Bundesfinanzhof Urteil, 09. Jan. 2018 - IX R 34/16

ECLI: ECLI:DE:BFH:2018:U.090118.IXR34.16.0
published on 09.01.2018 00:00
Bundesfinanzhof Urteil, 09. Jan. 2018 - IX R 34/16
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Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Januar 2016  4 K 2086/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als Geschäftsführer des A-Vereins tätig. Der Verein führt Selbstkontrollen in der Industrie durch.

2

Am ... wurde der Kläger auf dem Heimweg zu seinem Wohnhaus Opfer eines Überfalls. Er erlitt lebensgefährliche Verletzungen am Kopf, musste in der Folge drei Mal operiert werden und ist seitdem schwerbehindert. Der Täter nahm den Autoschlüssel, die Geldbörse und das Mobiltelefon des Klägers an sich und flüchtete mit dessen Dienstwagen. Er wurde gefasst und wegen der Tat vom Amtsgericht zu einer Jugendhaftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

3

Der Kläger versuchte zunächst, für die Folgen des Überfalls Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu erhalten (Arbeitsunfall). Das Sozialgericht gab der Klage statt (Urteil vom 22. Juni 2010 S 3 U 98/09). Das Landessozialgericht (LSG) hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Januar 2012 L 2 U 200/10, juris). Es führte zur Begründung u.a. aus, für einen vorsätzlichen Überfall bestehe grundsätzlich kein Versicherungsschutz. Etwas anderes gelte nur bei einem Angriff aus betriebsbezogenen Motiven. Daran fehle es. Der Täter habe im Strafverfahren wie bei seiner Vernehmung als Zeuge vor dem LSG angegeben, er habe nicht von vornherein geplant, gerade den Kläger zu überfallen. Er hätte auch jeden anderen überfallen können. Die Idee für den Überfall sei ihm spontan gekommen, um an ein Auto zu gelangen. Das LSG hat den Antrag des Klägers abgelehnt, den Anstaltspsychologen als Zeugen zu vernehmen. Selbst wenn der Täter im Rahmen des Resozialisierungsprogramms, wie vom Kläger behauptet, geäußert hätte, dem Kläger aufgelauert zu haben, ergebe sich daraus kein betriebsbezogenes Tatmotiv. Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG zurückgewiesen (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 B 2 U 7/12 R, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2015, 91). Der Kläger habe sich im Zeitpunkt des Überfalls nicht auf einem Betriebsweg befunden. Der Fußweg von seinem PKW zu seinem Privathaus habe auch nicht unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung gestanden. Nach bisheriger Rechtsprechung des BSG komme es deshalb --entgegen der Ansicht des LSG-- nicht darauf an, ob der Täter sein Opfer aus "betrieblichen Motiven" überfallen habe. Es könne dahinstehen, ob dieser Rechtsprechung uneingeschränkt zu folgen sei, denn das LSG habe für das BSG bindend festgestellt, dass eine betriebliche Motivation des Täters nicht bestand.

4

Am 1. Februar 2012 führte der Kläger in der Justizvollzugsanstalt X ein Gespräch mit dem Täter und fertigte über dessen Inhalt ein Gedächtnisprotokoll an. Bei dem Gespräch war der Sozialarbeiter Z anwesend. An diesen verschickte der Kläger das von ihm gefertigte Gedächtnisprotokoll am 3. Februar 2012 mit der Bitte um inhaltliche Bestätigung. Z bestätigte dem Kläger per E-Mail vom selben Tag, dass er dem Protokoll in allen Punkten zustimme. Nach dem Gedächtnisprotokoll hat der Täter in dem Gespräch mitgeteilt, für einen Auftraggeber tätig geworden zu sein, den er nicht nennen werde, der ihm den Ort und die genaue Zeit für den Überfall auf einem Zettel mitgeteilt habe. Er hätte dem Kläger einen Denkzettel verpassen, ihn aber nicht töten sollen. Als er gehört habe, wie der Kopf des Klägers "mit einem lauten Knacken" auf den Boden geschlagen war und sah, wie sich sofort eine Blutlache bildete, habe er fluchtartig den Tatort verlassen. Vor dem LSG habe er gelogen, weil er befürchtet habe, andernfalls mit weiteren Forderungen belastet zu werden.

