Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Aug. 2011 - IX B 63/11

bei uns veröffentlicht am23.08.2011

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen liegen die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.

2

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist zum einen geklärt, unter welchen Voraussetzungen der Umbau eines Gebäudes einem Neubau gleichkommt (vgl. etwa BFH-Urteile vom 18. September 2007 IX R 31/05, BFH/NV 2008, 762; vom 24. Juni 2008 IX R 49/06, BFH/NV 2008, 1839). Zum anderen hat das Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz zu entscheiden, aufgrund welcher Umstände des Einzelfalls der Umbau eines Gebäudes einem Neubau gleichkommt oder ob die durchgeführten Baumaßnahmen dem entstandenen Gebäude das bautechnische Gepräge geben (vgl. BFH-Urteil vom 1. März 2005 IX R 60/04, BFH/NV 2005, 1505, unter II.2. a.E.). Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung eines Streitfalles ist aber generell nicht grundsätzlich bedeutsam (BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 2006 I B 168/05, BFH/NV 2006, 1121; vom 6. November 2008 XI B 172/07, BFH/NV 2009, 617). Entsprechend ist auch keine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO).

3

2. Die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) wurde schon nicht hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Dazu hätten die Kläger die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und (vermeintlicher) Divergenzentscheidungen so herausarbeiten und gegenüberstellen müssen, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird. Das ist nicht geschehen. Weder eine Abweichung in der Würdigung von Tatsachen noch bloße Subsumtionsfehler des FG reichen für die Annahme einer Divergenz aus; insbesondere die --hier gerügte-- fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls genügt dazu nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11. Dezember 2002 IX B 124/02, BFH/NV 2003, 495; vom 28. März 2011 III B 144/09, BFH/NV 2011, 1144). Angesichts der Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls ist im Streitfall eine Abweichung im Grundsätzlichen auch nicht gegeben.

4

Soweit sich die Kläger gegen eine (vermeintlich) fehlerhafte bzw. unterlassene Tatsachen- und Beweiswürdigung und eine unzutreffende Rechtsanwendung wenden, rügen sie lediglich materiell-rechtliche Fehler und damit die Unrichtigkeit des FG-Urteils; so kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. September 2010 IX B 66/10, BFH/NV 2010, 2296; vom 22. Januar 2007 VI B 98/06, BFH/NV 2007, 949).

5

3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor. Deren Überprüfung hat auf der Basis des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu erfolgen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2009 IX B 105/09, BFH/NV 2010, 443).

6

a) Das FG hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) nicht verletzt. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen und Anträge wie auch den Akteninhalt zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Andererseits ist das Gericht nicht verpflichtet, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung einzelner Umstände offenzulegen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2010 IX B 75/10, BFH/NV 2011, 448). Vielmehr muss ein --fachkundig vertretener-- Beteiligter gerade --wie hier-- bei umstrittener Sach- oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222, unter 2.b).

7

Ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) wurde "die Sach- und Rechtslage" mit den Beteiligten "erörtert"; die Kläger hatten in der ca. 50 Minuten dauernden mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit, sich zu den Streitpunkten zu äußern. Angesichts offensichtlich streitiger Ansichten über die Bewertung und Berechnung der alten und neuen Bauteile, auch bezüglich des vorliegenden Sachverständigen-Gutachtens, haben die rechtskundig vertretenen Kläger gleichwohl keinen (weiteren oder ergänzenden) Beweisantrag gestellt oder auf einen solchen oder anderweitige Aufklärungsmaßnahmen hingewirkt und damit rügelos zur Sache verhandelt (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO).

8

b) Die Rüge der Kläger einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung eines beantragten Schriftsatznachlasses wegen des einen Tag vor der mündlichen Verhandlung erhaltenen FA-Schriftsatzes greift nicht durch. Unabhängig davon, ob das FG diesem Schriftsatz überhaupt Bedeutung beigemessen hat, muss dargetan werden, was in einem nachgereichten Schriftsatz vorgetragen worden wäre und inwieweit dieser Vortrag die Entscheidung des FG hätte beeinflussen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Oktober 2010 I B 190/09, BFH/NV 2011, 291; vom 6. Juli 2011 III S 4/11 (PKH), www.bundesfinanzhof.de). Das ist nicht geschehen.

