Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09

bei uns veröffentlicht am27.10.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 515/09
vom
27. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2009 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Konstanz vom 14. Juli 2009 aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten
ein Vorwegvollzug von zwei Jahren der Gesamtfreiheitsstrafe
vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet
worden ist. Zur erneuten Entscheidung über den Vorwegvollzug
und über die Kosten des Rechtsmittels wird die Sache an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Der Schuldspruch des oben genannten Urteils wird, auch hinsichtlich
der mitverurteilten M. und F. ,
dahingehend ergänzt, dass nach den Worten „des unerlaubten
bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge“ die Worte „in fünf Fällen“ eingefügt werden.

Gründe:


1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mehrerer Verbrechen des unerlaubten bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind.
2
Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt der Angeklagte, dass der Vorwegvollzug vom Revisionsgericht auf ein Jahr der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt wird, hilfsweise die Aufhebung des Urteils im Ausspruch über den Vorwegvollzug und insoweit die Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Konstanz.
3
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 23. September 2009 ausgeführt: „Der Beschwerdeführer beschränkt die Revision auf die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzuges. Dies ist zulässig, da der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils, losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil, rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr., vgl. BGH Beschluss vom 18.12.2007 - 3 StR 516/07 m.w.N.). So liegt es hier. Die Kammer hat - sachverständig beraten (UA S. 13) - rechtsfehlerfrei festgestellt, dass beim Angeklagten die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vorliegen (UA S. 14, 15).
Hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzuges kann die Entscheidung, bei der sich das Landgericht offensichtlich am Zeitpunkt einer möglichen 2/3Entlassung orientiert hat (UA S. 15), nicht bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO).
Wie der Beschwerdeführer auch zutreffend rügt, soll gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327ff.; im Folgenden n.F.) das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Eine abweichende Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eher die Erreichung eines Therapieerfolgs erwarten lässt. Liegen - wie hier - keine Gründe vor, die gegen die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des Vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. Dieser Teil ist nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB n.F. so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist (vgl. Senat Beschluss vom 6. Mai 2008 - 1 StR 144/08 sowie vom 8. Januar 2008 - 1 StR 644/07).
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass gemäß § 64 StGB die Dauer der Unterbringung im Regelfall mit zwei Jahren anzusetzen sei, diese indessen bei dem Angeklagten nicht 'unerheblich unterschritten werden' könne (UA S. 15). Die Bemessung des Vorwegvollzuges und die voraussichtliche Dauer des Maßregelvollzuges werden es nach Auffassung des Tatgerichts aller Voraussicht nach bei einem erfolgreichen Abschluss der Therapie dem Angeklagten möglich machen, das letzte verbleibende Strafdrittel zur Bewährung auszusetzen (UA a.a.O.).
Dies ist rechtsfehlerhaft sowohl in der Hinsicht, dass sich die Kammer entgegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB am Zeitpunkt einer möglichen 2/3Entlassung orientiert, als auch davon abgesehen hat, die voraussichtliche Dauer der Unterbringung bestimmt festzusetzen (Fischer, StGB § 67 Rdn. 11a m.w.N.).
Da insoweit die voraussichtliche Dauer der Therapie nicht rechtsfehlerfrei festgestellt wurde, ist dem Senat eine Durchentscheidung verwehrt, mit der er die Dauer des Vorwegvollzuges selbst bestimmen könnte (vgl. Senat Beschluss vom 6. Mai 2008 - 1 StR 144/08 -). Eine andere Strafkammer wird die voraussichtliche Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB feststellen und danach die des Vorwegvollzuges neu bestimmen müssen.“
4
Dem tritt der Senat bei.
5
2. Die Urteilsformel bedarf einer Ergänzung:
6
Der landgerichtliche Urteilstenor lautet: „Die Angeklagten B. , M. und F. sind des unerlaubten bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und in Tateinheit mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem Fall schuldig.“ Die Strafkammer erkannte dann auf Gesamtfreiheitsstrafen. Der formulierte Schuldspruch ist offensichtlich unvollständig. Wie sich aus den Urteilsgründen - sowohl in der Sachverhaltsdarstellung als auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung - zweifelsfrei ergibt, wurden der Angeklagte und die - nicht revidierenden - Mitverurteilten M. und F. wegen unerlaubten bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen für schuldig befunden - in dreien dieser Fälle - so das Landgericht - in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, in einem weiteren in Tateinheit mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge. Es bestehen keine Zweifel daran, dass das Urteil so „beschlossen“ wurde (vgl. RGSt 13, 267, 269) und dies auch der mündlichen Eröffnung der Urteilsgründe zugrunde lag (vgl. BGH GA 1969, 119). Das Verlesen der Urteilsformel und die Eröffnung der Urteilsgründe bilden eine Einheit (vgl. § 268 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Worte „in fünf Fällen“ wurden ersichtlich nur wegen eines Schreibversehens nicht in die Urteilsformel aufgenommen. Dies hat der Senat korrigiert (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO), auch hinsichtlich der Mitverurteilten (entsprechend § 357 StPO). Die Behebung derartiger offensichtlicher Versehen (Lücken) bei der Niederschrift der Urteilsformel, hinter denen sich zweifelsfrei keine sachliche Änderung verbirgt, ist nicht nur dem Ausgangsgericht (vgl. BGHSt 5, 5, 10; 25, 333, 336; BGH NStZ 1984, 279; BGH, Beschl. vom 22. November 1960 - 1 StR 426/60; RGSt 13, 267, 269), sondern ebenso dem mit der Sache befassten Rechtsmittelgericht möglich, auch wenn der Schuldspruch schon rechtskräftig ist (entsprechend BayObLGSt 1972, 1 bei unvollständiger Wiedergabe der Strafvorschrift).
7
3. Zum Konkurrenzverhältnis zwischen bandenmäßigem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und deren unerlaubter Einfuhr wird auf BGH, Beschl. vom 8. November 2006 - 1 StR 506/06 Rdn. 2 verwiesen (vgl. auch Weber, BtMG 3. Aufl., § 30a Rdn. 36). Insoweit ist dem Senat eine Korrektur des rechtskräftigen Schuldspruchs jedoch verwehrt, da bei der Annahme von Tateinheit nicht nur ein Formulierungsversehen vorliegt , wie die Urteilsgründe ausweisen. Nack Rothfuß Hebenstreit Jäger Sander

