Bundesfinanzhof Beschluss, 18. Nov. 2011 - V B 25/11

bei uns veröffentlicht am18.11.2011

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) änderte die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhenden Umsatzsteuerbescheide für 2005 und 2006, nachdem der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Steuerberater, im Einspruchsverfahren im Februar 2010 Umsatzsteuererklärungen für diese Streitjahre abgegeben hatte. Mit den Abhilfebescheiden vom 15. April 2010 folgte das FA den Erklärungen des Klägers. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA, weil der Kläger den Einspruch nicht begründet hatte, als unbegründet zurück. Im Klageverfahren lud das Finanzgericht (FG) am 30. November 2010 zur mündlichen Verhandlung auf den 18. Januar 2011. Am 13. Januar 2011 beantragte der Kläger die Verlegung des Termins. Dies lehnte das FG am 14. Januar 2011 per Telefax ab, weil ausreichende Verhinderungsgründe weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden seien. Zugleich teilte es mit, der Kläger könne die Akten nach Terminabsprache mit der Geschäftsstelle im Gericht einsehen. Die am 14. Januar 2011 beantragte Versendung der Gerichtsakten "an den Wohnsitz" lehnte das FG unter Hinweis auf die bevorstehende mündliche Verhandlung ab und verwies erneut auf die Möglichkeit der Akteneinsicht bei Gericht.

2

In der mündlichen Verhandlung überreichte der Kläger die vom 25. August 2010 datierte, beim FG nicht eingegangene Klageschrift sowie "Kontennachweise zum Wertübergabeprotokoll Umsatzsteuer für 2005 und 2006" mit dem Antrag, die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der aus den Kontennachweisen ersichtlichen Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen; die bisher erklärte Vorsteuer sei um 1.944,32 € (2005) und 90,28 € (2006) zu gering. Ausweislich des Sitzungsprotokolls erklärte der Kläger, "die Rechnungen, aus denen der Vorsteuerabzug begehrt werde, habe er nicht dabei".

3

Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, der Kläger, der für das Vorliegen der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (§ 15 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) die objektive Beweislast trage, habe die Rechnungen, aus denen er den Vorsteuerabzug geltend mache, nicht vorgelegt.

4

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das Gericht habe die eingereichten Ergebnisse der Finanzbuchhaltung nicht zur Kenntnis genommen und er sei durch die Forderung, sämtliche Rechnungen vorlegen zu müssen, überrascht worden. Weder das FA noch das FG hätten zu Erkennen gegeben, dass die sachliche Richtigkeit der Buchführung in Frage gestellt werde. Hätte das FG ihn aufgefordert, die Rechnungen vorzulegen, wäre das Urteil anders ausgefallen. Außerdem sei das rechtliche Gehör dadurch verletzt worden, dass ihm die am 20. Dezember 2010 beantragte Akteneinsicht in ein Gericht an seinem Wohnsitz nicht ermöglicht worden sei.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil Zulassungsgründe entweder nicht i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ordnungsgemäß dargelegt worden sind oder nicht vorliegen.

6

Die Revision war nicht wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.

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1. Ein Verstoß gegen Art. 103 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO durch eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor.

8

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Überraschungsentscheidung gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (z.B. BFH-Urteil vom 23. Februar 2000 VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978). Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht andererseits aber nicht, den Beteiligten die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte anzudeuten und sie mit ihnen umfassend zu erörtern (z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 2011 I B 8/11, BFH/NV 2011, 1867; vom 17. März 2008 IX B 258/07, BFH/NV 2008, 1180, m.w.N.; vom 29. Januar 2010 IX S 3/10 (PKH), BFH/NV 2010, 921). Im Übrigen muss ein fachkundig vertretener Beteiligter bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (z.B. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2010 IX B 102/10, BFH/NV 2011, 1364, m.w.N.). Auch muss der --wie im Streitfall-- gehörig und fristgemäß geladene Beteiligte sich bewusst sein, dass im Anschluss an die mündliche Verhandlung eine Entscheidung verkündet wird (§ 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Er muss also sämtliche Angriffs- und Verteidigungsmittel in diesem Termin geltend machen und sämtliche Beweise antreten (§ 155 FGO, § 282 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Denn die mündliche Verhandlung ist zur abschließenden Erörterung der Sach- und Rechtslage bestimmt (§ 93 Abs. 1, § 76 Abs. 2, § 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dementsprechend ist eine mündliche Verhandlung nicht allein deshalb zu vertagen, um einem Beteiligten Gelegenheit zu weiteren Ermittlungen zu geben, wenn er sich trotz hinreichender Frist und ohne persönliche Entschuldigungsgründe nicht genügend auf die mündliche Verhandlung vorbereitet hat (BFH-Beschluss vom 5. April 2011 VIII B 91/10, BFH/NV 2011, 1174; BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 II R 120/73, BFHE 115, 185, BStBl II 1975, 489).