5

Aus dem Gespräch zog der Kläger den Schluss, dass es sich bei dem Überfall auf ihn um eine Auftragstat gehandelt habe, wobei der Auftraggeber aus seiner Sicht nur aus dem beruflichen Umfeld kommen könne. Er machte deshalb gegen seinen Arbeitgeber Ansprüche auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden geltend, die er aus dem Überfall erlitten hatte und in Zukunft erleiden werde. Seine Forderungen stützte der Kläger auf § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Bei seiner beruflichen Tätigkeit sei er einem erhöhten Risiko, Opfer einer Gewalttat zu werden, ausgesetzt gewesen, welches sich in dem Überfall realisiert habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hafte der Arbeitgeber für diese Gefährdung auch ohne Verschulden. A lehnte eine entsprechende Haftung ab, verständigte sich jedoch mit dem Kläger auf die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrags und Zahlung einer Abfindung.

6

Am 3. Mai 2012 beantragte der Kläger bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die verbindliche Auskunft, dass ein bestimmter Teil der vorgesehenen Zahlung nicht der Steuer unterliege. Dem Antrag waren eine Pensionszusage zu Gunsten des Klägers vom 18. September 2002, ein Nachtrag hierzu vom 18. Dezember 2009 und der an diesem Tag neu gefasste Geschäftsführervertrag des Klägers beigefügt. Der Kläger nahm den Antrag am 10. Mai 2012 zurück. Eine Entscheidung war bis dahin noch nicht ergangen.

7

Am 6. Juni 2012 schlossen der Kläger und A einen "Aufhebungsvertrag und Vergleich" (Vergleich). Die Parteien verständigten sich u.a. darüber, das Arbeitsverhältnis des Klägers auf Betreiben von A zum 30. Juni 2012 zu beenden. Die aus der Pensionszusage zu zahlende Altersrente wurde einvernehmlich auf ... € beziffert. Der Beginn der Pensionszahlung wurde auf den für den Kläger geltenden gesetzlichen Renteneintritt festgelegt. A verpflichtete sich darüber hinaus, an den Kläger zwei Mal ... € zu zahlen. Nach dem Vergleich sollte zum einen eine Abfindung für die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie für mögliche Verdienstausfälle und zum anderen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Schadenersatz geleistet werden. Dazu heißt es in der Präambel des Vertrags, A bestreite den Anspruch. Es sei nicht mit Sicherheit nachweisbar, dass der Überfall auf die dienstliche Tätigkeit zurückzuführen sei. Man sei aber bereit, sich über möglicherweise bestehende und in Zukunft entstehende Schadenersatzansprüche zu vergleichen, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden und um beiderseitige Risiken zu begrenzen. A verpflichte sich deshalb "zum Ausgleich der möglicherweise aus dem Überfall ... entstandenen und in Zukunft entstehenden Ansprüche auf eine Mehrbedarfsrente und ein etwaiges Schmerzensgeld ... €" zu zahlen.

8

A entrichtete auf den Abfindungs- und auf den Vergleichsbetrag die Lohnsteuer und zahlte die Nettobeträge im Streitjahr an den Kläger aus.

9

In seiner Einkommensteuererklärung für 2012 beantragte der Kläger, den Vergleichsbetrag in Höhe von ... € für sonstigen Schadenersatz steuerfrei zu belassen. Das FA lehnte dies im Einkommensteuerbescheid vom 5. November 2013 ab. Insofern sei eine zusätzliche Abfindung gemäß §§ 19, 24 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Eine Mehrbedarfsrente liege nicht vor. Der Kläger habe darauf keinen Anspruch; auch ein Anspruch aus § 670 BGB bestehe nicht.

