Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2014 - 1 StR 47/14

published on 23/07/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2014 - 1 StR 47/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 7 / 1 4
vom
23. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Inverkehrbringens verbotener Arzneimittel
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juli 2014 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 12. November 2013 aufgehoben.
2. Soweit der Angeklagte wegen Inverkehrbringens verbotener Arzneimittel in 15 Fällen verurteilt worden ist, wird er freigesprochen.
Im Umfang des Teilfreispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
3. Der ausgeschiedene Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung wird gemäß § 154a Abs. 3 StPO wieder in das Verfahren einbezogen.
4. Die Sache wird, soweit der Angeklagte nicht freigesprochen worden ist, zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
5. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens verbotener Arzneimittel in 18 Fällen unter Einbeziehung rechtskräftiger Freiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. In drei dieser Fälle hatte es zuvor mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von einer Verfolgung unter dem Gesichtspunkt der fahrlässigen Körperverletzung abgesehen. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten, mit der er einen umfassenden Freispruch erstrebt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bezog der Angeklagte Tütchen mit drei Gramm Kräutermischungen, die synthetische Cannabinoide enthielten. Er wusste um die Rauschwirkung der Cannabinoide und darum, dass diese stärker als Tetrahydrocannabinol auf den Körper wirken können. Sie können zu psychotischen Zuständen mit Panikattacken, Verwirrtheit und Desorientierung , Atembeschwerden, Kreislaufproblemen und längerer Bewusstlosigkeit führen, aber auch appetitanregend, schmerzlindernd, antiemetisch, antiepileptisch , antiasthmatisch und den Augeninnendruck senkend wirken. Der Angeklagte rauchte diese statt natürlicher Cannabisprodukte, weil sie leichter zu beziehen waren.
3
Zwischen November 2012 und dem 13. Februar 2013 übergab er unentgeltlich geringe Mengen dieser Kräutermischungen in sieben Fällen an die 15 Jahre alte Ve. L. , in vier Fällen an die 13jährige L. V. und in sieben Fällen an die 14 Jahre alte S. L. . Dabei war dem Angeklagten bewusst, dass die Mädchen die Kräutermischungen rauchen werden, um sich an der Wirkung der zugesetzten Cannabinoide zu berauschen. In keiner der ihnen überlassenen Kräutermischungen befanden sich solche Cannabinoide, die im Tatzeitraum den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterfielen. Die Mädchen rauchten die Kräutermischungen und gerieten jeweils in einen Rauschzustand; bei S. L. kam es in drei Fällen dabei zu Wahnvorstellungen , Halluzinationen oder anderen Beeinträchtigungen ihres körperlichen Wohlbefindens.
4
2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch nicht.
5
a) Das Landgericht hat aus der jeweils eingetretenen Rauschwirkung gefolgert , dass alle übergebenen Mischungen synthetische Cannabinoide enthielten. Es ist davon ausgegangen, dass es sich bei den synthetischen Cannabinoiden um Arzneimittel in Form von Funktionsarzneimitteln im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Arzneimittelgesetz handele. Dies gelte schon deswegen, weil sie geeignet seien, physiologische Funktionen im menschlichen Körper wiederher- zustellen, zu korrigieren bzw. positiv zu beeinflussen. Mögliche „positive Wirkungen“ der synthetischen Cannabinoide seien z.B. die Herabsenkung der Schmerzempfindlichkeit, Appetit- und Schlafförderung, aber auch die Unterdrückung des Brechreizes. Ob diese Funktionen therapeutisch indiziert gewesen seien, sei unerheblich, da in dem Eintreten dieser Wirkung „stets ein positives Beeinflussen zu sehen“ sei.
6
b) Diese rechtliche Subsumtion erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz setzt voraus, dass es sich bei den synthetischen Cannabinoiden um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Arzneimittelgesetz handelt. Hierfür wiederum ist entscheidend, wie der dieser Vorschrift zugrundeliegende, nahezu wortgleiche Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung auszulegen ist. Denn der deutsche Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) den nationalen Arzneimittelbegriff in § 2 Abs. 1 AMG grundlegend neu gefasst und dabei in Umsetzung der genannten Richtlinien den europarechtlichen Arzneimittelbegriff gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchstabe a) und b) der Richtlinie 2001/83/EG in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung in das deutsche Arzneimittelgesetz implementiert (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 437/12).
