Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wohnten in A.

2

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für 224 Tage geltend. Die einfache Wegstrecke zu seinem Arbeitsplatz in B setzte er mit 69 km an.

3

Die Klägerin machte Fahrten zu ihrem Arbeitsplatz in C für 212 Tage mit 30 km geltend.

4

Zudem begehrte der Kläger --neben unstreitigen Werbungskosten in Höhe von 542 €-- die Berücksichtigung von Aufwendungen für den Besuch der Computermesse CeBIT in Hannover in Höhe von 255,30 €. Dabei handelt es sich um Fahrtkosten in Höhe von 237,30 € (791 km x 0,30 €), 6 € für den Tagesparkschein sowie eine Verpflegungspauschale von 12 €.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit lediglich Fahrtkosten auf der Grundlage einer einfachen Entfernung von 55 km. Bei der Klägerin legte er 22 km zugrunde. Aufwendungen für den Besuch der CeBIT erkannte das FA nicht als Werbungskosten an.

6

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger Klage, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 1966 veröffentlicht.

7

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

8

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 15. November 2010  5 K 1482/08 und die Einspruchsentscheidung vom 12. März 2008 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2006 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.196,10 € sowie bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 50,88 € berücksichtigt werden.

9

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG).

12

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat, ist eine Straßenverbindung dann als verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine andere --längere-- Straßenverbindung nutzt und auf diese Weise die Arbeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreicht (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1975 VI R 33/74, BFHE 117, 70, BStBl II 1975, 852; BFH-Beschluss vom 10. April 2007 VI B 134/06, BFH/NV 2007, 1309; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. Dezember 2001 IV C 5-S 2351-300/01, BStBl I 2001, 994). "Offensichtlich" verkehrsgünstiger ist die vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung dann, wenn ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich auch ein unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.

13

b) Der in Streit stehende zweite Halbsatz des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG wurde durch Art. 1 Nr. 8 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) nachträglich angefügt. Nach den Gesetzesmaterialien sollte für die Bestimmung der maßgeblichen Entfernung die kürzeste (benutzbare) Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zugrunde zu legen sein (Gesetzentwurf vom 10. Oktober 2000, BTDrucks 14/4242, S. 6). Da der Gesetzeswortlaut von der "kürzesten Straßenverbindung" und nicht mehr wie zuvor von der "kürzesten benutzbaren Straßenverbindung" sprach, kamen Zweifel auf, ob diese Formulierung eine längere Strecke noch zum Abzug zugelassen hätte. Da der Gesetzgeber eine solche Verschlechterung für Kraftfahrzeugbenutzer nicht beabsichtigte, stellte er mit der Ergänzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG um dessen zweiten Halbsatz klar, dass die bis 2000 geltende Rechtslage weiter fortbestehen sollte (Bericht des Finanzausschusses vom 8. November 2001, BTDrucks 14/7341, S. 10). Diese Rechtslage wiederum gründete sich wesentlich auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats (BFH-Urteil in BFHE 117, 70, BStBl II 1975, 852), die in Fällen, in denen zur Ableitung der Verkehrsströme längere, aber zeitlich günstigere Verkehrsverbindungen durch Schnell- oder Ringstraßen geschaffen worden waren, denjenigen Arbeitnehmern, die solche Verkehrsadern auch tatsächlich regelmäßig nutzten, den Abzug der hierdurch entstehenden höheren Aufwendungen ermöglichen wollte. Diese Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG ist mithin auch für die neu gefasste Regelung maßgeblich (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1309).

14

c) Konkrete zeitliche Vorgaben, die erfüllt sein müssen, um eine Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Fahrtroute anzusehen, gibt die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor.

15

Soweit in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 2005  10 K 514/05 E, EFG 2005, 1852; Hessisches FG, Urteil vom 25. September 2006  1 K 1310/04, juris) eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten für erforderlich gehalten wird, ist dem in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Insbesondere kann nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von 20 Minuten gefordert werden, weil § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG für jeglichen Arbeitsweg anzuwenden ist und bei einer solchen Auslegung für kürzere Strecken, beispielsweise wenn die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf der kürzesten Strecke regelmäßig nur etwa 20 Minuten dauert, praktisch keinen Anwendungsbereich mehr hätte, weil in diesem Fall eine zeitliche Verkürzung auf der schnellsten Strecke nicht mehr als 20 Minuten ergeben könnte. Hieraus ist ersichtlich, dass zeitliche Erfordernisse ins Verhältnis zur Gesamtdauer der Fahrten gesetzt werden müssen. Entsprechend ist die Frage, ob eine Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Route angesehen werden kann, nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen. Ist allenfalls eine geringfügige Verkürzung von unter 10 % der für die kürzeste Verbindung benötigten Fahrzeit zu erwarten, so spricht viel dafür, dass diese minimale Zeitersparnis allein für einen verständigen Verkehrsteilnehmer keinen ausschlaggebenden Anreiz darstellen dürfte, eine von der kürzesten Verbindung abweichende Route zu wählen. Umgekehrt ist eine relativ große zu erwartende Zeitersparnis ein Indiz dafür, eine Verbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG anzusehen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass das Merkmal der Verkehrsgünstigkeit auch andere Umstände als eine Zeitersparnis beinhaltet. So kann eine Straßenverbindung auch dann "offensichtlich verkehrsgünstiger" sein als die kürzeste Verbindung, wenn sich dies aus Umständen wie Streckenführung, Schaltung von Ampeln o.Ä. ergibt. Deshalb kann eine "offensichtlich verkehrsgünstigere" Straßenverbindung auch vorliegen, wenn nur eine relativ geringe oder gar keine Zeitersparnis zu erwarten ist, sich die Strecke jedoch aufgrund anderer Umstände als verkehrsgünstiger erweist als die kürzeste Verbindung.

16

3. Auch die Ausführungen in der Vorentscheidung, mit denen eine Berücksichtigung der Aufwendungen für den Besuch der CeBIT abgelehnt wurde, halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

17

Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) ist der beruflich veranlasste Anteil an Reisekosten als Werbungskosten abziehbar, wenn eine Reise berufliche und private Veranlassungsbeiträge enthält, die jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Notfalls sind beruflich und privat veranlasster Anteil im Wege der Schätzung zu ermitteln. Im Streitfall hat das FG seine Entscheidung, die geltend gemachten Aufwendungen für den Besuch des Klägers auf der CeBIT seien nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, lediglich damit begründet, dass ihre ausschließlich berufliche Veranlassung nicht belegt sei. Damit hat es die im Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 niedergelegten Grundsätze nicht angewandt, obwohl hierzu aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalls Veranlassung bestanden hätte.

