Bundesfinanzhof Urteil, 03. Aug. 2017 - V R 15/17

ECLI:ECLI:DE:BFH:2017:U.030817.VR15.17.0
bei uns veröffentlicht am03.08.2017

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 22. Februar 2017  3 K 2670/14 aufgehoben.

Der Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 7. Januar 2014 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014, geändert durch den Bescheid vom 6. August 2015 und der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 27. Mai 2015 geändert durch den Bescheid vom 6. August 2015 und vom 24. August 2015 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2012 auf ... € und die Umsatzsteuer 2013 ... € festgesetzt wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) pachtete in den Streitjahren 2012 und 2013 Verkaufsstände in Festzelten während des Oktoberfestes zum Verkauf von Brezeln (bayerisch: "Brezen") an Besucher der Festzelte. Dabei handelte es sich ausschließlich um sog. "Wiesnbrezn". Sie setzte dabei sog. "Brezenläufer" ein. Die Klägerin ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung war der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Auffassung, dass der Verkauf von Brezeln in den Festzelten umsatzsteuerrechtlich dem Regelsteuersatz unterliege, da der Klägerin die die Bewirtung fördernde, von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik zuzurechnen sei, und änderte mit Bescheid vom 7. Januar 2014 die Umsatzsteuerfestsetzung 2012 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung.

2

Ebenso änderte das FA die Vorauszahlungsbescheide 2013/III und IV. Das FA ging auch in den (geänderten) Umsatzsteuerbescheiden 2012 und 2013 vom 6. August 2015 sowie im Änderungsbescheid für 2013 vom 24. August 2015 von der Anwendung des Regelsteuersatzes aus.

3

Einspruch und Klage zum Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg.

4

Das FG begründete sein in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 873 veröffentlichtes Urteil damit, dass der Verkauf von Backwaren in Festzelten durch die Klägerin und ihre Brezenläufer unter Berücksichtigung von Art. 6 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStVO) und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) dem Regelsteuersatz unterliege. Die Klägerin habe sich die Nutzungsmöglichkeit der Festzelte gegen Entgelt einräumen lassen. Ihr seien deshalb die Verzehrvorrichtungen der Bierzeltbetreiber zuzurechnen. Zu berücksichtigen sei, dass der Bundesfinanzhof (BFH) zwar seine Rechtsprechung zum Umsatzsteuergesetz (UStG) aufgegeben habe, nach der Verzehrvorrichtungen eines Dritten für das Vorliegen einer sonstigen Leistung sprächen, wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt werden. Leiste der Dritte jedoch an den Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden, handele es sich um ein Dienstleistungselement des speiseabgebenden Unternehmers, das im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen sei.

5

Die in den Festzelten von den Festzeltbetreibern bereitgestellten Verzehrvorrichtungen (Biertische und Bierbänke) seien der Klägerin zuzurechnen, auch wenn sich diese nicht in ihrem Eigentum befunden haben. Die Nutzungsmöglichkeit der Biertische und Bierbänke sei keine unbeachtliche Leistung eines Dritten, denn die Klägerin habe sich in den jeweiligen Verträgen mit den Festzeltbetreibern das Recht zum Verkauf in diesen Festzelten und damit die Nutzungsmöglichkeit der dort von den Festwirten bereitgehaltenen Verzehrmöglichkeiten gegen Entgelt einräumen lassen. Die Klägerin habe damit auch das Recht erworben, die in den jeweiligen Festzelten aufgestellten Bierbänke und -tische insgesamt durch ihre Kunden nutzen zu lassen. Dieses Mobiliar sei --anders als im Kino-- dazu bestimmt, den Kunden den Verzehr der von der Klägerin erworbenen Backwaren möglicherweise zu erleichtern. Des Weiteren seien der Klägerin auch das Musikangebot in den Festzelten sowie der eventähnliche Charakter als zusätzliche Dienstleistungen zuzurechnen. Schließlich stelle sich der Verkauf der Brezeln aus Sicht der Verbraucher auch als eine Ergänzung des Getränke- und Speiseangebots der Festzeltbetreiber dar.