10

Dagegen erhob der Kläger Einspruch. Am 29. Juli 2014 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2012 und berücksichtigte einen Verlustrücktrag aus dem Jahr 2013. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2014). Schadenersatzleistungen des Arbeitgebers seien nur anzuerkennen, soweit ein entsprechender Anspruch bestehe. Darüber hinausgehende Zahlungen erfüllten den Lohnbegriff. Die Voraussetzungen von § 670 BGB lägen nicht vor. Bei dem Überfall habe sich das allgemeine Lebensrisiko und nicht ein berufliches Risiko verwirklicht. Außerdem sei der "Aufhebungsvertrag und Vergleich" von den Beteiligten bewusst steuerlich optimiert worden. A sei bereit gewesen, dem Kläger aus steuerlichen Gründen entgegenzukommen (Schreiben der Rechtsanwälte ... vom 4. Mai 2012). Daran sei das FA nicht gebunden.

11

Am 4. August 2014 bat der Kläger noch einmal um ein klärendes Gespräch mit dem FA und legte weitere Unterlagen vor. Das FA lehnte ein weiteres Gespräch jedoch ab.

12

Zur Begründung seiner Klage und des Anspruchs aus § 670 BGB hat der Kläger u.a. vorgetragen, er sei beruflich einem hohen persönlichen Risiko ausgesetzt gewesen, welches sich in dem Überfall realisiert habe. Er sei international, häufig auch in Übersee tätig gewesen. Den von seiner Tätigkeit betroffenen Firmen drohten bei entsprechenden Feststellungen Gewinneinbußen in Millionenhöhe. Im ... sei er in Y gewesen, um einen Vortrag über das Service-Konzept der industriellen Selbstkontrolle zu halten und zum Aufbau einer industriellen Selbstkontrolle in Y beizutragen. Der dortige Verband habe zuvor bei einem Hersteller Verfälschungen festgestellt. Jenes Unternehmen sei damals bereits an W veräußert gewesen. Die Durchführung des Vertrags wäre gefährdet gewesen, wenn die Untersuchungsergebnisse bekannt geworden wären. Der Präsident des dortigen Verbands sei am ... ermordet worden. Zu dem Überfall auf ihn bestehe offenbar ein enger Zusammenhang, denn er habe ebenfalls von den Feststellungen des dortigen Verbands gewusst.

13

Zum Zustandekommen des Aufhebungsvertrags und Vergleichs hat der Kläger ergänzend vorgetragen, er habe dem Vorstand des A das Ergebnis seines Gesprächs vom 1. Februar 2012 mit dem Täter vorgetragen. Danach sei der Vorstand einstimmig der Auffassung gewesen, dass der Überfall auf den Kläger offenbar doch einen betrieblichen Hintergrund gehabt habe. Der Vorstand habe dann jedoch nach geheimer Beratung Rechtsanwälte mit den weiteren Verhandlungen beauftragt, die den Anspruch des Klägers zurückgewiesen hätten.

14

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Bei den streitigen ... € handele es sich entgegen der Bezeichnung im Vertrag um eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Mit der Revision erhebt der Kläger die Sachrüge (Verletzung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG) sowie Verfahrensrügen.

15

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Änderung des geänderten Einkommensteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um ... € niedriger angesetzt werden.

16

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

17

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

18

1. Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind.

19

a) Eine "Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen" setzt begrifflich voraus, dass ein Anspruch auf Einnahmen begründet war und weggefallen ist. Die Entschädigung muss den Zweck haben, die weggefallenen Einnahmen zu ersetzen. Sie muss auf einer neuen Rechtsgrundlage beruhen; Erfüllungsleistungen sind keine Entschädigung. Bei den Einnahmen, deren Ausfall ersetzt werden soll, muss es sich um steuerbare Einnahmen handeln; sie müssen (im Erfüllungsfall) einer Einkunftsart (§ 2 Abs. 2 EStG) unterfallen. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG schafft keine eigene Einkunftsart (statt aller: Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 24 Rz 3). Leistungen, die Ansprüche ersetzen sollen, die bei ihrer Erfüllung zu nicht steuerbaren Einnahmen geführt hätten, fallen nicht unter die Regelung. Schadenersatz wegen der Verletzung anderer Rechtsgüter (Gesundheit) fällt ebenso wenig darunter, wie etwa Ansprüche auf Ausgleich eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs oder auf Zahlung eines Schmerzensgelds.

