Tatbestand

1

I. Die im Februar 1986 geborene Tochter des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) beendete ihre Schulausbildung am 30. Juni 2006. Von August 2006 bis 30. Juni 2007 hielt sie sich als Au-pair in England auf. Sie beabsichtigte, danach Betriebswirtschaftslehre zu studieren, und wollte durch den Auslandsaufenthalt aus ihrer Sicht unentbehrliche Englischkenntnisse erwerben. An einem College besuchte sie den Kurs "ESOL Skills for Life Level 1", der am 11. September 2006 begann und am 30. Juni 2007 endete. Sie hatte zweimal in der Woche je zwei Stunden Unterricht. Außerdem hatte sie wöchentlich zwei Stunden Virtual Learning Environment, die von einem Tutor beaufsichtigt wurden. Ihre Gastmutter bestätigte, sie zwei Stunden täglich in Englisch unterrichtet zu haben.

2

Der Kläger behauptet, seine Tochter habe wöchentlich rund 18 Stunden für den Sprachunterricht zuzüglich vier Stunden für Hausaufgaben aufgewendet. Hinzu komme die Unterweisung durch die Gastmutter. Zudem habe sie den Sprachtest abgelegt. Seit Oktober 2007 studiere sie an der Universität in F.

3

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter ab Juli 2006 auf und forderte das überzahlte Kindergeld für den Zeitraum Juli bis Oktober 2006 in Höhe von 616 € zurück. Den Einspruch wies sie als unbegründet zurück.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1640). Es führte aus, die Tochter sei während ihrer Au-pair-Tätigkeit nicht für einen Beruf ausgebildet worden (§§ 62, 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung --EStG--). Der Auslandssprachaufenthalt sei für das von ihr angestrebte Studium der Betriebswirtschaft nicht vorgeschrieben oder empfohlen worden. Sie habe nur an sechs Unterrichtsstunden wöchentlich am College teilgenommen. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich bei der Unterweisung durch die Gastmutter um einen theoretisch-systematischen Unterricht gehandelt habe und dass die Gastmutter dafür qualifiziert gewesen sei. Der Test "ESOL Skills for Life" werde nur in England, Wales und Nordirland angeboten und richte sich insbesondere an Personen, die seit vielen Jahren in England leben, die die britische Staatsbürgerschaft erwerben wollten, an Flüchtlinge oder Asylbewerber sowie an Gastarbeiter und an Familiennachzügler. Der von der Tochter besuchte Kurs bereite also auf einen Test vor, der der Integration von Zuwanderern in Großbritannien diene. Ein kindergeldrechtlich relevanter Prüfungsabschluss setze dagegen voraus, dass dieser international oder zumindest in dem Land, in dem das Kind eine Berufstätigkeit anstrebe, anerkannt sei.

5

Der Kläger rügt mit seiner Revision die mangelhafte Sachaufklärung durch das FG sowie die Verletzung materiellen Rechts.

6

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung und den Aufhebungsbescheid aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für seine Tochter ab Juli 2006 festzusetzen.

7

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298).

10

a) Eine Berufsausbildung kann auch im Ausland absolviert werden. Sofern ein Kind dort z.B. eine Universität oder Fachschule besucht oder ein Praktikum zur Erlangung beruflicher Qualifikationen ableistet (Senatsurteil vom 26. August 2010 III R 88/08, BFH/NV 2011, 26), kann es auch dann berücksichtigt werden, wenn zugleich ein Au-pair-Verhältnis besteht. Ein Au-pair-Verhältnis dient regelmäßig nicht der Ausbildung; es schließt die Berücksichtigung eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wegen einer anderweitigen Ausbildung jedoch ebenso wenig aus wie ein neben der Ausbildung bestehendes Wehrdienstverhältnis (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 III R 88/07, BFH/NV 2009, 132).

11

b) Nicht jeder Auslandsaufenthalt, der zu einer Verbesserung der Kenntnisse in der jeweiligen Landessprache führt, erfüllt das Tatbestandsmerkmal der Ausbildung für einen Beruf (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 2002 VIII R 83/00, BFHE 198, 192, BStBl II 2002, 469; Senatsbeschlüsse vom 31. August 2006 III B 39/06, BFH/NV 2006, 2256; vom 14. September 2009 III B 119/08, BFH/NV 2010, 34). Zwecks Abgrenzung von längeren Urlauben und sonstigen Auslandsaufenthalten, etwa zur Persönlichkeitsbildung --z.B. zur Verbesserung der Selbstständigkeit oder um andere Länder und Kulturen kennenzulernen--, werden Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses nach ständiger Rechtsprechung daher nur dann als Berufsausbildung angesehen, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden, der nach seinem Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt und grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden umfassen muss (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701). Dabei ist grundsätzlich eine Durchschnittsbetrachtung für die Dauer des gesamten Aufenthaltes anzustellen, so dass bei insgesamt hinreichend umfangreichem Unterricht die Berücksichtigung in einem Ferienmonat nicht unterbrochen wird. Bei weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate gleichwohl als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie --z.B. infolge von Blockunterricht oder Lehrgängen-- durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden.