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09 zitiert 9 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 67 Reihenfolge der Vollstreckung


(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 268 Urteilsverkündung


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. (2) Das Urteil wird durch Verlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe verkündet. Die Eröffnung der Urteilsgründe geschieht durch Verlesung oder durch mündliche Mitteilung ihres wesentlich

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2008 - 1 StR 144/08

bei uns veröffentlicht am 06.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 144/08 vom 6. Mai 2008 in der Strafsache gegen wegen schwerer Vergewaltigung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2008 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgericht

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2006 - 1 StR 506/06

bei uns veröffentlicht am 08.11.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 506/06 vom 8. November 2006 in der Strafsache gegen wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2006 beschlossen : 1. Die Revision de

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2008 - 1 StR 644/07

bei uns veröffentlicht am 08.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 644/07 vom 8. Januar 2008 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2008 beschlossen: 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Ur
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - 1 StR 515/09.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2016 - 5 StR 448/16

bei uns veröffentlicht am 26.10.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 448/16 vom 26. Oktober 2016 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2016:261016B5STR448.16.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs h

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - 4 StR 232/17

bei uns veröffentlicht am 05.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 232/17 vom 5. Juli 2017 in der Strafsache gegen wegen schweren Bandendiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2017:050717B4STR232.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nac

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2011 - 1 StR 548/10

bei uns veröffentlicht am 18.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 548/10 vom 18. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Januar 2011 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Ur

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2016 - 2 StR 378/15

bei uns veröffentlicht am 20.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 378/15 vom 20. Januar 2016 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubs u.a. ECLI:DE:BGH:2016:200116U2STR378.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom

Referenzen

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 144/08
vom
6. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2008 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. November 2007 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Vollziehung von einem Jahr der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und die der Nebenklägerin durch dieses Rechtsmittel im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch, zum Strafausspruch, zum Maßregelausspruch und hinsichtlich des Ausspruchs, dass ein Teil der verhängten Strafe vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt zu verhängen ist, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzugs kann die Entscheidung des Landgerichts, bei der es sich am Zeitpunkt einer möglichen Zweidrittelentlassung orientiert hat, indes nicht bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 8. April 2008 Folgendes ausgeführt: "1) Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327 ff.; im folgenden n.F.) soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Eine abweichende Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eher die Erreichung eines Therapieerfolgs erwarten lässt (vgl. Fischer, StGB 55. Auflage § 67 Rdn. 10, 12 m.w.N.). Liegen - wie hier - keine Gründe vor, die gegen eine Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. Dieser Teil ist nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB n.F. so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist (vgl. Senat Beschluss vom 8. Januar 2008 - 1 StR 644/07).
2) Das Landgericht hat - sachverständig beraten - eine für eine Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung von einem Jahr zugrunde gelegt, so dass die Dauer des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB n.F. ebenfalls auf ein Jahr festzusetzen ist. Nach dessen Vollstreckung und einer ein Jahr dauernden Unterbringung ist mit zwei Jahren die Hälfte der verhängten, sich insgesamt auf vier Jahre belau- fenden Freiheitsstrafe erledigt (vgl. BGH Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07).
3) Die so berechnete Dauer des Vorwegvollzugs beantrage ich analog § 354 Abs. 1 StPO festzusetzen (vgl. BGH Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07). Das Revisionsgericht ist - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NStZ 2001, 187, 188; Beschluss vom 1. März 2000 - 2 BvR 2049/99) - nicht nur in den in § 354 Abs. 1 StPO bezeichneten Fällen, sondern auch bei vergleichbaren Sachverhalten berechtigt, in der Sache selbst zu entscheiden und Fehler des Tatrichters bei der Anwendung der Gesetze zu korrigieren, wenn eine solche Entscheidung ohne Änderung oder Ergänzung der tatrichterlichen Feststellungen getroffen werden kann und keine dem Tatrichter vorbehaltenen Wertungen oder Beurteilungen enthält. Da vorliegend der Strafausspruch keinen Rechtsfehler aufweist und die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei von der sachverständig beratenen Kammer festgestellt worden ist (vgl. hierzu Senat Beschluss vom 12. Februar 2008 - 1 StR 657/07), handelt es sich bei der Bemessung der Dauer des Vorwegvollzugs um einen auf den unter 1) aufgezeigten zwingenden Vorgaben des § 67 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 StGB n.F. beruhenden reinen Rechenvorgang. Jedwede Beeinträchtigung von Rechten des Angeklagten dadurch, dass das Revisionsgericht die Dauer des Vorwegvollzugs selbst feststellt, ist ausgeschlossen. Vielmehr wird durch diese Vorgehensweise eine überflüssige, den Belangen der Rechtspflege sowie dem Beschleunigungsgebot zuwider laufende Verlängerung des Verfahrens und der auf den Vorwegvollzug anzurechnenden Untersuchungshaft (vgl. Fischer, StGB 55. Auflage § 67 Rdn. 9 m.w.N.) vermieden, die im Falle einer Zurückverweisung und Entscheidung erst nach neuer Hauptverhandlung eintreten würde."
3
Dem tritt der Senat bei und entscheidet deshalb wie vom Generalbundesanwalt beantragt.
4
Der geringe Teilerfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Angeklagten von einem Teil der Kosten seines Rechtsmittels zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 644/07
vom
8. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2008 beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25. Juli 2007 wird mit der Maßgabe verworfen , dass die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe entfällt. 2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit zwei tateinheitlich begangenen Bedrohungen und einer Nötigung sowie wegen Freiheitsberaubung und wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat darüber hinaus die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie einen teilweisen Vorwegvollzug der Strafe von zwei Jahren sechs Monaten angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich des angeordneten teilweisen Vorwegvollzugs Erfolg.
2
1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur Verfahrensrüge, das Gericht habe die Vernehmung eines Zeugen zu Unrecht abgelehnt, bemerkt der Senat ergänzend: Ohne dass es auf weiteres ankäme, kann das Urteil angesichts der sonstigen Beweislage nicht auf der unterbliebenen Vernehmung des Zeugen T. beruhen.
3
2. Allerdings kann die vom Landgericht vorgenommene Anordnung über die Vollstreckungsreihenfolge von Strafe und Maßregel nicht bestehen bleiben. Das Landgericht verweist bei seiner Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge auf § 67 Abs. 2 StGB nF (Gesetz vom 16. Juli 2007, BGBl I 1327). Es geht davon aus, dass unter Berücksichtigung des Vorwegvollzugs (auf den die zum Urteilszeitpunkt etwa drei Monate andauernde Untersuchungshaft anzurechnen ist, vgl. BGH NJW 1991, 2431; Fischer, StGB 55. Aufl. § 67 Rdn. 9 m.w.N.) und einer Dauer des Maßregelvollzugs von etwa zwei Jahren sowie einer erfolgreichen Beendigung der Therapie „eine Reststrafe von etwa einem Jahr verbleiben (würde), die zur Bewährung ausgesetzt werden könnte“. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
4
Gemäß § 67 Abs. 1 StGB ist die Maßregel vor der Strafe zu vollstrecken. Das Gericht bestimmt jedoch, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ist - wie hier - eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verhängt, „soll“ das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB); dies also dann, wenn nicht aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eine andere Entscheidung eher die Erreichung eines Therapieerfolges erwarten lässt (vgl. näher Fischer aaO Rdn. 10, 12 m.w.N.). Liegen - wie hier - keine Gründe vor, die gegen eine Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. „Dieser Teil ist so zu berechnen, dass nach seiner Vollstreckung und einer anschließenden Unterbringung eine Bewährungsentscheidung [nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB nF] möglich ist“ (vgl. BTDrucks. 16/1110 S. 11). Hier hat die Strafkammer dagegen den Vorwegvollzug so bemessen, dass nach Erledigung der Maßregel nur noch ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Eine solche Bemessung des teilweisen Vorwegvollzugs ist dem Tatrichter im Erkenntnisverfahren nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers versagt.
5
Der Senat hat davon abgesehen, die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Im Hinblick auf die bisher verbüßte und auf den Vorwegvollzug anzurechnende Untersuchungshaft von etwa neun Monaten würde jede weitere Untersuchungshaft der Möglichkeit einer Halbstrafenentlassung zuwiderlaufen. Der Senat erkennt daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf den Wegfall der Anordnung über den Vorwegvollzug.