18

4. Die Vorentscheidung war aufzuheben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Die Feststellungen des FG ermöglichen keine abschließende Entscheidung des Streitfalls. Im zweiten Rechtsgang wird das FG, ggf. im Wege einer Beweisaufnahme, feststellen, ob die von den Klägern für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte regelmäßig benutzten Straßenverbindungen "offensichtlich verkehrsgünstiger" waren als die jeweils kürzeste Route.

19

Hinsichtlich der Aufwendungen für den Besuch der CeBIT wird das FG feststellen, ob und ggf. inwieweit die geltend gemachten Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Werden --wie im Streitfall-- Kosten von Dritten übernommen, liegt eine berufliche Veranlassung nahe. Sollte nach den im zweiten Rechtsgang zu treffenden Feststellungen des FG keine überwiegende Veranlassung durch die berufliche Tätigkeit des Klägers vorliegen, wird das FG prüfen, ob eine Aufteilung anhand privater bzw. beruflicher Veranlassungsbeiträge möglich ist.

20

5. Angesichts dessen braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob dem FG die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind (Senatsurteil vom 11. Februar 2010 VI R 65/08, BFHE 228, 421, BStBl II 2010, 628, m.w.N.).

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Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Fa

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist einmal streitig, ob die Kläger der Entfernungspauschale die verkehrsgünstigere Straßenverbindung zwischen ihrer Wohnung und ihrer jeweiligen Arbeitsstätte zugrunde legen konnten und ob der Kläger für den Besuch der CeBIT Werbungskosten geltend machen konnte.

2

Im Streitjahr 2006 wurden die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger wohnten im Streitjahr in der J-Straße  in I. Der Kläger arbeitete bei der Z Versicherung in der S-Straße in F. Die Klägerin arbeitete in der Kindertagesstätte E in der H-Straße in W. Kläger und Klägerin erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

3

In der Einkommensteuererklärung für 2006 vom 22. Februar 2007 machte der Kläger Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 4.636,80 € (= 224 Tage x 69 km x € 0,30) geltend. Zudem setzte er - neben unstreitigen Werbungskosten in Höhe von 542,- € - für den Besuch der Computermesse CeBIT in Hannover am 11. März 2006 Werbungskosten in Höhe von 255,30 € an, die sich aus Fahrtkosten in Höhe von 237,30 € (= 791 km x 0,30 €), von 6,- € (Tagesparkschein) und von 12,- € (Verpflegungspauschale) zusammensetzten. Die Klägerin machte für ihre Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Entfernungspauschale in Höhe von 1.908,- € (= 212 Tage x 30 km x 0,30 €) geltend.

4

Mit Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 8. März 2007 berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit eine Entfernungspauschale in Höhe von 3.696,- € (= 224 Tage x 55 km x 0,30 €). Die übrigen vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten berücksichtigte der Beklagte in Höhe eines Betrages von 542,- €. Bei der Klägerin ging er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von einer Entfernungspauschale in Höhe von 1.400,- € (= 212 Tage x 22 Km x 0,30 €) aus (EStA, Bl.16). In den Erläuterungen führte er aus, dass „Aufwendungen für den Besuch von Publikumsmessen (CeBIT) nicht berücksichtigt werden konnten, da diese keinen ausschließlichen beruflichen Charakter haben. Nach den Feststellungen des Finanzamts beträgt die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Ehemannes nicht mehr als 55 km. Nach den Feststellungen des Finanzamts beträgt die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Ehefrau nicht mehr als 22 km“.

5

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Seine täglich gefahrene Strecke, die die verkehrsgünstigere und schnellere Strecke sei, betrage 69 km. Die Verkehrslage im Berufsverkehr habe sich nicht verbessert, sondern sei insbesondere durch ständige Staus um die ... (Autobahn A 01) und abends durch Dauerstaus am ... (A 02) bis auf die A 01 sowie vermehrten Stauaufkommens auf der A 03 verschärft. Die CeBIT besuche er als Fachbesucher regelmäßig seit 1987. Diese Aufwendungen seien ihm bisher stets anerkannt worden. Zudem sei der Besuch der CeBIT für ihn beruflich erforderlich. Als Bankbetriebswirt, der Firmenkunden zu betreuen habe sowie mit der Warenkreditsicherung befasst sei, besuche er heute hauptsächlich das Angebot des „Mittelstandsforums", das insbesondere Software-Lösungen für Risiko- und Debitorenmanagement anbiete. Bei ihr betrage die einfache Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach ihren Tachoangaben 24 km.

6

Mit Schreiben vom 19. September 2007 wies der Beklagte auf die gesetzliche Regelung gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG hin. Hiernach sei die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als diese Straßenverbindung könne nur dann zu Grunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger sei und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt werde. Wann eine Straßenverbindung offensichtlich verkehrsgünstiger sei, sei gesetzlich nicht geregelt. Der BFH habe mit Urteil vom 10. Oktober 1975 (VI R 33/74) entschieden, dass eine Strecke dann verkehrsgünstiger sei, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte - trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen - in der Regel schneller und pünktlicher erreiche. Das Finanzgericht Düsseldorf habe entschieden, dass eine Zeitersparnis von 20 Minuten ausreichend, aber auch erforderlich sei, um davon ausgehen zu können, dass die Arbeitstätte in der Regel schneller erreicht werde. Zudem bat er um die genaue Routenbeschreibung, die Angabe der Routenoptionen sowie um die Angabe der Fahrtzeit (EStA, Bl.29f.).

7

Mit weiteren Schreiben vom 14. Januar 2008 führten die nunmehr anwaltlich vertretenen Kläger aus, dass bei ihr - der Klägerin - ein Ansatz von 25 km und bei ihm – dem Kläger -ein solcher von 69 km berechtigt sei. Unbestritten sei, dass der Steuerpflichtige bei der Auswahl der Route nicht die kürzeste zu wählen habe, wenn diese, wie hier auf den in Frage kommenden Autobahnen A 01, A 02 und A 04 infolge von Überlastung und Staus, zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen führen würde. So habe das Finanzgericht Düsseldorf einen Umweg von 20 Kilometern toleriert, wenn dieser stressfreier und angenehmer empfunden werde. Die vom Beklagten angesetzte kürzere Strecke führe über die neuralgischen Baustellen der ... (A 01) und des ... (A 01 auf die A 02), bei denen in den Hauptverkehrszeiten, zu denen der Kläger unterwegs sei, kilometerlange Staus mit zeitweiligem Stillstand vorlägen. Dies bestätigten die beigefügten Verkehrsmeldungen aus dem Jahr 2007. Der Besuch der CeBIT sei durch seine berufliche Stellung bedingt und zu seiner Fortbildung notwendig gewesen (EStA, Bl.37-159).