9

c) Auch eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch Unterlassen einer Amtsermittlung als (verzichtbarer) Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist nicht gegeben. Trotz streitiger Sachlage wurde ein Beweisantrag nicht gestellt, auch ein anderweitiges Aufklärungsersuchen ist nicht erfolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen unter 3.a) 2. Absatz verwiesen.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Aug. 2011 - IX B 63/11 zitiert 10 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 94


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

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Gründe 1 Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog für seine Tochter S, geb. im August 1983, für das Jahr 2003 (Streitjahr) Kindergeld. Die von S begonnene Berufsausbildung endete vorzeitig mit Ablauf des 30. September 2002. In der Zeit vom 1. Januar bis 21. April 2003 erhielt S Arbeitslosengeld von insgesamt 285,27 €. Mit Schreiben vom 11. Februar 2003 erkannte die Berufsunfähigkeitsversicherung der S ab Mai 2002 eine Rente von monatlich 657,08 € an. S erhielt hieraus ab März 2003 die laufenden monatlichen Zahlungen, zudem eine im Monat März 2003 für die Zeit von Mai 2002 bis Februar 2003 (10 Monate) ausbezahlte Nachzahlung von 6.530,80 €.

2

Im Juli 2004 wurde der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) bekannt, dass S ihre Lehre aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen und sich Arbeitsplatz- bzw. Ausbildungsplatz suchend gemeldet habe. Im November 2004 reichte der Kläger bei der Familienkasse einen Bescheid des Versorgungsamtes vom 22. Juli 2004 nach, in dem für S ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt wurde.

3

Mit Bescheid vom 14. Februar 2005 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2003 auf, weil die Einkünfte und Bezüge der S den Jahresgrenzbetrag von 7.188 € übersteigen würden. Zugleich forderte die Familienkasse das für das Streitjahr überzahlte Kindergeld in Höhe von 1.848 € zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 30. April 2008 ab. Es könne dahingestellt bleiben, ob S als behindertes oder arbeitsloses Kind zu berücksichtigen sei. Selbst bei einer Berücksichtigung als behindertes Kind sei S wegen der Berufsunfähigkeits-Rentennachzahlung (Nachzahlung) im Streitjahr nicht außerstande gewesen, sich selbst zu unterhalten. Es gelte das Monatsprinzip. Der am Ende des Zuflussmonats nach Abzug des Bedarfs nicht verbrauchte Betrag habe sich zu Beginn des Folgemonats nicht in --außer Ansatz bleibendes-- Vermögen umgewandelt. Jährlich anfallende Einnahmen seien auf den Zuflussmonat und die nachfolgenden 11 Monate aufzuteilen, so dass im Streitjahr ein Betrag von 10/12 der Nachzahlung (= 5.442,33 €) berücksichtigt werden müsse. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob alle vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen zu berücksichtigen seien. Selbst dann hätten die finanziellen Mittel der S ihren gesamten Bedarf abgedeckt.

5

Der angerufene Senat hat dem Kläger auf dessen Antrag mit Beschluss vom 31. Juli 2009 III S 40/08 (PKH), zugestellt am 12. August 2009, Prozesskostenhilfe (PKH) für das von diesem beabsichtigte Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG bewilligt und ihm seinen Bevollmächtigten beigeordnet. Durch am 26. August 2009 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger wegen Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte eine mit einer Begründung versehene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Mit seiner Beschwerde macht er die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

7

1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des FG ist fristgerecht eingelegt und begründet worden.

8

Da das Urteil des FG dem Kläger bereits am 16. Mai 2008 zugegangen ist, konnte die erst am 26. August 2009 beim BFH eingegangene Nichtzulassungsbeschwerde weder die einmonatige Einlegungsfrist (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) noch die zweimonatige Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) wahren.