12

c) Sprachaufenthalte im Ausland können darüber hinaus unter besonderen Umständen des Einzelfalls als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Fremdsprachenunterricht zwar weniger als zehn Wochenstunden umfasst, aber einen über die übliche Vor- und Nachbereitung hinausgehenden erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand des Kindes erfordert. Dies kann z.B. darauf beruhen, dass Einzelunterricht oder fachlich orientierter Sprachunterricht (z.B. Englisch für Juristen) erteilt wird oder das Kind Vorträge in der Fremdsprache hält (Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 2256).

13

d) Bezwecken der Auslandsaufenthalt und der Sprachunterricht, ein gutes Ergebnis in einem für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderweitigen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest zu erlangen (z.B. TOEFL oder IELTS), oder wird ein Auslandsaufenthalt von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt, so kann ein Auslandsaufenthalt ebenfalls als Berufsausbildung zu qualifizieren sein, obwohl weniger als zehn Wochenstunden Sprachunterricht erteilt werden.

14

e) Ein Auslandsaufenthalt ohne gründliche Sprachausbildung gehört demgegenüber nicht bereits deshalb zur Berufsausbildung, weil er Erfahrungen und Fähigkeiten vermittelt, die sich allgemein förderlich auf die Aussichten auswirken, für einen Ausbildungsplatz oder eine Beschäftigung ausgewählt zu werden, ohne dafür indessen erforderlich zu sein. Denn derartige Vorteile können auch durch eine vorübergehende Berufstätigkeit im Ausland oder längere Besuche bei im Ausland lebenden Verwandten erreicht werden, die ebenfalls nicht als Berufsausbildung eingestuft werden könnten.

15

Im Übrigen berücksichtigen einige Hochschulen und Arbeitgeber bei der Bewerberauswahl auch die Ausübung von Mannschaftssportarten oder Leistungssport sowie soziales oder politisches Engagement von Jugendlichen, weil sie Kooperationsfähigkeit, Initiative oder Leistungsbereitschaft indizieren; um eine Berufsausbildung handelt es sich indessen bei der Mitgliedschaft in einer Sportmannschaft oder der Mitarbeit in einer Hilfsorganisation oder der Jugendorganisation einer politischen Partei unzweifelhaft nicht.

16

2. Die Entscheidung des FG, dass die Tochter des Klägers während ihres Au-pair-Aufenthaltes nicht i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde, ist danach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

a) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Tochter des Klägers --ohne Berücksichtigung der behaupteten Unterweisung durch die Gastmutter-- weniger als zehn Unterrichtsstunden wöchentlich erhalten hat. Der vom Kläger behauptete Zeitaufwand für Hausarbeiten von vier Stunden ist dabei vom FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH im Hinblick auf das Erfordernis von zehn Wochenstunden nicht einbezogen worden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 192, BStBl II 2002, 469).

18

b) Ob eine sprachliche Unterweisung durch eine Person ohne Lehrqualifikation --hier die Gastmutter-- als theoretisch-systematischer Fremdsprachenunterricht zu werten ist, hat das FG aufgrund der Umstände des Einzelfalls als Tatsacheninstanz zu entscheiden. Seine Sachverhaltswürdigung bindet den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 30).

19

Mangels detaillierter Angaben des gemäß § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung in erhöhtem Maße zur Mitwirkung an der Aufklärung des Auslandssachverhalts verpflichteten Klägers zu Inhalt und Form des Unterrichts (systematisches Durcharbeiten eines Lehrbuches? Konversation beim Bügeln und beim Hausputz?) und zur Vorbildung der Gastmutter (höherer Schulabschluss?) ist es nicht zu beanstanden, dass das FG die bescheinigte Unterweisung unberücksichtigt ließ.

