Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2012 - II B 109/11

bei uns veröffentlicht am14.03.2012

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat einen Revisionszulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in der vom Gesetz vorgeschriebenen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss die Beschwerdebegründung konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Es ist dazu eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Es bedarf ferner substantiierter Angaben, inwieweit die aufgeworfene Frage im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. September 2007 VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25; vom 23. Januar 2007 VIII B 211/05, BFH/NV 2007, 912; vom 15. Dezember 2004 X B 48/04, BFH/NV 2005, 698; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, 35). Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, ist zu begründen, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Rechtsfrage erforderlich sein soll (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

3

Für die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu der in seinem Beschluss vom 7. November 2006  1 BvL 10/02 (BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter D.II.) angeordneten Weitergeltung des Erbschaftsteuerrechts bis zum 31. Dezember 2008 befugt war und ob die "nochmalige Überprüfung" dieser Weitergeltungsanordnung geboten ist, fehlen substantiierte Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit bzw. Klärungsfähigkeit in einem künftigen Revisionsverfahren.

4

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (z.B. Entscheidungen vom 24. November 2010 II B 9/10, BFH/NV 2011, 441; vom 23. Februar 2006 III B 44/05, BFH/NV 2006, 1297; vom 8. Mai 2003 IV R 95/99, BFH/NV 2003, 1054; vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635) ist eine vom BVerfG angeordnete Weitergeltungsanordnung hinsichtlich einer mit dem Grundgesetz (GG) für unvereinbar erklärten Rechtsnorm nach § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht für die Gerichte verbindlich. Für die Überprüfung dieser vom BVerfG angeordneten vorläufigen Weitergeltung der als verfassungswidrig erklärten gesetzlichen Vorschrift durch die Fachgerichte gibt es keine verfahrensrechtliche Handhabe. Insbesondere kommt auch eine erneute Befassung des BVerfG durch eine fachgerichtliche Vorlage nach Art. 100 GG nicht in Betracht, weil die Weitergeltungsanordnung materiell-rechtlich nicht überprüfbar ist und in verfahrensrechtlicher Hinsicht an der materiellen Rechtskraft der Entscheidung des BVerfG teilhat (BFH-Urteile vom 16. November 2011 X R 15/09; vom 21. Juli 2004 X R 72/01, BFH/NV 2005, 513).

5

2. Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass ihm das Finanzgericht (FG) die Kosten des Klageverfahrens auferlegt hat, ist die Beschwerde gemäß § 145 FGO unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht ein Rechtsmittel gegen die Hauptsacheentscheidung eingelegt wird. Die sich aus § 145 FGO ergebende Beschränkung gilt auch für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (BFH-Beschlüsse vom 28. Juni 2006 V B 192/05, BFH/NV 2006, 2097; vom 11. November 2002 VI B 83/02, BFH/NV 2003, 331). Da demgemäß Entscheidungen des FG im Kostenpunkt nur zusammen mit der Hauptsache angefochten werden können, der Kläger jedoch --wie im Streitfall-- keine Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt hat, war sein Rechtsmittel insoweit als unzulässig zu verwerfen.

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Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2012 - II B 109/11 zitiert 8 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 100


(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 31


(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. (2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gese

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 145


Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

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Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Nov. 2010 - II B 9/10

bei uns veröffentlicht am 24.11.2010

Gründe 1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. 2 1. Die Revisio
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 14. März 2012 - II B 109/11.