9

b) Im Streitfall hat das FA, nachdem der Kläger erstmals im Februar 2010 die Umsatzsteuererklärungen für 2005 und 2006 abgegeben hatte, die Schätzungsbescheide für die Streitjahre am 15. April 2010 geändert und dabei die Angaben des Klägers und dementsprechend auch die erklärten Vorsteuerbeträge in der geltend gemachten Höhe übernommen. Der Kläger hat erstmals im Klageverfahren sein Rechtsschutzbegehren konkretisiert und --unter Hinweis auf den der Klagebegründung beigefügten "Kontennachweis zum Wertübergabeprotokoll Umsatzsteuer", in dem Vorsteuerbeträge nach Konten aufgelistet waren--, den Abzug höherer Vorsteuerbeträge geltend gemacht. Es oblag daher dem Kläger, die Voraussetzungen für den geltend gemachten höheren Vorsteuerabzug, zu denen u.a. nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG auch das Vorhandensein entsprechender Rechnungen gehört, nachzuweisen. Dies konnte für den Kläger als Steuerberater nicht überraschend sein. Selbst wenn der Kläger nicht, wie seine protokollierte Erklärung, "die Rechnungen, aus denen der Vorsteuerabzug begehrt werde, habe er nicht dabei", nahe legt, zusätzliche Vorsteuerbeträge geltend gemacht haben sollte, sondern ihm --wie er erstmals nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgetragen hat-- nur "Schreibfehler bei der Erklärungserstellung unterlaufen (sind), welche durch den Rechtsbehelf berichtigt werden sollten", lag es allein in der Sphäre des Klägers, dies anhand der entsprechenden Rechnungen zu belegen.

10

c) Die Obliegenheit des Klägers zur gewissenhaften Terminsvorbereitung war auch nicht aufgrund des Verhaltens des FG entfallen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH stellen unterlassene richterliche Hinweise bei steuerlich beratenen und durch einen fach- und sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten regelmäßig keine Verletzung der Prozessförderungspflicht aus § 76 Abs. 2 FGO dar, es sei denn, es würden besondere Umstände dargelegt, die eine Ausnahme von dieser Regel erforderten (z.B. BFH-Beschluss vom 27. Februar 2007 X B 178/06, BFH/NV 2007, 1073, m.w.N.). Anhaltspunkte hierfür sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Daran, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Nachweise für die zusätzlich geltend gemachten Vorsteuern vorlegen konnte, zeigt sich, dass er insoweit nicht ausreichend auf die mündliche Verhandlung vorbereitet war. Die mangelnde Vorbereitung einer Partei ist im Übrigen kein Vertagungsgrund (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO).

11

2. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Nichtgewährung von Akteneinsicht liegt nur vor, wenn diese ausdrücklich verweigert worden ist (BFH-Beschlüsse vom 25. Januar 2011 V B 154/09, BFH/NV 2011, 822; vom 14. April 2009 II B 92/08, juris). Dies macht der Kläger selbst nicht geltend. Seinem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, sich Akteneinsicht zu verschaffen. Der Kläger macht insoweit lediglich geltend, die Versendung der Akten an seinen Wohnsitz sei abgelehnt worden.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 18. Nov. 2011 - V B 25/11 zitiert 14 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Zivilprozessordnung - ZPO | § 227 Terminsänderung


(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht1.das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür

Zivilprozessordnung - ZPO | § 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens


(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfä

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 93


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 104


(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen

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Finanzgericht Münster Urteil, 13. Okt. 2016 - 9 K 1087/14 K,G,F

bei uns veröffentlicht am 13.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Die Revision wird zugelassen. 1T a t b e s t a n d 2Streitig ist die steuerliche Behandlung von Nebenkosten zur Anschaffung eigener Aktien im Streitjahr 2011. 3Die Kläge

Referenzen

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es bleibt dahingestellt, ob ihre Begründung den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht; jedenfalls sind die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht gegeben.