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie habe nur Verkaufsstände angemietet oder gepachtet. Keiner der Verträge habe vorgesehen, dass sie ihren Kunden Bierbänke oder Biertische zur Nutzung überlassen könne. Die Festzeltbetreiber hätten auch selbst Brezeln verkauft. Sie habe nur Standardprodukte ohne Kellnerservice und ohne Bedienung geliefert. Leistungen anderer Unternehmer seien nicht zu berücksichtigen. Geschirr oder Besteck seien nicht überlassen worden. Die Bereitstellung der Bierzeltgarnituren sei durch die Festzeltbetreiber erfolgt. Sie habe diese nicht zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Sie habe sich an den Betriebskosten des Festzelts nicht beteiligt. Ihre Leistungen haben sich von denen der Festzeltbetreiber deutlich unterschieden. Die Annahme, ihre Kunden hätten die Bierzeltgarnituren auch ohne Leistungsbezug vom jeweiligen Festzeltbetreiber benutzen dürfen, sei völlig wirklichkeitsfremd. Der Festzeltbetreiber und sein Personal würden dies durch die Ausübung des Hausrechts verhindern. Der Durchschnittsverbraucher benötige zudem zum Verzehr einer Brezel weder eine Bank noch einen Tisch.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2012 vom 6. August 2015 und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 24. August 2015 auf ... € (2012) und ... € (2013) festzusetzen.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Backwaren seien ausschließlich von den "Brezenläufern" angeboten worden. Der jeweilige Stand habe nur dazu gedient, Ware zu lagern und an die Brezenläufer auszugeben. Für das Recht zum Verkauf der Backwaren habe die Klägerin den Wirten hohe fünfstellige Beträge gezahlt. Der Klägerin seien die Verzehrvorrichtungen (Bierzeltgarnituren) zuzurechnen, auch wenn die Verträge zwischen der Klägerin und den Festzeltbetreibern hierfür keine ausdrücklichen Regelungen enthalten hätten. Bereits aus dem Verkauf an den Festzelttischen ergebe sich ein entscheidendes Dienstleistungselement. Es liege aus Empfängersicht eine gemeinsame Leistung von Klägerin und Festzeltbetreiber vor.

Entscheidungsgründe

II.

10

Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des FG aufzuheben. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 sind im beantragten Umfang zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG unterliegt die Abgabe von Brezeln in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer dem ermäßigten Steuersatz, da es sich um eine Lieferung, nicht aber um eine sonstige Leistung handelt. Für die vom FG angenommene Zurechnung der im Festzelt vorhandenen Verzehrvorrichtungen besteht keine Rechtsgrundlage.

11

1. Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.

12

Unionsrechtlich beruhen diese Vorschriften auf Art. 14 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL. Als Lieferung von Gegenständen gilt danach die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, als Dienstleistung gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.

13

Zudem ist Art. 6 MwStVO zu berücksichtigen. Nach Abs. 1 gilt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/ oder von Getränken, zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, als Restaurant- und Verpflegungsdienstleistung. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist dabei nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil überwiegt. Restaurantdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen in den Räumlichkeiten des Dienstleistungserbringers und Verpflegungsdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen an einem anderen Ort als den Räumlichkeiten des Dienstleistungserbringers. Nach Abs. 2 gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen, nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung. Art. 65 MwStVO ordnet die Anwendung dieser Regelungen ab 1. Juli 2011 an.

14

2. Die Abgabe von Nahrungsmitteln und Speisen kann sowohl im Rahmen einer Lieferung als auch als sonstige Leistung erfolgen.

15

a) Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung ist nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur die quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung zu bestimmen (BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 18/10, BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246, unter II.1.b aa unter Bezugnahme auf EuGH-Urteil Bog u.a. vom 10. März 2011 C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09, EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 62).