20

c) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Entscheidung des FG, dass es sich bei der Prüfung "ESOL Skills for Life" nicht um einen anerkannten Prüfungsabschluss im Sinne des BFH-Urteils vom 9. Juni 1999 VI R 143/98 (BFHE 189, 107, BStBl II 1999, 710) handelt, der es rechtfertigen würde, den Au-pair-Aufenthalt trotz des weniger als zehn Wochenstunden umfassenden Unterrichts als Berufsausbildung anzusehen. Da die absolvierte Sprachprüfung für die Integration von Einwanderern konzipiert wurde und --anders als IELTS und TOEFL-- für die weitere Zulassung zu einem Ausbildungsgang oder Beruf nicht unmittelbar nützlich ist, ist die Sachverhaltswürdigung des FG jedenfalls möglich und daher für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

21

3. Die Verfahrensrüge der mangelhaften Sachverhaltsaufklärung greift nicht durch. Von einer Begründung sieht der Senat ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).

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Kindergeld: Zur Berufsausbildung bei Au-Pair-Aufenthalt im Ausland

22.06.2012

zu den Mindestanforderungen an begleitenden Sprachunterricht, damit ein Sprachaufenthalt als Berufsausbildung anzusehen sind-BFH vom 15.03.12-Az:III R 58/08
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Bundesfinanzhof Urteil, 15. März 2012 - III R 58/08 zitiert 6 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Abgabenordnung - AO 1977 | § 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

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Bundesfinanzhof Urteil, 26. Aug. 2010 - III R 88/08

bei uns veröffentlicht am 26.08.2010

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog Kindergeld für ihre 1981 geborene Tochter, die im Januar 2007 ihr Hochschulstudium der Germanistik, A

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog Kindergeld für ihre 1981 geborene Tochter, die im Januar 2007 ihr Hochschulstudium der Germanistik, Anglistik und Wirtschaftswissenschaften mit der Magisterprüfung abschloss. Die Tochter strebte eine Tätigkeit im Bereich Presse, Public Relations oder Marketing an und hatte bereits während ihres Studiums entsprechende Praktika absolviert.

2

Zum 15. Juni 2007 schloss sie einen auf ein Jahr befristeten Vertrag als Trainee im Bereich Marketing mit einem kleineren Verlag. Der Ausbildungsplan sah vier Monate in der Event- und Marketingabteilung, zwei Monate in der Anzeigenabteilung, je einen Monat in der Koordination und der Bildredaktion und je zwei Monate in der Redaktion und der Distribution vor. Die Jahresbruttovergütung belief sich auf 7.800 €. Vorgeschaltet war ein nicht vergütetes 14-tägiges Praktikum. Vom 1. Juli 2008 an sollte die Tochter unbefristet als Marketingassistentin für eine Jahresbruttovergütung von 21.600 € beschäftigt werden.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2007 auf. Mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse im Januar 2007 seien die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Februar 2007 entfallen. Die Tochter habe sich auch nicht in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden, da es sich bei ihrer Tätigkeit als Trainee nicht um eine Berufsausbildung handele. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) hob den Aufhebungsbescheid und die Einspruchsentscheidung mit Urteil vom 30. Oktober 2008, 4 K 4113/07 Kg (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 357) auf. Es führte aus, die Tochter der Klägerin habe sich als Trainee in Ausbildung befunden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ein wissenschaftliches Hochschulstudium nicht die erforderliche Qualifikation für das angestrebte Berufsziel "Assistent im Bereich Marketing und Public Relations im Pressewesen und Verlagswesen" vermittele, dass die Tochter alle den angestrebten Beruf berührenden Sachbereiche durchlaufen habe, dass eine theoretische und praktische Unterweisung durch fachkundiges Personal bei ihrer Mitarbeit an Projekten stattgefunden habe und ein Einstieg in den angestrebten Beruf mit einem auskömmlichen Gehalt eröffnet worden sei, während das Gehalt der Höhe nach einer Ausbildungsvergütung entsprochen habe. Die in der befristeten Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten würden unternehmensübergreifend als berufsqualifizierend anerkannt, was sich daran zeige, dass die Tochter anschließend eine Festanstellung bei einem anderen Unternehmen erhalten habe und ihre Vorgängerin in der Traineestelle sofort danach in die Marketing-Abteilung eines DAX30-Unternehmens gewechselt sei.

