenden Umsatzgeschäften liegt eine jedenfalls teilweise, Tateinheit begründende Überschneidung der objektiven Ausführungshandlungen darin, dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten als verbindendes Element gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften dient. Damit sind die Voraussetzungen für das Vorliegen einer teilidentischen Ausführungshandlung und damit für die Annahme von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB erfüllt.
24
bb) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats ergeben sich – unterBerücksichtigung des Zwecks der §§ 52 ff. StGB, das verwirklichte Unrecht und die Schuld im Einzelfall sachgerecht zu erfassen – auch aus den Besonderheiten des weiten Tatbegriffs beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bei dieser Fallgestaltung keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme von Tateinheit.
25
(1) Wie ausgeführt sind die Voraussetzungen von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB unabhängig von den im jeweiligen Einzelfall verwirklichten Tatbeständen zu bestimmen. Maßgebend ist insoweit allein, ob sich zwei oder mehrere Straftatbestände in ihren Ausführungshandlungen notwendig jedenfalls teilweise überschneiden. Ein darüber hinausgehendes sachlich-rechtliches Kriterium für eine einschränkende Auslegung der Voraussetzungen von Tateinheit ist § 52 Abs. 1 StGB nicht zu entnehmen (vgl. MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg aaO, Vor §§ 52 ff. Rn. 8).
26
(2) Die Auffassung, wonach eine teilidentische Ausführungshandlung im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier an sich unabhängiger, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehender Handelsgeschäfte führt, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist und dadurch deren Unwert und die jeweilige Schuld des Täters zumindest mitprägt, was bei dem untergeordneten Teilakt der Fahrt zum Zwecke der Bezahlung eines bereits abgewickelten Betäubungsmittelgeschäfts nicht der Fall sei, findet im Gesetz keine Stütze. Sie beruht vielmehr allein auf einer einschränkenden, auf die jeweilige konkrete Fallgestaltung bezogenen Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Damit steht sie zugleich im Widerspruch zu der vom Bundesgerichtshof in ständiger Recht- sprechung vorgenommenen weiten Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, die ihren Ausdruck schon im Beschluss des Großen Senats vom 26. Oktober 2005 (GSSt 1/05, BGHSt 50, 252) gefunden hat und von der abzuweichen der Große Senat auch weiterhin keinen Anlass sieht.
27
(3) Auch als generelles Abgrenzungskriterium zwischen Tateinheit und Tatmehrheit ist die Ansicht, wonach eine teilidentische Ausführungshandlung beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier Handelsgeschäfte führen kann, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts- und Schuldgehalt aufweist , nicht tragfähig. Mag auch das eigentliche Umsatzgeschäft in Gestalt der Übergabe einer bestellten Betäubungsmittelmenge bereits abgewickelt sein, sind gleichwohl Fallgestaltungen denkbar, in denen die Fahrt des Täters zum Zwecke der Bezahlung des gelieferten Rauschgifts beim Lieferanten nicht lediglich als untergeordneter Teilakt zu bewerten ist. Denkbar ist dies etwa beim Transport hoher Geldsummen oder in Fällen, in denen der Täter die mit sich geführten Geldbeträge auf dem Transport gegen Dritte etwa mit (Waffen-)Gewalt "verteidigt" und dadurch das Handeltreiben gegebenenfalls zu einem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 StGB wird.
28
b) Kommt es im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung ohne eine für beide Umsatzgeschäfte teilidentische Ausführungshandlung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung zuvor bereits "auf Kommission" gelieferter Betäubungsmittel, verbindet dies beide Handelsgeschäfte zu einer Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.
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aa) Beide strafrechtlichen Betätigungen sind jeweils für sich genommen Bestandteile zweier unterschiedlicher Umsatzgeschäfte im Sinne des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln; die Annahme einer (einzigen) Bewertungseinheit kommt danach regelmäßig nicht in Betracht. Jedoch stehen beide Betätigungsakte – ohne tatbestandliche Überschneidung in zumindest einem Teil der Ausführungshandlung, sondern aufeinander folgend – in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang. In objektiver Hinsicht erscheinen sie daher vor dem Hintergrund der zwischen den Beteiligten bestehenden Lieferbeziehung als ein einheitliches, zusammengehöriges Tun. In einer solchen Konstellation ist nicht lediglich von einem nur gelegentlichen Zusammentreffen zweier Tatbestände auszugehen.
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bb) Auch das für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit weiterhin erforderliche subjektive Element des einheitlichen Willens, von dem die einzelnen Betätigungsakte getragen sein müssen, ist in den Fällen der Bezahlung einer früheren und der Entgegennahme der Betäubungsmittel einer weiteren Lieferung regelmäßig gegeben. Zwar erfüllen beide Betätigungen als gesonderte Handlungen das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nur für die jeweilige Lieferung. Gemeinsame Grundlage ist aber auch hier regelmäßig der über die einzelnen Umsatzgeschäfte hinausreichende Wille von Lieferant und Abnehmer, im Rahmen einer über ein Einzelgeschäft hinausreichenden Lieferbeziehung nicht nur ein Umsatzgeschäft zu tätigen und insgesamt aus mehreren Rauschgiftgeschäften größtmöglichen Gewinn zu erzielen.
Limperg Raum Sost-Scheible Franke
Jäger Schäfer Schneider König
Krehl Eschelbach Gericke

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.