7
Dies hat das Landgericht zutreffend erkannt, aber den Begriff des Arzneimittels dabei in einer Weise ausgelegt, wie es mit dem unionsrechtlichen Arzneimittelbegriff nicht vereinbar ist. Die Auslegung des europäischen Rechts, mithin der Frage, wann es sich bei einem Stoff oder Stoffzusammensetzungen, die einem Menschen verabreicht werden können, um entweder eine pharmakologische , immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen, um ein Arzneimittel im Sinne des Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b der genannten Richtlinie handelt, obliegt der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
8
c) Dieser hat in einem - nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen - Urteil vom 10. Juli 2014 (Rechtssachen C-358/13 und C-181/14) Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG dahin ausgelegt, dass davon Stoffe wie synthetische Cannabinoide nicht erfasst werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken , ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind (EuGH, aaO, Rn. 50).
9
Der EuGH hat zur Begründung ausgeführt, dass die Richtlinie 2001/83/EG zwei verschiedene Definitionen des Begriffs „Arzneimittel“ enthalte. Nach Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b dieser Richtlinie sind dies alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen , die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Auch wenn diese Bestim- mung von der Definition unter Buchstabe b durch das Wort „oder“ getrennt sei, müssten sie in Verbindung miteinander gelesen werden, was voraussetze, dass ihre verschiedenen Kriterien nicht so verstanden werden könnten, dass sie im Gegensatz zueinander stünden (EuGH, aaO, Rn. 29).
10
Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie sei – so der EuGH – mit Blick auf das Ziel der Gewährung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit zu lesen. Dies bringe keine schlichte Neutralität der Auswirkung auf die menschliche Gesundheit zum Ausdruck, sondern impliziere eine gesundheitsfördernde Wirkung. Aus der Bezugnahme der Definition in Buchstabe a auf die Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten lasse sich eindeutig das Bestehen einer positiven Wirkung für die menschliche Gesundheit ableiten. Auch die Definition in Buchstabe b der Regelung nehme Begriffe in Bezug, die eine gesundheitsfördernde Wirkung implizierten, da am Ende der Bestimmung von einer medizinischen Diagnose die Rede sei und diese der rechtzeitigen Behandlung einer möglicherweise diagnostizierten Krankheit diene (EuGH, aaO, Rn. 32 ff.).
11
Nichts anderes könne für die Ausdrücke „wiederherstellen“ und „korrigieren“ gelten, womit die positive Wirkung für die menschliche Gesundheit, auch ohne dass eine Krankheit vorliege, herausgestellt werden solle. Für das Verständnis des diesen Begriffen folgenden Ausdrucks „beeinflussen“ könnten im Hinblick auf die Sicherstellung der Kohärenz und der Verhinderung einer widersprüchlichen Auslegung der verschiedenen Kriterien der beiden Definitionen keine anderen teleologischen Erwägungen gelten. Daher erfasse auch der Ausdruck „beeinflussen“ nur solche Stoffe, die geeignet seien, dem Funktionie- ren des menschlichen Organismus und folglich der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein (EuGH, aaO, Rn. 36 ff.).
12
Danach sei der Begriff des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG dahin auszulegen, dass er keine Stoffe erfasse, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränkten, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein.
13
d) In diesem Sinne legt der Senat die Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2001/83/EG fast wortgenau entsprechende Regelung des nationalen Rechts zum Arzneimittelbegriff in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a aus. Danach fehlt in den vorliegenden Fällen den synthetischen Cannabinoiden die Arzneimittel -eigenschaft. Denn sie sind zwar geeignet, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen, sie sind aber dem Funktionieren des menschlichen Organismus und damit der Gesundheit nicht zuträglich. Sie sind vielmehr nur ihrer Rauschwirkung wegen konsumiert worden. Die vom Landgericht als positiv umschriebenen möglichen Wirkungen stellen im Wesentlichen eine Herabsetzung der körperlichen Abwehrsysteme, wie z.B. Schmerzen, Brechreiz, dar und sind Bestandteil der Rauschwirkung. Über das schlichte Beeinflussen der physiologischen Funktionen hinaus, kommt ihnen keine gesundheitsfördernde Wirkung zu.

