Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2019 - 1 StR 400/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhehlerei in acht Fällen , wobei er in sechs Fällen gewerbsmäßig handelte, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Weiter wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 218.240 Euro angeordnet.
- 2
- Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 3
- Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken und kann daher keinen Bestand haben.
- 4
- 1. Das Landgericht hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 218.240 Euro damit begründet, dass der Angeklagte bei den verfahrensgegenständlichen Taten insgesamt 14.080 Stangen unversteuerter Zigaretten erhalten hat, für die er einen vereinbarten Preis von 15,50 Euro pro Stange bezahlt hat. Gleichzeitig stellt das Landgericht aber auch fest, dass im Rahmen einer Durchsuchung beim Angeklagten ein Bargeldbetrag von 32.245 Euro beschlagnahmt werden konnte (UA S. 14). Ebenfalls wurde ein Fahrzeug der Marke Audi A7 gepfändet. Der Angeklagte hat auf die Rückgabe des Bargeldes sowie des Erlöses aus dem Verkauf des Audi A7 verzichtet (UA S. 15).
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- 2. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht einen teilweisen Ausschluss der Einziehung im Hinblick auf den vom Angeklagten erklärten Verzicht nicht erörtert.
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- a) Zwar ist das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte aus den verfahrensgegenständlichen Taten die unversteuerten Zigaretten erlangt hat (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 15; Jäger in Klein, AO, 14. Aufl., § 374 Rn. 70). Die insoweit vom Landgericht vorgenommene Bestimmung des Wertes des Erlangten (§ 73 Abs. 1 StGB) im Wege der Schätzung (§ 73d Abs. 2 StGB) an Hand des Einkaufspreises der Zigaretten weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
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- b) Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen kann aber nicht beurteilt werden, ob und ggf. welche Folgen der Verzicht des Angeklagten auf das beschlagnahmte Bargeld und den Verkaufserlös aus dem gepfändeten PKW auf die Anordnung der Einziehung hat.
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- So lässt sich den Urteilsgründen bereits nicht zweifelsfrei entnehmen, auf welcher Grundlage und in welchem Verfahren die Pfändung der Vermögenswerte erfolgt ist und wem gegenüber ein solcher Verzicht auf die gepfändeten Gegenstände erklärt wurde. Soweit der Angeklagte einen wirksamen Verzicht gegenüber den Justizbehörden erklärt hätte, wäre der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73 Abs. 1, § 73e Abs. 1 StGB in Höhe des entsprechenden Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes von Taterträgen insoweit ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2019 – 4 StR 590/18 Rn. 18; vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 33 und vom 6. März 2019 – 5 StR 546/18 Rn. 8 mwN); bei Anrechnung auf die verkürzten Tabaksteueransprüche käme ein Ausschluss nach § 73e Abs. 1 StGB in Betracht. Für die Berechnung des dann einzuziehenden Wertes von Taterträgen hätte es in diesen Fällen auch ergänzender Feststellungen zum Verkaufserlös des gepfändeten PKW Audi A7 bedurft.
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- 3. Einer Aufhebung der bisherigen Feststellungen des Landgerichts zur Entscheidung über die Einziehung bedarf es nicht, da sie durch den aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Es bedarf aber ergänzender Feststellungen durch das neue Tatgericht.
Raum Cirener RinBGH Dr. Fischer befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Bär Leplow
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.
(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.
(2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.