8

Mit Schreiben vom 28. Januar 2008 bat der Beklagte die Kläger nochmals, um die genaue Routenbeschreibung aus dem Shell-Atlas und um Mitteilung der Fahrtzeit. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Wegstrecke von 24,5 km wies der Beklagte darauf hin, dass nur volle km anzusetzen seien, während angefangene Kilometer unberücksichtigt blieben (EStA, Bl.160).

9

Mit Schreiben vom 4. März 2008 legten die Kläger die Routenplanung nach dem Shell-Atlas nach W und nach F vor (EStA, Bl.176 und 181). Die Fahrzeitangaben der Shellroute gingen von normalen Verkehrsverhältnissen aus. Das heiße, sie berücksichtigten nicht die auf der A 02 über die ganze Zeit vorliegenden Staus durch Baustellen und die kilometerlangen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 60 km/h. Dies allein führe zu einer Verlängerung der Fahrzeit von bis zu 30 Minuten, manchmal sogar noch länger. Der Umweg über M lohne sich also.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. März 2008 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück (EStA, Bl.183). Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

11

Mit ihrer bei Gericht am 11. April 2008 eingegangenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass der Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass er aus Zeitersparnisgründen die um 14 km längere Umwegstrecke nicht ansetzen dürfe. Über das Internet werde immer nur die Strecke über die A 60 und A 66 mit unterschiedlichen Fahrzeiten zwischen 41 Minuten (reiseplanung.de) und 32 Minuten (klicktel) angezeigt, obwohl auf dieser Strecke im Streitjahr durch ihren Ausbau mit langen Baustellen und Geschwindigkeitsbeschränkungen in der Hauptverkehrszeit Staus die Regel gewesen seien. Die in den Routenplanern angegebenen Fahrzeiten von 32 bis 41 Minuten berücksichtigten nicht, dass die tatsächliche Fahrtdauer durchschnittlich erheblich über einer Stunde liege. Daher rechtfertige sich der gewählte Umweg über M, der zwar zu einer um 14 Kilometer längeren Fahrtstrecke führe, aber zugleich ohne Verkehrsbehinderung eine Fahrtzeitverkürzung zur Folge habe. Überdies habe er - der Kläger - die von ihm beantragten 69 km einwandfrei von seinem Tacho abgelesen. Der Besuch der CeBIT sei durch seine berufliche Stellung bedingt und auch zu seiner Fortbildung notwendig gewesen.

12

Schließlich betrage die von ihr - der Klägerin - von ihrem Tacho abgelesene Entfernung zwischen ihrer Wohnung und Arbeitsstätte 25,2 km und liege über den vom Beklagten anerkannten 22 km.

13

Die Kläger beantragen sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 8. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2008 dahin gehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nicht selbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 1.196,10 € und bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 190,80 € berücksichtigt werden.

14

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

15

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und trägt im Wesentlichen vor, dass ihm die Verkehrssituation auf der A 01 und A 02 bekannt sei. Nicht weniger problematisch sei jedoch die Verkehrssituation auf der A 05. So sei die Anschlussstelle ... auf der A 05 am 4. Oktober 2005 im Zuge der Baumaßnahmen am ... gesperrt worden. Am 28. August 2006 sei der Startschuss für den Bau des Autobahntunnels auf der A 05 erfolgt. Daher könne er nicht nachvollziehen, warum die Benutzung der längeren Straßenverbindung über die A 05 offensichtlich verkehrsgünstiger sein solle, als die kürzeste Straßenverbindung. Insbesondere hätten die Kläger nicht nachweisen können, dass mit der Benutzung der längeren Strecke eine erhebliche Zeitersparnis verbunden sei. Es sei auch nicht damit getan, das je nach Verkehrslagemeldung aus dem Internet oder dem Radio eine der beiden Strecken für die täglichen Fahrten ausgewählt werde. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 2. Halbsatz EStG sei für die Anerkennung einer längeren Straßenverbindung Voraussetzung, dass diese vom Arbeitnehmer regelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt werde. Einen entsprechenden Nachweis hätten die Kläger bislang nicht erbracht. Im Übrigen sei auffällig, dass die Kläger in ihrem Einspruch vom 27. März 2007 angegeben hätten, zur Ermittlung der Entfernung das PC-Programm „Shell-Atlas Routenplaner Vers. 5.06" verwendet zu haben. Im Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 4. März 2008 sowie auf Seite 4 der Klagebegründung sei davon die Rede, dass die beantragten 69 km einwandfrei vom Tacho des Fahrzeugs abgelesen worden seien.

16

Hier sei die kürzeste Straßenverbindung (55 km) der Besteuerung zu Grunde zu legen. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass die längere Straßenverbindung offensichtlich verkehrsgünstiger sei und dass diese zudem regelmäßig genutzt worden sei. Hinsichtlich der Entfernung der Wohnung zur Arbeitsstätte der Ehefrau habe er wiederum mittels Routenplaner map.24 eine Entfernung von 22,66 km ermittelt. Nach der Klagebegründung ergebe sich aus dem Routenplaner Shell-Atlas eine Entfernung von 23,2 km nach dem abgelesenen Tacho des Fahrzeugs der Klägerin betrage die Entfernung genau 25,2 km. Auch hier sei die kürzeste Straßenverbindung maßgeblich. Sie betrage nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG 22 km.

17

Hinsichtlich der vom Kläger für die CeBIT geltend gemachten Kosten verweise er auf die Entscheidung des FG Hamburg mit Urteil vom 14. März 2002 (VI 147/00). Hierin habe es entschieden, dass der Besuch der CeBIT der privaten Sphäre zuzuordnen sei, wenn der Steuerpflichtige einen über das allgemeine Informationsinteresse hinaus gehenden konkreten beruflichen Anlass nicht nachweise. Diesen habe der Kläger nicht nachgewiesen.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage hat keinen Erfolg. Der angegriffene Einkommensteuerbescheid für 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte ist bei der Berechnung der Entfernungspauschalen des Klägers und der Klägerin zum einen jeweils zu Recht von der kürzesten Straßenverbindung zwischen ihrer Wohnung und ihrer jeweiligen Arbeitsstelle ausgegangen. Zum anderen hat er auch die vom Kläger für die CeBIT geltend gemachten Werbungskosten zutreffend nicht anerkannt.

