Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12

bei uns veröffentlicht am25.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 212/12
alt: 1 StR 354/11
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 28. Dezember 2011 im Ausspruch über die Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten "der falschen Angaben in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit 14 sachlich zusammentreffenden Fällen des Betruges in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Es wurde festgestellt, dass hinsichtlich eines Betrages von 67.830 € nur deshalb nicht auf Verfall des Wertersatzes erkannt worden ist, weil Ansprüche von Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen. Weiter wurde die Verwaltungsbehörde angewiesen , dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
2
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der Sachrüge hinsichtlich des gesamten Strafausspruchs Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

II.

3
1. Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt näher dargelegten Gründen bereits unzulässig.
4
2. Der Schuldspruch, der bis auf die Verurteilung wegen falscher Angaben ohnehin bereits rechtskräftig geworden war (vgl. nachfolgend III.), weist keinen Rechtsfehler auf. Die jetzige Verurteilung (nach Beschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO) auch wegen falscher Angaben (§§ 6, 8, 82 GmbHG) lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

III.

5
Der Strafausspruch hält jedoch sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Das Landgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 22. Dezember 2010 wegen "falscher Angaben in Tateinheit mit falschen Angaben in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit gewerbsmäßigem Betrug in 14 sachlich zusammentreffenden Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Es hat ferner hinsichtlich eines Betrages von 67.380 € festgestellt, dass nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werde, weil Ansprüche des Verletzten entgegenstehen, und es hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
7
Der Senat hat durch Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 StR 354/11) gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen wird verworfen. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 22. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen "falscher Angaben in Tateinheit mit falschen Angaben" verurteilt wurde und
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
8
Zutreffend ist das Landgericht im jetzt angefochtenen Urteil davon ausgegangen , dass durch die Senatsentscheidung der Schuldspruch - bis auf die Verurteilung wegen falscher Angaben (in Tateinheit mit falschen Angaben) - genauso rechtskräftig geworden ist wie der Feststellungsausspruch und die Anordnung nach §§ 69, 69a StGB.
9
2. Der ergänzte Schuldspruch im jetzigen Urteil ist rechtsfehlerfrei (vgl. oben II. 2.). Der Strafausspruch leidet jedoch an durchgreifenden Rechtsfehlern. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft sowohl davon abgesehen, notwendige eigene Feststellungen zu treffen als auch unzulässiger Weise auf aufgehobene - und damit nicht mehr existente - Strafzumessungserwägungen Bezug genommen.
10
Das Landgericht hat in seinem Urteil zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen "hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten" (u.a. Vorstrafen) auf Blatt 18-24 des Urteils vom 22. Dezember 2010 Bezug genommen und mitgeteilt, dass sich keine von dessen Feststellungen abweichenden bzw. ergänzenden Erkenntnisse ergeben haben (UA S. 5).
11
Im Rahmen der Strafzumessung wird ausgeführt, dass bei den Fällen des Betruges vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB auszugehen sei. Zur Begründung wird angeführt: "Da hinsichtlich der entsprechenden Einordnung … im Urteil vom 22.12.2010 im Revisionsverfahren keine Rechtsfehler festgestellt worden sind, wird auch insoweit auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer E (Blatt 176) des vorbezeichneten Urteils Bezug genommen. Dies gilt gleichermaßen für die Strafrahmen für die Vergehen der falschen Angaben, des Bankrotts und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis" (UA S. 8).
12
3. § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO verlangt eine in sich geschlossene Darstellung der vom Gericht zur Urteilsgrundlage gemachten Feststellungen. Bezugnahmen auf außerhalb der Urteilsgründe befindliche Aktenteile sind nur ausnahmsweise zulässig (vgl. § 267 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 1 StPO). Auf mit dem früheren Urteil aufgehobene, also nicht mehr existente Feststellungen, verbietet sich eine Bezugnahme von selbst. Auch die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten im aufgeho- benen ersten Urteil müssen vom neuen Tatrichter neu getroffen werden. Eine Bezugnahme wird auch nicht dadurch zulässig, dass sie mit dem Hinweis verbunden wird, die neue Hauptverhandlung habe zu denselben Feststellungen geführt (vgl. im Einzelnen KK-StPO Engelhardt 6. Aufl., Rn. 4 zu § 267 mwN).
13
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2011 (1 StR 354/11) ausdrücklich das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben (vgl. zur Tenorierung bei Aufhebung von Feststellungen durch das Revisionsgericht BGH, Beschluss vom 28. März 2007 - 2 StR 62/07).
14
Danach waren die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten aufgehoben und der neue Tatrichter durfte hierauf nicht Bezug nehmen.
15
Aber auch die Strafzumessungserwägungen des ersten Tatrichters waren vollumfänglich aufgehoben und es durfte auf sie nicht, auch nicht - wie hier - bei der Strafrahmenwahl, Bezug genommen werden. Nicht mehr existente Strafzumessungserwägungen können nicht Gegenstand einer Bezugnahme sein (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - 3 StR 431/10; BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 4 StR 130/09; BGH, Beschluss vom 26. Mai 2004 - 4 StR 149/04).
16
Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil keine eigenen, mit einer eigenständigen Beweiswürdigung belegte Feststellungen zur gewerbsmäßigen Handlungsweise des Angeklagten getroffen (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 3 StR 156/12) und keine eigenen Strafzumessungserwägungen bei der Strafrahmenwahl angestellt. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs; denn bereits das Fehlen eigener entscheidungserheblicher Feststellungen des Tatrichters ist ein sachlich-rechtlicher Mangel, der auf die Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. BGH aaO). Dies gilt aber auch soweit in unzulässiger Weise auf aufgehobene Strafzumessungserwägungen Bezug genommen wurde. Der Senat kann nicht mit Sicherheit ausschließen, dass auf diesen Rechtsfehlern der gesamte Strafausspruch beruht.
17
4. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09 = BGHSt 54, 135). RiBGH Hebenstreit ist im Ruhestand und an der Unterschrift gehindert. Nack Rothfuß Nack RiBGH Prof. Dr. Sander ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Cirener

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12 zitiert 11 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafgesetzbuch - StGB | § 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 8 Inhalt der Anmeldung


(1) Der Anmeldung müssen beigefügt sein: 1. der Gesellschaftsvertrag und im Fall des § 2 Abs. 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden,2. die Legitimation de