6
3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer - teilweise - von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen. Wahl Boetticher Hebenstreit Elf Graf

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 144/08
vom
6. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2008 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. November 2007 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Vollziehung von einem Jahr der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und die der Nebenklägerin durch dieses Rechtsmittel im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch, zum Strafausspruch, zum Maßregelausspruch und hinsichtlich des Ausspruchs, dass ein Teil der verhängten Strafe vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt zu verhängen ist, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzugs kann die Entscheidung des Landgerichts, bei der es sich am Zeitpunkt einer möglichen Zweidrittelentlassung orientiert hat, indes nicht bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 8. April 2008 Folgendes ausgeführt: "1) Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327 ff.; im folgenden n.F.) soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Eine abweichende Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eher die Erreichung eines Therapieerfolgs erwarten lässt (vgl. Fischer, StGB 55. Auflage § 67 Rdn. 10, 12 m.w.N.). Liegen - wie hier - keine Gründe vor, die gegen eine Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. Dieser Teil ist nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB n.F. so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist (vgl. Senat Beschluss vom 8. Januar 2008 - 1 StR 644/07).
2) Das Landgericht hat - sachverständig beraten - eine für eine Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung von einem Jahr zugrunde gelegt, so dass die Dauer des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB n.F. ebenfalls auf ein Jahr festzusetzen ist. Nach dessen Vollstreckung und einer ein Jahr dauernden Unterbringung ist mit zwei Jahren die Hälfte der verhängten, sich insgesamt auf vier Jahre belau- fenden Freiheitsstrafe erledigt (vgl. BGH Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07).
3) Die so berechnete Dauer des Vorwegvollzugs beantrage ich analog § 354 Abs. 1 StPO festzusetzen (vgl. BGH Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07). Das Revisionsgericht ist - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NStZ 2001, 187, 188; Beschluss vom 1. März 2000 - 2 BvR 2049/99) - nicht nur in den in § 354 Abs. 1 StPO bezeichneten Fällen, sondern auch bei vergleichbaren Sachverhalten berechtigt, in der Sache selbst zu entscheiden und Fehler des Tatrichters bei der Anwendung der Gesetze zu korrigieren, wenn eine solche Entscheidung ohne Änderung oder Ergänzung der tatrichterlichen Feststellungen getroffen werden kann und keine dem Tatrichter vorbehaltenen Wertungen oder Beurteilungen enthält. Da vorliegend der Strafausspruch keinen Rechtsfehler aufweist und die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei von der sachverständig beratenen Kammer festgestellt worden ist (vgl. hierzu Senat Beschluss vom 12. Februar 2008 - 1 StR 657/07), handelt es sich bei der Bemessung der Dauer des Vorwegvollzugs um einen auf den unter 1) aufgezeigten zwingenden Vorgaben des § 67 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 StGB n.F. beruhenden reinen Rechenvorgang. Jedwede Beeinträchtigung von Rechten des Angeklagten dadurch, dass das Revisionsgericht die Dauer des Vorwegvollzugs selbst feststellt, ist ausgeschlossen. Vielmehr wird durch diese Vorgehensweise eine überflüssige, den Belangen der Rechtspflege sowie dem Beschleunigungsgebot zuwider laufende Verlängerung des Verfahrens und der auf den Vorwegvollzug anzurechnenden Untersuchungshaft (vgl. Fischer, StGB 55. Auflage § 67 Rdn. 9 m.w.N.) vermieden, die im Falle einer Zurückverweisung und Entscheidung erst nach neuer Hauptverhandlung eintreten würde."
3
Dem tritt der Senat bei und entscheidet deshalb wie vom Generalbundesanwalt beantragt.
4
Der geringe Teilerfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Angeklagten von einem Teil der Kosten seines Rechtsmittels zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit Graf

