Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - 1 StR 283/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Juli 2017 gemäß §§ 46, 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Gründe:
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- 1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen hat der Pflichtverteidiger des Angeklagten zunächst fristgerecht Revision eingelegt. Das Urteil wurde ihm am 3. Februar 2017 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 6. März 2017 hat der Pflichtverteidiger die Revision zurückgenommen.
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- Der Angeklagte hat mit Schreiben vom 8. März 2017 gegenüber dem Landgericht erklärt, dass er „unbedingt in Revision gehen“ möchte. Sein Verteidiger habe ihm mitgeteilt, dass er die Revision zurückgezogen habe. Er habe seinem Verteidiger aber am 8. Februar 2017 geschrieben, dass er „die Revision möchte“.
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- Mit Schriftsatz vom 28. März 2017 begründete der Pflichtverteidiger die Revision. Er rügte die Verletzung materiellen Rechts und beantragte „vorsorglich“ , dem Angeklagten Wiedereinsetzung in denvorigen Stand zu gewähren. Der Pflichtverteidiger versicherte anwaltlich, dass er den Angeklagten mit Schreiben vom 6. Februar 2017 gebeten habe, ihm spätestens bis zum 17. Februar 2017 mitzuteilen, ob er die Durchführung eines Revisionsverfahrens wünsche. Er habe den Angeklagten ferner darauf hingewiesen, dass er die Revision zurücknehmen werde, soweit bis zu diesem Zeitpunkt keine anderslautende Nachricht eingegangen sei. Das Schreiben des Angeklagten vom 8. Februar 2017 habe er schon seinem Wortlaut nach nicht als Auftrag zur Revisionsbegründung ansehen können, zumal er diesem mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 2017 mitgeteilt habe, dass er die Revision zurücknehmen werde, nachdem der Angeklagte auf das Schreiben vom 6. Februar 2017 keine Beauftragung zur Revisionsbegründung erteilt habe. Dessen Schreiben vom 8. Februar 2017 habe er als Dank für die bisherige Tätigkeit im Strafverfahren und im asylrechtlichen Verfahren angesehen. Bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 3. März 2017 sei keine Antwort des Angeklagten bei ihm eingegangen , so dass er die Revision am 6. März 2017 zurückgenommen habe.
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- 2. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO), weil sie entgegen § 344 StPO nicht fristgerecht begründet worden ist (§ 345 Abs. 1 StPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Angeklagten nicht zu gewähren. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt: „1. Die Revision des Angeklagten ist nicht rechtswirksam zu- rückgenommen worden. Aus dem Schreiben des Verteidigers vom 28. März 2017 ergibt sich, dass dieser die Revision zurückgenommen hat, weil kein weiterer Auftrag zur Revisionsbegründung durch den Angeklagten erfolgt war. Zur Zurücknahme des eingelegten Rechtsmittels hätte es jedoch gemäß § 302 Abs. 2 StPO einer ‚ausdrücklichen Ermächti- gung‘ bedurft; die Annahme des Verteidigers, mangels weite- ren Auftrags zur Revisionsbegründung sei er zur Zurücknahme berechtigt, reichte dafür nicht aus.
Dem Angeklagten war aufgrund eines Schreibens des Verteidigers vom 22. Februar 2017 (RB S. 2) bekannt, dass die Revision nur begründet werden würde, wenn er seinem Rechtsanwalt einen dementsprechenden Auftrag erteilen würde. Da er dies nicht getan und auch keinen anderen Rechtsanwalt mit der Begründung der Revision beauftragt
und die Revision auch nicht selbst zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet hat, hat er die Frist zur Revisionsbegründung nicht ohne eigenes Verschulden versäumt (§ 44 Satz 1 StPO, vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 2 – Rücknahme 3).“
Raum Jäger Bellay
Fischer Hohoff
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.