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 6 Geschäftsführer


(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben. (2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer1.als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangel

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 82 Falsche Angaben


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Geschäftsanteile, die Leistung der Einlagen, die Verwend

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Aug. 2009 - 3 StR 250/09

bei uns veröffentlicht am 27.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 250/09 vom 27. August 2009 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja _________________________ MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; StPO § 353 Abs. 1 Die Aufhebung eines t

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2011 - 1 StR 354/11

bei uns veröffentlicht am 20.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 354/11 vom 20. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Der Antrag des Angeklagten a

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2010 - 3 StR 431/10

bei uns veröffentlicht am 25.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 431/10 vom 25. November 2010 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. November 2010 ge

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2009 - 4 StR 130/09

bei uns veröffentlicht am 12.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 130/09 vom 12. Mai 2009 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts un

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Mai 2012 - 3 StR 156/12

bei uns veröffentlicht am 29.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 156/12 vom 29. Mai 2012 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 29. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 4
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 212/12.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2013 - 4 StR 369/13

bei uns veröffentlicht am 24.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 369/13 vom 24. September 2013 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts u

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2013 - 1 StR 641/12

bei uns veröffentlicht am 08.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 641/12 vom 8. Januar 2013 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2013 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ma

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 StR 234/12

bei uns veröffentlicht am 22.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 234/12 vom 22. Januar 2013 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _____________________________ StGB § 283, § 28 Abs. 1 1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2014 - 1 StR 242/14

bei uns veröffentlicht am 18.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 2 4 2 / 1 4 vom 18. Dezember 2014 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2014 gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. § 154 Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 St

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

(2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer

1.
als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt,
2.
aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,
3.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten
a)
des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),
b)
nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten),
c)
der falschen Angaben nach § 82 dieses Gesetzes oder § 399 des Aktiengesetzes,
d)
der unrichtigen Darstellung nach § 400 des Aktiengesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 346 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes oder
e)
nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Satz 2 Nummer 2 gilt entsprechend, wenn die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einem vergleichbaren Verbot unterliegt. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

(3) Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts.

(4) Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer.

(5) Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.

(1) Der Anmeldung müssen beigefügt sein:

1.
der Gesellschaftsvertrag und im Fall des § 2 Abs. 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden,
2.
die Legitimation der Geschäftsführer, sofern dieselben nicht im Gesellschaftsvertrag bestellt sind,
3.
eine von den Anmeldenden unterschriebene oder mit den qualifizierten elektronischen Signaturen der Anmeldenden versehene Liste der Gesellschafter nach den Vorgaben des § 40,
4.
im Fall des § 5 Abs. 4 die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und der Sachgründungsbericht,
5.
wenn Sacheinlagen vereinbart sind, Unterlagen darüber, daß der Wert der Sacheinlagen den Nennbetrag der dafür übernommenen Geschäftsanteile erreicht.
6.
(weggefallen)

(2) In der Anmeldung ist die Versicherung abzugeben, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Das Gericht kann bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung Nachweise wie insbesondere die Vorlage von Einzahlungsbelegen eines in der Europäischen Union niedergelassenen Finanzinstituts oder Zahlungsdienstleisters verlangen.

(3) In der Anmeldung haben die Geschäftsführer zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Belehrung nach § 53 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes kann schriftlich vorgenommen werden; sie kann auch durch einen Notar oder einen im Ausland bestellten Notar, durch einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten erfolgen.

(4) In der Anmeldung sind ferner anzugeben:

1.
eine inländische Geschäftsanschrift,
2.
Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer.

(5) Für die Einreichung von Unterlagen nach diesem Gesetz gilt § 12 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Geschäftsanteile, die Leistung der Einlagen, die Verwendung eingezahlter Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand und Sacheinlagen,
2.
als Gesellschafter im Sachgründungsbericht,
3.
als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals über die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals oder über Sacheinlagen,
4.
als Geschäftsführer in der in § 57i Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen Erklärung oder
5.
als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Geschäftsleiter einer ausländischen juristischen Person in der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 oder § 39 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung oder als Liquidator in der nach § 67 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung
falsche Angaben macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Geschäftsführer zum Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals über die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger eine unwahre Versicherung abgibt oder
2.
als Geschäftsführer, Liquidator, Mitglied eines Aufsichtsrats oder ähnlichen Organs in einer öffentlichen Mitteilung die Vermögenslage der Gesellschaft unwahr darstellt oder verschleiert, wenn die Tat nicht in § 331 Nr. 1 oder Nr. 1a des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 354/11
vom
20. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Oktober 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen wird verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 22. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen „falscher Angaben in Tatein- heit mit falschen Angaben“ verurteilt wurde und
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „falscher Angaben in Tat- einheit mit falschen Angaben in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit gewerbsmäßigem Betrug in 14 sachlich zusammentreffenden Fäl- len in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis“ zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Es hat ferner hinsichtlich eines Betrages von 67.830 € festgestellt, dass nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werde, weil Ansprüche der Verletzten entgegenstehen, und es hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
2
Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


3
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen, der auf ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zum Pflichtverteidiger gestützt wird, ist unbegründet. Der Antrag auf Entpflichtung des Pflichtverteidigers und auf Bestellung eines neuen Pflichtverteidigers wurde vom dafür zuständigen Landgericht abgelehnt. Gründe, die darüber hinaus eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

II.