19

I. 1. Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Für die Bestimmung der Entfernung ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 2. Halbsatz EStG ausnahmsweise zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird.

20

2. Der Gesetzgeber hatte bei Einführung der Entfernungspauschale zum 1. Januar 2001 zunächst nur den Ansatz der kürzesten Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorgesehen. Durch das StÄndG 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3794) hat er jedoch zugelassen, dass eine andere als die kürzeste Straßenverbindung bei der Bestimmung der Entfernung zugrunde gelegt wird, wenn jene die beschriebenen Voraussetzungen erfüllt, um die Benutzer von Kraftfahrzeugen im Verhältnis zur Rechtslage, wie sie bis Ende 2000 hinsichtlich des Kilometer-Pauschbetrags galt, nicht schlechter zu stellen. Die Ergänzung beruht nach den Materialien zum StÄndG 2001 auf dem Urteil des  BFH vom 10. Oktober 1975 (VI R 33/74, BStBl II 1975, 852). Durch sie sollte klargestellt werden, dass die bis 2000 geltende Rechtslage weiter fortbesteht. Zur Auslegung des Merkmals „offensichtlich verkehrsgünstiger" kann daher auf das BFH-Urteil und weitere Rechtsprechung zur früheren Fassung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG zurückgegriffen werden.

21

3. Mit Urteil vom 10. Oktober 1975 entschied der BFH, dass eine andere als die kürzeste Straßenverbindung dann offensichtlich verkehrsgünstiger als diese ist, wenn der Steuerpflichtige bei ihrer Benutzung ein Fahrziel trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreichen kann. Er hat dies bei einer täglichen Zeitersparnis von 20 bis 30 Minuten angenommen. Dabei belief sich die kürzeste Straßenverbindung in dem vom BFH entschiedenen Fall durch die Innenstadt auf 13 km und die Strecke zur Umgehung der Innenstadt auf 20 km. Eine Zeitersparnis in dieser Größenordnung ist allerdings erforderlich, um das Merkmal offensichtlich verkehrsgünstiger“ bejahen zu können (vgl. die Anmerkung in HFR 1976, 64; Bergkemper in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG-Kommentar, Bd. 7 [§§ 9-11b], § 9 EStG Anm. 459). Hingegen reicht es nicht aus, dass der Steuerpflichtige die Benutzung der kürzesten Straßenverbindung aufgrund der Verkehrsumstände (insbesondere wegen der Verkehrsdichte und des Verkehrsflusses) als nicht zumutbar empfindet. Um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu wahren, kann es nicht darauf ankommen, ob der Steuerpflichtige die Benutzung einer Straßenverbindung subjektiv für unzumutbar hält, weil Fahrten im Großstadtverkehr wegen der zahlreichen Störungen des Verkehrsflusses als weniger angenehm empfunden werden, als Fahrten auf Bundesstraßen oder Autobahnen, auf denen der Verkehr üblicherweise zügig fließt. Diese Belastungen treffen - wie auch der damit verbundene höhere Kraftstoffverbrauch und stärkere Verschleiß des Fahrzeugs - alle Verkehrsteilnehmer im Großstadtverkehr und müssen daher bei Anwendung des § 9 Abs.1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG außer Betracht bleiben (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 5. April 1977, III 100/75, DStR 1977, 575).

22

4. Dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 16. Juli 2004 (1 K 2696/02) ist zu entnehmen, dass bei einer Zeitdifferenz zwischen den beiden Fahrstrecken für Hin- und Rückfahrt von jeweils nur 8 Minuten für die verkehrsgünstigere Strecke an der kürzesten Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte festzuhalten ist. Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 18. Juli 2005 entschieden, dass eine Zeitersparnis von 20 Minuten grundsätzlich dazu berechtigt, eine verkehrsgünstigere Wegstrecke anzusetzen. Der Steuerpflichtige trägt aber die Feststellungslast für Tatsachen, die den Steueranspruch mindern (Urteil des FG Düsseldorf vom 18. Juli 2005, 10 K 514/05, EFG 2005, 1852). Das FG Hessen hat schließlich unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 10. Oktober 1975 hervorgehoben (Urteil des FG Hessen vom 25. September 2006, 1 K 1310/04, juris-Ausdruck), dass eine andere als die kürzeste Straßenverbindung dann offensichtlich verkehrsgünstiger ist, wenn der Steuerpflichtige bei ihrer Benutzung das Fahrtziel trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreichen kann. Bei einer Zeitersparnis von 20 bis 30 Minuten ist dies der Fall.

23

II. 1. Unter Zugrundelegung dessen haben die Kläger vorliegend schon nicht nachvollziehbar belegt, dass es sich bei der vom Kläger für seine täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzten Straßenverbindung von 69 km gegenüber der kürzesten Straßenverbindung von 55 km über die A 01 und A 02 tatsächlich um die „offensichtlich verkehrsgünstigere Straßenverbindung“ handelt. Die vom Kläger für die geltend gemachte Wegstrecke über die A 02 – Anschussstelle X – ...-Dreieck – A 06 – ...-dreieck – A 03 – ...-Kreuz – A 07 – F S-Straße durchschnittlich benötigte Fahrzeit hat der Kläger trotz wiederholter Aufforderung des Beklagten weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren angegeben. Sein Hinweis, dass die Fahrt über die kürzere Strecke - die A 01 und A 02 - wegen der Baustellen und Geschwindigkeitsbeschränkungen dazu führe, dass die einfache Fahrzeit über einer Stunde liege, reicht nicht aus, um die vermeintlich verkehrsgünstigere Wegstrecke der Berechnung der Entfernungspauschale zugrunde zu legen. Damit hat er nicht dargelegt, dass die Fahrtzeit über die angeblich verkehrsgünstigere Wegstrecke im Vergleich zur Fahrtzeit für die kürzeste Strecke tatsächlich auch zu der von der Rechtsprechung geforderten Fahrzeitersparnis von rund 20 Minuten für die einfache Wegstrecke führt. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Kläger diese Strecke subjektiv als stressfreier oder als angenehmer empfindet. Allein entscheidend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und der der Finanzgerichte, dass eine Zeitersparnis je einfacher Fahrt von rund 20 Minuten vorliegt. Hierzu haben die Kläger - wie dargelegt - aber überhaupt keine Angaben gemacht.