16

Soweit für den Verzehr Mobiliar wie Sitz- und Tischeinrichtungen zur Verfügung steht, ist zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen. Es sind nur die Verzehrvorrichtungen zu berücksichtigen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt werden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern (BFH-Urteil in BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246, unter II.1.b bb unter Bezugnahme auf EuGH-Urteil Bog u.a., EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 62 und 73).

17

Der erkennende Senat hat dabei seine Rechtsprechung aufgegeben, nach der Verzehrvorrichtungen eines Dritten berücksichtigt werden können, wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt waren (BFH-Urteil in BFHE 234, 496, BStBl II 2013, 246, unter II.2.b aa). Dementsprechend hat der erkennende Senat auch entschieden, dass für die Abgrenzung, ob ein Unternehmer mit einem Partyservice Lieferungen ausgeführt oder sonstige Leistungen erbracht hat, die Gestellung von Geschirr und Besteck durch einen anderen Unternehmer grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 11. April 2013 V R 28/12, BFH/NV 2013, 1638, unter II.4.a).

18

b) Hieran hat sich durch Art. 6 MwStVO nichts geändert. Soweit es danach für die Annahme einer Dienstleistung (sonstigen Leistung) auf ausreichende unterstützende Dienstleistungen ankommt, die zu einem überwiegenden Dienstleistungsanteil führen, entspricht dies der qualitativen Betrachtungsweise der bisherigen Rechtsprechung. Das Erfordernis des Überwiegens führt dazu, dass vergleichsweise geringfügige Dienstleistungsanteile die Annahme sonstiger Leistungen nicht rechtfertigen. Dass nur Dienstleistungsanteile des leistenden Unternehmers Berücksichtigung finden, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Neuregelung daraus, dass die Speisen- und Getränkeabgabe als "eine komplexe einheitliche Leistung" anzusehen ist (EuGH-Urteil Bog u.a., EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 56 und 61), die ein Leistender an einen Empfänger erbringt (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 4. Februar 2015 XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, unter II.3.b, und vom 14. Mai 2014 XI R 13/11, BFHE 245, 424, BStBl II 2014, 734, unter II.1.b dd). Somit ist es unerheblich, ob Art. 6 MwStVO auch für eine Steuerentstehung bereits vor seinem Inkrafttreten von Bedeutung sein kann.

19

3. Danach hat im Streitfall das Urteil des FG keinen Bestand. Der Verkauf von Brezeln an Abnehmer, die im Rahmen einer von einem anderen Unternehmer erbrachten Leistung an von diesen zur Verfügung gestellten Tischen sitzen, begründet entgegen dem Urteil des FG nicht die Annahme einer sonstigen Leistung anstelle einer Lieferung.

20

a) Nach den vom FG getroffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) befanden sich in den Festzelten sog. Bierzeltgarnituren bestehend aus Tischen und Bänken, die der jeweilige Betreiber des Festzelts aufgestellt hatte, um seine eigenen Gastronomieumsätze durch die entgeltliche Abgabe von Getränken und Speisen zu fördern. Damit handelte es sich zum einen um Verzehrvorrichtungen eines Dritten, die für die Frage, ob die Klägerin Lieferungen oder sonstige Leistungen erbracht hat, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Zum anderen ist aufgrund dieser eigenunternehmerischen Nutzung der Verzehrvorrichtungen durch die Festwirte auch ausgeschlossen, dass diese die Verzehrvorrichtungen an die Klägerin für den Absatz ihrer Brezeln überlassen haben, um sich hierdurch einer Nutzung für eigene Zwecke zu begeben.

21

b) Damit kommt eine Berücksichtigung der Verzehrvorrichtungen bei der Prüfung, ob die Klägerin Brezeln geliefert oder im Rahmen einer sonstigen Leistung abgegeben hat, nur dann in Betracht, wenn ihr der Art nach ein Mitbenutzungsrecht an diesen Verzehrvorrichtungen zugestanden hat. Selbst die Finanzverwaltung geht davon aus, dass es sich um ein "Zur-Verfügung-Stellen" durch den Leistenden handeln muss, so dass übertragen auf den Streitfall zuerst der Festwirt die Bierzeltgarnituren der Klägerin und dann die Klägerin den Bierzeltbesuchern die Sitzmöglichkeit am Tisch zur Verfügung stellt (vgl. Abschn. 3.6 Abs. 4 Satz 12 und Abs. 5 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).