4
Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils führt zu dessen Aufhebung, soweit der Angeklagte wegen falscher Angaben verurteilt wurde, sowie im Ausspruch über die Einzelstrafen- und die Gesamtstrafe.
5
1. Die Urteilsfeststellungen sind hinsichtlich der falschen Angaben beim Registergericht über die Einzahlung des Stammkapitals (§§ 82 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 GmbHG) unklar und widersprüchlich.
6
Die Strafkammer führt aus, der Angeklagte habe sich dahin eingelassen, einen zunächst auf ein Firmenkonto einbezahlten Betrag in Höhe von 25.000 € wieder abgehoben und „bar in die Firmenkasse getan“ (UA S. 48 = UA S. 57) zu haben. „Das Geld“ sei sodann „für Auslagen“ und später zur Begleichung von Rechnungen verwendet worden (UA S. 48). Für das Revisionsgericht ist auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht ersichtlich, ob das Landgericht dieser Einlassung des Angeklagten, er habe das taggleich wieder abgehobene Stammkapital bar einbezahlt, Glauben geschenkt hat oder nicht. Das Urteil enthält Formulierungen, die dafür sprechen könnten, aber auch solche, die dagegen sprechen.
7
Wenn die Kammer ausführt, vom Angeklagten seien am gleichen Tag 29.000 € wieder abgehoben worden, "so dass die Stammeinlage der A. GmbH nicht mehr vorhanden war" (UA S. 5, 25, 161 sinngemäß) so könnte dies dafür sprechen, dass sie ihm die Bareinzahlung nicht geglaubt hat, zumal sie feststellt, der Angeklagte habe gewusst, dass seine Angaben (nach § 8 Abs. 2 GmbHG) falsch waren (UA S. 5). Dies könnte darauf hindeuten, dass die Kammer den bei der Bank einbezahlten und bescheinigten Geldbetrag als reines "Vorzeigegeld" (vgl. Dannecker in BeckOK-GmbHG, § 82 Rn. 102b mwN) betrachtete. Letztlich fehlt aber eine dahingehende klare Feststellung und eine entsprechende Begründung.
8
Andererseits könnten die Formulierungen, der Angeklagte hat "selbst eingeräumt" (UA S. 57, 48), dass er den Betrag in Höhe von 25.000 € nach Bescheinigung durch die Bank wieder abgehoben und den Betrag bar in die Firmenkasse getan habe, "auch wenn er Ziff. 1 eigentlich bestreiten wollte" (UA S. 57), dafür sprechen, dass die Kammer ihm Teil 2 - die Bareinzahlung - geglaubt hat.
9
Tat sie dies aber, wäre eine Verurteilung wegen falscher Angaben i.S.v. § 82 GmbHG rechtsfehlerhaft. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt da- rauf hin, dass für die gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG „einzuzahlende“ Stammeinlage deren effektive Einbringung in das Vermögen der in Gründung befindlichen Gesellschaft erforderlich ist. Dementsprechend muss sich die Versicherung gemäß § 8 GmbHG darauf erstrecken, dass sich die geleisteten Einlagen endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Dies ist bei Bareinlagen der Fall, wenn der Geschäftsführer tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die eingezahlten Mittel als Bar- oder als Buchgeld uneingeschränkt für die Gesellschaft zu verwenden (Schaub in MüKomm-GmbHG, § 8 Rn. 40 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. September 2004 - 5 StR 357/04; BGH, Beschluss vom 30. November 1995 - 1 StR 358/95).
10
Allerdings ist die Strafkammer nicht gehalten, Angaben eines Angeklagten als unwiderlegt hinzunehmen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Angaben fehlen (st. Rspr.; z.B. BGH, Beschluss vom 16. November 2010 - 1 StR 502/10). Das ist hier der Fall. Der Angeklagte hat die Notwendigkeit einer solch hohen Summe an Bargeld in keiner Weise begründet. Bargeldverkehr ist im Geschäftsleben unter Kaufleuten eher fernlie- gend. Eine konkrete Verwendung hat er nicht dargetan, Rechnungen hat er nicht spezifiziert. Seine pauschalen Behauptungen zur Verwendung werden durch nichts belegt.
11
Die unklaren und widersprüchlichen Feststellungen führen hinsichtlich der Verurteilung wegen falscher Angaben zur Aufhebung des Schuld- und des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08 mwN). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass beim Zusammentreffen mehrerer falscher Angaben in einer Erklärung nur von einer strafbaren Handlung auszugehen ist.
12
2. Die Strafzumessung begegnet rechtlichen Bedenken.
13
Die Ausführungen in den Urteilsgründen, zu Lasten des überwiegend bestreitenden Angeklagten sei dessen fehlende "Einsicht darin, dass er Fehler gemacht hat" zu berücksichtigen (UA S. 178), lassen besorgen, dass prozessual zulässiges Verteidigungsverhalten zu Unrecht strafschärfend berücksichtigt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 - 3 StR 192/10; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007 - 1 StR 199/07 jew. mwN). Zwar kann ein Verhalten des Täters nach der Tat strafschärfend wirken, wenn es trotz der ihm zustehenden Verteidigungsfreiheit auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit oder die Gefahr künftiger Rechtsbrüche hinweist oder andere mit der Tat zusammenhängende ungünstige Schlüsse auf seine Persönlichkeit zulässt (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1981 - 3 StR 61/81; BGH, Urteil vom 24. Juli1985 - 3 StR 127/85) oder wenn die Grenzen angemessener Verteidigung eindeutig überschritten sind und das Vorbringen des Angeklagten eine selbständige Rechtsgutsverletzung enthält (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2004 - 4 StR 576/03; zum Ganzen auch Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 46 Rn. 41 mwN; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 378 ff.). Dafür ist hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich.
14
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafaussprüche auf diesem Rechtsfehler beruhen. Zwar erweisen sich die verhängten Einzelstrafen angesichts des festgestellten Tatbildes und der festgestellten Tatumstände nicht als unangemessen hoch und es ist auch nicht zu besorgen, dass sie sich nach oben von ihrer Bestimmung gelöst haben, gerechter Schuldausgleich zu sein. Es begegnet insbesondere keinen Bedenken, dass gegen den Angeklagten für das ihm zur Last gelegte Vergehen des Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 6 StGB, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht, lediglich eine Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt wurde. Durch § 283 StGB sollen die Interessen der aktuellen Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche geschützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, hierzu BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01; zu weitergehenden - umstrittenen - Zielen vgl. Tiedemann in Leipziger Kommentar , StGB, 11. Aufl., vor § 283 Rn. 11; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., vor § 283 Rn. 2). Schon dies kann - wie bei anderen vermögensschützenden Normen - die Verhängung von Freiheitsstrafen rechtfertigen, die nicht notwendig im unteren Bereich angesiedelt sind. Der Senat kann hier nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die Einzelstrafen ohne die rechtsfehlerhafte Strafzumessungserwägung - mag dies auch nicht nahe liegen - niedriger ausgefallen wären. Diese sind daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.
15
3. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

III.