Finanzgericht Hamburg Urteil, 28. Apr. 2017 - 3 K 293/16

bei uns veröffentlicht am 28.04.2017

Tatbestand A. 1 Streitig ist die Rechtmäßigkeit des sich auf den Erbfall in 2013 beziehenden Erbschaftsteuerbescheids vom 19. Juli 2016, das heißt nach Ablauf der Weitergeltungsanordnung aus dem Urteil des BVerfG vom 17. Dezember 2014 1 BvL

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) befugt ist, an Stelle des Gesetzgebers die zeitliche Wirkung seines alle Staatsgewalten bindenden Urteils zu beschränken und die Weitergeltung verfassungswidriger Gesetze anzuordnen, ist nicht mehr klärungsbedürftig bzw. in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

3

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Weitergeltungsregelung, die das BVerfG für den Fall angeordnet hat, dass es Rechtsnormen als mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar erklärt, für die Gerichte nach § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) verbindlich (BFH-Urteile vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BFHE 183, 235, BStBl II 1997, 635; vom 24. Juni 1998 II R 104/97, BFHE 185, 510, BStBl II 1998, 632, und vom 24. Mai 2000 II R 25/99, BFHE 191, 240, BStBl II 2000, 378; BFH-Beschlüsse vom 18. Juni 1997 II B 33/97, BFHE 182, 379, BStBl II 1997, 515; vom 15. Oktober 1997 II B 54/97, BFH/NV 1998, 502; vom 29. Oktober 1997 II B 67/97, BFH/NV 1998, 361; vom 19. Mai 1998 II B 14/98, BFH/NV 1998, 1275; vom 8. Mai 2003 IV R 95/99, BFH/NV 2003, 1054, und vom 23. Februar 2006 III B 44/05, BFH/NV 2006, 1297). Für die Überprüfung einer Entscheidung des BVerfG betreffend die vorläufige Weitergeltung einer für verfassungswidrig erklärten gesetzlichen Vorschrift durch die Fachgerichte gibt es keine verfahrensrechtliche Handhabe. Vor allem ist es dem Fachgericht materiell-rechtlich nicht möglich, hinsichtlich einer vom BVerfG als Verfassungsorgan getroffenen Abwägung --hier: Bestimmung eines das Gemeinwohl schonenden Übergangs von der verfassungswidrigen zu einer verfassungsgemäßen Rechtslage-- eine "übergeordnete Rechtsnorm" (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) als Prüfungsmaßstab zu finden. Das Dogma der Nichtigkeit verfassungswidriger Gesetze gilt nicht uneingeschränkt und ausnahmslos. Das BVerfG kann in seine die Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes bestimmende Ermessensentscheidung unter dem systematischen Gesichtspunkt der Einheit der Verfassung abwägungsfähige Rechtsgüter einbeziehen. Diese Ermessensentscheidung ist kompetenzrechtlich dem BVerfG als Verfassungsorgan vorbehalten und einer justizförmigen Erörterung und Prüfung durch die Fachgerichte entzogen (BFH-Urteil vom 21. Juli 2004 X R 72/01, BFH/NV 2005, 513).

4

b) Das BVerfG hat mit Beschluss vom 7. November 2006  1 BvL 10/02 (BStBl II 2007, 192) die durch § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 (JStG 1997) angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs für mit dem GG unvereinbar erklärt, weil diese an Steuerwerte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht genügt. Diese Unvereinbarkeitserklärung hat grundsätzlich zur Folge, dass die betroffene Norm nicht mehr angewendet werden darf. Allerdings hielt es das BVerfG für geboten, ausnahmsweise die weitere Anwendung des Erbschaftsteuerrechts bis zur gesetzlichen Neuregelung zuzulassen. Für die Vergangenheit leitete es diese Notwendigkeit aus den Erfordernissen einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs ab, während es für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 darauf abstellte, dass in dieser Übergangszeit ein Zustand der Rechtsunsicherheit vermieden werden sollte.

5

Die Kläger können deshalb die Zulassung der Revision nicht mit der Begründung erreichen, das BVerfG verletze durch die genannte Weitergeltungsanordnung ihre Grundrechte sowie das Rechtsstaatsprinzip und überschreite zudem seine Kompetenzen. Dem steht der Beschluss des BVerfG vom 8. Dezember 2009  2 BvR 758/07 (BGBl I 2010, 68, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2010, 634) nicht entgegen. Denn danach ist es nur unzulässig, wenn ein Gericht in einem Rechtsstreit, in dem die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes maßgeblich ist, Erwägungen von grundsätzlicher Bedeutung bereits im Zulassungsverfahren anstellt und gerade dadurch den Rechtsweg versperrt.

