Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2014 - 1 StR 422/14

published on 02/12/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2014 - 1 StR 422/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 2 2 / 1 4
vom
2. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 15. April 2014 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Rüge der Verletzung formellen
Rechts:
Der Angeklagte beanstandet, das Landgericht habe gegen § 243 Abs. 4
Satz 1 StPO verstoßen, weil sich der Vorsitzende in seiner in der Hauptverhandlung
gemachten Mitteilung über die letztlich gescheiterten verständigungsorientierten
Gespräche nicht zu der Frage verhalten habe, auf wessen Initiative
die Gespräche zurückgegangen waren. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
1. Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat der Vorsitzende mitzuteilen, ob
Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand
die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und
wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass
Gespräche, welche die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatten
, stets in der Hauptverhandlung zur Sprache kommen (Transparenzgebot;
vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133,
168, 215; BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418).
Zu dem mitzuteilenden Inhalt gehört auch dann, wenn keine Verständigung zustande
gekommen ist, jedenfalls der Verständigungsvorschlag und die zu diesem
abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten (vgl. BGH,
Beschlüsse vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 411/13, NStZ 2013, 722 und vom
9. April 2014 – 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416).
2. Demgegenüber gehört die Frage, von wem die Initiative zu dem Gespräch
ausgegangen ist, in dem ein Verständigungsvorschlag unterbreitet oder
über die Möglichkeit einer Verständigung gesprochen wurde, nicht zu dem gemäß
§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO mitzuteilenden wesentlichen Inhalt des Gesprächs.
Sie betrifft allein den äußeren Ablauf des Verfahrens, nicht aber den
Inhalt von Verständigungsgesprächen (vgl. Schneider, NStZ 2014, 192, 200).

a) Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 243 Abs. 4 Satz 1
StPO, der die Mitteilungspflicht lediglich auf den „Inhalt“ des Gesprächs be-
zieht, nicht aber auf die Art und Weise, wie es zustande gekommen ist. Vom
Begriff „Inhalt“ ist die Frage, auf wessen Initiative es zu einem Gespräch kam,
nicht umfasst.

b) Dieses Ergebnis entspricht auch der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts
in seinem Urteil vom 19. März 2013 (BVerfG, aaO). Das Bundesverfassungsgericht
bezieht darin die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO
nur auf den Gesprächsinhalt und nicht auf die Gesprächsgenese (BVerfG, aaO
S. 215 Rn. 85). Zu dem mitzuteilenden Gesprächsinhalt gehört nach dem Bundesverfassungsgericht
, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern
vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung
aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung
oder Ablehnung gestoßen ist (BVerfG, aaO). Eine Mitteilungspflicht hin-
sichtlich der Frage, wer die Initiative zur Verständigung ergriffen hat, besteht
deshalb auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur insoweit
, als gerade dieser Umstand Inhalt des mitzuteilenden Gesprächs war.
Deshalb unterfällt der Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 StPO lediglich die
Frage, wer in einem auf Verständigung abzielenden Gespräch die Frage der
Verständigung aufgeworfen hat.
Dies wird auch aus der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen
Differenzierung zwischen Mitteilungspflichten über außerhalb der Hauptverhandlung
geführte Gespräche einerseits und Dokumentationspflichten bezüglich
innerhalb der Hauptverhandlung geführter Gespräche andererseits deutlich.
Bei letzteren verlangt das Bundesverfassungsgericht – nicht nur im Wortlaut,
sondern auch in der Reihenfolge deutlich abweichend von den bei § 243 Abs. 4
StPO genannten Mitteilungsinhalten – die Protokollierung, wer die Anregung zu
den Gesprächen gab und welchen Inhalt die einzelnen Diskussionsbeiträge
aller Verfahrensbeteiligten sowie der Richter hatten, insbesondere von welchem
Sachverhalt sie hierbei ausgingen und welche Ergebnisvorstellungen sie
äußerten (BVerfG, aaO Rn. 86). Dies alles sind Umstände, die das in öffentlicher
Hauptverhandlung passierende Verständigungsgeschehen prägen, in dieser
wahrgenommen werden können und deshalb der erweiterten Protokollierungspflicht
unterfallen (vgl. auch § 273 Abs. 1a Satz 1 in Vergleich zu § 273
Abs. 1a Satz 2 StPO).

c) Soweit der Senat in verschiedenen Entscheidungen, auf die sich die
Revision bezieht, auch von einer Mitteilungspflicht zu der Frage ausgeht, auf
wessen Initiative es zu dem Verständigungsgespräch gekommen ist (vgl. Senat
, Beschlüsse vom 9. April 2014 – 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416; vom
22. Juli 2014 – 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48; vom 8. Oktober 2014 – 1 StR
352/14 und vom 18. Dezember 2014 – 1 StR 242/14; enger hingegen noch Senat
, Beschlüsse vom 2. Oktober 2013 – 1 StR 386/13, NStZ 2014, 168 und
vom 29. November 2013 – 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221), hält er hieran aus
den oben genannten Gründen nicht fest.
Auch die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs haben anknüpfend
an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 (BVerfG,
aaO) die aus § 243 Abs. 4 StPO folgende Mitteilungspflicht gemäß dem Wortlaut
der Norm bislang – soweit ersichtlich – tragend lediglich auf den Inhalt von
verständigungsorientierten Vorgesprächen bezogen, nicht aber auf die Art und
Weise, wie solche Gespräche zustande gekommen sind (vgl. BGH, Urteil vom
10. Juli 2013 – 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310; Beschlüsse vom 8. Oktober 2013
– 4StR 272/13, StV 2014, 67; vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 411/13, NStZ
2013, 722 m. Anm. Mosbacher; vom 25. November 2013 – 5 StR 502/13,
NStZ-RR 2014, 52; vom 3. Dezember 2013 – 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219;
vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418; vom 29. April 2014 – 3 StR
24/14, NStZ 2014, 529 m. Anm. Allgayer; Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 StR
381/13, NStZ 2014, 601 m. Anm. Grube; Beschlüsse vom 14. Juli 2014 – 5 StR
217/14, NStZ-RR 2014, 315; vom 29. Juli 2014 – 4 StR 126/14, NJW 2014,
3385).
3. Die Revision rügt nicht, dass die hier vom Vorsitzenden unter Verle-
sung seines Vermerks über das „Vorgespräch vom 26. Februar 2014“ erfolgte
Unterrichtung über den Inhalt dieses Gesprächs den Anforderungen des § 243
Abs. 4 Satz 1 StPO nicht entspricht. Der Vermerk enthielt jedenfalls die Information
, wer an dem Gespräch im Vorfeld der Hauptverhandlung teilgenommen
hatte, Angaben zum Ablauf des Gesprächs, die Mitteilung, welche Gesprächsteilnehmer
in welcher Reihenfolge welche Vorstellungen zur Strafhöhe geäu-
ßert hatten, und schließlich die Wiedergabe des dann von den Berufsrichtern
unterbreiteten Verständigungsvorschlags. Die von der Revision vermisste Angabe
, von wem die Initiative zu dem Gespräch als solchem ausgegangen war
(es war nach der unwidersprochenen dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden
der frühere Verteidiger des Angeklagten), hätte auch zum Verständnis des Inhalts
des Gesprächs nichts beitragen können.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.