22

Davon ist im Streitfall indes nicht auszugehen. Denn die Klägerin hat keine Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit an den Bierzeltgarnituren in dem Sinne erlangt, dass sie Festzeltbesuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Bierzeltgarnituren auch dann berechtigt waren, wenn sie keine zusätzlichen Leistungen des Festzeltbetreibers für den Erwerb von dessen Getränken und Speisen in Anspruch nahmen. Damit bestand für die Klägerin und ihre Kunden unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität im Festzelt nur die Möglichkeit einer bloßen Mitbenutzung der Sitzgelegenheiten mit Tisch im Rahmen eines Getränke- und Speisenbezugs vom Festzeltbetreiber. Die Leistung der Klägerin ist daher nur als Abrundung eines gastronomischen Angebots der Festwirte durch einen vom Festwirt personenverschiedenen Unternehmer anzusehen, nicht aber als eigene --die Annahme einer Lieferung verdrängende-- Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung der Klägerin.

23

c) Darüber hinaus handelte es sich bei Brezeln um eine Standardspeise einfachster Art, die keinerlei über den bloßen Herstellungsvorgang hinausgehendes Zubereitungselement wie etwa ein Warmhalten für den Verzehr aufwies. Für ihren Verzehr bedurfte es zudem keiner Art von Hilfsvorrichtung. Dies gilt auch für "Wiesnbrezn". Es kommen keinerlei Behältnisse zum Einsatz, deren Verwendung wie z.B. beim Verzehr von Bratwürsten, Popcorn oder Nachos durch Ablagemöglichkeiten erleichtert wird. Das Vorhandensein einer Verzehrvorrichtung als dienstleistungsartiges Hilfsinstrument für die Annahme einer Dienstleistung ist somit zu vernachlässigen, da die konkret vorhandenen Vorrichtungen für den Verzehr des Gegenstandes nach allgemeinen Gepflogenheiten nicht notwendig sind und dem Mobiliar damit die hinreichende Eignung fehlt, den Verzehr solcher Lebensmittel zu erleichtern (vgl. EuGH-Urteil Bog u.a., EU:C:2011:135, BStBl II 2013, 256, Rz 73).

24

Ebenso ändert sich die steuerrechtliche Beurteilung nicht durch den vom FA angeführten "Eventcharakter" im Bierzelt durch den Einsatz von Blasmusikkapellen etc. Die Beschallung durch einen anderen Unternehmer beim Brezelverzehr führt nicht zu einer Umqualifizierung in eine sonstige Leistung.

25

d) Der erkennende Senat ist bei der Würdigung, ob die Leistung der Klägerin als Lieferung oder sonstige Leistung anzusehen ist, nicht an die anderslautende Entscheidung der Vorinstanz gebunden.

26

Zwar ist die im vorliegenden Fall vorzunehmende Gesamtbetrachtung (s. oben II.2.a), ob eine einheitliche Leistung vorliegt, im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.2.d und 3.b). Es ist aber anerkannt, dass der BFH im Rahmen der revisionsrechtlichen Nachprüfung der Auslegung von Verträgen durch das FG auch nachzuprüfen hat, ob das FG die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und zutreffend gewürdigt hat (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 75/98, BFH/NV 2002, 547, unter II.4.a; vom 31. Juli 2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II 2003, 282, unter II.1.a cc; vom 11. Januar 2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477, unter II.2.b aa). Entsprechendes gilt für die hier vorzunehmende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung einer Leistung als Lieferung oder sonstige Leistung (ebenso zur Beurteilung eines Leistungsbündels aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, unter II.3.c).

27

e) Die Einwendungen des FA hiergegen greifen nicht durch.