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes.

(2) Das Urteil wird durch Verlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe verkündet. Die Eröffnung der Urteilsgründe geschieht durch Verlesung oder durch mündliche Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts. Bei der Entscheidung, ob die Urteilsgründe verlesen werden oder ihr wesentlicher Inhalt mündlich mitgeteilt wird, sowie im Fall der mündlichen Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe soll auf die schutzwürdigen Interessen von Prozessbeteiligten, Zeugen oder Verletzten Rücksicht genommen werden. Die Verlesung der Urteilsformel hat in jedem Falle der Mitteilung der Urteilsgründe voranzugehen.

(3) Das Urteil soll am Schluß der Verhandlung verkündet werden. Es muß spätestens zwei Wochen danach verkündet werden, andernfalls mit der Hauptverhandlung von neuem zu beginnen ist. § 229 Absatz 3, 4 Satz 2 und Absatz 5 gilt entsprechend.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 506/06
vom
8. November 2006
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2006 beschlossen
:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 7. Juni 2006 wird mit der Maßgabe verworfen,
dass die tateinheitliche Verurteilung wegen bandenmäßiger Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen
entfällt.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßiger Einfuhr in Tateinheit mit bandenmäßigem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hochheim am Main vom 25.03.2004 und unter Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen von zwei Monaten und vier Monaten Freiheitsstrafe zu der Gesamtstrafe von sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Im Übrigen wurde er freigesprochen.
2
1. Die jeweils tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat neben der - rechtsfehlerfreien - Verurteilung wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) keinen Bestand. Der Bandenhandel verbindet in den Fällen des § 30a BtMG die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden Teilakte, insbesondere auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit (st. Rspr.; vgl. Nachweise bei Körner, BtMG 5. Aufl. § 30 Rdn. 39). Insoweit kommt der bandenmäßigen Einfuhr neben dem Bandenhandel keine selbständige rechtliche Bedeutung zu. Der Angeklagte ist deshalb jeweils nur des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig zu sprechen.
3
2. Die Änderung des Schuldspruchs lässt die Einzelstrafaussprüche unberührt , weil sich der Schuldgehalt der Taten dadurch nicht verändert.
4
3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Wie die Bundesanwaltschaft in ihrer Zuschrift zutreffend ausführt , ist der Revision zuzugeben, dass das Urteil den Inhalt der Aussage des Angeklagten gegenüber der Polizei vom 1. Juni 2006 nicht wiedergibt. Der Senat kann vor dem Hintergrund der auf UA S. 9 im Anschluss dargestellten Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung ausschließen, dass dieser gegenüber der Polizei substanziell weiterführende Angaben gemacht hatte. Ferner ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Angeklagte keine ernsthafte Aufklärungsbereitschaft gezeigt hat.
Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Elf