2

a) Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung durch (Sachverständigen-)Beweiserhebung rügen, ist dieser Verstoß nicht gegeben. Insbesondere musste sich dem Finanzgericht (FG) aufgrund des vorgelegten ärztlichen Attests ("intensive Diagnostik", "körperlich als auch nervlich eine erhebliche Leistungseinschränkung") die Einholung eines (psychiatrischen) Sachverständigen-Gutachtens wegen der Handlungsfähigkeit/Geschäftsfähigkeit (§ 79 der Abgabenordnung) nicht aufdrängen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde "der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert", ohne dass die Kläger --in der gut vierzigminütigen mündlichen Verhandlung-- einen entsprechenden Beweisantrag gestellt oder auf ihn hingewirkt hätten. Zudem war spätestens aufgrund der Ladung erkennbar, dass das FG eine mögliche Beweiserhebung oder weitere Aufklärungsmaßnahmen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht durchzuführen beabsichtigte. Im Übrigen muss ein --fachkundig vertretener-- Beteiligter gerade bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Dezember 2006 IX B 139/05, BFH/NV 2007, 1084; vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222, m.w.N.). Gleichwohl haben die --in der mündlichen Verhandlung vor dem FG anwaltlich vertretenen-- Kläger rügelos zur Sache verhandelt und damit ihr Rügerecht durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Mai 2010 IX B 198/09, BFH/NV 2010, 1647; vom 27. August 2008 IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022, m.w.N.). Gleiches gilt für die Frage der Einkommenslosigkeit der Kläger im fraglichen Zeitraum.

3

b) Letztlich rügen die Kläger mit ihrem Vorbringen eine (angeblich) unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann die Zulassung der Revision jedoch nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 24. September 2008 IX B 110/08, BFH/NV 2009, 39, und in BFH/NV 2010, 1647).

4

c) Die darüber hinaus in dem nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet eingereichten Schriftsatz vom 8. November 2010 enthaltenen Ausführungen sind, soweit sie nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur sind, unbeachtlich (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 2008 IX B 249/07, BFH/NV 2008, 1512, unter 4.b; vom 25. September 2006 VI B 69/05, BFH/NV 2007, 83, unter 3., m.w.N.).

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil wird durch Verlesung der Formel verkündet; es ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil wird durch Verlesung der Formel verkündet; es ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Augenarzt, der zunächst erklärungsgemäß veranlagt wurde. Nach einer Außenprüfung wurde die Einkommensteuer für die Streitjahre erheblich heraufgesetzt aufgrund von Hinzuschätzungen bei den Einnahmen sowie erheblichen Minderungen der erklärten Betriebsausgaben, da der Kläger diese nicht (ordnungsgemäß) belegt hatte.

2

Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Im Klageverfahren vertrat der Kläger die Auffassung, die vorgenommenen Schätzungen hätten den Charakter unzulässiger Strafschätzungen und die Steueränderungsbescheide seien demzufolge nichtig.

3

Nachdem der Berichterstatter in getrennten Telefongesprächen beiden Beteiligten gegenüber bekundet hatte, dass die Bescheide für 2001 und 2003 nichtig sein könnten, übergab der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) in der mündlichen Verhandlung für diese Jahre neue Änderungsbescheide, die sich von den vorausgegangenen durch die Berücksichtigung höherer Betriebsausgaben unterschieden.

4

Dem daraufhin gestellten Antrag auf Vertagung zur Stellungnahme hat das Finanzgericht (FG) nicht entsprochen. Dem hilfsweise gestellten Sachantrag hat es --über die bereits vom FA vorgenommenen Steuerminderungen hinaus-- für die Jahre 2001 und 2003 zu einem weiteren Teil stattgegeben.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Es bestehen keine Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

6

Es liegt kein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könnte.