9

Dem Kläger ist jedoch hinsichtlich der beiden versäumten Fristen nach § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er war wegen Mittellosigkeit an der Einhaltung der Fristen gehindert. Das Hindernis entfiel mit Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung von PKH am 12. August 2009. Innerhalb der Zwei-Wochen-Frist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO) hat er am 26. August 2009 die Wiedereinsetzung beantragt und die versäumte Rechtshandlung --die Beschwerdeeinlegung-- nachgeholt sowie zugleich --und damit in jedem Fall fristgerecht-- die Beschwerde auch begründet.

10

2. Die Beschwerde ist erfolgreich, soweit sie die Nichtzulassung der Revision wegen Kindergeld für die Monate Januar bis März 2003 betrifft. Insoweit hat der Kläger in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Art und Weise dargelegt, dass das FG von dem BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 43/02 (BFHE 204, 120, BStBl II 2010, 1046) abgewichen ist.

11

a) Eine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO ist anzunehmen, wenn das FG mit einem das angegriffene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2010 VIII B 107/09, BFH/NV 2011, 282). Allerdings ist es nicht stets erforderlich, dass das FG den abweichenden Rechtssatz in den Urteilsgründen ausdrücklich formuliert hat. Er kann auch konkludent in scheinbar nur fallbezogenen Rechtsausführungen ausgesprochen sein. Eine Abweichung kann deshalb auch vorliegen, wenn das FG einem bestimmten Sachverhalt eine andere Rechtsfolge beigemessen hat als sie der BFH zu einem im Wesentlichen gleichen Sachverhalt ausgesprochen hat (BFH-Beschluss vom 19. Februar 2008 VIII B 49/07, BFH/NV 2008, 1158). Indes reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die angeblich fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus (BFH-Beschluss vom 17. August 2007 VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293, m.w.N.).

12

b) Im finanzgerichtlichen Verfahren ging es insbesondere um die Frage, wie sich die im März 2003 an S ausbezahlte Nachzahlung auf die Beantwortung der Frage auswirkt, ob S i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) außerstande war, sich selbst zu unterhalten.

13

Der BFH hat für solche Fälle in dem vom Kläger angeführten Urteil in BFHE 204, 120, BStBl II 2010, 1046 entschieden, dass --ausgehend vom Monatsprinzip-- eine für einen vergangenen Zeitraum geleistete einmalige Sonderzahlung erst ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen ist. Behinderten Kindern kann daher --anders als bei Geltung des Jahresprinzips (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 31. Juli 2008 III B 64/07, BFHE 222, 471, BStBl II 2011, 37)-- auch für solche Berücksichtigungsmonate Kindergeld gewährt werden, in denen sie keine oder nur geringe Einkünfte/Bezüge haben, selbst wenn ihre insgesamt im Kalenderjahr erhaltenen Einkünfte/Bezüge über dem Bedarf liegen. Zudem hat der BFH in der genannten Divergenzentscheidung festgestellt, dass sich eine im Laufe des Monats ausbezahlte Nachzahlung, die zum Wegfall der Bedürftigkeit führt, erst in dem auf den Zuflussmonat folgenden Monat auswirken kann. Das FG hat hingegen --auch wenn im Urteil auf das Monatsprinzip Bezug genommen wird-- die Berechnung nach dem in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG niedergelegten Jahresprinzip vorgenommen, indem es die Nachzahlung auch auf die Monate Januar bis März 2003 verteilt hat.

14

3. Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO), soweit sie die Nichtzulassung der Revision wegen Kindergeld für die Monate April bis Dezember 2003 betrifft. Der Senat kann insoweit offen lassen, ob der Kläger den Darlegungsanforderungen i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprochen hat, denn die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen jedenfalls nicht vor.

15

a) Soweit der Kläger in der vom FG vorgenommenen Abgrenzung zwischen dem nicht anzusetzenden Vermögen und den anzusetzenden finanziellen Mitteln des Behinderten eine Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- (BVerwG-Urteil vom 18. Februar 1999  5 C 35/97, BVerwGE 108, 296) und des Bundessozialgerichts --BSG-- (BSG-Urteil vom 9. August 2001 B 11 AL 15/01 R, BSGE 88, 258) erkennen will, liegt die behauptete Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO nicht vor.