24

In diesem Zusammenhang ist des Weiteren zu beachten, dass gerichtsbekannt ist, dass auch die angeblich „verkehrsgünstigere Strecke“ nach F über die A 05, d. h. insbesondere über den ..., in Berufsverkehrszeiten nicht von Staus verschont ist. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, zumal seit August 2006 zwischen den Anschlussstellen der A 05 ... und ... überdies der Bau eines Tunnels zu erheblichen Verkehrsbehinderungen führt. Daran schließt sich die ...-Brücke als weiteres Nadelöhr an. Bedingt durch hohes Verkehrsaufkommen treten im Berufsverkehr auf ihr ebenfalls regelmäßig in beide Fahrtrichtungen entweder Staus oder zumindest zähfließender Verkehr mit entsprechenden zeitlichen Verzögerungen auf.

25

In Anbetracht dieser auch im Streitjahr 2006 auf der A 05 bestehenden tatsächlichen Gegebenheiten und der vom Kläger zu keiner Zeit erklärten tatsächlichen durchschnittlichen Fahrtzeit von seiner Wohnung in I zu seiner Arbeitsstätte in F und umgekehrt über die angeblich verkehrsgünstigere Straßenverbindung, hat der Beklagte zu Recht gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 1. Halbsatz EStG die kürzeste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Berechnung der Entfernungspauschale zugrunde gelegt.

26

2. Gleiches gilt auch für die Fahrtstrecke der Klägerin von ihrer Wohnung in I zu ihrer Arbeitsstelle in der H-Straße in W. Da die Klägerin insoweit schon nicht belegen konnte, dass die von ihr nach dem Shell-Atlas bzw. ihrem Tachometer angesetzten 25,2 km tatsächlich die anzusetzende Wegstrecke gewesen sind, hat der Beklagte die Entfernungspauschale zu Recht gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2 und S.4 EStG mit den vollen 22 km als kürzester Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzt.

27

III. 1. Die Kosten für die vom Kläger am 11. März 2006 besuchte CeBIT in Hannover in Höhe von 255,30 € hat der Beklagte ebenfalls zu Recht nicht berücksichtigt. Die Behauptung des Klägers, dass sein Besuch als Bankbetriebswirt durch seine berufliche Stellung bedingt und auch zu seiner Fortbildung notwendig gewesen sei, reicht nach Überzeugung des Senats nicht aus, die ausschließlich berufliche Veranlassung zu belegen. Vielmehr befriedigt der Besuch der CeBIT, als der weltweit bedeutendsten Messe für Datenverarbeitung, auch ein allgemeines Informations- und allgemeines berufliches Fortbildungsinteresse an moderner EDV-Technik und vermittelt einen gewissen Erlebniswert, der der privaten Sphäre zuzuordnen ist und wie insbesondere § 12 Nr. 1 S. 2 EStG zeigt, den Abzug der dem Kläger für den Besuch der CeBIT angefallenen Kosten als Werbungskosten bei seinen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ausschließt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des FG Hamburg in dem Urteil vom 14. März 2002 an (VI 147/00, juris- Ausdruck).

28

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass die für den Besuch der CeBIT vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen im Streitjahr 2006 angesetzt werden, weil sie vom Beklagten in den vorangegangenen Veranlagungsjahren anerkannt worden sind. Es entspricht dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, dass die Finanzbehörde in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen hat. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgeben. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Steuerpflichtige auf die von der Finanzbehörde bisher zu Grunde gelegte Rechtsauffassung vertraut hat. Das Finanzamt ist an eine bei einer früheren Veranlagung zugrunde gelegte Rechtsauffassung nicht einmal dann gebunden, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2006, IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028 m. w. N.). Daher hat der Beklagte die Aufwendungen für den Besuch der CeBIT im Streitjahr 2006 zutreffend nicht berücksichtigt.

29

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch

1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt;
2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen;
3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist;
4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen, höchstens 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.
4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen.
5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert.
5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte,
6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt;
7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.

(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,

1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt,
2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
können anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen.4Die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 sind durch amtliche Unterlagen nachzuweisen.

(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.

(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
5Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte.6Liegen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 für mehrere Tätigkeitsstätten vor, ist diejenige Tätigkeitsstätte erste Tätigkeitsstätte, die der Arbeitgeber bestimmt.7Fehlt es an dieser Bestimmung oder ist sie nicht eindeutig, ist die der Wohnung örtlich am nächsten liegende Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte.8Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird; die Regelungen für Arbeitnehmer nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4a sind entsprechend anzuwenden.

(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt

1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet,
3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
4Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend; Wohnung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist der Hausstand, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet sowie eine Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen der doppelten Haushaltsführung.5Bei einer Tätigkeit im Ausland treten an die Stelle der Pauschbeträge nach Satz 3 länderweise unterschiedliche Pauschbeträge, die für die Fälle der Nummer 1 mit 120 sowie der Nummern 2 und 3 mit 80 Prozent der Auslandstagegelder nach dem Bundesreisekostengesetz vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder aufgerundet auf volle Euro festgesetzt werden; dabei bestimmt sich der Pauschbetrag nach dem Ort, den der Arbeitnehmer vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten Tätigkeitsort im Ausland.6Der Abzug der Verpflegungspauschalen ist auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.7Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn sie mindestens vier Wochen dauert.8Wird dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Tätigkeit außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, sind die nach den Sätzen 3 und 5 ermittelten Verpflegungspauschalen zu kürzen:
1.
für Frühstück um 20 Prozent,
2.
für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 Prozent,
der nach Satz 3 Nummer 1 gegebenenfalls in Verbindung mit Satz 5 maßgebenden Verpflegungspauschale für einen vollen Kalendertag; die Kürzung darf die ermittelte Verpflegungspauschale nicht übersteigen.9Satz 8 gilt auch, wenn Reisekostenvergütungen wegen der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten einbehalten oder gekürzt werden oder die Mahlzeiten nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a pauschal besteuert werden.10Hat der Arbeitnehmer für die Mahlzeit ein Entgelt gezahlt, mindert dieser Betrag den Kürzungsbetrag nach Satz 8.11Erhält der Arbeitnehmer steuerfreie Erstattungen für Verpflegung, ist ein Werbungskostenabzug insoweit ausgeschlossen.12Die Verpflegungspauschalen nach den Sätzen 3 und 5, die Dreimonatsfrist nach den Sätzen 6 und 7 sowie die Kürzungsregelungen nach den Sätzen 8 bis 10 gelten entsprechend auch für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung, die bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, soweit der Arbeitnehmer vom eigenen Hausstand im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abwesend ist; dabei ist für jeden Kalendertag innerhalb der Dreimonatsfrist, an dem gleichzeitig eine Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 oder des Satzes 4 ausgeübt wird, nur der jeweils höchste in Betracht kommende Pauschbetrag abziehbar.13Die Dauer einer Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 an dem Tätigkeitsort, an dem die doppelte Haushaltsführung begründet wurde, ist auf die Dreimonatsfrist anzurechnen, wenn sie ihr unmittelbar vorausgegangen ist.