7

Die Rüge entscheidungserheblicher Verfahrensmängel, die in mangelnder Sachaufklärung, der Versagung des rechtlichen Gehörs wegen abgelehnter Vertagung und Verstoßes gegen die prozessuale Waffengleichheit liegen sollen, greift nicht durch.

8

a) Das FG war nicht gehalten, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den Sachverhalt in Bezug auf die vom Kläger erklärten Betriebsausgaben weiter aufzuklären. Der Kläger hat es über mehrere Jahre und auch im finanzgerichtlichen Prozess versäumt, seine Betriebsausgaben zu belegen, auch angesichts eines nochmaligen entsprechenden Hinweises des FG. Verletzt ein Beteiligter auf diese Weise die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten (vgl. § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO), so führt dies regelmäßig zu einer Einschränkung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juni 2006 V B 199/05, BFH/NV 2006, 2098, m.w.N.; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 76 Rz 50, m.w.N.). Unter den genannten Umständen war es dem FG nicht zumutbar, anstelle des beweisnäheren Klägers tätig zu werden und etwaige weitere, bis zur mündlichen Verhandlung nicht belegte Betriebsausgaben zu dessen Gunsten zu erforschen.

9

b) Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel des nicht gewährten rechtlichen Gehörs (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 3 FGO) infolge einer abgelehnten Vertagung der mündlichen Verhandlung ist nicht festzustellen.

10

aa) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann eine Verhandlung aus erheblichen Gründen vertagt werden. Liegen erhebliche Gründe vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Aufhebung oder Verlegung des Termins verzögert wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Juli 2001 II B 132/00, BFH/NV 2002, 30; vom 28. Juli 2005 VII B 21/05, BFH/NV 2005, 2037; vom 19. November 2009 IX B 160/09, BFH/NV 2010, 454, jeweils m.w.N.).

11

Im Streitfall war es weder ermessensfehlerhaft noch aus anderen Gründen verfahrensrechtswidrig, dass das FG dem Antrag auf Vertagung nicht entsprochen hat. Die vom FA in der mündlichen Verhandlung übergebenen Änderungsbescheide sind gemäß § 68 FGO Verfahrensgegenstand geworden, wobei es unerheblich ist, ob die ersetzten Bescheide einfach rechtswidrig oder aber nichtig waren (vgl. § 68 Sätze 1 und 4 Nr. 2 FGO). Da sie die vom Kläger erklärten Betriebsausgaben nur zum Teil und nicht im erklärten Umfang berücksichtigten, war hinsichtlich des nicht anerkannten sachlichen Begehrens, wie es schon --auch bezüglich der Steuerfestsetzung für das Streitjahr 2002-- im schriftsätzlichen Hilfsantrag der Klagebegründung vom 4. Juni 2008 zum Ausdruck gekommen ist, keine Änderung des materiellen Streitstoffs eingetreten. Indem der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärte Betriebsausgaben weiterhin nicht belegt und eine weitere Frist zur Stellungnahme beantragt hat, zeigt sich, dass er insoweit nicht ausreichend auf die mündliche Verhandlung vorbereitet war. Angesichts der schriftlichen Stellungnahmen des FA vor der mündlichen Verhandlung (vom 14. Oktober 2008 und vom 23. September 2009) hätte der Kläger bei der gebotenen gewissenhaften Vorbereitung nicht darauf setzen dürfen, dass er mit seiner Argumentation zur Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide jedenfalls Erfolg haben würde und es für die Entscheidung des FG nicht mehr auf die Höhe der Betriebsausgaben ankommen könne. Die mangelnde Vorbereitung einer Partei ist ausdrücklich kein Vertagungsgrund (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO).

12

bb) Die Obliegenheit zur gewissenhaften Terminsvorbereitung war auch nicht aufgrund eines Verhaltens des FG entfallen: Das FG hat die Waffengleichheit (verfahrensrechtliche Symmetrie) gewahrt, denn sowohl der Kläger wie auch das FA sind vor der mündlichen Verhandlung davon unterrichtet worden, dass die nach der Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheide möglicherweise nichtig sein könnten. Damit war allerdings der Ausgang des Verfahrens nicht präjudiziert; der Kläger musste vielmehr darauf vorbereitet sein, ggf. auch seinen Vortrag zur behaupteten zutreffenden Höhe der Betriebsausgaben begründen und einen Nachweis der geltend gemachten Betriebsausgaben führen zu können. Diese Vorbereitung war also jedenfalls geboten und unabhängig von der in der mündlichen Verhandlung eingetretenen Änderung der Prozesssituation und dem dann angepassten hilfsweise gestellten Sachantrag.