28

Soweit das FA im Verkauf an den Bierzelttischen ein Dienstleistungselement sieht, genügt dies für die Annahme einer sonstigen Leistung ebenso wenig wie bei einem Lieferdienst für Speisen.

29

Ohne Erfolg macht das FA geltend, dass eine gemeinsame Leistung von Klägerin und Festzeltbetreiber, die gemeinsam gegenüber Dritten tätig seien, vorliege. Denn wäre dies der Fall, müsste das FA die Steuerbescheide gegen die Klägerin und den jeweiligen Festzeltbetreiber aufheben und die Umsätze als Leistungen einer zwischen diesen bestehenden Personengesellschaft ansehen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom FA betonten Empfängersicht. Gegen diese spricht bereits, dass die Klägerin und die Festzeltbetreiber die Entgelte für ihre jeweiligen Leistungen für die Festzeltbesucher eindeutig erkennbar gesondert vereinnahmten.

30

4. Die Sache ist spruchreif. Mangels anderer Umstände als der unbeachtlichen Zurechnung der sog. Infrastruktur der Festzeltbetreiber liegen im Streitfall keine Dienstleistungselemente vor, die gegen die Annahme von Lieferungen sprechen könnten. Da es sich zudem um die Lieferungen von Gegenständen handelte, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 Nr. 31 UStG als "Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch; Backwaren" dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist der Klage stattzugeben.

31

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3 Lieferung, sonstige Leistung


(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie betreibt unter anderem Fischbratereien in vier Biergärten (A

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist, ob Umsätze aus dem Verkauf von Gebäck in Festzelten auf dem Oktoberfest dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Satzungsgemäßer Gegenstand des Unternehmens der mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründeten Klägerin sind der Betrieb von Filialen zum Vertrieb von verpackten und offenen Lebensmitteln sowie Ausschank von Getränken, insbesondere von Kaffee und Kuchen. Zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerinnen der Klägerin sind bestellt.

Mit Vertrag vom 6. Mai 2012 verpachtete die A oHG der Klägerin für die Dauer des Oktoberfestes (vom 22. September 2012 bis zum 7. Oktober 2012) in dem Festzelt „AA“ einen Verkaufsstand ausschließlich zum Verkauf von Brezen gegen ein Entgelt von … €. Mit Verträgen vom 28. Juni 2012 sowie vom 28. Juni 2013 überließen B der Klägerin für die Dauer der Oktoberfeste vom 22. September 2012 bis zum 7. Oktober 2012 sowie vom 21. September 2013 bis zum 6. Oktober 2013 die Nutzung des Brotstandes im BB Festzelt zum Direktverkauf von gemischten Semmeln, Brezen und allen Brotsorten (ohne Ver- und Bearbeitung) gegen ein Entgelt von … € (2012) bzw. … € (2013). Zudem durfte die Klägerin bis zu zwölf Personen als Verkäufer außerhalb des Mietgegenstandes beschäftigen. Mit Verträgen vom 23. Juli 2012 sowie vom 6. August 2013 überließ die C OHG der Klägerin für die Dauer der Oktoberfeste 2012 und 2013 den Verkaufsstand in ihrer [Festzelt] zum Alleinverkauf von Brot jeder Art und Bierbrezen, ausgenommen war der Verkauf von kleinen Brezen aus der Küche in Verbindung mit einem Gericht, gegen ein Entgelt von … € (2012) bzw. … € (2013). Mit Verträgen vom 3. Juli 2012 sowie vom 29. Mai 2013 vermietete D der Klägerin für die Dauer der Oktoberfeste 2012 und 2013 jeweils Brezenstandl und Backstube im DD Festzelt und räumte ihr das Alleinrecht zum Verkauf der Brezen gegen ein Entgelt von … € (2012) bzw. ... € (2013) ein. Mit Vertrag vom 20. August 2012 verpachtete die E GmbH der Klägerin für das vom 22. September 2012 bis 30. September 2012 stattfindende Zentrale Landwirtschaftsfest einen „Oktoberfest typischen“ Verkaufsstand zum Alleinverkauf von Brezen, Brot und Semmeln gegen ein Entgelt von ... €.