14
3. Wenngleich danach eine Strafbarkeit nach dem Arzneimittel- oder Betäubungsmittelgesetz in keinem der 18 Fälle gegeben ist, war der Angeklagte nur in 15 Fällen aus rechtlichen Gründen freizusprechen, § 354 Abs. 1 StPO. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO.
15
In den übrigen drei Fällen (betreffend S. L. ) war das Urteil zwar aufzuheben, ein Freispruch durch den Senat kam aber nicht in Betracht. Die dies verfolgende weitergehende Revision war daher zu verwerfen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich in einer neuen Hauptverhandlung für den angeklagten Lebenssachverhalt insoweit eine Strafbarkeit wegen Körperverletzungsdelikten ergeben könnte. Durch die erfolgte Beschränkung ist kein Strafklageverbrauch eingetreten; der vorläufig ausgeschiedene Teil bleibt bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Sachentscheidung rechtshängig (BGH, Urteil vom 15. September 1983 – 4 StR 535/83, BGHSt 32, 84). Um eine umfassende Nachprüfung zu ermöglichen, war der ausgeschiedene Tatteil gemäß § 154a Abs. 3 Satz 1 StPO durch den Senat wiedereinzubeziehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. November 2012 – 2 StR 190/12; Urteil vom 23. März 1995 – 4StR 641/94, BGHR StPO § 154a Beschränkung 3). Einer Aufhebung der Feststellungen bedurfte es insoweit nicht, da der Aufhebung des Schuldspruchs allein ein Subsumtionsfehler zugrunde liegt. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen insbesondere zu der subjektiven Tatseite treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
16
4. Für eine Entschädigungsentscheidung war kein Raum, da das Verfahren auch nach der Revisionsentscheidung vom heutigen Tage noch nicht endgültig abgeschlossen ist, wie dies § 8 Abs. 1 Satz 1 StrEG voraussetzt.
17
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass eine Strafbarkeit des Angeklagten davon abhängt, ob sich die damals 14 Jahre alte S. L. eigen- bzw. freiverantwortlich zum Konsum der „Kräutermi- schung“ entschloss. Nur wenn es daran fehlt, kann sich der Angeklagte als Tä- ter eines fahrlässigen oder vorsätzlichen Körperverletzungsdelikts strafbar machen. An der Eigenverantwortlichkeit des sich selbst gefährdenden oder verletzenden Rechtsgutsinhabers kann es fehlen und deshalb eine zur Täterschaft des sich Beteiligenden führende – normativ zu bestimmende – Handlungsherrschaft gegeben sein, wenn der sich beteiligende Dritte kraft überlegenen Fachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Gefährdende oder Verletzende (vgl. grundlegend zu den Maßstäben BGH, Urteil vom 28. Januar2014 – 1StR 494/13). Hierbei wird auch in den Blick zu nehmen sein, ob die Zumischung der synthetischen Cannabinoide ungleichmäßig erfolgte und der Angeklagte hierum und um die damit verbundene Gefahr der Überdosierung wusste.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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Annotations

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.

(2) Die Entscheidung muß die Art und gegebenenfalls den Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnen, für die Entschädigung zugesprochen wird.

(3) Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist auch im Falle der Unanfechtbarkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 464 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.