13

c) Soweit der Kläger mit der Beschwerde vorbringt, er hätte bei einer Vertagung auch Beweis durch Zeugenvernehmung erbringen können, kann er damit im Beschwerdeverfahren nicht mehr gehört werden, weil ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung dort kein Beweisantrag gestellt war. Derjenige Beteiligte, der in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge stellt und die aus seiner Sicht mangelnde Sachaufklärung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung nicht rügt, kann sich nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Verletzung der Aufklärungspflicht berufen (sog. Rügeverzicht, § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO; s. etwa Beschluss des Senats vom 6. September 2006 VIII B 187/05, BFH/NV 2007, 74; Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 33, m.w.N.). Darüber hinaus hat der Kläger auch im Beschwerdeverfahren weder Beweisthema noch Beweismittel benannt und auch nicht hinreichend dargelegt, was das entscheidungserhebliche voraussichtliche Ergebnis einer Beweisaufnahme hätte sein sollen.

14

d) Die Rüge einer Überraschungsentscheidung greift nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine Überraschungsentscheidung und damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis seine Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt, der weder im Besteuerungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren zur Sprache gekommen ist und mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2005 I B 90/05, BFH/NV 2006, 601, m.w.N.; BFH-Urteil vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92).

15

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Die Höhe der geschätzten Besteuerungsgrundlagen auf der Ausgabenseite war Gegenstand des gesamten Verfahrens seit der Außenprüfung. Der Punkt der fehlenden Betriebsausgabenbelege war nach den den BFH bindenden tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 118 Abs. 2 FGO) auch Gegenstand eines Telefongesprächs zwischen dem Berichterstatter und der Klägerseite noch vor der mündlichen Verhandlung und ist dort seitens des Gerichts ausdrücklich als problematisch angesehen worden. Dass das Verfahren schließlich einen anderen Gang genommen und zu einem anderen Ergebnis geführt hat, als vom Kläger erhofft, macht das angefochtene Urteil nicht zu einer Überraschungsentscheidung im Rechtssinne.

16

Sollte der Kläger mit der Äußerung, er sei (u.a.) durch die Vorlage von Änderungsbescheiden überrascht worden, auch das verfahrensrechtliche Geschehen als solches rügen wollen, so fehlt es jedenfalls an einer Darlegung, warum insoweit das Verfahren fehlerhaft gewesen sein soll oder warum dem sachkundig vertretenen Kläger gerade in dieser Hinsicht eine Frist zur Stellungnahme hätte eingeräumt werden müssen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensmängel sind zum Teil nicht in einer den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt, zum Teil liegen sie nicht vor.

2

1. Ohne Erfolg rügt der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), das Finanzgericht (FG) habe "durch Nichtvorlage der Unterlagen" die Pflicht zur Gewährung von Akteneinsicht (§ 78 FGO) verletzt und ihn nicht darauf hingewiesen, dass er Akteneinsicht beim FG hätte nehmen können.

3

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Nichtgewährung von Akteneinsicht liegt nur vor, wenn diese ausdrücklich verweigert worden ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. April 2009 II B 92/08, nicht amtlich veröffentlicht). Die Beschwerdeschrift enthält keine Ausführungen dazu, dass der Kläger Akteneinsicht erfolglos beantragt habe oder weshalb es ihm nicht möglich gewesen wäre, sich die beantragte Akteneinsicht (u.a. bei der Geschäftsstelle des FG) zu verschaffen. Das FG muss den Kläger insbesondere, wenn er --wie im Streitfall-- im Verfahren durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, nicht auf das Recht zur Akteneinsicht besonders hinweisen.

4

2. Auch die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG durch Übergehen von Beweisangeboten führt nicht zur Zulassung.