(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.

(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) vorgelegen haben sowie ob Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

3

Seit dem Veranlagungsjahr 1998 hatten die Kläger Unterhaltsleistungen an die 1934 geborene und verwitwete Mutter (M) der Klägerin als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. In der Einkommensteuererklärung für 1998 gaben sie an, M verfüge über keinerlei Barschaft, ihr Vermögen bestehe nur aus einem kleinen Häuschen. In den Erklärungen für die Streitjahre 1999 bis 2001 gaben die Kläger als Einkünfte der M deren Rente und als Vermögen --mit dem Hinweis "siehe Vorjahr"-- das Einfamilienhaus an. In den Einkommensteuerbescheiden für 1999 vom 20. Juni 2000, für 2000 vom 30. August 2001 und für 2001 vom 15. November 2002 sind jeweils Unterhaltszahlungen an die M in Höhe von 3.600 DM als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden.

4

Im Rahmen der Veranlagung 1999 fragte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 7. April 2000 bei den Klägern an, wie die land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Klägerin genutzt würden. In den Akten befindet sich eine Veräußerungsanzeige mit Eingangsstempel vom 22. August 2000, wonach die Klägerin am 10. August 2000 unbebaute Grundstücke für 74.000 DM verkauft hatte. Die Bewertungsstelle hatte dazu am 4. Oktober 2000 auf Anfrage mitgeteilt, die Grundstücke seien am 1. November 1993 und am 12. Juli 1999 durch Schenkung erworben worden und als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet. Angaben über den Schenker enthält die Mitteilung nicht.

5

Anlässlich einer Einspruchsbearbeitung stellte die Rechtsbehelfsstelle des FA im Jahr 2004 fest, dass M nicht nur Eigentümerin des selbst genutzten Grundstücks sowie eines --nicht angrenzenden-- Gartengrundstücks war, sondern auch Miterbin zu 1/2 nach dem Vater der Klägerin, und dass die Miterben --in Erbengemeinschaft-- Eigentümer eines 1.160 qm großen Bauplatzes waren. Des Weiteren wurde ermittelt, dass der Erbengemeinschaft 12.230 qm Ackerland und 2.806 qm Wald gehört hatten, die durch notariellen Vertrag vom 12. Juli 1999 ohne Gegenleistung der Klägerin zu Alleineigentum übertragen worden waren. Eine Kopie des Vertrages war am 26. Juli 1999 beim FA eingegangen, in die Grunderwerbsteuerstelle gelangt und dort abgeheftet worden.

6

Das FA teilte den Klägern daraufhin mit, es habe festgestellt, dass M Inhaberin eines nicht nur geringen Vermögens sei. Sie verfüge neben dem selbst bewohnten Einfamilienhaus über weiteren Grundbesitz. Es könne zudem davon ausgegangen werden, dass M über Bankguthaben in nicht nur geringem Umfang verfüge. Dies ergebe sich aus ihren von der Zinsabschlagsteuer freigestellten Zinserträgen. Darüber hinaus liege keine außergewöhnliche Belastung vor, wenn die unterstützte Person aufgrund von Unterhaltsgefährdung einen Anspruch auf Herausgabe verschenkten Vermögens habe. Das FA änderte am 20. September 2004 die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und berücksichtigte die Unterhaltsleistungen nicht mehr.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Sprungklage ab.

8

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG Nürnberg vom 5. Dezember 2006 I 315/2004 sowie die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 vom 20. September 2004 aufzuheben.

10

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat das FG das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bejaht. Seine Versagung des Abzugs für Unterhaltsaufwendungen unter Hinweis auf zu hohes Vermögen der unterstützten M hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.

12

1. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem FG die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Die Kläger haben ihre Revision auch auf Verletzung materiellen Rechts gestützt. In einem solchen Fall muss der Bundesfinanzhof (BFH) das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf eine Verletzung revisiblen Rechts prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (vgl. § 118 Abs. 3 Satz 2 FGO). Da die Revision aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, kann offenbleiben, ob sie auch infolge eines Verfahrensfehlers begründet ist (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BFH/NV 2007, 1604, unter II.1., m.w.N.).

13

2. Zutreffend ist die Ansicht des FG, die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für den Erlass der Änderungsbescheide hätten vorgelegen. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Zu diesen Tatsachen zählen auch sämtliche Umstände, die zur Annahme von eigenem Vermögen einer unterstützten Person im Rahmen des § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen. Danach sind das Eigentum der M an dem Gartengrundstück, das Miteigentum am Baugrundstück, die Übertragung des Miterbenanteils von M auf die Klägerin ebenso wie das Geldvermögen der M Tatsachen, die voneinander unabhängig den Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG ausschließen können. Eine Tatsache ist dem FA dann i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt, wenn es positive Kenntnis erlangt hat (BFH-Urteil vom 26. Februar 2009 II R 4/08, BFH/NV 2009, 1599).

14

a) Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass das FA weder von dem Eigentum der M am Gartengrundstück noch von ihrem Miteigentum am Baugrundstück oder von ihrem Geldvermögen Kenntnis zum Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung im Rahmen der Erstveranlagungen hatte. Dies wird durch die Kläger auch nicht angegriffen. Zudem konnte das FG zu Recht offenlassen, ob das FA bereits im Rahmen der Erstveranlagungen Kenntnis von den Übertragungsvorgängen zwischen M und der Klägerin hatte. § 173 AO knüpft die Rechtsfolge der Änderungsmöglichkeit an eine bestimmte Tatsache. Dass es daneben eine oder weitere andere Tatsachen gegeben hat, die möglicherweise bekannt waren und zu einer Änderung hätten führen müssen, ist unbeachtlich. Insoweit hätte der von den Klägern angebotene Zeugenbeweis mangels Entscheidungserheblichkeit keine weiterführenden Erkenntnisse bringen können.