In ihrer am 10. September 2013 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2012, der der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zustimmte, errechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von … €. Hierbei unterwarf sie - abweichend von den Vorjahren - die Umsätze aus dem Verkauf von Backwaren (sog. Wiesnbrezen) in den o.g. Festzelten auf dem Oktoberfest durch sog. Brezenläufer dem ermäßigten Steuersatz.

In ihren eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume drittes und viertes Kalendervierteljahr 2013, denen das FA zustimmte, meldete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von ... € (drittes Kalendervierteljahr 2013) sowie dem Betrag von … € (viertes Kalendervierteljahr 2013) an. Hierbei unterwarf sie wiederum die Umsätze aus dem Verkauf von Backwaren durch Brezenläufer dem ermäßigten Steuersatz.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 16. Dezember 2013) setzte das FA die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2012 mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 7. Januar 2014 auf den Betrag von … € fest. Zur Begründung führte das FA im Prüfungsbericht an, dass die streitgegenständlichen Umsätze aus dem Verkauf von Gebäck durch Brezenläufer dem Regelsteuersatz unterlägen, da der Klägerin eine die Bewirtung fördernde, von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur (Zelt mit Biertischgarnituren, Musik) zuzurechnen sei.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein.

Mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden vom 3. März 2014 setzte das FA die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume drittes und viertes Kalendervierteljahr 2013 auf die Beträge von … € (drittes Kalendervierteljahr 2013) sowie … € (viertes Kalendervierteljahr 2013) fest.

Hiergegen legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein.

Die eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014 als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.

In ihrer am 30. Januar 2015 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2013 errechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von . €.

Das FA setzte die Umsatzsteuer für 2013 mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 27. Mai 2015 abweichend hiervon auf den Betrag von … € fest.

Nach Durchführung einer Außenprüfung (vgl. Bericht vom 8. Juli 2015) setzte das FA mit gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden jeweils vom 6. August 2015 die Umsatzsteuer für 2012 erneut auf den Betrag von … € sowie die Umsatzsteuer für 2013 auf den Betrag von . € fest und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Mit gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändertem Bescheid vom 24. August 2015 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2013 auf den Betrag von … € fest.

Die Klägerin begründet ihre Klage damit, dass keine einheitliche, von ihr und den Festwirten erbrachte Leistung vorliege, da sie hinsichtlich des Backwarenverkaufs in Konkurrenz zu den Festwirten stehe und auch die Brezenverkäufer aufgrund ihrer einheitlichen Kleidung als ihre Angestellten erkennbar seien. Die von den Festwirten bereitgestellten Verzehrvorrichtungen seien für die von ihr erbrachte Leistung unbeachtlich, da sie unmittelbar und ausschließlich für deren eigene Kunden ohne Rücksicht auf sie, die Klägerin, zur Verfügung gestellt würden.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin verwiesen. Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer für die Streitjahre unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom 6. August 2015 (für 2012) sowie 24. August 2015 (für 2013) auf die negativen Beträge von … € (2012) sowie … € (2013) festzusetzen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA ist der Auffassung, dass die Umsätze der Klägerin aus dem Verkauf von Gebäck durch Brezenläufer dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, da aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers die Dienstleistungselemente überwögen. Ihr sei die Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur durch die Festzeltbetreiber zuzurechnen, da sie hierfür im Rahmen abgeschlossener Verträge Zahlungen leiste und sie zudem Servierleistungen erbringe.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des FA verwiesen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 27. Mai 2015 wird in Gestalt der Änderungsbescheide für 2013 vom 6. August 2015 sowie vom 24. August 2015 Gegenstand des Verfahrens.

a) Der am 27. Mai 2015 und damit nach Klageerhebung ergangene Umsatzsteuerbescheid für 2013 ersetzt die angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das dritte und vierte Kalendervierteljahr 2013, jeweils vom 3. März 2014.