16

Das FG hat die Abgrenzung nach den im BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 83/02 (BFHE 207, 244, BStBl II 2007, 248) niedergelegten Kriterien vorgenommen, wonach bei Sonderzahlungen ein Einnahmeüberhang aus dem Vormonat auch im Folgemonat noch zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Ein Widerspruch zu den vorgeblichen Divergenzentscheidungen ist nicht erkennbar. Sowohl das BVerwG als auch das BSG haben die in diesen Verfahren streitgegenständlichen Zahlungen nicht als Vermögen, sondern als Einkommen/Einkünfte beurteilt.

17

b) Soweit der Kläger wegen des nicht erfolgten Abzugs der Nachzahlung und eines anzusetzenden Werts für die Betreuungsleistung der Mutter eine Abweichung des FG von dem BFH-Beschluss vom 15. Februar 2007 III B 145/06 (BFH/NV 2007, 1112) rügt, ist eine Divergenz ebenfalls nicht erkennbar.

18

Der Kläger führt in der Beschwerdebegründung an, dass die Anmietung der neuen Wohnung insoweit krankheitsbedingt gewesen sei, als sich die neue Wohnung der S im selben Haus wie die Arbeitsstätte ihrer Mutter befunden habe und erst dadurch habe gewährleistet werden können, dass S die nötige Unterstützung erhalte. Zudem sei für die Betreuungsleistungen der Mutter eine übliche Vergütung zum Abzug zu bringen.

19

In der vorgeblichen Divergenzentscheidung hat der BFH aber nicht entschieden, dass Aufwendungen der eben genannten Art als behinderungsbedingter Mehrbedarf abzuziehen sind, sondern allgemein festgestellt, dass bei einem fehlenden Nachweis des individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarfs der maßgebliche Behindertenpauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG anzusetzen ist. Im Übrigen ist das FG im Urteil erkennbar davon ausgegangen, dass individuelle behinderungsbedingte Mehraufwendungen zum Abzug zu bringen sind.

20

c) Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO wegen Erforderlichkeit der Rechtsfortbildung zuzulassen.

21

Eine Fortbildung des Rechts ist erforderlich, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere dann, wenn der Einzelfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BFH-Beschluss vom 9. März 2005 IV B 74/03, BFH/NV 2005, 1289; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 41). Hieran fehlt es im Streitfall.

22

aa) Der Kläger behauptet zwar, es sei ungeklärt, mit welchem Wert einmalige Sonderzahlungen bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen seien, ob ein behindertes Kind i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG außerstande war, sich selbst zu unterhalten. Der BFH hat aber in dem bereits genannten Urteil in BFHE 204, 120, BStBl II 2010, 1046 (vgl. II.2.b) entschieden, dass einmalige Sonderzahlungen --anders als jährlich wiederkehrende Zahlungen, die auf den Zuflussmonat und die nachfolgenden 11 Monate aufzuteilen sind (vgl. dazu BFH in BFHE 207, 244, BStBl II 2007, 248)-- in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu erfassen sind.

23

bb) Soweit der Kläger die Frage thematisiert, unter welchen Voraussetzungen der Grundsatz von Treu und Glauben einer Erstattungspflicht des Kindergeldempfängers nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung entgegenstehen kann, ist höchstrichterlich geklärt, dass zur Schaffung des erforderlichen Vertrauenstatbestandes (Umstandsmoments) besondere Umstände hinzu kommen müssen, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen. Dem Verhalten der Familienkasse muss die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen braucht (z.B. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2010 III B 37/09, BFH/NV 2010, 837, m.w.N.). Die Frage, ob einem Verhalten der Familienkasse eine derartige Bedeutung zukommt, ist nicht von allgemeinem Interesse. Dies lässt sich nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 837).