5

Die Familienkasse trägt zur Begründung ihrer Revision unter Hinweis auf die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) 63.3.2.2 Abs. 3 Satz 3 (BStBl I 2009, 1029, 1060) und die dazu ergangene Weisung des Bundeszentralamtes für Steuern im Newsletter aus Juli 2008 vor, bei der Stelle als Marketing-Trainee habe es sich um ein Arbeits- und nicht um ein Ausbildungsverhältnis gehandelt. Dies zeige insbesondere ein Vergleich mit dem Arbeitsvertrag über die unbefristete Anstellung ab dem 1. Juli 2008, denn die Verträge seien mit Ausnahme der Vereinbarung über die Vergütung und die Kündigungsfristen inhaltlich nahezu identisch. Dies begründe ein starkes Indiz für die Einschätzung des Trainee-Verhältnisses als verlängerte Probezeit. Der Ausbildungsplan habe auch keine theoretischen Unterweisungen vorgesehen. Das Niedersächsische FG gehe in seinem Urteil vom 21. April 1999 II 684/97 Ki (EFG 1999, 901) wie auch das Thüringer FG in seinem Urteil vom 5. September 2007 III 610/06 (EFG 2008, 631) davon aus, dass Trainee-Programme regelmäßig als Arbeitsverhältnis zu würdigen seien.

6

Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Die Entscheidung des FG, die Traineetätigkeit sei als Berufsausbildung zu werten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

10

a) Für ein über 18 Jahre altes Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Anspruch auf Kindergeld. Das Kind darf zudem das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben; Kinder, die --wie die Tochter der Klägerin-- im Veranlagungszeitraum 2006 das 25. Lebensjahr vollendet haben, werden bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs berücksichtigt (§ 52 Abs. 40 Satz 4 EStG, jetzt Satz 7).

11

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, m.w.N.).

12

Eine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird in der Regel mit einer Prüfung abgeschlossen. Die Berufsausbildung umfasst aber nicht nur Ausbildungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des gewählten Berufs zu erfüllen, sondern auch solche, die geeignet sind, die berufliche Stellung des Kindes zu verbessern. Danach kann sich ein Kind auch dann noch in Berufsausbildung befinden, wenn es nach einer erfolgreich absolvierten Ausbildung in ernsthafter und nachhaltiger Weise zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Der BFH hat daher ein Studium nach einer Lehre, ein Zusatzstudium mit dem Ziel "Master of Laws (LLM)" nach bestandenem Staatsexamen (BFH-Urteil vom 14. November 2000 VI R 128/00, BFHE 193, 457, BStBl II 2001, 495), die Fortsetzung des Studiums nach bestandener Diplomprüfung als Maschinenbauingenieur (Senatsurteil vom 24. Februar 2010 III R 80/08, BFH/NV 2010, 1431), den Erwerb der ersten Musterberechtigung (sog. type rating) durch einen Verkehrsflugzeugführer (Senatsurteil vom 4. März 2010 III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264) und insbesondere auch die gegen geringe Entlohnung ausgeübte Volontärtätigkeit einer Wirtschaftsassistentin (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 50/98, BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706) als Ausbildung angesehen. Der Begriff der Ausbildung für einen Beruf i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist daher weiter als der Begriff der Berufsausbildung i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG; die dort bedeutsame Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 29. Aufl., § 10 Rz 122) ist für § 32 EStG nicht maßgeblich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 65/03, BFH/NV 2004, 1522).

13

b) Ob es sich bei einer Tätigkeit als Volontärin, als Trainee oder als bezahlte Praktikantin um eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG oder um ein Arbeitsverhältnis handelt, hängt nicht von der Bezeichnung der Maßnahme ab. Entscheidend ist vielmehr, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen oder die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht (BFH-Urteile in BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706; vom 21. Januar 2010 III R 17/07, BFH/NV 2010, 1423, betr. Tätigkeit als Shampooneuse in einem Frisiersalon).

14

Das FG ist im Rahmen der Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der Aussage der als Zeugin vernommenen Tochter und der Stellungnahme der Ausbildungsleiterin des Verlages zu dem Ergebnis gelangt, dass die Traineetätigkeit nicht als ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis, sondern als Ausbildung zu beurteilen sei. Da die tatsächliche Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, bindet sie den BFH als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO, selbst wenn die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (z.B. Senatsurteil vom 19. November 2008 III R 105/07, BFHE 223, 365, BFH/NV 2009, 638, unter II.2.).

15

2. Der Anspruch auf Kindergeld besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG auch für die Monate Februar bis Mai 2007. Die Tochter befand sich zwischen ihrem Hochschulstudium und dem Beginn ihrer Tätigkeit als Marketing-Trainee in einer Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG; die Vier-Monats-Frist ist nicht taggenau zu berechnen, sondern umfasst vier volle Kalendermonate (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 105/01, BFHE 203, 102, BStBl II 2003, 847; vom 23. Februar 2006 III R 82/03, BFHE 212, 476, BStBl II 2008, 702).

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.