16
Darüber hinaus erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet. Auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 9. August 2011, die auch durch das weitere Revisionsvorbringen nicht entkräftet werden, nimmt der Senat Bezug.
17
Der weiteren Ausführungen bedarf es lediglich hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 5 Abs. 6 StGB i.V.m. § 238 HGB. Eine Strafbarkeit nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 7b StGB entfällt bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit zur Buchführung oder Bilanzerstellung. Eine solche Unmöglichkeit wird etwa dann angenommen, wenn sich der Täter zur Erstellung einer Bilanz oder zu ihrer Vorbereitung der Hilfe eines Steuerberaters bedienen muss und er die erforderlichen Kosten nicht aufbringen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02; BGH, Beschluss vom 5. November 1997 - 2 StR 462/97). Der Senat muss vorliegend nicht entscheiden, ob an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt festzuhalten ist, oder ob nicht vielmehr - um den gerade für Fälle ein- getretener „Zahlungsknappheit“ geschaffenen § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 StGB nicht leerlaufen zu lassen - ein Geschäftsführer, der ein Unternehmen betreibt, so rechtzeitig Vorsorge zu treffen hat, dass das Führen der Bücher und Erstellen der Bilanzen gerade auch in der Krise, bei der dem Führen ordnungsgemäßer Bücher besondere Bedeutung zukommt, gewährleistet ist (vgl. zu § 266a StGB auch BGH, Beschluss vom 11. August 2011 - 1 StR 295/11). Denn hier liegt es nach den Feststellungen des Landgerichts nahe, dass der zum „Einzelhandels- bzw. Großhandelskaufmann“ (UA S. 18) ausgebildete An- geklagte, selbst in der Lage war, eine den Anforderungen des § 238 HGB entsprechende Buchhaltung zu erstellen. Er war seit vielen Jahren mit unter- schiedlichen Unternehmen überwiegend im Immobiliengeschäft tätig (UA S. 19) und übernahm nunmehr auch die Geschäftsführung der in Rede stehenden Gesellschaft A. GmbH (in Gründung). Deren Anzahl von Geschäftsvorfällen war für ihn überschaubar. Eines Eingehens auf die zitierte Rechtsprechung bedurfte es daher nicht. Überdies bietet derjenige, der ein Handelsgewerbe betreibt oder als Organ eine ins Handelsregister einzutragende juristische Person leitet und daher gemäß § 238 HGB (gegebenenfalls i.V.m. § 241a HGB) buchführungspflichtig ist (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 34. Aufl., § 238 Rn. 7 ff.), regelmäßig die Gewähr dafür, zur Führung der Bücher (und Erstellung der Bilanzen) auch selbst in der Lage zu sein.
Nack Rothfuß Hebenstreit
Elf Graf

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 354/11
vom
20. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Oktober 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen wird verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 22. Dezember 2010 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen „falscher Angaben in Tatein- heit mit falschen Angaben“ verurteilt wurde und
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie im Gesamtstrafenausspruch.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „falscher Angaben in Tat- einheit mit falschen Angaben in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit gewerbsmäßigem Betrug in 14 sachlich zusammentreffenden Fäl- len in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis“ zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Es hat ferner hinsichtlich eines Betrages von 67.830 € festgestellt, dass nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werde, weil Ansprüche der Verletzten entgegenstehen, und es hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
2
Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


3
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen, der auf ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zum Pflichtverteidiger gestützt wird, ist unbegründet. Der Antrag auf Entpflichtung des Pflichtverteidigers und auf Bestellung eines neuen Pflichtverteidigers wurde vom dafür zuständigen Landgericht abgelehnt. Gründe, die darüber hinaus eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

II.