5

a) Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO muss in der Beschwerdeschrift u.a. der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Das Übergehen eines entscheidungserheblichen Beweisantrags kann einen solchen Verfahrensmangel darstellen. Wird jedoch ein Verstoß gegen die Beachtung von Verfahrensvorschriften gerügt, auf die gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung verzichtet werden kann, setzt die zulässige Rüge des Verfahrensverstoßes die Darlegung in der Beschwerdeschrift voraus, dass der Kläger auf sein Rügerecht nicht verzichtet habe.

6

Zu den verzichtbaren Mängeln gehört u.a. das Übergehen eines Beweisantrages (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Mai 2010 X B 207/09, BFH/NV 2010, 1649, m.w.N.). Wird deshalb das Übergehen eines Beweisantrages gerügt, gehört zur ordnungsmäßigen Bezeichnung des Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung --in der im Streitfall der Kläger durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten vertreten war-- gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 9. Juli 1998 V R 68/96, BFHE 186, 161, BStBl II 1998, 637; BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2003 VII B 51/03, BFH/NV 2004, 217).

7

b) Soweit der Kläger rügt, das FG hätte "die u.a. in der mündlichen Verhandlung ... angebotenen Zeugen" vernehmen müssen (S. 4 bis 8 der Beschwerde), ist die Rüge nicht ordnungsgemäß erhoben. Wird --wie vorliegend-- als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Übergehen eines Beweisantrages geltend gemacht, setzt eine schlüssige Verfahrensrüge u.a. folgende Angaben voraus:

-      die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen,

-      die genauen Fundstellen (Schriftsatz mit Datum und Seiten zahl, Terminprotokolle), in denen die Beweismittel und die Beweisthemen angeführt worden sind,

-      das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,

-      inwiefern das FG-Urteil aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme be ruhen kann (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschluss vom 5. Oktober 2000 V B 74/00, BFH/NV 2001, 330; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 93 f. und § 116 Rz 50 i.V.m. § 120 Rz 69, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

8

Hieran fehlt es. Der Kläger hat in seiner Beschwerde --mit Ausnahme des Hinweises auf ein Beweisangebot in der mündlichen Verhandlung (hierzu unter b)-- keinerlei Ausführungen dazu gemacht, wann und wo er für welche Beweisthemata Beweise durch welche Zeugen angetreten hat; er hat darüber hinaus auch die nach seinen Angaben wesentlichen, vom FG bisher nicht gewürdigten Tatsachen, die der Zeuge hätte bekunden sollen, nicht hinreichend bezeichnet. Soweit die Beschwerde dahin zu verstehen sein könnte, dass die Nichtanhörung von Zeugen gerügt werden soll, die der Kläger bereits schriftsätzlich vor der mündlichen Verhandlung angeboten haben will, fehlt es darüber hinaus auch an der Darlegung, weshalb deren Nichtanhörung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt worden ist bzw. weshalb eine solche Rüge nicht möglich gewesen sein sollte. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nur, dass der Kläger die Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch das FG für fehlerhaft hält; mit solchen --der Revision vorbehaltenen-- Angriffen kann er im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden.

9

c) Ohne Erfolg rügt der Kläger die Nichtvernehmung der in der mündlichen Verhandlung als Zeugin angebotenen Buchhalterin Frau Z. Allerdings ist ein Gericht verpflichtet, einen angebotenen Beweis zu erheben, wenn nicht ausnahmsweise ein Grund für ein Absehen von der Beweiserhebung vorliegt. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn das FG die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellt, wenn das Beweismittel nicht erreichbar ist oder wenn es unzulässig oder zum Nachweis der betreffenden Tatsache untauglich ist (BFH-Urteil vom 10. April 2008 VI R 13/07, BFH/NV 2008, 1356). Das FG hat die Vernehmung ausweislich seines Urteils (S. 10) abgelehnt, weil es die laut Protokoll der mündlichen Verhandlung behauptete Tatsache der Produktion der Maschine X in Tschechien und deren Lieferung nach Deutschland als wahr unterstellt hat und davon ausgegangen ist, dass die Lieferung der Maschine entgegen dem Klägervortrag nicht der österreichischen, sondern der inländischen Firma des Klägers zuzurechnen sei, weil in den Auftragsbestätigungen die Preise auf Deutsche Mark lauteten, die Zahlung an die inländische Firma erbracht wurde, die deutsche Firma auf dem Scheck enthalten sei und die österreichische Steuerverwaltung deshalb von einer Besteuerung in Österreich abgesehen hatte. Die Ablehnung des Beweisantrages war deshalb nicht verfahrensfehlerhaft.