Ein Jahressteuerbescheid ist vom Zeitpunkt seines Ergehens an alleinige Grundlage für die Verwirklichung des Anspruchs auf die mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandene Steuer sowie für die Einbehaltung der als Vorauszahlung für den Veranlagungszeitraum entrichteten bzw. für die Vergütung der die positiven Umsatzsteuern übersteigenden Vorsteuerbeträge. Das materielle Ergebnis der in dem Kalenderjahr positiv oder negativ entstandenen Umsatzsteuer wird für die Zukunft ausschließlich in dem Jahressteuerbescheid festgestellt; damit erledigen sich die den Veranlagungszeitraum betreffenden Vorauszahlungsbescheide i.S. des § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise und verlieren ihre Wirksamkeit; deren Regelungen nimmt der Jahressteuerbescheid in sich auf (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH-vom 25. Juli 2012 VII R 44/10, BStBl II 2013, 33).

b) Der gem. § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 6. August 2015 wird in Gestalt des gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheids für 2013 vom 24. August 2015 gem. § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens.

2. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Umsätze der Klägerin unterliegen dem Regelsteuersatz.

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die „Lieferung“ der in der Anlage bezeichneten Gegenstände. Dazu gehören u.a. „Zubereitungen von Fleisch … “ (Nr. 28), „Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch“ (Nr. 31) und „verschiedene Lebensmittelzubereitungen“ (Nr. 33). Unionsrechtliche Grundlage dieser Vorschrift ist Art. 98 Abs. 1 und Abs. 2 der in den Streitjahren anwendbaren Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden können und die ermäßigten Steuersätze nur auf die Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar sind. In Anhang III Nr. 1 der MwStSystRL sind genannt: „Nah rungs- und Futtermittel (einschließlich Getränke, alkoholische Getränke jedoch ausgenommen), lebende Tiere, Saatgut, Pflanzen und üblicherweise für die Zubereitung von Nahrungsund Futtermitteln verwendete Zutaten sowie üblicherweise als Zusatz oder Ersatz für Nah-rungs- und Futtermittel verwendete Erzeugnisse.“

Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Nicht begünstigt sind sonstige Leistungen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.

Art. 6 der in den Streitjahren anwendbaren Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur MwStSystRL (MwStVO) enthält eine Definition von Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, die bei der Abgrenzung von Lieferung und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken zu berücksichtigen ist. Gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MwStVO gelten die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder Getränke, zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, als Restaurant-und Verpflegungsdienstleistungen. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist dabei gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 MwStVO nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil überwiegt. Restaurantdienstleistungen sind gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 MwStVO die Erbringung solcher Dienstleistungen in den Räumlichkeiten des Dienstleistungserbringers und Verpflegungsdienstleistungen sind die Erbringung solcher Dienstleistungen an einem anderen Ort als den Räumlichkeiten des Dienstleistungserbringers. Die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen, gilt hingegen gem. Art. 6 Abs. 2 MwStVO nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung im Sinne des Absatzes 1.

Die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in Kino-Foyers ist eine Lieferung von Gegenständen, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen (EuGH-Urteil vom 10. März 2011 C-497/09, Bog u.a., BStBl II 2013, 256, BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 35/08, BStBl II 2013, 244).

Zusätzliche Dienstleistungselemente, die zu einer Einordnung des Umsatzes als sonstige Leistung führen können, sind u.a. das Abräumen und Endreinigen von Tischen und Geschirr (BFH-Urteil vom 10. August 2006 V R 38/05, BStBl. II 2007, 482) und die Zurverfügungstellung von Verzehrvorrichtungen wie Tischen und Stühlen. Letzteres gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt wurden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern (EuGH-Urteil vom 10. März 2011 C-497/09, Bog u.a., BStBl II 2013, 256). Soweit der BFH entschieden hatte, dass Verzehrvorrichtungen eines Dritten berücksichtigt werden können, wenn diese auch im Interesse des leistenden Unter-nehmers zur Verfügung gestellt waren (vgl. zuletzt Urteile vom 26. Oktober 2006 V R 58, 59/04, BStBl II 2007, 487, m.w.N., und vom 10. August 2006 V R 55/04, BStBl II 2007, 480,), hält er im Hinblick auf das EuGH-Urteil Bog u.a. nicht mehr daran fest (Änderung der Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 18/10, BStBl II 2013, 246).