20

b) Sind im Zusammenhang mit der Auflösung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mehrere (auch unterschiedliche) Entschädigungsleistungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen vereinbart, sind diese grundsätzlich einheitlich zu beurteilen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Juni 2004 XI R 55/03, BFHE 206, 544, BStBl II 2004, 1055; vom 11. Mai 2010 IX R 39/09, BFH/NV 2010, 1801; BFH-Beschluss vom 4. März 2016 IX B 146/15, BFH/NV 2016, 925). Dieser Grundsatz entbindet das FG jedoch nicht von der Prüfung, ob jede einzelne Entschädigung "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden ist (BFH-Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 28/16, BFHE 259, 272, BStBl II 2018, 86). Eine Leistung, für die aufgrund der Umstände nicht anzunehmen ist, dass sie eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Leistungen darstellt, kann nicht aus Gründen der einheitlichen Beurteilung in den Besteuerungstatbestand hineingezogen werden.

21

c) Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das FG nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). An die tatsächlichen Feststellungen und Schlussfolgerungen des FG ist der BFH grundsätzlich gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Dazu gehört auch die Auslegung von Verträgen. Der BFH prüft insofern nur, ob sie gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze oder die anerkannten Auslegungsregeln verstößt. Ist das der Fall, entfällt die Bindungswirkung mit der Folge, dass der BFH die Auslegung ggf. selbst vornehmen darf.

22

2. Diesen Maßstäben entspricht das angefochtene Urteil nicht.

23

a) Das FG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die im Vergleich vom 6. Juni 2012 vereinbarten Leistungen seien einheitlich als Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu qualifizieren. Der Streitfall biete keine Veranlassung, vom Grundsatz der Einheitlichkeit abzuweichen. An den Wortlaut der Vereinbarung sei das Gericht steuerlich nicht gebunden. Unabhängig davon, ob ein Schadenersatzanspruch des Klägers bestanden habe, sei das Gericht davon überzeugt, dass die als sonstiger Schadenersatz bezeichnete Zahlung ebenfalls wirtschaftlich als Entschädigung für entgehende Einnahmen vereinbart worden sei. Dafür spreche vor allem der Inhalt des Schreibens der von A beauftragten Rechtsanwälte, in welchem der Anspruch des Klägers zurückgewiesen und eine Zahlung von insgesamt ... € in Aussicht gestellt worden sei. Eine Aufteilung sei lediglich zur "steuerrechtlichen Optimierung" angeboten worden. Für einen objektiven Dritten sei danach klar erkennbar, dass nicht auf etwaige Schadenersatzansprüche gezahlt worden sei. Das ergebe sich auch aus dem bekannten Verlauf der Vergleichsverhandlungen, insbesondere dem Antrag des Klägers auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Darin habe der Kläger selbst angegeben, von A Ersatz für die Verminderung seiner Arbeitskraft und der Behinderung bei der Arbeitssuche zu beanspruchen. Die vom Kläger gegen diese Würdigung erhobenen Einwände griffen nicht durch.

24

b) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Annahme des FG, wonach die für "Verdienstausfall und Abfindung" vereinbarte Zahlung über ... € zum Ersatz von entgangenen oder entgehenden Einnahmen geleistet worden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Zahlbetrag exakt der Höhe der zivilrechtlichen Ansprüche entspricht, die mit ihm abgegolten werden sollen. Es bestehen jedenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegen die Höhe der vereinbarten Abfindung. Es genügt grundsätzlich, wenn die Vertragspartner den vereinbarten Betrag übereinstimmend als angemessen ansehen, denn es entspricht dem Wesen des Vergleichs, dass durch ihn die exakte Ermittlung der wechselseitigen Ansprüche erübrigt werden soll (§ 779 BGB).