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b) Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheitert auch nicht, wie die Kläger meinen, an der fehlenden Rechtserheblichkeit. Die Unkenntnis des FA von der bestimmten Tatsache muss für die ursprüngliche Veranlagung ursächlich gewesen sein. Das ist nach der zu § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ergangenen Entscheidung des Großen Senats vom 23. November 1987 GrS 1/86 (BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180) der Fall, wenn das FA bei rechtzeitiger Kenntnis des wahren Sachverhalts in der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Von diesem Grundsatz ist auch bei der hier strittigen Änderungsbefugnis gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juni 1989 II R 73/87, BFH/NV 1990, 415). Für die Frage, wie das FA bei rechtzeitiger Kenntnis entschieden hätte, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Sachverhalt vom FA zutreffend gewürdigt worden wäre (Senatsbeschluss vom 14. September 2005 VI R 18/03, BFH/NV 2006, 13). Dies gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das FA selbst bei Kenntnis der Tatsache eine andere Würdigung aus rechtlichen Erwägungen vorgenommen hätte. § 173 AO ist keine Rechtsgrundlage für die Beseitigung von Rechtsfehlern (BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 117/95, BFH/NV 1997, 853). Hinweise auf eine andere rechtliche Beurteilung können sich aus der Auslegung des Gesetzes nach der damaligen Rechtsprechung des BFH oder aus Verwaltungsanweisungen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses durch das FA gegolten haben, ergeben (Beschluss des Großen Senats in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180).

16

Nach diesen Grundsätzen sind die nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen rechtserheblich. Die Unkenntnis des FA über die Tatsachen, dass M Eigentümerin eines Garten- und Miteigentümerin eines Baugrundstücks ist sowie über Geldvermögen verfügt, war ursächlich für den im Rahmen der Erstveranlagungen der Kläger gewährten Unterhaltskostenabzug als außergewöhnliche Belastung. Es ist davon auszugehen, dass das FA diesen Abzug versagt hätte, wenn es gewusst hätte, dass M über derartiges Vermögen verfügt. Anhaltspunkte für eine abweichende rechtliche Beurteilung aufgrund entgegenstehender Verwaltungsanweisungen oder abweichender Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG durch die Rechtsprechung in den Streitjahren sind nicht vorhanden. Insbesondere lassen sich keine Hinweise finden, dass das FA die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG in den Streitjahren nicht beachten wollte. Selbst wenn also, wie die Kläger behaupten, das FA von den Übertragungsvorgängen zwischen M und der Klägerin Kenntnis gehabt und den Abzug der Unterhaltsaufwendung nicht versagt hätte, würde dies an der Rechtserheblichkeit der Tatsachen nichts ändern. Aus einem --unterstellt-- unrichtigen Verhalten des FA bezüglich einer Tatsache kann nicht ohne weiteres auf eine Wiederholung bei einer weiteren Tatsache geschlossen werden. Es ist daher unerheblich, ob das FA Kenntnis von den Übertragungsvorgängen zwischen M und der Klägerin bei der Erstveranlagung hatte.

17

Schließlich hat das FG zu Recht entschieden, dass das FA auch nicht durch Treu und Glauben an einer Änderung der Bescheide gehindert war. Das FG konnte auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass das FA die ihm obliegende Ermittlungspflicht nicht verletzt hat. Daher kann offenbleiben, ob die Kläger ihrerseits die ihnen obliegende Pflicht, den steuerlich relevanten Sachverhalt dem FA vollständig und deutlich zur Prüfung vorzulegen, verletzt haben.

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3. Zu Unrecht hat das FG jedoch im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG zur Ermittlung der Höhe des schädlichen Eigenvermögens der unterstützten Person hinsichtlich unbebauter Grundstücke allein auf die Bodenrichtwerte nach dem Baugesetzbuch (BauGB) abgestellt.

19

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 13.020 DM (1999), 13.500 DM (2000) bzw. 14.040 DM (2001) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Voraussetzung für den Abzug ist u.a., dass die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Der Gesetzgeber geht dabei typisierend davon aus, dass bei eigenem, nicht nur geringfügigem Vermögen eine Unterhaltsbedürftigkeit nicht gegeben ist und die Unterhaltsaufwendungen damit nicht zwangsläufig anfallen (BFH-Urteil vom 14. August 1997 III R 68/96, BFHE 184, 315, BStBl II 1998, 241, zu § 33a Abs. 1 EStG a.F.). Ob der Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden; ein Vermögen von bis zu 15.500 € (30.000 DM) ist in der Regel gering (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 41/01, BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Diese Grenze von 15.500 € (30.000 DM) ist für die Streitjahre trotz der seit 1975 eingetretenen Geldentwertung nicht zu erhöhen (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 III R 48/05, BFHE 221, 221, BStBl II 2009, 361). Sie liegt in den Streitjahren deutlich über dem Schonvermögen nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) i.V.m. § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG. Auch die seit 1. Januar 2005 geltenden neuen Grenzen für das Schonvermögen im Sozialrecht des § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch überschreiten die Grenze von 30.000 DM (15.500 €) nicht.

20

b) Das FG hat festgestellt, dass M als unterstützte Person Eigentümerin eines Gartengrundstücks sowie Miteigentümerin eines Baugrundstücks ist. Dem FG ist darin zuzustimmen, dass die Verkehrswerte dieser Grundstücke zu ermitteln sind. Zu Unrecht hat das FG jedoch die Bodenrichtwerte nach § 196 BauGB für allein maßgeblich zur Bestimmung des Verkehrswertes i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gehalten.

21

Unter Vermögen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG ist das Nettovermögen zu verstehen, d.h. der Wert der aktiven Vermögensgegenstände, vermindert um die Schulden des Unterhaltsempfängers (BFH-Urteil in BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Denn durch den kreditfinanzierten Erwerb von Wirtschaftsgütern vermindert sich die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit nicht. Zur Ermittlung des Nettovermögens ist daher zunächst der objektive Verkehrswert (Bruttovermögenswert) der Vermögensgegenstände zu ermitteln. Im Anschluss sind diese Werte einzelfallbezogen nach dem Sinn und Zweck des § 33a EStG zu mindern.