Nicht in die Beurteilung einzubeziehen sind deshalb Leistungen eines Dritten, selbst wenn diese auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt werden. Leistet der Dritte jedoch an den Unternehmer und dieser wiederum an den Kunden, handelt es sich um ein Dienstleistungselement des speiseabgebenden Unternehmers, das im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen ist. Bei der Abgrenzung, ob ein bestimmter Umsatz eine Lieferung oder eine sonstige Leistung darstellt, ist dabei auf das Wesen des Umsatzes aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen und nicht auf die Sicht der unmittelbar am Leistungsaustausch Beteiligten.

b) Im Streitfall hat die Klägerin gegenüber ihren Kunden eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung erbracht, da bei einer Gesamtbetrachtung die Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund stehen.

Die Klägerin hat den Kunden nicht nur Backwaren (Brezen) verkauft, sondern diesen gegenüber auch zusätzliche Dienstleistungen erbracht, indem sie die Backwaren durch ihre sog. Brezenläufer den Kunden an den Tisch gebracht sowie Tische und Sitzmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hat, wo die Brezen verzehrt werden konnten.

Die in den Festzelten von den Festzeltbetreibern bereitgestellten Verzehrvorrichtungen (Biertische und Bierbänke) sind der Klägerin zuzurechnen, auch wenn sich diese nicht in ihrem Eigentum befanden. Die Nutzungsmöglichkeit der Biertische und Bierbänke ist keine unbeachtliche Leistung eines Dritten, denn die Klägerin hat sich in den jeweiligen Verträgen mit den Festzeltbetreibern das Recht zum Verkauf in diesen Festzelten und damit die Nutzungsmöglichkeit der dort von den Festwirten bereitgehaltenen Verzehrmöglichkeiten gegen Entgelt einräumen lassen. Die Klägerin hat damit auch das Recht erworben, die in den jeweiligen Festzelten aufgestellten Bierbänke und -tische insgesamt durch ihre Kunden nutzen zu lassen. Die Zurverfügungstellung dieser Verzehrvorrichtungen ist der Klägerin als eigene Dienstleistung zuzurechnen. Sie werden anders als etwa das Mobiliar in Kinos, mit der Bestimmung zur Verfügung gestellt, um den Kunden den Verzehr der von der Klägerin erworbenen Backwaren möglicherweise zu erleichtern (vgl. Urteile des FG Hamburg vom 7. April 2016 6 K 132/15, MwStR 2016, 728, und des FG Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2016 7 K 7248/14, EFG 2017, 162).

Des Weiteren sind unter den genannten Umständen der Klägerin auch das Musikangebot in den Festzelten sowie der eventähnliche Charakter als zusätzliche Dienstleistungen zuzurechnen. Schließlich stellt sich der Brezenverkauf aus Sicht der Verbraucher auch als eine Ergänzung des Getränke-und Speiseangebots der Festzeltbetreiber dar.

Aufgrund dieser der Klägerin zuzurechnenden Dienstleistungen (Verzehrvorrichtungen, Serviceleistung, Musikangebot) tritt der Dienstleistungscharakter aus Sicht des Verbrauchers in den Vordergrund.

c) Davon abgesehen sind Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH durchweg eng auszulegen. Dies gilt insbesondere bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach Art. 98 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL i.V.m. den in Anhang III abschließend bezeichneten Kategorien (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18. Januar 2001 C-83/99, Kommission / Spanien, ECLI:EU:C:2001:31, UR 2001, 210, Rz. 19 m.w.N. und z.B. BFH-Urteil vom 28. August 2014 V R 24/13, BStBl II 2015, 194, Rz. 20).

3. Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.