10

3. Auch die Rüge, das FG habe bei seiner Entscheidung nicht den gesamten Akteninhalt berücksichtigt, weil die Klägerin "ein Dokument" vorgelegt habe, aus dem sich ergebe, dass "die Leistung auch schriftlich rückabgewickelt" worden sei, und weil das FG weiter einen "vorgelegten Handelsregisterauszug" und einen "Schriftsatz des Klägers mit der entsprechenden Einlassung" nicht berücksichtigt habe, entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten (§§ 76, 96 FGO) erfordert u.a. die genaue Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen aus den Akten und die sich ergebenden wesentlichen Tatumstände, die das FG nicht berücksichtigt hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. September 2000 XI B 13/99, BFH/NV 2001, 200; vom 29. April 2004 V B 43/03, BFH/NV 2004, 1303). Daran fehlt es.

11

4. Mit der Rüge, das FG habe --wie die fehlende Verurteilung des Klägers wegen Steuerhinterziehung belege-- zu Unrecht eine Steuerhinterziehung des Klägers bejaht, weil dieser erst im Jahre 1996 zum Geschäftsführer bestellt worden sei und die streitigen Lieferungen bereits in 1993 und 1994 ausgeführt worden seien, macht der Kläger keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern materiell-rechtliche Fehler geltend, die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren regelmäßig unbeachtlich sind. Im Übrigen besteht keine Bindung des FG an die strafrechtliche Beurteilung im Strafverfahren (BFH-Beschluss vom 17. März 2010 X B 120/09, BFH/NV 2010, 1240). Für die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verletzung der Sachaufklärungspflicht fehlt es bereits an den für eine hinreichende Darlegung erforderlichen genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (zur unterlassenen Amtsermittlung vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43).

12

Letztlich setzt der Kläger seine eigene Sachverhaltswürdigung und Rechtsansicht anstelle des FG und rügt mit seinen --zum Teil nach Art einer Revisionsbegründung gehaltenen-- Einwänden die fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung sowie die unzutreffende Rechtsanwendung durch das FG, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. September 2001 V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom 29. Dezember 2006 IX B 139/05, BFH/NV 2007, 1084, unter 4.).

13

5. Schließlich hat der Kläger auch mit der Rüge, das FG habe die Haftungsbegrenzung nach der Rechtsprechung zur anteiligen Tilgung nicht beachtet, keinen Verfahrensfehler schlüssig geltend gemacht. Einwendungen gegen die Schätzung der Haftungsquote durch das FG betreffen die Rechtsanwendung bzw. die tatsächliche Würdigung des Streitfalles durch das FG und sind deshalb im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Beschluss vom 30. September 2008 VII S 17/08 (PKH), BFH/NV 2009, 203). Mit dem nicht weiter substantiierten Vortrag, das FG habe "weder Bankauszüge eingesehen noch das Inventar der Gesellschaft" und es sei "anzunehmen, dass bei einer beendigten Gesellschaft eben kein Vermögen mehr vorhanden sei" und dem ebenfalls nicht weiter substantiierten Hinweis, "hätte das FG die angebotenen Zeugen vernommen ... wäre es zu dem Schluss gekommen, dass keinerlei Mittel mehr in dem fraglichen Zeitpunkt zur Verfügung standen", ist eine Verfahrensrüge nicht ordnungsgemäß erhoben. Insoweit fehlt es u.a. auch an der Darlegung, dass die nicht zureichende Aufklärung des Sachverhaltes in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war und zu welchen Ergebnissen eine weitere Sachaufklärung aufgrund welcher konkreter Tatsachen sich voraussichtlich ergeben hätte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom 28. August 2003 VII B 71/03, BFH/NV 2004, 493, 494, m.w.N.).

14

6. Im Übrigen ergeht der Beschluss ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).