4
Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils führt zu dessen Aufhebung, soweit der Angeklagte wegen falscher Angaben verurteilt wurde, sowie im Ausspruch über die Einzelstrafen- und die Gesamtstrafe.
5
1. Die Urteilsfeststellungen sind hinsichtlich der falschen Angaben beim Registergericht über die Einzahlung des Stammkapitals (§§ 82 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 GmbHG) unklar und widersprüchlich.
6
Die Strafkammer führt aus, der Angeklagte habe sich dahin eingelassen, einen zunächst auf ein Firmenkonto einbezahlten Betrag in Höhe von 25.000 € wieder abgehoben und „bar in die Firmenkasse getan“ (UA S. 48 = UA S. 57) zu haben. „Das Geld“ sei sodann „für Auslagen“ und später zur Begleichung von Rechnungen verwendet worden (UA S. 48). Für das Revisionsgericht ist auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht ersichtlich, ob das Landgericht dieser Einlassung des Angeklagten, er habe das taggleich wieder abgehobene Stammkapital bar einbezahlt, Glauben geschenkt hat oder nicht. Das Urteil enthält Formulierungen, die dafür sprechen könnten, aber auch solche, die dagegen sprechen.
7
Wenn die Kammer ausführt, vom Angeklagten seien am gleichen Tag 29.000 € wieder abgehoben worden, "so dass die Stammeinlage der A. GmbH nicht mehr vorhanden war" (UA S. 5, 25, 161 sinngemäß) so könnte dies dafür sprechen, dass sie ihm die Bareinzahlung nicht geglaubt hat, zumal sie feststellt, der Angeklagte habe gewusst, dass seine Angaben (nach § 8 Abs. 2 GmbHG) falsch waren (UA S. 5). Dies könnte darauf hindeuten, dass die Kammer den bei der Bank einbezahlten und bescheinigten Geldbetrag als reines "Vorzeigegeld" (vgl. Dannecker in BeckOK-GmbHG, § 82 Rn. 102b mwN) betrachtete. Letztlich fehlt aber eine dahingehende klare Feststellung und eine entsprechende Begründung.
8
Andererseits könnten die Formulierungen, der Angeklagte hat "selbst eingeräumt" (UA S. 57, 48), dass er den Betrag in Höhe von 25.000 € nach Bescheinigung durch die Bank wieder abgehoben und den Betrag bar in die Firmenkasse getan habe, "auch wenn er Ziff. 1 eigentlich bestreiten wollte" (UA S. 57), dafür sprechen, dass die Kammer ihm Teil 2 - die Bareinzahlung - geglaubt hat.
9
Tat sie dies aber, wäre eine Verurteilung wegen falscher Angaben i.S.v. § 82 GmbHG rechtsfehlerhaft. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt da- rauf hin, dass für die gemäß § 7 Abs. 2 GmbHG „einzuzahlende“ Stammeinlage deren effektive Einbringung in das Vermögen der in Gründung befindlichen Gesellschaft erforderlich ist. Dementsprechend muss sich die Versicherung gemäß § 8 GmbHG darauf erstrecken, dass sich die geleisteten Einlagen endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Dies ist bei Bareinlagen der Fall, wenn der Geschäftsführer tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die eingezahlten Mittel als Bar- oder als Buchgeld uneingeschränkt für die Gesellschaft zu verwenden (Schaub in MüKomm-GmbHG, § 8 Rn. 40 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. September 2004 - 5 StR 357/04; BGH, Beschluss vom 30. November 1995 - 1 StR 358/95).
10
Allerdings ist die Strafkammer nicht gehalten, Angaben eines Angeklagten als unwiderlegt hinzunehmen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Angaben fehlen (st. Rspr.; z.B. BGH, Beschluss vom 16. November 2010 - 1 StR 502/10). Das ist hier der Fall. Der Angeklagte hat die Notwendigkeit einer solch hohen Summe an Bargeld in keiner Weise begründet. Bargeldverkehr ist im Geschäftsleben unter Kaufleuten eher fernlie- gend. Eine konkrete Verwendung hat er nicht dargetan, Rechnungen hat er nicht spezifiziert. Seine pauschalen Behauptungen zur Verwendung werden durch nichts belegt.
11
Die unklaren und widersprüchlichen Feststellungen führen hinsichtlich der Verurteilung wegen falscher Angaben zur Aufhebung des Schuld- und des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08 mwN). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass beim Zusammentreffen mehrerer falscher Angaben in einer Erklärung nur von einer strafbaren Handlung auszugehen ist.
12
2. Die Strafzumessung begegnet rechtlichen Bedenken.
13
Die Ausführungen in den Urteilsgründen, zu Lasten des überwiegend bestreitenden Angeklagten sei dessen fehlende "Einsicht darin, dass er Fehler gemacht hat" zu berücksichtigen (UA S. 178), lassen besorgen, dass prozessual zulässiges Verteidigungsverhalten zu Unrecht strafschärfend berücksichtigt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 - 3 StR 192/10; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007 - 1 StR 199/07 jew. mwN). Zwar kann ein Verhalten des Täters nach der Tat strafschärfend wirken, wenn es trotz der ihm zustehenden Verteidigungsfreiheit auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit oder die Gefahr künftiger Rechtsbrüche hinweist oder andere mit der Tat zusammenhängende ungünstige Schlüsse auf seine Persönlichkeit zulässt (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1981 - 3 StR 61/81; BGH, Urteil vom 24. Juli1985 - 3 StR 127/85) oder wenn die Grenzen angemessener Verteidigung eindeutig überschritten sind und das Vorbringen des Angeklagten eine selbständige Rechtsgutsverletzung enthält (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2004 - 4 StR 576/03; zum Ganzen auch Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 46 Rn. 41 mwN; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 378 ff.). Dafür ist hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich.
14
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafaussprüche auf diesem Rechtsfehler beruhen. Zwar erweisen sich die verhängten Einzelstrafen angesichts des festgestellten Tatbildes und der festgestellten Tatumstände nicht als unangemessen hoch und es ist auch nicht zu besorgen, dass sie sich nach oben von ihrer Bestimmung gelöst haben, gerechter Schuldausgleich zu sein. Es begegnet insbesondere keinen Bedenken, dass gegen den Angeklagten für das ihm zur Last gelegte Vergehen des Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 6 StGB, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht, lediglich eine Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt wurde. Durch § 283 StGB sollen die Interessen der aktuellen Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche geschützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, hierzu BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01; zu weitergehenden - umstrittenen - Zielen vgl. Tiedemann in Leipziger Kommentar , StGB, 11. Aufl., vor § 283 Rn. 11; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., vor § 283 Rn. 2). Schon dies kann - wie bei anderen vermögensschützenden Normen - die Verhängung von Freiheitsstrafen rechtfertigen, die nicht notwendig im unteren Bereich angesiedelt sind. Der Senat kann hier nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die Einzelstrafen ohne die rechtsfehlerhafte Strafzumessungserwägung - mag dies auch nicht nahe liegen - niedriger ausgefallen wären. Diese sind daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.
15
3. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

III.