25

c) Soweit das FG den Grundsatz der Einheitlichkeit der Entschädigung als Argument dafür angeführt hat, dass für die in § 5 des Vergleichs vereinbarte Schadenersatzzahlung nichts anderes gelten könne als für die in § 3 des Vergleichs vereinbarte Abfindung, beruht dies auf einem Rechtsirrtum. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 259, 272, BStBl II 2018, 86 ausgeführt hat, muss das FG nicht nur abstrakt für jede Teilzahlung ermitteln, ob sie die Voraussetzungen von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfüllt. Es muss dabei auch berücksichtigen, in welchem Rahmen üblicherweise Abfindungen vereinbart werden. Hierzu muss es den letzten regulären Verdienst des Steuerpflichtigen, die reguläre Kündigungsfrist und das Aufhebungsdatum feststellen und beurteilen, in welchem Umfang eine Entschädigung für entgangene Einnahmen zu erwarten und auch gerichtlich durchsetzbar gewesen wäre. Wenn neben einer Entschädigung, die sich in diesem Rahmen hält, eine weitere Zahlung vereinbart ist, die bei zusammenfassender Betrachtung den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreiten würde, spricht dies indiziell dafür, dass es sich insoweit nicht um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen handelt. Unter der Annahme, dass die erste Teilentschädigung von ... € den Rahmen des Abfindungsanspruchs im Großen und Ganzen einhält, würde eine doppelt so hohe Gesamtentschädigung den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreiten.

26

Das FG hat entsprechende Erwägungen nicht angestellt und auch keine entsprechenden Feststellungen getroffen. Es ist stattdessen von einer formellen Einheitsbetrachtung ausgegangen, die so weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine Stütze findet. Sein Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben. Da die Revision bereits aus sachlichen Gründen Erfolg hat, kommt es auf die Verfahrensrügen nicht mehr an.

27

3. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, dass die Begründung des FG auch im Übrigen Rechtsfehler aufweist.

28

a) Wenn das FG die Vereinbarung unter § 5 des Vergleichs als Scheinvereinbarung entlarven will, muss es den Sachverhalt umfassend würdigen. Es handelt sich insofern nicht um eine Frage der Auslegung, denn der Vertrag ist seinem Wortlaut nach eindeutig (Schadenersatz). Die bisher vom FG angeführten Erwägungen tragen seine Entscheidung nicht.

29

aa) Es kommt zunächst nicht darauf an, ob der Kläger einen Anspruch aus § 670 BGB hatte und auch durchsetzen konnte. Soweit das FG mit dem FA davon ausgegangen ist, dass jede "Schadenersatzleistung" des Arbeitgebers, die den bestehenden Schadenersatzanspruch übersteigt, zu Arbeitslohn führt (z.B. BFH-Urteil vom 20. September 1996 VI R 57/95, BFHE 181, 298, BStBl II 1997, 144), ist diese Rechtsprechung nicht auf die Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu übertragen. Sie ist zu Fällen ergangen, in denen das Arbeitsverhältnis fortgeführt wird. Das ist bei § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gerade nicht der Fall. Ist das Arbeitsverhältnis beendet, besteht aber keine Grundlage für die Vermutung, dass der Arbeitgeber im Zweifel die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten will. Es wäre überdies widersinnig, das Bestehen eines Anspruchs zum Maßstab zu erheben, wenn im konkreten Fall bestehende Unsicherheiten durch Vergleich beseitigt worden sind. Für die steuerrechtliche Beurteilung kommt es in diesem Fall darauf an, ob sich die Vertragspartner wirklich über den von der einen Seite geltend gemachten und von der anderen Seite bestrittenen Anspruch einigen wollten oder ob sie eine entsprechende Vereinbarung nur zum Schein abgeschlossen haben. Sollte der von einer Seite geltend gemachte Anspruch rechtlich so fernliegend sein, dass er so gut wie sicher ausgeschlossen werden kann, mag darin im Einzelfall ein Indiz für die Annahme einer Scheinvereinbarung zu sehen sein.