24

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

25

5. Hinsichtlich des erfolglosen Teils der Beschwerde folgt die Kostenentscheidung aus § 135 Abs. 2 FGO. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Revisionsverfahren vorbehalten (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juli 2004 I B 186/03, BFH/NV 2005, 40).

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehren die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich die Voraussetzungen hierfür jedoch nicht in schlüssiger Weise.

3

Vielmehr wenden sich die Kläger in der Sache lediglich dagegen, dass das Finanzgericht (FG) die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) übersehen bzw. nicht richtig angewandt habe. Damit rügen die Kläger lediglich die materiell-rechtliche Richtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung, nicht aber werden die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidungen in einer Weise herausgearbeitet und gegenübergestellt, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar würde. Dies kann nach ständiger Rechtsprechung die Zulassung der Revision jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2007 IX B 104/07, BFH/NV 2007, 2144).

4

Die darüber hinaus in dem nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet eingereichten Schriftsatz vom 16. August 2010 enthaltenen Ausführungen sind, soweit sie nicht nur erläuternder, ergänzender oder vervollständigender Natur sind, unbeachtlich (vgl. BFH-Beschluss vom 25. September 2006 VI B 69/05, BFH/NV 2007, 83, m.w.N.).

5

2. Die Sache war hinsichtlich des während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ergangenen Änderungsbescheides vom 12. August 2010 nicht an das FG zurückzuverweisen, da die hierin vorgenommene Änderung die Grundlagen des Streitstoffes nicht betrifft (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Mai 2005 VIII B 294/03, BFH/NV 2005, 1832) und die verbösernde Änderung im vorliegenden Verfahren unstreitig gestellt worden ist (BFH-Beschlüsse vom 26. Juli 2006 V B 198/05, BFH/NV 2006, 2112, und in BFH/NV 2005, 1832).

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg; die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

2

1. Für die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) als Unterfall der Grundsatzrevision (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 38) muss der Beschwerdeführer u.a. schlüssig und substantiiert vortragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfragen im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sind. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfragen anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden können und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfragen durch den BFH geboten erscheinen lassen.

3

Zu den von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) herausgestellten Rechtsfragen betreffend die Voraussetzungen von Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) ist keine höchstrichterliche Entscheidung zur Rechtsfortbildung nötig. Denn es ist stets anhand der tatsächlichen Verhältnisse durch tatrichterliche Würdigung festzustellen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen von AfaA eingetreten sind (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 2008 IX R 64/07, BFHE 223, 53, BStBl II 2009, 301, m.w.N.). Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen sind vom Finanzgericht (FG) unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beantwortet worden. Hat das FG --wie im Streitfall-- die maßgeblichen Umstände erwogen, kommt der Entscheidung keine Bedeutung für die Allgemeinheit mehr zu (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Januar 2010 IX B 146/09, BFH/NV 2010, 869).

4

2. Die Kläger machen auch zu Unrecht geltend, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör durch Erlass einer sog. Überraschungsentscheidung und die gerichtliche Hinweispflicht verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO, § 76 Abs. 2 FGO).

5

Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (BFH-Beschluss vom 2. April 2002 X B 56/01, BFH/NV 2002, 947). Andererseits verpflichtet das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, das Gericht nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern und ihnen die einzelnen für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung einzelner Umstände offenzulegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Mai 2000 VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235; vom 7. Dezember 2006 IX B 50/06, BFH/NV 2007, 1135). Auch verlangt das Recht auf Gehör vom Gericht nicht, der von einem Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 2008  2 BvR 2062/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056).

6

Danach liegt im Streitfall keine Überraschungsentscheidung vor. Denn der als Rechtsanwalt, Notar und Steuerberater tätige und mithin selbst sachkundige Kläger war --wie schon der Beklagte und Beschwerdegegner in seiner Beschwerdeerwiderung ausgeführt hat-- gehalten, alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht zu ziehen und seinen Vortrag darauf einzurichten (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1135, m.w.N.).

7

Aus den genannten Gründen liegt auch der behauptete Verstoß gegen die gerichtliche Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) nicht vor.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.