16
Darüber hinaus erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet. Auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 9. August 2011, die auch durch das weitere Revisionsvorbringen nicht entkräftet werden, nimmt der Senat Bezug.
17
Der weiteren Ausführungen bedarf es lediglich hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 5 Abs. 6 StGB i.V.m. § 238 HGB. Eine Strafbarkeit nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 7b StGB entfällt bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit zur Buchführung oder Bilanzerstellung. Eine solche Unmöglichkeit wird etwa dann angenommen, wenn sich der Täter zur Erstellung einer Bilanz oder zu ihrer Vorbereitung der Hilfe eines Steuerberaters bedienen muss und er die erforderlichen Kosten nicht aufbringen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02; BGH, Beschluss vom 5. November 1997 - 2 StR 462/97). Der Senat muss vorliegend nicht entscheiden, ob an dieser Rechtsprechung uneingeschränkt festzuhalten ist, oder ob nicht vielmehr - um den gerade für Fälle ein- getretener „Zahlungsknappheit“ geschaffenen § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 StGB nicht leerlaufen zu lassen - ein Geschäftsführer, der ein Unternehmen betreibt, so rechtzeitig Vorsorge zu treffen hat, dass das Führen der Bücher und Erstellen der Bilanzen gerade auch in der Krise, bei der dem Führen ordnungsgemäßer Bücher besondere Bedeutung zukommt, gewährleistet ist (vgl. zu § 266a StGB auch BGH, Beschluss vom 11. August 2011 - 1 StR 295/11). Denn hier liegt es nach den Feststellungen des Landgerichts nahe, dass der zum „Einzelhandels- bzw. Großhandelskaufmann“ (UA S. 18) ausgebildete An- geklagte, selbst in der Lage war, eine den Anforderungen des § 238 HGB entsprechende Buchhaltung zu erstellen. Er war seit vielen Jahren mit unter- schiedlichen Unternehmen überwiegend im Immobiliengeschäft tätig (UA S. 19) und übernahm nunmehr auch die Geschäftsführung der in Rede stehenden Gesellschaft A. GmbH (in Gründung). Deren Anzahl von Geschäftsvorfällen war für ihn überschaubar. Eines Eingehens auf die zitierte Rechtsprechung bedurfte es daher nicht. Überdies bietet derjenige, der ein Handelsgewerbe betreibt oder als Organ eine ins Handelsregister einzutragende juristische Person leitet und daher gemäß § 238 HGB (gegebenenfalls i.V.m. § 241a HGB) buchführungspflichtig ist (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 34. Aufl., § 238 Rn. 7 ff.), regelmäßig die Gewähr dafür, zur Führung der Bücher (und Erstellung der Bilanzen) auch selbst in der Lage zu sein.
Nack Rothfuß Hebenstreit
Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 431/10
vom
25. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. November 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 5. August 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten am 3. März 2009 wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls sowie wegen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Mit Beschluss vom 25. November 2009 stellte der Senat auf die Revision des Angeklagten das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit er wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls verurteilt worden war, und hob bei gleichzeitiger Berichtigung des Schuldspruchs und des Adhäsionsausspruchs das Urteil unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch auf. Die weitergehende Revision des Angeklagten wurde verworfen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht nunmehr auf eine Jugendstrafe von zwei Jahren erkannt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
3
Der Strafausspruch hat wiederum keinen Bestand. Das Landgericht hat zur Begründung der verhängten Jugendstrafe lediglich Folgendes ausgeführt: "Grundlage der Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten sind die vom Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht beanstandeten Ausführungen im Urteil des Landgerichts vom 3.3.2009 unter der dortigen Ziff. V., soweit es um die zu Ziff. II. 1 und 2 des Urteils festgestellten Taten geht.... Da bei der Strafzumessung die Tat zu Ziff. II. 3. des vorgenannten Urteils [der gemäß § 154 Abs. 2 StPO ausgeschiedene Vorwurf des Wohnungseinbruchsdiebstahls ] nicht zu berücksichtigen ist, somit der dem Angeklagten zur Last zu liegende Unrechtsgehalt seiner Taten wesentlich geringer ist, konnte es bei der Bemessung der Einheitsjugendstrafe mit zwei Jahren sein Bewenden haben."
4
Damit hat die Strafkammer zur Begründung der Jugendstrafe ausschließlich auf die Strafzumessungserwägungen des früheren Urteils Bezug genommen. Diese Bezugnahme ist indes unzulässig, weil der Strafausspruch jenes Urteils und damit die ihn tragenden Erwägungen - anders als die ihm zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen - durch die Entscheidung des Senats vom 25. November 2009 aufgehoben worden ist (BGH, Beschluss vom 26. Mai 2004 - 4 StR 149/04). Die Strafzumessungserwägungen aus dem früheren Urteil sind deshalb nicht mehr existent und können daher auch nicht Gegenstand einer Bezugnahme sein. Damit fehlt es an einer tragfähigen Begründung der festgesetzten Jugendstrafe.
5
Der neue Tatrichter wird auf der Grundlage der aufrechterhaltenen Feststellungen aus dem ersten Urteil und ergänzenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, die in der neuen Hauptverhandlung getroffen werden, eigenständige und neue Erwägungen zur gesamten Strafzumessung , mithin auch zur Frage der Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht (vgl. zum Verbot der Schlechterstellung Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 331 Rn. 14) anzustellen haben.
Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 130/09
vom
12. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Mai 2009 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 11. Dezember 2008 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen und Auflösung der daraus gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 28. November 2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat zum Ausspruch über die Gesamtstrafe Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die gemäß § 55 StGB unter Schärfung der Einsatzstrafe von drei Jahren und neun Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 28. November 2006 gebildete Gesamtstrafe hat keinen Bestand.
3
Die Bemessung der Gesamtstrafe bedarf einer eingehenden Begründung , wenn sie sich - wie hier - auffallend von der Einsatzstrafe entfernt (vgl. BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 2 StR 593/08). Diesen Anforderungen genügt das Urteil insbesondere auch deshalb nicht, weil das Landgericht die Gesamtstrafe "unter Berücksichtigung und Abwägung aller Strafzumessungserwägungen, auf die jene 10 Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 28.11.2006 zurückgehen", gebildet hat. Diese Strafzumessungserwägungen hat das Landgericht jedoch im angefochtenen Urteil nicht mitgeteilt. Es hat damit in unzulässiger Weise auf Erkenntnisquellen außerhalb des eigenen Urteils verwiesen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 137; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 1; BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 - 5 StR 489/06). Das vorliegende Urteil lässt deshalb eine vollständige Überprüfung der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe, insbesondere der in Bezug genommenen Strafzumessungserwägungen, nicht zu. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe war demgemäß aufzuheben, weil nicht sicher auszuschließen ist, dass dieser auf dem Rechtsfehler beruht.
4
Die zu Grunde liegenden Feststellungen können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen worden sind. Hinsichtlich der in Bezug genommenen Strafzumessungserwägungen wird der neue Tatrichter ergänzende Feststellungen zu treffen haben.