30

bb) So liegt der Streitfall jedoch nicht. Aufgrund des sehr detaillierten und schlüssigen Klägervortrags erscheint der vom Kläger geltend gemachte Anspruch gemäß § 670 BGB keineswegs ausgeschlossen. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass und weshalb er in seiner beruflichen Tätigkeit einem hohen persönlichen Risiko ausgesetzt war. Er hat dies anhand konkreter Angaben illustriert (Auslandsreise, Ermordung des dortigen Verbandspräsidenten). Er hat unter Beweisantritt ausgeführt, dass diese Einschätzung nicht nur von der Kriminalpolizei, sondern in einer Vorstandssitzung auch von seinem Arbeitgeber geteilt worden ist. Er hat darüber hinaus konkret dargelegt, dass der Täter seine ursprüngliche Aussage, es habe sich um eine spontane Tat gehandelt, revidiert und ihm gegenüber bekundet habe, im Auftrag gehandelt zu haben. Es erscheint auch schlüssig, dass der Kläger den Auftraggeber in seinem beruflichen Umfeld vermutet, weil der Auftraggeber anscheinend wusste, wann sich der Kläger zuhause aufhalten würde. Dies erscheint umso überzeugender, als sich der Kläger nach seinem Vortrag unmittelbar zuvor auf einer längeren Auslandsreise befand und erst seit einem Tag wegen eines seit langem feststehenden beruflichen Termins wieder zuhause war.

31

cc) Wenn das FG angesichts dieses schlüssigen und auf Tatsachen gestützten Sachvortrags ausführt, es lägen keine Hinweise auf eine betriebliche Veranlassung des Überfalls vor, hat dies keine tragfähige Grundlage. Daran ändern auch möglicherweise ungeschickte Formulierungen in einzelnen Schriftsätzen der Arbeitgeberseite nichts. Zum einen darf das Gericht bei der Erfassung des Sinngehalts eines Vergleichs nicht einseitig nur die Sichtweise der einen Partei zugrunde legen. Zum andern hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Formulierungen aus seiner Sicht nicht der Überzeugung des Vorstands der A entsprachen, sondern im anwaltlichen Interesse verwendet worden sind, um den Anspruch des Klägers zu drücken. Vertragspartner des Klägers war aber A, nicht die von dieser beauftragte Anwaltskanzlei.

32

Es genügt insofern auch nicht, auf das Urteil des BSG zu verweisen. Das BSG ist von anderen Tatsachen ausgegangen. Das LSG konnte das Täter-Opfer-Gespräch, welches der Kläger am 1. Februar 2012 mit dem Täter geführt hat, nicht verwerten, weil es bis zu seinem Urteil nicht stattgefunden hatte. Der Antrag des Klägers vor dem LSG, den Anstaltspsychologen als Zeugen für angebliche Äußerungen des Täters in der Haft zu vernehmen, war nicht substantiiert genug. Außerdem hatte das LSG bereits den Täter als Zeugen vernommen. Das BSG war an die tatsächlichen Feststellungen des LSG gebunden; nachträgliche neue Entwicklungen können im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. LSG und BSG sind deshalb verfahrensrechtlich zu Recht von der spontanen Tat eines Einzelnen ausgegangen.

33

Im finanzgerichtlichen Verfahren stellt sich die Sachlage anders dar. Für die Frage, ob der Täter einen Hintermann hatte, bietet das Täter-Opfer-Gespräch den entscheidenden Anhaltspunkt. Es erscheint deshalb nicht sachgerecht, wenn das FG in diesem Zusammenhang keine Veranlassung für eine weitere Sachaufklärung gesehen hat. Wenn das FG Zweifel an der Richtigkeit des Erinnerungsprotokolls und seines Inhalts gehabt hätte und sein Urteil darauf hätte stützen wollen, hätte es zuvor den Sachverhalt vollständig aufklären müssen (z.B. durch Vernehmung des Täters als Zeugen oder subsidiär des Klägers als Partei und des Ohrenzeugen Z als Zeuge).

34

Neben der Sache liegt schließlich auch der Einwand des FA, der Anspruch aus § 670 BGB wäre jedenfalls verjährt. Wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat, markiert das Ergebnis des Täter-Opfer-Gesprächs den Zeitpunkt, zu dem der Kläger erstmals über sämtliche Informationen verfügte, aus denen sich der Anspruch ergab. Davor begann die Verjährung nicht zu laufen.

35

Auch die Befürchtung des FG, dass im Ergebnis jede ungeklärte Fremdeinwirkung mit Schadensfolge als Verwirklichung eines beruflichen Risikos gewürdigt werden könnte, verfängt nicht. Das FG ignoriert dabei nicht nur den gesamten Sachvortrag des Klägers, sondern es lässt auch außer Acht, dass A möglicherweise eine weit überdurchschnittliche Abfindung zu zahlen bereit war. Selbst wenn am Ende nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass sich im Fall des Klägers nur das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat, geht dies unter den Umständen des Falles steuerlich nicht zu seinen Lasten. Wenn es ihm unter den gegebenen Umständen dennoch gelungen ist, von seinem Arbeitgeber eine Entschädigung auch für die bei dem Unfall erlittenen Schäden zu erlangen, die nicht im Wegfall von Einnahmen bestanden, handelt es sich insoweit nicht um eine steuerbare Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.

36

b) Ergänzend weist der Senat noch auf Folgendes hin: Nach § 105 Abs. 3 FGO soll das Gericht im Tatbestand den Sach- und Streitstand darstellen. Sachstand ist die Summe der Tatsachen, von deren Vorliegen das FG nach dem Ergebnis des Verfahrens überzeugt ist; Streitstand sind die (erheblichen) tatsächlichen Behauptungen der Beteiligten, von deren Richtigkeit sich das FG im Verfahren nicht hat überzeugen können. Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, von welchen Tatsachen das FG bei seiner Überzeugungsbildung ausgegangen ist. Das FG hat nahezu den gesamten Tatsachenstoff als streitig (in indirekter Rede bzw. als Zitat aus Schriftsätzen und Urteilen) dargestellt, was erkennbar weder dem Verfahrensergebnis noch seiner Überzeugung entsprechen dürfte. Wenn das FG tatsächliche Feststellungen eines anderen Gerichts zitiert, muss es zudem deutlich machen, ob (und ggf. warum) es von deren Richtigkeit ausgeht, oder ob es lediglich den Tatbestand des anderen Urteils als Tatsache darstellen will. Die Mängel, die das angefochtene Urteil in diesem Punkt aufweist, liegen in der Nähe des Verfahrensmangels gemäß § 119 Nr. 6 FGO, der allerdings vom Kläger nicht gerügt worden ist.

37

4. Die Sache geht zurück an das FG. Dieses wird die erforderlichen Feststellungen nachholen und die Sache erneut würdigen.

38

5. Der Antrag, die Sache an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen, wird abgelehnt. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung kann der BFH die Rechtssache an einen anderen Senat des FG zurückverweisen. Da die Zurückverweisung an einen anderen Senat das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) berührt, setzt sie besondere sachliche Gründe voraus. Sie kommt z.B. in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG bestehen (BFH-Urteile vom 25. November 2009 I R 18/08, BFH/NV 2010, 941, und vom 18. April 2013 VI R 29/12, BFHE 240, 570, BStBl II 2013, 735). Hinreichende Anhaltspunkte dafür liegen im Streitfall nicht vor.

39

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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published on 22.01.2016 00:00

Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Tatbestand 1 Streitig ist, ob ein Betrag in Höhe von 400.000 € als Schadensersatz nicht einkommensteuerpflichti
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Annotations

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.