22

aa) Zur Ermittlung des Bruttovermögens sind die einzelnen Vermögensgegenstände zu bewerten. Dies erfolgt für alle bundesgesetzlich geregelten Abgaben, die durch Bundes- oder Landesbehörden verwaltet werden, grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in Anwendung des allgemeinen Teils (§§ 1 bis 16 BewG). Dies gilt gemäß § 1 Abs. 2 BewG nicht, wenn im jeweiligen Einzelsteuergesetz oder im besonderen Teil des Bewertungsgesetzes Sonderregelungen zur Bewertung von Vermögensgegenständen normiert sind. § 33a Abs. 1 EStG enthält keine Regelung, nach welchem Verfahren das Vermögen der unterstützten Person zu ermitteln ist. Zwar zählen die Grundstücke der M zum Grundvermögen i.S. der §§ 68ff. BewG. Jedoch enthält § 72 BewG für unbebaute Grundstücke keine Sonderregelung für die Bewertung. Damit gilt zur Verkehrswertermittlung der allgemeine Teil und somit der gemeine Wert nach § 9 BewG. Der gemeine Wert unbebauter Grundstücke ist nach der Rechtsprechung des BFH entweder unmittelbar aus Verkaufspreisen für benachbarte vergleichbare Grundstücke oder auf der Grundlage von Durchschnittswerten (Richtwerten) oder --in Ausnahmefällen-- durch Einzelgutachten zu ermitteln (BFH-Entscheidungen vom 21. Mai 1982 III B 32/81, BFHE 136, 141, BStBl II 1982, 604, und vom 26. September 1980 III R 21/78, BFHE 132, 101, BStBl II 1981, 153). Zwar kommt der Wertermittlung unmittelbar aus Verkaufspreisen für benachbarte Vergleichsgrundstücke grundsätzlich der Vorrang vor den anderen Wertermittlungsmethoden zu. Voraussetzung für die Wertermittlung durch unmittelbaren Vergleich mit Verkaufspreisen ist jedoch, dass eine ausreichende Zahl repräsentativer und stichtagsnaher Verkaufsfälle in der näheren Umgebung vorliegt. Anderenfalls verdient --und dies dürfte in der Praxis die Regel sein-- aus Gründen der gleichmäßigen Besteuerung die Ableitung des gemeinen Wertes aus Richtwerten den Vorzug (BFH in BFHE 136, 141, 144, BStBl II 1982, 604, 606, und in BFHE 132, 101, 104, BStBl II 1981, 153, 154). Dabei ist der für das Streitjahr festgestellte Richtwert zu Grunde zu legen.

23

Die vom FG angenommene Verbindlichkeit der Bodenrichtwerte (§ 196 BauGB) als Bewertungsmaßstab für unbebaute Grundstücke in sämtlichen Steuerrechtsverhältnissen ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Der Regelung der Bodenrichtwerte im Baugesetzbuch soll ebenso wie den Gutachten der Gutachterausschüsse (§ 193 Abs. 3 BauGB) keine Verbindlichkeit zukommen (Kleiber in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 196 Rz 10). Dies entspricht auch dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers in Bezug auf das Steuerrecht (BTDrucks 7/4793 zu § 143b des Bundesbaugesetzes 1976). Auch aus dem Bewertungsgesetz lässt sich keine Allgemeinverbindlichkeit der Bodenrichtwerte herleiten. Der Gesetzgeber hat zwar für die Ermittlung des Bedarfswertes (§ 145 BewG) eine Verbindlichkeit der Bodenrichtwerte normiert. Die §§ 138ff. BewG wurden jedoch nur zur Neuregelung der Grunderwerb- und der Erbschaftsteuer eingeführt. Auch eine analoge Anwendung dieser Vorschriften auf andere Steuerrechtsgebiete kommt nicht in Betracht. Die Vorschriften sind in den Streitjahren nicht auf die Ermittlung des gemeinen Wertes gerichtet gewesen, sondern auf einen deutlich darunterliegenden. Zudem waren die Bodenrichtwerte auf den Stichtag 1. Januar 1996 bis zum Jahr 2007 festgelegt. Damit waren die aktuellen Wertverhältnisse nicht berücksichtigt (Knittel in: Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 9 BewG [ErbStG] Rz 3, 20).

24

Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich eine Verbindlichkeit der Bodenrichtwerte für den Streitfall auch nicht aus den in der Vorentscheidung zitierten Urteilen des BFH vom 12. Juli 2006 II R 1/04 (BFHE 213, 387, BStBl II 2006, 742) sowie vom 11. Mai 2005 II R 21/02 (BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686). Beide Entscheidungen beziehen sich allein auf die Ermittlung von Grundstückswerten für die Bedarfsbewertung. Dass die Bodenrichtwerte auch für § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verbindlich sein sollten, lässt sich den Urteilen nicht entnehmen.

25

bb) Allerdings kann auch nicht der gemeine Wert der Ermittlung des für § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG maßgeblichen Nettovermögens zugrunde gelegt werden. Denn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 BewG sind persönliche Verhältnisse, wie nachhaltige Verfügungsbeschränkungen oder Verwertungshindernisse, unberücksichtigt zu lassen. Solche in der Person des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsvorgängers begründeten Umstände sind bei Ermittlung des schädlichen Vermögens nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG zu berücksichtigen, weil sie die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit nicht ausschließen. Ausgangspunkt ist danach der gemeine Wert, der um die Belastungen auf Grund ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse zu mindern ist (s. auch BFH in BFHE 221, 221, BStBl II 2009, 361).

26

cc) Nach alledem hat das FG zu Unrecht einen Verkehrswert für die unbebauten Grundstücke allein aus den Bodenrichtwerten nach dem Baugesetzbuch abgeleitet. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung vorliegend keine Feststellungen darüber getroffen, ob eine Ermittlung des gemeinen Wertes aus Kaufpreisen für vergleichbare Grundstücke möglich gewesen wäre. Des Weiteren fehlen Feststellungen zu den besonderen Umständen des vorliegenden Falls. Dazu gehören Feststellungen zu Verbindlichkeiten, Nutzungs- oder Verfügungsbeschränkungen sowie zur Verwertbarkeit des Grundvermögens.

27

4. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Das FG wird den dargelegten Grundsätzen folgend eine neue Bewertung des Vermögens der M vorzunehmen haben. Zur Ermittlung der Verkehrswerte der Grundstücke sind alle erkennbaren Umstände miteinzubeziehen. Ausgangspunkt ist dabei der gemeine Wert der Grundstücke nach § 9 BewG. Zu dessen Ermittlung sind vorrangig Verkaufspreise für vergleichbare Grundstücke heranzuziehen. Sollte dies nicht möglich sein, kann der gemeine Wert aus den für die Streitjahre festgestellten Bodenrichtwerten abgeleitet werden. Im zweiten Schritt sind sämtliche Belastungen des Bruttovermögens, die einer kurzfristigen Verwertung entgegenstehen, festzustellen und der Minderungswert, gegebenenfalls im Schätzungswege, zu ermitteln.