Maatz Athing Frau Richterin am BGH Solin-Stojanović ist urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb verhindert zu unterschreiben Maatz Ernemann Franke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 156/12
vom
29. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 29. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Dezember 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
I. Der Angeklagte war durch Urteil des Landgerichts vom 22. Februar 2011 wegen Betruges in drei Fällen, Untreue in 33 Fällen und Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Außerdem hatte das Landgericht festgestellt, dass von der verhängten Freiheitsstrafe neun Monate als vollstreckt gelten.
2
Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat den Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte (neben zwei durch Verwerfung der Revision im Übrigen in Rechtskraft erwachsenen weiteren Fällen) im Tatkomplex II. 3. der Urteilsgründe des Betruges in 18 Fällen sowie des versuchten Betruges in zwei Fällen schuldig sei. Außerdem hatte er das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Untreue in 33 Fällen und Bankrotts verurteilt worden war, im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
3
Das Landgericht hat nach Einstellung der im ersten Durchgang als Untreue und Bankrott bewerteten Taten nach § 154 Abs. 2 StPO den Angeklagten "wegen Betruges in 22 Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt" und wieder- holt, dass von der "verhängten Freiheitsstrafe … neun Monate als vollstreckt" gelten.
4
Die dagegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachbeschwerde Erfolg.
5
II. Das Landgericht hat, soweit ihm eine Festsetzung der Einzelstrafen noch oblag, die versuchten und vollendeten Betrugstaten als besonders schwere Fälle (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB) beurteilt. Es hat dazu das Urteil vom 22. Februar 2011 im Anschluss an die Eingangsbemerkung, der "Verurteilung" lägen "damit folgende Feststellungen zu Grunde", wörtlich dahin zitiert, der Angeklagte habe jeweils in der Absicht gehandelt, "sich durch die fortge- setzte Begehung von Betrugstaten … eine nichtnur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen". Eigene, mit einer eigenständigen Beweiswürdigung belegte Feststellungen (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2012 - 2 StR 592/11) zur gewerbsmäßigen Handlungsweise des Angeklagten hat es nicht getroffen.
6
Damit hat das Landgericht seine Beurteilung auf Feststellungen des Urteils vom 22. Februar 2011 gestützt, die - weil die Strafzumessung betreffend (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2008 - 3 StR 52/08, juris Rn. 5) - durch den Beschluss des Senats im ersten Revisionsverfahren mit aufgehoben waren. Dies führt zur Aufhebung der Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs; denn das Fehlen eigener entscheidungserheblicher Feststellungen des Tatrichters ist ein sachlich-rechtlicher Mangel, der auf die allgemeine Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 - 2 StR 62/07, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Tenorierung 1).
7
III. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der neue Tatrichter eigene - und nicht nur ergänzende - Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten zu treffen haben wird (BGH, Beschluss vom 25. Juni 1999 - 3 StR 239/99, NStZ-RR 2000, 39 mwN; MeyerGoßner , StPO, 54. Aufl., § 353 Rn. 19).
Becker Pfister Hubert Schäfer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 250/09
vom
27. August 2009
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1; StPO § 353 Abs. 1
Die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im
Strafausspruch erfasst grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur
revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung.
BGH, Urt. vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09 - LG Hannover
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. August
2009, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Februar 2009 im Ausspruch über die Entschädigung für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung aufgehoben; der Ausspruch entfällt. Die Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten, der bereits rechtskräftig wegen besonders schwerer Vergewaltigung schuldig gesprochen worden war, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von der verhängten Freiheitsstrafe neun Monate als verbüßt gelten. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten , auf die Sachrüge gestützten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe zu Unrecht einen Teil der verhängten Strafe als vollstreckt angesehen. Das trotz des umfassenden Aufhebungsantrags ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf den Kompensationsausspruch beschränkte (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09) Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Die angefochtene Kompensationsentscheidung kann nicht bestehen bleiben; denn ihr steht die auch insoweit eingetretene Teilrechtskraft des in die- sem Verfahren zuvor ergangenen landgerichtlichen Urteils vom 15. Februar 2008 entgegen.
3
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
4
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 15. Februar 2008 wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision hatte der Angeklagte unter anderem mit einer Verfahrensrüge einen Verstoß gegen Art. 6 MRK geltend gemacht, weil das Verfahren durch unzureichende Ermittlungen des Aufenthalts der Geschädigten durch die Polizeibehörden rechtsstaatswidrig verzögert worden sei; dies habe das Landgericht im Urteil feststellen und festlegen müssen, welcher Teil der Strafe zur Kompensation als vollstreckt gelte. Der Generalbundesanwalt hatte beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, und ausgeführt , die dargestellte Verfahrensrüge sei weder in der erforderlichen Form erhoben noch in der Sache begründet. Mit einer weiteren verfahrensrechtlichen Beanstandung hatte der Angeklagte gerügt, dass ein auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schuldfähigkeit gerichteter Beweisantrag rechtsfehlerhaft abgelehnt worden sei. Auf diese Rüge hatte der Senat mit Beschluss vom 7. August 2008 (3 StR 274/08) das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB unterblieben war aufgehoben sowie die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen; die weitergehende Revision hatte er verworfen.
5
Nach der Zurückverweisung hat das Landgericht das nunmehr von der Staatsanwaltschaft im Kompensationsausspruch angegriffene Urteil erlassen.
Die nach seiner Ansicht gegebene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat es damit begründet, dass die Polizeibehörden während des Ermittlungsverfahrens den Aufenthaltsort der Geschädigten nicht intensiv genug ermittelt hätten.
6
2. Das Landgericht durfte die angefochtene Kompensationsentscheidung nicht treffen. Hierzu gilt:
7