6

c) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht aus der klägerischen Einlassung, der Gesetzgeber sei schon seit dem 22. Mai 2002 zur Herstellung eines grundgesetzkonformen Rechtszustands verpflichtet gewesen. Es ist zwar richtig, dass der erkennende Senat dem BVerfG an diesem Tage die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 1997 vorgelegt und in dem entsprechenden Beschluss seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der genannten Norm geäußert hat (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Mai 2002 II R 61/99, BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598). Ein Handlungsbedarf des Gesetzgebers bzw. eine Bindung an die Rechtsauffassung des BFH konnte daraus schon deshalb nicht entstehen, weil der BFH das Verfahren nach Maßgabe des Art. 100 Abs. 1 GG nur ausgesetzt hat und es allein in die Kompetenz des BVerfG fällt, die Unvereinbarkeit einer Norm mit dem GG zu erklären.

7

2. Einen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO haben die Kläger nicht hinreichend dargelegt. Hierfür muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (BFH-Beschlüsse vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846, und vom 24. August 2006 V B 36/05, BFH/NV 2007, 69).

8

a) Soweit die Kläger ausführen, das FG-Urteil weiche deshalb von der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005  1 BvR 1905/02 (BVerfGE 115, 51) ab, weil es verkannt habe, dass die ausgesprochene Unvereinbarkeitserklärung einer Norm deren weitere Anwendung ausschließe, ist schon deshalb keine Divergenz dargelegt, weil das BVerfG in seinem Beschluss in BStBl II 2007, 192 gerade die übergangsweise Fortgeltung der streitentscheidenden Normen angeordnet hat.

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b) Eine mögliche Divergenz zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur beschränkenden Urteilswirkung bei gemeinschaftsrechtswidrigen Normen haben die Kläger ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Es fehlen Ausführungen dazu, warum die genannte EuGH-Rechtsprechung im Streitfall, der die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften betrifft, überhaupt maßgeblich sein soll. Entsprechendes gilt für die von den Klägern angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verbot der Gleichbehandlung im Unrecht und --insbesondere angesichts der Ausführungen zu 1.-- derjenigen des BFH bzw. BVerfG, wonach die rückwirkende Anordnung einer Steuer die Rechtsstaatsgarantie und den Vertrauensschutz des Steuerbürgers verletze.

10

3. Die Kläger haben schließlich auch keinen Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

11

a) Soweit sie vortragen, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es sie über entscheidungserhebliche Punkte nicht aufgeklärt, ihnen hierzu keine ausreichende Äußerungsfrist gesetzt und sich außerdem zum Antrag auf Zulassung der Revision ausgeschwiegen habe, haben sie keine gewichtigen Tatsachen dargelegt, die einen Verfahrensverstoß ergeben könnten (vgl. zum entsprechenden Darlegungserfordernis Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 48). Es fehlen auch Angaben dazu, dass das Urteil auf den fehlenden Hinweisen des FG beruht. Darüber hinaus haben die Kläger nicht dargelegt, weshalb sie von einer fehlenden Entscheidung über den Zulassungsantrag ausgehen. Ausweislich der dem Urteil beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung hat das FG über den Zulassungsantrag erkennbar negativ beschieden.

12

b) Soweit die Kläger ausführen, gegen Entscheidungen des BVerfG stehe ihnen kein wirksames Beschwerderecht zu und es werde ihnen insoweit der gesetzliche Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entzogen, fehlt es schon an der erforderlichen Darlegung, dass das Urteil des FG darauf beruhen könnte (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 49).

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.