Führt die Revision nur teilweise zur Urteilsaufhebung, erwächst der bestehen bleibende Teil in Rechtskraft; dieser ist im neuen Verfahren nicht mehr nachzuprüfen (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 353 Rdn. 32). Der neue Tatrichter, an den das Verfahren nach der Zurückverweisung gelangt, hat lediglich den noch offenen Verfahrensgegenstand neu zu verhandeln und zu entscheiden (vgl. Wohlers in SK-StPO § 354 Rdn. 87). Hieraus folgt etwa, dass der Schuldspruch rechtskräftig wird, wenn das angefochtene Urteil allein im Strafausspruch aufgehoben wird (sog. horizontale Teilrechtskraft). Auch innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs kann horizontale Teilrechtskraft bezüglich einzelner Tatfolgen eintreten, wenn lediglich der Strafausspruch aufgehoben wird und weitere Rechtsfolgen, auf die das Tatgericht erkannt hat, von Art und Höhe der Strafe unabhängig sind. Dies richtet sich nach den für die Rechtsmittelbschränkung geltenden Grundsätzen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 353 Rdn. 8) und kann etwa der Fall sein bei Einziehungs- (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Dezember 1998 - 2 StR 536/98 Rdn. 5) sowie Unterbringungsanordnungen (vgl. BGH bei Holtz MDR 1980, 454 f.; NStZ 1982, 483) oder sonstigen Maßregeln wie der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 1983 - 3 StR 215/83 Rdn. 4 ff.). Maßgebend für den Umfang der Aufhebung ist die Formulierung im Urteilstenor bzw. der Beschlussformel der revisionsgerichtlichen Entscheidung. Die Aufhebung des Strafausspruchs betrifft regelmäßig nur die Strafe, die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs die gesamten Rechts- folgen der Tat (vgl. Kuckein aaO Rdn. 21 m. w. N.; weitergehend für § 76 a StGB aF noch BGHSt 14, 381, 382).
8
Nach diesen Maßstäben erfasst die Aufhebung allein des Strafausspruchs durch das Revisionsgericht grundsätzlich die Frage eines Ausgleichs für eine bis dahin eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht; vielmehr tritt insoweit horizontale (Teil-)Rechtskraft ein. Zwar wurde nach der früheren Rechtsprechung die übermäßige und von dem Angeklagten nicht zu vertretende Verzögerung des Verfahrens bei der Strafzumessung berücksichtigt. Demgemäß umfasste damals die Aufhebung eines tatgerichtlichen Urteils im Strafausspruch auch die Frage der Kompensation eines rechtsstaatswidrigen Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot. Jedoch hat der Große Senat für Strafsachen dieses sog. Strafabschlagsmodell mit seiner Entscheidung vom 17. Januar 2008 (BGHSt 52, 124) aufgegeben und es durch die sog. Vollstreckungslösung ersetzt. Danach ist der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nunmehr getrennt und unabhängig von der Strafzumessung vorzunehmen. Er lässt die Frage des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe unberührt und stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. Meyer-Goßner aaO Art. 6 MRK Rdn. 9 a). Deshalb sind der Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung grundsätzlich je für sich auf Rechtsfehler überprüfbar (vgl. BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09 Rdn. 27). Hieraus folgt im Einzelnen:
9
Enthält ein landgerichtliches Urteil - wie hier die ursprüngliche Entscheidung der Strafkammer vom 15. Februar 2008 - keine Kompensationsentscheidung für eine bis zur Urteilsverkündung eingetretene Verzögerung, kann der Angeklagte, wenn er dies für rechtsfehlerhaft hält, sich hiergegen mit seiner Revision wenden. Zu diesem Zweck muss er grundsätzlich - wenn sich die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht bereits aus den Urteilsgründen ergibt und deshalb mit der Sachrüge zur Prüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden kann (vgl. BGHSt 49, 342) - eine Verfahrensrüge erheben (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 50, 56). Dringt er wie hier mit seiner Beanstandung nicht durch, und hebt das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil insoweit auch nicht wegen einer erheblichen Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist auf eine zulässige Revision von Amts wegen auf (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 320), steht rechtskräftig fest, dass der Angeklagte nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 MRK vor Ergehen der Revisionsentscheidung zu entschädigen ist. Gleiches gilt, wenn das Revisionsgericht das erstinstanzliche Urteil neben dem Strafausspruch aufhebt, soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist; denn die Frage, ob eine solche Maßregel anzuordnen ist, berührt die Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung aus den genannten Gründen ebenfalls nicht. Es liegt zudem nahe, dass die vorgenannten Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn der Angeklagte keine Verfahrensrüge erhoben hat und für das Revisionsgericht auch sonst kein Anlass besteht, die Frage der Verfahrensverzögerung ausdrücklich in den Blick zu nehmen; denn diese Umstände sind für den Eintritt und die Wirkungen der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich ohne Belang.
10
Dem neuen Tatrichter ist es deshalb verwehrt, dem Angeklagten nach der Teilaufhebung eines Urteils ausschließlich im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist allein wegen eines zeitlich vor der Entscheidung des Revisionsgerichts liegenden Verstoßes gegen Art. 6 MRK eine Entschädigung zuzusprechen; er hat vielmehr lediglich neu über die Strafzumessung und den Maßregelausspruch zu befinden. Daneben hat er, sofern hierzu Anlass besteht, allerdings zu prüfen und zu entscheiden, ob nach der Entscheidung des Revisionsgerichts eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten und zu kompensieren ist; denn der Umstand, dass eine Entschädigungspflicht wegen eines bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung gegebenen Verstoßes gegen Art. 6 MRK nicht besteht, schließt es nicht aus, dass eine Kompensation aufgrund einer erst danach aufgetretenen Verzögerung ausgesprochen werden kann. Diese Frage hat das Tatgericht nach den insoweit allgemein geltenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. BGHSt 52, 124, 146 ff.); demgemäß hat es bei seiner Bewertung das gesamte Verfahren und damit auch diejenigen Teile in den Blick zu nehmen, die vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen. Diese Gesamtbetrachtung ist ihm nicht deshalb verschlossen, weil bereits rechtskräftig entschieden ist, dass dem Angeklagten allein aufgrund von Umständen, die zeitlich vor der revisionsgerichtlichen Entscheidung liegen, kein Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu gewähren ist.
11
Aus alldem ergibt sich, dass die nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zur sog. Vollstreckungslösung ergangene teilweise Aufhebung des landgerichtlichen Urteils durch den Beschluss des Senats vom 7. August 2008 die Frage der Entschädigung des Angeklagten für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung in der Zeit bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung nicht betroffen hat; insoweit ist vielmehr (Teil-)Rechtskraft eingetreten. Das Landgericht durfte deshalb nach der Zurückverweisung der Sache nicht einen - vermeintlichen - Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot im Ermittlungsverfahren kompensieren. Der entsprechende Ausspruch muss somit entfallen; dies hat der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entschieden.
12
3. Der Senat hat deshalb nicht mehr in der Sache zu entscheiden, ob die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung tragen. Die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils geben jedoch Anlass zu bemerken, dass nicht jedes Versäumnis der Ermittlungsbehörden einen zu kompensierenden Verstoß gegen Art. 6 MRK zu begründen vermag. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese wie hier nicht völlig untätig waren und der Vorwurf allein dahin geht, sie hätten möglicherweise noch intensiver ermitteln können. Der Senat neigt dazu, in solchen Fällen eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung - in Anlehnung an die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Kompensation von Verfahrensverzögerungen , die allein durch eine auf die Revision des Angeklagten erfolgte Aufhebung des tatgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache entstehen (vgl. BGH NStZ 2009, 104) - allenfalls bei ganz erheblichen, kaum verständlichen Ermittlungsfehlern in Betracht zu ziehen. In diesem Sinne gravierende Versäumnisse hat das Landgericht nicht festgestellt. Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer